36
Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- und steuerberatende Berufe Nr. 4 / August 2015 / 35. Jahrgang GI aktuell Inhalt Editorial 97 GI News 98 GI Entscheidungen 98 GI Literaturhinweise 127 GI Literatur-Ecke 128 Steuerberaterhaftung 98 Allgemeines steuerliches Mandat / Keine Hinweispflicht auf Regressanspruch gegen den Vorberater (BGH, Urt. v. 7.5.2015 – IX ZR 186/14) Steuerberaterhaftung 100 Schadeneintritt / Kostenschaden / Teilschaden / Anderweitige steuerrechtliche Beratung während laufender Betriebsprüfung / Verjährung gemäß § 68 StBerG a.F. (BGH, Urt. v. 23.4.2015 – IX ZR 176/12) Kauf von Honorarforderungen 103 Steuerberater – Honorar / Inkassotätigkeit / Factoring und Forderungsmanagement / Abtretung von Honorarforderungen / Nichtige Abtretung? (BGH, Urt. v. 25.9.2014 – IX ZR 25/14) Haftung des Insolvenzverwalters 106 Verjährung des Schadenersatzanspruchs / Verjährungsbeginn / Sonderverwalter / Beschränkter Prüfungsauftrag / Kenntnis des Sonderverwalters, § 199 BGB / Erweiterung des Auftrags zur Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen (BGH, Urt. v. 17.7.2014 – IX ZR 301/12) Steuerberaterhaftung 108 Mittelverwendungskontrolle / Verjährung gemäß § 68 StBerG a.F. (BGH, Beschl. v. 27.2.2014 – III ZR 364/13) Steuerberaterhaftung 109 Differenzhypothese / Subjektbezogener Vermögensvergleich (OLG Köln, Urt. v. 25.2.2015 – 16 U 50/14) Steuerberaterhaftung 115 Eingetragene Lebenspartnerschaft / Gemeinsame Veranlagung / Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Steuergesetze (LG Halle, Urt. v. 4.5.2015 – 4 O 346/14) Steuerberaterhaftung 121 Differenzhypothese / Normativer Schadensbegriff (LG Koblenz, Urt. v. 21.1.2015 – 15 O 248/14) Versicherungsschutz 123 Wirtschaftsprüfer / Treuhandkommanditist / Gesellschafts- rechtlicher Schadenersatzanspruch / Unternehmerische Tätigkeit / Rechtsmissbräuchliche Deckungsklage (LG München I, Urt. v. 12.7.2013 – 3 O 28931/11)

GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- und steuerberatende Berufe

Nr. 4 / August 2015 / 35. Jahrgang

GI aktuell

Inhalt

Editorial 97

GI News 98

GI Entscheidungen 98

GI Literaturhinweise 127

GI Literatur-Ecke 128

Steuerberaterhaftung 98Allgemeines steuerliches Mandat / Keine Hinweispflicht aufRegressanspruch gegen den Vorberater(BGH, Urt. v. 7.5.2015 – IX ZR 186/14)

Steuerberaterhaftung 100Schadeneintritt / Kostenschaden / Teilschaden / Anderweitigesteuerrechtliche Beratung während laufender Betriebsprüfung /Verjährung gemäß § 68 StBerG a.F.(BGH, Urt. v. 23.4.2015 – IX ZR 176/12)

Kauf von Honorarforderungen 103Steuerberater – Honorar / Inkassotätigkeit / Factoring undForderungsmanagement / Abtretung von Honorarforderungen /Nichtige Abtretung?(BGH, Urt. v. 25.9.2014 – IX ZR 25/14)

Haftung des Insolvenzverwalters 106Verjährung des Schadenersatzanspruchs / Verjährungsbeginn /Sonderverwalter / Beschränkter Prüfungsauftrag / Kenntnisdes Sonderverwalters, § 199 BGB / Erweiterung des Auftragszur Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen(BGH, Urt. v. 17.7.2014 – IX ZR 301/12)

Steuerberaterhaftung 108Mittelverwendungskontrolle / Verjährung gemäߧ 68 StBerG a.F.(BGH, Beschl. v. 27.2.2014 – III ZR 364/13)

Steuerberaterhaftung 109Differenzhypothese / Subjektbezogener Vermögensvergleich(OLG Köln, Urt. v. 25.2.2015 – 16 U 50/14)

Steuerberaterhaftung 115Eingetragene Lebenspartnerschaft / Gemeinsame Veranlagung /Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Steuergesetze(LG Halle, Urt. v. 4.5.2015 – 4 O 346/14)

Steuerberaterhaftung 121Differenzhypothese / Normativer Schadensbegriff(LG Koblenz, Urt. v. 21.1.2015 – 15 O 248/14)

Versicherungsschutz 123Wirtschaftsprüfer / Treuhandkommanditist / Gesellschafts-rechtlicher Schadenersatzanspruch / UnternehmerischeTätigkeit / Rechtsmissbräuchliche Deckungsklage(LG München I, Urt. v. 12.7.2013 – 3 O 28931/11)

Page 2: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

ILFTBEIM BEraTEn GuT BEraTEn zu sEIn.unsere Versicherungs- und Vorsorgeproduktefür rechtsanwälte.

Lesen Sie jetzt die neueste

Ausgabe der Fachinformation GIaktuell!

www.hdi.de/gi

Rechtsanwälte benötigen zur Absicherung ihrer beruflichen und privaten Risikenleistungsstarken und umfassenden Vorsorge- und Versicherungsschutz. Als einer dererfahrensten Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer setzt HDI Maßstäbe bei derEntwicklung passender Versicherungslösungen.

www.hdi.de/freieberufe

7003

0312

74

Page 3: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

der BGH hatte sich in zwei Entscheidungen mit Sachverhaltenzu befassen, bei denen nach einem Beraterwechsel Fehler dessteuerlichen Vorberaters erkannt wurden:

Der Steuerberater, der seinen Mandanten im Einspruchsver-fahren vertritt, ist nach Auffassung des BGH nicht verpflich-tet, dem Mandanten einen Hinweis auf einen möglichenSchadenersatzanspruch gegen den früheren Steuerberaterund die drohende zivilrechtliche Verjährung dieses Anspruchszu erteilen. Denn die Pflichten des Steuerberaters beziehensich alleine auf das Steuerrecht. Wird jedoch der Mandantim Einspruchsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten,so muss dieser auf Regressansprüche gegen den früherenSteuerberater hinweisen.

Die weitere Entscheidung im Zusammenhang mit einem Be-raterwechsel betrifft die Frage des Zeitpunktes der Schaden-entstehung: Sofern der Mandant vom neuen Steuerberaterauf Fehler des Vorberaters hingewiesen wird und Maßnah-men ergreift, um die Folgen der fehlerhaften Beratung zuverhindern, entsteht der erste Teilschaden bereits mit derBegleichung der Kosten des neuen Steuerberaters. Die Ver-jährung des Schadenersatzanspruchs beginnt einheitlich mitdiesem Teilschaden, noch bevor der belastende Steuer-bescheid ergangen und der eigentliche Steuerschaden ent-standen ist.

Seine Rechtsprechung zur kenntnisabhängigen Verjährungkonkretisiert der BGH im Bereich der Insolvenzverwalter-haftung: Wird ein Sonderverwalter im Insolvenzverfahreneingesetzt, um Schadenersatzansprüche gegen den amtie-renden Verwalter zu prüfen, beginnt die Verjährung mit demSchluss des Jahres, in dem der Sonderverwalter Kenntnis deranspruchsbegründenden Umstände erlangt. Unerheblich ist,wann der Sonderinsolvenzverwalter zur Durchsetzung derAnsprüche förmlich ermächtigt wird. Denn sonst hätten esdie Gläubiger in der Hand, die Verjährung hinauszuzögern.

Interessant und auf ähnlich gelagerte Konstellationen über-tragbar ist die Entscheidung des LG Halle. Dem Steuerberaterwurde vorgeworfen, vor der entsprechenden Entscheidungdes Bundesverfassungsgerichts nicht bereits seinerseits er-kannt zu haben, dass aus verfassungsrechtlichen Gründeneingetragenen Partnerschaften ebenso die Möglichkeit derZusammenveranlagung einzuräumen ist. In seiner ausführ-lichen Begründung verneint das Gericht eine solche Pflicht.

Rafael Meixner

Rafael MeixnerRechtsanwalt

GIaktuell Nr. 4/August 2015 97

Page 4: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 201598

festgestellt. Die Nachlässigkeit, die im Streitfall dazu geführthabe, dass der Verlust erst nachträglich bekannt wurde, habelediglich darin bestanden, dass der errechnete Verlustbetragnicht in das elektronische Formular übertragen worden war.Darin liege ein unbewusster – mechanischer – Fehler, derjederzeit bei der Verwendung eines Steuerprogramms unter-laufen könne, welches den Finanzämtern die mechanischeErfassungsarbeit von Steuererklärungsdaten abnehme. Solchebloßen Übertragungs- oder Eingabefehler zählten zu denNachlässigkeiten, die üblicherweise vorkämen und mit denenimmer gerechnet werden müsse; sie seien jedenfalls dannnicht als grob fahrlässig zu werten, wenn sie selbst bei sorg-fältiger Arbeit nicht zu vermeiden seien.

Im zweiten Rechtszug wird nun das FG erneut prüfen, obden Steuerberater ggf. aus anderen Gründen ein grobesVerschulden daran trifft, dass der Verlust des Klägers dem FAerst nachträglich bekannt geworden ist.(BFH, Urt. v. 10.2.2015 – IX R 18/14)

Pressemitteilung d. BFH v. 24.6.2015 •

Steuerberaterhaftung• Allgemeines steuerliches Mandat• Keine Hinweispflicht auf Regressanspruch gegen

den Vorberater(BGH, Urt. v. 7.5.2015 – IX ZR 186/14)

Leitsatz:Ein Steuerberater, der mit der Vertretung im Verfahrenüber einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid be-auftragt ist, ist nicht verpflichtet, seinen Mandanten aufeinen möglichen Regressanspruch gegen einen früherenSteuerberater und auf die drohende Verjährung einessolchen Anspruchs hinzuweisen. •

Zum Sachverhalt:Der Kläger, ein Arzt, war Teilhaber einer auf seinem Grund-stück betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Die Be-triebsmittel der Gemeinschaftspraxis standen im Alleineigen-tum des Klägers. Im Dezember 1996 veräußerte er 10 v.H.und im Dezember 1997 weitere 40 v.H. der Betriebsmittelan den neben ihm in der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt.Das Grundstück blieb als Sonderbetriebsvermögen im Allein-eigentum des Klägers.

Sein damaliger Steuerberater erreichte zunächst, dass der inden Jahren 1997 und 1998 vereinnahmte Erlös vom FA alssteuerbegünstigter Veräußerungsgewinn nach § 34 EStGbehandelt wurde. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung än-derte das FA seinen Standpunkt, weil mit den Praxisanteilenkein Anteil am Grundstück als der wesentlichen Betriebs-grundlage übertragen worden sei. Mit Änderungsbescheidenvom 1.3.2002 für die Jahre 1997 und 1998 wurde der Ver-äußerungserlös als nicht steuerbegünstigter laufender Ge-

GI News

BFH: Elektronische Einkommensteuererklärung:Korrektur bei schlichtem „Vergessen“

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteilvom 10.2.2015 (IX R 18/14) entschieden, dass das schlichte„Vergessen“ des Übertrags selbst ermittelter Besteuerungs-grundlagen – im Urteilsfall ein Verlustbetrag – in die entspre-chende Anlage zu einer elektronischen Einkommensteuer-erklärung nicht grundsätzlich als „grob fahrlässig“ anzuse-hen ist. Danach könnten solche, die Steuerlast minderndenTatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung(AO) auch dann noch berücksichtigt werden, wenn sie demFinanzamt (FA) erst nach Bestandskraft der Steuerveranla-gung mitgeteilt werden.

Der Kläger hatte im Jahr 2007 aus der Auflösung einer GmbHeinen steuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust erzielt,über den er seinen Steuerberater zutreffend informiert hatte.In den vom Berater gefertigten elektronischen Steuererklä-rungen fehlten jedoch Angaben zu diesem Verlust; dennobwohl der Berater den Verlustbetrag persönlich berechnethatte, vergaß er, den ermittelten Betrag in das entsprechen-de Feld des EDV-Programms zu übertragen. Das FA, das so-mit von dem Verlust keine Kenntnis erlangte, veranlagte denKläger erklärungsgemäß.

Im Jahr 2011 beantragte der Kläger nachträglich, den Verlustnoch zu berücksichtigen. Das FA lehnte dies ab; denn nach§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei eine Änderung nur möglich, wennden Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran treffe,dass die vorgebrachten „neuen“ Tatsachen, die zu einerniedrigeren Steuer führten, erst nachträglich bekannt wer-den. Auch wenn dem Kläger selbst im Streitfall kein schuld-haftes Handeln vorzuwerfen sei, so habe doch der steuer-liche Berater des Klägers grob fahrlässig gehandelt, indem erden Übertrag des bereits berechneten Verlustbetrages in dieentsprechende Anlage zur Einkommensteuererklärungschlicht „vergessen“ habe. Die hiergegen gerichtete Klagewies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies denRechtsstreit an das FG zurück. Der BFH stellte zunächst klar,dass der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2AO bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen in gleicherWeise auszulegen sei wie bei schriftlich gefertigten Erklärun-gen. Allerdings seien Besonderheiten der elektronischenSteuererklärung hinsichtlich ihrer Übersichtlichkeit bei dernotwendigen Beurteilung des „individuellen Verschuldens“des Steuerpflichtigen oder seines Beraters ebenso zu berück-sichtigen wie der Umstand, dass am Computerbildschirm einÜberblick über die ausfüllbaren Felder der elektronischenSteuererklärung mitunter schwieriger zu erlangen sei, als ineiner Steuererklärung in Papierform.

Gerade ein solches individuelles Fehlverhalten, für das das FAdie Beweislast trage, habe das FG im Streitfall jedoch nicht

Page 5: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

winn festgestellt. Im Auftrag des Klägers legte die Beklagte,die bereits im Jahr 1999 die Erstellung der Buchhaltung, derJahresabschlüsse und Steuererklärungen sowie die damit ver-bundene steuerliche und wirtschaftliche Beratung des Klä-gers übernommen hatte, gegen die Bescheide Einspruch ein.Im November 2008 teilte das FA mit, dass es seine bisherigeRechtsauffassung aufrechterhalte. Daraufhin nahm der Klä-ger seine Einsprüche zurück und erbrachte die vom FA gefor-derte Steuernachzahlung in Höhe von 223.328,50 EUR. Derfrühere Steuerberater, vom Kläger auf Erstattung dieses Be-trags in Anspruch genommen, berief sich auf Verjährung.

Der Kläger verlangt nunmehr von der Beklagten Schaden-ersatz in Höhe von 223.328,50 EUR mit der Begründung, dieBeklagte habe ihn pflichtwidrig nicht in unverjährter Zeit aufRegressansprüche gegen den früheren Steuerberater hinge-wiesen. Die Klage hat in den beiden Vorinstanzen keinenErfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenenRevision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. •

Aus den Gründen:Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte sei nichtverpflichtet gewesen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass ergegen seinen vormaligen Steuerberater einen Regressan-spruch haben könnte. Einen ausdrücklichen Auftrag, mögli-che Schadenersatzansprüche gegen den früheren Steuerbe-rater zu prüfen, habe der Kläger nicht erteilt. Der Auftrag zurEinlegung eines Einspruchs gegen die belastenden Steuer-bescheide habe die Prüfung von Regressansprüchen nichtumfasst, weil die Frage eines Regressanspruchs gegen denfrüheren Steuerberater nicht in unmittelbarer Beziehung zudem erteilten Mandat gestanden habe; das eine sei eine zivil-rechtliche, das andere eine steuerrechtliche Frage. Es habesich bei der von dem Vorberater gewählten rechtlichen Kon-struktion auch nicht um eine auf den ersten Blick ersichtlichesteuerliche Fehlentscheidung gehandelt, weil für die Beklag-te nicht erkennbar gewesen sei, ob eine Gestaltung, bei derdie in Rede stehende Steuerpflicht des Klägers vermiedenworden wäre, überhaupt hätte realisiert werden können.

Soweit der BGH entschieden habe, dass der Mandant auf diedrohende Verjährung von Ansprüchen gegen den vorbera-tenden Steuerberater hinzuweisen sei, auch wenn das eigeneMandat nur die Vertretung in einem Finanzrechtsstreit um-fasse, betreffe dies die Pflichten eines Rechtsanwalts. Aufeinen Steuerberater könne diese Rechtsprechung nicht über-tragen werden.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfungstand. Mit Recht hat das Berufungsgericht eine Pflicht derBeklagten, den Kläger vor Ablauf der Verjährungsfrist aufeinen möglichen Regressanspruch gegen seinen früherenSteuerberater und auf die insoweit maßgebliche Verjährungs-frist hinzuweisen, verneint.

1. Welche Aufgaben der Steuerberater zu erfüllen hat,richtet sich nach Inhalt und Umfang des erteilten Mandats(vgl. BGH, Urt. v. 7.3.2013 – IX ZR 64/12, WM 2013, 802

GIaktuell Nr. 4/August 2015 99

Rdnr. 14 m.w.N.). Das allgemeine Mandat der Beklagten er-streckte sich auf die Erstellung der Buchhaltung, der Jahres-abschlüsse und der Steuererklärungen. Darüber hinausgehen-de Leistungen bedurften eines besonderen Auftrags. Einensolchen besonderen Auftrag hat der Kläger der Beklagtenerteilt, als er sie mandatierte, gegen die Feststellungsbe-scheide vom 1.3.2002 Einspruch einzulegen. Nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts beauftragte der Kläger dieBeklagte hingegen nicht ausdrücklich mit der Prüfung vonRegressansprüchen gegen seinen steuerlichen Vorberater.Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

2. Eine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger auf einenRegressanspruch gegen seinen Vorberater hinzuweisen, ergibtsich auch nicht aus den allgemeinen vertraglichen Pflichteneines Steuerberaters. Dieser ist verpflichtet, sich mit densteuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemä-ßen Erledigung des ihm erteilten Auftrags zu beachten sind.In den durch seinen Auftrag gezogenen Grenzen hat er denAuftraggeber auch ungefragt über die bei der Bearbeitungauftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren. Zu denvertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters gehört es,den Mandanten vor Schaden zu bewahren und auf Fehlent-scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen(BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.).

a) Zu den danach bestehenden vertraglichen Pflichten einesSteuerberaters gehört es – anders als bei einem Rechtsanwalt– grundsätzlich nicht, den Mandanten auf mögliche Schaden-ersatzansprüche gegen seinen Vorgänger hinzuweisen(BGH, Urt. v. 7.5.1991 – IX ZR 188/90, WM 1991, 1303; v.11.5.1995 – IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 393 f; v.14.11.2013 – IX ZR 215/12, WM 2014, 854 Rdnr. 26; OLGHamm, GI 1995, 53; LG Köln, DStRE 2009, 1351, 1352).Die Vertragspflichten eines Steuerberaters beschränken sichin der Regel auf das Steuerrecht (§§ 1–3, 33 StBerG); eine ge-schäftsmäßige Besorgung anderer Rechtsangelegenheiteneinschließlich der Rechtsberatung ist ihm nach dem hier nochanwendbaren Art. 1 §§ 1, 4 Abs. 3 RBerG grundsätzlich unter-sagt (vgl. BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 43/08, WM 2009,1376 Rdnr. 11).

Auf die steuerrechtliche Seite früherer Entscheidungen be-zieht sich auch die in der Rechtsprechung anerkannte Neben-pflicht des Steuerberaters, seinen Mandanten auf offen zuTage liegende Fehlentscheidungen hinzuweisen (vgl. BGH,Urt. v. 26.1.1995 – IX ZR 10/94, BGHZ 128, 358, 362; v.7.3.2013, a.a.O., Rdnr. 14 m.w.N.). Eine Pflicht des Steuer-beraters, den Mandanten auf zivilrechtliche Regressmöglich-keiten hinzuweisen, kann daraus nicht abgeleitet werden.

b) Der Umstand, dass die Beklagte im Streitfall beauftragtwar, den Kläger im Einspruchsverfahren gegen die geänder-ten Feststellungsbescheide vom 1.3.2002 zu vertreten, recht-fertigt keine andere Beurteilung.

aa) Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 29.4.1993 (IXZR 101/92, WM 1993, 1508) entschieden, dass ein Rechts-anwalt, dessen Mandat nicht auf eine umfassende Beratunggerichtet, sondern auf die Vertretung in einem Finanzrechts-

Page 6: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

dem Bestreben beruhen, sich die besonderen steuerrechtli-chen Fachkenntnisse des Steuerberaters zunutze zu machen.Auf eine umfassende zivilrechtliche Beratung kann er in die-sem Fall nicht vertrauen. Dementsprechend muss ein Steuer-berater den Auftrag des Mandanten zu seiner Vertretungin einem Steuerverfahren oder in einem Prozess vor demFinanzgericht nicht dahin verstehen, dass auch die Wahrungvon Ansprüchen gegen Dritte geschuldet sein soll.

c) Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, dassdie Beklagte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist, dieneben Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern auch Rechts-anwälte beschäftigt. Maßgeblich ist, dass das vom Kläger er-teilte Mandat auf eine Hilfeleistung in Steuersachen gerichtetwar und nicht allgemein auf die Besorgung fremder Rechts-angelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung. Der Klä-ger hat auch nicht vorgetragen, dass die übertragenen Auf-gaben seitens der Beklagten nicht von Steuerberatern, son-dern von Rechtsanwälten wahrgenommen worden seien. •

Steuerberaterhaftung• Schadeneintritt• Kostenschaden• Teilschaden• Anderweitige steuerrechtliche Beratung während

laufender Betriebsprüfung• Verjährung gemäß § 68 StBerG a.F.(BGH, Urt. v. 23.4.2015 – IX ZR 176/12)

Leitsatz:Weist ein neuer steuerlicher Berater den Mandanten aufeine fehlerhafte steuerliche Gestaltungsberatung desvormaligen Beraters hin und ergreift der Mandant Maß-nahmen, die ihm zur Beseitigung der Folgen der fehler-haften Beratung empfohlen worden sind, beginnt dieVerjährung des durch die weitere Beratung entstande-nen Kostenschadens spätestens mit der Bezahlung derLeistungen des neuen Beraters; mit einem späteren,aufgrund der fehlerhaften Gestaltungsberatung nochentstehenden Steuerschaden bildet der Kostenschadeneine Schadeneinheit. •

Zum Sachverhalt:Die mit der Vermietung von Nutzfahrzeugen befasste Kläge-rin verlangt von den Beklagten, soweit für das Revisions-verfahren noch von Interesse, Schadenersatz wegen einersteuerlichen Gestaltungsberatung. Sie war Eigentümerin desBetriebsgrundstücks in S. bei H. Fahrzeuge und Betriebs-grundstück vermietete sie an die K. GmbH (nachfolgend: K.GmbH), welche die Fahrzeuge weitervermietete. Zwischender Klägerin und der K. GmbH bestand eine gewerbesteuer-liche Organschaft. Die Beklagte zu 1) ist Rechtsnachfolgerinder O. AG (nachfolgend: O. AG). Der Beklagte zu 2) warVorstand und Aktionär der O. AG. Nunmehr ist er einer derPartner der Beklagten zu 1).

GIaktuell Nr. 4/August 2015100

streit beschränkt ist, gleichwohl verpflichtet ist, seinen Auf-traggeber auf die drohende Verjährung von Ansprüchengegen den Steuerberater hinzuweisen, wenn für ihn ersicht-lich ist, dass bei einem Verlust des Prozesses Ansprüchegegen diesen in Betracht kommen und der Auftraggeber in-soweit nicht anderweitig beraten wird (vgl. auch BGH, Urt. v.13.7.1971 – VI ZR 140/70, VersR 1971, 1119; v. 18.3.1993 –IX ZR 120/92, WM 1993, 1376). Die Entscheidung stellt klar,dass die auch sonst bestehende Pflicht des Rechtsanwalts,auf eine Regressmöglichkeit hinzuweisen, durch die Beschrän-kung des Mandats auf eine Prozessführung keine Einschrän-kung erfährt.

bb) Für die Pflichten eines Steuerberaters, dessen Mandatauf die Vertretung in einem Steuerverwaltungs- oder finanz-gerichtlichen Verfahren gerichtet ist, kann daraus schondeshalb nichts abgeleitet werden, weil ein Steuerberater –anders als ein Rechtsanwalt – auch bei einem umfassendenMandat grundsätzlich nicht zu Hinweisen auf zivilrechtlicheRegressmöglichkeiten verpflichtet ist. Auch die Besonder-heiten eines Mandats zur Vertretung in einem Verwaltungs-oder gerichtlichen Verfahren rechtfertigen in dieser Hinsichtkeine Gleichstellung der Pflichten eines Steuerberaters mitdenjenigen eines Rechtsanwalts (a.A. Gräfe/Lenzen/Schmeer,Steuerberaterhaftung, 5. Aufl., Rdnr. 411). Steuerberatersind berechtigt, geschäftsmäßig ihre Mandanten in Steuer-verwaltungsverfahren und Finanzgerichtsstreitigkeiten zuvertreten (§ 33 Satz 1 StBerG, § 80 Abs. 1 AO, § 62 Abs. 2FGO). Dadurch soll auf dem Gebiet des Steuerrechts einesachgemäße, die Interessen des Rechtssuchenden wahrendeVertretung gewährleistet werden. Ein entsprechendes Man-dat begründet jedoch nicht die gleichen Pflichten wie einAuftrag, der einem Rechtsanwalt erteilt wird. Unterschiedebestehen insbesondere bei den Nebenpflichten des Mandats.Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Interessen seines Man-danten in den Grenzen des erteilten Mandats nach jederRichtung wahrzunehmen.

Auch wenn sein Auftrag auf die Prozessführung beschränktist, darf er die Prozessführung nicht isoliert von den übrigenInteressen des Auftraggebers sehen. Vielmehr hat er die mitdem Rechtsstreit unmittelbar zusammenhängenden recht-lichen und wirtschaftlichen Belange seiner Partei mit zu be-rücksichtigen und darauf zu achten, dass ihr nicht insoweitdurch ein Versäumnis während des Prozesses Nachteile ent-stehen (BGH, Urt. v. 29.4.1993, a.a.O., S. 1509). Ein mit derVertretung beauftragter Steuerberater hat die steuerlichenInteressen seines Mandanten im Rahmen des Mandats eben-falls umfassend wahrzunehmen. Darüber hinaus gehenderechtliche Interessen seines Mandanten wie mögliche zivil-rechtliche Regressansprüche, die bei einem ungünstigen Aus-gang des Einspruchs- oder Klageverfahrens gegen Dritte be-stehen können, liegen jedoch außerhalb seines Auftrags.

Die für die Beurteilung eines solchen Regressanspruchs undinsbesondere seiner Verjährung erforderlichen besonderenRechtskenntnisse kann ein Mandant von einem Steuerbera-ter regelmäßig nicht erwarten. Die Entscheidung des Man-danten, mit seiner Vertretung einen Steuerberater und nichteinen Rechtsanwalt zu beauftragen, wird regelmäßig auf

Page 7: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015 101

Die Klägerin eröffnete in N. eine Betriebstätte, um den dorti-gen niedrigen Gewerbesteuerhebesatz in Anspruch nehmenzu können. Ende des Jahres 2001 wurde die O. AG damitbeauftragt, die bestehende gewerbesteuerliche Gestaltungzu überprüfen. Sie riet dazu, die gewerbesteuerliche Organ-schaft zwischen der Klägerin und der K. GmbH aufzuheben.Damit sollte erreicht werden, den der Gewerbesteuer unter-liegenden Ertrag der Klägerin in N. und den der K. GmbH inS. zu versteuern. Hierzu wurde die K. GmbH in die K. GmbH& Co. KG umgewandelt. Einzige Kommanditistin der KG undeinzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH wurde dieKlägerin. Für die Umwandlung der GmbH in eine KG entstan-den Kosten in Höhe von insgesamt 19.926,25 EUR netto.

Im Jahre 2003 wechselte die Klägerin ihren steuerlichen Be-rater. Der neue Berater wies darauf hin, dass die seitens derO. AG empfohlene gesellschaftsrechtliche Gestaltung zurErzielung der beabsichtigten Gewerbesteuerersparnis unge-eignet war, weil eine Mitunternehmerschaft begründet wor-den und dadurch ein gewerbesteuerlich ebenfalls in S. zuerfassendes Sonderbetriebsvermögen der Klägerin bei derKG entstanden war. Auf Anraten des neuen Beraters wurdedie KG aufgelöst. Die Klägerin wurde deren Gesamtrechts-nachfolgerin.

Für seine Beratungstätigkeit beanspruchte der neue Beraternoch gegenüber der KG insgesamt 21.170 EUR. Die ersteRechnung datiert vom 4.7.2003 und wurde am 17.7.2003bezahlt. Diese Kosten und diejenigen der vorangegangenenUmwandlung machte die Klägerin mit Schreiben vom9.12.2004 gegenüber der O. AG und deren Haftpflichtver-sicherer geltend.

Unter dem 22.12.2004 wies der Versicherer die Ansprücheim Namen der O. AG insgesamt zurück. Im Zeitraum vom18.4.2005 bis zum 25.1.2006 fand eine steuerliche Außen-prüfung der Klägerin statt, die sich auch auf ihre Rechtsvor-gängerinnen erstreckte. Infolge der Außenprüfung kam esab dem 19.6.2006 zur Neufestsetzung der Gewerbesteuerfür die Erhebungszeiträume 2001 bis 2003, die den eigent-lichen Steuerschaden begründete. Ferner wurden Nachzah-lungszinsen erhoben.

Mit ihrer am 27.9.2006 beim LG eingegangenen Klage hatdie Klägerin zunächst nur die Beklagte zu 1) in Anspruch ge-nommen. Mit Schriftsatz vom 15.11.2010 hat sie ihre Klageauf den Beklagten zu 2) erweitert. Das LG hat der Klage inHöhe der Umwandlungskosten von 19.926,25 EUR, der Kos-ten des neuen Beraters von 21.170 EUR und eines Steuer-schadens nebst Nachzahlungszinsen von 1.134.671,57 EUR,insgesamt 1.175.767,82 EUR, stattgegeben.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgerichtden Steuerschaden um 515.054 EUR gekürzt. Mit ihrer vomSenat insoweit zugelassenen Revision wollen die Beklagtenweiterhin die vollständige Abweisung dieser Klage erreichen.Beim Urteilsausspruch – eine zugleich wegen eines weiterenBeratungsfehlers erhobene Klage betreffend – ist dem Beru-fungsgericht ein vom Senat korrigierter Rechenfehler in Höheeines Euros unterlaufen. •

Aus den Gründen:Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und zur Abweisung der Klage, soweit die Be-klagten zum Ersatz des jetzt noch zur Beurteilung anstehen-den Schadens verurteilt worden sind.

I. Das Berufungsgericht meint, der Anspruch sei nicht ver-jährt. Das LG habe mit Recht darauf hingewiesen, frühest-möglicher Verjährungsbeginn sei der Zugang des für denMandanten nachteiligen Steuerbescheids. Verjährung seiauch nicht hinsichtlich der Kosten für den neuen Berater ein-getreten, weil diese nicht schon früher hätten eingeklagtwerden können. Ob die Verursachung der Kosten sinnvollgewesen sei oder nicht, habe sich erst mit Zugang derSteuerbescheide zeigen können.

II. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Schaden-ersatzanspruch ist verjährt. Die Beklagten sind daher berech-tigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB), wasaufgrund der von ihnen erhobenen Verjährungseinrede zuberücksichtigen ist.

1. Der hier zu beurteilende Sachverhalt erstreckt sich zeitlichvon der Erteilung des Beratungsmandats Ende 2001 bis zurNeufestsetzung von Gewerbesteuer und Nachzahlungszinsenab Juni 2006. In diesen Zeitraum fällt das Gesetz zur Anpas-sung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Moder-nisierung des Schuldrechts vom 9.12.2004 (BGBl. I S. 3214).Nach Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 EGBGB ist auf die ge-änderten Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes Art. 229§ 6 EGBGB entsprechend anzuwenden, soweit nicht einanderes bestimmt ist. Der Beginn der Verjährung richtet sichdemnach für den Zeitraum vor dem 15.12.2004 nach demSteuerberatungsgesetz in der bis zu diesem Tag geltendenFassung, mithin nach § 68 StBerG a.F. (Art. 229 § 12 Abs. 1i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).

2. Nach § 68 StBerG a.F. ist der Anspruch der Klägerin auf Er-satz der Umwandlungskosten in Höhe von 19.926,25 EUR so-wie der Kosten des neuen Beraters von 21.170 EUR verjährt.

a) Die nach § 68 StBerG a.F. maßgebliche Schadenentste-hung ist anzunehmen, wenn der Schaden wenigstens demGrunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe noch nicht be-ziffert werden können, ferner wenn durch die Verletzungs-handlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterungder Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehenmuss, ob ein Schaden bestehen bleibt und damit endgültigwird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermö-genslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstandenist und mit der nicht fernliegenden Möglichkeit weiterer,noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile beiverständiger Würdigung zu rechnen ist; Unkenntnis desSchadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Ver-jährungsbeginn nicht.

Ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einemRisiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist einErsatzanspruch noch nicht entstanden, so dass eine Verjäh-rungsfrist noch nicht in Lauf gesetzt wird (BGH, Urt. v.

Page 8: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Senat hat etwa entschieden, dass die Verjährungsfrist nach§ 68 StBerG a.F. nicht vor dem Zugang des belastendenSteuerbescheids zu laufen beginnt, wenn der Schaden nichtin der späteren Besteuerung, sondern in einer vorgelagertenund für den Mandanten nachteiligen Vertragsgestaltungbesteht, die ihren Grund in einer unrichtigen Auskunft desSteuerberaters hat (BGH, Urt. v. 13.12.2007 – IX ZR 130/06,WM 2008, 611 Rdnr. 14 ff; v. 10.1.2008 – IX ZR 53/06,WM 2008, 613 Rdnr. 8).

Wie in den Fällen vermeidbarer Steuerlasten verdichtet sichdort das steuerliche Feststellungs- und Beurteilungsrisiko desMandanten, dessen Einschätzung sein rechtsgeschäftlichesHandeln bestimmt, erst mit der Bekanntgabe des ihm un-günstigen Steuerbescheids zu einem Schaden (BGH, Urt. v.13.12.2007, a.a.O., Rdnr. 16; v. 10.1.2008, a.a.O., Rdnr. 8).So kann verhindert werden, dass der Mandant praktischrechtlos gestellt wird, wenn es für diesen vor der Besteue-rung keinen Anlass gibt, eine steuerliche Pflichtverletzungund einen daraus entstandenen Schaden auch nur in Erwä-gung zu ziehen (BGH, Urt. v. 13.12.2007, a.a.O., Rdnr. 19).

Hingegen besteht kein sachlicher Grund, den Beginn der Ver-jährung trotz bereits verschlechterter Vermögenslage auf dieBekanntgabe des belastenden Steuerbescheids hinauszu-schieben, wenn der Mandant von einer steuerlichen Pflicht-verletzung schon durch seinen neuen Steuerberater Kenntniserlangt und Kosten auslösende Maßnahmen ergreift, die ihmzur Beseitigung der Folgen der vorausgegangenen Pflichtver-letzung angeraten worden sind.

cc) So liegt der Fall hier. Die Klägerin ist nicht erst durch diespätere Neufestsetzung der Gewerbesteuer auf den Bera-tungsfehler aufmerksam geworden, sondern durch ihrenneuen Steuerberater. Sie hat daraufhin Kosten aufgewendet,um die ihr zunächst angeratene Gestaltung rückgängig zumachen. Dadurch hat sich ihr Feststellungs- und Beurteilungs-risiko hinsichtlich dieser Kosten zu einem Schaden verdichtet.Ob die Steuerbehörde den bis zur Rückgängigmachung dergesellschaftsrechtlichen Gestaltung vorliegenden Steuersach-verhalt aufgreifen würde, ist hierfür unerheblich. Die vomBerufungsgericht in Zweifel gezogene Sinnhaftigkeit derRückgängigmachung war aufgrund der pflichtwidrigen Ge-staltungsberatung gegeben. Die Klägerin war nicht gehalten,die dadurch verursachte und mit Blick auf das Risiko einerspäteren Besteuerung bestehende Vermögensgefährdung fürweitere Erhebungszeiträume fortbestehen zu lassen.

d) Für die hier in Rede stehenden Schäden wurde die Ver-jährungsfrist des § 68 StBerG a.F. daher spätestens am17.7.2003 in Lauf gesetzt, als die erste Rechnung für die zurRückgängigmachung der fehlerhaft angeratenen Gestaltungerforderliche Beratung an den neuen Steuerberater bezahltworden war. Abgelaufen war diese Frist demnach am17.7.2006 (§ 68 StBerG a.F., Art. 229 § 12 Abs. 1 i.V.m.§ 6 Abs. 3 EGBGB, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Fall 1 BGB).Ein die Verjährung hindernder Neubeginn oder eine solcheHemmung sind nicht ersichtlich. Die Klageerhebung am27.9.2006 ist nicht mehr rechtzeitig erfolgt.

GIaktuell Nr. 4/August 2015102

2.7.1992 – IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69, 70 f; v. 3.12.1992 –IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141; v. 5.3.2009 – IX ZR172/05, WM 2009, 863 Rdnr. 8; v. 24.1.2013 – IX ZR 108/12,WM 2013, 940 Rdnr. 9; v. 10.7.2014 – IX ZR 197/12, DB2014, 2402 Rdnr. 8).

b) Ein Steuerschaden ist noch nicht entstanden, solange esam Zugang des belastenden Steuerbescheids fehlt. Bis zu die-sem Zeitpunkt hängt seine Entstehung noch von vielen unge-wissen Umständen ab. Es kann unsicher sein, ob die Steuer-behörde einen steuerrechtlich bedeutsamen Sachverhaltaufdeckt. Es liegt in der Regel bei ihr – vor allem bei einerErmessenentscheidung (§ 5 AO) –, ob sie bestimmte Tat-bestände aufgreift und welche Rechtsfolgen sie daraus zieht(BGH, Urt. v. 2.7.1992, a.a.O., S. 72; v. 3.12.1992, a.a.O.;v. 11.5.1995 – IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 388 ff; v.5.3.2009, a.a.O., Rdnr. 9 f; v. 24.1.2013, a.a.O., Rdnr. 9 f;v. 10.7.2014, a.a.O.). Die bis zum Zeitpunkt des Zugangs desbelastenden Steuerbescheids mit Blick auf den eigentlichenSteuerschaden regelmäßig nur vorliegende Vermögensgefähr-dung wird auch nicht durch eine Schlussbesprechung überdas Ergebnis einer Außenprüfung (§§ 193 ff AO) oder durchden erstellten Bericht des Prüfers zu einem den Lauf derVerjährung des § 68 StBerG a.F. in Gang setzenden Schaden(BGH, Urt. v. 2.7.1992, a.a.O., S. 73 f).

c) Eine steuerliche Fehlberatung kann neben dem steuerlichenSchaden weitere Schäden verursachen. Als solche Schädenkommen im Streitfall sowohl die Kosten für die Umsetzungder fehlerhaften Gestaltungsberatung durch die O. AG(Umwandlung der K. GmbH in eine GmbH & Co. KG) alsauch die im Zusammenhang mit der späteren Auflösung die-ser Gesellschaft entstandenen Beratungskosten in Betracht.

aa) Seit dem Grundsatzurteil vom 2.7.1992 (a.a.O., S. 73)findet sich in Entscheidungen des Senats wiederholt die For-mulierung, die Schadenentstehung sei frühestens mit demZugang des nachteiligen Steuerbescheids „für alle Schaden-fälle“ infolge eines Fehlers des Steuerberaters in einer Steuer-sache anzunehmen, gleichgültig, ob die Schadenursache da-zu führe, dass gegen den Mandanten ein Leistungsbescheidder Finanzbehörde ergehe oder ein Steuervorteil durch einenFeststellungs-(Grundlagen-)bescheid versagt werde (vgl. BGH,Urt. v. 15.7.2010 – IX ZR 180/09, WM 2010, 1620 Rdnr. 12m. d. entspr. Nachw.).

Das bedeutet jedoch nicht, der Zugang des Steuerbescheidsbestimme den Beginn der Verjährung für sämtliche, durcheine unrichtige Steuerauskunft verursachte Schäden. DerSenat hat wiederholt ausgesprochen, die Anknüpfung derVerjährung an einen Steuerbescheid für andere Vermögens-schäden als den eigentlichen Steuerschaden komme nichtstets in Betracht (BGH, Urt. v. 13.12.2007 – IX ZR 130/06,WM 2008, 611 Rdnr. 16; v. 10.1.2008 – IX ZR 53/06, WM2008, 613 Rdnr. 8).

bb) Für eine Anknüpfung der Verjährung erst an den Zugangdes Steuerbescheids bedarf es einer besonderen Rechtferti-gung, wenn sich die Vermögenslage des Mandanten beiobjektiver Betrachtung schon zuvor verschlechtert hat. Der

Page 9: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

III. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil dieAufhebung des Berufungsurteils nur wegen Rechtsverletzungbei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachver-hältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentschei-dung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).•

Kauf von Honorarforderungen• Steuerberater – Honorar• Inkassotätigkeit• Factoring und Forderungsmanagement• Abtretung von Honorarforderungen• Nichtige Abtretung?(BGH, Urt. v. 25.9.2014 – IX ZR 25/14)

Leitsatz:Kauft eine Steuerberatungsgesellschaft gewerblichHonorarforderungen von Steuerberatern auf und lässtsich diese Forderungen abtreten, führt das für Steuer-berater geltende Verbot gewerblicher Tätigkeit nichtzur Unwirksamkeit des Kaufvertrages und der Abtre-tung der Honorarforderung. •

Tatbestand:Der Beklagte beauftragte die Steuerberaterin S. (vormals B.)mit der Buchführung für das Jahr 2010 einschließlich derKontierung der Belege. Für die im Februar 2012 erbrachtenArbeiten berechnete die Steuerberaterin am 17.4.2012 einenBetrag von 603,57 EUR. Gleichzeitig verkaufte sie die For-derung an die Klägerin und trat sie ohne Zustimmung desBeklagten an diese ab. Die Klägerin kauft gewerbsmäßigHonorarforderungen von Steuerberatern zum Zwecke derEinziehung an.

Bis Anfang des Jahres 2014 firmierte die Klägerin als St. mbH,seit April 2014 ist die als R. mbH zugelassen und im Handels-register eingetragen. Zuvor hatte sie vor den Verwaltungs-gerichten vergeblich die Feststellung begehrt, dass die vonihr entfaltete gewerbliche Inkassotätigkeit keiner Ausnahme-genehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 Steuerbera-tungsgesetz (StBerG) bedürfe, die Steuerberaterkammerjedenfalls aber verpflichtet sei, ihr die Genehmigung zu er-teilen. Die gegen das Urteil des BVerwG (BVerwGE 144, 211)gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zurEntscheidung angenommen (ZIP 2014, 685).

Der Beklagte beglich die Rechnung trotz mehrerer Mahnun-gen auch durch einen von der Klägerin beauftragten Rechts-anwalt nicht; er hält die Abtretung für unzulässig. Die Vor-instanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgerichthat die Revision zugelassen, mit der die Klägerin ihr Klage-begehren weiterverfolgt. •

Aus den Gründen:Die Revision ist begründet. Sie führt zur Verurteilung desBeklagten.

e) Eine Sekundärhaftung der Beklagten kann nicht angenom-men werden. Dass und gegebenenfalls wann auf Seiten derO. AG begründeter Anlass bestanden haben könnte, auf dieMöglichkeit einer eigenen Regresshaftung und die dafürmaßgebliche Verjährungsregelung hinzuweisen (vgl. BGH,Urt. v. 11.5.1995 – IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 391; v.28.9.1995 – IX ZR 227/94, WM 1996, 33, 34; v. 1.2.2007 –IX ZR 180/04, WM 2007, 801 Rdnr. 13), ist nicht festgestellt.Vielmehr ist die Festsetzung der Gewerbesteuer zunächstantragsgemäß erfolgt. Zudem war die Klägerin durch ihreInstanzanwälte jedenfalls noch vor dem 10.1.2005 und da-mit lange vor Ablauf der Primärverjährung wegen der Haf-tungsfrage anwaltlich beraten (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.2012 –IX ZR 125/10, BGHZ 193, 193 Rdnr. 59).

3. Nach dem Grundsatz der Schadeneinheit erfasst die ein-getretene Verjährung auch den erst später entstandenenSteuerschaden.

a) Der aus einem bestimmten Verhalten erwachsende Scha-den ist in der Regel als ein Ganzes aufzufassen. Es gilt dahereine einheitliche Verjährungsfrist, wenn schon beim Auftretendes ersten Schadens bei verständiger Würdigung mit weiterenwirtschaftlichen Nachteilen gerechnet werden kann (BGH,Urt. v. 3.12.1992 – IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141;v. 18.12.1997 – IX ZR 180/96, WM 1998, 779, 780; v.21.2.2002 – IX ZR 127/00; WM 2002, 1078, 1080; v.24.1.2013 – IX ZR 108/12, WM 2013, 940 Rdnr. 17). Füreinen Steuerschaden gelten keine Besonderheiten (a.A.Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl., Rdnr.902). Er muss nicht durch Zugang eines belastenden Steuer-bescheids entstanden, sondern nur bei verständiger Würdi-gung voraussehbar sein.

b) Dies war hier der Fall. Nachdem die Klägerin von ihremneuen Steuerberater auf die Unzulänglichkeit der gewähltengewerbesteuerlichen Gestaltung hingewiesen worden war,musste sie bei verständiger Würdigung mit Steuernachteilenrechnen, sei es durch eine Änderung der bisherigen, unterdem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerbeschei-de. Es war ihr deshalb möglich und zumutbar, neben einerKlage auf Ersatz der bisher entstandenen Kostenschäden einesolche auf Feststellung der Ersatzpflicht für den künftigenSteuerschaden zu erheben (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.2014 –IX ZR 197/12, DB 2014, 2402 Rdnr. 11 ff).

Die Anwendbarkeit des Grundsatzes der Schadeneinheit stelltnicht in Frage, dass der Kostenschaden bei der K. GmbH & Co.KG angefallen ist, der eigentliche Steuerschaden und dieNachzahlungszinsen jedoch erst nach Gesamtrechtsnachfolgebei der Klägerin. Der Gesamtrechtsnachfolger erwirbt denSchadenersatzanspruch mit gegebenenfalls bereits laufenderVerjährung (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014,§ 199 Rdnr. 56; Münch-Komm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 199Rdnr. 36 f; Bamberger/Roth/Henrich, 3. Aufl., § 199 Rdnr. 39).Eine neue Verjährung wird nicht dadurch in Lauf gesetzt,dass später weitere, bei verständiger Würdigung vorausseh-bare (Teil-)Schäden unmittelbar bei ihm anfallen.

GIaktuell Nr. 4/August 2015 103

Page 10: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin sei nichtaktivlegitimiert, weil die Abtretung der Honorarforderungwegen § 134 BGB unwirksam sei. Sie sei im Rahmen des vonder Klägerin gewerblich betriebenen Forderungsankaufs er-folgt. Eine gewerbliche Tätigkeit sei der Klägerin als Steuer-beratungsgesellschaft jedoch nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerGuntersagt gewesen; die beantragte Ausnahmegenehmigungsei ihr nicht erteilt worden. Bei § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG han-dele es sich um ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB.

Das Verbot der gewerblichen Tätigkeit diene insbesonderedem Schutz des Mandanten des Steuerberaters. Wenn dieAbtretung der Honorarforderungen von Steuerberatern andie Klägerin wirksam sei, würde dies bedeuten, dass dieKlägerin bei ihrer rechtswidrigen, ohne Ausnahmegeneh-migung ausgeübten Tätigkeit von den Privilegien des § 64Abs. 2 StBerG profitieren würde. Dies wäre mit dem durchdie Genehmigungsbedürftigkeit beabsichtigten Schutz derMandanten von Steuerberatern nicht vereinbar.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nichtstand. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, weil die Steuerbera-terin S. ihr die Honorarforderung wirksam abgetreten hat(§ 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG).

1. Allerdings durfte die Klägerin, solange sie als Steuerbera-tungsgesellschaft tätig war, kein gewerbliches Inkasso betrei-ben (§ 57 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 StBerG). Dass die vonihr beabsichtigte Tätigkeit des Factoring und Forderungs-managements für Honorare aus Steuerberatung (BVerwGE144, 211 Rdnr. 21) und der Ankauf der streitgegenständ-lichen Honorarforderung eine gewerbliche Tätigkeit darstellt,hat die Klägerin mit Recht weder im verwaltungsgericht-lichen Verfahren auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung(BVerwG, a.a.O.) noch im finanzgerichtlichen Verfahren we-gen des Widerrufs ihrer Anerkennung als Steuerberatungs-gesellschaft (BFHE 244, 480) noch im zivilgerichtlichen Ver-fahren in Abrede gestellt. Gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4Nr. 1 StBerG sind dem Steuerberater aber gewerbliche Tätig-keiten grundsätzlich untersagt und nur bei Zulassung einerAusnahme erlaubt.

a) Mit dem grundsätzlichen Verbot gewerblicher Tätigkeit(vgl. BVerwG, DStRE 2013, 891 Rdnr. 18 f) sollen die fachli-che Kompetenz und Integrität sowie ein ausreichender Hand-lungsspielraum der steuerberatenden Berufsträger gesichertsowie die notwendige Vertrauensgrundlage geschützt wer-den. Damit dient die Regelung der Funktionsfähigkeit derSteuerrechtspflege, die als Teil der gesamten Rechtspflegeeinen Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung darstellt.Durch die mit der Neufassung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerGerfolgten Öffnung für Ausnahmefälle hat der Gesetzgeberallerdings deutlich gemacht, dass eine gewerbliche Tätigkeitnicht schlechthin zu einer Gefährdung der Steuerrechtspflegeführt, die Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann.

Mit dieser Einschätzung der drohenden Gefahren bewegtsich der Gesetzgeber innerhalb seines Beurteilungsspielraums,der von den Gerichten grundsätzlich hinzunehmen und zubeachten ist (BVerfG, NJW 2013, 3357 Rdnr. 30 m.w.N.; vgl.

GIaktuell Nr. 4/August 2015104

BGH, Urt. v. 12.5.2011 – III ZR 107/10, NZI 2011, 498Rdnr. 13 m.w.N.). Zudem geht es darum, der Gefahr mögli-cher Interessenkollisionen zwischen den verschiedenen Tätig-keitsfeldern zu begegnen (vgl. § 6 Abs. 1 Berufsordnung derBundessteuerberaterkammer – BOStB) und hierbei insbeson-dere auch der Gefahr, dass der Steuerberater die im Rahmender Steuerberatung gewonnenen Kenntnisse im eigenenGewerbe verwertet und seinem Mandanten Konkurrenzmacht (BGH, a.a.O.).

aa) Diese gesetzlichen Ziele schließen es aus, die Regelungdes § 57 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 StBerG teleologisch zureduzieren (vgl. BVerwGE 144, 211 Rdnr. 20 ff). Denn durchdieses Tätigkeitsverbot mit Ausnahmevorbehalt soll der ab-strakten Gefahr einer Beeinträchtigung der Funktionsfähig-keit der Steuerrechtspflege und der Interessenkollision be-gegnet werden. Sofern im konkreten Fall die Gefahr derVerletzung von Berufspflichten widerlegt ist, besteht einAnspruch des Berufsträgers auf Erteilung der Ausnahme-genehmigung; ein Ermessensspielraum ist der zuständigenSteuerberaterkammer nicht eröffnet (vgl. BVerfG, NJW 2013,3357 Rdnr. 36; BVerwGE 144, 211 Rdnr. 27 f; DStRE 2013,891 Rdnr. 18 ff). Hierdurch wird den berechtigten Interessender steuerberatenden Berufsträger genügt. Dass die Norm indieser Auslegung verfassungsgemäß ist, hat das BVerfGmehrfach bestätigt (BVerfG, NJW 2013, 3357 Rdnr. 22; ZIP2014, 685 Rdnr. 21, 24 ff).

bb) Ebenso wenig ergibt sich die Berechtigung der Klägerinzum gewerblichen Inkasso aus § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG.Diese Regelung beinhalte, wie das BVerwG zutreffend ent-schieden hat (BVerwGE 144, 211 Rdnr. 23 f), keinen spezial-gesetzlichen Erlaubnistatbestand, der § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerGeinschränkt und zur Zulässigkeit des gewerblichen Inkassosohne Erteilung einer Ausnahmegenehmigung führt.

b) Die Klägerin hat mit ihrer nicht erlaubten gewerblichenInkassotätigkeit begonnen, ohne dass die zuständige Steuer-beraterkammer die gewerbliche Tätigkeit genehmigt hätte.Der Klägerin steht auch materiellrechtlich kein Anspruch aufErteilung der Ausnahmegenehmigung zu. Sie hat auch imZivilrechtsstreit keine Tatsachen vorgetragen, welche diegrundsätzlich bestehenden Zweifel, dass durch eine gewerb-liche Zweitbetätigung die Berufspflichten als Steuerberatergefährdet werden, in ihrem Einzelfall ausräumen könnten,wobei es genügt hätte, wenn sie dargelegt hätte, dass ihregewerbliche Zweitbetätigung unter eine der Fallgruppen des§16 BOStB einzuordnen ist (vgl. BVerwGE 144, 211 Rdnr. 28 f).

Für die mit der Genehmigung befassten Verwaltungsgerichtewaren die personelle Verflechtung zwischen der D. eG undder Klägerin maßgeblich. Das BVerwG hat die nicht entfernteGefahr gesehen, dass die Gesellschafterin der Klägerin, diezugleich Gesellschafterin der D. und deshalb auch an derenGeschäftserfolg maßgeblich interessiert sei, den gewerblichenInteressen der D. im Konfliktfalle gegenüber den Berufspflich-ten des Steuerberaters den Vorzug einräume. Es hat ausge-führt, dies gelte ungeachtet der Bemühungen um eine Ent-flechtung der beiden Gesellschaften, welche die Klägerinvorgetragen habe (BVerwGE 144, 211 Rdnr. 31).

Page 11: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015 105

Weiter ist der Senat mit dem BVerwG (BVerwGE 144, 211Rdnr. 32) der Ansicht, dass das von der Klägerin angestrebtevollständige Factoring und Forderungsmanagement für Hono-rare steuerberatender Berufe von dem Berufsfeld des Steuer-beraters nicht hinreichend abgegrenzt werden kann. Die Klä-gerin hat auch im Zivilrechtsstreit keine Umstände benannt,die eine Gefährdungssituation trotz dieser Nähe der beab-sichtigten gewerblichen Tätigkeit zu ihrem Beruf als Steuer-berater als unwahrscheinlich erscheinen lassen.

2. Doch ist die Abtretung der Honorarforderung der Steuer-beraterin S. an die Klägerin nicht nach § 134 BGB nichtig.Diese Bestimmung ordnet für ein Rechtsgeschäft, das gegenein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos dieNichtigkeit an. Sie macht vielmehr diese Rechtsfolge davonabhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt.§ 134 BGB kann daher nicht ohne Rückgriff auf das verletzteVerbot angewendet werden. Ordnet das Verbot selbst eineRechtsfolge an, so ist diese maßgeblich. Fehlt es an einerverbotseigenen Rechtsfolgeregelung, sind Sinn und Zweckdes verletzten Verbots entscheidend. Dies erfordert einenormbezogene Abwägung, ob es mit dem Sinn und demZweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar ist, die durchdas Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen oderbestehen zu lassen (BGH, Urt. v. 17.10.2003 – V ZR 429/02,NJW 2003, 3692 f).

a) Bei § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG handelt es sich um ein Ver-botsgesetz im Sinne von § 134 BGB, das sich ausschließlichgegen den Steuerberater und nicht auch gegen dessen Ver-tragspartner richtet (BGH, Urt. v. 12.5.2011 – III ZR 107/10,NZI 2011, 498 Rdnr. 11 m.w.N.). Dass vorliegend die Ver-tragspartnerin der Klägerin in Bezug auf den Forderungskaufselbst Steuerberaterin ist, ändert daran nichts. Sie ist nichtdafür verantwortlich, dass die Klägerin die sie treffendenBerufspflichten einhält.

Betrifft das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner,so hat dies im Regelfall nicht die Unwirksamkeit des Rechts-geschäfts zur Folge; anderes gilt aber, wenn es mit dem Sinnund Zweck des Verbotsgesetzes nicht vereinbar wäre, diedurch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelunghinzunehmen und bestehen zu lassen, und hieraus die Nich-tigkeit des Rechtsgeschäfts gefolgert werden muss (BGH,Urt. v. 22.5.1978, BGHZ 71, 358, 360 f; v. 12.5.2011, a.a.O.,Rdnr. 12).

Sinn und Zweck des § 57 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1StBerG – Regelung der Funktionsfähigkeit der Steuerrechts-pflege und Verhinderung einer Interessenkollision – ver-langen nicht die Unwirksamkeit des infolge der verbotenengewerbsmäßigen Tätigkeit abgeschlossenen Forderungskauf-vertrages und der damit verbundenen Forderungsabtretung.Denn die Honorarforderungen von Steuerberatern könnenunter Beachtung der Einschränkungen des § 64 Abs. 2 StBerGan Berufsträger auch ohne Zustimmung des Mandanten ab-getreten werden. Auch ist eine Inkassotätigkeit, soweit sienicht gewerblich betrieben wird oder eine Ausnahmegeneh-migung der zuständigen Steuerberaterkammer vorliegt, zu-lässig.

Der Mandant muss nicht allgemein vor den Folgen einesForderungsverkaufs geschützt werden; vor der Gefahr, dassseine Daten an unbefugte Dritte weitergegeben werden, ister bei der Abtretung an einen anderen Steuerberater durchdie diesen treffende Verschwiegenheitspflicht als Berufs-pflicht und bei einer Abtretung an einen Dritten durch die in§ 64 Abs. 2 Satz 4 StBerG angeordnete Verschwiegenheits-pflicht hinreichend geschützt (vgl. BVerwGE 144, 211 Rdnr.23; Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl., § 64 Rdnr. 8 f). ImEinzelfall kann wegen der Verletzung gegenüber dem Man-danten bestehender Berufspflichten etwas anderes gelten.Dazu ist jedoch nichts vorgetragen; dies liegt auch nach demfestgestellten Sachverhalt nicht auf der Hand.

In dem Forderungskaufvertrag und der zur Vertragserfüllungerfolgten Abtretung liegt entgegen der Ansicht des Beru-fungsgerichts auch kein unzulässiger Vertrag zu Lasten Drit-ter, hier des Mandanten. § 64 Abs. 2 StBerG erlaubt unterengeren Voraussetzungen als § 398 BGB in einem bestehen-den Schuldverhältnis ein Auswechseln der Person des Gläu-bigers durch Rechtsgeschäft. Der neue Gläubiger tritt an dieStelle des bisherigen Gläubigers. § 398 BGB, § 64 Abs. 2Satz 1 StBerG machen die Abtretung unabhängig von einerMitwirkung des Schuldners; dieser muss sich also jederzeitein Auswechseln seines Gläubigers gefallen lassen. Sichernkann er sich dagegen durch vertraglichen Ausschluss der Ab-tretung (§ 399 BGB; MünchKomm-BGB/Roth, 6. Aufl., § 398Rdnr. 1, 3). Er ist im Übrigen ausreichend durch § 64 Abs. 2StBerG, §§ 398 ff BGB geschützt.

b) Die Befolgung von § 57 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 StBerGwird ausreichend durch die Möglichkeit berufsrechtlicherSanktionen sichergestellt (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1980 – IVaZR 28/80, BGHZ 78, 263, 266 f; v. 22.9.1983 – VII ZR 43/83,BGHZ 88, 240, 244; v. 17.10.2003 – V ZR 429/02, NJW2003, 3692, 3693; v. 12.5.2011 – III ZR 107/10, NZI 2011,498 Rdnr. 14). Die Steuerberaterkammer kann – wie im Fallder Klägerin geschehen – die Anerkennung als Steuerbera-tungsgesellschaft gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG„wegen unzulässigen Unternehmensgegenstandes“ wider-rufen (BFHE 244, 480 Rdnr. 11).

Sie kann den betroffenen Steuerberater rügen (§ 76 Abs. 2Nr. 4, § 81 Abs. 1 StBerG), auch können gegen ihn berufs-gerichtliche Maßnahmen gemäß § 89 Abs. 1 StBerG ver-hängt werden. Kann das Verbot der gewerblichen Inkasso-tätigkeit mit Mitteln des Berufsrechts durchgesetzt werden,besteht kein Allgemeininteresse daran, die Abtretung einerSteuerberaterforderung nur deswegen als unwirksam anzu-sehen, weil der Steuerberater die Forderung im Rahmen einergewerblichen nicht genehmigten Tätigkeit ankaufte und ab-getreten erhielt. So hat es der BGH nicht für erforderlich ge-halten, einzelne Maklerverträge, die ein zugleich als gewerbs-mäßiger Makler tätiger Steuerberater abgeschlossen hat, alsnichtig anzusehen (BGH, Urt. v. 23.10.1980 – IVa ZR 28/80,BGHZ 78, 263, 266). Auch sah er keinen Anlass, das ineinem Einzelfall von einem Steuerberater einem Mandantengewährte und „bankmäßig abgerechnete“ Darlehen demVerbot der gewerblichen Tätigkeit zu unterwerfen (BGH, Urt.v. 10.7.1986 – III ZR 77/85, NJW-RR 1986, 1495, 1496).

Page 12: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Leitsatz:Ist ein im Konkursverfahren (Insolvenzverfahren) bestell-ter Sonderverwalter zunächst nur mit der Prüfung vonSchadenersatzansprüchen gegen den amtierenden Ver-walter beauftragt, beginnt die Frist, innerhalb derer Scha-denersatzansprüche gegen den amtierenden Verwalterverjähren, schon mit dem Schluss des Jahres zu laufen,in welchem der Sonderverwalter Kenntnis der anspruchs-begründenden Umstände erlangt (Ergänzung zu BGH,Urt. v. 22.4.2004 – IX ZR 128/03, BGHZ 159, 25). •

Tatbestand:Der Beklagte wurde in dem am 22.12.1997 eröffneten An-schlusskonkursverfahren als Verwalter über das Vermögender D. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) bestellt. In diesemVerfahren zahlte er mit Ermächtigung des Konkursgerichtsim Jahre 1999 umgerechnet 366.832,14 EUR an die Gläu-biger eines Sozialplans aus. Die für die Verteilung an dieKonkursgläubiger zur Verfügung stehende Masse betrug585.184,84 EUR.

Mit Beschluss vom 23.9.2004 beauftragte das Konkurs-gericht die Klägerin als Sonderkonkursverwalterin mit derPrüfung von Schadenersatzansprüchen gegen den Beklag-ten. Am 30.1.2006 ermächtigte es sie zur Durchsetzung vonSchadenersatzansprüchen der Masse. In einem Vorprozesserstritt die Klägerin gegen den Beklagten wegen der pflicht-widrigen Auszahlung von mehr als einem Drittel der zur Ver-teilung an die Konkursgläubiger zur Verfügung stehendenMasse an die Gläubiger eines Konkurssozialplans eine Ver-urteilung zum Schadenersatz in Höhe von 59.079,89 EUR.Dieses Urteil ist durch Zurückweisung der Nichtzulassungs-beschwerde des Beklagten durch den BGH am 23.9.2010(IX ZR 122/08) rechtskräftig geworden.

Mit Beschluss vom 7.10.2008 entließ das Konkursgerichtden Beklagten aus dem Amt und bestellte die Klägerin zurneuen Konkursverwalterin. Wegen im Vorprozess noch nichtgeltend gemachter weiterer Schadenersatzansprüche erklärteder Beklagte am 25.11.2008 gegenüber der Klägerin, dasser bis drei Monate nach Abschluss des Nichtzulassungs-beschwerdeverfahrens auf die Einrede der Verjährung ver-zichte, sofern die geltend gemachten Ansprüche noch nichtverjährt seien.

Gestützt auf die Ansicht, der Beklagte habe die gesamte fürdie Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung ste-hende Masse an die Sozialplangläubiger ausgekehrt, hat dieKlägerin den Beklagten mit der am 21.12.2010 erhobenenKlage auf Zahlung weiterer 185.474,87 EUR nebst Zinsen inAnspruch genommen. Der Beklagte hat die Einrede der Ver-jährung erhoben. Das LG hat den Beklagten antragsgemäßverurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG des-sen Verurteilung auf 112.690,64 EUR nebst Zinsen herabge-setzt. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerdeder Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senatzugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin dievollständige Abweisung der Klage. •

GIaktuell Nr. 4/August 2015106

Ebenso hat er die Nichtigkeit eines „BeratungsvertragesSanierung“ verneint (BGH, Urt. v. 12.5.2011 – III ZR 107/10,NZI 2011, 498 Rdnr. 9, 14).

Anders kann es freilich liegen, wenn der betroffene Vertragseinem Inhalt nach gerade auf die (institutionelle) Verwirk-lichung eines gesetzeswidrigen Tatbestands gerichtet ist (vgl.OLG Hamm, NJW 1997, 666 für einen Verschmelzungsver-trag zwischen einer Steuerberatungs-GmbH und einer einHandelsgewerbe betreibenden GmbH; BGH, Urt. v. 12.5.2011,a.a.O., Rdnr. 14). Letzteres kann für den Fall der Inkassotätig-keit nicht angenommen werden, weil diese nicht in jedemFall verbotswidrig sein muss.

3. Die Abtretung der Honorarforderung der Steuerberaterin S.an die Klägerin war auch ohne Zustimmung durch den Beklag-ten gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG wirksam, weil die imVergleich zu § 398 BGB einschränkenden Zulässigkeitsvoraus-setzungen in der Person der Klägerin vorlagen. Diese war zumZeitpunkt der Abtretung eine Steuerberatungsgesellschaft imSinne von § 3 Nr. 3 StBerG. Eine einschränkende Auslegungin dem Sinne, dass Abtretungen nur im Rahmen von zulässi-gen Tätigkeiten eines Steuerberaters nach § 57 Abs. 2 und 3StBerG zulässig sind, wie es das Berufungsgericht erwägt,kommt nicht in Betracht. Dafür gibt schon der Wortlaut dergenannten Vorschriften nichts her. Auch besteht für einesolche einschränkende Auslegung ein Schutzbedürfnis desMandanten nicht, wie bereits ausgeführt worden ist.

III. Das angefochtene Urteil kann deshalb nicht bestehenbleiben. Da das Berufungsgericht den – von dem Beklagtenweder dem Grunde noch der Höhe nach bestrittenen –Honoraranspruch der Steuerberaterin S. einschließlich derebenfalls nicht bestrittenen Nebenforderungen rechtsfehler-frei festgestellt hat und das festgestellte Sachverhältnis, ohnedass es hierzu weiteren Vortrags und weiterer Feststellungenbedürfte, eine Entscheidung über den in der Berufungs-instanz gestellten Zahlungsantrag ermöglicht, kann der Senatnach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. DieHauptforderung ergibt sich aus § 675 Abs. 1, § 611 Abs. 1BGB, § 64 Abs. 2 StBerG in Verbindung mit § 33 Abs. 1,§§ 9, 11, 15, 16, Anlage 3 Tabelle C Steuerberatergebühren-verordnung in der Fassung vom 27.4.2001. Die Nebenforde-rungen folgen aus § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 Abs. 1,§ 288 Abs. 1 BGB. •

Haftung des Insolvenzverwalters• Verjährung des Schadenersatzanspruchs• Verjährungsbeginn• Sonderverwalter• Beschränkter Prüfungsauftrag• Kenntnis des Sonderverwalters, § 199 BGB• Erweiterung des Auftrags zur Durchsetzung von

Schadenersatzansprüchen(BGH, Urt. v. 17.7.2014 – IX ZR 301/12)

Page 13: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015 107

Aus den Gründen:Die Revision führt im Umfang ihrer Zulassung zur Aufhebungder angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisungder Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat eine Schadenersatzpflicht desBeklagten aus § 82 KO bejaht, weil er gegen § 4 Satz 2 desGesetzes über den Sozialplan im Konkurs und Vergleichs-verfahren vom 20.2.1985 in Verbindung mit §§ 170, 61 KOverstoßen habe, indem er schuldhaft die Drittelgrenze des§ 4 Satz 2 Sozialplangesetz überschritten habe. Der Beklagtekönne sich nicht darauf berufen, dass die Teilungsmasseentgegen der vom BGH im Vorprozess mit Beschluss vom23.9.2010 gebilligten Berechnungsweise nach Maßgabe des§ 2 der Vergütungsverordnung zu berechnen sei. Die Er-mächtigung des Gerichts zur Auszahlung entlaste ihn nicht.Sie führe dazu, dass die Zahlungen von den Empfängernnicht rückforderbar gewesen seien, weil sie mit Rechtsgrunderfolgt seien.

Allerdings sei der Anspruch nach Abzug des im Vorprozessbereits ausgeurteilten Betrages nur in Höhe von 112.690,64EUR gegeben. Die Klägerin habe gegen die vom Berufungs-gericht im Vorprozess festgestellte Teilungsmasse in Höhevon 585.184,84 EUR nichts mit Substanz vorgetragen. Ver-jährung sei nicht eingetreten. Das LG habe es zutreffend fürentscheidend gehalten, dass die Beklagte zunächst nur mitder Prüfung der Ansprüche beauftragt worden sei. Die Ver-jährungsfrist habe erst ab dem Zeitpunkt laufen können, zudem die Klägerin zur Durchsetzung der Ansprüche ermäch-tigt worden sei.

II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfungin einem wesentlichen Punkt nicht stand. Die tatbestandli-chen Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 82 KO hat dasBerufungsgericht zwar zutreffend bejaht. Auf der Grundlageder bisherigen Feststellungen lässt sich jedoch nicht beurtei-len, ob der Anspruch im Zeitpunkt des Verzichts auf die Ein-rede der Verjährung verjährt war oder nicht.

1. Schon zur Konkursordnung hat der BGH entschieden,dass Schadenersatzansprüche gegen Konkursverwalter undMitglieder eines Gläubigerausschusses innerhalb der Frist des§ 852 Abs. 1 BGB a.F. verjähren (BGH, Urt. v. 8.5.2008 –IX ZR 54/07, ZInsO 2008, 750 Rdnr. 9 m.w.N.). Nach Ände-rung der Verjährungsvorschriften durch das Gesetz zurModernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. IS. 3138) und das Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvor-schriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtsvom 9.12.2004 (BGBl. I S. 3214) ist auf die Verjährung dergegen den Konkursverwalter gerichteten Schadenersatz-ansprüche gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB in Ver-bindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die allgemei-ne Regelung der §§ 195, 199 BGB anzuwenden (vgl. BGH,a.a.O., Rdnr. 8 ff; Pape in Pape/Uhländer, InsO, § 62 Rdnr. 1 f).

Grundsätzlich gilt damit die regelmäßige Verjährungsfrist vondrei Jahren (§ 195 BGB), die mit dem Schluss des Jahres be-ginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der GläubigerKenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen

und der Person des Schuldners erlangt oder ohne grobe Fahr-lässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).

2. Die danach maßgebliche Frist des § 195 BGB begann ge-mäß § 199 Abs. 1 BGB am Ende desjenigen Jahres, in wel-chem die Klägerin in ihrer Eigenschaft als SonderverwalterinKenntnis von dem durch den Beklagten verursachten undim vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schaden er-langt hat.

a) Es kommt auf die Kenntnis des Sonderverwalters an. Beider Anwendung der §§ 195, 199 BGB im Insolvenzverfahrenwie auch im früheren Konkursverfahren ist zu beachten, dasseine durch ein pflichtwidriges Verhalten des Konkurs- oderInsolvenzverwalters (§ 82 KO/§ 60 InsO) hervorgerufeneSchmälerung der Masse einen die Gemeinschaft der Gläubi-ger treffenden Gesamtschaden bildet, der während derDauer des Verfahrens durch Zahlung an die Konkurs- bzw.Insolvenzmasse auszugleichen ist. Dieser Schaden ist derGemeinschaft zugewiesen und unterliegt dem Verwaltungs-und Verwertungsrecht des Konkursverwalters.

Er kann deshalb nicht von einem einzelnen Masse- oderKonkursgläubiger, sondern nur durch einen Sonderverwalteroder neu bestellten Verwalter verfolgt werden (BGH, Urt. v.22.4.2004 – IX ZR 128/03, BGHZ 159, 25, 26 m.w.N.; v.8.5.2008, a.a.O., Rdnr. 13; ebenso für den nach jetzigemRecht gemäß § 92 InsO zu verfolgenden Gemeinschafts-schaden: vgl. BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – IX ZB 240/05,ZInsO 2007, 326 Rdnr. 1; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 92Rdnr. 44; Lind in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl.,§ 60 Rdnr. 42; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2009,§ 60 Rdnr. 30; MünchKomm-InsO/Brandes/Schoppmeyer,3. Aufl., § 60 Rdnr. 116; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl.,§ 60 Rdnr. 120; Pape/Sietz in Pape/ Graeber, Handbuch derInsolvenzverwalterhaftung, Teil 3 Rdnr. 1544 ff).

Aufgrund dieser Durchsetzungssperre beginnt die dreijährigeVerjährungsfrist erst zu laufen, wenn dieser Verwalter vonden maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt hat (BGH,Urt. v. 24.1.1991 – IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 280; v.22.4.2004, a.a.O., S. 28 f; v. 8.5.2008, a.a.O., Rdnr. 13;ebenso auf der Grundlage des § 62 Satz 1 InsO und des§ 199 BGB: Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 62 Rdnr.2a; MünchKomm-InsO/Brandes/Schoppmeyer, a.a.O., § 62Rdnr. 4; Pape in Pape/Uhländer, a.a.O., § 62 Rdnr. 6; Uhlen-bruck/Sinz, a.a.O., § 62 Rdnr. 6; Spliedt in Pape/Graeber,a.a.O., Teil 3 Rdnr. 1440).

b) Allerdings war die Klägerin durch den Beschluss vom23.9.2004 nur mit der Prüfung, nicht auch mit der Durch-setzung etwaiger Ansprüche gegen den Beklagten beauftragtworden. Der Beschluss kann auch nicht so ausgelegt werden,dass er neben der Prüfung auch die Geltendmachung desAnspruchs umfasste.

Der Sonderinsolvenzverwalter ist aufgrund der Beschränkungauf die ihm vom Insolvenzgericht übertragenen Aufgabennicht befugt, Schadenersatzansprüche gegen den noch amtie-renden Konkurs- oder Insolvenzverwalter geltend zu machen,

Page 14: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

wenn ihn das Insolvenzgericht lediglich mit der Prüfung vonSchadenersatzansprüchen beauftragt hat.

Das Recht zur gerichtlichen Durchsetzung, bei dem es sichum einen Ausschnitt aus der dem Verwalter übertragenenVerwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenz-masse handelt (vgl. HK-InsO/Kayser, a.a.O., § 80 Rdnr. 37;Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 80 Rdnr. 51; Uhlen-bruck, a.a.O., § 80 Rdnr. 104), steht ihm nur zu, wenn ihmauch das Recht zur Geltendmachung der Ansprüche über-tragen ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2005 – IX ZR 179/04,BGHZ 165, 96, 99). Reichen die Befugnisse des Sonderver-walters nicht aus, um die ihm übertragene Aufgabe voll-ständig zu erfüllen, kann er jederzeit eine Ergänzung desBestellungsbeschlusses des Gerichts beantragen.

Eine bloß klarstellende Funktion kommt diesem Beschlussentgegen der Auffassung der Revision nicht zu, weil unge-achtet der Bestellung des Sonderverwalters der amtierendeVerwalter im Amt bleibt und ein Eingriff in dessen umfassen-de Befugnisse, der mit der Übertragung des Prozessführungs-rechts für einen bestimmten abgegrenzten Bereich auf einenSonderverwalter verbunden ist, stets einer ausdrücklichenErmächtigung des Gerichts bedarf. Andernfalls könnten beijeder Übertragung bestimmter gegenständlich begrenzterAufgaben auf einen Sonderverwalter Unklarheiten darüberentstehen, welche Reichweite die Übertragung hat und obweitergehende Rechtshandlungen gedeckt sind, die mögli-cherweise zur Erfüllung der Aufgabe gehören. Die Klägerinwar also aus Rechtsgründen gehindert, den Anspruch einzu-klagen und so den Lauf der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1Nr. 1 BGB zu hemmen.

c) Grundsätzlich läuft die Verjährung dann, wenn der be-troffene Gläubiger die Möglichkeit hat, ihren Eintritt zuverhindern. Ausnahmen gelten nur bei Vorliegen tragfähigerGründe (vgl. BGH, Urt. v. 16.9.2005 – V ZR 242/04, WM2006, 49, 50 oben). Den rechtlichen Besonderheiten desKonkursverfahrens, insbesondere der Befugnisse des Sonder-verwalters, sowie den Interessen der Gläubigergemeinschafteinerseits, des Konkursverwalters andererseits wird dieAnknüpfung des Verjährungsbeginns an die Kenntnis desSonderverwalters unabhängig von der Reichweite der ihmverliehenen Befugnisse jedoch am besten gerecht.

aa) Der nur mit der Prüfung, nicht auch mit der Durchsetzungvon Schadenersatzansprüchen beauftragte Sonderverwalterist verpflichtet, das Konkursgericht und die Konkursgläubigerzeitnah von den Ergebnissen seiner Untersuchungen zu unter-richten, gegebenenfalls auch in Form von Zwischenberichten,und zu gegebener Zeit eine Klage gegen den Konkursver-walter anzuregen.

bb) Die Gläubiger können sodann entscheiden, ob sie denAnspruch gegen den Konkursverwalter verfolgen wollen; zudiesem Zweck können sie eine Erweiterung der Befugnissedes Sonderverwalters auf die Prozessführung beantragen.Die Frist von drei Jahren ab Kenntnis des Sonderverwalters(vgl. § 195 BGB) wird in aller Regel ausreichen, um sowohleinen Beschluss der Gläubiger als auch einen Beschluss des

Konkursgerichts herbeizuführen. Sollte der Sonderverwalterseine Amtspflicht, das Konkursgericht und die Konkursgläu-biger rechtzeitig über die Ergebnisse seiner Untersuchungenzu unterrichten, verletzen, macht er sich seinerseits den Kon-kursgläubigern gegenüber schadenersatzpflichtig.

cc) Eine Anknüpfung des Verjährungsbeginns an einen nach-träglich zu fassenden Beschluss des Konkursgerichts über eineErweiterung der Befugnisse des Sonderverwalters auf dieDurchsetzung des Anspruchs führt insbesondere dann zu un-befriedigenden Ergebnissen, wenn die Gläubiger (zunächst)beschließen, den Anspruch nicht geltend zu machen, und derSonderverwalter also (zunächst) nicht tätig wird. In einemsolchen Fall würde der Verjährungsbeginn auf unabsehbareZeit hinausgeschoben werden, was der Rechtssicherheit ab-träglich und dem betroffenen Konkursverwalter, der weiter-hin befürchten müsste, in Anspruch genommen zu werden,nicht zumutbar wäre.

3. Im Streitfall hätte die Klägerin die Klage nicht rechtzeitigerhoben, wenn sie schon im Jahre 2004 von der pflichtwid-rigen Verwendung von mehr als einem Drittel der Konkurs-masse für die Befriedigung der Sozialplangläubiger altKenntnis gehabt hätte. Der Verzicht des Beklagten auf dieEinrede der Verjährung bis zum rechtskräftigen Abschlussdes Vorprozesses am 25.11.2008 wäre dann ins Leere ge-gangen, weil die Schadenersatzansprüche der Masse wegenVerletzung des § 4 Satz 2 des Gesetzes über den Sozialplanim Konkurs schon zum Jahresende 2007 verjährt gewesenwäre. Darauf, dass die Klägerin erst mit Beschluss vom30.1.2006 zur Durchsetzung der Ansprüche gegen denBeklagten ermächtigt worden ist, kommt es nicht an. Hättedie Klägerin dagegen erst nach Ende des Jahres 2004 vonder pflichtwidrigen Verteilung der Konkursmasse durch denBeklagten etwas erfahren, bliebe es bei der Entscheidung desBerufungsgerichts.

III. (...)

Das Berufungsgericht wird nunmehr festzustellen haben, obdie Klägerin noch vor dem Ablauf des Jahres 2004 von denUmständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässig-keit hätte erlangen müssen, die den hier geltend gemachtenAnspruch gegen den Beklagten begründen. Es wird sich hier-zu insbesondere mit dem Schreiben der Klägerin an das Kon-kursgericht vom 10.12.2004 und der Frage, ob die in diesemSchreiben als gegeben angesehenen Schadenersatzansprücheschon den Gegenstand der vorliegenden Klage betreffenoder ob es sich insoweit um andere mutmaßliche Ansprüchehandelt, die nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits gewordensind, auseinanderzusetzen haben. •

Steuerberaterhaftung• Mittelverwendungskontrolle• Verjährung gemäß § 68 StBerG a.F.(BGH, Beschl. v. 27.2.2014 – III ZR 364/13)

GIaktuell Nr. 4/August 2015108

Page 15: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Leitsatz:Schadenersatzansprüche gegen einen Steuerberaterwegen einer Tätigkeit als Mittelverwendungskontrolleurunterliegen der kurzen Verjährung nach § 68 StBerG a.F.,soweit diese Vorschrift zeitlich noch anwendbar ist. •

Aus den Gründen:Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung desRevisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Die vom Kläger erhobene Rüge, das Berufungsgericht habeim Zusammenhang mit der von ihm verneinten Pflichtverlet-zung der Beklagten entscheidungserhebliches Vorbringenübergangen, ist jedenfalls nicht entscheidungserheblich, daeine etwaige Schadenersatzforderung verjährt ist. Die inso-weit von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgewor-fene Frage, ob Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis,aufgrund dessen ein Steuerberater als Mittelverwendungs-kontrolleur tätig wird, der Verjährung nach § 68 StBerG a.F.unterliegen, ist bereits zum Nachteil des Klägers geklärt.

In seinem Urteil vom 11.10.2001 (III ZR 288/00, WM 2001,2262, 2264) hat der Senat ausgeführt, Schadenersatzan-sprüche gegen einen Steuerberater aus einem Treuhandver-trag verjährten gemäß § 68 StBerG (a.F.) innerhalb von dreiJahren. Der Mittelverwendungskontrolleur übt eine treuhän-derische Tätigkeit (§ 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG) aus (BFH,Beschl. v. 3.10.1985 – V B 88/84, juris Rdnr. 23). Auch indem vom Senat seinerzeit entschiedenen Fall oblag es demSteuerberater, die Freigabe von Kapital zu kontrollieren unddiese nur unter bestimmten Voraussetzungen zu erklären(siehe a.a.O., S. 2262).

Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des BFHvom 3.10.1985 (a.a.O.) stellt nicht in Frage, dass Schaden-ersatzansprüche gegen Steuerberater wegen Verletzung vonPflichten aus einem Mittelverwendungskontrollvertrag nach§ 68 StBerG a.F. verjähren. Dass die Mittelverwendungs-kontrolle – unter dem Blickwinkel des Umsatzsteuerrechts –keine steuerberatende Tätigkeit im Sinne des § 33 StBerGdarstellt, bedeutet nicht, dass sie aus dem Anwendungsbe-reich des § 68 StBerG a.F. herausfällt.

Dieser Bestimmung unterliegen, wie sich bereits aus ihremWortlaut ergibt, nicht nur Schadenersatzansprüche wegensteuerberatender Tätigkeiten nach § 33 StBerG, sondernauch solche aus sämtlichen anderen vom Steuerberatungs-gesetz gedeckten Verträgen (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuer-beraterhaftung, 4. Aufl., Rdnr. 858, 860; Kuhls in Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungs-gesetz, 2. Aufl., § 68 Rdnr. 2), zu denen auch diejenigen ge-hören, die eine der treuhänderischen Tätigkeit zuzuordnendeMittelverwendungskontrolle zum Gegenstand haben. (...) •

GIaktuell Nr. 4/August 2015 109

Steuerberaterhaftung• Differenzhypothese• Subjektbezogener Vermögensvergleich(OLG Köln, Urt. v. 25.2.2015 – 16 U 50/14, n. rkr.)

Leitsatz (d. Red.):Im Rahmen der Differenzhypothese kann in der Regelkeine Gesamtsaldierung von Vermögensvor- und nach-teilen unterschiedlicher Rechtssubjekte angestellt wer-den. Eine konsolidierte Schadenbetrachtung findetnicht statt. •

Zum Sachverhalt:Die Klägerin begehrt Schadenersatz wegen behaupteter feh-lerhafter steuerlicher Beratung aus eigenem sowie aus ab-getretenem Recht der E. Stiftung, gegen die Beklagte zu 1)als ihre ehemalige Steuerberatungskanzlei sowie gegen dieBeklagten zu 2-4) aus deren akzessorischer Gesellschafter-haftung.

Ursprünglich war die Unternehmerin C.E.B. (nachfolgend EB)Alleingesellschafterin der Klägerin. Sie hielt darüber hinausAnteile an der C. Holding BV (nachfolgend C.). Mit Vertragvom 15.5.2001 veräußerte diese ihre Anteile an die E. Stif-tung (nachfolgend Stiftung) in Liechtenstein, die von EB am27.4.2001 errichtet worden war. Der vereinbarte Kaufpreiswurde der Stiftung von EB in Form eines zinslosen Darlehensgestundet. Die Vermögensumschichtung erfolgte zur steuer-rechtlichen Optimierung der Vermögensverhältnisse der EB.

Mit der Entwicklung eines entsprechenden steuerlichenGesamtkonzeptes war die Beklagte zu 1) von EB im Jahr1999/2000 beauftragt worden. Das Mandat wurde feder-führend vom zwischenzeitlich verstorbenen SteuerberaterDr. B. betreut. Die Beklagte zu 1) legte ihr Konzept, das vonDr. B. stammte, am 15.1.2001 vor.

Die Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgte u.a.auch gegenüber der Klägerin und der liechtensteinischenStiftung. Das Konzept, welches EB beratungskonform um-setzte, empfahl die Errichtung einer Stiftung in Liechtensteinund die Übertragung der Gesellschaftsanteile der Klägerinsowie deren Anteile an der C. N.V., an die Stiftung.

Zur Durchführung wurde zudem empfohlen, dass die Kläge-rin ein verzinstes Darlehen, das sie von der C. bereits am3.4.2000 erhalten hatte, zurückzahlt. Zur Aufbringung derDarlehensvaluta war ein weiteres, aber zinsloses Darlehenzwischen der Klägerin und der Stiftung über 23.570.000 DMvorgesehen. Den entsprechenden Darlehensvertrag entwarfdie Beklagte zu 1) und übersandte diesen an die Klägerin mitSchreiben vom 27.4.2001 als ersten Entwurf.

Im Entwurf war Zinsfreiheit und ein Platzhalter für ein etwa-iges Rückzahlungsdatum enthalten. Am 15.5.2001 legte derBeklagte zu 2) zu dem der Klägerin eine weitere Entwurfs-fassung des Darlehensvertrages vor, die das Darlehen für

Page 16: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

unverzinslich und fällig auf Verlangen erklärte. Der am15.5.2001 unterzeichnete Vertrag entsprach dem letztenEntwurf. Die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte am5.6.2001.

Am 28.12.2001 tilgte die Klägerin einen Teilbetrag desDarlehens von 51.129,19 EUR.

In der Zeit vom 15.12.2009 bis 19.7.2011 fand bei derKlägerin eine steuerliche Außenprüfung für die Zeiträume2004–2008 statt. Hierbei beanstandete das Finanzamt, dassdie Klägerin die unverzinsliche Darlehensverbindlichkeit nichtnach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abgezinst hatte. Im Rahmen derBetriebsprüfung verständigte die Klägerin sich mit demFinanzamt auf eine fiktive Laufzeit des Darlehens von 6,5Jahren. Diese Annahme basierte in tatsächlicher Hinsichtdarauf, dass die Klägerin den Darlehensvertrag mit Wirkungzum 30.6.2014 mit einem Zinssatz von 0,5% verzinslichstellte. Gestützt hierauf erließ das Finanzamt für die Jahre2004–2008 korrigierte Steuerbescheide, die insgesamt zusteuerlichen Mehrbelastungen von 1.276.313,62 EUR undder Festsetzung von Nachforderungszinsen i.H.v. 399.274,25EUR führten, deren beider Ersatz mit der Klage geltendgemacht wird.

Aus den korrigierten Gewerbesteuerbescheiden für das Jahr2006 und 2007 ergaben sich aufgrund der BetriebsprüfungSteuererstattungen von insgesamt 3.972 EUR.

Mit Schreiben vom 20.6.2011 sowie vom 25.4.2012 wurdeder Schadenersatzanspruch gegenüber den Beklagten mitFristsetzung zur Zahlung bis zum 31.5.2012 geltend ge-macht.

Mit Vertrag vom 1.3.2013 trat die Stiftung etwaige ihr zu-stehende Schadenersatzansprüche gegen die Beklagtenwegen fehlerhafter steuerlicher Beratung an die Klägerin ab.

Die Klägerin hat behauptet, der Beratungsauftrag habe allevon EB kontrollierten rechtlichen Einheiten und Rechtsträgerim Sinne einer Minimierung der Gesamtsteuerlast zum Ge-genstand gehabt. Sie hat weiter behauptet, sie beziehe alleinnach § 8 Buchst, b KStG steuerfreie Beteiligungserträge.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei im Zuge derEntwicklung des Gesamtkonzeptes selbst Vertragspartnerinder Beklagten zu 1) geworden. Jedenfalls sei sie vom Schutz-bereich des Vertrages mit EB erfasst.

Hierauf basierend hat sie ausgeführt, eine Pflichtverletzungder Beklagten zu 1) sei gegeben, da diese bei der Entwick-lung des Gesamtkonzeptes das Abzinsungsgebot des § 6Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht hinreichend berücksichtigt habe. DieBeklagte zu 1) habe die Klägerin nicht auf die gewinnerhö-henden Folgen der Abzinsung hingewiesen, die bei zinslosgewährten Gesellschafterdarlehen mit Laufzeiten von mehrals einem Jahr bestehen. Die negativen Folgen seien durchdie Vereinbarung eines Zinssatzes von einem Prozent ver-meidbar gewesen. Im Falle eines Hinweises hätte sich dieKlägerin beratungskonform verhalten.

GIaktuell Nr. 4/August 2015110

Steuerliche Nachteile wären nicht entstanden, da die Zins-erträge in Liechtenstein nicht der Besteuerung unterlägen.Da den fiktiven Zinszahlungen Zinserträge bei der Stiftunggegenüberstünden, würden diese den Schaden im Sinneeiner „konsolidierten Schadenbetrachtung“ auch nicht min-dern. Eine Minderung in den Folgejahren durch Aufzinsunghätte bei der Klägerin keine Wirkung gehabt, weil mangelsErträgen steuerlich nur ein so genannter Verlustvortrag hätteerzielt werden können.

Hilfsweise hat die Klägerin einen Schadenersatzanspruch ausabgetretenem Recht der Stiftung geltend gemacht und dazuausgeführt, der Stiftung sei ein Schaden in Form von Wert-verlusten der Beteiligung an der Klägerin in Höhe des Nach-zahlungsbetrages entstanden. Sie selbst sei nur eine Holding,so dass es nicht auf ihren Ertragswert ankomme.

(Anträge: ...)

Die Beklagten haben behauptet, ihre Aufgabe sei es lediglichgewesen, ein Konzept für EB zu entwickeln. Davon sei nichtumfasst gewesen, die steuerlichen Auswirkungen hinsichtlichdes streitgegenständlichen Darlehensvertrages zu prüfen.

Sie haben ausgeführt, im Hinblick auf den Entwurf des Dar-lehensvertrages allein rechtsberatend durch den Beklagtenzu 2) gegenüber der Stiftung tätig geworden zu sein undhaben die Einrede der Verjährung erhoben. Mangels Buch-führungsauftrag seien sie auch für die Passivierung des Dar-lehens in den streitgegenständlichen Jahren nicht verant-wortlich gewesen. Vor allem hinsichtlich der Nachzahlungs-zinsen haben sie die Auffassung vertreten, es sei ein Mit-verschulden entlastend zu berücksichtigen. Ferner habe dasKonzept nicht vorgesehen, dass der Darlehensvertrag eineLaufzeit von zwölf Monaten überschreite.

Weiterhin haben sie die Rechtsansicht vertreten, dass einefehlerhafte Beratung hinsichtlich des Abzinsungsgebots nach§ 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG nicht vorliege. Die Verzinsung von1% Prozent hätte steuerlich dem Fremdvergleich nicht stand-gehalten. Aus diesem Grund hätte eine Beratung dahinge-hend erfolgen müssen, einen fremdüblichen Zins zu verein-baren.

Zur Schadenhöhe haben sie die Rechtsauffassung vertreten,dass die erforderliche Abzinsung durch eine Aufstockung inden Folgejahren steuerlich kompensiert werde, weil der Wert-ansatz in den Folgejahren erfolgswirksam aufzustocken sei.Jedenfalls sei eine entsprechende Korrektur im Jahr 2011 zuveranlassen gewesen, weil das Darlehen ab dann nicht mehrunverzinslich vereinbart gewesen ist.

Schließlich haben die Beklagten dafür gehalten, dass eineSchadenberechnung im Sinne einer Gesamtbetrachtung vonStiftung und Klägerin unzulässig sei und deshalb die Zins-belastung ebenso wie die Gewerbesteuererstattungen derJahre 2006 und 2007 im Rahmen der fiktiven Schadenbe-rechnung zu berücksichtigen seien.

Page 17: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Das LG hat die Klage im Hauptantrag als unbegründet undhinsichtlich des Hilfsantrags als unzulässig abgewiesen. Dabeihat das LG sich darauf gestützt, dass bei Zugrundelegungder Differenzhypothese kein Schaden feststellbar sei. Dennbei Zugrundelegung einer pflichtgemäßen, dem Gebot dessichersten Weges folgenden Beratung hätte die Klägerin –so die Annahme des LG für die hypothetische Seite der Ver-mögensentwicklung im Rahmen der Differenzhypothese –einen Darlehensvertrag mit einer Verzinsung von zumindest2% abgeschlossen, so dass anstelle der Steuernachforderungdie Klägerin von einer diese noch übersteigenden Zinsbelas-tung getroffen worden wäre, und mithin ein Schaden aus-scheide.

Die Grundsätze über die konsolidierte Schadenbetrachtunggriffen nicht ein. Der Hilfsantrag sei danach unzulässig, weilkeine Wahrscheinlichkeit für einen Schadeneintritt bestehe,da der Wert der von der E. Stiftung gehaltenen Anteile sichnicht niedriger als bei pflichtgemäßer Beratung und bera-tungskonformen Verhalten der Klägerin darstelle, da dannebenfalls aufgrund der hypothetischen Zinsbelastung dieBelastung durch die Steuernachforderung im Ergebnis bzw.Saldo keinen Schaden darstelle. Der Umstand, dass die Zins-belastung der Klägerin insoweit den Zinseinkünften derE. Stiftung entspreche und mithin in der Summe eine Min-derung des Gesamtvermögens der EB bedeute, komme keinerechtliche Relevanz zu, da es jedenfalls nicht dem Schutz-zweck der verletzten Norm entspreche, dies zu berücksichti-gen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Siewiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. DasLG habe verfahrensfehlerhaft ohne die erforderliche weitereBeweiserhebung angenommen, dass eine Verzinsung desDarlehens mit 2% der pflichtgemäßen Beratung entsprochenhätte und das eine solche hypothetisch vereinbart wordenwäre. Das Urteil widerspreche der obergerichtlichen Recht-sprechung zur konsolidierten Schadenbetrachtung, nach derbei der Betreuung bzw. Beratung bezogen auf eine einheitli-che Vermögensmasse zwischen den einzelnen Rechtsträgernbei der Schadenberechnung nicht zu Gunsten des Schädigersdifferenziert werden dürfe. Vielmehr bestehe die Vermögens-minderung bezogen auf die Gesamtvermögensmasse exaktin der Steuernachzahlung als Schaden.

Das LG habe im Übrigen auch in sich widersprüchlich undmithin rechtsfehlerhaft argumentiert, indem es einerseits beider hypothetischen Vermögensentwicklung berücksichtigthabe, dass für die Vereinbarung einer hypothetischen Dar-lehensverzinsung in Höhe von 2% ohne weiteres spreche,dass diese die Gesamtvermögensmasse nicht schmälere undandererseits bei der Schadenfeststellung eine Zurechnungder bei den unterschiedlichen Rechtsträgern liegenden Posi-tionen nicht vornehme. Der Schutzzweck der steuerlichenBeratung gehe zudem gerade dahin, die Gesamtvermögens-masse vor vermeidbaren Steuerbelastungen zu schützen.Dementsprechend hätte entweder auf den Haupt-, zumin-dest jedoch auf den Hilfsantrag hin, die Klage zugesprochenwerden müssen.

GIaktuell Nr. 4/August 2015 111

Denn jedenfalls die Stiftung habe einen Vermögensschadendurch Wertminderung ihres Anteils an der Klägerin erlitten.Die nach Auffassung des LG hypothetisch anzusetzendenZinsen hätten demgegenüber bei der Stiftung als Vermögens-mehrung die bei der Klägerin eingetretene Vermögensmin-derung kompensiert, so dass bei der gebotenen einheitlichenSchadenbetrachtung insoweit insgesamt kein Ansatz vorge-nommen werden könne, sondern vielmehr von einem neu-tralen Vorgang auszugehen sei. Es verbleibe danach dieSteuermehrbelastung als Schaden.

(Anträge: ...)

Die Beklagten und die Streithelferin verteidigen im Ergebnisdas landgerichtliche Urteil und vertiefen ihren erstinstanz-lichen Sachvortrag. Schadenersatzansprüche seien jedenfallsnicht gegeben. Jenseits des Umstands, dass die Beklagtengegenüber der Klägerin und der E. Stiftung keine Pflichtenverletzt hätten und deren Beratung auch nicht von demMandat der Beklagten erfasst gewesen sei, sei jedenfalls keinSchaden entstanden. Bei Annahme eines Vertrages mitSchutzwirkung zu Gunsten der Klägerin und der E. Stiftungmüsse zumindest bei der Schadenfeststellung strikt nach denVermögen der jeweiligen Rechtspersonen unterschieden wer-den. Die obergerichtliche Rechtsprechung lehne denn auchdie Übertragung der konsolidierten Schadenbetrachtung aufjuristische Personen als Rechtsträger ab.

Dies sei auch folgerichtig, da ansonsten unübersehbar Kon-kurrenz- und Abgrenzungsprobleme entstünden, insbeson-dere dann – wenn wie hier – der Anspruch auf einen Vertragmit Schutzwirkung für Dritte gestützt werde. Dies scheideohnehin, bei einem eigenen vertraglichen Anspruch derAnspruchssteiler gegenüber Dritten aus, wie hier gegenüberder Streithelferin der Beklagten. Soweit hinsichtlich des Hilfs-antrags der Schaden in einem geringeren Beteiligungswertder Stiftung an der Klägerin bestehen solle, müsse diesernach Ertragswertverfahren festgestellt werden; es könnenicht schlicht auf den Steuermehrbetrag zurückgegriffen wer-den. Die Klägerin bzw. die Stiftung müssten sich zudem dasMitverschulden ihrer steuerlichen Berater anrechnen lassen.Zudem sei ein etwaiger Anspruch jedenfalls verjährt. (...) •

Aus den Gründen:Die statthafte, gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO form- und frist-gerecht eingelegte und begründete Berufung hat in derSache keinen Erfolg.

A. Der Klägerin stehen Schadenersatzansprüche gegen dieBeklagten aufgrund Pflichtverletzung im Rahmen des steuer-beratenden Mandats gemäß § 280 BGB i.V.m. dem Steuer-beratungsvertrag nicht zu. Denn auch bei Annahme beklag-tenseitiger Pflichtverletzung aufgrund fehlenden Hinweisesauf das Abzinsungsgebot gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStGund die daraus resultierenden steuerlichen Folgen und Ein-beziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Steuer-beratungsvertrags hat die Klägerin nicht vermocht, einenersatzfähigen Schaden darzulegen.

Page 18: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015112

1. Wie das LG schon zutreffend ausgeführt hat und im An-satz auch anerkannt ist, muss als Grundlage für die Schaden-berechnung und -darlegung die sog. Differenzmethode he-rangezogen werden. Danach ist ein Vermögensschaden amsubjektbezogenen Zuschnitt eines Gesamtvermögens durcheinen rechnerischen Vergleich zu ermitteln, wobei die durchdas schädigende Ereignis herbeigeführte Vermögenslage mitderjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zuvergleichen ist (st. Rechtspr., vgl. etwa BGH, Beschl. v.9.7.1986, GSZ 1/86, juris, Rdnr. 24; BGH, Beschl. v. 5.7.2007– IX ZR 230/04, juris, Rdnr. 5).

Der Schaden besteht dann in der Differenz zwischen diesenzwei Güterlagen, ist also gegeben, wenn der tatsächlicheWert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als derWert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begrün-dende Ereignis haben würde (BGH, Urt. v. 18.1.2011 – VI ZR325/09, juris, Rdnr. 8; Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl.,Vorb. V. § 249 BGB Rdnr. 10). Dabei sind in den Gesamt-vermögensvergleich alle diejenigen Positionen einzustellen,die von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffen sind(BGH, Urt. v. 20.1.2005 – IX ZR 416/00, juris, Rdnr. 12).

Dass dabei auch wertende Gesichtspunkte zu berücksichtigensein können, die aufgrund der Wertfreiheit der Berechnungs-methode nicht aus dem Schadenbegriff deduktiv herleitbarsind, ist anerkannt (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 21.9.1989 –III ZR 22/88, juris, Rdnr. 4) und hat in der Rechtsprechungzur Entwicklung von Fallgruppen geführt (vgl. dazu Palandt-Grüneberg, a.a.O.).

In zeitlicher und prozessualer Hinsicht ist bei der Schadenbe-rechnung – wie das LG zutreffend ausgeführt hat – grund-sätzlich die gesamte Schadenentwicklung bis zur letztenmündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berück-sichtigten (BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/01, juris,Rdnr. 33).

2. a) Daran gemessen sind zunächst die Annahmen des LGzur tatsächlichen Seite der Vermögenssituation der Klägerininfolge der Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) fehlerfrei.Infolge der steuerlichen Beratung bzw. des fehlenden Hin-weises auf das steuerliche Abzinsungsgebot hinsichtlich derDarlehensverbindlichkeit der Klägerin hat sich deren Ver-mögenssituation um die entsprechenden Steuernachforde-rungen für die Jahre 2004–2008 in Höhe von insgesamt1.276.313,62 EUR zzgl. Nachzahlungszinsen in Höhe voninsgesamt 399.274,25 EUR verschlechtert und um die Steuer-erstattung in Höhe von insgesamt 3.972 EUR infolge korri-gierter Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 2006 und2007 verbessert, im Ergebnis also um 1.671.615,87 EURnegativ verändert.

b) Für die hypothetische Vermögensbetrachtung ist anstelleder gerügten Pflichtverletzung ein pflichtgemäßer Hinweisder Beklagten zu 1) auf das steuerliche Abzinsungsgebotsowie dessen Vermeidung durch Zinsvereinbarung und dem-entsprechendes beratungsgerechtes Verhalten der Klägerinanzunehmen. Anstelle der dadurch zu vermeidenden Steuer-forderungen wäre die Klägerin mit Zinsverbindlichkeiten

belastet gewesen, die als betroffene Position im Gesamtver-mögensvergleich schadenmindernd zu berücksichtigen sind.

Soweit die Berufung die diesbezügliche Annahme des LG zueiner (hypothetischen) Vereinbarung eines Darlehenszinses inHöhe von zumindest zwei Prozent rügt, kann sie damit nichtdurchdringen. Denn diese Annahme des LG ist entgegen derAuffassung der Berufung verfahrensrechtlich nicht zu bean-standen, auch im Übrigen frei von Rechtsfehlern und wirdletztlich vom Senat geteilt.

aa) Entgegen der Auffassung der Berufung besteht wederErfordernis noch letztlich Möglichkeit einer Beweiserhebungin Form sachverständiger Begutachtung der Frage, ob eineZinshöhe von allenfalls 1% im Rahmen einer pflichtgemäßenBeratung hätte empfohlen werden müssen.

Denn dabei handelt es sich um genuin rechtliche Bewertungim Rahmen eines ohnedies hypothetischen Verlaufs undnicht um die Feststellung von (hypothetischen) Tatsachen.Letztlich stellt sich die Frage nach der hypothetisch zu verein-baren gewesenen Zinshöhe in Abhängigkeit von der Fragedanach, was pflichtgemäßer Beratung entsprochen hätte. Soist letztlich auch nur der Vortrag der Klägerin zu verstehen,die dargelegt hat, dass die liquide Klägerin den Zins verein-bart und bezahlt hätte, der ihr pflichtgemäß empfohlen wor-den wäre, wobei eine auf allenfalls 1% sich belaufende Dar-lehensverzinsung als pflichtgemäße Beratung anzusehen sei.

Was jedoch in der konkreten Fallgestaltung als pflichtgemä-ße Beratung geschuldet war, entzieht sich einer Feststellungim Wege der Beweiserhebung mittels Sachverständigengut-achten. Vielmehr kommt es insoweit auf die Definition unddie Ausfüllung der den Steuerberater im Einzelfall treffendenBerufspflichten an, die die Rechtsprechung weitgehend ent-wickelt hat. Dazu gehört insbesondere, dass der Steuerbera-ter – ebenso wie der in der Steuerrechtsmaterie agierendeRechtsanwalt – den relativ sichersten und ungefährlichstenWeg zu dem steuerlichen Ziel zu wählen bzw. zu empfehlenhat (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2009 – IX ZR 214/07, juris, Rdnr. 9).

Für die rechtliche Wertung bedingende Beurteilung des imkonkreten Fall relativ sichersten Weges sind zudem die Um-stände des Einzelfalls heranzuziehen, die sich naturgemäßunterscheiden. Entgegen der Auffassung der Klägerin kannes schon daher nicht darauf ankommen, ob andere Steuer-berater im damaligen Zeitraum im Hinblick auf § 6 Abs. 1Nr. 3 EStG Verzinsungen von 1% empfohlen haben. Abge-sehen davon, dass nicht erkennbar ist, dass über die diesbe-züglichen Beratungsempfehlungen von Steuerberatern belast-bare Statistiken existieren könnten, die zudem auf tatsächlichvergleichbaren Fallkonstellationen beruhten, kommt es fürdie Frage der Pflichtgemäßheit letztlich nicht entscheidendauf die Frage der etwaig mehrheitlichen Handhabung oderder damaligen Üblichkeit an, so dass auch insoweit kein An-lass für eine sachverständige Untersuchung gegeben seinkann. Entscheidend muss letztlich bleiben, welche Empfeh-lung in der konkreten Situation als rechtlich geschuldet an-zusehen ist. Diese ist dann für die hypothetische Betrachtungzu Grunde zu legen.

Page 19: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015 113

bb) Dabei ist grundsätzlich auf den Beurteilungszeitpunkt bzw.den Zeitpunkt der Beratungssituation abzustellen (vgl. BGH,Urt. v. 20.2.1975 – VI ZR 129/73, juris, Rdnr. 18 und 19), daspätere Entwicklungen dem Berufsträger nicht ohne weitereszur Last gelegt werden können. Dementsprechend ist es uner-heblich, dass sich später eine von der Rechtsprechung akzep-tierte Praxis herausgebildet hat, die die Vereinbarung einesZinses in Höhe von 0,5% zur Abwendung des Abzinsungs-gebotes als ausreichend und nicht als Gestaltungsmissbrauchim Sinne von § 42 AO ansieht.

Wenn aber im Beurteilungszeitpunkt weder höchstrichter-liche, noch untergerichtliche Rechtsprechung vorlag und sichauch aufgrund der Neuheit der gesetzlichen Vorschrift – wieim vorliegenden Fall des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG – noch keineVerwaltungspraxis herausbilden konnte, aber andererseitseine Mitteilung des Bundesfinanzministeriums (hier vom23.8.1999 – IV C 2 - S 2175 - 25-99, BStBl I 1999, S. 818)vorlag, in der festgehalten ist, dass die Vereinbarung einesZinssatzes nahe 0% im Einzelfall als missbräuchliche Gestal-tung im Sinne von § 42 AO zu werten sein kann, war be-sondere Vorsicht geboten (vgl. allgemein zur Situation beifehlender Rechtsprechung und Verwaltungspraxis: Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014,Rdnr. 230).

Auf dieser Grundlage ist die Annahme des LG, dass eine Ver-zinsung von zumindest 2% dem gebotenen relativ sicherstenWeg entsprochen hätte, nicht zu beanstanden, sondern wirdvon dem Senat geteilt. Denn bei Berücksichtigung der kon-kreten Umstände des Einzelfalls, hier insbesondere– der gegebenen Liquidität der Klägerin und– des Umstands, dass aus deren Perspektive wegen der

Zuordnung zum Vermögen der EB letztlich die Höhe desZinses wirtschaftlich unbedeutend war und daher auchkein Anlass bestand, die Grenze zu nahe 0% aggressivauszureizen,

spricht nicht nur angesichts des zum damaligen Zeitpunktallgemein viel höheren Zinsniveaus alles dafür, eine Risikenweitgehend ausschließende höhere Verzinsung von hierzumindest 2% als pflichtgemäßer Beratung entsprechendanzusehen.

cc) Die Annahme des LG, dass im hypothetischen Verlauf dieKlägerin der an den vorstehenden Ausführungen orientiertenBeratungsempfehlung gefolgt wäre, ist nicht zu beanstan-den, ohne dass weitergehende Beweiserhebungen insoweiterforderlich gewesen wären. Die Frage, wie sich die Klägerinhypothetisch verhalten hätte, hat zwar – anders als die Fragenach der rechtlich geschuldeten Beratung – einen stärkertatsächlichen Bezug; doch ist gerade dies sachverständigerBegutachtung nicht zugänglich, da es sich insoweit um eineindividuelle Entscheidung handelt.

Die vom LG vorgenommene Anhörung der Geschäftsführerinder Klägerin ist auf diesem Hintergrund die gebotene undnicht zu beanstandende Verfahrensweise. Letztlich rügt dieKlägerin dies auch nicht, da sie entsprechend dem glaubhaf-ten und plausiblen Inhalt ihrer Anhörung und im Nachgangzu dieser hat vortragen lassen, dass sie sich in jedem Fall

beratungskonform verhalten hätte, wofür ohnedies die Ver-mutung des beratungsgerechten Verhaltens streitet.

3. Bei einer Verzinsung des Darlehens über ca. 12 MillionenEuro mit einem Jahreszins in Höhe von 2% seit der Auszah-lung des Darlehens am 5.6.2001 bis zur Beanstandung imRahmen der Betriebsprüfung ergeben sich danach für denhypothetischen Verlauf schon gegenzurechnende Zinskosten,die den Steuernachforderungsbetrag einschließlich Nachfor-derungszinsen deutlich übersteigen, so dass von einem unmit-telbaren Schaden der Klägerin nach der Differenzmethodenicht ausgegangen werden kann.

4. Mit dem LG ist sodann auch davon auszugehen, dass diedurch die hypothetischen Zinseinnahmen begründete undletztlich spiegelbildliche fiktive Vermögensmehrung auf Sei-ten der E. Stiftung im Rahmen der Differenzmethode rechtlichunberücksichtigt bleiben muss. Dies deswegen, weil es sichbei der E. Stiftung um eine von der Klägerin verschiedene,letztlich andere Rechtsperson und deren Vermögenslage han-delt, die Gesamtsaldierung im Vermögensvergleich jedochsubjektbezogen ist. Auch unter Berücksichtigung der soge-nannten konsolidierten Schadenbetrachtung im Steuerrecht,ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin keineÄnderung.

a) Denn die ausnahmsweise Abweichung von dem subjekt-bezogenen Zuschnitt des Gesamtvermögensvergleichs imRahmen der Differenzmethode ist nach der Rechtsprechunglediglich in mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht hinrei-chend vergleichbaren Einzelfällen angenommen worden,ohne dass damit generell das – schon unter Abgrenzungs-gesichtspunkten nötige – Erfordernis der regelhaften Zuord-nung des Vermögens zu einer Rechtsperson in Frage gestelltwürde.

So wurde von dem BGH von dem streng subjektbezogenenVermögensvergleich im Rahmen der Differenzmethode initialin solchen Fallgestaltungen abgewichen, in denen eine ohnegleichwertige Gegenleistung erfolgende Vermögensverschie-bung mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit der Be-teiligten erfolgte. In einer solchen Vermögensverschiebungkann sodann kein Schaden im Rechtssinn, in ihrem Unterblei-ben kein mit dem Steuerschaden verrechenbarer Vermögens-vorteil gesehen, wenn sie im Interesse der Steuerersparnisgewollt und gewünscht war (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1984 –IVa ZR 224/82, juris, Rdnr. 10; BGH, Urt. v. 24.9.1986 – IVaZR 236/84, juris, Rdnr. 8; BGH, Urt.v. 20.3.2008 – IX ZR104/05, juris, Rdnr. 18).

Grundlegend für die Außerachtlassung von Vorteilen bzw.Nachteilen bei einer Schadenberechnung nach der Differenz-methode im Sinne einer konsolidierten Schadenbetrachtungist dabei, dass diejenigen Positionen zum Vor- oder Nachteileines Anspruchstellers unberücksichtigt bleiben, auf die die-ser sich in Kenntnis ihrer Auswirkung eingelassen hat, weildem im familiären Kontext überwiegende Vorteile bei ande-ren nahe stehenden Personen gegenüberstehen.

Page 20: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Dies ist letztlich auch Grundlage des Urteils des 8. Senats desOLG Köln vom 16.1.2014 (8 U 7/13, juris, Rdnr. 67), wonachsich ein Anspruchssteiler die bei Familienangehörigen ent-standenen und beabsichtigten Vorteile im Rahmen der Scha-denberechnung zurechnen lassen muss. Dass ein Anspruchs-steller sich insoweit nicht darauf berufen können soll, dassdie Gestaltung für ihn wirtschaftlich nachteilig bzw. einSchaden ist, liegt auch nahe, denn dies entsprach seinemGestaltungswillen und stellt dessen Berücksichtigung dar.

Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich hiervonjedoch maßgeblich. So fehlt es zunächst schon daran, dassaufgrund familiärer Bande, also im Hinblick auf persönlicheBeziehung zwischen natürlichen Personen eine steuerlicheGestaltung aufgesetzt wurde. Bezogen auf den gegenständ-lichen Darlehensvertrag sind vielmehr keine natürlichen Per-sonen beteiligt, sondern mit GmbH und Stiftung rechtlich ver-fasste Personen bzw. Rechtsträger. Bei der Zur-Verfügung-Stellung des Darlehens seitens der E. Stiftung an die Klägerinhandelt es sich auch nicht um eine vergleichbar endgültigeVermögensverschiebung zwischen den Beteiligten.

b) Soweit der BGH in seinem Urteil vom 5.12.1996 (IX ZR61/96, juris, Rdnr. 7) die Person des Rechtsträgers im Rah-men der Schadenbeurteilung auch bei juristischen Personenfür letztlich unerheblich gehalten hat, ist dies der konkretenFallgestaltung geschuldet, in der bei der Verschmelzungzweier GmbH pflichtwidrig die Verschmelzung auf diejenigeGmbH erfolgte, die den geringeren Verlustvortrag aufwiesund daher weniger Steuervorteile gewährte. Wenn dennaber, wie in der dieser Entscheidung zu Grunde liegendenKonstellation, lediglich ein Rechtsträger übrig bleibt, ist esnaheliegend, dass nicht darauf abgestellt werden kann, beiwelcher der (ursprünglich zwei) Gesellschaften sich die Scha-denentstehung vollendet hat bzw. hätte. Vielmehr liegt danndie einheitliche Betrachtung in der Natur der Verschmelzungbegründet, ohne dass damit ein generelles Abgehen von derSubjektbezogenheit des Vermögensvergleichs begründbarwäre.

c) Soweit der BGH in seinem Beschluss vom 9.3.2006 (IX ZR133/03, juris, Rdnr. 3) ausgeführt hat, dass die Person desRechtsträgers schadenrechtlich dann unerheblich sein kann,wenn es um eine Vertragsverletzung geht und der steuerlicheBerater dafür zu sorgen hat, dass der Bestand einer einheit-lichen Vermögensmasse durch die bestmögliche steuerlicheGestaltung gesichert wird, handelte es sich in der zu Grundeliegenden Fallgestaltung erneut um einen solchen, in dembewusst wegen enger persönlicher Bindungen bzw. im famili-ären Kontext Vermögen bzw. Geschäftsanteile übertragenwurden, um die steuerschädliche beherrschende Stellung desübertragenden Gesellschafters in der Gesellschaft zu besei-tigen (vgl. Leitsatz der Entscheidung vom 21.5.2003 des imRechtszug vorausgehenden OLG Brandenburg, 13 U 231/01,juris). Insoweit besteht Vergleichbarkeit zu den Fallkonstella-tionen, die den vorstehend unter lit. a) zitierten Entschei-dungen zu Grunde lagen; aus den dort schon dargestelltenGründen fehlt für die vorliegende Konstellation die Ver-gleichbarkeit.

GIaktuell Nr. 4/August 2015114

d) Vielmehr hat der BGH es in seiner Rechtsprechung – undauch dies hat das LG schon zutreffend ausgeführt – abge-lehnt, eine Vorteil/Nachteil-Saldierung zwischen Gesellschaf-ter-Geschäftsführer und Ein-Mann-GmbH durchzuführen (vgl.BGH Urt. v. 18.12.1997 – IX ZR 153/96, juris, Rdnr. 22),obwohl dabei häufig eben auch von einer einheitlichen Ver-mögensmasse auszugehen sein dürfte. Dabei hat der BGHdurchaus die rechtliche Verschiedenheit von GmbH undGesellschafter betont (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 23 a.E.).

e) Nach alledem kann in der vorliegenden Fallkonstellationein Schaden der Klägerin in wertender Ausnahme von derAnwendung der subjektbezogenen Differenzmethode nichtangenommen werden. Dabei stellt es entgegen der Auffas-sung der Klägerin auch keinen Widerspruch dar, einerseits imRahmen des hypothetischen Vermögensverlaufs und des bera-tungsgerechten Verhaltens der Klägerin zu berücksichtigen,dass aus deren Perspektive gegen einen Zins von 2% wirt-schaftlich nichts einzuwenden gewesen wäre, weil es letztlichinsoweit um spiegelbildliche Vermögensmehrung/-minderungbei wirtschaftlich der EB zuzurechnenden Rechtsträgerngegangen wäre und andererseits diese bei der Schadenermitt-lung aufgrund der rechtlichen Verschiedenheit der Rechts-träger bzw. juristischen Person nicht zusammenzurechnen.Denn die erste Frage betrifft die im Rahmen der Bestimmungdes relativ sichersten Weges konkret und ex-ante zu berück-sichtigenden Faktoren, die zweite Frage demgegenübergrundsätzliche schadenrechtliche Bewertungen.

Ebenso kann nicht wegen der Spiegelbildlichkeit der fiktivenZinsausgaben und -einnahmen von Klägerin und E. Stiftungvon Neutralität des Vorgangs im Rahmen des hypothetischenVerlaufs ausgegangen werden und der Schaden schlicht inden Steuernachforderungsbeträgen zzgl. Nachforderungs-zinsen gesehen werden, da dies die anerkannte Berechnungdes Schadens anhand der Differenzmethode und die Ver-schiedenheit der beteiligten Rechtsträger außer Acht ließe.

B. Zutreffend hat das LG sodann die hilfsweise begehrteFeststellung der Schadenersatzpflichtigkeit der Beklagtengegenüber der ihre Rechte an die Klägerin abtretenden E.Stiftung mangels Feststellungsinteresses für unzulässig er-achtet. Der Senat teilt die Erwägungen des LG auch insoweit.Die für das Feststellungsinteresse erforderliche Wahrschein-lichkeit eines Schadeneintritts infolge steuerlicher Fehlbera-tung ist nicht gegeben. Denn nachdem der Klägerin gemäßder Differenzmethode kein Schaden entstanden ist, kannauch der Wert der Beteiligung der E. Stiftung an der Klägerindiesbezüglich schon nicht als vermindert angesehen werden.

Letztlich muss schadenrechtlich unberücksichtigt bleiben,dass der E. Stiftung Betriebseinnahmen in Form von Zinszah-lungen der Klägerin entgangen sind, da die daraus resultie-renden Folgen für die Vermögenslage der E. Stiftung nichtunter den Schutzzweck des Beratungs- und Gestaltungsman-dats mit der Beklagten fallen.

Die Ersatzpflicht hängt danach davon ab, ob die verletzteVertragsbestimmung den Eintritt gerade des eingetretenenSchadens verhindern sollte. In diesem Sinne ist die Ersatz-

Page 21: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015 115

pflicht wegen einer Verletzung von Beratungs- und Hinweis-pflichten durch den Schutzzweck der verletzten Pflicht be-schränkt, d.h. die Ersatzpflicht erfasst nur die Verwirklichungderjenigen Risiken, derentwegen die Beratung oder Auskunftgeschuldet war (vgl. BGH Urt. v. 18.1.2007 – IX ZR 122/04,juris, Rdnr. 8; MünchKomm zum BGB/Oetker, 6. Aufl. 2012,§ 249 BGB Rdnr. 123).

Inhalt der Gestaltungsberatung war es nicht, das Geschäfts-feld der Klägerin bzw. der E. Stiftung zu beeinflussen und Ein-nahmemöglichkeiten zu suchen oder zu sichern. Nach derSchutzzwecklehre können daher die fiktiven Zinseinnahmennicht in Form entgangenen Gewinns als Schaden in Ansatzgebracht und verlangt werden.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO,die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu. Soweit der Senat die soge-nannte konsolidierte Schadenbetrachtung im Rahmen der Dif-ferenzmethode im vorliegenden Fall nicht für anwendbar hält,gibt es – soweit ersichtlich – noch keine gefestigte höchst-richterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob und inwieweitder subjektbezogene Zuschnitt des Gesamtvermögensver-gleichs bei etwaiger Haftung infolge steuerlicher Beratungaußerhalb von durch familiären Banden geprägten Lebens-verhältnissen und unter Einbeziehung von juristischen Perso-nen bzw. Rechtsträgern außer Acht gelassen werden kann. •

Steuerberaterhaftung• Eingetragene Lebenspartnerschaft• Gemeinsame Veranlagung• Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Steuergesetze(LG Halle, Urt. v. 4.5.2015 – 4 O 346/14)

Leitsatz (d. Red.):Ein Steuerberater muss vor dem Beschluss des BVerfGvom 7.5.2013 (2 BvR 909/06) nicht besser wissen alsder Gesetzgeber, die Bundesregierung, die Minderheitder entscheidenden Richter des BVerfG und bis Ende2006 auch sämtliche Bundesgerichte der Fachgerichts-barkeiten, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen dieMöglichkeit der steuerlichen Zusammenveranlagungauch den Partnern einer eingetragenen Partnerschaft zueröffnen ist. •

Zum Sachverhalt:Die Kläger nehmen die Beklagte in Anspruch, weil dieBeklagte als Steuerberaterin der Kläger diese nicht auf dieMöglichkeit der Einlegung eines Einspruches gegen Steuer-bescheide hingewiesen hatte.

Die Kläger führen eine bereits im Jahr 2004 eingetrageneLebenspartnerschaft.

Für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2009 wurden dieKläger von der Beklagten als Steuerberaterin beraten undvertreten.

Die Kläger führen eine Lebenspartnerschaft, welche bereits2004 eingetragen war. Dies wusste die Beklagte auch schonbei Beginn ihrer Tätigkeit für die Kläger für den Veranla-gungszeitraum 2004.

Für die Veranlagungsjahre 2004 bis 2009 beantragte dieBeklagte für die Kläger Einzelveranlagungen. Auf der Grund-lage der beantragten Einzelveranlagungen ergingen auchBescheide des zuständigen FA.

Diese wurden jeweils zu Händen der Beklagten im Zeitraumvom 8.3.2006 bis 25.3.2011 zugestellt.

Die Beklagte wies die Kläger nicht auf die Möglichkeit hin,gegen diese Bescheide Einspruch einzulegen und damit eineBestandskraft der Steuerbescheide hinauszuschieben.

Am 7.5.2013 erließ das BVerfG eine Entscheidung, in wel-cher es für verfassungswidrig befand, die Möglichkeit einergemeinsamen Veranlagung nur Ehepartnern und nicht auchden Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zueröffnen.

Für das Veranlagungsjahr 2006 waren die Einzelveranla-gungen aus Sicht der Kläger günstiger als eine gemeinsameVeranlagung.

Dies wäre für die Veranlagungsjahre 2004, 2005, 2007,2008 und 2009 anders gewesen.

Die Kläger begehrten außergerichtlich von der BeklagtenSchadenersatz.

Die Kläger machen geltend, bei einer gemeinsamen Veran-lagung hätten sie für das Jahr 2004 eine Erstattung vonEinkommenssteuer einschließlich des Solidaritätszuschlagesvon 1.075,47 EUR erlangt, für das Jahr 2005 7.014,57 EUR,für das Jahr 2007 von 670,13 EUR, für das Jahr 20082.358,08 EUR und für das Jahr 2009 2.982,84 EUR, außer-dem wären die Erstattungsbeträge mit 4.329 EUR verzinstworden.

(Anträge: ...) •

Aus den Gründen:Die Klage ist unbegründet.

Die Kläger haben nach der rechtlichen Bewertung der Kam-mer gegen die Beklagte bereits dem Grunde nach keinenAnspruch auf Schadenersatz. Insbesondere scheitert einAnspruch aus § 280 Abs. 1 BGB daran, dass die Beklagtenicht damit rechnen musste, dass das BVerfG mit Beschlussvom 7.5.2013 (2 BvR 4 909/06) das sogenannte Verfahrenauf Zusammenveranlagung von Ehegatten nach § 26 EStGin Verbindung mit § 26b EStG und § 32a Abs. 5 EStG bis zueiner Änderung durch den Gesetzgeber für eingetragene

Page 22: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

tativ und schon gar nicht quantitativ über schlechtere Res-sourcen für die Überprüfung der Verfassungsgemäßheiteines Gesetzes.

Es besteht auch keine Grundvermutung dafür, dass derGesetzgeber die ihm obliegende Prüfung nicht intellektuellredlich durchführt.

Deshalb muss ein Steuerberater mit seinen Auftraggebern dieMöglichkeit eines Einspruches gegen einen Steuerbescheidwegen möglicher Verfassungswidrigkeit des anzuwendendenSteuergesetzes in aller Regel nicht erörtern.

b) Diese Regel kennt freilich Ausnahmen.

aa) Zu dieser gehört zunächst die Konstellation, dass einGericht der für das Steuerrecht zuständigen Finanzgerichts-barkeit wegen Annahme der Verfassungswidrigkeit eineVorlage nach Art. 100 GG an das BVerfG vorgenommen hatund diese Vorlage in der dem Steuerberater zugänglichenLiteratur veröffentlicht wurde (BGH, Urt. v. 6.11.2008 – IX ZR140/07, Rdnr. 15, juris).

Dies war hier nicht der Fall. Im Gegenteil hat der BFH sogarausdrücklich (und zu einem Zeitpunkt, in dem das nachfol-gend zitierte Urteil des BVerfG vom 17.7.2002 – 1 BvF 1/01 –längst ergangen war) entschieden, dass der Ausschluss dereingetragenen Lebenspartnerschaft von der Zusammenver-anlagung verfassungsgemäß ist (BFH, Urt. v. 26.1.2006 – III R51/05, Rdnr. 27 ff, juris).

Die dahinter stehende Wertung, dass der in Art. 6 Abs. 1 GGnormierte besondere Schutz von Ehe und Familie eine weit-gehende Besserstellung der Ehe gegenüber der eingetrage-nen Lebenspartnerschaft mindestens erlaubt, wurde im Übri-gen auch von den obersten Bundesgerichten aller anderenFachgerichtsbarkeiten geteilt (BVerwG, Urt. v. 26.1.2006 –2 C 43/04, Rdnr. 14 ff; BAG, Urt. v. 20.10.2006 – 6 AZR307/06, Rdnr. 36 ff; BSG, Urt. v. 13.12.2005 – B 4 RA14/05R, Rdnr. 14 f; jew. juris).

bb) Eine weitere Ausnahme greift nicht schon, wenn inLiteratur, Presse und Politik eine Verfassungswidrigkeit derfraglichen Norm erörtert wird.

Dies ist in zahlreichen Rechtsgebieten der Fall. Eine verfas-sungsrechtliche Prüfung weist deutliche Besonderheitengegenüber der Subsumtion unter einfache Gesetze insbe-sondere dann auf, wenn es wie hier um die Anwendung vonGrundrechten und deren Abwägung geht.

Methodisch kommt es hier sehr leicht dazu, bereits bei derErmittlung des Aussagegehaltes der in Betracht kommendenGrundrechte, spätestens aber bei der Abwägung gegenläu-figer Grundrechte, im Rahmen der Prüfung in die fraglichenNormen vorab das hinzulesen, was dann als Ergebnis derverfassungsrechtlichen Prüfung präsentiert wird.

Angehenden Juristen wird dies schon in ihrer universitärenAusbildung häufig schnell deutlich. Mit Blick darauf lässt sich

GIaktuell Nr. 4/August 2015116

Partnerschaften öffnen und der Gesetzgeber sich auf dieseEntscheidung dann auch dazu entscheiden sollte, dem durchEinfügen des § 2 Absatz 8 EStG zu folgen.

1. Im Ausgangspunkt war die Beklagte aus dem zwischen denParteien geschlossenen Steuerberatungsvertrag verpflichtet,die Kläger im Rahmen der ihr erteilten Aufträge umfassend zuberaten, gegebenenfalls auch ungefragt (legale) Wege auf-zuweisen, dass die Kläger keine höheren Steuern als erforder-lich zahlen würden.

Objektiv wäre hierfür im Sinne der Kläger nützlich gewesen,wenn die Beklagte den Klägern die Möglichkeit offerierthätte, gegen die Steuerbescheide Einspruch einzulegen.Nachdem jedenfalls im Nachhinein die oben zitierte Entschei-dung des BVerfG bekannt ist, hätte es den Klägern Vorteilegebracht, wenn sie Einsprüche gegen die Steuerbescheideeingelegt, damit deren Bestandskraft verhindert und dannauf der Grundlage der späteren Entscheidung des BVerfGund der darauf folgenden Einführung des § 2 Abs. 8 EStGden Klägern günstigere Steuerbescheide auf der Grundlageeiner Zusammenveranlagung herbeigeführt hätten.

2. Streitentscheidend ist, ob die Beklagte schon spätestenszu dem Zeitpunkt, zu dem die Kläger sich jeweils spätestenszu einem Einspruch gegen die Steuerbescheide hätten ent-scheiden müssen, objektiv Anlass hatte, mit der ernstlichenMöglichkeit zu rechnen, dass die bis dahin vom Gesetzgebergetroffene Regelung, die Zusammenveranlagung gerade nichtfür eingetragene Lebenspartnerschaften zu öffnen, vomBVerfG verworfen würde.

Nur dann traf sie eine objektive Pflicht, den Klägern dieMöglichkeit zu erläutern, durch einen Einspruch eineBestandskraft der Steuerbescheide aufzuschieben.

Die Kammer nimmt bereits nicht an, dass ein Steuerberaternach Maß der von diesem zu erwartenden Kenntnisse diespätere Rechtsprechung des BVerfG in dessen Beschluss vom7.5.2013 hätte vorhersehen müssen. Nach der Bewertungder Kammer fehlt es damit bereits an einer objektiven Pflicht-verletzung. Die Frage eines subjektiven Verschuldens (dessenFehlen sonst nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB die Beklagtehätte beweisen müssen) hat die Kammer damit bereits nichtmehr zu prüfen.

a) Im Grundsatz darf ein Steuerberater darauf vertrauen, dassein Gesetz verfassungsgemäß ist (BGH, Urt. v. 6.11.2008 –IX ZR 140/07, Rdnr. 8 und 12, juris).

Dies korrespondiert damit, dass im Verhältnis der Verfassungs-organe des Bundes keineswegs nur das BVerfG zur Prüfungder Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes berufen ist. Alle amGesetzgebungsverfahren beteiligten Verfassungsorgane sind(der Bundespräsident freilich mit Einschränkungen) zur Prü-fung der Verfassungsgemäßheit verpflichtet und kompetent.Das BVerfG ist hierfür auch nicht grundsätzlich besser qua-lifiziert als Bundestag und Bundesrat. Jedenfalls dann, wennletztere auf Ministerialbürokratie, Wissenschaft und Justiz-praxis zurückgreifen, verfügt der Gesetzgeber weder quali-

Page 23: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

im Bereich des Verfassungsrechts ein sehr viel weiteres Spek-trum von Ergebnissen rechtlich begründen als in anderenRechtsgebieten.

Von der Möglichkeit, für unterschiedlichste Ansichten dieBegründung in Anspruch zu nehmen, diese sei verfassungs-rechtlich geboten und ein nach der eigenen rechtspolitischenÜberzeugung unerwünschtes Gesetz sei verfassungswidrig,wird auch in Literatur, Presse und Politik reichlich Gebrauchgemacht.

Wenn dies der Fall ist, gibt dies daher kaum jemals etwas herfür die Prognose, das BVerfG werde das betreffende Gesetztatsächlich als verfassungswidrig einordnen.

cc) Für den Fall, dass die Frage einer eventuellen Verfassungs-widrigkeit in den Medien mit genügend Intensität behandeltwird, mag man in Erwägung ziehen, dass ein Steuerberaterselbst einen Blick einerseits in die ihm – aus seiner Berufs-tätigkeit vertrauten – Normen des Steuerrechts und anderer-seits in die von den Medien aufgeführten Regelungen desGrundgesetzes wirft.

Eine solche eigene Prüfung durfte selbst einem verfassungs-rechtlich besonders engagierten Juristen den sicheren Ein-druck vermitteln, dass Zweifel an der Vereinbarkeit mit derVerfassung nicht tragfähig waren, und damit erst recht einemSteuerberater ohne umfassende juristische Ausbildung.

Dabei bedenkt die Kammer, dass gerade im Bereich desVerfassungsrechts, hier insbesondere der Grundrechte undnochmals gesteigert bei der Bewertung der verfassungsrecht-lichen Grundlagen des Umganges mit homosexuellen Part-nerschaften je nach persönlichem Erfahrungshintergrundund der jeweils eigenen Prägung vielfach sehr unterschied-liche Bewertungen als selbstverständlich erscheinen. Selbstdie Rechtsprechung des BVerfG hat inzwischen stark abwei-chende Positionierungen zu homosexuellen Partnerschaftengefunden.

Diese Spannbreite reicht von der wiederholt von dem BVerfGausgesprochenen Billigung einer strafrechtlichen Sanktionie-rung der homosexuellen Betätigung von Männern (BVerfG,Urt. v. 18.11.1954 und 10.5.1957 – 1 BvR 550/52; Beschl. v.2.10.1973 – 1 BvL 7/72) über die Billigung der Einrichtungder eingetragenen Lebenspartnerschaft als eines Institutes,welches gesicherte rechtliche Rahmenbedingungen fürhomosexuelle Partnerschaften schaffen soll (BVerfG, Urt. v.17.7.2002 – 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01), bis zu der von demBVerfG zuletzt ausgesprochenen Verpflichtung des Gesetz-gebers zur Förderung dieses Institutes in unterschiedlichemUmfang (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2009 – 1 BvR 1164/07;Beschl. v. 7.5.2013 - 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR288/07).

Alle diese Entscheidungen ergingen in einer Diktion, welchenicht erkennen ließ, dass das BVerfG irgendwelche Zweifel ander unbedingten Richtigkeit der dahinterstehenden Bewer-tungen hegte. Ebenfalls alle diese Entscheidungen ergingenin Auslegung derselben im Wesentlichen unveränderten

GIaktuell Nr. 4/August 2015 117

Normen des Grundgesetzes, und alle diese Entscheidungenergingen jeweils mit dem auf § 31 Abs. 1 BVerfGG gestütz-ten Anspruch des BVerfG, dass nicht nur die Entscheidungs-formel, sondern auch die tragenden Erwägungen der jewei-ligen Entscheidungen die übrigen Verfassungsorgane auchfür ihr zukünftiges Handeln binden.

Wenn das BVerfG mit uneingeschränkter Selbstgewissheitextrem unterschiedliche Bewertungen für zweifelsfrei ge-halten hat, darf erst recht ein im Verfassungsrecht nicht aus-gebildeter Steuerberater sehr unterschiedliche Bewertungenfür zweifelsfrei halten.

Dabei geht es nicht darum, dass es selbstverständlich auchim Kreise der Steuerberater wie in jedem anderen beruflichenUmfeld auch schon immer Personen gegeben haben wirdund weiter geben wird, welche die Einschätzung teilen, dassmindestens die jahrhundertelange staatliche Verfolgunghomosexueller Betätigungen zu einer düsteren Tradition gro-ber Verstöße gegen das heute in Art. 3 GG kodifizierte Gebotder Gleichbehandlung gehören. Es mag auch im Kreise derSteuerberater schon jahrzehntelang Personen gegebenhaben, welche auch die steuerrechtliche Förderung der Eheim Vergleich zu homosexuellen Partnerschaften als aus ihrerSicht grob ungerecht und gleichheitswidrig empfundenhaben werden.

Dies darf den Blick aber nicht darauf versperren, dass wieauch sonst in der Bevölkerung andere (und möglicherweisenicht wenige) Steuerberater die Förderung der Ehe undgerade nicht der eingetragenen Lebenspartnerschaft ebensoohne jede innere Zweifel als offensichtlich zulässig und viel-leicht sogar geboten eingeordnet haben werden. DieseWertung mögen sie insbesondere auf die Ansicht gestützthaben, die Ehe als Keimzelle von Staat und Gesellschaft,insbesondere als zentraler Grundlage von deren Zukunft,müsse und dürfe stärker gefördert werden als auch gefes-tigte homosexuelle Partnerschaften, insbesondere um einengeschützten Raum für die Entscheidung der Ehepartner zugemeinsamen Kindern und zu deren behüteter Erziehung zuschaffen.

Da das jeweilige Vorverständnis massiv einwirkt auf die Aus-legung der hier einschlägigen Regelungen in Art. 6 Abs. 1 GGund Art. 3 Abs. 1 GG, braucht nicht zu wundern, dass ge-rade in diesem Bereich unterschiedliche Personen als Folgeihres jeweiligen Vorverständnisses sehr unterschiedlicheErgebnisse als zweifelsfrei richtig eingeordnet haben werden.

Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte für den Fall, dasssie selbst den Versuch einer Prüfung unternommen hätte, obeine eventuelle Verfassungsbeschwerde gegen die Beschrän-kung der Zusammenveranlagung nur auf die Ehe Aussicht aufErfolg hatte, ohne weiteres die aus ihrer Sicht zweifelsfreieÜberzeugung von etwa folgender Bewertung erlangen können:

Wenn der Verfassungsgeber in Art. 6 Abs. 1 GG den „beson-deren“ Schutz unter anderem der Ehe normiere, erlaube diesohne weiteres, die Ehe auch steuerlich besserzustellen alsetwa die eingetragene Lebenspartnerschaft. Wenn die Ver-

Page 24: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

wie ihm gerade in Bezug auf seine in diesem Urteil erörtertenJudikate inzwischen nicht selten vorgeworfen wird, insbeson-dere auch in der Begründung einer abweichenden Meinunginnerhalb des Zweiten Senates des BVerfG zum Beschlussvom 7.5.2013 (BVerfG, Beschl. v. 7.5.2013 – 2 BvR 909/06,Rdnr. 137, juris).

Gerade wenn ein Steuerberater bestimmte ihm bekannt ge-wordene Entscheidungen des BVerfG so einordnen sollte,musste er auf der Grundlage seiner Bewertung konsequenter-weise damit rechnen, dass das BVerfG eine solche Agendafortsetzen würde.

Allerdings musste ein Steuerberater ohne gewichtige Anhalts-punkte mit dergleichen grundsätzlich nicht rechnen. Viel-mehr durfte er sich grundsätzlich darauf verlassen, dass einRichter des BVerfG über genügend Pflichtbewusstsein undProfessionalität verfügt, nicht der Versuchung zu erliegen,selbst eine politische Agenda zu verfolgen.

Fraglich ist aber, ob ein Steuerberater auf der Grundlage dervon ihm objektiv zu erwartenden Erkenntnismöglichkeitennoch rechtzeitig vor Bestandskraft der hier streitgegenständ-lichen Steuerbescheide aus der bis dahin ergangenen ver-fassungsgerichtlichen Rechtsprechung entnehmen musste,das BVerfG werde die Beschränkung der Zusammenveranla-gung auf Ehepartner als verfassungswidrig einordnen.

Dies nimmt die Kammer im Ergebnis nicht an. Dabei ziehtdie Kammer als verfassungsgerichtliche Entscheidungen,welche darauf zu überprüfen sind, ob sie der BeklagtenAnlass geben mussten, ernstlich mit einer Verfassungswidrig-keit der Nichtöffnung der Zusammenveranlagung für einge-tragene Lebenspartnerschaften zu rechnen, im Wesentlichenzwei Entscheidungen des Ersten Senates des BVerfG in Be-tracht, nämlich das Urteil vom 17.7.2002 zur Verfassungs-gemäßheit des Lebenspartnerschaftsgesetzes (1 BvF 1/01)und den Beschluss vom 7.7.2009 zur Hinterbliebenenversor-gung gemäß § 38 der Satzung der Versorgungsanstalt desBundes und der Länder (1 BvR 1164/07).

A) Zu dem Urteil vom 17.7.2002 stellt sich die Frage, ob –bereits unterstellt, dass er diese Entscheidung überhaupt zurKenntnis genommen hat – ein Steuerberater aus den Aus-führungen zur Vereinbarkeit des Lebenspartnerschaftsgeset-zes mit Art. 6 Absatz 1 GG (Rdnr. 77 ff, juris) einen Ansatzdazu entnehmen musste, dass das BVerfG die exklusive An-wendung der Zusammenveranlagung nur auf Ehepaare undnicht auf eingetragene Lebenspartnerschaften für verfas-sungswidrig halten dürfte.

Einen verfassungsrechtlich ernstlich tragfähigen Ansatz hier-für vermag die Kammer der Begründung der Entscheidungdes BVerfG selbst auf der Grundlage der Kenntnisse einesauch im Verfassungsrecht ausgebildeten Volljuristen nichtzu entnehmen, erst recht nicht einen Ansatz, welcher sicheinem Steuerberater hätte aufdrängen müssen.

Dabei gilt auch hier, dass so gut wie jede Entscheidung desBVerfG auf denkbar weit abweichende Bewertungen stößt.

GIaktuell Nr. 4/August 2015118

fassung selbst eine Grundlage für eine Besserstellung nor-miere, scheide schon deshalb ein Verstoß gegen den Gleich-heitsgrundsatz offensichtlich aus. Bei entsprechendem Vor-verständnis konnte es im Übrigen ein Steuerberater ohnehinfür offensichtlich halten, dass die Besserstellung der Ehedeshalb gerechtfertigt sei, weil sie typischerweise auf dasZeugen und Aufziehen von Kindern ausgerichtet sei.

Wie dargestellt, kommt es hierbei nicht darauf an, ob jederSteuerberater auch mit jedem anderen Hintergrund zu dieserBewertung kommen musste. Es geht auch nicht darum, dassdiese Argumentation inzwischen vom BVerfG verworfenwurde. Zentral ist, dass ein Steuerberater dies bereits objek-tiv nicht erkennen musste, sondern als Ergebnis eigener Prü-fung ein gänzlich anderes Ergebnis als jenes des BVerfG alsnach seinen Erkenntnismöglichkeiten (scheinbar) unzweifel-haft richtig einordnen durfte. Dass diese Ansicht in Kreisender Steuerberater durchaus verbreitet war, zeigt etwa dieWiedergabe der Stellungnahme der Bundessteuerberater-kammer in der Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010(1 BvR 611/07, Rdnr. 70, juris).

Konnte ein Steuerberater nach den objektiven Anforderun-gen an seine Ausbildung und Qualifikation es als zweifelsfreizulässig einordnen, dass die Zusammenveranlagung auf Ehe-partner beschränkt ist, fehlt es unter diesem Gesichtspunktbereits an einem objektiven Pflichtverstoß, wenn er nicht aufdie Möglichkeit eines Einspruches hinwies.

dd) Es bleibt zu prüfen, ob ein Steuerberater eine als zwei-felsfrei eingeordnete Überzeugung, wie sie unter Buchstabecc) skizziert wird, zwingend durch die Existenz der Judikatedes BVerfG in den Jahren 2002 bis 2009 zumindest soweit alserschüttert ansehen musste, dass er es für ernstlich vertretbarhielt, das BVerfG werde die Beschränkung der Zusammenver-anlagung auf Ehepartner als verfassungswidrig einordnen.

Hierzu knüpft die Kammer an die Rechtsprechung des BGHan, eine Ausnahme davon, dass ein Steuerberater auf dieVereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetzvertrauen darf, greife dann, wenn das BVerfG in einer Senats-entscheidung in ähnlichem Zusammenhang eine Verfassungs-frage behandelt und dabei eine aussagekräftige Vorentschei-dung auch für die verfassungsrechtliche Beurteilung desanhängigen Besteuerungsfalls getroffen hat (BGH, Urt. v.6.11.2008 – IX ZR 140/07, Rdnr. 14, juris).

Dabei teilt die Kammer folgende im Termin von dem Kläger-vertreter überzeugend dargelegte Bewertung: Sollte einSteuerberater der Kenntnis einem der in Frage stehendenJudikate entnommen haben, dass das BVerfG eine Beschrän-kung der Zusammenveranlagung auf Ehepaare für verfas-sungswidrig hält, kommt es nicht darauf an, ob der Steuer-berater oder wer auch immer diese Bewertung für unzutref-fend hält. Dies gilt selbst dann, wenn man die fraglichenJudikate des BVerfG so einordnen würde, dass sich dasVerfassungsgericht nicht auf eine verfassungsrechtlichePrüfung beschränkte, sondern eine politische Agenda über-nommen habe. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob dasBVerfG mit den fraglichen Judikaten letzteres betrieben hat,

Page 25: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

GIaktuell Nr. 4/August 2015 119

kung der Zusammenveranlagung auf die Ehe beanstandenwerde. Auch dies nimmt die Kammer im Ergebnis nicht an.

Dabei geht die Kammer allerdings – noch ganz anders als be-züglich der Entscheidung vom 17.7.2002 – davon aus, dassein auch im Verfassungsrecht ausgebildeter Volljurist bei eineraufmerksamen und sorgfältigen Lektüre der Begründungdurchaus tragfähige Anhaltspunkte dafür hätte entnehmenkönnen, dass das BVerfG möglicherweise auch die Beschrän-kung der Zusammenveranlagung auf Ehepartner als verfas-sungswidrig einordnen würde.

Unter Buchstabe B Ziffer I.3 Buchstabe b bb) (Rdnr. 99 bis122 in der Wiedergabe bei Juris) finden sich Ausführungen,aus denen sich ergibt, dass der in Art. 6 Abs. 1 GG normiertebesondere Schutz von Ehe und Familie nach Auffassung desBVerfG keine umfassende Besserstellung der Partner einerEhe insbesondere gegenüber eingetragenen Lebenspartnernrechtfertige, sondern der Gleichheitssatz aus Art. 3 Absatz 1GG eine für den jeweiligen Regelungsgegenstand separaterforderliche Prüfung erfordere, ob gerade für diesen Rege-lungsgegenstand eine unterschiedliche Behandlung rechtfer-tige. Die dabei in erheblicher Länge vorgenommenen Aus-führungen hierzu lassen dann erkennen, dass das BVerfGbezüglich der damals streitgegenständlichen Regelungen fürdie Hinterbliebenenversorgung im öffentlichen Dienst keinenUnterschied in der Förderungsbedürftigkeit von Partner einerEhe einerseits und einer eingetragenen Ehepartnerschafterkannt hat.

Der sich daraus ergebende skeptische Blick des BVerfG aufdie Besonderheiten der Ehe ließ bei aufmerksamer LektüreSchlüsse zu auf ein jedenfalls von der Mehrheit der Richterdes Ersten Senates des BVerfG ihrer Auslegung des Art. 6Abs. 1 GG und des Art. 3 Abs. 1 GG zu Grunde gelegtesVorverständnis (vgl. Ziffer I.2 Buchstabe b bb der Entschei-dungsgründe des Urteiles der Kammer), dass es für möglichund sogar wahrscheinlich erscheinen ließ, dass das BVerfGmöglicherweise auch die steuerliche Förderung der Ehe,nicht aber der eingetragenen Lebenspartnerschaft als ver-fassungswidrig einordnen würde.

Vorliegend geht es indes nicht darum, ob ein auch im Verfas-sungsrecht ausgebildeter Volljurist bei sorgsamer Lektüre demBeschluss vom 7.7.2009 diese Aussage entnehmen konnteund vielleicht sogar musste. Es geht darum, ob ein Steuer-berater mit ganz anderer Ausbildung und Ausrichtung über-haupt auf diesen Beschluss aufmerksam werden und ihm danndie fraglichen Aussagen entnehmen musste.

Die Kammer hält hierzu bereits nicht für selbstverständlich,dass ein Steuerberater überhaupt auf die Entscheidung auf-merksam werden musste.

Gegenstand des Beschlusses des BVerfG vom 7.7.2009 war,ob § 38 der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes undder Länder und die dort geregelte Hinterbliebenenversor-gung auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt. Man maghierzu als Vergleich den Weg wählen, in denen Richter sichüber neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung informie-

Die Lektüre der die Entscheidung tragenden Begründungeinerseits und der Begründung von abweichenden Meinun-gen nach § 30 Absatz 2 Satz 1 BVerfGG andererseits ergibtsogar nicht selten, dass auch innerhalb des jeweils befasstenSenates des BVerfG ein Teil der Richter dieses Senates dieEntscheidung der Mehrheit sprachlich deutlich als rechtlichunvertretbar einordnet. Auch zur Interpretation der Entschei-dung des BVerfG vom 17.7.2002 wurden in der juristischenDiskussion einmal mehr die unterschiedlichsten Bewertungen(als selbstverständlich unzweifelhaft) vertreten. Entscheidendist, ob man die fraglichen Aussagen der Entscheidung ent-nehmen musste. Das nimmt die Kammer eben nicht an.

Das Urteil des BVerfG betonte, das Institut der Lebenspart-nerschaft berühre und betreffe gar nicht die Ehe (besondersdeutlich etwa Rdnr. 86), rückte also beide Institute argumen-tativ voneinander ab. Wenn dies so richtig ist, durfte ein dasUrteil prüfender Steuerberater für gerade naheliegend halten,dass der Gesetzgeber frei ist, für beides eben nicht nur ähn-liche, sondern auch unterschiedliche Regelungen zu treffen.

Ein Steuerberater durfte auch überrascht davon sein, dassdas BVerfG in einer späteren Entscheidung das Institut dereingetragenen Lebenspartnerschaft, das nach der Argumen-tation noch in der Entscheidung vom 17.7.2002 unabhängigvon der Ehe zu sehen sein sollte, in späteren Entscheidungenstattdessen an sie herangerückt wurde.

Das BVerfG führte in seinem Urteil vom 17.7.2002 weiter aus,der besondere Schutz der Ehe nach Art. 6 Absatz 1 GG ge-biete es nicht, andere Lebensformen (und ersichtlich gemeintinsbesondere die eingetragene Lebenspartnerschaft) gegen-über der Ehe zu benachteiligen (Rdnr. 98 f).

Dies ist gerade nicht dasselbe wie ein Gebot, die eingetra-gene Lebenspartnerschaft steuerlich (oder auf irgendeinemanderen Gebiet) genauso zu behandeln wie die Ehe. Für einenSteuerberater, der sich vor der Beratung eines Auftraggebersder Mühe einer Lektüre des zitierten Urteiles unterzog, durftedamit die Auslegung ausgesprochen naheliegen, dass derGesetzgeber die eingetragene Lebenspartnerschaft zum Bei-spiel steuerrechtlich zwar genauso behandeln kann wie dieEhe, dies aber eben nicht muss. Diesen Schluss haben imÜbrigen auch die Bundesgerichte sämtlicher Fachgerichtsbar-keiten in ihren oben zitierten Entscheidungen aus dem Urteildes BVerfG vom 17.7.2002 gezogen. Dann durfte auch einSteuerberater diese Bewertung für unzweifelhaft richtighalten.

B) Der Beschluss vom 7.7.2009 (1 BvR 1164/07) kann bereitszeitlich allenfalls für einen Teil der Steuerbescheide relevantsein, da die Einzelveranlagungsbescheide beider Kläger für2004 und 2005 und des Klägers zu 2. für 2007 bereits be-standskräftig waren.

Immerhin für den Gegenstand der übrigen Steuerbescheidebleibt zu prüfen, ob ein Steuerberater auf der Grundlage dervon ihm objektiv zur Verfügung stehenden Erkenntnismög-lichkeiten nach der Existenz dieser Entscheidung den Schlussziehen müsste, es liege nahe, dass das BVerfG die Beschrän-

Page 26: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

ren. Hierzu halten eine Reihe von Zeitschriften Übersichtenvor, welche auch ein Richter dergestalt durchzusehen pflegt,ob sie eine Thematik betreffen, welche eine nähere Lektüreder Einzelentscheidung lohnt, wobei auch die begrenztenzeitlichen Ressourcen eines Richters zu einer Lektüre nureines kleinen Teiles von Entscheidungen des BVerfG führen.

Unterstellt, ein Steuerberater nahm auf ähnliche Weise eineDurchsicht vor, lag es nicht unbedingt auf der Hand, dass ergerade eine Entscheidung des BVerfG zur Satzung der Ver-sorgungsanstalt des Bundes und der Länder und der dort ge-regelten Hinterbliebenenversorgung als für seine eigeneArbeit wichtig wahrnahm. Nach der Bewertung der Kammerkommt schon eher in Betracht, dass der Beschluss desBVerfG vom 7.7.2009 die Aufmerksamkeit eines Steuerbera-ters fand über Verweisungen in seiner eigenen Fachliteratur.Selbst in dem von den Klägern zitierten Aufsatz eines ande-ren Steuerberaters in dem Ende November 2009 erschienen47. Heft der Zeitschrift DStR wird der Beschluss des BVerfGerstmals auf der zweiten Seite zitiert.

Unterstellt man dennoch, dass ein sich ordnungsgemäß in-formierender Steuerberater zwingend auf die Entscheidunghätte stoßen müssen, stellt sich weiter die Frage, ob er aufder Grundlage einer seiner Ausbildung entsprechenden Lek-türe und auf der Grundlage des von ihm vernünftigerweisezur Verfügung stehenden Zeiteinsatzes die oben dargestell-ten einem Volljuristen bei intensiver Lektüre möglichenSchlussfolgerungen hätte ziehen müssen.

Hierzu ist zunächst zu bedenken, dass der Beschluss desBVerfG die diesem Gericht eigene Länge hat, sich etwa inder Zitierung bei Juris auf 127 Rdnr. erstreckt. Die auch indieser Entscheidung verwirklichten Besonderheiten der Dik-tion erleichtern dabei schon aus der Perspektive von Berufs-richtern nicht eben die Lektüre der Entscheidung. TragfähigeAusführungen finden sich dabei erst ab Rdnr. 100.

Auch dort finden sich wiederum auch Sätze, welche bei nichtganz intensiver Lektüre zu dem Schluss führen könnten, dasBVerfG halte mit Blick auf die in Art. 6 Absatz 1 GG ange-legte besondere Förderung der Ehe auch ihre weitgehendeBevorzugung für zulässig, etwa zu Beginn von Rdnr. 102.Soweit das dort verwendete Wort „grundsätzlich“ verwen-det wird, ist für die hier relevante Lektüre durch einen Steuer-berater zu bedenken, dass dieser Begriff in der juristischenDiktion eine völlig andere Bedeutung hat als nach dem allge-meinen Sprachverständnis, und dass ein Steuerberater ebenkein Jurist ist.

Danach folgen lange Ausführungen des BVerfG, welchejedenfalls bei nicht ganz sorgfältiger Lektüre durch einen mitder besonderen Diktion und Rechtsprechung des BVerfG ver-trauten Juristen leicht dergestalt eingeordnet werden könn-ten, die dort gezogenen Wertungen stützten sich jeweils aufBesonderheiten der betrieblichen Altersversorgung.

Im Ergebnis geht die Kammer nicht davon aus, dass zu denobjektiven Berufspflichten eines Steuerberaters gehörte, diefragliche Entscheidung nicht nur überhaupt aufzufinden, son-

GIaktuell Nr. 4/August 2015120

dern die alles andere als leicht lesbare Entscheidung noch mitso viel Zeitaufwand, Sorgfalt und vor allem juristischer Exper-tise aufzubereiten, dass er ihr die oben dargestellten Aus-sagen entnehmen musste.

Insoweit musste ein Steuerberater nach der Bewertung derKammer nicht in der Lage sein, der filigranen Argumenta-tionstechnik des BVerfG zu folgen, der es erst gelingt, den inArt. 6 Abs. 1 GG angelegten besonderen Schutz insbeson-dere der Ehe dergestalt auszudeuten, dass es verfassungs-rechtlich verbindlich sein solle, das Institut der eingetragenenLebenspartnerschaft überhaupt in irgend einem Bereich glei-chermaßen zu fördern. Erst recht musste nach der Bewertungder Kammer auch die Existenz des Beschlusses des BVerfGvom 7.7.2009 nicht dazu führen, dass ein Steuerberater esgelang, die Entscheidung vom 7.5.2013 als möglich vorher-zusehen.

Die Kammer weist zu dieser lediglich ergänzend darauf hin,dass dieser Beschluss vom 7.5.2013 sogar von einem Teil desentscheidenden Senates des BVerfG als unvertretbar einge-ordnet wurden. In einer dem Beschluss vom 7.5.2013 nach§ 30 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG angeschlossenen abweichendenMeinung wurden die tatsächlichen Annahmen, auf welchedie den Beschluss tragende Begründung sich stützte, sogarals nicht nur falsch eingeordnet, sondern gar als „konstru-iert“ (BVerfG, Beschl. v. 7.5.2013 – 2 BvR 909/06, Rdnr. 137,juris, mit eingehender vorstehender Begründung).

C) Ein weiterer Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010 (1 BvR611/07 zum Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht)ist schon zeitlich für alle Steuerjahre bis 2008 irrelevant. BeiErgehen dieses Beschlusses war nämlich für die Jahre bis2008 mindestens der Steuerbescheid für einen der Klägerbereits bestandskräftig, und eine Zusammenveranlagungkonnte schon deshalb nicht mehr herbeigeführt werden.

Immerhin für die Besteuerung der Einkünfte der Kläger fürdas Jahr 2009 bleibt zu prüfen, ob ein Steuerberater auf derGrundlage der von ihm objektiv zur Verfügung stehendenErkenntnismöglichkeiten nach der Existenz dieser Entschei-dung den Schluss ziehen müsste, es liege nahe, dass dasBVerfG die Beschränkung der Zusammenveranlagung auf dieEhe beanstanden werde. Auch dies nimmt die Kammer imErgebnis nicht an.

Zwar handelt es sich bei dem zitierten Beschluss immerhin erst-mals um eine Entscheidung, welche Steuerrecht und damit eineeinem Steuerberater vertraute Materie zum Gegenstand hat.

Auch die bezeichnete Entscheidung weist aber wiederum eineLänge (120 Rdnr.) und Diktion auf, welche sie insbesonderefür einen juristischen Laien nahezu unverständlich macht.

Unterzog sich ein Steuerberater dennoch der Mühe, einenNachvollzug zu versuchen, so stieß er auf eine Argumenta-tion des BVerfG, welche an die jeweilige Zweckrichtung ganzbestimmter steuerrechtlicher Institute anknüpfte. Dabei führ-te das BVerfG zu besonderen Eigenheiten des persönlichenFreibetrages nach § 16 ErbStG (Rdnr. 88 ff), zum Versor-

Page 27: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

gungsfreibetrag nach § 17 ErbStG (Rdnr. 107 ff und denunterschiedlichen Steuerklassen von Ehegatten und einge-tragenen Lebenspartnern (Rdnr. 110 ff) aus, jeweils derge-stalt, dass sich das BVerfG mit Besonderheiten gerade dieserMaterien auseinandersetzte.

Ein Steuerberater darf solche Ausführungen so verstehen,dass es dem BVerfG tatsächlich um die Besonderheiten die-ser besonderen Normen ging. Ein Steuerberater musste denzitierten Ausführungen nicht entnehmen, dass das BVerfG diesehr viel schlichtere Ansicht vertrat, steuerrechtlich müsse dieeingetragene Lebenspartnerschaft insgesamt behandelt wer-den wie eine Ehe. Ein Steuerberater durfte vielmehr schondeshalb davon ausgehen, dass das BVerfG eben auf die um-fangreich dargelegten Besonderheiten abstellte, da er diesevoluminöse Darstellung für komplett entbehrlich und sogarirreführend halten durfte, wenn es nach Auffassung desBVerfG auf die in erheblicher Länge behandelten Besonder-heiten gar nicht ankam, sondern stattdessen allgemein diePartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wie Ehe-partner zu behandeln sein sollten.

D) Inzwischen sind noch mehrere weitere Entscheidungendes BVerfG ergangen, in denen dieses zu zusätzlichen Rege-lungsbereichen eine gegen Art. 3 Absatz 1 GG verstoßendeUngleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaf-ten im Vergleich zu Ehepaaren angenommen hat (Beschl. v.19.6.2012 – 2 BvR 1397/09, zum Familienzuschlag; Urt. v.19.2.2013 – 1 BvL 1/11, zur Sukzessivadoption). Diese sindindes jeweils zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem die Be-klagte schon vom Zeitablauf für die Beratung der Kläger ausdiesen Entscheidungen keine Erkenntnisse hätte ziehen kön-nen. Aus ihnen konnte die Beklagte daher schon zeitlichnicht die Erkenntnis gewinnen, das BVerfG werde auch nurmöglicherweise die Beschränkung der Zusammenveranla-gung auf die Ehe als verfassungswidrig einordnen.

Im Ergebnis musste die Beklagte als Steuerberaterin damitnach der Bewertung der Kammer vor dem Beschluss desBVerfG vom 7.5.2013 nicht besser wissen als der Gesetzge-ber, die Bundesregierung, die Minderheit der entscheidendenRichter des BVerfG und bis Ende 2006 auch sämtliche Bundes-gerichte der Fachgerichtsbarkeiten, welche bis dahin eineBesserstellung der Ehe als unzweifelhaft zulässig einordneten.

Die Beklagte hat damit nach der Bewertung der Kammer be-reits nicht gegen objektive Berufspflichten verstoßen, wennsie die Kläger nicht auf die Möglichkeit hinwies, gegen dieSteuerbescheide Einspruch einzulegen.

Auf eventuelle subjektive entschuldigende Umstände imSinne des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt es damit nichteinmal an.

II.

1. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

2. Der Ausspruch zur Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709Sätze 1 und 2 ZPO. (...) •

Steuerberaterhaftung• Differenzhypothese• Normativer Schadensbegriff(LG Koblenz, Urt. v. 21.1.2015 – 15 O 248/14)

Leitsatz (d. Red.):Die bei der Schadenbetrachtung anzustellende Diffe-renzhypothese kann sich verbieten und im Wege desnormativen Schadensbegriffs zu korrigieren sein. Einsolcher Fall liegt vor, wenn die von einem Verein vorge-tragene steuerliche Alternativgestaltung dazu geführthätte, dass der Verein hätte aufgelöst werden müssenund seine Existenz verloren hätte. •

Zum Sachverhalt:Der Kläger ist ein (ehemals) gemeinnütziger Verein, der 1994mit dem Ziel gegründet wurde, ein Heim zur Pflege vonpflegebedürftigen Menschen in K. zu betreiben. Der Heim-betrieb nahm 1994 unter der Bezeichnung T.haus mit zu-nächst 13 Betten seine Arbeit auf und wurde später auf 27Betten erweitert.

Anfang 2007 bot sich dem Verein die Möglichkeit einer er-neuten Erweiterung. Wirtschaftlich wurde eine solche Erwei-terung im Rahmen einer langfristigen Liquiditätsplanung an-gestrebt. Hintergrund war der Umstand, dass der operativeBetrieb eine finanzielle Unterdeckung aufwies, die mit Spen-den und Zuweisungen nicht gedeckt werden konnte. EineErweiterung des Betriebes schien daher aus betriebswirt-schaftlichen Gründen angeraten. Wegen des mit der Erwei-terung der Bettenzahl einhergehenden größeren Haftungs-risikos beauftragte der Kläger die beklagte Steuerberatungs-gesellschaft mit der steuerlichen Erarbeitung eines entspre-chenden Konzepts.

Die Beklagte empfahl schließlich die Gründung einer GmbHals Trägerin des Pflegeheims.

Mit Vereinbarung vom 31.10.2007 zwischen dem Klägerund der neu gegründeten T.haus GmbH übertrug der Klägerseinen Geschäftsbetrieb auf die T.haus GmbH, die mit Wir-kung vom 1.11.2007 den Heimbetrieb übernahm. Das Bank-guthaben des Vereins wurde auf die GmbH übertragen.

Mit Vereinbarung vom 23.12.2007 kamen der Kläger unddie GmbH überein, dass der Kläger auf eine Forderung inHöhe von 329.191,42 EUR aufgrund der Überschuldung derGmbH verzichtet, gebunden an eine Besserungszusage derGmbH für den Fall, dass deren Eigenkapital eine Größen-ordnung von 200.000 EUR erreiche.

In der Folge gewährte das FA für die Jahre 2006 bis 2008dem Kläger keine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9KStG. Der steuerlich günstige Status der Gemeinnützigkeitwurde dem Kläger insgesamt aberkannt, weil die satzungs-mäßige Tätigkeit des Klägers mit der Einstellung des Pflege-betriebs zum 1.11.2007 geendet hatte.

GIaktuell Nr. 4/August 2015 121

Page 28: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Sein Schaden bestehe nun in der grundsätzlichen Steuer-pflicht seiner Tätigkeit, aufgrund derer er sich erheblichenSteuerforderungen seitens des FA ausgesetzt sehe.

(Anträge: ...)

Die Beklagte trägt vor:

Die Klageanträge seien zu weit gefasst und unpräzise,steuerliche Nebenleistungen seien nicht erstattungsfähig.

Der Kläger sei unaufhaltsam einer Einstellung des Betriebsoder einer Insolvenz entgegengesteuert. Die notwendige undgewollte Weiterentwicklung des T.hauses sei unter demDach eines gemeinnützigen Vereins nicht möglich gewesen.

Die Verzichtserklärung sei ohne ihre Beteiligung erfolgt.

Ihr Beratungsverhalten sei nicht kausal für einen Schadenein-tritt, da es für den Kläger bei den gesteckten Zielen keineAlternativgestaltung gegeben habe. Es bestehe keine Gestal-tungsmöglichkeit dergestalt, dass die entstandene Steuer-schuld hätte vermieden werden können unter gleichzeitigerÜbertragung der Tätigkeit auf eine GmbH oder einer ander-weitigen Haftungsbeschränkung. Eine Fortführung des be-stehenden Betriebs in der bis dahin praktizierten Art undWeise habe wegen der monatlichen Unterdeckung der lau-fenden Kosten des Heimbetriebs und des Spendenrückgangsunweigerlich in die Insolvenz geführt. Eine Zurückbehaltungdes Geldvermögens sei ebenfalls nicht möglich gewesen, dadie insoweit für den Verein und die GmbH handelnden Per-sonen den defizitären Geschäftsbetrieb des Klägers ohnediese Liquiditätsrücklage nicht hätten übernehmen wollen.

Die Selbstauflösung habe keine Alternative dargestellt, dainsbesondere die freien Rücklagen dann nicht mehr demPflegebetrieb zur Verfügung gestanden hätten. Das sei abergerade eines der Ziele des Klägers gewesen. (...) •

Aus den Gründen:Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse, da die Steuerbe-scheide noch nicht bestandskräftig sind und eine endgültigeErmittlung der Höhe der Steuerschuld derzeit nicht möglichist.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aber keinen Anspruch aufFeststellung und/oder Freistellung aus den §§ 280 Abs. 1,675 BGB.

Dabei kann offen bleiben, ob und welche vertragliche Pflichtdie Beklagte gegebenenfalls im Rahmen des bestehendenSteuerberatermandats im Einzelnen verletzt hat. Denn demKläger ist jedenfalls durch das Verhalten der Beklagten keinkausaler Schaden entstanden.

Unter dem Gesichtspunkt, dass vorrangiges Anliegen dermaßgeblich für den Kläger handelnden Personen der Um-stand war, dass der Pflegebetrieb des (erweiterten) T.hauses

GIaktuell Nr. 4/August 2015

Zudem erkannte das FA dem Kläger auch rückwirkend fürdie Vergangenheit die Gemeinnützigkeit mit der Begründungab, dass mit der zum 1.11.2007 erfolgten Übertragung desVermögens auf die GmbH gegen das Gebot der Selbstlosig-keit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AO verstoßen worden sei.Der Geldforderung stehe keine adäquate Gegenleistunggegenüber.

Insgesamt sieht sich der Kläger aufgrund der daraufhin er-gangenen Steuerbescheide, die noch nicht bestandskräftigsind, Steuernachforderungen nebst Zinsen und Solidaritäts-zuschlag in Höhe von gegenwärtig 163.307 EUR ausgesetzt.

Die Gewährung eines Erlasses hat das FA K. mit Schreibenvom 12.6.2013 – bisher ebenfalls nicht bestandskräftig –abgelehnt.

Die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der Gemeinnützigkeitdurch das FA infolge der im Jahr 2007 erfolgten Umstruktu-rierung und Übertragung ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger trägt vor:

Die Erhaltung der Gemeinnützigkeit einerseits sei den für ihnhandelnden Personen ebenso wichtig gewesen wie eineweitgehende Haftungsbeschränkung. Zur Gewährleistungbeider Gesichtspunkte habe die Beklagte ein Konzept erar-beiten sollen. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit ab2007 gehe auf den Vertrag vom 31.102007 zurück, soweitder Kläger damit die Geschäftsführung und die wirtschaft-liche Trägerschaft auf die GmbH übertragen habe, währenddie Aberkennung für den Zeitraum davor auf der Übertra-gung des Geldvermögens auf die GmbH beruhe in Verbin-dung mit der Verzichtsvereinbarung vom 23.12.2007. Ander Erstellung beider Vereinbarungen habe die Beklagte mit-gewirkt.

Die Beklagte habe fehlerhaft dem Kläger die Rolle einesbloßen Fördervereins unter Übertragung seines Vermögensauf die GmbH empfohlen und fehlerhaft auch nicht von derÜbertragung des Vermögens auf die GmbH abgeraten. DieEinbuchung des auf die Betreibergesellschaft übertragenenVereinsvermögens als Darlehensforderung des Klägers seiebenfalls fehlerhaft gewesen, da sie erkennbar im Wider-spruch zu der Vereinbarung vom 31.10.2007 stehe, wonachman die Übertragung der Rücklagen wenigstens noch alsGegenleistung für die Übernahme der Betriebsverpflichtunghätte ansehen können. Auch der Rat zur Abgabe der Ver-zichtserklärung vom 23.12.2007 sei fehlerhaft gewesen, dadas FA hierin die endgültige Aufgabe des gemeinnützlich-keitsrechtlich verstrickten Vermögens sah.

Die Beklagte habe ihn nicht über die Gefahren der Umge-staltung aufgeklärt, gegebenenfalls hätte er dann von einerUmgestaltung abgesehen und versucht, das Spendenauf-kommen zu erhöhen, unter Fortführung des Betriebs einegeordnete Auflösung des Vereins betrieben und verbleiben-des Vereinsvermögen den satzungsgemäßen Zwecken zu-geführt.

122

Page 29: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Der Kläger räumt selbst ein, dass über einen längeren Zeit-raum mehrere Konzepte besprochen und abgewogen wur-den, wobei die Beklagte in ihren Kurzgutachten vom 2.3.und 16.4.2007 die Abwicklung des Klägers und die Einstel-lung der Betriebstätigkeit empfohlen hatte.

Diesem Vorschlag haben sich die Verantwortlichen des Klä-gers aber dann nicht angeschlossen und damit verdeutlicht,dass die Abwicklung des Klägers von ihnen nicht gewünschtwar. Wenn die Beklagte zu diesem Zeitpunkt auf die Gefahrdes Verlustes der Gemeinnützigkeit bei dem später realisier-ten Modell hingewiesen hätte, dann hätte sich der Verein fürdie Auflösung entscheiden müssen. In diesem Fall hätte seineExistenz geendet.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist,dass er sich im Falle einer rechtzeitigen und angemessenenAufklärung über die steuerliche Sach- und Rechtslage durchdie Beklagte für eine geordnete Abwicklung hätte entschei-den und so das verbleibende Vereinsvermögens dem sat-zungsmäßig bestimmten Zweck hätte zuführen können,führt dies unter normativen Gesichtspunkten zu keiner ab-weichenden Bewertung. Denn durch die von der Beklagtenempfohlene Gestaltung kam das Vereinsvermögen geradedem eigentlichen Zweck des Vereins, nämlich dem Betriebdes Pflegeheims, zu Gute, sodass der Kläger hierdurch keineEinbuße erlitten hat.

Da in der Hauptsache kein Anspruch besteht, scheidet auchein Anspruch hinsichtlich der Nebenforderungen aus. (...) •

Versicherungsschutz• Wirtschaftsprüfer• Treuhandkommanditist• Gesellschaftsrechtlicher Schadenersatzanspruch• Unternehmerische Tätigkeit• Rechtsmissbräuchliche Deckungsklage(LG München I, Urt. v. 12.7.2013 – 3 O 28931/11)

Leitsatz (d. Red.):Der gegen einen als Gründungskommanditist einesFonds tätigen Wirtschafsprüfer geltend gemachte ge-sellschaftsrechtliche Schadenersatzanspruch fällt nichtunter der Versicherung der Vermögensschaden-Haft-pflichtversicherung. Solche Schadenersatzansprücheberuhen auf einer nichtversicherten unternehmerischenTätigkeit außerhalb des Pflichtenkreises eines Wirt-schaftsprüfers. •

Zum Sachverhalt:Die Klagepartei zeichnete am 13.9.1996 eine Beitritts-erklärung zur Deutsche Beamten Vorsorge ImmobilienHolding AG & Co. Deutschland Fonds KG mit einer Einlagevon 50.000 DM zuzüglich eines Agios von 5%.

GIaktuell Nr. 4/August 2015 123

aufrecht erhalten und fortgesetzt werden sollte, ist vorlie-gend die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens desKlägers widerlegt, sodass es für einen Anspruch des Klägersgegen die Beklagte zum einen an der erforderlichen Kausa-lität fehlt.

Es bestand nämlich keine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit,mit der die beiden Ziele des Klägers, Erhaltung der Gemein-nützigkeit einerseits und Haftungsreduzierung andererseits,hätten erreicht werden können. Der Kläger hat auch selbstkeine Alternative aufgezeigt. Bei Fortführung des Betriebs inder bestehenden Vereinsform wäre der Kläger zwangsweiseilliquide geworden und hätte aufgelöst oder über eine Insol-venz abgewickelt werden müssen.

Jedenfalls ist nicht dargelegt, wie der Kläger seine Vermö-genssituation verbessern und die monatliche Unterdeckunghätte kompensieren können. Auch bei einer frühzeitigen undumfassenden Beratung durch die Beklagte konnte der Klägersein Ziel der Sicherung des Betriebs des Pflegehauses beigleichzeitiger Haftungsbegrenzung nur durch die tatsächlichgewählte Gestaltungsform, realisieren. Da überragendes An-liegen des Vereins der Fortbestand des T.hauses war, hätte ersich auf jeden Fall für die rechtliche Gestaltung entschieden,die tatsächlich gewählt wurde. Denn allein hierdurch konnteder Pflegebetrieb erweitert und so aufrechterhalten werdensowie das Vereinsvermögen dem Pflegebetrieb zur Verfü-gung gestellt werden. Nur dieses Vermögen setzte die GmbHin die Lage, den Betrieb bis zur Rentabilität zu vergrößern.

Einem Anspruch des Klägers steht auch entgegen, dass die-sem durch das Beratungsverhalten der Beklagten kein Scha-den entstanden ist.

Die Klägerseite hat in der mündlichen Verhandlung vom21.1.2015 zwar zutreffend nochmals darauf hingewiesen,dass sich die Situation aufgrund der aktuellen Sachlage inso-weit für den Kläger wirtschaftlich schlechter darstellt, alsnunmehr einerseits zwangsläufig seine Auflösung droht ver-bunden mit der bestehenden Steuerschuld und dass im Fallder unterlassenen Umstrukturierung aufgrund der Beratungdurch die Beklagte lediglich die Auflösung hätte stattfindenmüssen, ohne dass die nun bestehende Steuerschuld einge-treten wäre.

Aus Sicht der Kammer verbietet sich aber im vorliegendenFall aufgrund der besonderen Umstände eine rein an denGrundsätzen der Differenzhypothese orientierte Schaden-ermittlung ausgehend von dem Grundgedanken, dass jeden-falls in beiden Fällen der rechtlichen Gestaltung die Existenzdes Vereins aufgrund der Vermögenslage beendet wordenwäre. Weil aber gerade die von der Beklagten vorgeschlagenerechtliche Gestaltung dazu geeignet war, den eigentlichenZweck des Vereins, nämlich den Betrieb des Pflegehauses T.fortzusetzen und damit das eigentliche Vereinsanliegen fort-zuführen, das auch dessen ursprüngliche Gemeinnützigkeitbegründete, ist im Wege des so genannten normativen Scha-denbegriffs die reine differenzhypothetische Betrachtung desKlägers zu korrigieren.

Page 30: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

ansprüche zur Sicherheit an die Fondsgesellschaft abgetre-ten. Bei diesen Darlehensansprüchen handelte es sich zumin-dest teilweise um Darlehen, mit welchen die C&H Bank AGAnlegerbeteiligungen finanzierte.

Die Beklagten zu 2) bis 5), vertreten durch die Versicherungs-stelle W1., sind Versicherer der Beklagten zu 1) gemäß Ver-sicherungsschein Nr. 51613, vom 23.8.1988 mit NachträgenNr. 1 bis 4. Es gelten die Allgemeinen Bedingungen für dieVermögensschadenhaftpflichtversicherung von Angehörigender wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerbera-tenden Berufe und die Risikobeschreibung zur Vermögens-schaden-Haftpflichtversicherung für Wirtschaftsprüfer undvereidigte Buchprüfer.

Über das Vermögen der Beklagten zu 1) wurde mit Beschlussvom 12.10.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet und Insol-venzverwalterin P. bestellt. Der Kläger meldete eine Gesamt-forderung in Höhe von 83.898,32 EUR inklusive Zinsen undKosten der Forderungsanmeldung zur Tabelle an. Die Insol-venzverwalterin widersprach der Forderung. Mit Beschlussdes AG München vom 3.1.2012 wurde das Insolvenzver-fahren eingestellt. Am 26.6.2012 erfolgte die Löschung derBeklagten zu 1) wegen Vermögenslosigkeit im Handels-register.

Mit Beschluss vom 3.7.2012 wurde das Verfahren im Hin-blick auf die Beklagte zu 1) gemäß § 246 ZPO ausgesetzt.

Die Klagepartei ist der Ansicht, die Beklagten zu 2) bis 5)hätten als Versicherer der Beklagten zu 1) Deckungsschutzzu gewähren.

Die Beklagte zu 1) habe ihre Pflichten als Treuhänderin zurAufklärung über die Beteiligung verletzt. Die Aufklärung seiweder durch den Prospekt, den der Kläger nicht erhaltenhabe und der im Übrigen unzureichend sei, noch durchmündliche Angaben des Vermittlers erfolgt. Insbesondere seikeine Aufklärung über die kapitalmäßigen und personellenVerflechtungen im Zusammenhang mit der Anlage der Liqui-ditätsrücklage in Inhaberschuldverschreibungen der C&HBank sowie mit dem Finanzierungsmodell der Anlegerbetei-ligungen durch die C&H Bank erfolgt. Diese Pflichtverlet-zungen seien kausal für die Anlageentscheidung des Klägersund damit für den eingetretenen Schaden. An Schaden seiender Klagepartei dadurch die von ihr geleisteten Zahlungen(Einlage und Agio, Kosten der Finanzierung) in Höhe von83.114,70 EUR sowie zuzüglich die Kosten der Forderungs-anmeldung entstanden.

Bei der Ausübung der Treuhandtätigkeit handele es sich umeine Tätigkeit, die sie in ihrer Funktion als Wirtschaftsprüferinausgeübt habe. Damit sei die Tätigkeit von dem versichertenRisiko einer Berufshaftpflicht für Wirtschaftsprüfer, wie siemit den Beklagten zu 2) bis 5) zum Zeitpunkt der Zeichnungbestand, erfasst. Die Beklagten zu 2) bis 5) seien daher ausdiesem Versicherungsverhältnis zur Deckung verpflichtet. EinRechtschutzbedürfnis für das vorweggenommene Deckungs-verfahren ergebe sich aus den Grundsätzen, die die Recht-sprechung aus dem Gesichtspunkt der Sozialbindung des

GIaktuell Nr. 4/August 2015124

Die Beteiligung erfolgte mittelbar über die Beklagte zu 1),welche damals als Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft firmierte. Die Beitrittserklärung enthält ein Ange-bot zum Abschluss des im Prospekt abgedruckten Treuhand-vertrages sowie den Auftrag und die Vollmacht an die Be-klagte zu 1), den Beitritt zur Fondsgesellschaft zu bewirken.

In § 3 des Gesellschaftsvertrages sind die Gesellschaftergenannt. Neben dem persönlich haftenden Gesellschaftersowie der Direktkommanditistin wird hier die Beklagte zu 1)genannt. § 3 Ziff. 5 Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass dieKommanditisten berechtigt sind, ihren Kapitalanteil zuerhöhen.

§ 7 Gesellschaftsvertrag regelt die Stellung der treuhände-risch beteiligten Gesellschafter.

„1. Der Treuhandkommanditist erwirbt, hält und verwaltetdie Gesellschaftsbeteiligungen treuhänderisch für die Treu-geber, mit denen er Treuhandverträge geschlossen hat. DerTreuhandkommanditist wird seine Gesellschaftsrechte imInteresse der Treugeber ausüben. Er wird dabei den Weisun-gen der Treugeber Folge leisten.

2. Im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander wer-den die Treugeber, für die der Treuhandkommanditist dieGesellschaftsbeteiligungen treuhänderisch hält, wie unmittel-bar beteiligte Gesellschafter behandelt. Dies gilt insbeson-dere für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, amGeschäftsergebnis, an einem Auseinandersetzungsguthaben,einem Liquidationserlös sowie für die Ausübung mitglied-schaftlicher Rechte.“

Die Rechte und Pflichten der Treuhänderin werden im Treu-handvertrag umfassend geregelt. Neben der Bewirkung desGesellschaftsbeitritts und der Wahrnehmung der gesell-schaftlichen Rechte durch die Treuhänderin ist diese zumAbschluss einer etwaigen Finanzierung der Beteiligungbeauftragt und bevollmächtigt.

Zweck der Gesellschaft ist gemäß § 2 Gesellschaftsvertragder Erwerb bzw. die Errichtung, der Betrieb, die Verwertung,die Verwaltung und die Vermietung von Wohn- und Gewer-beflächen. Die Gesellschaft kann zur Erreichung diesesZweckes auch Beteiligungen an anderen Gesellschaften er-werben. Dementsprechend investierte die Fondsgesellschaftausweislich des Prospektes in verschiedene Immobilien,welche in der Anlage zum Prospekt beschrieben sind. Nachdem Investitionsplan des Prospektes sollte von der Gesamt-investition in Höhe von 87.975.000 DM ein Betrag in Höhevon 30.272.000 DM in die Liquiditätsrücklage der Gesell-schaft fließen. Diese Liquiditätsrücklage wurde zu einemerheblichen Teil in Inhaberschuldverschreibungen der C&HBank AG angelegt.

Zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt hielt der Vor-standsvorsitzende der Fondsinitiatorin K. T. eine Aktienmehr-heit an der C&H Bank AG. Zugleich hat die C&H Bank AG alsSicherheit für die Inhaberschuldverschreibungen Darlehens-

Page 31: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Versicherungsverhältnisses gerade für die Situation abge-leitet habe, dass die Versicherungsnehmerin insolvent ist.

Die Klagepartei wendet sich gegen den Einwand der Beklag-ten zu 2) bis 5), die Beklagte zu 1) habe durch ihren Ge-schäftsführer, den Streithelfer P., die streitgegenständlichenPflichtverletzungen wissentlich begangen. Sie macht geltend,aus dem Klagevortrag ergebe sich lediglich eine fahrlässigePflichtverletzung.

Die Klage richtete sich zunächst gegen Rechtsanwältin P. alsInsolvenzverwalterin über das Vermögen der Beklagten zu 1).Darin begehrte die Klagepartei u.a. die Feststellung ihrerSchadenersatzforderungen zur Tabelle. Nach Einstellung desInsolvenzverfahrens beantragte die Klagepartei mit Schrift-satz vom 28.2.2012, „das Rubrum der Klageschrift vom21.12.2011 dahingehend umzustellen“, dass sich die Klagenunmehr gegen die B. Treuhandverwaltungs GmbH i.L. rich-tete und änderte die Klage in eine Zahlungs- und Feststel-lungsklage ab.

Mit Schriftsatz vom 7.9.2012 beantragte die Klagepartei,„das Rubrum der Klageschrift dahingehend zu ändern“, dasssich die Klage nunmehr gegen die jetzigen Beklagten zu 2)bis 5) richten sollte.

Mit Schriftsatz vom 18.9.2012 trat der Nebenintervenient P.dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten zu 2) bis 5) bei.

(Anträge: ...)

Die Beklagten berufen sich darauf, eine mögliche Haftungder Beklagten zu 1) beruhe auf dem Umstand, dass sie alsGründungskommanditistin Vertragspartnerin des jeweiligenAnlegers geworden sei. Die Tätigkeit als Gründungsgesell-schafterin einer Publikums KG gehöre nicht zu der Tätigkeiteines Wirtschaftsprüfers und sei nicht von der Berufshaft-pflichtversicherung umfasst. Weiter berufen sich die Beklag-ten auf den Ausschluss gemäß § 4 Nr. 4 und Nummer 6 derallgemeinen Versicherungsbedingungen.

Insbesondere machen die Beklagten geltend, Versicherungs-schutz bestehe nicht, da die Versicherungsnehmerin in derPerson ihres Geschäftsführers wissentlich gehandelt habe.Der Geschäftsführer P. habe sowohl die Angaben im Pros-pekt gekannt, als auch Kenntnis von den Einzelheiten derGeschäftsbeziehungen der Fondsgesellschaft mit der C&HBank AG gehabt, schließlich seien die Finanzierungen derBeteiligungen über die Treuhandkommanditistin abgewickeltworden. Auch der Umstand, dass K. T. als Vorstandsvorsit-zender der Fondsinitiatorin auch Eigentümer der C&H BankAG war, sei ihm bekannt gewesen. Er habe folglich positiveKenntnis davon gehabt, dass der Prospekt die Anleger nichtwahrheitsgemäß, sorgfältig und vollständig über alle Um-stände aufgeklärt hat, die für ihre Entscheidung über dieangebotene Beteiligung von wesentlicher Bedeutung waren.Weiter habe der Geschäftsführer P. durch die Vielzahl unter-schiedlicher Aktivitäten auch gegen die dem Beruf des Wirt-schaftsprüfers immanente Neutralitätspflicht verstoßen. •

GIaktuell Nr. 4/August 2015 125

Aus den Gründen:Die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist zurückgenommen.

Die Klage gegen die Beklagten zu 2) bis 5) ist unbegründet,so dass die Entscheidung über ihre Zulässigkeit dahinstehenkann.

I. Es ist fraglich, ob die Klage gegen die Beklagten zu 2) bis5) zulässig ist und die Klagepartei das erforderliche Rechts-schutzinteresse für die vorweggenommene Deckungsklagehat.

Ein solches Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1ZPO besteht, wenn wegen Untätigkeit des Versicherungs-nehmers oder, wie hier, wegen dessen Insolvenz, die Gefahrbesteht, dass dem Haftpflichtgläubiger der Deckungsanspruchals Befriedigungsobjekt verloren geht. Hergeleitet wird dasrechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung des Deckungs-schutzes aus dem Gesichtspunkt der Sozialbindung der Haft-pflichtversicherung (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2000 – IV ZR223/99, NJW-RR 2001, 316; KG Berlin, Urt. v. 17.1.2006 –6 U 275/04, VersR 2007, 349).

Jedoch ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Klage-partei ihre Klage gegen die Beklagte zu 1) mit Schriftsatzvom 7.9.2012 zurückgenommen hatte, verbunden mit einerneuen Klageerhebung gegen die ehemals vier Nebeninter-venientinnen, nunmehr Beklagten zu 2) bis 5).

Dies ergibt sich durch Auslegung dieses Schriftsatzes.Dort führt die Klagepartei aus, dass grundsätzlich zunächstein Haftpflichtprozess und erst nach dessen Abschluss einDeckungsprozess gegen die hinter dem ursprünglichenSchuldner stehende Haftpflichtversicherung zu führen sei.Ausnahmsweise bestehe vor der Klärung der Haftpflichtfrageein rechtliches Interesse an einer Feststellungsklage gegenden Versicherer. Sodann kommt die Klagepartei zu folgen-dem Schluss:

„Die Klägerseite kann daher – entgegen dem sonstigenTrennungsprinzip – den späteren Deckungsprozess vorweg-nehmen und ihre hiesige Klage nach Löschung der Beklagtenaus dem Handelsregister statt gegen die Beklagte nunmehrunmittelbar gegen die Haftpflichtversicherung – hier dieNebenintervenientinnen richten“. Sie führt weiter aus:„Die hiesige Haftpflichtversicherung = Versicherungsstelle W.verweigert gegenüber der Beklagten ihre Eintrittspflicht. EineKlageumstellung ist folglich nach der vorgenannten Recht-sprechung des BGH zulässig. Insofern beantragen wir, dasRubrum der Klageschrift dahingehend zu ändern, dass sichdie Klage nunmehr gegen die

1. A. Versicherungs AG (Nebenintervenientin zu 1)2. ... Versicherungs AG (= Nebenintervenientin zu 2)3. ... Versicherungs AG (Nebenintervenientin zu 3)4. ... Allgemeine Versicherung AG (Nebenintervenientin zu 4),

vertreten durch die Versicherungsstelle für das wirtschaft-liche Prüfungs- und Treuhandwesen ... richten soll“.

Page 32: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Diese vorgenannten Ausführungen sind allein dahingehendauslegungsfähig, dass anstelle der bisherigen Beklagten, derBeklagten zu 1), sich die Klage gegen die nunmehrigenBeklagten zu 2) bis 5) richten soll. Dem steht nicht entgegen,dass die Klagepartei eine Rubrumsänderung beantragte.Denn auch bei dem Parteiwechsel von der Insolvenzverwal-terin P. auf die Beklagte zu 1) beantragte die Klageparteieine Rubrumsänderung (Schriftsatz v. 28.2.2012), obwohlzweifellos die Beklagte zu 1) anstelle der Insolvenzverwal-terin P. in den Rechtstreit eintreten sollte.

Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass die Klage-partei in den nachfolgenden Anträgen in den Anträgen Ziff. 1und 2 weiterhin die Verurteilung der Beklagten (Anm. Singu-lar) begehrt und nur hilfsweise die Verurteilung der Neben-intervenientinnen. Denn die Formulierungen stimmen nichtmit dem übrigen Vortrag überein.

Da die Klagerücknahme als Prozesshandlung nicht wider-rufen werden kann, dringt die Klagepartei mit ihren späterenErklärungen, es handele sich um eine Klageerweiterung bzw.der Rechtstreite werde im Hinblick auf die Beklagte zu 1) fürerledigt erklärt, nicht durch.

Damit offenbarte sie, dass sie ihre behaupteten Ansprücheauf Schadenersatz gegen die Beklagte zu 1) und damitgegen den versicherten Schädiger nicht mehr geltend macht.Die Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen gegen denVersicherungsnehmer ist jedoch Voraussetzung für die Ver-pflichtung der Versicherung und damit der Beklagten zu 2)bis 5) Deckung zu gewähren. Ohne die Geltendmachung vonHaftpflichtansprüchen besteht daher auch kein Rechtsschutz-interesse im Deckungsprozess.

II. Die Klage ist unbegründet.

Die Klagepartei hat keinen aus dem Versicherungsvertrag mitder Beklagten zu 1) abgeleiteten Anspruch auf Feststellungder Deckungsverpflichtung gegen die Beklagten zu 2) bis 5).

1. Bei dem durch die Pflichtverletzung durch die Versiche-rungsnehmerin verursachten Schaden handelt es sich nichtum ein durch die Beklagten zu 2) bis 5) versichertes Risiko.

a) Zum Zeitpunkt des Beitritts der Klagepartei bestand zwi-schen der P. Treuhand GmbH und den Beklagten zu 2) bis5), vertreten durch die Versicherungsstelle W1., eine Haft-pflichtversicherung für Vermögensschäden aus der Berufs-tätigkeit. Der Umfang des Versicherungsschutzes wird durchdie Risikobeschreibung zur Vermögensschadenhaftpflicht-versicherung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüferbeschrieben. Danach umfasst der Versicherungsschutz dieErledigung der beruflichen Aufgaben eines Wirtschaftsprü-fers oder vereidigten Buchprüfers gemäß §§ 2, 43 Abs. 4Ziff. 1 und 4, 129 WPO. In I. Ziff. 4. wird die treuhänderischeVerwaltung, zum Beispiel die Tätigkeit als gesetzlicher undrechtsgeschäftlicher Treuhänder, aufgeführt.

Bei der treuhänderischen Verwaltung von Gesellschafts-anteilen handelt es sich zunächst um eine Tätigkeit, die vom

GIaktuell Nr. 4/August 2015126

Berufsbild des Wirtschaftsprüfers umfasst ist. So führt § 2Abs. 3 Nr. 3 WPO in der Fassung vom 15.7.1994 ausdrück-lich die treuhänderische Verwaltung, wie sie auch in denVersicherungsbedingungen genannt ist, auf. Allgemein giltim Rahmen der Berufsträgerhaftung für Wirtschaftsprüfer,Steuerberater oder Rechtsanwälte, dass die Tätigkeit desjeweiligen Berufsträgers, der als solcher nach außen auf-getreten ist, insgesamt der jeweiligen Berufsträgerhaftungunterfällt, auch wenn sie nicht dem Kernbereich der Tätigkeitdes Berufsträgers unterfällt und auch von den Angehörigenanderer Berufsgruppen ausgeübt werden könnte. So unter-fällt eine steuerberatende Tätigkeit des Wirtschaftsprüfersder Wirtschaftsprüferhaftung und nicht etwa den abwei-chenden Regeln der Steuerberaterhaftung (vgl. BGH, Urt. v.6.11.1980 – VII ZR 237/79, BGHZ 78, 335).

b) Nicht vom Versicherungsschutz erfasst sind dagegenunternehmerische Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin.Eine solche unternehmerische Tätigkeit ist die Funktion einerGründungskommanditistin im Rahmen einer Publikums KG.Die spezifischen Aufklärungspflichten, die eine Gründungs-kommanditistin gegenüber beitretenden Anlegern treffen,sind daher nicht von einer etwaigen Deckungspflicht derBeklagten aus der Berufshaftpflichtversicherung umfasst.Jedenfalls wenn die mittelbaren Kommanditisten im Gesell-schaftsvertrag den Direktkommanditisten weitgehend gleich-gestellt sind, resultieren Aufklärungspflichten über dasAnlageobjekt, welche die Rechtsprechung bei der Publikums-gesellschaft für den Kreis der Gründungsgesellschafter ent-wickelt hat, aus dem Gesellschaftsverhältnis.

In den einschlägigen Entscheidungen des BGH zur Haftungeiner Treuhandkommanditistin gegenüber beitretendenAnlegern zu einer Publikums-KG wird meist nicht klar zwi-schen der Haftung als Treuhänderin und der Haftung alsGründungskommanditistin unterschieden.

Einleitend zur Haftungsfrage wird vielmehr unscharf daraufabgestellt, dass die jeweilige Haftungsschuldnerin sowohlTreuhandkommanditistin als auch Gründungsgesellschafterinist (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.1982 – VIII ZR 181, 81, BGHZ 84,141, 143 ff.; BGH, Urt. v. 1.6.1994 – VIII ZR 36/93, BGHZ126, 166, 169 ff.; BGH, Urt. v. 17.12.2009 – III ZR 62/08;BGH, Urt. v. 15.7.2010 – III ZR 322/08).

Die Analyse der für den Haftungsprozess behaupteten undhier zu unterstellenden Pflichtverletzungen ergibt jedoch,dass es sich um Pflichten handelt, die primär aus der gesell-schaftsrechtlichen Sonderbeziehung resultieren. Zwar habendie Anleger mit ihrer Beitrittserklärung ausdrücklich einenTreuhandvertrag und nicht einen Gesellschaftsvertrag abge-schlossen. Dieser enthält jedoch den Auftrag und die Voll-macht an die Treuhänderin, den Beitritt als Gesellschafter zubewirken.

In § 3 des Gesellschaftsvertrages und in den folgenden Ein-zelbestimmungen werden die Treugeber den Direktgesell-schaftern gleich gestellt. Für den Anleger stellt sich die Zeich-nung des Treuhandvertrages daher zugleich und im Schwer-punkt als Beitritt zur Gesellschaft dar. Bei dieser vertraglichen

Page 33: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Konstellation ist zwingende Voraussetzung, dass die Treu-händerin zugleich Treuhandkommanditistin und damitGesellschafterin der Fondsgesellschaft ist.

Dies gilt für alle denkbaren Konstellationen, etwa dass dieTreuhänderin bereits Gründungsgesellschafterin ist, dass siedie Kommanditistenstellung im Wege der Sonderrechts-nachfolge von den Gründungsgesellschaftern erworben hatoder dass ihr Beitritt mit der Aufnahme des ersten Treu-gebers wirksam wird. Stets setzt das Modell der mittelbarenBeteiligung an einer Publikums KG voraus, dass dieTreuhänderin selbst gesellschaftsrechtlich beteiligt ist.

Aus dem weiteren Gesichtspunkt, dass haftungsrechtlicheSonderbeziehungen nach der Rechtsprechung des BGH trotzlediglich mittelbarer Beteiligung auch zu den übrigen (Grün-dungs)-Gesellschaftern bestehen, lässt sich ableiten, dass dieAufklärungspflichten in erster Linie aus dem Gesellschafts-verhältnis resultieren. Denn jedenfalls dann, wenn die Treu-geber im Gesellschaftsvertrag Direktkommanditisten weit-gehend gleichgestellt sind, sind die Gründungsgesellschafterwie die Treuhandkommanditistin aus dem Gesellschaftsver-trag dem beitretenden mittelbaren Kommanditisten gegen-über zur Aufklärung über alle für das Anlagemodell wesent-lichen Umstände verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.2012 –II ZR 211/09, NJW-RR 2012, 937; BGH, Urt. v. 11.10.2011 –II ZR 242/09, WM 2011, 2327).

Folgerichtig hat der BGH in der Entscheidung vom 14.5.2012– II ZR 69/12, NJW-RR 2012, 1316, betont, dass in einemgegen die Beklagte zu 1) gerichteten Verfahren dieserSchadenersatz nicht aus einem Vertragsverhältnis zwischendieser und dem Anleger wegen einer Verletzung derPflichten aus dem Treuhand vertrag, sondern wegenunzureichender Aufklärung als Gründungsgesellschafterin imZusammenhang mit dem Beitritt resultiert.

Dementsprechend hat der BGH die berufsspezifischen Verjäh-rungsvorschriften für Wirtschaftsprüfer auf diese Konstella-tion nicht angewendet. Weiter verdeutlicht wird die Annah-me, dass der Haftungsgrund aus der gesellschaftsrechtlichenSonderbeziehung resultiert, in der Entscheidung des BGHvom 7.7.2003 – II ZR 18/01, NJW-RR 2003, 1351:

Die Klage hatte drei geschlossene Immobilienfonds zumGegenstand und richtete sich unter anderem gegen die Treu-händerin. Diese war nur in einer der drei Fondsgesellschaftenals Treuhandkommanditistin eingesetzt und dementspre-chend als Gesellschafterin beteiligt. Nur für diese Konstella-tion hat der BGH eine Haftung wegen Aufklärungspflicht-verletzung über den Beteiligungsgegenstand bejaht, in derSituation eines Treuhandvertrages ohne gesellschaftlicheBeteiligung der Treuhänderin, hat er dies abgelehnt.

Der Haftungsgrund kann daher nicht von der gesellschafts-rechtlichen Funktion getrennt werden. Zwar sind durchausPflichtverletzungen aus dem Treuhandverhältnis, etwa beiVerletzung der im Treuhandvertrag geregelten weiterenAufgaben der Treuhänderin bei der Bewirkung des Beitritts,der Verwaltung der Beteiligung oder dem Abschluss einer

GIaktuell Nr. 4/August 2015 127

Finanzierung denkbar, die von den Beklagten versichert sind.Die Haftungsansprüche, die der streitgegenständlichen vor-weggenommenen Deckungsklage zugrunde liegen, beruhenjedoch auf der Stellung der Versicherungsnehmerin als Kom-manditistin und damit auf nichtversicherter unternehmeri-scher Tätigkeit außerhalb des beruflichen Pflichtenkreiseseines Wirtschaftsprüfers, so dass die hierauf gestützte vor-weggenommene Deckungsklage keinen Erfolg hat.

2. Überdies ist zu beachten, dass die Deckungsklage selbst,soweit Pflichten aus dem Treuhandvertrag verletzt wären,jedenfalls wegen Rechtsmissbräuchlichkeit unbegründetwäre.

Denn im Haftungsprozess würde offensichtlich die Verjäh-rung gemäß § 51a WPO a. F. durchgreifen, so dass der Haf-tungsprozess keinerlei Aussicht auf Erfolg hätte. Die Beklag-ten 2) bis 5) haben bereits im Deckungsprozess deutlichgemacht, dass, soweit Pflichten aus dem Treuhandvertragbetroffen sind, jedenfalls § 51a WPO a.F. eingreift. Dahersteht bereits a priori fest, dass die Klagepartei mit einerHaftungsklage scheitern wird.

Somit erweist sich die Deckungsklage als – rechtsmiss-bräuchliche – nutzlose Rechtsausübung. (...) •

GI Literaturhinweise

Steuerberatungsgesetz

Dieser Standardkommentar ist insbesondere für Steuer-berater bestimmt, die sich über berufliche Rechte undPflichten oder auch die Entwicklung im Berufsrecht unter-richten möchten.

Die Neuauflage berücksichtigt die vielfältigen Ergänzungen,die das Berufsrecht seit Erscheinen der 6. Auflage erfahrenhat. Die wichtigsten Änderungen des Steuerberatungs-gesetzes sind erfolgt durch:

– das Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaftmit beschränkter Berufshaftung sowie das Kroatien-anpassungsgesetz. Beide Gesetze enthalten Regelungen zurBerufshaftung und erweitern das Bußgeldverfahren wg.unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen

– das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und An-erkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationenfasst die Anforderungen für eine Anerkennung der Berufs-qualifikationen von Bewerbern aus Mitgliedsstaaten der EUgenauer

– das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- undBeratungshilferechts führt die Pflicht zur Übernahme derBeratungshilfe auch für Steuerberater ein

Page 34: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Die Neuauflage bringt das Werk auf den aktuellen Standin Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur.

Exemplarisch sind zu nennen:• mit dem neuen Patientenrechtegesetz und zahlreichenneuen Entscheidungen des BGH zur Arzthaftung • die neueRechtsprechung des BGH zum (fehlenden) Mitverschuldenbeim Nichttragen eines Fahrradhelms • die Fortentwicklungder Grundsätze des BGH zur 130%-Grenze beim VerhältnisReparaturkosten/Wiederbeschaffungsaufwand • die Verjäh-rung des Regressanspruchs und der Regress wegen Hartz IV-Leistungen • die Neufassung der §§ 31a, 31b BGB (Haftungvon Organmitgliedern/Vereinsmitgliedern) sowie • die aktu-ellen Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur zuraktuellen Thematik der Verwertbarkeit von selbstgefertigtenVideoaufnahmen während eines Unfalls (sog. Dash-Cams),• die geänderte Fassung der EuGVVO im europäischenHaftpflichtprozess.

Der Band wendet sich an Rechtsanwälte, Haftpflicht-versicherungen.

Geigel, Der Haftpflichtprozess, Verlag C.H.BECK, 27., völlig neu-bearbeitete Auflage 2015, XLIII, 1996 Seiten, in Leinen 149 €,ISBN 978-3-406-66606-3

GI Literatur-Ecke

Breitkreuz: Die Haftung des Betreuers nach geschei-terter freiwilliger Krankenversicherung – wie normativdarf ein Schaden sein, Sgb 2015, 316

Fischer: Die Rechtsprechung des BGH zur Rechts-beraterhaftung in den Jahren 2013 bis 2014, VersR2015, 521

Gaier/Wolf/Göcken: Anwaltliches Berufsrecht,WM 2015, 952

Hippeli: Rechtsanwaltshaftung bei treuhänderischerGeldanlage im Rahmen eines Einlagegeschäfts ohneKWG-Erlaubnis, jurisPR-HaGesR 5/2015 Anm. 6

Jüdt: Vergleichsreue vs. Anwaltshaftung, FuR 2015, 193

Theiselmann/Verhoeven: „Krisenmandat“ und Haftungdes Steuerberaters in der insolvenznahen Beratung,GmbH-StB 2015, 142

Therstappen: Haftung des Anwalts für Fehler desGerichts?, AnwBl 2015, 520

Wittmann: Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweis-last in Bezug auf den Ausschlussgrund der Wissent-lichen Pflichtverletzung, EWiR 2015, 187

In die Durchführungsverordnung wurden neue Regelungenzur Prüfungszulassung von Steuerberatern aus EU-Mitglieds-staaten, zu den Aufbewahrungsfristen und zu den Partner-schaftsgesellschaften aufgenommen.

Ferner ist die grundlegende Novellierung der Berufsordnungder Bundessteuerberaterkammer enthalten.

Daneben ist die umfangreiche Rechtsprechung aufgearbeitetworden, schwerpunktmäßig zu den Regelungsbereichen dergewerblichen Tätigkeit mit der seit dem 8. StBerÄndG be-stehenden Ausnahmeregelung, zum Syndikussteuerberaterund die durch die EU-Dienstleistungsrichtlinie neu zu beurtei-lende Werbung.

Beck’sche Steuerkommentare – Günter Koslowski/Dr. Horst Gehre,Steuerberatungsgesetz, Verlag C.H.BECK, 7. Auflage 2015, XVII,500 Seiten, in Leinen 99 €, ISBN 978-3-406-67940-7

Die Selbstanzeige im Steuerstrafverfahren

Durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung unddes Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung sind mit Wir-kung ab 1.1.2015 die Voraussetzungen, unter denen beiSteuerhinterziehung eine steuerbefreiende Selbstanzeigemöglich ist, weiter verschärft worden. Die strafbefreiendeSelbstanzeige ist ein sehr komplexer Vorgang, neben Steuer-nachzahlungen und Hinterziehungszinsen können auchGeldstrafen bzw. Freiheitsstrafen drohen. Zur Vermeidunghaftungsrechtlicher Risiken muss der steuerliche Berater sehrgenau über diese Rechtslage informiert sein.

Passend zur Änderung der Gesetzeslage erscheint nun die2. Auflage des Buches von J.R. Müller, Die Selbstanzeige imSteuerstrafverfahren. Neben den Berichtigungstatbeständenwerden die Aulöser von strafrechtlichen Ermittlungen unddie Beratungserwägungen zur Erstattung einer Selbstanzeigebehandelt. In einem ausführlichen Kapitel wird detailliert aufdie Berichtigung nach § 371 Abs. 1–3 AO eingegangen.

Dieses Praktikerhandbuch zur umfassenden Selbstanzeige-beratung richtet sich insbesondere an Steuerberater, Wirt-schaftsprüfer, steuerberatende Änwälte und Strafverteidiger.

J.R. Müller, Die Selbstanzeige im Steuerstrafverfahren, Praxis –Beratung – Gestaltung. Von RA, FA Strafrecht und FA SteuerrechtJürgen R. Müller, 2. Auflage 2015, 469 Seiten, DIN A5, brosch.49,80 €, ISBN 978-3-504-16564-2

Der Haftpflichtprozess

Der „Geigel“ ist seit Jahrzehnten das Standardwerk zumHaftpflichtrecht. Die Kombination von prozessualen undmateriell-rechtlichen Aspekten macht dieses Buch für denPraktiker wertvoll.

GIaktuell Nr. 4/August 2015128

Page 35: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Musterknabe

Wurm/Wagner/Zartmann Das Rechts-formularbuch Koordiniert von RA Dr.Bertolt Götte und Notar Dr. ChristophDorsel. Bearbeitet von 25 hervorragendenAutoren aus der Beratungspraxis. 17.,neu bearbeitete Auflage 2015, rd. 2.500Seiten Lexikonformat, gbd., inkl. CD,159,– €. Erscheint im September.ISBN 978-3-504-07023-6

Wenn Anwälte und Notare Gestaltungsaufgaben lösen, greifen sie zum Rechtsformularbuch. Da gerade das weit überden Inhalt eines herkömmlichen Formularbuchs hinausgeht. Weil herausragende Praktiker Ihnen auch die nötigen Kennt-nisse für den optimalen Einsatz der Muster vermitteln.

Das heißt: über 1.000 Muster und Formulare – auch auf CD –, die das gesamte materielle Zivilrecht abdecken. Mit ein-führenden Erläuterungen, vielen Beispielen, Praxistipps und Checklisten. Mit steuerlichen Hinweisen und Anmerkungenzum Kostenrecht. Rundum auf neuestem Stand. Wie etwa zum Thema Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Be-rufshaftung und allen aktuellen Mietrechtsänderungen – um nur zwei Beispiele zu nennen. Kurzum: ein renommiertesWerk, das von Auflage zu Auflage den modernen Bedürfnissen seiner Nutzer weiter angepasst wird.

Das Rechtsformularbuch. Jetzt Probe lesen und den Musterknaben gleich bestellen bei www.otto-schmidt.de/rfb17

NEU

Page 36: GIaktuell - HDI DE · scheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.3.2013, a.a.O., m.w.N.). a) Zu dendanach bestehenden vertraglichen Pflichten eines

Bitte senden Sie Ihre Anfragen zu folgenden Themen an dieoben stehende Fax-Nummer: Adressänderungen · Nach-bestellung von einzelnen GI-Heften · Anforderung einzelnerGI-Urteile (bitte Jahrgang und Seitenzahl angeben).

Worauf Sie sich verlassen können:HDI steht für umfassende Versicherungs- und Vorsorge-lösungen, abgestimmt auf die Bedürfnisse unserer Kundenaus Industrie, mittelständischen Unternehmen, den FreienBerufen und Privathaushalten.

Was uns auszeichnet, sind zukunftsorientierte, effizienteProduktkonzepte mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnissowie ein exzellenter Service. Die HDI Versicherung AGbietet ein breites Leistungsspektrum, das alle Bereiche derSach-, Unfall- und Kraftfahrtversicherung abdeckt: Es reichtvon unserem innovativen Compact-Versicherungsschutz fürFirmen über unsere leistungsfähigen Berufshaftpflichtver-sicherungen für die Freien Berufe bis hin zu anspruchsvollenLösungen für den Privathaushalt.

HDI gehört zum Talanx-Konzern, der nach Beitragseinnahmendrittgrößten deutschen Versicherungsgruppe.

Service-Fax

(0511) 645 111 3661

ImpressumGI Informationen für wirtschaftsprüfende,rechts- und steuerberatende Berufe · ISSN 2199-5478

HerausgeberHDI Versicherung AG, Nicole Gustiné, Produktmarketing SachHDI-Platz 1, 30659 Hannover, Fax: (0511) 645 111 3661E-Mail: [email protected]

RedaktionDr. Jürgen Gräfe, Rechtsanwalt, Fachanwalt für SteuerrechtFachanwalt für VersicherungsrechtRafael Meixner, Rechtsanwalt, HDI-Gerling (verantwortlich für den Inhalt)

Erscheinungsweise6-mal im Jahr, jeweils am 10. des Monats

VerlagVerlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln

AbonnementserviceFax: (0511) 645 111 3661

Layout und SatzType Connection, Lechenicher Str. 29, 50374 Erftstadt

Druckrewi druckhaus, Reiner Winters GmbH, Wiesenstr. 11, 57537 Wissen

Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Postfach 511026, 50946 KölnPostvertriebsstück G 31191, Entgelt bezahlt

BEIM BERATEN GUTBERATEN ZU SEIN.Unsere Versicherungs- undVorsorgeprodukte für Anwälte,Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.

ILFT

www.hdi.de/freieberufe

Als einer der erfahrensten Vermögens-schaden-Haftpflichtversicherer setzt HDIMaßstäbe bei der Entwicklung passenderVersicherungslösungen.

Jetzt

diene

ueste

Ausgab

e lesen

!

www.hdi.d

e/gise

rvice