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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschränkter Einwilligungsfähigkeit Assistierte Entscheidungen können einen Beitrag dazu leisten, die Selbstbestimmungs- rechte von Menschen mit Demenz, resp. bei eingeschränkter Einwilligungsfähigkeit, zu stützen. T. Klie, J. Vollmann und J. Pantel behandeln das Thema als interdisziplinäre Herausforderung aus ethischer, rechtlicher und medizinischer Sicht. J. Haberstroh und F. Oswald behandeln die Unterstützung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung. P. Winterstein und K. Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis. ISSN 1614-3566 A 20690E Heft 04, Juli / August 2014 41. Jahrgang Herausgeber: Deutsches Zentrum für Altersfragen 04 informationsdienst altersfragen

Heft 04, Juli / August 2014 - Startseite - DZA · mit der Diagnose Demenz: eine prognostische Auseinandersetzung antizipierbarer Ent - scheidungen für diejenigen Personen, die die

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Informationsdienst Altersfragen 41 (4) 2014

Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

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Inhalt

Inhalt

Editorial

3 Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsshyfaumlhigkeit Cornelia Au und Doris Sowarka

Aus der Altersforschung

5 Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausshyforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

16 Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

25 Kurzinformationen aus der Altersshyforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

27 Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

34 Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entshyscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen VertretungKlaus Lachwitz

40 Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen

Impressum

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr AltersfragenManfred-von-Richthofen-Straszlige 212101 BerlinTelefon (030) 260 74 00 Fax (030) 785 43 50

DZA im Internet wwwdzade

Presserechtlich verantwortlich Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer

Redaktion Cornelia Au und Dr Doris Sowarkaida dzade

Gestaltung und Satz Mathias Knigge (grauwert Hamburg) Kai Dieterich (morgen Berlin)

Druck Fatamorgana Verlag Berlin

Der Informationsdienst erscheint zwei-monatlich Bestellungen sind nur im Jahres-abonnement moumlglich Jahresbezugspreis 25ndash EURO einschlieszliglich Versandkosten Kuumlndigung mit vierteljaumlhrlicher Frist zum Ende des Kalenderjahres Bezug durch das DZA Der Abdruck von Artikeln Grafiken oder Auszuumlgen ist bei Nennung der Quelle erlaubt Das DZA wird institutionell gefoumlrdert vom Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend

ISSN 1614-3566

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Editorial

Editorial

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit

Cornelia Au und Doris Sowarka

Die unveraumluszligerliche Wuumlrde des Menschen zu achten und bdquohellip jeden anderen in Freiheit entscheiden und handeln zu lassen ist die oberste Maxime des Menschen im Verhaumlltshynis zu seinesgleichen Sie gilt auch fuumlr den Umgang mit den Demenzbetroffenen und fuumlr die Gestaltung ihres Lebensldquo 1

In dieser Ausgabe greifen wir ein Thema auf das fuumlr die Unterstuumltzungsbeduumlrftigkeit im Lebenszusammenhang jedes Einzelnen in der Gesellschaft fuumlr unterschiedliche Lebens-phasen und die gesellschaftliche Solidaritaumlt groszlige Bedeutung hat Dies wird in der Stel-lungnahme des Deutschen Ethikrats (2012) zum Thema Demenz und Selbstbestimmung sehr deutlich Hier muumlnden unterschiedliche Argumente zum Vorrang der Achtung der Selbstbestimmung des Einzelnen (ebd S 46 ff) auch im Fall von Demenz in die ethische Maxime bdquodem Mitmenschen nach besten Kraumlften zu dem zu verhelfen was jeder fuumlr sich selbst beanspruchtldquo (ebd S 49) In seiner Reichweite umfasst diese ethische Verpflichtung sowohl bdquodie Hilflosig-keit am Lebensanfang die Schwaumlchen am Lebensende und die zahllosen Formen von Krankheit und Notldquo (ebd S 49) Die Ach-tung der Selbstbestimmung schlieszligt die Be-muumlhung ein bdquosie zu stuumltzen zu foumlrdern oder wiederherzustellenldquo (ebd S 49) Diesem Bemuumlhen sind jedoch Grenzen gesetzt bdquoan-gefangen beim Vorrang der jeweils eigenen Selbstbestimmung bis hin zu den beschraumlnk-ten natuumlrlichen gesellschaftlichen und indi-viduellen Kraumlftenldquo hellip und der fehlenden bdquoKenntnis uumlber die Lage und Verfassung eines anderenldquo (ebd S 49)

Der Deutsche Ethikrat (2012) konstatiert dass das ethische Gebot der Wahrung und Foumlrderung der Selbstbestimmungsmoumlglichshykeiten von Menschen mit Demenz sowohl die Pflege und Betreuung als auch die Ge-sellschaft insgesamt vor groszlige Herausforde-

rungen stellt Die ethische Maxime ist so-wohl in der UN-Konvention uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen die einen geeigneten Rahmen biete die Selbstbe-stimmungsrechte von Menschen mit Demenz in allen Bereichen zu respektieren und zu staumlrken als auch in weiteren Festlegungen des Deutschen Rechts verankert (ebd)

In der Praxis ist die Selbstbestimmung auf-grund einer eventuell eingeschraumlnkten Einwilligungsfaumlhigkeit bei z B psychischen Stoumlrungen resp dem Vorliegen einer De-menz oftmals problematisch und betrifft viele Lebensbereiche von der Zwangsunter-bringung und oder -behandlung uumlber die Anwendung freiheitsentziehender Maszlignah-men und anderes mehrHaumlufig kommen dann Regelungen uumlber Dritte (Angehoumlrige Betreuer benannte Vertrauens-personen Betreuungsgericht hellip) in Stellver-treterfunktion zur AnwendungIn diesen Kontexten koumlnnen assistierte Ent-scheidungen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Demenz resp anderer Menschen mit eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen und wahren indem die Stellver-tretungsfunktion Dritter zugunsten einer Assistenzfunktion verschoben wird

Das Heft widmet sich in vier Beitraumlgen mit jeweiliger fachlicher Perspektive dem Thema assistierter Entscheidungen Sie entstanden im Rahmen des Forschungsprojekts EmMa das von der VolkswagenStiftung (Projekt-leitung Julia Haberstroh) gefoumlrdert wird und in Kooperation mit Johannes Pantel Frank Oswald und Thomas Klie durchgefuumlhrt wird Jochen Vollmann Klaus Lachwitz und Peter Winterstein sind Mitglieder des interdiszipli-naumlren Projektbeirats Die Beitraumlge koumlnnten eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theoreti-

1 Ethikrat 2012 (Hrsg) Demenz und Selbst-bestimmung Stellung-nahme Berlin S 53 zit in Anlehnung an Helmchen H Kanowski S Lauter H (2006) Ethik in der Altersmedizin Stuttgart

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Editorial

scher und praktischer Loumlsungsansaumltze fuumlr die Selbstbestimmungsrechte bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit dienen kann

Thomas Klie Jochen Vollmann und Johannes Pantel geben in ihrem Artikel bdquoAutonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr For-schung Politik und klinische Praxisldquo einen Uumlberblick uumlber ihre wissenschaftlichen Uumlber-legungen und Erkenntnisse bezuumlglich der Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung und Einwilli-gungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz aus jeweils ethischer rechtlicher und medizi-nischer Perspektive Der Ausgangspunkt ihrer Uumlberlegungen ist dass allein von der medizinischen Diagnose einer Demenz nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann Entscheidend sei ob der aktuelle psy-chopathologische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilligungs-faumlhigkeit fuumlr eine konkret anstehende Ent-scheidung beeintraumlchtige was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen sei Aus der Zusammen-schau der unterschiedlichen Disziplinen be-duumlrfe es fuumlr die schwierigen Entscheidungen im Einzelfall der Entwicklung von Instrumen-ten fuumlr die Einschaumltzung der Einwilligungs-faumlhigkeit und eine Verankerung von Prozedu-ren im klinischen Alltag die eine prozess-orientierte Betrachtung der jeweils zu tref-fenden Entscheidung unterstuumltzen Auch fuumlr den Patienten stellten sich Anforderungen mit der Diagnose Demenz eine prognostische Auseinandersetzung antizipierbarer Ent-scheidungen fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen sowie eine Oumlffnung fuumlr ein Verstaumlnd-nis von Autonomie das nicht mit Autarkie zu verwechseln sei

Julia Haberstroh und Frank Oswald ordnen in ihrem Beitrag bdquoUnterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passungldquo den Informed-consent-Prozess in Modelle der oumlkologi-schen Gerontologie ein Den Informed- consent-Prozess sehen sie als kontextab-haumlngiges kommunikatives Aushandlungs-

geschehen das durch ressourcenorientierte Kontextbedingungen (personale soziale und raumlumlich-dingliche) positiv unterstuumltzt werden kann Gestuumltzt auf verschiedene Modelle der oumlkologischen Gerontologie ge-hen die Autoren davon aus dass ein erfolg-reicher Informed-Consent Prozess bei Men-schen mit Demenz durch Herstellung bzw Verbesserung der Person-Umwelt Passung moumlglich ist Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkologischen Perspek-tive werden abgeleitet Eine Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze wird derzeit im Rahmen des Projekts EmMa durchgefuumlhrt

Peter Winterstein und Klaus Lachwitz geben einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskus-sionen insbesondere in die Kontroverse ob das deutsche Betreuungsrecht mit den Anforderungen der UN-Behindertenrechts-konvention vereinbar ist

Peter Winterstein behandelt aus rechtspoli-tischer Betrachtung das Thema bdquoWelche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erfor-derlichldquo Klaus Lachwitz eroumlrtert Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment) des UN-Ausschus-ses uumlber die Rechte von Menschen mit Be-hinderungen zu Art 12 BRK (Gleiche Aner-kennung vor dem Recht) Die Ausfuumlhrungen werden unter dem Thema zusammengefasst bdquoDas Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Ent-scheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlig-nahmen der rechtlichen VertretungldquoEndnoten

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In Deutschland sind derzeit ca 15 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen Auf-grund des demografischen Wandels wird ge-schaumltzt dass sich diese Zahl in den kommen-den Dekaden noch verdoppeln wird Nicht nur aufgrund ihrer Grunderkrankung sondern auch wegen ihrer Hochaltrigkeit und der damit einhergehenden Multimorbiditaumlt sind Menschen mit Demenz bereits heute und in zunehmenden Maszlige auch in der Zukunft auf eine menschenwuumlrdige medizinische und pflegerische Betreuung angewiesen Aufgrund der mit einer Demenz assoziierten kognitiven und psychopathologischen Stoumlrungen ist davon auszugehen dass viele ndash jedoch keinesfalls alle ndash der Betroffenen krankheitsbedingt in ihrer Faumlhigkeit zur Selbst-bestimmung und damit auch in ihrer Einwil-ligungsfaumlhigkeit eingeschraumlnkt sind Hieraus ergibt sich eine Reihe von ethischen und rechtlichen Problemstellungen die in ihrer Tragweite tief in die klinische und pflegeri-sche Alltagspraxis eingreifen in der einschlauml-gigen Literatur bislang jedoch nur wenig be-handelt werden Mit dem Ziel eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog zu schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theo-retischer und praktischer Loumlsungsansaumltze dienen kann soll daher das Thema bdquoAutono-mie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenzldquo in den folgenden Beitraumlgen aus ethischer (J Vollmann verantwortl Autor) rechtlicher (T Klie verantwortl Autor) und medizini-scher (J Pantel verantwortlicher Autor) Pers-pektive beleuchtet werden

Ethische Perspektive

Die Aufklaumlrung und Einwilligung des Patienten vor medizinischen Eingriffen durch den Arzt gilt heute als medizinethischer und recht-licher Standard in der Medizin der nicht zu-letzt durch das Patientenrechtegesetz von 2013 mit Einfuumlhrung der sectsect 630d und 630e

BGB eine Staumlrkung erfahren hat Auch im Kontext von medizinischer Forschung kommt dem sog Informed Consent eine grund legende ethische Bedeutung zu Vor je-dem medizinischen Eingriff und jeder Teil-nahme an medizinischer Forschung muss der Patient bzw Proband demnach grund-saumltzlich seine ausdruumlckliche Einwilligung ge-ben und dies gilt selbstverstaumlndlich auch fuumlr demenzkranke Menschen Um dabei selbst-bestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Arzt den Betreffenden uumlber Ziel Nutzen und Risiken der geplanten Maszlignahme sowie uumlber moumlg liche Alternativen aufklaumlren (Voll-mann 2008a Helmchen 2013)

Die Aufklaumlrung des Patienten durch den Arzt stellte in der Medizin im Allgemeinen ndash und besonders in der Psychiatrie ndash jedoch lange Zeit keine Selbstverstaumlndlichkeit dar son-dern ist medizinhistorisch in Ansaumltzen erst seit Ende des 19 Jh nachweisbar Dabei ging die Initiative zu mehr Information und Mitbe stimmung des Patienten nicht von aumlrzt-licher Seite aus sondern war uumlberwiegend eine politische Folge nach skandaloumlsen me-dizinischen Experimenten an nicht aufgeklaumlr-ten Kranken Patienten trugen einen dauer-haften gesundheitlichen Schaden davon oder starben an den Folgen medizinischer Experi-mente was in Preuszligen und im Deutschen Reich bereits vor den Naziverbrechen und der daraus resultierenden Entwicklung des Nuumlrn berger Kodex von 1947 zu staatlichen Regulierungen der medizinischen Forschung am Menschen mit der Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung fuumlhrte Spaumlter wurde die Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung (Informed Consent) auch auf die regulaumlre Krankenversorgung ausgeweitet wobei wie-der auszligermedizinische Faktoren wie houmlchst-richterliche Entscheidungen in Kunstfehler-prozessen und ein gewachsenes Patienten-selbstbewusstsein den Ausschlag gaben (Vollmann 2000) Eine groszlige Zahl empirischer

Endnoten

1 Der Beitrag enthaumllt der Einfachheit halber die maumlnnliche Schriftform i S der juristischen Fach-sprache (vgl z B wwwhdrbmjdepage_b1htmlan_110)

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Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis1 Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

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Studien auch aus der Psychiatrie belegt ei-nen uumlberwiegenden Wunsch der Patienten nach Information und Beteiligung an Behand-lungsentscheidungen (Vollmann u Helm-chen 1997)

Der Informed ConsentAus dem Prinzip des Respekts vor der Selbst-bestimmung des Patienten leitet sich die medizinethische Regel ab den Kranken uumlber medizinische Eingriffe aufzuklaumlren und da-nach seine Einwilligung einzuholen Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent ist es erforder-lich dass der Patient die fuumlr seine Entschei-dung notwendigen Informationen erhaumllt (Informationsvermittlung) sie versteht (Informationsverstaumlndnis) ohne Zwang ent-scheiden kann (freie Entscheidung) und schlieszliglich aufgrund psychischer Faumlhigkeiten zu einer autonomen Entscheidung in der Lage ist (Selbstbestimmungsfaumlhigkeit Ein-willigungsfaumlhigkeit)

Die Elemente des Informed Consent stellen sich demnach wie folgt dar ndash Disclosure of information (Informations-vermittlung)

ndash Understanding (Informationsverstaumlndnis) ndash Voluntariness (freie Entscheidung) ndash Mental capacity competence (Selbstbe-stimmungsfaumlhigkeit Einwilligungsfaumlhig-keit)

Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent muumlssen alle vier Elemente erfuumlllt sein (Vollmann 2000) In der psychiatrischen Praxis stellt insb die Einwilligungsunfaumlhigkeit des Patienten haumlufig ein Problem dar weil diese durch die psychische Stoumlrung bezuumlglich konkreter Ent-scheidungen voruumlbergehend oder dauerhaft aufgehoben sein kann Letzteres kann insb bei Patienten die sich in einem bereits fort-geschrittenen Stadium der Demenz be-finden der Fall sein Von Patientenselbstbe-stimmung im medizinethischen Sinn kann jedoch nur angemessen gesprochen werden wenn eine autonome d h selbstbestimmte Willensaumluszligerung des Patienten vorliegt er also als einwilligungsfaumlhig selbstbestim-mungsfaumlhig einzustufen istZumeist wird in der klinischen Praxis die Pruuml-fung der Einwilligungsfaumlhigkeit durch den behandelnden Psychiater anhand subjektiver Kriterien vorgenommen (vgl Abschnitt von

J Pantel gerontopsychiatrische Perspekti-ve) Aus ethischer Perspektive ist jedoch eine moumlglichst unabhaumlngige nachvollzieh-bare und objektive Feststellung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit im Einzelfall anhand empirisch getesteter reliabler und valider Kriterien zu fordern (Bauer u Vollmann 2002)

Resuumlmee Aus dem medizinethischen Prinzip der Patientenautonomie folgt dass Patienten medizinischen Eingriffen zustimmen muumlssen (Einwilligung) Um hierbei selbstbestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Patient durch den Arzt uumlber Ziel Nutzen und Risiken der Behandlung sowie Behandlungsalter-nativen aufgeklaumlrt werden In der Psychiatrie stellt sich dabei haumlufig die Frage der Einwilli-gungsfaumlhigkeit des Patienten die durch eine psychische Stoumlrung zB eine Demenz auf-gehoben sein kann

Selbstbestimmungsfaumlhigkeit und EinshywilligungsfaumlhigkeitAus der medizinethischen Forschung und der Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein weithin akzeptiertes Kon-zept der Einwilligungsfaumlhigkeit (competence) entwickelt Hiernach muss ein einwilligungs-faumlhiger Patient eine Praumlferenz bilden und kommunizieren koumlnnen die Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis der relevanten Information besit-zen die Natur sowie die wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation erken-nen und die vermittelten Informationen selbststaumlndig und rational verarbeiten koumln-nen (Grisso u Appelbaum 1998 Appelbaum 2007)

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit ndash Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis von gegebenen Informationen (Informationsverstaumlndnis)

ndash Faumlhigkeit zur rationalen d h schlussfol-gernden und abwaumlgenden Verarbeitung der Information in Bezug auf das eigene Leben und die eigenen Werte (Urteilsvermoumlgen)

ndash Faumlhigkeit zum Treffen und Kommunizieren einer Entscheidung (Entscheidungsfaumlhigkeit)

ndash Faumlhigkeit die eigene Situation (psychische Beeintraumlchtigung Stoumlrung und das Vor-handensein diagnostischer und therapeuti-scher Angebote Moumlglichkeiten) und deren Konsequenzen zu erkennen (Krankheits-einsichtBehandlungseinsicht)

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Inhalt

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Editorial

3 Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsshyfaumlhigkeit Cornelia Au und Doris Sowarka

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5 Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausshyforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

16 Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

25 Kurzinformationen aus der Altersshyforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

27 Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

34 Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entshyscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen VertretungKlaus Lachwitz

40 Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen

Impressum

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr AltersfragenManfred-von-Richthofen-Straszlige 212101 BerlinTelefon (030) 260 74 00 Fax (030) 785 43 50

DZA im Internet wwwdzade

Presserechtlich verantwortlich Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer

Redaktion Cornelia Au und Dr Doris Sowarkaida dzade

Gestaltung und Satz Mathias Knigge (grauwert Hamburg) Kai Dieterich (morgen Berlin)

Druck Fatamorgana Verlag Berlin

Der Informationsdienst erscheint zwei-monatlich Bestellungen sind nur im Jahres-abonnement moumlglich Jahresbezugspreis 25ndash EURO einschlieszliglich Versandkosten Kuumlndigung mit vierteljaumlhrlicher Frist zum Ende des Kalenderjahres Bezug durch das DZA Der Abdruck von Artikeln Grafiken oder Auszuumlgen ist bei Nennung der Quelle erlaubt Das DZA wird institutionell gefoumlrdert vom Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend

ISSN 1614-3566

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Editorial

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit

Cornelia Au und Doris Sowarka

Die unveraumluszligerliche Wuumlrde des Menschen zu achten und bdquohellip jeden anderen in Freiheit entscheiden und handeln zu lassen ist die oberste Maxime des Menschen im Verhaumlltshynis zu seinesgleichen Sie gilt auch fuumlr den Umgang mit den Demenzbetroffenen und fuumlr die Gestaltung ihres Lebensldquo 1

In dieser Ausgabe greifen wir ein Thema auf das fuumlr die Unterstuumltzungsbeduumlrftigkeit im Lebenszusammenhang jedes Einzelnen in der Gesellschaft fuumlr unterschiedliche Lebens-phasen und die gesellschaftliche Solidaritaumlt groszlige Bedeutung hat Dies wird in der Stel-lungnahme des Deutschen Ethikrats (2012) zum Thema Demenz und Selbstbestimmung sehr deutlich Hier muumlnden unterschiedliche Argumente zum Vorrang der Achtung der Selbstbestimmung des Einzelnen (ebd S 46 ff) auch im Fall von Demenz in die ethische Maxime bdquodem Mitmenschen nach besten Kraumlften zu dem zu verhelfen was jeder fuumlr sich selbst beanspruchtldquo (ebd S 49) In seiner Reichweite umfasst diese ethische Verpflichtung sowohl bdquodie Hilflosig-keit am Lebensanfang die Schwaumlchen am Lebensende und die zahllosen Formen von Krankheit und Notldquo (ebd S 49) Die Ach-tung der Selbstbestimmung schlieszligt die Be-muumlhung ein bdquosie zu stuumltzen zu foumlrdern oder wiederherzustellenldquo (ebd S 49) Diesem Bemuumlhen sind jedoch Grenzen gesetzt bdquoan-gefangen beim Vorrang der jeweils eigenen Selbstbestimmung bis hin zu den beschraumlnk-ten natuumlrlichen gesellschaftlichen und indi-viduellen Kraumlftenldquo hellip und der fehlenden bdquoKenntnis uumlber die Lage und Verfassung eines anderenldquo (ebd S 49)

Der Deutsche Ethikrat (2012) konstatiert dass das ethische Gebot der Wahrung und Foumlrderung der Selbstbestimmungsmoumlglichshykeiten von Menschen mit Demenz sowohl die Pflege und Betreuung als auch die Ge-sellschaft insgesamt vor groszlige Herausforde-

rungen stellt Die ethische Maxime ist so-wohl in der UN-Konvention uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen die einen geeigneten Rahmen biete die Selbstbe-stimmungsrechte von Menschen mit Demenz in allen Bereichen zu respektieren und zu staumlrken als auch in weiteren Festlegungen des Deutschen Rechts verankert (ebd)

In der Praxis ist die Selbstbestimmung auf-grund einer eventuell eingeschraumlnkten Einwilligungsfaumlhigkeit bei z B psychischen Stoumlrungen resp dem Vorliegen einer De-menz oftmals problematisch und betrifft viele Lebensbereiche von der Zwangsunter-bringung und oder -behandlung uumlber die Anwendung freiheitsentziehender Maszlignah-men und anderes mehrHaumlufig kommen dann Regelungen uumlber Dritte (Angehoumlrige Betreuer benannte Vertrauens-personen Betreuungsgericht hellip) in Stellver-treterfunktion zur AnwendungIn diesen Kontexten koumlnnen assistierte Ent-scheidungen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Demenz resp anderer Menschen mit eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen und wahren indem die Stellver-tretungsfunktion Dritter zugunsten einer Assistenzfunktion verschoben wird

Das Heft widmet sich in vier Beitraumlgen mit jeweiliger fachlicher Perspektive dem Thema assistierter Entscheidungen Sie entstanden im Rahmen des Forschungsprojekts EmMa das von der VolkswagenStiftung (Projekt-leitung Julia Haberstroh) gefoumlrdert wird und in Kooperation mit Johannes Pantel Frank Oswald und Thomas Klie durchgefuumlhrt wird Jochen Vollmann Klaus Lachwitz und Peter Winterstein sind Mitglieder des interdiszipli-naumlren Projektbeirats Die Beitraumlge koumlnnten eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theoreti-

1 Ethikrat 2012 (Hrsg) Demenz und Selbst-bestimmung Stellung-nahme Berlin S 53 zit in Anlehnung an Helmchen H Kanowski S Lauter H (2006) Ethik in der Altersmedizin Stuttgart

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Editorial

scher und praktischer Loumlsungsansaumltze fuumlr die Selbstbestimmungsrechte bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit dienen kann

Thomas Klie Jochen Vollmann und Johannes Pantel geben in ihrem Artikel bdquoAutonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr For-schung Politik und klinische Praxisldquo einen Uumlberblick uumlber ihre wissenschaftlichen Uumlber-legungen und Erkenntnisse bezuumlglich der Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung und Einwilli-gungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz aus jeweils ethischer rechtlicher und medizi-nischer Perspektive Der Ausgangspunkt ihrer Uumlberlegungen ist dass allein von der medizinischen Diagnose einer Demenz nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann Entscheidend sei ob der aktuelle psy-chopathologische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilligungs-faumlhigkeit fuumlr eine konkret anstehende Ent-scheidung beeintraumlchtige was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen sei Aus der Zusammen-schau der unterschiedlichen Disziplinen be-duumlrfe es fuumlr die schwierigen Entscheidungen im Einzelfall der Entwicklung von Instrumen-ten fuumlr die Einschaumltzung der Einwilligungs-faumlhigkeit und eine Verankerung von Prozedu-ren im klinischen Alltag die eine prozess-orientierte Betrachtung der jeweils zu tref-fenden Entscheidung unterstuumltzen Auch fuumlr den Patienten stellten sich Anforderungen mit der Diagnose Demenz eine prognostische Auseinandersetzung antizipierbarer Ent-scheidungen fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen sowie eine Oumlffnung fuumlr ein Verstaumlnd-nis von Autonomie das nicht mit Autarkie zu verwechseln sei

Julia Haberstroh und Frank Oswald ordnen in ihrem Beitrag bdquoUnterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passungldquo den Informed-consent-Prozess in Modelle der oumlkologi-schen Gerontologie ein Den Informed- consent-Prozess sehen sie als kontextab-haumlngiges kommunikatives Aushandlungs-

geschehen das durch ressourcenorientierte Kontextbedingungen (personale soziale und raumlumlich-dingliche) positiv unterstuumltzt werden kann Gestuumltzt auf verschiedene Modelle der oumlkologischen Gerontologie ge-hen die Autoren davon aus dass ein erfolg-reicher Informed-Consent Prozess bei Men-schen mit Demenz durch Herstellung bzw Verbesserung der Person-Umwelt Passung moumlglich ist Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkologischen Perspek-tive werden abgeleitet Eine Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze wird derzeit im Rahmen des Projekts EmMa durchgefuumlhrt

Peter Winterstein und Klaus Lachwitz geben einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskus-sionen insbesondere in die Kontroverse ob das deutsche Betreuungsrecht mit den Anforderungen der UN-Behindertenrechts-konvention vereinbar ist

Peter Winterstein behandelt aus rechtspoli-tischer Betrachtung das Thema bdquoWelche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erfor-derlichldquo Klaus Lachwitz eroumlrtert Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment) des UN-Ausschus-ses uumlber die Rechte von Menschen mit Be-hinderungen zu Art 12 BRK (Gleiche Aner-kennung vor dem Recht) Die Ausfuumlhrungen werden unter dem Thema zusammengefasst bdquoDas Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Ent-scheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlig-nahmen der rechtlichen VertretungldquoEndnoten

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In Deutschland sind derzeit ca 15 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen Auf-grund des demografischen Wandels wird ge-schaumltzt dass sich diese Zahl in den kommen-den Dekaden noch verdoppeln wird Nicht nur aufgrund ihrer Grunderkrankung sondern auch wegen ihrer Hochaltrigkeit und der damit einhergehenden Multimorbiditaumlt sind Menschen mit Demenz bereits heute und in zunehmenden Maszlige auch in der Zukunft auf eine menschenwuumlrdige medizinische und pflegerische Betreuung angewiesen Aufgrund der mit einer Demenz assoziierten kognitiven und psychopathologischen Stoumlrungen ist davon auszugehen dass viele ndash jedoch keinesfalls alle ndash der Betroffenen krankheitsbedingt in ihrer Faumlhigkeit zur Selbst-bestimmung und damit auch in ihrer Einwil-ligungsfaumlhigkeit eingeschraumlnkt sind Hieraus ergibt sich eine Reihe von ethischen und rechtlichen Problemstellungen die in ihrer Tragweite tief in die klinische und pflegeri-sche Alltagspraxis eingreifen in der einschlauml-gigen Literatur bislang jedoch nur wenig be-handelt werden Mit dem Ziel eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog zu schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theo-retischer und praktischer Loumlsungsansaumltze dienen kann soll daher das Thema bdquoAutono-mie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenzldquo in den folgenden Beitraumlgen aus ethischer (J Vollmann verantwortl Autor) rechtlicher (T Klie verantwortl Autor) und medizini-scher (J Pantel verantwortlicher Autor) Pers-pektive beleuchtet werden

Ethische Perspektive

Die Aufklaumlrung und Einwilligung des Patienten vor medizinischen Eingriffen durch den Arzt gilt heute als medizinethischer und recht-licher Standard in der Medizin der nicht zu-letzt durch das Patientenrechtegesetz von 2013 mit Einfuumlhrung der sectsect 630d und 630e

BGB eine Staumlrkung erfahren hat Auch im Kontext von medizinischer Forschung kommt dem sog Informed Consent eine grund legende ethische Bedeutung zu Vor je-dem medizinischen Eingriff und jeder Teil-nahme an medizinischer Forschung muss der Patient bzw Proband demnach grund-saumltzlich seine ausdruumlckliche Einwilligung ge-ben und dies gilt selbstverstaumlndlich auch fuumlr demenzkranke Menschen Um dabei selbst-bestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Arzt den Betreffenden uumlber Ziel Nutzen und Risiken der geplanten Maszlignahme sowie uumlber moumlg liche Alternativen aufklaumlren (Voll-mann 2008a Helmchen 2013)

Die Aufklaumlrung des Patienten durch den Arzt stellte in der Medizin im Allgemeinen ndash und besonders in der Psychiatrie ndash jedoch lange Zeit keine Selbstverstaumlndlichkeit dar son-dern ist medizinhistorisch in Ansaumltzen erst seit Ende des 19 Jh nachweisbar Dabei ging die Initiative zu mehr Information und Mitbe stimmung des Patienten nicht von aumlrzt-licher Seite aus sondern war uumlberwiegend eine politische Folge nach skandaloumlsen me-dizinischen Experimenten an nicht aufgeklaumlr-ten Kranken Patienten trugen einen dauer-haften gesundheitlichen Schaden davon oder starben an den Folgen medizinischer Experi-mente was in Preuszligen und im Deutschen Reich bereits vor den Naziverbrechen und der daraus resultierenden Entwicklung des Nuumlrn berger Kodex von 1947 zu staatlichen Regulierungen der medizinischen Forschung am Menschen mit der Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung fuumlhrte Spaumlter wurde die Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung (Informed Consent) auch auf die regulaumlre Krankenversorgung ausgeweitet wobei wie-der auszligermedizinische Faktoren wie houmlchst-richterliche Entscheidungen in Kunstfehler-prozessen und ein gewachsenes Patienten-selbstbewusstsein den Ausschlag gaben (Vollmann 2000) Eine groszlige Zahl empirischer

Endnoten

1 Der Beitrag enthaumllt der Einfachheit halber die maumlnnliche Schriftform i S der juristischen Fach-sprache (vgl z B wwwhdrbmjdepage_b1htmlan_110)

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Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis1 Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

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Studien auch aus der Psychiatrie belegt ei-nen uumlberwiegenden Wunsch der Patienten nach Information und Beteiligung an Behand-lungsentscheidungen (Vollmann u Helm-chen 1997)

Der Informed ConsentAus dem Prinzip des Respekts vor der Selbst-bestimmung des Patienten leitet sich die medizinethische Regel ab den Kranken uumlber medizinische Eingriffe aufzuklaumlren und da-nach seine Einwilligung einzuholen Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent ist es erforder-lich dass der Patient die fuumlr seine Entschei-dung notwendigen Informationen erhaumllt (Informationsvermittlung) sie versteht (Informationsverstaumlndnis) ohne Zwang ent-scheiden kann (freie Entscheidung) und schlieszliglich aufgrund psychischer Faumlhigkeiten zu einer autonomen Entscheidung in der Lage ist (Selbstbestimmungsfaumlhigkeit Ein-willigungsfaumlhigkeit)

Die Elemente des Informed Consent stellen sich demnach wie folgt dar ndash Disclosure of information (Informations-vermittlung)

ndash Understanding (Informationsverstaumlndnis) ndash Voluntariness (freie Entscheidung) ndash Mental capacity competence (Selbstbe-stimmungsfaumlhigkeit Einwilligungsfaumlhig-keit)

Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent muumlssen alle vier Elemente erfuumlllt sein (Vollmann 2000) In der psychiatrischen Praxis stellt insb die Einwilligungsunfaumlhigkeit des Patienten haumlufig ein Problem dar weil diese durch die psychische Stoumlrung bezuumlglich konkreter Ent-scheidungen voruumlbergehend oder dauerhaft aufgehoben sein kann Letzteres kann insb bei Patienten die sich in einem bereits fort-geschrittenen Stadium der Demenz be-finden der Fall sein Von Patientenselbstbe-stimmung im medizinethischen Sinn kann jedoch nur angemessen gesprochen werden wenn eine autonome d h selbstbestimmte Willensaumluszligerung des Patienten vorliegt er also als einwilligungsfaumlhig selbstbestim-mungsfaumlhig einzustufen istZumeist wird in der klinischen Praxis die Pruuml-fung der Einwilligungsfaumlhigkeit durch den behandelnden Psychiater anhand subjektiver Kriterien vorgenommen (vgl Abschnitt von

J Pantel gerontopsychiatrische Perspekti-ve) Aus ethischer Perspektive ist jedoch eine moumlglichst unabhaumlngige nachvollzieh-bare und objektive Feststellung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit im Einzelfall anhand empirisch getesteter reliabler und valider Kriterien zu fordern (Bauer u Vollmann 2002)

Resuumlmee Aus dem medizinethischen Prinzip der Patientenautonomie folgt dass Patienten medizinischen Eingriffen zustimmen muumlssen (Einwilligung) Um hierbei selbstbestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Patient durch den Arzt uumlber Ziel Nutzen und Risiken der Behandlung sowie Behandlungsalter-nativen aufgeklaumlrt werden In der Psychiatrie stellt sich dabei haumlufig die Frage der Einwilli-gungsfaumlhigkeit des Patienten die durch eine psychische Stoumlrung zB eine Demenz auf-gehoben sein kann

Selbstbestimmungsfaumlhigkeit und EinshywilligungsfaumlhigkeitAus der medizinethischen Forschung und der Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein weithin akzeptiertes Kon-zept der Einwilligungsfaumlhigkeit (competence) entwickelt Hiernach muss ein einwilligungs-faumlhiger Patient eine Praumlferenz bilden und kommunizieren koumlnnen die Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis der relevanten Information besit-zen die Natur sowie die wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation erken-nen und die vermittelten Informationen selbststaumlndig und rational verarbeiten koumln-nen (Grisso u Appelbaum 1998 Appelbaum 2007)

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit ndash Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis von gegebenen Informationen (Informationsverstaumlndnis)

ndash Faumlhigkeit zur rationalen d h schlussfol-gernden und abwaumlgenden Verarbeitung der Information in Bezug auf das eigene Leben und die eigenen Werte (Urteilsvermoumlgen)

ndash Faumlhigkeit zum Treffen und Kommunizieren einer Entscheidung (Entscheidungsfaumlhigkeit)

ndash Faumlhigkeit die eigene Situation (psychische Beeintraumlchtigung Stoumlrung und das Vor-handensein diagnostischer und therapeuti-scher Angebote Moumlglichkeiten) und deren Konsequenzen zu erkennen (Krankheits-einsichtBehandlungseinsicht)

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Editorial

Editorial

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit

Cornelia Au und Doris Sowarka

Die unveraumluszligerliche Wuumlrde des Menschen zu achten und bdquohellip jeden anderen in Freiheit entscheiden und handeln zu lassen ist die oberste Maxime des Menschen im Verhaumlltshynis zu seinesgleichen Sie gilt auch fuumlr den Umgang mit den Demenzbetroffenen und fuumlr die Gestaltung ihres Lebensldquo 1

In dieser Ausgabe greifen wir ein Thema auf das fuumlr die Unterstuumltzungsbeduumlrftigkeit im Lebenszusammenhang jedes Einzelnen in der Gesellschaft fuumlr unterschiedliche Lebens-phasen und die gesellschaftliche Solidaritaumlt groszlige Bedeutung hat Dies wird in der Stel-lungnahme des Deutschen Ethikrats (2012) zum Thema Demenz und Selbstbestimmung sehr deutlich Hier muumlnden unterschiedliche Argumente zum Vorrang der Achtung der Selbstbestimmung des Einzelnen (ebd S 46 ff) auch im Fall von Demenz in die ethische Maxime bdquodem Mitmenschen nach besten Kraumlften zu dem zu verhelfen was jeder fuumlr sich selbst beanspruchtldquo (ebd S 49) In seiner Reichweite umfasst diese ethische Verpflichtung sowohl bdquodie Hilflosig-keit am Lebensanfang die Schwaumlchen am Lebensende und die zahllosen Formen von Krankheit und Notldquo (ebd S 49) Die Ach-tung der Selbstbestimmung schlieszligt die Be-muumlhung ein bdquosie zu stuumltzen zu foumlrdern oder wiederherzustellenldquo (ebd S 49) Diesem Bemuumlhen sind jedoch Grenzen gesetzt bdquoan-gefangen beim Vorrang der jeweils eigenen Selbstbestimmung bis hin zu den beschraumlnk-ten natuumlrlichen gesellschaftlichen und indi-viduellen Kraumlftenldquo hellip und der fehlenden bdquoKenntnis uumlber die Lage und Verfassung eines anderenldquo (ebd S 49)

Der Deutsche Ethikrat (2012) konstatiert dass das ethische Gebot der Wahrung und Foumlrderung der Selbstbestimmungsmoumlglichshykeiten von Menschen mit Demenz sowohl die Pflege und Betreuung als auch die Ge-sellschaft insgesamt vor groszlige Herausforde-

rungen stellt Die ethische Maxime ist so-wohl in der UN-Konvention uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen die einen geeigneten Rahmen biete die Selbstbe-stimmungsrechte von Menschen mit Demenz in allen Bereichen zu respektieren und zu staumlrken als auch in weiteren Festlegungen des Deutschen Rechts verankert (ebd)

In der Praxis ist die Selbstbestimmung auf-grund einer eventuell eingeschraumlnkten Einwilligungsfaumlhigkeit bei z B psychischen Stoumlrungen resp dem Vorliegen einer De-menz oftmals problematisch und betrifft viele Lebensbereiche von der Zwangsunter-bringung und oder -behandlung uumlber die Anwendung freiheitsentziehender Maszlignah-men und anderes mehrHaumlufig kommen dann Regelungen uumlber Dritte (Angehoumlrige Betreuer benannte Vertrauens-personen Betreuungsgericht hellip) in Stellver-treterfunktion zur AnwendungIn diesen Kontexten koumlnnen assistierte Ent-scheidungen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Demenz resp anderer Menschen mit eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen und wahren indem die Stellver-tretungsfunktion Dritter zugunsten einer Assistenzfunktion verschoben wird

Das Heft widmet sich in vier Beitraumlgen mit jeweiliger fachlicher Perspektive dem Thema assistierter Entscheidungen Sie entstanden im Rahmen des Forschungsprojekts EmMa das von der VolkswagenStiftung (Projekt-leitung Julia Haberstroh) gefoumlrdert wird und in Kooperation mit Johannes Pantel Frank Oswald und Thomas Klie durchgefuumlhrt wird Jochen Vollmann Klaus Lachwitz und Peter Winterstein sind Mitglieder des interdiszipli-naumlren Projektbeirats Die Beitraumlge koumlnnten eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theoreti-

1 Ethikrat 2012 (Hrsg) Demenz und Selbst-bestimmung Stellung-nahme Berlin S 53 zit in Anlehnung an Helmchen H Kanowski S Lauter H (2006) Ethik in der Altersmedizin Stuttgart

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Editorial

scher und praktischer Loumlsungsansaumltze fuumlr die Selbstbestimmungsrechte bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit dienen kann

Thomas Klie Jochen Vollmann und Johannes Pantel geben in ihrem Artikel bdquoAutonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr For-schung Politik und klinische Praxisldquo einen Uumlberblick uumlber ihre wissenschaftlichen Uumlber-legungen und Erkenntnisse bezuumlglich der Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung und Einwilli-gungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz aus jeweils ethischer rechtlicher und medizi-nischer Perspektive Der Ausgangspunkt ihrer Uumlberlegungen ist dass allein von der medizinischen Diagnose einer Demenz nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann Entscheidend sei ob der aktuelle psy-chopathologische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilligungs-faumlhigkeit fuumlr eine konkret anstehende Ent-scheidung beeintraumlchtige was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen sei Aus der Zusammen-schau der unterschiedlichen Disziplinen be-duumlrfe es fuumlr die schwierigen Entscheidungen im Einzelfall der Entwicklung von Instrumen-ten fuumlr die Einschaumltzung der Einwilligungs-faumlhigkeit und eine Verankerung von Prozedu-ren im klinischen Alltag die eine prozess-orientierte Betrachtung der jeweils zu tref-fenden Entscheidung unterstuumltzen Auch fuumlr den Patienten stellten sich Anforderungen mit der Diagnose Demenz eine prognostische Auseinandersetzung antizipierbarer Ent-scheidungen fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen sowie eine Oumlffnung fuumlr ein Verstaumlnd-nis von Autonomie das nicht mit Autarkie zu verwechseln sei

Julia Haberstroh und Frank Oswald ordnen in ihrem Beitrag bdquoUnterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passungldquo den Informed-consent-Prozess in Modelle der oumlkologi-schen Gerontologie ein Den Informed- consent-Prozess sehen sie als kontextab-haumlngiges kommunikatives Aushandlungs-

geschehen das durch ressourcenorientierte Kontextbedingungen (personale soziale und raumlumlich-dingliche) positiv unterstuumltzt werden kann Gestuumltzt auf verschiedene Modelle der oumlkologischen Gerontologie ge-hen die Autoren davon aus dass ein erfolg-reicher Informed-Consent Prozess bei Men-schen mit Demenz durch Herstellung bzw Verbesserung der Person-Umwelt Passung moumlglich ist Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkologischen Perspek-tive werden abgeleitet Eine Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze wird derzeit im Rahmen des Projekts EmMa durchgefuumlhrt

Peter Winterstein und Klaus Lachwitz geben einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskus-sionen insbesondere in die Kontroverse ob das deutsche Betreuungsrecht mit den Anforderungen der UN-Behindertenrechts-konvention vereinbar ist

Peter Winterstein behandelt aus rechtspoli-tischer Betrachtung das Thema bdquoWelche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erfor-derlichldquo Klaus Lachwitz eroumlrtert Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment) des UN-Ausschus-ses uumlber die Rechte von Menschen mit Be-hinderungen zu Art 12 BRK (Gleiche Aner-kennung vor dem Recht) Die Ausfuumlhrungen werden unter dem Thema zusammengefasst bdquoDas Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Ent-scheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlig-nahmen der rechtlichen VertretungldquoEndnoten

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In Deutschland sind derzeit ca 15 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen Auf-grund des demografischen Wandels wird ge-schaumltzt dass sich diese Zahl in den kommen-den Dekaden noch verdoppeln wird Nicht nur aufgrund ihrer Grunderkrankung sondern auch wegen ihrer Hochaltrigkeit und der damit einhergehenden Multimorbiditaumlt sind Menschen mit Demenz bereits heute und in zunehmenden Maszlige auch in der Zukunft auf eine menschenwuumlrdige medizinische und pflegerische Betreuung angewiesen Aufgrund der mit einer Demenz assoziierten kognitiven und psychopathologischen Stoumlrungen ist davon auszugehen dass viele ndash jedoch keinesfalls alle ndash der Betroffenen krankheitsbedingt in ihrer Faumlhigkeit zur Selbst-bestimmung und damit auch in ihrer Einwil-ligungsfaumlhigkeit eingeschraumlnkt sind Hieraus ergibt sich eine Reihe von ethischen und rechtlichen Problemstellungen die in ihrer Tragweite tief in die klinische und pflegeri-sche Alltagspraxis eingreifen in der einschlauml-gigen Literatur bislang jedoch nur wenig be-handelt werden Mit dem Ziel eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog zu schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theo-retischer und praktischer Loumlsungsansaumltze dienen kann soll daher das Thema bdquoAutono-mie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenzldquo in den folgenden Beitraumlgen aus ethischer (J Vollmann verantwortl Autor) rechtlicher (T Klie verantwortl Autor) und medizini-scher (J Pantel verantwortlicher Autor) Pers-pektive beleuchtet werden

Ethische Perspektive

Die Aufklaumlrung und Einwilligung des Patienten vor medizinischen Eingriffen durch den Arzt gilt heute als medizinethischer und recht-licher Standard in der Medizin der nicht zu-letzt durch das Patientenrechtegesetz von 2013 mit Einfuumlhrung der sectsect 630d und 630e

BGB eine Staumlrkung erfahren hat Auch im Kontext von medizinischer Forschung kommt dem sog Informed Consent eine grund legende ethische Bedeutung zu Vor je-dem medizinischen Eingriff und jeder Teil-nahme an medizinischer Forschung muss der Patient bzw Proband demnach grund-saumltzlich seine ausdruumlckliche Einwilligung ge-ben und dies gilt selbstverstaumlndlich auch fuumlr demenzkranke Menschen Um dabei selbst-bestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Arzt den Betreffenden uumlber Ziel Nutzen und Risiken der geplanten Maszlignahme sowie uumlber moumlg liche Alternativen aufklaumlren (Voll-mann 2008a Helmchen 2013)

Die Aufklaumlrung des Patienten durch den Arzt stellte in der Medizin im Allgemeinen ndash und besonders in der Psychiatrie ndash jedoch lange Zeit keine Selbstverstaumlndlichkeit dar son-dern ist medizinhistorisch in Ansaumltzen erst seit Ende des 19 Jh nachweisbar Dabei ging die Initiative zu mehr Information und Mitbe stimmung des Patienten nicht von aumlrzt-licher Seite aus sondern war uumlberwiegend eine politische Folge nach skandaloumlsen me-dizinischen Experimenten an nicht aufgeklaumlr-ten Kranken Patienten trugen einen dauer-haften gesundheitlichen Schaden davon oder starben an den Folgen medizinischer Experi-mente was in Preuszligen und im Deutschen Reich bereits vor den Naziverbrechen und der daraus resultierenden Entwicklung des Nuumlrn berger Kodex von 1947 zu staatlichen Regulierungen der medizinischen Forschung am Menschen mit der Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung fuumlhrte Spaumlter wurde die Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung (Informed Consent) auch auf die regulaumlre Krankenversorgung ausgeweitet wobei wie-der auszligermedizinische Faktoren wie houmlchst-richterliche Entscheidungen in Kunstfehler-prozessen und ein gewachsenes Patienten-selbstbewusstsein den Ausschlag gaben (Vollmann 2000) Eine groszlige Zahl empirischer

Endnoten

1 Der Beitrag enthaumllt der Einfachheit halber die maumlnnliche Schriftform i S der juristischen Fach-sprache (vgl z B wwwhdrbmjdepage_b1htmlan_110)

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Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis1 Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

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Studien auch aus der Psychiatrie belegt ei-nen uumlberwiegenden Wunsch der Patienten nach Information und Beteiligung an Behand-lungsentscheidungen (Vollmann u Helm-chen 1997)

Der Informed ConsentAus dem Prinzip des Respekts vor der Selbst-bestimmung des Patienten leitet sich die medizinethische Regel ab den Kranken uumlber medizinische Eingriffe aufzuklaumlren und da-nach seine Einwilligung einzuholen Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent ist es erforder-lich dass der Patient die fuumlr seine Entschei-dung notwendigen Informationen erhaumllt (Informationsvermittlung) sie versteht (Informationsverstaumlndnis) ohne Zwang ent-scheiden kann (freie Entscheidung) und schlieszliglich aufgrund psychischer Faumlhigkeiten zu einer autonomen Entscheidung in der Lage ist (Selbstbestimmungsfaumlhigkeit Ein-willigungsfaumlhigkeit)

Die Elemente des Informed Consent stellen sich demnach wie folgt dar ndash Disclosure of information (Informations-vermittlung)

ndash Understanding (Informationsverstaumlndnis) ndash Voluntariness (freie Entscheidung) ndash Mental capacity competence (Selbstbe-stimmungsfaumlhigkeit Einwilligungsfaumlhig-keit)

Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent muumlssen alle vier Elemente erfuumlllt sein (Vollmann 2000) In der psychiatrischen Praxis stellt insb die Einwilligungsunfaumlhigkeit des Patienten haumlufig ein Problem dar weil diese durch die psychische Stoumlrung bezuumlglich konkreter Ent-scheidungen voruumlbergehend oder dauerhaft aufgehoben sein kann Letzteres kann insb bei Patienten die sich in einem bereits fort-geschrittenen Stadium der Demenz be-finden der Fall sein Von Patientenselbstbe-stimmung im medizinethischen Sinn kann jedoch nur angemessen gesprochen werden wenn eine autonome d h selbstbestimmte Willensaumluszligerung des Patienten vorliegt er also als einwilligungsfaumlhig selbstbestim-mungsfaumlhig einzustufen istZumeist wird in der klinischen Praxis die Pruuml-fung der Einwilligungsfaumlhigkeit durch den behandelnden Psychiater anhand subjektiver Kriterien vorgenommen (vgl Abschnitt von

J Pantel gerontopsychiatrische Perspekti-ve) Aus ethischer Perspektive ist jedoch eine moumlglichst unabhaumlngige nachvollzieh-bare und objektive Feststellung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit im Einzelfall anhand empirisch getesteter reliabler und valider Kriterien zu fordern (Bauer u Vollmann 2002)

Resuumlmee Aus dem medizinethischen Prinzip der Patientenautonomie folgt dass Patienten medizinischen Eingriffen zustimmen muumlssen (Einwilligung) Um hierbei selbstbestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Patient durch den Arzt uumlber Ziel Nutzen und Risiken der Behandlung sowie Behandlungsalter-nativen aufgeklaumlrt werden In der Psychiatrie stellt sich dabei haumlufig die Frage der Einwilli-gungsfaumlhigkeit des Patienten die durch eine psychische Stoumlrung zB eine Demenz auf-gehoben sein kann

Selbstbestimmungsfaumlhigkeit und EinshywilligungsfaumlhigkeitAus der medizinethischen Forschung und der Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein weithin akzeptiertes Kon-zept der Einwilligungsfaumlhigkeit (competence) entwickelt Hiernach muss ein einwilligungs-faumlhiger Patient eine Praumlferenz bilden und kommunizieren koumlnnen die Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis der relevanten Information besit-zen die Natur sowie die wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation erken-nen und die vermittelten Informationen selbststaumlndig und rational verarbeiten koumln-nen (Grisso u Appelbaum 1998 Appelbaum 2007)

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit ndash Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis von gegebenen Informationen (Informationsverstaumlndnis)

ndash Faumlhigkeit zur rationalen d h schlussfol-gernden und abwaumlgenden Verarbeitung der Information in Bezug auf das eigene Leben und die eigenen Werte (Urteilsvermoumlgen)

ndash Faumlhigkeit zum Treffen und Kommunizieren einer Entscheidung (Entscheidungsfaumlhigkeit)

ndash Faumlhigkeit die eigene Situation (psychische Beeintraumlchtigung Stoumlrung und das Vor-handensein diagnostischer und therapeuti-scher Angebote Moumlglichkeiten) und deren Konsequenzen zu erkennen (Krankheits-einsichtBehandlungseinsicht)

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Editorial

scher und praktischer Loumlsungsansaumltze fuumlr die Selbstbestimmungsrechte bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit dienen kann

Thomas Klie Jochen Vollmann und Johannes Pantel geben in ihrem Artikel bdquoAutonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr For-schung Politik und klinische Praxisldquo einen Uumlberblick uumlber ihre wissenschaftlichen Uumlber-legungen und Erkenntnisse bezuumlglich der Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung und Einwilli-gungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz aus jeweils ethischer rechtlicher und medizi-nischer Perspektive Der Ausgangspunkt ihrer Uumlberlegungen ist dass allein von der medizinischen Diagnose einer Demenz nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann Entscheidend sei ob der aktuelle psy-chopathologische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilligungs-faumlhigkeit fuumlr eine konkret anstehende Ent-scheidung beeintraumlchtige was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen sei Aus der Zusammen-schau der unterschiedlichen Disziplinen be-duumlrfe es fuumlr die schwierigen Entscheidungen im Einzelfall der Entwicklung von Instrumen-ten fuumlr die Einschaumltzung der Einwilligungs-faumlhigkeit und eine Verankerung von Prozedu-ren im klinischen Alltag die eine prozess-orientierte Betrachtung der jeweils zu tref-fenden Entscheidung unterstuumltzen Auch fuumlr den Patienten stellten sich Anforderungen mit der Diagnose Demenz eine prognostische Auseinandersetzung antizipierbarer Ent-scheidungen fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen sowie eine Oumlffnung fuumlr ein Verstaumlnd-nis von Autonomie das nicht mit Autarkie zu verwechseln sei

Julia Haberstroh und Frank Oswald ordnen in ihrem Beitrag bdquoUnterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passungldquo den Informed-consent-Prozess in Modelle der oumlkologi-schen Gerontologie ein Den Informed- consent-Prozess sehen sie als kontextab-haumlngiges kommunikatives Aushandlungs-

geschehen das durch ressourcenorientierte Kontextbedingungen (personale soziale und raumlumlich-dingliche) positiv unterstuumltzt werden kann Gestuumltzt auf verschiedene Modelle der oumlkologischen Gerontologie ge-hen die Autoren davon aus dass ein erfolg-reicher Informed-Consent Prozess bei Men-schen mit Demenz durch Herstellung bzw Verbesserung der Person-Umwelt Passung moumlglich ist Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkologischen Perspek-tive werden abgeleitet Eine Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze wird derzeit im Rahmen des Projekts EmMa durchgefuumlhrt

Peter Winterstein und Klaus Lachwitz geben einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskus-sionen insbesondere in die Kontroverse ob das deutsche Betreuungsrecht mit den Anforderungen der UN-Behindertenrechts-konvention vereinbar ist

Peter Winterstein behandelt aus rechtspoli-tischer Betrachtung das Thema bdquoWelche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erfor-derlichldquo Klaus Lachwitz eroumlrtert Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment) des UN-Ausschus-ses uumlber die Rechte von Menschen mit Be-hinderungen zu Art 12 BRK (Gleiche Aner-kennung vor dem Recht) Die Ausfuumlhrungen werden unter dem Thema zusammengefasst bdquoDas Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Ent-scheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlig-nahmen der rechtlichen VertretungldquoEndnoten

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In Deutschland sind derzeit ca 15 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen Auf-grund des demografischen Wandels wird ge-schaumltzt dass sich diese Zahl in den kommen-den Dekaden noch verdoppeln wird Nicht nur aufgrund ihrer Grunderkrankung sondern auch wegen ihrer Hochaltrigkeit und der damit einhergehenden Multimorbiditaumlt sind Menschen mit Demenz bereits heute und in zunehmenden Maszlige auch in der Zukunft auf eine menschenwuumlrdige medizinische und pflegerische Betreuung angewiesen Aufgrund der mit einer Demenz assoziierten kognitiven und psychopathologischen Stoumlrungen ist davon auszugehen dass viele ndash jedoch keinesfalls alle ndash der Betroffenen krankheitsbedingt in ihrer Faumlhigkeit zur Selbst-bestimmung und damit auch in ihrer Einwil-ligungsfaumlhigkeit eingeschraumlnkt sind Hieraus ergibt sich eine Reihe von ethischen und rechtlichen Problemstellungen die in ihrer Tragweite tief in die klinische und pflegeri-sche Alltagspraxis eingreifen in der einschlauml-gigen Literatur bislang jedoch nur wenig be-handelt werden Mit dem Ziel eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog zu schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theo-retischer und praktischer Loumlsungsansaumltze dienen kann soll daher das Thema bdquoAutono-mie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenzldquo in den folgenden Beitraumlgen aus ethischer (J Vollmann verantwortl Autor) rechtlicher (T Klie verantwortl Autor) und medizini-scher (J Pantel verantwortlicher Autor) Pers-pektive beleuchtet werden

Ethische Perspektive

Die Aufklaumlrung und Einwilligung des Patienten vor medizinischen Eingriffen durch den Arzt gilt heute als medizinethischer und recht-licher Standard in der Medizin der nicht zu-letzt durch das Patientenrechtegesetz von 2013 mit Einfuumlhrung der sectsect 630d und 630e

BGB eine Staumlrkung erfahren hat Auch im Kontext von medizinischer Forschung kommt dem sog Informed Consent eine grund legende ethische Bedeutung zu Vor je-dem medizinischen Eingriff und jeder Teil-nahme an medizinischer Forschung muss der Patient bzw Proband demnach grund-saumltzlich seine ausdruumlckliche Einwilligung ge-ben und dies gilt selbstverstaumlndlich auch fuumlr demenzkranke Menschen Um dabei selbst-bestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Arzt den Betreffenden uumlber Ziel Nutzen und Risiken der geplanten Maszlignahme sowie uumlber moumlg liche Alternativen aufklaumlren (Voll-mann 2008a Helmchen 2013)

Die Aufklaumlrung des Patienten durch den Arzt stellte in der Medizin im Allgemeinen ndash und besonders in der Psychiatrie ndash jedoch lange Zeit keine Selbstverstaumlndlichkeit dar son-dern ist medizinhistorisch in Ansaumltzen erst seit Ende des 19 Jh nachweisbar Dabei ging die Initiative zu mehr Information und Mitbe stimmung des Patienten nicht von aumlrzt-licher Seite aus sondern war uumlberwiegend eine politische Folge nach skandaloumlsen me-dizinischen Experimenten an nicht aufgeklaumlr-ten Kranken Patienten trugen einen dauer-haften gesundheitlichen Schaden davon oder starben an den Folgen medizinischer Experi-mente was in Preuszligen und im Deutschen Reich bereits vor den Naziverbrechen und der daraus resultierenden Entwicklung des Nuumlrn berger Kodex von 1947 zu staatlichen Regulierungen der medizinischen Forschung am Menschen mit der Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung fuumlhrte Spaumlter wurde die Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung (Informed Consent) auch auf die regulaumlre Krankenversorgung ausgeweitet wobei wie-der auszligermedizinische Faktoren wie houmlchst-richterliche Entscheidungen in Kunstfehler-prozessen und ein gewachsenes Patienten-selbstbewusstsein den Ausschlag gaben (Vollmann 2000) Eine groszlige Zahl empirischer

Endnoten

1 Der Beitrag enthaumllt der Einfachheit halber die maumlnnliche Schriftform i S der juristischen Fach-sprache (vgl z B wwwhdrbmjdepage_b1htmlan_110)

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Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis1 Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

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Studien auch aus der Psychiatrie belegt ei-nen uumlberwiegenden Wunsch der Patienten nach Information und Beteiligung an Behand-lungsentscheidungen (Vollmann u Helm-chen 1997)

Der Informed ConsentAus dem Prinzip des Respekts vor der Selbst-bestimmung des Patienten leitet sich die medizinethische Regel ab den Kranken uumlber medizinische Eingriffe aufzuklaumlren und da-nach seine Einwilligung einzuholen Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent ist es erforder-lich dass der Patient die fuumlr seine Entschei-dung notwendigen Informationen erhaumllt (Informationsvermittlung) sie versteht (Informationsverstaumlndnis) ohne Zwang ent-scheiden kann (freie Entscheidung) und schlieszliglich aufgrund psychischer Faumlhigkeiten zu einer autonomen Entscheidung in der Lage ist (Selbstbestimmungsfaumlhigkeit Ein-willigungsfaumlhigkeit)

Die Elemente des Informed Consent stellen sich demnach wie folgt dar ndash Disclosure of information (Informations-vermittlung)

ndash Understanding (Informationsverstaumlndnis) ndash Voluntariness (freie Entscheidung) ndash Mental capacity competence (Selbstbe-stimmungsfaumlhigkeit Einwilligungsfaumlhig-keit)

Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent muumlssen alle vier Elemente erfuumlllt sein (Vollmann 2000) In der psychiatrischen Praxis stellt insb die Einwilligungsunfaumlhigkeit des Patienten haumlufig ein Problem dar weil diese durch die psychische Stoumlrung bezuumlglich konkreter Ent-scheidungen voruumlbergehend oder dauerhaft aufgehoben sein kann Letzteres kann insb bei Patienten die sich in einem bereits fort-geschrittenen Stadium der Demenz be-finden der Fall sein Von Patientenselbstbe-stimmung im medizinethischen Sinn kann jedoch nur angemessen gesprochen werden wenn eine autonome d h selbstbestimmte Willensaumluszligerung des Patienten vorliegt er also als einwilligungsfaumlhig selbstbestim-mungsfaumlhig einzustufen istZumeist wird in der klinischen Praxis die Pruuml-fung der Einwilligungsfaumlhigkeit durch den behandelnden Psychiater anhand subjektiver Kriterien vorgenommen (vgl Abschnitt von

J Pantel gerontopsychiatrische Perspekti-ve) Aus ethischer Perspektive ist jedoch eine moumlglichst unabhaumlngige nachvollzieh-bare und objektive Feststellung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit im Einzelfall anhand empirisch getesteter reliabler und valider Kriterien zu fordern (Bauer u Vollmann 2002)

Resuumlmee Aus dem medizinethischen Prinzip der Patientenautonomie folgt dass Patienten medizinischen Eingriffen zustimmen muumlssen (Einwilligung) Um hierbei selbstbestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Patient durch den Arzt uumlber Ziel Nutzen und Risiken der Behandlung sowie Behandlungsalter-nativen aufgeklaumlrt werden In der Psychiatrie stellt sich dabei haumlufig die Frage der Einwilli-gungsfaumlhigkeit des Patienten die durch eine psychische Stoumlrung zB eine Demenz auf-gehoben sein kann

Selbstbestimmungsfaumlhigkeit und EinshywilligungsfaumlhigkeitAus der medizinethischen Forschung und der Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein weithin akzeptiertes Kon-zept der Einwilligungsfaumlhigkeit (competence) entwickelt Hiernach muss ein einwilligungs-faumlhiger Patient eine Praumlferenz bilden und kommunizieren koumlnnen die Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis der relevanten Information besit-zen die Natur sowie die wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation erken-nen und die vermittelten Informationen selbststaumlndig und rational verarbeiten koumln-nen (Grisso u Appelbaum 1998 Appelbaum 2007)

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit ndash Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis von gegebenen Informationen (Informationsverstaumlndnis)

ndash Faumlhigkeit zur rationalen d h schlussfol-gernden und abwaumlgenden Verarbeitung der Information in Bezug auf das eigene Leben und die eigenen Werte (Urteilsvermoumlgen)

ndash Faumlhigkeit zum Treffen und Kommunizieren einer Entscheidung (Entscheidungsfaumlhigkeit)

ndash Faumlhigkeit die eigene Situation (psychische Beeintraumlchtigung Stoumlrung und das Vor-handensein diagnostischer und therapeuti-scher Angebote Moumlglichkeiten) und deren Konsequenzen zu erkennen (Krankheits-einsichtBehandlungseinsicht)

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

04

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

Literatur

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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In Deutschland sind derzeit ca 15 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen Auf-grund des demografischen Wandels wird ge-schaumltzt dass sich diese Zahl in den kommen-den Dekaden noch verdoppeln wird Nicht nur aufgrund ihrer Grunderkrankung sondern auch wegen ihrer Hochaltrigkeit und der damit einhergehenden Multimorbiditaumlt sind Menschen mit Demenz bereits heute und in zunehmenden Maszlige auch in der Zukunft auf eine menschenwuumlrdige medizinische und pflegerische Betreuung angewiesen Aufgrund der mit einer Demenz assoziierten kognitiven und psychopathologischen Stoumlrungen ist davon auszugehen dass viele ndash jedoch keinesfalls alle ndash der Betroffenen krankheitsbedingt in ihrer Faumlhigkeit zur Selbst-bestimmung und damit auch in ihrer Einwil-ligungsfaumlhigkeit eingeschraumlnkt sind Hieraus ergibt sich eine Reihe von ethischen und rechtlichen Problemstellungen die in ihrer Tragweite tief in die klinische und pflegeri-sche Alltagspraxis eingreifen in der einschlauml-gigen Literatur bislang jedoch nur wenig be-handelt werden Mit dem Ziel eine Basis fuumlr einen interdisziplinaumlren Dialog zu schaffen der als Ausgangspunkt fuumlr die Entwicklung theo-retischer und praktischer Loumlsungsansaumltze dienen kann soll daher das Thema bdquoAutono-mie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenzldquo in den folgenden Beitraumlgen aus ethischer (J Vollmann verantwortl Autor) rechtlicher (T Klie verantwortl Autor) und medizini-scher (J Pantel verantwortlicher Autor) Pers-pektive beleuchtet werden

Ethische Perspektive

Die Aufklaumlrung und Einwilligung des Patienten vor medizinischen Eingriffen durch den Arzt gilt heute als medizinethischer und recht-licher Standard in der Medizin der nicht zu-letzt durch das Patientenrechtegesetz von 2013 mit Einfuumlhrung der sectsect 630d und 630e

BGB eine Staumlrkung erfahren hat Auch im Kontext von medizinischer Forschung kommt dem sog Informed Consent eine grund legende ethische Bedeutung zu Vor je-dem medizinischen Eingriff und jeder Teil-nahme an medizinischer Forschung muss der Patient bzw Proband demnach grund-saumltzlich seine ausdruumlckliche Einwilligung ge-ben und dies gilt selbstverstaumlndlich auch fuumlr demenzkranke Menschen Um dabei selbst-bestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Arzt den Betreffenden uumlber Ziel Nutzen und Risiken der geplanten Maszlignahme sowie uumlber moumlg liche Alternativen aufklaumlren (Voll-mann 2008a Helmchen 2013)

Die Aufklaumlrung des Patienten durch den Arzt stellte in der Medizin im Allgemeinen ndash und besonders in der Psychiatrie ndash jedoch lange Zeit keine Selbstverstaumlndlichkeit dar son-dern ist medizinhistorisch in Ansaumltzen erst seit Ende des 19 Jh nachweisbar Dabei ging die Initiative zu mehr Information und Mitbe stimmung des Patienten nicht von aumlrzt-licher Seite aus sondern war uumlberwiegend eine politische Folge nach skandaloumlsen me-dizinischen Experimenten an nicht aufgeklaumlr-ten Kranken Patienten trugen einen dauer-haften gesundheitlichen Schaden davon oder starben an den Folgen medizinischer Experi-mente was in Preuszligen und im Deutschen Reich bereits vor den Naziverbrechen und der daraus resultierenden Entwicklung des Nuumlrn berger Kodex von 1947 zu staatlichen Regulierungen der medizinischen Forschung am Menschen mit der Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung fuumlhrte Spaumlter wurde die Pflicht zur Aufklaumlrung und Einwilligung (Informed Consent) auch auf die regulaumlre Krankenversorgung ausgeweitet wobei wie-der auszligermedizinische Faktoren wie houmlchst-richterliche Entscheidungen in Kunstfehler-prozessen und ein gewachsenes Patienten-selbstbewusstsein den Ausschlag gaben (Vollmann 2000) Eine groszlige Zahl empirischer

Endnoten

1 Der Beitrag enthaumllt der Einfachheit halber die maumlnnliche Schriftform i S der juristischen Fach-sprache (vgl z B wwwhdrbmjdepage_b1htmlan_110)

Aus der Altersforschung

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fuumlr Forschung Politik und klinische Praxis1 Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel

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Studien auch aus der Psychiatrie belegt ei-nen uumlberwiegenden Wunsch der Patienten nach Information und Beteiligung an Behand-lungsentscheidungen (Vollmann u Helm-chen 1997)

Der Informed ConsentAus dem Prinzip des Respekts vor der Selbst-bestimmung des Patienten leitet sich die medizinethische Regel ab den Kranken uumlber medizinische Eingriffe aufzuklaumlren und da-nach seine Einwilligung einzuholen Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent ist es erforder-lich dass der Patient die fuumlr seine Entschei-dung notwendigen Informationen erhaumllt (Informationsvermittlung) sie versteht (Informationsverstaumlndnis) ohne Zwang ent-scheiden kann (freie Entscheidung) und schlieszliglich aufgrund psychischer Faumlhigkeiten zu einer autonomen Entscheidung in der Lage ist (Selbstbestimmungsfaumlhigkeit Ein-willigungsfaumlhigkeit)

Die Elemente des Informed Consent stellen sich demnach wie folgt dar ndash Disclosure of information (Informations-vermittlung)

ndash Understanding (Informationsverstaumlndnis) ndash Voluntariness (freie Entscheidung) ndash Mental capacity competence (Selbstbe-stimmungsfaumlhigkeit Einwilligungsfaumlhig-keit)

Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent muumlssen alle vier Elemente erfuumlllt sein (Vollmann 2000) In der psychiatrischen Praxis stellt insb die Einwilligungsunfaumlhigkeit des Patienten haumlufig ein Problem dar weil diese durch die psychische Stoumlrung bezuumlglich konkreter Ent-scheidungen voruumlbergehend oder dauerhaft aufgehoben sein kann Letzteres kann insb bei Patienten die sich in einem bereits fort-geschrittenen Stadium der Demenz be-finden der Fall sein Von Patientenselbstbe-stimmung im medizinethischen Sinn kann jedoch nur angemessen gesprochen werden wenn eine autonome d h selbstbestimmte Willensaumluszligerung des Patienten vorliegt er also als einwilligungsfaumlhig selbstbestim-mungsfaumlhig einzustufen istZumeist wird in der klinischen Praxis die Pruuml-fung der Einwilligungsfaumlhigkeit durch den behandelnden Psychiater anhand subjektiver Kriterien vorgenommen (vgl Abschnitt von

J Pantel gerontopsychiatrische Perspekti-ve) Aus ethischer Perspektive ist jedoch eine moumlglichst unabhaumlngige nachvollzieh-bare und objektive Feststellung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit im Einzelfall anhand empirisch getesteter reliabler und valider Kriterien zu fordern (Bauer u Vollmann 2002)

Resuumlmee Aus dem medizinethischen Prinzip der Patientenautonomie folgt dass Patienten medizinischen Eingriffen zustimmen muumlssen (Einwilligung) Um hierbei selbstbestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Patient durch den Arzt uumlber Ziel Nutzen und Risiken der Behandlung sowie Behandlungsalter-nativen aufgeklaumlrt werden In der Psychiatrie stellt sich dabei haumlufig die Frage der Einwilli-gungsfaumlhigkeit des Patienten die durch eine psychische Stoumlrung zB eine Demenz auf-gehoben sein kann

Selbstbestimmungsfaumlhigkeit und EinshywilligungsfaumlhigkeitAus der medizinethischen Forschung und der Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein weithin akzeptiertes Kon-zept der Einwilligungsfaumlhigkeit (competence) entwickelt Hiernach muss ein einwilligungs-faumlhiger Patient eine Praumlferenz bilden und kommunizieren koumlnnen die Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis der relevanten Information besit-zen die Natur sowie die wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation erken-nen und die vermittelten Informationen selbststaumlndig und rational verarbeiten koumln-nen (Grisso u Appelbaum 1998 Appelbaum 2007)

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit ndash Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis von gegebenen Informationen (Informationsverstaumlndnis)

ndash Faumlhigkeit zur rationalen d h schlussfol-gernden und abwaumlgenden Verarbeitung der Information in Bezug auf das eigene Leben und die eigenen Werte (Urteilsvermoumlgen)

ndash Faumlhigkeit zum Treffen und Kommunizieren einer Entscheidung (Entscheidungsfaumlhigkeit)

ndash Faumlhigkeit die eigene Situation (psychische Beeintraumlchtigung Stoumlrung und das Vor-handensein diagnostischer und therapeuti-scher Angebote Moumlglichkeiten) und deren Konsequenzen zu erkennen (Krankheits-einsichtBehandlungseinsicht)

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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Literaturhinweise

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Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

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Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Studien auch aus der Psychiatrie belegt ei-nen uumlberwiegenden Wunsch der Patienten nach Information und Beteiligung an Behand-lungsentscheidungen (Vollmann u Helm-chen 1997)

Der Informed ConsentAus dem Prinzip des Respekts vor der Selbst-bestimmung des Patienten leitet sich die medizinethische Regel ab den Kranken uumlber medizinische Eingriffe aufzuklaumlren und da-nach seine Einwilligung einzuholen Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent ist es erforder-lich dass der Patient die fuumlr seine Entschei-dung notwendigen Informationen erhaumllt (Informationsvermittlung) sie versteht (Informationsverstaumlndnis) ohne Zwang ent-scheiden kann (freie Entscheidung) und schlieszliglich aufgrund psychischer Faumlhigkeiten zu einer autonomen Entscheidung in der Lage ist (Selbstbestimmungsfaumlhigkeit Ein-willigungsfaumlhigkeit)

Die Elemente des Informed Consent stellen sich demnach wie folgt dar ndash Disclosure of information (Informations-vermittlung)

ndash Understanding (Informationsverstaumlndnis) ndash Voluntariness (freie Entscheidung) ndash Mental capacity competence (Selbstbe-stimmungsfaumlhigkeit Einwilligungsfaumlhig-keit)

Fuumlr einen guumlltigen Informed Consent muumlssen alle vier Elemente erfuumlllt sein (Vollmann 2000) In der psychiatrischen Praxis stellt insb die Einwilligungsunfaumlhigkeit des Patienten haumlufig ein Problem dar weil diese durch die psychische Stoumlrung bezuumlglich konkreter Ent-scheidungen voruumlbergehend oder dauerhaft aufgehoben sein kann Letzteres kann insb bei Patienten die sich in einem bereits fort-geschrittenen Stadium der Demenz be-finden der Fall sein Von Patientenselbstbe-stimmung im medizinethischen Sinn kann jedoch nur angemessen gesprochen werden wenn eine autonome d h selbstbestimmte Willensaumluszligerung des Patienten vorliegt er also als einwilligungsfaumlhig selbstbestim-mungsfaumlhig einzustufen istZumeist wird in der klinischen Praxis die Pruuml-fung der Einwilligungsfaumlhigkeit durch den behandelnden Psychiater anhand subjektiver Kriterien vorgenommen (vgl Abschnitt von

J Pantel gerontopsychiatrische Perspekti-ve) Aus ethischer Perspektive ist jedoch eine moumlglichst unabhaumlngige nachvollzieh-bare und objektive Feststellung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit im Einzelfall anhand empirisch getesteter reliabler und valider Kriterien zu fordern (Bauer u Vollmann 2002)

Resuumlmee Aus dem medizinethischen Prinzip der Patientenautonomie folgt dass Patienten medizinischen Eingriffen zustimmen muumlssen (Einwilligung) Um hierbei selbstbestimmt entscheiden zu koumlnnen muss der Patient durch den Arzt uumlber Ziel Nutzen und Risiken der Behandlung sowie Behandlungsalter-nativen aufgeklaumlrt werden In der Psychiatrie stellt sich dabei haumlufig die Frage der Einwilli-gungsfaumlhigkeit des Patienten die durch eine psychische Stoumlrung zB eine Demenz auf-gehoben sein kann

Selbstbestimmungsfaumlhigkeit und EinshywilligungsfaumlhigkeitAus der medizinethischen Forschung und der Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein weithin akzeptiertes Kon-zept der Einwilligungsfaumlhigkeit (competence) entwickelt Hiernach muss ein einwilligungs-faumlhiger Patient eine Praumlferenz bilden und kommunizieren koumlnnen die Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis der relevanten Information besit-zen die Natur sowie die wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation erken-nen und die vermittelten Informationen selbststaumlndig und rational verarbeiten koumln-nen (Grisso u Appelbaum 1998 Appelbaum 2007)

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit ndash Faumlhigkeit zum Verstaumlndnis von gegebenen Informationen (Informationsverstaumlndnis)

ndash Faumlhigkeit zur rationalen d h schlussfol-gernden und abwaumlgenden Verarbeitung der Information in Bezug auf das eigene Leben und die eigenen Werte (Urteilsvermoumlgen)

ndash Faumlhigkeit zum Treffen und Kommunizieren einer Entscheidung (Entscheidungsfaumlhigkeit)

ndash Faumlhigkeit die eigene Situation (psychische Beeintraumlchtigung Stoumlrung und das Vor-handensein diagnostischer und therapeuti-scher Angebote Moumlglichkeiten) und deren Konsequenzen zu erkennen (Krankheits-einsichtBehandlungseinsicht)

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Empirische Befunde zeigen eine Korrelation zwischen psychischen Stoumlrungen (z B De-menz oder Schizophrenie) und Einwilligungs-unfaumlhigkeit wobei jedoch von der medizini-schen Diagnose allein nicht auf das Vorliegen von Einwilligungsunfaumlhigkeit geschlossen werden kann (vgl Abschnitt von J Pantel gerontopsychiatrische Perspektive) Es kommt vielmehr darauf an ob der aktuelle psychopatholo gische Zustand des Patienten in der Einwilligungssituation die Einwilli-gungsfaumlhigkeit fuumlr die konkret anstehende Entscheidung be eintraumlchtigt Die genannte Korrelation besagt also nur dass das Risiko der Einwilligungsunfaumlhigkeit bei dementen (oder schizophrenen) Patienten statistisch groumlszliger als bei anderen Personengruppen ist Es muss jedoch darauf hingewiesen werden dass auch bei Patienten mit internistischen Krankheitsbildern und sogar bei gesunden Probanden die Einwilligungsfaumlhigkeit einge-schraumlnkt sein kann (Grisso u Appelbaum 1995a)

Je mehr die oben genannten Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit in einer formalen Pruuml-fung zugrunde gelegt werden umso houmlher ist der Anteil der einwilligungsunfaumlhigen Pa-tienten in allen Diagnosegruppen (Grisso u Appelbaum 1995b) Hierbei wird deutlich dass aus dem wissenschaftlichen Bemuumlhen um mehrdimensionale und sichere Stan-dards zur Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit ein hoher Anforderungsmaszligstab resultiert der in der klinischen Praxis selbst von gesun-den Probanden nicht in allen Faumlllen erfuumlllt werden kann Bei der zugrunde gelegten ethischen Maxime jede Person grundsaumltz-lich als autonomes Wesen zu respektieren werfen diese empirischen Befunde schwer-wiegende und bislang ungeloumlste Probleme bei der theoretischen Konzeptionalisierung und bei der klinischen Pruumlfung der Einwilli-gungsfaumlhigkeit auf denn durch die Auf-klaumlrung und Einwilligung des Patienten soll dessen Selbstbestimmung geschuumltzt und nicht durch zu hohe kognitive Anforderungen bei der Einwilligungsfaumlhigkeitspruumlfung be-schnitten werden Naumlheres zur entsprechen-den Problematik bei der Behandlung von Demenzkranken wird im Abschnitt von J Pantel aus gerontopsychiatrischer Perspek-tive ausgefuumlhrt

Die Schwierigkeit der Beurteilung der Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit und der Konflikt zwi-schen den medizinethischen Prinzipien von autonomy und beneficence liegen vielen Ent-scheidungskonflikten im psychiatrischen Alltag zugrunde Hierzu gehoumlren insb Situati-onen wie sie z B bei freiheitsentziehenden Maszlignahmen der Zwangsunterbringung und -behandlung oder bei der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung auftreten koumlnnen in denen der Arzt gegen den Willen des Kranken handelt (Vollmann 2000 2008a Helmchen 2010) Ein haumlufiges klinisches Beispiel in diesem Zusammenhang stellt ein akut psy-chotischer Patient dar der die vom behan-delnden Arzt empfohlene und aumlrztlich indi-zierte Behandlung (z B eine psychopharma-kologische undoder internistische Behand-lung) ablehnt Dabei aumluszligert der Patient zwar eindeutig einen Willen (sog natuumlrlicher Wille) der jedoch nicht mit einer autonomen Willensaumluszligerung gleichgesetzt werden kann Hierfuumlr muss der Betroffene in der Lage sein die Folgen seines Handelns realistisch abzuschaumltzen und die vom Arzt gegebenen Informationen und Ratschlaumlge zu verstehen abzuwaumlgen und auf seine eigene Situation zu uumlbertragen (s o) Analoge Situationen lassen sich natuumlrlich auch fuumlr Patienten mit Demenz anfuumlhren die aufgrund ihrer kogniti-ven Stoumlrung nicht mehr in der Lage sind die Konsequenzen ihrer Willensaumluszligerung realis-tisch abzuschaumltzen In der Praxis koumlnnen also die Voraussetzungen einer autonomen Wil-lensbestimmung z B durch kognitive Stouml-rungen Wahnvorstellungen Halluzinationen oder formale Denkstoumlrungen eingeschraumlnkt oder ganz aufgehoben sein was bei jedem Patienten fuumlr die konkrete Entscheidungs-situation zu pruumlfen ist

Ein ethisch besonders kontrovers diskutier-tes Thema ist die psychiatrische Beurteilung der Selbstbestimmungsfaumlhigkeit im Kontext von Entscheidungen am Lebensende insb im Vorfeld eines aumlrztlich assistierten Suizids oder einer Toumltung auf Verlangen Im US- Bundesstaat Oregon in dem der aumlrztlich assistierte Suizid unter bestimmten Voraus-setzungen bei einer terminalen Erkrankung rechtlich zulaumlssig ist ist im Falle des Ver-dachts der aufgrund einer komorbiden psy-chischen Stoumlrung eingeschraumlnkten Selbst-bestimmungsfaumlhigkeit eine psychiatrische

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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oder psychologische Beurteilung vorge-schrieben (Goy ua 2008) In der Schweiz wird Suizidbeihilfe in Einzelfaumlllen sogar bei ausschlieszliglich psychischen Erkrankungen geleistet in den Niederlanden neben dem aumlrztlich assistierten Suizid auch die Toumltung auf Verlangen (Nationale Ethikkommission 2005 Regional Euthanasia Review Commit-tees 2012) Insbesondere die moumlgliche Rolle der Psychiater als bdquogate-keepersldquo (Kelly u McLoughlin 2009) wird dabei kontrovers be-urteilt und sollte Anlass geben fuumlr inten sivere konzeptionelle und empirische Forschungs-bemuumlhungen in Medizinethik und Psychiatrie im Hinblick auf dieses oftmals tabuisierte Themenfeld

Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und Autonomie unter be-sonderer Beruumlcksichtigung rechtlicher Aspekte

Demenz ist nicht gleich Demenz demenziel-le Erkrankungen verlaufen mit unterschied-licher Dynamik und bei manchen Demenz-formen in typischen Phasen Aus fachlichen ethischen sowie rechtlichen Gruumlnden kann und darf mit der Diagnose einer der Demenz-formen keine Stigmatisierung stattfinden und duumlrfen Rechtsstellungen und die recht-lichen Handlungsfaumlhigkeiten und Handlungs-faumlhigkeit von Menschen mit Demenz diesen nicht generell und vorschnell abgesprochen werden Menschen mit Demenz sind Men-schen mit Behinderung im Rechtssinne Mit der Behindertenrechtskonvention2 (BRK) wird die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit allen Menschen mit Behinderung zuerkannt und steht die rechtliche Assistenz die Foumlrderung und Unterstuumltzung der Ausuumlbung der recht-lichen Handlungsfaumlhigkeit im Vordergrund Nicht die Substitution von sondern die Befauml-higung zu der Wahrnehmung eigener Rechte und der Entscheidung steht im Vordergrund der Rechterealisierung im modernen Behin-dertenrecht Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz die vorschnell als Pflegebeduumlrftige kategorisiert und in ihren Ressourcen und Kompetenzen einerseits und Teilhaberechten andererseits aus dem Blick geraten Fuumlr alle Laumlnder die die Behindertenrechtskonvention ratifiziert haben und die sich auf fachlich ho-hem Niveau mit der Begleitung von Menschen

mit Demenz auseinandersetzen nehmen ein fachlich und rechtlich angemessener Um-gang mit Menschen mit Demenz mit ihrer rechtlichen Handlungsfaumlhigkeit und speziell mit ihrer Faumlhigkeit zur Wahrnehmung von rechtsgeschaumlftlichen Entscheidungen aber auch Entscheidungen im Zusammenhang mit aumlrztlichen Heilbehandlungen eine zen-trale Rolle ein In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Bemuumlhungen um Assessmentinstrumente zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz ausgehend von der deutschen Rechtslage unter Einbeziehung rechtsver-gleichender Betrachtungsweisen das Problemfeld der Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz bearbeitet

Bedeutung des Artikels 12 der Behindertenshyrechtskonvention Seit dem 26032009 gilt die UN-Behinderten-rechtskonvention (CRPD3) nach ihrer Ratifi-zierung auch in Deutschland als verbindliches Recht4 Sie hat den Rang eines Bundesge-setzes Bei Fragen der Rechtsfaumlhigkeit und Geschaumlftsfaumlhigkeit ist insbesondere Art 12 entscheidend Art 12 Abs 1 BRK enthaumllt eine Garantie die Menschen mit Behinderungen das Recht zusichert in allen Bereichen als Rechtssubjekt anerkannt zu werden Damit wird in der UN-Behindertenrechtskonvention auch die Rechtsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinderungen garantiert Ihnen wird aus-druumlcklich das Recht zuerkannt Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein Die Regelung wiederholt und bekraumlftigt die Regelungen des Art 16 des UN-Zivilpakts5 und des Art 6 der allgemeinen Erklaumlrung der Menschen-rechte6 Art 12 Abs 2 der UN-Behinderten-rechtskonvention spricht Menschen mit Behinderung auszligerdem Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen in Bezug auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu Vorbild fuumlr diesen Gleichberechtigungsgrundsatz war Art 15 Abs 2 und 3 der UN-Frauenrechts-konvention (CEDAW)7

Gleichberechtigt mit anderen bedeutet fuumlr Menschen mit Behinderung dass diese unter denselben Voraussetzungen wie Menschen ohne Behinderungen Rechtsfaumlhigkeit und Handlungsfaumlhigkeit beanspruchen koumlnnen Auch behinderte Menschen sind damit un-eingeschraumlnkt rechtsfaumlhig Sie koumlnnen aber

2 Vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemen-schenrechtsinstrumentehtml3 Convention on the Rights of Persons with Disabilities vgl wwwins-titut-fuer-menschenrech-tedemenschenrechtsin-strumentevereinte-natio-nenmenschenrechtsab-kommenbehinderten-rechtskonvention-crpdht-ml4 wwwbgbldebanzxa-verbgbltextxavSID= amptf=xavercomponentText_0amp tocf=ampqmf =amphlf =xavercomponentHit list_0ampbk=bg blampstart= 2F2F[40node_id 3D2729943127] ampskin=pdfamptlevel= 2ampno-hist=15 International Covenant on Civil and Political Rights vgl wwwinstitut-fuer-menschenrechtedemenschenrechtsinstru-mentevereinte-nationenmenschenrechtsabkom-menzivilpakt-iccprhtmlc14436 wwwohchrorgENUDHRPagesLanguageaspxLangID=ger7 wwwinstitut-fuer-men-schenrechtedemen-schenrechtsinstrumentevereinte-nationenmen-schenrechtsabkommenfrauenrechtskonvention-cedawhtml

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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aus tatsaumlchlichen Gruumlnden entsprechend ihren Moumlglichkeiten zu behandeln und zu foumlr-dern sein

Sowohl die Geschaumlftsfaumlhigkeit als auch die Deliktsfaumlhigkeit setzen voraus dass ein Mensch in der Lage ist die Bedeutung seines Verhaltens zu beurteilen und auch nach die-ser Einsicht zu handeln Nur dann kann ihm die Rechtsordnung auch die Folgen seines Verhaltens zurechnen das heiszligt ihn als geschaumlftsfaumlhig oder deliktsfaumlhig ansehen Art 12 Abs 5 der UN-Behindertenrechtskon-vention nennt Beispiele fuumlr die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Dazu zaumlhlt insbesondere das Recht Eigentum inne zu haben zu erben und das Recht die eigenen finanziellen An-gelegenheiten zu regeln Insbesondere ist gesetzlich verboten Menschen mit Behinde-rungen willkuumlrlich ihr Eigentum zu entziehen Das Eigentumsrecht ergibt sich ebenfalls aus Art 17 der allgemeinen Erklaumlrung der Men-schenrechte

Nach Art 12 Abs 4 der UN-Behinderten-rechtskonvention ist es Aufgabe der Vertrags-staaten sicherzustellen dass geeignete Maszlignahmen die die Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit betreffen im Ein-klang mit den internationalen Menschen-rechtsnormen durch wirksame Sicherungen vorgesehen werden Missbraumluche sind zu verhindern Diese Sicherungen sollen ge-waumlhrleisten dass das Recht der Wille und die Praumlferenzen der betroffenen Personen geachtet werden Interessenkonflikte und missbraumluchliche Einflussnahme sind zu ver-hindern Die diesbezuumlglichen Maszlignahmen sind auf die Umstaumlnde der betreffenden Per-sonen zuzuschneiden Eingriffe sind in zeit-licher Hinsicht auf moumlglichst kurze Dauer zu beschraumlnken und muumlssen einer regelmaumlszligi-gen Uumlberpruumlfung durch eine zustaumlndige un-abhaumlngige und unparteiische Behoumlrde oder gerichtlichen Stelle unterliegen

Menschenrechtliches Behinderungsshyverstaumlndnis Die Behindertenrechtskonvention (BRK) enthaumllt sich einer Definition von Behinderung im Rechtssinne Sie beschreibt ein Verstaumlnd-nis von Behinderung das einer Weiterent-wicklung das kulturellen Interpretationen und Oumlffnungen zugaumlnglich ist Sie wendet sich

von einem medizinischen Modell von Behin-derung ab und dem sozialen oder menschen-rechtlichen Modell von Behinderung zu Bei diesem Modell liegt der Blick nicht in erster Linie auf der medizinischen Beeintraumlchtigung eines Menschen Nicht die Defizite und Funktionsstoumlrungen stehen im Vordergrund Es nimmt vielmehr die Umstaumlnde in den Blick auf die ein Mensch mit einer funktio-nellen Beeintraumlchtigung oder Schaumldigung in seinem Alltag trifft sei es beim Einkauf bei der Arbeit im oumlffentlichen Nahverkehr im Alltagsmanagement in der Pflege oder eben auch im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie Diese Umstaumlnde koumlnnen teilhabefreundlich sein sie koumlnnen aber auch eine Teilhabe und eine Entschei-dungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rung erschweren oder gar verhindern Der Behinderung wird in dieser von der BRK vorgegebenen Sichtweise auf Barrieren zu-ruumlckgefuumlhrt auf die ein Mensch mit einer funktionalen Beeintraumlchtigung stoumlszligt Dabei sind die im Wege stehenden Barrieren fuumlr die Teilhabe nicht nur Hindernisse in der Um-welt zB baulicher Art sondern auch und gerade von Einstellungen gegenuumlber behin-derten Menschen gepraumlgt und von ihnen ver-ursacht Insofern wird Behinderung als ein soziales Konstrukt und nicht als individuelles Defizit verstanden Daher ist es Aufgabe der Vertragsstaaten der jeweiligen Regierungen oder Parlamente Behinderungen festzustel-len und Abhilfe zu schaffen Die Realisierung von Menschenrechten und die systemati-sche Inblicknahme der Barrieren zur Realisie-rung von Menschenrechten praumlgen ein modernes Verstaumlndnis von Behinderung Dies gilt auch fuumlr Menschen mit Demenz Sie werden schnell stigmatisiert werden mit Ein-stellungen konfrontiert die ihre Handlungs-faumlhigkeit und Wahrnehmung von Situationen und entscheidungsrelevante Einstellungen absprechen Verbreitet sind Entscheidungen fuumlr und nicht mit Menschen mit Demenz Hierin liegen die besonderen Herausforde-rungen eines menschenrechtsorientierten Behinderungsbegriffes fuumlr Menschen mit Demenz Die Empirie verweist bezogen auf die aumlrztliche Heilbehandlung von Menschen mit Demenz auf die Verbreitung rechtlich nicht legitimierter stellvertretender Entschei-dungen im klinischen Alltag und im Alltag von Pflegeheimen (Glaeske 2011) Bei einer

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

04

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

Literatur

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Auseinandersetzung mit Fragen der Ein-willigungsfaumlhigkeit von Menschen mit Demenz und der Wuumlrdigung der Vorgaben von Artikel 12 BRK muss diese empirische Evidenz der Verletzung von Menschenrech-ten reflektiert werden Es ist naheliegend dass bei einer diagnoseorientierten Betrach-tung der Demenz ein klassisches medizini-sches Behinderungsverstaumlndnis handlungs-leitend ist und ein menschenrechtliches ver-nachlaumlssigt wird

Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit Im deutschen Recht wird die aumlrztliche Heil-behandlung hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulaumlssigkeit und Legitimation abhaumlngig ge-macht von der informierten Einwilligung (informed consent) des Patienten (vgl Ab-schnitt von J Vollmann ethische Perspekti-ve) Ein aumlrztlicher Heileingriff erfuumlllt ohne Einwilligung des Patienten in der Regel den Tatbestand einer Koumlrperverletzung 8 Die Ein-willigung laumlsst die Rechtswidrigkeit des Eingriffs entfallen der ansonsten als Koumlrper-verletzung zu werten waumlre Durch das Pati-entenrechtegesetz wird die Einwilligung in die aumlrztliche Heilbehandlung seit 2013 in Deutschland positiv rechtlich und nicht nur aus dem Richterrecht abgeleitet Grundsaumltz-lich ist die Einwilligung in der Situation zu geben sect 1901a BGB sieht allerdings auch vor dass die Einwilligung in eine aumlrztliche Heilbehandlung auch vorab erteilt werden kann ggf in einer Patientenverfuumlgung Als einwilligungsfaumlhig gilt der der Art Bedeu-tung und Tragweite (Risiken) der aumlrztlichen Heilbehandlungsmaszlignahmen erfassen kann9 Einwilligungsfaumlhigkeit wird nicht gleichgesetzt mit der Geschaumlftsfaumlhigkeit sie kann sowohl bei Geschaumlftsunfaumlhigen als auch bei Geschaumlftsfaumlhigen vorliegen Es kommt jeweils darauf an inwieweit der jeweilige Patient die Faumlhigkeit besitzt resp in dieser Faumlhigkeit unterstuumltzt werden kann die Reichweite seiner Entscheidung und damit auch die zur Entscheidung stehende Heilbehandlungsmaszlignahme mit ihren Folgen resp den Folgen ihrer Nichtergreifung ein-schaumltzen kann oder nicht Maszliggeblich ist die Faumlhigkeit je nach Eingriff und Verfassung des Patienten die Komplexitaumlt der Maszlig-nahme konkret zu erfassen Danach gilt Je komplexer der Eingriff ist in den eingewilligt werden soll desto houmlher sind die juristischen

Anforderungen die an die Einwilligungs-faumlhigkeit zu stellen sind Die konstituieren-den Elemente der Einwilligungsfaumlhigkeit wurden bereits im Abschnitt von J Vollmann dargestellt An dieser Stelle soll erneut dar-auf Bezug genommen werden

Zu den Voraussetzungen der Einwilligungs-faumlhigkeit gehoumlren im Einzelnen ndash Das Verstaumlndnis der Patient muss uumlber die Faumlhigkeit verfuumlgen einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen

ndash Die Verarbeitung Er muss die Faumlhigkeit besitzen bestimmte Informationen auch bezogen auf Folgen und Risiken in ange-messener Weise zu verarbeiten

ndash Die Bewertung Er muss die Faumlhigkeit be-sitzen die Information auch im Hinblick auf die Behandlungsalternativen angemes-sen zu bewerten

ndash Die Bestimmbarkeit des Willens Er muss die Faumlhigkeit haben den eigenen Willen auf der Grundlage von Verstaumlndnis Ver-arbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen

Damit werden indirekt sowohl interpersonale als auch kontextuelle Faktoren fuumlr die situa-tive Einwilligungsfaumlhigkeit als maszliggeblich benannt Es kommt auf die Kontexte an in denen sich der Patient befindet (sozial insti-tutionell materiell kulturell) Es kommt auf die psychische Verfassung an in der er sich befindet auf seine intellektuelle Faumlhigkeit und auf die schon benannte Art und Komple-xitaumlt des Eingriffes Eine interdisziplinaumlre Betrachtung von Fragen der Einwilligungs-faumlhigkeit macht deutlich dass auch aus neu-rowissenschaftlicher und gerontopsychia-trischer Perspektive das Konstrukt der Ein-willigungsunfaumlhigkeit in der Statik und Reich-weite mit der es im medizinrechtlichen Diskurs Verwendung findet keine Fundie-rung hat vielmehr eine houmlchst differenzierte Betrachtungsweise geboten ist (vgl folgen-den Abschnitt von J Pantel gerontopsychia-trische Perspektive) Ist der Betroffene nicht einwilligungsfaumlhig besteht die Berechtigung seines Bevollmaumlchtigten resp Betreuers ori-entiert am Wohl des Betroffenen und unter Beruumlcksichtigung seiner Wuumlnsche und in hermeneutischer Interpretation der aktuellen Situation und Befindlichkeit des Patienten zu entscheiden Die stellvertretende Entschei-

8 Vgl BGH AZ IV StR70094 Urteil vom 29 Juni 1995 ndash 4 StR 760949 BGH AZ IV StR52557 Urteil vom 28 November 1957 ndash 4 StR 52557 ndash BGHSt 11 111 ndash 116

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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dung ist gemaumlszlig sect 1902 BGB im Lichte des Artikels 12 BRK aber nur dann und insoweit zulaumlssig als eine Unterstuumltzung eine recht-liche Assistenz des Betroffenen zur Herstel-lung seiner Entscheidungsfaumlhigkeit aus-scheidet auch wenn es sich nur um eine par-tielle handelt Insofern ergibt sich schon aus dem geltenden Betreuungsrecht in Deutsch-land noch deutlicher aus Artikel 12 BRK dass alles getan werden muss um die Ent-scheidung des betroffenen Patienten als eigene Entscheidung zu ermoumlglichen bzw ihn an der Entscheidung zu beteiligen wie schon sect 1901 BGB vorschreibt Er hat einen Anspruch auf Unterstuumltzung in der Entschei-dungsfindung Dabei sind sowohl die aktuel-le Lebenssituation als auch fruumlher geaumluszligerte Wuumlnsche die Kontinuitaumlt in der Lebens-fuumlhrung sowie Vorstellungen von Autonomie einzubeziehen

Notstandsentscheidungen schlieszligt das deut-sche Recht im Zusammenhang mit der Ent-scheidung uumlber aufschiebbare Heilbehand-lungsmaszlignahmen aus Es darf nicht stellver-tretend eine Abwaumlgung uumlber die Rechtsguumlter von Leben und Gesundheit einerseits und Selbstbestimmung andererseits gefaumlllt wer-den10 Auch Zwangsbehandlungen scheiden in aller Regel aus Sie sind nur in den engen Grenzen des sect 1906 BGB zugelassen Weder die Diagnose Demenz noch das Vorhanden-sein eines Bevollmaumlchtigten oder die Bestel-lung eines Betreuers beschraumlnken als solche die rechtliche Handlungsfaumlhigkeit des Patien-ten Dies ist bei den klinischen Assessments zur Feststellung der Einwilligungsunfaumlhigkeit ebenso zu beruumlcksichtigen wie in der alltaumlg-lichen klinischen Praxis Daraus ergeben sich Konsequenzen fuumlr den Umgang mit Fragen der Einwilligungsfaumlhigkeit bei Menschen mit Demenz Im Vordergrund steht die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der legal capacity und die Assistenz bei der Wahrnehmung der eigenen Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit Die Instrumente der stellvertretenden Einwilli-gung sind der BRK unbekannt und kommen nur im Ausnahmefall zur Geltung Praktisch heiszligt dies dass bei (partieller) Einwilligungs-unfaumlhigkeit Prozeduren festzulegen sind wie diese festgestellt und mit der (partiellen) Einwilligungsunfaumlhigkeit umzugehen ist Von besonderer Bedeutung sind Vorausverfuumlgun-gen sei es in Formen von Advance Care

Planning Ansaumltzen (Pleschberger 2011) Auch Patientenverfuumlgungen kommen in engen Grenzen als Maszliggabe in Betracht wenn sie hinreichend konkretisiert sind und sich auf die konkrete Entscheidungssituation beziehen Die groumlszligte Bedeutung ist ein hermeneutisches Fallverstehen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Demenz in der jeweiligen Situation in ihren Lebens- und Wesensaumluszligerungen verstehen und diese Aumluszligerungen in den Kontext der Ausuumlbung der rechtlichen Handlungsfaumlhig-keit zu stellen Es kann notwendig werden advokatorische Funktionen bei der Entschei-dungsfindung resp der Feststellung der Entscheidungsfaumlhigkeit sicherzustellen sei es durch Betreuer durch Gegenbetreuer durch Verfahrenspfleger durch von dem Be-troffenen benannte Personen des Vertrauens oder eine gesonderte rechtliche Assistenz Kann eine Klaumlrung nicht einvernehmlich zwischen den Beteiligten erfolgen sieht das deutsche Betreuungsrecht die Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor etwa sectsect 1901a ff 1904 1906 BGB (vgl Klie 2014)

Zusammenfassend laumlsst sich festhalten dass Demenz nach dem deutschen Recht aber auch nach den Erkenntnissen der Geronto-psychiatrie und der Neurowissenschaften nicht mit Einwilligungsunfaumlhigkeit gleichge-setzt werden darf Es bedarf einer genauen Pruumlfung der Einwilligungsfaumlhigkeit wie weit sie reicht welche Voraussetzungen geschaf-fen werden koumlnnen dass sie moumlglichst weit-gehend erhalten bleibt Im Mittelpunkt steht die Unterstuumltzung der Entscheidungsfaumlhig-keit des Betroffenen durch Kontextgestal-tung durch Information durch Begleitung und Beratung und durch die Einbeziehung von Vertrauensloumlsungen Patientenverfuumlgun-gen im engeren Sinne nach deutschem Recht sind in der Regel nicht weiterfuumlhrend lassen sich nicht spezifisch genug auf die je-weiligen Entscheidungssituationen beziehen (Klie u Student 2007) Vorsorgevollmachten und Betreuung sind rechtlich bedeutsam und relevant aber als solche kein Garant fuumlr die Sicherung der Selbstbestimmung und Unter-stuumltzung der Entscheidungsfaumlhigkeit Ist bei allen Bemuumlhungen dem Betroffenen eine rechtlich bindende Entscheidung nicht moumlg-lich da die Situation zu komplex ist die Erkrankung eine Verarbeitung von Informati-

10 Bundesverfassungs-gericht Urteil vom 2303 2011 AZ 2BvR88208

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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onen und eine daraus abzuleitende Entschei-dung unmoumlglich macht dann haben Dritte in seinem besten Interesse zu entscheiden orientiert an seinen Wuumlnschen seinem Willen und seinen Wesensaumluszligerungen

Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive

Bei der Uumlberpruumlfung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Demenzpatienten steht der behan-delnde Arzt vor einer Reihe von medizini-schen Herausforderungen Zum einem steht er vor der Aufgabe die Bezuumlge zwischen einer jeweils vorliegenden Symptomatologie (bzw Diagnose) und dem (rechtlichen Kon-strukt) der Einwilligungsfaumlhigkeit (vgl Ab-schnitt von T Klie rechtliche Perspektive) moumlglichst differenziert darzustellen Erst dies macht die Beobachtungsgrundlage fuumlr eine Operationalisierung der Einwilligungs-faumlhigkeit im klinischen Kontext transparent Diese fragt ja letztlich nach dem Vorhanden-sein von klinisch oder psychometrisch objektivierbaren Kriterien die eine Zuord-nung von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwil-ligungsunfaumlhigkeit im Einzelfall begruumlnden (vgl hierzu die vorausgehenden Abschnitte von J Vollmann ethische Perspektive und T Klie rechtliche Perspektive) Hierbei sollte der Behandler auch situative Aspekte bzw Kontextbedingungen sorgfaumlltig beruumlcksichti-gen bzw erkennen die einen Einfluss auf die Einwilligungsfaumlhigkeit in einer konkreten Einzelsituation haben koumlnnen

Beziehung zwischen Demenzdiagnose und EinwilligungsfaumlhigkeitBezuumlglich der Beziehung von der Diagnose zum Vorliegen von Einwilligungsfaumlhigkeit bzw Einwilligungsunfaumlhigkeit vertreten wir hier die Auffassung dass ein Kurzschluss von der Diagnose bdquoDemenzldquo zur Feststel-lung von Einwilligungsunfaumlhigkeit unbedingt vermieden werden sollte Selbst die Verbin-dung der Diagnose mit einer klinisch begruumln-deten Schweregradeinschaumltzung (zB leich-te mittelgradige schwere Demenz) stellt nur ein sehr grobes Raster zur Verfuumlgung das in den meisten Faumlllen fuumlr eine zuverlaumlssige Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit nicht ausreichend sein wird

Wie bei allen psychiatrischen Diagnosen ist auch die Diagnose einer Demenz ein klini-sches Konstrukt das u a auf der Beobach-tung verschiedener psychopathologischer Symptome und Verhaltensmerkmale eines individuellen Patienten beruht Folgt man den guumlltigen Diagnosemanualen (ICD-10 DSM-5) so erfordert die Diagnose einer De-menz das chronische Vorliegen von Leis-tungsdefiziten in einer oder mehreren kogni-tiven Domaumlnen (das DSM-5 nennt hier beispielhaft die Domaumlnen Aufmerksamkeit Exekutivfunktionen Lernen und Gedaumlchtnis perzeptiv-motorische Faumlhigkeiten und soziale Kognition APA 2013) die zu einer erheblichen Beeintraumlchtigung von Alltags-kompetenz und Sozialbeziehungen fuumlhren Dokumentiert werden muumlssen daruumlber hin-aus das Abweichen von einem fruumlheren Kompetenzlevel und der Ausschluss einer anderen Erkrankung die die Defizite erklaumlren koumlnnten (zB ein Delir) Die Erfuumlllung dieser Kriterien erlaubt die syndromale Zuordnung der diagnostischen Kategorie bdquoDemenzldquo die dann durch die Beruumlcksichtigung weiterer Informationen (Verlaufsdynamik Auspraumlgung und Relation pathognomonischer Einzel-symptome bildgebende Verfahren etc) hin-sichtlich nosologischer Unterkategorien wei-ter differenziert werden kann (zB Demenz bei Alzheimer Krankheit) Entscheidend hier-bei ist jedoch dass medizinische Diagnostik immer eine Abstraktion und Reduktion und damit auch den Verlust von Information be-deutet Aus der Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo und selbst aus der differenzierteren die Ursache der Demenz spezifizierenden noso-logischen Diagnose lassen sich daher niemals das den konkreten Einzelfall bestim-mende Profil und die jeweilige Auspraumlgung neuropsychologischer und psychopathologi-scher Einzelsymptome (zB Merkfaumlhigkeits-stoumlrung Sprachstoumlrung Aphasie) mit ausrei-chender Praumlzision bestimmenBei der Bestimmung der Einwilligungsfaumlhig-keit eines Menschen mit Demenz ist viel-mehr zu bedenken dass Krankheitsverlaumlufe innerhalb dieses Diagnosespektrums groszlige interindividuelle Unterschiede aufweisen koumlnnen Dies bestaumltigen neben der klinischen Erfahrung auch zahlreiche systematische neuropsychologische Untersuchungen wo-nach die Diagnose bdquoDemenzldquo keine gleich-maumlszligig globale oder gar bdquodiffuseldquo Einschraumln-

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

Materialverzeichnis

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Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

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Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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kung von (kognitiven) Faumlhigkeiten und Kom-petenzen bedeutet sondern differenzielle Verlaumlufe in einzelnen Faumlhigkeiten beobachtet werden koumlnnen Diese machen auch ndash gera-de bei der Beurteilung der Einwilligungs-faumlhigkeit ndash eine differenzierte individualisierte Herangehensweise notwendig Bereits der bis heute die gesamte Psychiatrie und Psy-chopathologie praumlgende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1910) hatte erkannt dass viele Formen der Demenz aus ldquoeinem Mosaik von Einzelstoumlrungenldquo zusammengesetzt seien (zitiert nach Pantel u Schroumlder 2006) bei dem unterschiedliche kognitive Einbuszligen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf die jeweiligen Funktionseinbuszligen eines Patien-ten haben koumlnnen Neuropsychologisch- morphologische Korrelationsstudien ver-weisen darauf dass selbst innerhalb der gleichen nosologischen Kategorie (zB Alzheimer Demenz) die Varianz des neuro-psychologischen Defizitprofils eher durch die Verteilung und regionale Auspraumlgung zerebraler Pathologie als durch die eigent-liche diagnostische Kategorie erklaumlrt wird (Pantel ua 2004) Hinzu kommt dass es zwischen einzelnen Demenzursachen sogar regelhaft erhebliche Unterschiede hinsicht-lich der regionalen Auspraumlgung kortikaler bzw Schaumldigungsmuster gibt die zu unter-schiedlichen Symptomauspraumlgungen fuumlhren und durch die Syndromdiagnose bdquoDemenzldquo in keiner Weise abgebildet werden So be-eintraumlchtigten einzelne Formen der Demenz (zB klinische Varianten der Frontotempora-len Lobaumlrdegeneration) die Sprachproduktion in groumlszligerem Maszlige und zu einem fruumlheren Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs als bei-spielsweise das Sprachverstaumlndnis oder an-dere kognitive Faumlhigkeiten waumlhrend bei Erkrankten mit Lewy-Koumlrperchen-Demenz die mit Parkinson-Symptomen einher geht Mimik und Gestik und damit der nonverbale Ausdruck beeintraumlchtigt ist Hieraus laumlsst sich ableiten dass die Auffassungsgabe und die Kommunikationsfaumlhigkeiten bei jedem Menschen mit Demenz in unterschiedlicher Weise beeintraumlchtigt jedoch auch erhalten sein koumlnnen Dies betrifft demnach auch die Einwilligungsfaumlhigkeit die bei einem Men-schen mit Demenz sowohl dauerhaft als auch voruumlbergehend sachverhaltspezifisch als auch sachverhaltunspezifisch aufgeho-ben aber durchaus auch gegeben sein kann

Klinische Beurteilung der Einwilligungsshyfaumlhigkeit bei Menschen mit DemenzBei der Beurteilung der Einwilligungsfaumlhig-keit ist der behandelnde Arzt den obigen Ausfuumlhrungen zufolge auf eine praumlzise und sorgfaumlltige klinische Beobachtung und Be-schreibung des jeweils individuellen Defizit- bzw Kompetenzprofils angewiesen und steht gleichzeitig vor der Herausforderung seine Beobachtungen hinsichtlich der Faumlhig-keiten des Patienten zu bewerten den in Rede stehenden medizinischen Sachverhalt zu verstehen und hieraus adaumlquate Schluss-folgerungen zu ziehen (vgl hierzu die Ab-schnitte ethische und rechtliche Perspekti-ve) Grundsaumltzlich lassen sich die erforder-lichen Informationen auch im Rahmen eines freien Interviews bzw einer nicht standardi-sierten Exploration unter Hinzuziehung einer neuropsychologischen Profildiagnostik ge-winnen Hierbei stellt sich jedoch nicht nur dem mit der Aufgabenstellung unerfahrenen Arzt die Frage nach der Standardisierung seines Vorgehens (zB anhand eines Inter-viewleitfadens) und der praumlzisen Operationa-lisierung seiner Einschaumltzung Hierfuumlr stehen jedoch nur wenige Instrumente zur Verfuuml-gung von denen das validierte Instrument MacCAT (Appelbaum 2007) im klinischen und wissenschaftlichen Kontext heute als eine Art bdquoGoldstandardldquo zur Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt Allerdings beruht der MacCAT sehr stark auf verbalen Inter-aktionen so dass die Vermutung nahe liegt dass der MacCAT Menschen mit Demenz und insbes Menschen mit selektiver Be-eintraumlchtigung der verbalen Faumlhigkeiten sys-tematisch benachteiligt

Die Rolle der KontextbedingungenNicht allein aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wird die haumlufigste Situation in der klinischen Praxis heute noch darin be-stehen dass die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Menschen mit Demenz gar nicht oder nur sehr oberflaumlchlich festgestellt wird Somit wird zu Lasten des Selbstbestimmungsrech-tes der Patienten einfach uumlber dieses grund-legende Problem hinweggegangen Dies ist eindeutig als ein Missstand zu beschreiben Selbst wenn jedoch Problembewusstsein und guter Wille vorhanden sind gelingt die Beur-teilung nicht immer in angemessener Weise da eine Reihe von situativen Aspekten und

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Kontextbedingungen diesem Ziel in der klini-schen Praxis entgegenstehen koumlnnen (vgl hierzu Haberstroh u Oswald in diesem Heft)

ndash So kann die Art und Komplexitaumlt der darge-botenen Informationen den Patienten uumlber-fordern und muumlssten ggf an die Faumlhigkeiten des Patienten angepasst werden

ndash Auch koumlnnen die Kenntnisse und Erfahrun-gen des Arztes bei der Beurteilung der Ein-willigungsfaumlhigkeit unzureichend sein Da diese Kompetenz im Medizinstudium und zumeist auch in der Facharztausbildung (zumal bei nicht-psychiatrischen Fachrich-tungen) nicht ausreichend vermittelt wird wird dies haumlufig auch noch bei klinisch sehr erfahrenen Aumlrzten zutreffen

ndash Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist sicherlich auch der Zeitfaktor Die Beurtei-lung der Einwilligungsfaumlhigkeit und eine patientengerechte Aufklaumlrung erfordern Zeit und Muszlige die im hektischen Alltag von Klinik und Praxis haumlufig nicht zur Ver-fuumlgung stehen

ndash Schlieszliglich koumlnnen auch Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung einer angemessenen Feststellung der Einwilligungsfaumlhigkeit ge-rade bei Menschen mit Demenz entgegen-stehen Gerade diese Patienten neigen aufgrund ihrer selbst wahrgenommenen Defizite dazu Therapeuten und anderem medizinischen Personal in besonderem Maszlige manchmal nahezu blind zu vertrau-en Umgekehrt tendieren Aumlrzte und Pflege-personal dazu demenzkranke Menschen fuumlrsorglich zu entmuumlndigen anstelle diese so weit wie moumlglich in ihrer Autonomie zu staumlrken Dieser Paternalismus muss sich nicht immer zum Schaden des Patienten auswirken Die Freiheit zur selbstbestimm-ten Entscheidung kann auch als Belastung bzw Uumlberforderung empfunden werden gerade wenn es sich um die Beurteilung komplexer medizinischer Sachverhalte handelt Somit kann die Delegation dieser Verantwortung an eine Person des Ver-trauens die im besten Fall bereits einen vorab gewaumlhrten Bonus als bdquoExperte fuumlr mein Wohlergehen als Patientldquo besitzt als emotionale Entlastung als Reduktion von Angst und Unsicherheit erlebt werden Gleichwohl sollte diese Uumlberlegung nicht dazu verleiten bei Menschen mit Demenz die Wahrnehmung des elementaren Rechts

auf Selbstbestimmung von vornherein nicht zu ermoumlglichen

Hieraus ergibt sich dass die Beurteilung der Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten mit Demenz im Einzelfall eine komplexe aumlrztliche Aufgabe ist die eine sorgfaumlltige klinische Beobachtung eine kritische Reflexion der eigenen Beobachtungsgrundlagen Erfah-rung sowie eine Beruumlcksichtigung relevanter Kontextfaktoren erfordert Eine Standardisie-rung des Vorgehens ndash zB anhand von ein-gefuumlhrten Erhebungsinstrumenten ndash dient der Strukturierung des Beurteilungsprozesses sowie der Transparenz und Kommunizier-barkeit Sie ist insbesondere fuumlr den klinisch unerfahrenen Behandler eine haumlufig uner-laumlssliche Hilfe Gleichwohl ist festzustellen dass hier insbesondere im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung von Aumlrzten und sonstigem therapeutischen Personal ein groszliger Nachholbedarf besteht und dass daruumlber hinaus die (Weiter)-Entwicklung von adaumlquaten eine differenzierte Beurteilung erlaubenden Instrumenten eine wichtige Zukunftsaufgabe darstellt der sich ua das Projekt EmMa11 widmet

Ausblick

Sowohl eine differenzierte fachliche Ausein-andersetzung mit Demenz als Syndrom in seinen vielfaumlltigen Variationen als auch eine menschenrechtliche Befassung mit einem Verstaumlndnis von Behinderung und von Men-schen mit Demenz als Behinderung stehen den in der Praxis verbreiteten paternalisti-schen Entscheidungstraditionen und Routi-nen stellvertretender Entscheidungen durch Betreuer aber auch Aumlrzten und Pflegekraumlf-ten entgegen Das ist eine Herausforderung fuumlr die Institutionen und Berufsgruppen die Menschen mit Demenz und ihre Ange-houmlrigen begleiten Sie haben eine paradig-matische Wendung in ihrem fachlichen und juristischen Verstaumlndnis von Demenz und der Konstruktion von Einwilligungsfaumlhigkeit zu vollziehen Diese steht aber im Konflikt zu dem Interesse von Institutionen an einem zuumlgigen routinisierbaren und rechtliche Handlungssicherheit herstellenden Verfahren Insofern stellt sich eine menschenrechtlich fokussierte Betrachtungsweise von Fragen

11 bdquoFoumlrderung der Einwil-ligungsfaumlhigkeit in medizi-nische Maszlignahmen bei Demenz durch ressour-cenorientierte Kommuni-kationldquo www1uni-frank-furtdefbfb04we5al-ternswissenschaftperso-nenEmMa-Forschungs-gruppe

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Aus dem DZA

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

Literaturhinweise

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Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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der Einwilligungsfaumlhigkeit potentiell als bdquoBe-hinderungldquo fuumlr die Rationalitaumlt der Entschei-dungsfindung im medizinischen Alltag dar

Die Einwilligungsfaumlhigkeit eines Patienten kann nicht aus seiner medizinischen Diagno-se abgeleitet werden sondern muss im Einzelfall in Relation zum Einwilligungstatbe-stand anhand moumlglichst objektiver Kriterien festgestellt werden Dies gilt selbstverstaumlnd-lich auch beim Vorliegen einer Demenzdiag-nose aus der keinesfalls automatisch bzw kurzschluumlssig auf das Vorliegen von Einwilli-gungsunfaumlhigkeit geschlossen werden darf (vgl Abschnitt gerontopsychiatrische Pers-pektive) Zur moumlglichst unparteilichen und reliablen Feststellung der Einwilligungsfaumlhig-keit sind weitere empirische Untersuchun-gen erforderlich da diese medizinethische Frage fuumlr viele Problembereiche in der Be-handlung demenzkranker Menschen (frei-heitsentziehende Maszlignahmen Zwangsun-terbringung und -behandlung Entscheidun-gen am Lebensende etc) grundlegend ist Es ist fachlich rechtlich und kulturell von groumlszligter Bedeutung dass fuumlr die zweifellos schwierigen Entscheidungen im Einzelfall Instrumente entwickelt werden die die Ein-schaumltzung der Einwilligungsfaumlhigkeit besser als in der Vergangenheit zulassen Noch be-deutsam ist es Prozeduren der Aushandlung im klinischen Alltag zu verankern die nicht eine statische sondern eine prozessorien-tierte Betrachtung der Einwilligungsfaumlhigkeit und der jeweils zu treffenden Entscheidun-gen unterstuumltzen Es stellen sich aber auch Anforderungen an die Patienten selbst Mit der Diagnose Demenz besteht die Moumlglich-keit und in gewisser Weise auch das Obligo fuumlr jeden sich prognostisch mit dem moumlg-lichen Verlauf der Erkrankung und ndash im Sinne des Ansatzes von Advance Care Planning ndash mit dem was an Entscheidungen antizipier-bar ist auseinanderzusetzen sowie Fest-legungen ndash resp Anhaltspunkte ndash zu formu-lieren die fuumlr diejenigen Personen die die Entscheidungsfindung spaumlter unterstuumltzen oder stellvertretend Entscheidungen treffen sollen wenn schon nicht die Gewissheit so doch die relative Sicherheit vermitteln den bdquomutmaszliglichen Willenldquo des Betroffenen in der Situation erkennen und befolgen zu koumlnnen Das bedeutet auch sich einem an-deren Verstaumlndnis von Autonomie zu oumlffnen

das nicht mit Autarkie zu verwechseln ist Die Vorstellung der Selbstbestimmung als aktuelle oder dezidiert auf eine bestimmte Situation in der Zukunft bezogene Willens-aumluszligerung verkennt die anthropologisch tiefe Bedeutung von Autonomie dem bdquoGesetz des Eigenenldquo Autonomie im Sinne des bdquoeigenen roten Fadens des Lebensldquo bezieht Situationen und Existenzformen mit ein in denen ich auf andere Menschen verwiesen bin Die Akzeptanz von Abhaumlngigkeit gehoumlrt zu den Grundlagen einer Anthropologie des Alters Die Akzeptanz faumlllt dann leichter wenn ich gewiss sein kann dass um die not-wendigen Entscheidungen weiterhin mit mir gerungen wird und ich einbezogen binAutoreninfo und KontaktProf Dr Thomas Klie lehrt an der Evangeshylischen Hochschule Freiburg oumlffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Er ist Mitglied der Kommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregieshyrung sowie Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des Zweiten Engagementberichts der Bundesregierung

Kontakt ThomasKlie ehshyfreiburgekibade Prof Dr med Dr phil Jochen Vollmann leitet das Institut fuumlr Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der RuhrshyUniversitaumlt Bochum Kontakt jochenvollmann ruhrshyunishybochumde Prof Dr med Johannes Pantel leitet den Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut fuumlr Allgemeinmedizin der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt aM Kontakt Pantelallgemeinmedizinunishyfrankfurtde Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Informed Consent bei Demenz

Unsere Gesellschaft und das medizinische Versorgungssystem werden in den naumlchsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4 ndash 6 weiteren Grunder-krankungen sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maszlignahmen (Attems ua 2006) Jede medizinische Maszlignahme die in die koumlrperliche Unversehrtheit eingreift erfuumlllt sowohl in straf- als auch in zivilrecht-licher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Koumlrperverletzung Sie ist jedoch dann ge-rechtfertigt wenn eine wirksame Einwilli-gung vorliegt (sect 228 StGB sowie sect 1901a Abs 2 und 3 BGB vgl dazu Deutsch u Spickhoff 2008 162 ff Fischer 2010 sect 228 Rn 9 und 13 ff) Voraussetzungen einer recht-lich wirksamen Einwilligung sind dass einem einwilligungsfaumlhigen Patienten ad-aumlquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Ent-scheidung treffen kann (Amelung 2006 Eschelbach 2013a 2013b) Der Prozess der adaumlquaten Aufklaumlrung uumlber eine vorgeschla-gene Behandlung und das darauffolgende Einholen einer informierten freiwilligen Ent-scheidung eines einwilligungsfaumlhigen Patien-ten wird international als Informed consent (Informierte Einwilligung) bezeichnet Der In-formed Consent Prozess ist ein vorwiegend bis ausschlieszliglich verbaler kommunikativer Prozess zwischen Arzt Patient und ndash im Falle eines Patienten mit Demenz ndash zumeist be-gleitet von einem Angehoumlrigen

Kontextabhaumlngige KommunikationVerbal-kommunikatives Verhalten und verbale Faumlhigkeiten werden im Verlauf einer Demenz zunehmend beeintraumlchtigt (Ellis u Astell 2004 Kuumlmmel ua 2014) Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozess der in einem

sozial-raumlumlichen Kontext stattfindet Das Gelingen der Kommunikation im Informed Consent Prozess ist folglich nicht nur abhaumln-gig von den Faumlhigkeiten des Patienten Infor-mationen zu empfangen Es wird ebenso be-dingt durch die Faumlhigkeiten des Arztes Infor-mationen zu senden durch die Faumlhigkeiten des gegebenenfalls begleitenden Angehoumlri-gen die Kommunikation zu unterstuumltzen so-wie durch raumlumliche Begleitumstaumlnde wie Nebengeraumlusche Atmosphaumlre oder auch raumlumlich-dingliche Unterstuumltzung zB durch Bild- oder Symbolkarten zur Visualisierung Verschiedene Studien weisen darauf hin dass kommunikatives Verhalten von Men-schen mit Demenz kontextabhaumlngig ist und durch adaumlquate ressourcenorientierte (sozi-ale und raumlumlich-dingliche) Kontextbedingun-gen verbessert werden kann (ua Ellis u Astell 2004 Haberstroh ua 2009 Haberstroh ua 2011 Schall 2012 Schall ua submitted)Eine Vielzahl von Interventionen bei Demenz nutzt diese Moumlglichkeit der Kompensation bestehender Defizite bzw Nutzung erhalte-ner Ressourcen durch die Anpassung der kommunikativen Umwelt ua durch Wohn-umweltanpassung (Lawton 2001) Technik-einsatz (zB Emotional Robots Kolling ua 2013) Kommunikationstraining der Pflegen-den (zB TANDEM Haberstroh u Pantel 2011a) Musiktherapie (Schall ua submitted Weymann u Sonntag 2011) Alle genannten Ansaumltze scheinen Kommunikation bei Demenz (selten explizit meist implizit) als Person-Umwelt-Austausch Prozess zu interpretie-ren Die reduzierte Anpassungsfaumlhigkeit der Person mit Demenz an kommunikative Heraus- bzw Uumlberforderungen wird durch die Umwelt kompensiert indem adaumlquate Kommunikationsumwelten gestaltet werden Demenz auch von der Umwelt her zu verste-hen und im Rahmen therapeutischer Inter-vention auch zu adressieren ist inzwischen anerkannt und konnte mehrfach zu beleg-baren Effekten ua auf die Lebensqualitaumlt

Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fuumlhren (DGPPN u DGN 2009 Haberstroh ua 2010 Haberstroh u Pantel 2011b) Die Bedeutung dieses Ansatzes fuumlr den der Intervention vorgeschalteten Informed Consent Prozess der es der Per-son ermoumlglichen soll selbstbestimmte Behandlungsentscheidungen zu treffen findet in der Forschung jedoch bislang kaum Beruumlcksichtigung

Recht auf SelbstbestimmungDie UN-Behindertenrechtskonvention geht grundsaumltzlich davon aus dass jeder Mensch mit Behinderung (hierzu zaumlhlen auch demen-ziell bedingte kognitive Einschraumlnkungen) faumlhig ist selbstbestimmt zu entscheiden und zu handeln (Office of the High Commissioner for Human Rights OHCHR 2006) Im Gene-ral comment zu Artikel 12 der UN-Behinder-tenrechtskonvention wird gefordert dass die Vertragsstaaten davon abkommen muumlssen Menschen mit Behinderung ihre Rechtsfauml-higkeit abzusprechen sie sollen stattdessen Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstuumltzung bereitstellen die sie even-tuell benoumltigen um zu rechtskraumlftigen Ent-scheidungen befaumlhigt zu werden (Commit-tee on the Rights of Persons with Disabilities 2014) Wie derartige Unterstuumltzung aus-sehen kann und sollte wird nicht spezifiziert Die Verantwortung fuumlr die Kompensation von den Entscheidungsprozess behindernden Defiziten liegt demnach jedoch eindeutig nicht bei der Person (Patient) sondern bei der (sozialen) Umwelt die gegebenenfalls den Kontext mithilfe von sozialen oder raumlumlich-dinglichen Unterstuumltzungsmoumlglich-keiten gestaltet bzw anreichert um das Ziel (eine selbstbestimmte rechtskraumlftige Entscheidung) zu erreichenVor dem Hintergrund des Faumlhigkeitskonzepts der UN-Behindertenrechtskonvention wird ua die in der gaumlngigen Praxis weitverbreite-te Stellvertretung bei der Einwilligung in einen Heileingriff durch einen Betreuer wei-testgehend obsolet Vielmehr ruumlckt die eigentliche Bedeutung des Betreuers als Assistent zur Ermoumlglichung der selbstbe-stimmten Entscheidung in den Fokus Der Betreuer ist hierbei zum einen Teil der sozia-len Umwelt und kann daruumlber hinaus Einfluss nehmen auf die weitere soziale (zB Arzt) und raumlumlich-dingliche (zB Visualisierun-

gen) Umwelt und diese an die Ressourcen des selbstbestimmt entscheidenden und agierenden Patienten anpassen

Informed Consent eine Aufgabe fuumlr die oumlkologische GerontologieEntsprechend den vorangehenden Erlaumlute-rungen ist der Informed Consent ein kommu-nikativer Entscheidungsprozess Kommuni-kation ist kontextabhaumlngig kommunikative Einschraumlnkungen koumlnnen durch Umwelt-anpassung kompensiert werden gemaumlszlig UN-Behindertenrechtskonvention obliegt die Verantwortung fuumlr diese Kompensation der am Entscheidungsprozess beteiligten sozia-len Umwelt (zB Arzt Angehoumlrige Betreu-er) die gegebenenfalls soziale oder raumlum-lich-dingliche Unterstuumltzung bereitstellen muss um den Patienten zu einer selbst-bestimmten rechtskraumlftigen Entscheidung zu befaumlhigen In diesem Sinne ist der Informed Consent Prozess eine Aufgabe fuumlr die Gerontopsychologie allgemein und fuumlr die oumlkologische Gerontologie im Besonde-ren da hier Prozesse des Austausches von Person und sozial-raumlumlicher Umwelt in den Mittelpunkt gestellt werden Ziel des vorliegenden Artikels ist es die Uumlbertragbar-keit der oumlkogerontologischen Perspektive auf den Informed Consent Prozess zu pruumlfen und hieraus Ansatzpunkte fuumlr eine Ver-besserung von Autonomie durch eine Ver-besserung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten Zwei Konzepte werden hierbei naumlher betrachtet Erstens das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation bdquoSOKldquo (P Baltes u M Baltes 1990) in seiner besonderen Anpassung auf Person-Umwelt Austauschprozesse im sogenannten Recursive SOC Coordination Model (Lang u a 2011) Und zweitens das klassische Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell (Lawton 1998 Lawton u Nahemow 1973) mit seinen Ergaumlnzungen (Lawton 1989) und Verweisen auf Nachfolgemodelle (zB Wahl ua 2012)

Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK)

P Baltes u M Baltes (1990) beschreiben ein System aus drei Adaptionsprozessen der Ent-wicklungsregulation uumlber die Lebensspanne

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Selektion Optimierung und Kompensation (SOK) das an verschiedenen Stellen auch mit konkretem Bezug zu Prozessen des Per-son-Umwelt-Austausches diskutiert wird (ganz aktuell zB in Claszligen ua 2014) Selek-tion Optimierung und Kompensation sind hierbei als Strategien zu verstehen die es einer Person uumlber die Lebensspanne ermoumlg-lichen ihre Ressourcen zu nutzen und Ver-luste zu minimieren (P Baltes u M Baltes 1990) Lang ua (2011) haben das SOK-Modell in ihrem Recursive SOC Coordination Model in einen Person-Umwelt-Ansatz eingebettet Sie gehen davon aus dass Personen die SOK-Strategien als Reaktion auf person- und umweltbezogene Voraussetzungen anwen-den Da diese Voraussetzungen zeitlichen Veraumlnderungen unterliegen koumlnnen verleihen Lang ua (2011) dem Modell eine dynami-sche Perspektive (vgl Abbildung 1) Abhaumln-gig davon ob ein vorangegangenes Ver-halten zu Erfolg oder Misserfolg (Output) ge-fuumlhrt hat wird die Person diese Verhaltens-funktion entweder aufrechterhalten bzw optimieren (bei Erfolg) oder kompensieren (bei Misserfolg) Daruumlber hinaus gehen Lang ua (2011) davon aus dass der rekursive Effekt von entwicklungsbezogenen Erfolgen oder Misserfolgen auf selektive Prozesse

Abbildung 1 Informed Consent von Menschen mit Demenz im Recursive SOC Coordination Model (angelehnt an Williger u Lang 2014 und Lang ua 2011)

Im Folgenden soll das Modell auf einige aus-gewaumlhlte Aspekte der konkreten Situation des Informed Consent Prozesses uumlbertragen und angepasst werden

Persoumlnliche VoraussetzungenEinem ressourcenorientierten Ansatz folgend verstehen wir unter persoumlnlichen Voraus-setzungen insbesondere die verfuumlgbaren Ressourcen und Reserven einer Person Die Informed Consent Forschung fokussiert in diesem Zusammenhang bislang vor allem auf die Faumlhigkeiten von Menschen mit De-menz eine informierte Einwilligung zu geben (capacity to consent to treatment) sowie auf weitere messbare kognitive Faumlhigkeiten als moumlgliche Praumldiktoren von Einwilligungsfaumlhig-keit Insgesamt konnten bisherige Studien zeigen dass die Ergebnisse aus standardi-sierten Erhebungen der Einwilligungsfaumlhig-keit in Zusammenhang stehen mit den Ergebnissen aus neuropsychologischen Tes-tungen (etwa Dymek ua 1999 Gurrera ua 2006 Marson ua 1996) Als entscheidender Praumldiktor der Einwilligungsfaumlhigkeit gilt der

entweder vermittelt wird uumlber die Optimie-rung (elektive Selektion) oder uumlber die Kom-pensation (verlustbasierte Selektion) von Verhaltensfunktionen

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Schweregrad der Demenz Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit daruumlber dass Men-schen mit schwerer Alzheimer Demenz (AD) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr faumlhig sind in medizinische Maszlignahmen einzuwilli-gen (Appelbaum 2007 Karlawish ua 2005 Kim ua 2002) bezuumlglich der Einwilligungs-faumlhigkeit bei leichter und mittelschwerer AD besteht hingegen Uneinigkeit Waumlhrend zB Moye ua (2004) und Huthwaite ua (2006) berichten dass uumlber 90 ihrer Studienteil-nehmer mit leichter AD noch dazu in der Lage waren sich entsprechend den gesetzlichen Maszligstaumlben in Entscheidungen uumlber medizi-nische Maszlignahmen einzubringen kamen an-dere Studien zu dem Schluss dass schon bei leichter Demenz oder sogar leichten kogniti-ven Beeintraumlchtigungen die Einwilligungsfauml-higkeit nicht mehr als gegeben angenommen werden koumlnne und einer genaueren Pruumlfung bedarf (etwa Etchells ua 1999 Karlawish ua 2005 Pruchno ua 1995) Neben den tat-saumlchlichen Faumlhigkeiten eines Patienten scheinen folglich weitere Faktoren Einfluss darauf zu nehmen ob ein Patient eine selbst-bestimmte Entscheidung treffen kann

Kontextuelle VoraussetzungenWenige Studien untersuchen die kontextuel-len Voraussetzungen des Informed Consent Prozesses fuumlr Menschen mit Demenz Ein besonders eindruumlckliches Ergebnis ist hier-bei sicherlich dass die Beurteiler-Uumlberein-stimmung von verschiedenen Aumlrzten uumlber die Einwilligungsfaumlhigkeit ein und desselben Menschen mit Demenz in ein und dieselbe medizinische Maszlignahme nicht groumlszliger als zu-faumlllig ist (Marson ua 1997) Die Uumlberein-stimmung kann jedoch signifikant erhoumlht werden wenn Aumlrzte vorab eine Einweisung hinsichtlich konkreter rechtlicher Standards erhalten (Marson ua 2000) Verfuumlgbare Ressourcen wie Erfahrungen und Faumlhigkei-ten der Aumlrzte als Teil der sozialen Umwelt nehmen folglich einen Einfluss darauf ob ein Mensch mit Demenz eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann Berichte und Erfahrungen aus der Praxis las-sen vermuten dass begleitenden Angehoumlri-gen bzw Betreuern im Informed Consent Prozess zumeist die Rolle des Stellvertreters und hierbei insbesondere die Rolle des stell-vertretenden bdquoUnterschreibersldquo zuteil wird Inwiefern die erhaltenen Informationen in

der zumeist knappen Zeit ausreichen um eine zufriedenstellende stellvertretende Ent-scheidung zu treffen oder gar den Patienten bei einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstuumltzen kann in Frage gestellt werden (Muders ua 2014) Im Falle der Demenzbe-handlung selbst kommt es oft gar nicht erst dazu dass ein Mensch mit Demenz uumlber Diagnose und Behandlung aufgeklaumlrt wird Moumlgliche Gruumlnde hierfuumlr sind gemaumlszlig Pinner u Bouman (2003) zum einen die Angst des Arztes vor einem Suizid des Menschen mit Demenz nach Aufklaumlrung sowie die Unsi-cherheit der Diagnose Zum anderen fordern bis zu 83 der Angehoumlrigen den Arzt auf er moumlge die Diagnose zum Schutz des Patien-ten vor diesem verheimlichen und bis zu 75 der Patienten werden nicht uumlber Be-handlung und Prognose der Erkrankung auf-geklaumlrt obwohl bis zu 92 der Patienten im Anfangsstadium der Demenz sich wuumlnschen vollstaumlndig aufgeklaumlrt zu werden (Jox 2006 Pinner u Bouman 2003) In diesen Faumlllen wird dem Patienten folglich durch seine sozi-ale Umwelt bereits vorab die Chance auf eine selbstbestimmte Entscheidung genom-men Studien die die Bedeutung der Ange-houmlrigen von Menschen mit Demenz als eine Ressource der sozialen Umwelt im Informed Consent Prozess untersuchen sind uns nicht bekannt Wir vermuten dass sowohl aufklauml-rende Aumlrzte als auch begleitende Angehoumlrige je nach (zB kommunikativen) Faumlhigkeiten und Erfahrungshintergruumlnden sowohl eine Ressource im Informed Consent Prozess darstellen koumlnnen als auch einen Disktraktor Entsprechende Studien stehen ausAuf die Anforderungen der Entscheidungs-situation wird im Kapitel bdquoUmweltanforde-rungs-Kompetenz-Modellldquo in diesem Beitrag naumlher eingegangen (ua Komplexitaumlt und Be-deutsamkeit der Entscheidung Distraktoren der Entscheidungssituation su)

Selektion Selektion bezeichnet die Auswahl von Zielen die zum einen elektiv (dh entsprechend den eigenen Praumlferenzen) und zum anderen ver-lustbasiert erfolgt (dh durch die Umformu-lierung von Zielen als Reaktion auf Verluste) Uumlbertragen auf die Situation des Informed consent koumlnnte dies beispielsweise bedeu-ten dass ein Patient individuell bedeutsame Entscheidungen elektiv selbst bestimmt ent-

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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scheiden will individuell nicht bedeutsame Entscheidungen jedoch zur Entlastung der eigenen Reserven delegiert (vgl hierzu auch die Ausfuumlhrungen im Abschnitt bdquoUmwelter-lebenldquo) Ebenso koumlnnten in der Komplexitaumlt uumlberfordernde Entscheidungen eine verlust-basierte Selektion bedingen und vom Patien-ten delegiert oder gar vermieden werden Eine hierauf einflussnehmende Herausforde-rung ist sicherlich die bei moderater bis schwerer Demenz auftretende Unfaumlhigkeit zur Realisation der krankheitsbedingten Kompetenzverluste (Anosognosie Bullinger ua 2006) Wer nicht weiszlig dass die Komple-xitaumlt der Entscheidung die eigenen Faumlhig-keiten uumlberschreitet wird eventuell keine Unterstuumltzung einfordern bzw keinen kom-pensatorischen Wechsel von internen zu externen Ressourcen einleiten (zB Angehouml-rige als bdquoDolmetscherldquo der Aufklaumlrung)

OptimierungOptimierung bezieht sich auf das Erwerben undoder Verbessern von Ressourcen und Reserven die bedeutsam sind um die aus-gewaumlhlten Ziele zu erreichen Als klassi-sches Beispiel fuumlr Optimierung wird zumeist die Uumlbung zielrelevanter Faumlhigkeiten der Per-son genannt die helfen die selegierten Ziele zu erreichen Inwiefern das Uumlben der fuumlr den Entscheidungsprozess relevanten kognitiven Faumlhigkeiten fuumlr Menschen mit Demenz ziel-fuumlhrend ist kann aufgrund der generell klei-nen und nicht stabilen Effekte von kognitiven Trainings angezweifelt werden zumal keine ausreichende Evidenz fuumlr die Uumlbertragbarkeit der Effekte auf Alltagsfunktionen vorliegt (DGPPN u DGN 2009) Des Weiteren ist zu uumlberlegen ob Optimie-rung im Rahmen des SOK-Modells externali-siert werden kann Vor dem Hintergrund der bereits unter dem Punkt Selektion eingefuumlhr-ten Bedeutung der Kompensation durch ex-terne soziale Ressourcen sollen hier Aufbau Foumlrderung undoder Aufrechterhaltung unter-stuumltzender Beziehungen als Moumlglichkeiten der Optimierung der sozialen Umwelt fuumlr Menschen mit Demenz postuliert werden Beziehungsaspekte der Kommunikation sind bis ins spaumlte Stadium eine Ressource von Menschen mit Demenz (Kuemmel ua 2014) Denkbar waumlre auch dass relevante Akteure des Informed Consent Prozesses (va Aumlrzte Angehoumlrige Betreuer) sich in

ressourcenorientierter Kommunikation bei Demenz trainieren (ua Haberstroh u Pantel 2011a) Aufgrund der Wechselseitigkeit des kommunikativen Prozesses ermoumlglicht ad-aumlquat dargebotene Information des Senders ein optimiertes Verstehen der Information durch den Empfaumlnger (Haberstroh ua 2011)

KompensationKompensation beschreibt Anstrengungen um ein Ziel mit neuen Wegen zu erreichen Diese neuen Wege koumlnnen entweder intern sein (zB Einsatz von Gedaumlchtnisstrategien wie Elaboration durch Assoziation neuer In-formationen an bestehende alte Erfahrungen und Wissen) oder extern (zB Einbezug von unterstuumltzenden Angehoumlrigen Nutzung von Visualisierungen) Wir postulieren dass fuumlr Menschen mit De-menz der kompensatorische Wechsel von in-ternen zu externen Ressourcen zunehmend an Bedeutung gewinnt um das Funktions-niveau maximal aufrechterhalten zu koumlnnen zB durch den Einbezug von Angehoumlrigen (Baumlckman 1992) Hierbei besteht jedoch die Gefahr einer Uumlberkompensation durch die umgebenden Interaktionspartner (zB Ange-houmlrige beruflich Pflegende) im Sinne eines Dependence-Support and Independence- Ignore Script gemaumlszlig Baltes u Wahl (1996) Abhaumlngigem Verhalten von alten Menschen wird unmittelbar Beachtung geschenkt waumlh-rend unabhaumlngiges Verhalten weitestgehend ignoriert wird dieses Interaktionsmuster findet sich uumlber verschiedene Settings und soziale Partner hinweg Baltes u Wahl (1996) konnten aber eindrucksvoll zeigen dass die Veraumlnderung dieser Scripts aufseiten der Interaktionspartner moumlglich ist und zu signi-fikanten Verbesserungen der autonomen Funktionsfaumlhigkeit von alten Menschen fuumlhrt Die Herausforderung ist folglich Menschen mit Demenz im Sinne einer Kom-pensation durch externe Ressourcen so viel Unterstuumltzung wie noumltig zu bieten aber gleichzeitig im Sinne eines Independence-Support Interaktionsstils adaumlquate Hilfe zur Selbst hilfe anzubieten so dass Autonomie von Menschen mit Demenz maximal moumlglich wird

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell

Mit Bezug zur Umweltgestaltung von Inter-aktionen an denen Menschen mit Demenz beteiligt sind soll aus dem Bereich der klas-sischen oumlkogerontologischen Theorien das bdquoUmweltanforderungs-Kompetenz-Modellldquo und die zugehoumlrige bdquoUmweltfuumlgsamkeits-Hypotheseldquo sowie die nachfolgende bdquoUm-weltproaktivitaumlts-Hypotheseldquo vorgestellt werden Das Modell beschreibt anders als das Recursive SOC Coordination Model keine der Entscheidung vorausgehenden Prozesse der Person-Umwelt Interaktion sondern adressiert das grundsaumltzliche Ver-haumlltnis von Personkompetenz und Umwelt-druck ohne jeglichen temporaumlren Bezug

In seiner urspruumlnglichen Variante (s Abbil-dung 2) zeichnet sich das Modell durch ein eher verlustorientiertes Bild grundsaumltzlich al-tersassoziiert abnehmender Kompetenzen aus Herausgestellt wird dabei die im Laufe des Alternsprozesses schwerer zu bewaumllti-gende bzw im positiven Falle Altersverluste kompensierende oder prothetische Qualitaumlt von Umwelten zB im Sinne von mehr oder weniger Barrieren des Zugangs und der Nut-zung oder des sozialen Austauschs (Lawton

Abbildung 2 Das UmweltanforderungsshyKompetenzshyModell (nach Lawton u Nahemow 1973)

Das Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell umfasst dabei auch die Bedeutung passen-der unter- oder uumlberfordernde Person- Umwelt-Interaktionen fuumlr die emotionale Ge-stimmtheit der Person und postuliert in Anlehnung an Helson (1964) eine leichte Un-ter- oder Uumlberforderung der eigenen Kompe-tenzen durch Umweltbedingungen als einer-seits mit houmlchstem Wohlbefinden und andererseits mit houmlchster Leistungsfaumlhigkeit einhergehend Das Modell wird zunaumlchst kritisiert da es ein zu passives defizit-orientiertes Altersbild propagiert und den aumllteren Menschen als Spielball von bdquoUmweltdruckldquo (environmental press) betrachtet Lawton greift seit etwa Mitte der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts diese Kritik auf und legt eine Differenzierung des Modells vor Er stellt nun seitens der Umwelt dem bdquoUmweltdruckldquo (environmen-

u Nahemow 1973 Lawton u Simon 1968 Lindsley 1964) Umwelt im Alter ist danach vor allem deswegen bedeutsam weil sie die Aufrechterhaltung von Selbststaumlndigkeit und Autonomie aber auch von Lebenszufrieden-heit generell gefaumlhrden kann Je geringer die Kompetenz desto groumlszliger der negative Ein-fluss von unguumlnstigen und den alten Men-schen womoumlglich uumlberfordernden Umwelt-faktoren (s Abbildung 2)

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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tal press) die bdquoUmweltreichhaltigkeitldquo (envi-ronmental richness) und seitens der Person der bdquoUmweltfuumlgsamkeitldquo (environmental docility) die bdquoUmweltproaktivitaumltldquo (environ-mental proactivity) gegenuumlber (Lawton 1989) Damit ist Umwelt im Alter nicht mehr nur eine mehr oder weniger barrierehafte Entitaumlt der sich die aumllter werdende Person anzupassen hat sondern Umwelt bietet auch Entwicklungsanreize Umwelten bieten ne-ben Barrieren auch Annehmlichkeiten und schoumlne Seiten und der aumlltere Mensch wird daruumlber hinaus auch als aktiv gestalten-de den eigenen Beduumlrfnissen Wuumlnschen und Zielen entsprechend agierende Person gesehen

Anpassung des Umweltdrucks an die PersonkompetenzIm Hinblick auf den Informed Consent Prozess steht zunaumlchst die Anpassung der Umwelt an ein geringes Maszlig an Kompetenz seitens der Person mit Demenz im Vordergrund Das heiszligt beispielsweise alle stoumlrende Umwelt-reize von auszligen (bdquoenvironmental pressldquo laute Geraumlusche auf dem Flur zu helles Licht Unterbrechungen viele andere Personen an-wesend) zu minimieren die Aufgabe in ihren einzelnen Anforderungen zu zerlegen und nacheinander zu praumlsentieren (zB durch eine Zerlegung der Aufklaumlrung in kuumlrzere Ab-schnitte und Pruumlfen des Verstaumlndnisses nach jedem Abschnitt oder durch die Anwendung bdquoLeichter Spracheldquo Inclusion Europe 2009) fuumlr ein vertrauensvolles und wenig beaumlngsti-gendes Gespraumlchsklima zu sorgen (allgemein einfuumlhrendes Gespraumlch Aufgreifen von bzw Anknuumlpfung an ggf vorausgehende Treffen Festlegung der Rolle des Angehoumlrigen) ver-bale Anforderungen zu minimieren (geringe syntaktische Komplexitaumlt und Elaborationen in der Aufklaumlrung gemaumlszlig Kemper u Harden 1999) Beziehungsaspekte zu nutzen (Proso-die ruhig nicht zu leise laut gleichmaumlszligig respektvoll mit Zeigegesten die Aufmerk-samkeit lenken Haberstroh ua 2011 Kuem-mel ua 2014) das Gedaumlchtnis verbale (Stichpunktliste Gurrera ua 2006 Haber-stroh ua accepted Moye ua 2006) oder nonverbal zu stuumltzen (Piktogramme hapti-sche Information Knebel ua submitted Moye ua 2006) Daneben waumlren aber auch Veraumlnderungen der Umwelt in Richtung des Einsatzes neuer kreativer Umweltqualitaumlten

(bdquoenvironmental richnessldquo) zu propagieren und in der konkreten Interaktionssituation zu pruumlfen Dazu gehoumlrt beispielsweise der Einsatz neuer Medien (zB Aufklaumlrungsvideo) visueller Symbolik (zB Einsatz von Fotos und Piktogrammen) und die Nutzung ver-schiedener Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt In unserem Projekt Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikation (EmMa) werden der-zeit die Auswirkungen derartiger Enhanced Consent Procedures untersucht

Eine Studie von Gunn ua (1999) beleuchtet die raumlumlich-dingliche Umwelt und weist dar-auf hin dass die Hinzunahme nonverbaler In-formationen zur Anreicherung des Informed Consent Prozesses in manchen Faumlllen die Einwilligungsfaumlhigkeit von Menschen mit De-menz verbessern kann Studien mit anderen Zielgruppen weisen auszligerdem darauf hin dass ua folgende Aspekte das Informations-verstaumlndnis im Informed Consent verbessern koumlnnen Vereinfachung und Wiederholung schrittweiser Ablauf Bereitstellung zusaumltz-licher Informationen und Multimedia-Praumlsen-tationen mehrere Lerndurchlaumlufe korrigie-rendes Feedback ein schriftlicher statt muumlndlicher Informed Consent (Eyler u Jeste 2006)

UmwelterlebenAktuelle konzeptuelle Rahmenmodelle zum Person-Umwelt Austausch adressieren uumlber Lawton hinausgehend neben Prozessen um-weltbezogenen Verhaltens auch die des Umwelterlebens So betonen beispielsweise Wahl und Kollegen (Wahl u Oswald 2010 Wahl ua 2012) neben Prozessen der verhal-tensbezogenen Aneignung Nutzung Ausein-andersetzung und Veraumlnderung von Umwelt und dem Handeln direkt vorausgehender Ab-laumlufe (bdquoAgencyldquo) erlebensbezogene Prozes-se der Bewertung Bedeutungszuschreibung und Bindung bzw der Verbundenheit mit dem jeweiligen Umweltausschnitt was un-ter der Uumlberschrift bdquoBelongingldquo zusammen-gefasst wird Hier werden besonders bio-graphisch gewachsene individuell emotional bedeutsame aber von auszligen mitunter schwer nachvollziehbare Bindungen und Ge-wohnheiten an sozial-raumlumliche Umweltaus-schnitte (Dinge Raumlume Menschen) adres-

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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siert Diese Differenzierung findet sich auch an anderer Stelle bereits im sogenannten Space and Place Over Time Modell (SPOT) (Wahl u Lang 2004) Uumlbertragen auf die Situ-ation des Informed Consent Prozesses spie-gelt sich das bdquoBelongingldquo beispielsweise in der Bedeutsamkeit der erlebten Aufklaumlrungs-situation vor dem Hintergrund eigener Erfah-rungen im Lebenslauf Kann die Situation ei-ner Entscheidung uumlber medizinische Maszlig-nahmen eingeordnet werden in die Erfah-rungswelt aumlhnlicher erlebter Situationen in der Vergangenheit und welche Folgen hat sie fuumlr die eigene Zukunft Insofern muss die Aufklaumlrung an den jeweiligen individuellen Praumlferenzen und der Vorstellung eines gelin-genden Lebens des Patienten orientiert sein um diesem die individuelle Bedeutsamkeit der Entscheidung ersichtlich zu machen

Mit Bezug zum Informed Consent Prozess koumlnnte man vor dem Hintergrund dieses Modells uumlber Lawton hinausgehend fuumlr die konkrete Person-Umwelt Interaktion also nicht nur die auf Autonomieerhalt abzielende Frage bdquoWas kann ich (noch)ldquo stellen son-dern auch die am Identitaumltserhalt anlehnen-de Frage bdquoWer bin ich (noch)ldquo aufwerfen und damit die gerade bei Demenz wichtige An-knuumlpfung an gewohnte und biographisch weit zuruumlckliegende Anker (Erinnerungs-hilfen) fuumlr das Verstaumlndnis der aktuellen Situ-ation adressieren Diese wertebezogene Frage bdquoWer bin ichldquo wird mit Bezug auf den Informed Consent Prozess oft durch Aumluszlige-rungen mit einem unmittelbaren biographisch orientierten Umweltbezug beantwortet zB bdquoIch vertraue Doktor Schneider [Hausarzt] schon seit Jahrzehntenldquo bdquoIch werde von meiner Tochter [in der Aufklaumlrungssituation] unterstuumltzt so wie ich sie fruumlher unterstuumltzt habeldquo Aber auch bdquoIch war schon immer eine starke [vom Ehemann] unabhaumlngige Frauldquo

Die im Kapitel bdquoSelektionldquo aufgeworfene Frage wann eine Entscheidung delegiert wird koumlnnte vor dem Hintergrund des Um-welterlebens individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden Mit der Voraussetzung eines bestimmten Umwelterlebens bzw Belongings (zB bdquoIch vertraue meinem Arzt schon seit Jahrenldquo) waumlre beispielsweise denkbar dass vor allem als bedeutsam ein-geschaumltzte Entscheidungen an den Arzt

delegiert werden waumlhrend ein anderes Um-welterleben bzw Belonging (zB bdquoIch frage zwar immer um Rat mache dann aber doch was ich willldquo) zum entgegengesetzten Verhalten fuumlhren wuumlrde naumlmlich dass der Patient bedeutsame Entscheidungen elektiv selbstbestimmt entscheiden will Etwa die Haumllfte aumllterer psychiatrischer Patienten scheint die Entscheidung uumlber medizinische Maszlignahmen nach eigenem Wunsch an den behandelnden Arzt zu delegieren (Maxmin ua 2009) Wie es zu diesem sehr hohen An-teil an selektiv delegierten Entscheidungen kommt ist ungeklaumlrt wichtig ist aber auch die persoumlnliche Bedeutung der Delegation Sollte das Delegieren der Entscheidung an den Arzt beispielsweise aus einer paternalis-tischen Einstellung erwachsen waumlre dies nicht als Einschraumlnkung der Selbstbestim-mung zu betrachten sondern vielmehr als Kompensation durch externe Ressourcen Der Patient entscheidet in diesem Falle selbstbestimmt die Entscheidung uumlber eine medizinische Maszlignahme an den behandeln-den Arzt zu delegieren

Fazit Selbstbestimmte Entscheidung als Person-Umwelt-Austausch

Im vorliegenden Artikel wurde die oumlkogeron-tologische Perspektive auf den Informed Consent Prozess uumlbertragen um hieraus An-satzpunkte fuumlr eine Verbesserung von Auto-nomie durch eine Veraumlnderung der Person-Umwelt-Passung abzuleiten (s Tabelle 1)

Gemaumlszlig den vorangegangenen Ausfuumlhrungen gehen wir davon aus dass ein erfolgreicher Informed Consent Prozess bei Menschen mit Demenz moumlglich ist wenn Person-Um-welt-Passung hergestellt bzw verbessert werden kann sofern Entwicklungsregulation im Sinne des SOK-Modells gelingt und die Person selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann (Selektion) oder durch die Um-welt dabei unterstuumltzt wird (Optimierung Kompensation) (Recursive SOC Coordination Model) Umweltanforderungen niedrig sind bzw erniedrigt werden so dass die Person auf der Basis eigener bei Demenz in der Regel reduzierter Faumlhigkeiten und Kompe-tenzen handeln kann (bdquoAgencyldquo) und gleich-zeitig eine Einordnung in gewohnte und

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Tabelle 1 Ansaumltze zur Foumlrderung von Autonomie durch Verbesserung der PersonshyUmweltshyPassung im Informed Consent Prozess

Person ndash unterstuumltzende Beziehungen aufbauen foumlrdern aufrechtshyerhalten (Optimierung der sozialen Umwelt)

ndash Anknuumlpfung an fruumlhere aumlhnliche Erlebnisse Situationenshyherstellen

Soziale Umwelt ndash vertrauensvolles und wenig beaumlngstigendes Gespraumlchsklima schaffen

ndash verbale Anforderungen minimierenndash Aufgabe unterteilen und nacheinander praumlsentierenndash Aufklaumlrung an individuellen Praumlferenzen und Vorstellung eines

gelingenden Lebens des Patienten orientieren ndash relevante Akteure in Kommunikation trainieren (ua Indepenshy

denceshySupport Interaktionsstil)

Raumlumlich- dingliche Umwelt

ndash stoumlrende Umweltreize minimierenndash Gedaumlchtnis verbal (Stichpunktliste) oder nonverbal (Piktoshy

gramme haptische Information) stuumltzenndash neue Medien und visuelle Symbolik einsetzenndash verschiedene Vermittlungskanaumlle fuumlr denselben Inhalt nutzen

biographisch verankerte Bedeutsamkeits-muster (bdquoBelongingldquo) der Situation moumlglich ist (Umweltanforderungs-Kompetenz-Modell und Nachfolgemodelle)

Vor diesem Hintergrund und gemaumlszlig den Vor-gaben der UN-Behindertenrechtskonvention traumlgt die soziale Umwelt (va Arzt Angehoumlri-ge Betreuer) die Verantwortung fuumlr die Schaffung einer optimalen Person-Umwelt-Passung in der ein Mensch mit Demenz zu einer selbstbestimmten rechtskraumlftigen Ent-scheidung befaumlhigt wird Im vorliegenden Ar-tikel wurden Ansaumltze fuumlr Enhanced Consent Procedures aus der oumlkogerontologischen Perspektive abgeleitet Interventionsstudien zur Uumlberpruumlfung dieser Ansaumltze stehen aus bzw werden derzeit im Rahmen unseres Projekts EmMa 1 durchgefuumlhrtAutoreninfo und Kontakt

Dr Julia Haberstroh ist Schumpeter Fellow der VolkswagenStiftung und Leiterin der Forschungsgruppe EmMa der Arbeitsbeshyreiche Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft (Fachbereich Erziehungswissenschaften) und Altersmedizin (Fachbereich Medizin) der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt JHaberstroh emunishyfrankfurtde Prof Dr Frank Oswald leitet den Arbeitsbeshyreich Interdisziplinaumlre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der GoetheshyUniversitaumlt Frankfurt am Main Kontakt oswald emunishyfrankfurtde Danksagung Die Autoren danken der Volks-wagenStiftung fuumlr ihre Unterstuumltzung

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen BeitragEndnoten

1 bdquoEmMaldquo ndash Foumlrderung der Einwilligungsfaumlhigkeit in medizinische Maszlig-nahmen bei Demenz durch ressourcenorien-tierte Kommunikationldquo Projektleitung Julia Haberstroh Frank Oswald und Johannes Pantel Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Projekt-mitarbeiterinnen Maren Knebel Tanja Muumlller Tanja Schatz Kooperati-onspartnerinnen Thomas Klie EH Freiburg Susanne Markwort Main-Kinzig-Kliniken Schluumlch-tern Johannes Schroumlder Universitaumlt Heidelberg Jochen Vollmann Ruhr-Universitaumlt Bochum Beirat Gisela Bockenhei-mer-Lucius Klinikum der Goethe-Universitaumlt Frank-furt am Main Dirk Fabrici-us Astrid Wallrabenstein und Gisela Zenz Goethe-Universitaumlt Frankfurt am Main Klaus Lachwitz Inclusion International Peter Winterstein Ober-landesgericht Rostock

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

04

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

Literatur

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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kungen zu schlagenldquo sagte Klinikdirektor Gereon Fink Insbesondere sollten auch Aspekte der Vorbeugung und Heilung von altersabhaumlngigen demenziellen Erkrankun-gen erforscht werden Somit komme der neuen Professur eine Schuumlsselrolle bei den Bemuumlhungen zu bdquoAlterungsprozesse besser zu verstehen und demenziellen Er-krankungen vorzubeugenldquo aber auch dabei die Versorgung der Betroffenen zu verbes-sern helfen

Arbeitsgestaltung Groszlige Handlungsspielraumlume schuumltzen vor Demenz

Nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz ist von hoher Bedeutung auch psychosoziale Fakto-ren beeinflussen die Gesundheit Arbeits-mediziner der Universitaumlt Leipzig konnten in einer groszligangelegten Gesellschaftsstudie belegen dass Berufstaumltige die ihre Auf-gaben selbstaumlndig planen und umsetzen koumln-nen im Alter seltener an Demenz erkranken Was haumllt geistig fit und schuumltzt vor Demenz Die Wissenschaftlerinnen Prof Steffi Riedel-Heller und Francisca Then arbeiten am Institut fuumlr Sozialmedizin Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) gleichzeitig fuumlr das LIFE-Forschungszentrum fuumlr Zivilisa-tionserkrankungen der Medizinischen Fakul-taumlt und sind speziell dieser Frage nachgegan-gen In einer Fachveroumlffentlichung konnten sie zeigen dass Menschen die in ihrem Arbeitsumfeld selbststaumlndig ihre Aufgaben planen und koordinieren koumlnnen spaumlter seltener an einer Demenz erkranken Dazu zaumlhlen beispielsweise Handlungsablaumlufe wie sich Ziele setzen Strategien entwickeln Prozessablaumlufe organisieren In der Studie hatten Personen mit einem hohen Niveau an selbststaumlndiger Arbeitsaufgabenplanung und -koordination ein 27-prozentig niedrige-res Risiko an Demenz zu erkranken als dieje-nigen mit einem moderaten Niveau Daten-grundlage ist die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevoumllkerung (Leila75+) ndash eine re-praumlsentative Untersuchung in die insgesamt 1265 uumlber 75-Jaumlhrige inzwischen uumlber acht Jahre in regelmaumlszligigen Abstaumlnden einbezo-

gen wurden Darin zeichnet sich deutlich ab dass sich geistige Aktivitaumlt uumlber Jahrzehnte des Berufslebens im Alter auszahlt Immer-hin verbringt der Durchschnitt rund 1655 Stunden im Jahr auf Arbeit Die Leipziger Er-gebnisse bieten somit einen wichtigen Bau-stein um eine verbesserte Vorsorge fuumlr eine alternde Gesellschaft zu schaffen Die Ergeb-nisse verdeutlichen insgesamt die Relevanz psychosozialer Faktoren fuumlr die Gesundheit Bisher standen insbesondere Arbeitsrisiko-konstellationen und deren Folgen wie Burnout manifeste psychische und soma-tische Stoumlrungen im Blickfeld Diese Arbeit hingegen richtet den Blick auf schuumltzende Einfluumlsse des Arbeitskontextes

wwwplosoneorgarticleinfo3Adoi2F1013712Fjournalpone0070906

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

1 httpwwwbgbldebanzxaverbgblstartxav start=[attr_id=27 bgbl208s1414pdf27] __bgbl__2F2F [40attr_id3D27 bgbl208s1419pdf 27]__1407927663765

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vom 13 Dezember 2006 gilt seit Maumlrz 2009 in Deutschland (BGBl Teil II 2008 S 1419 ff)1 In der Folgezeit ist die Frage ob das deutsche Recht insbesondere das Be-treuungsrecht nach sectsect 1896 ff BGB den An-forderungen dieses voumllkerrechtlichen Ab-kommens entspricht Gegenstand von politi-schen und juristischen Diskussionen gewe-sen Der Meinungsstreit ist noch nicht abgeschlossen Insbesondere die Frage ob die in sect 1902 BGB geregelte gesetzliche Ver-tretungsmacht des Betreuers mit Artikel 12 Abs 3 UN-BRK vereinbar ist ist noch Gegen-stand von Auseinandersetzungen in der juris-tischen Literatur (vgl zB Lachwitz 2013 Lipp 2013) Aber auch weitere Regelungen des Betreuungsrechts zB der Einwilli-gungsvorbehalt nach sect 1903 BGB die Sterili-sationsgenehmigung nach sect 1905 BGB und die Unterbringungsregelungen nach sect 1906 BGB werden kritisch hinterfragt (vgl Tolmein 2013 Marschner 2013)

Position des Betreuungsgerichtstags

a) Der Vorstand des Betreuungsgerichtsta-ges vertritt mehrheitlich die Auffassung dass das Betreuungsrecht zwar im Wesentli-chen konventionskonform sei zumindest konventionskonform auslegungs- und an-wendbar (vgl Diekmann 2011 S 188 2012 S 5 f Lipp 2010 S 263 ff Winterstein 2012 S 1) dass aber eine wichtige Einschraumlnkung zu machen seiDie UN-BRK fordere gerade mehr als eine bloszlige gesetzliche Regelung sie erfordere auch eine konventionskonforme Praxis der Rechtsanwendung und schreibe eine ent-sprechende Uumlberwachung vor (Art 33 UN-BRK innerstaatliche Durchfuumlhrung und Uumlber-wachung)

Die Evaluation der Durchfuumlhrung des Betreu-ungsgesetzes ist allerdings voumlllig unzurei-chend Schon in diesem Punkt verhaumllt sich Deutschland wohl kaum konventionskon-form Es erforscht kaum die betreuungs-rechtliche Praxis Die bundesweite Statistik die in der Justiz erhoben wird erfasst noch nicht einmal die Zahl der Betreuungen die bestehen In der Justizstatistik wird derzeit naumlmlich nur erfasst wie viele Betreuungs-verfahren also auch solche ohne Bestellung eines Betreuers zum Stichtag 3112 eines Jahres anhaumlngig sind Wir wissen nicht wie viele Betreuungen es gibtEinzelne rechtstatsaumlchliche Untersuchungen erfassen bisher immer nur punktuelle Frage-stellungen eine systematische Berichter-stattung findet nicht statt

b) Folgende Regelungen des Betreuungs-rechts und der Betreuungspraxis beduumlrfen aus Sicht des Betreuungsgerichtstags ge-nauerer Betrachtung ndash Vertretungsbefugnis des Betreuers sect 1902 BGB

ndash Beachtung Willensvorrang des Betreuten sect 1901 BGB

ndash Einwilligungsvorbehalt sect 1903 BGB ndash Sterilisationseinwilligung sect 1905 BGB ndash Einwilligung bei schwerwiegenden medizi-nischen Maszlignahmen sect 1904 BGB

ndash Unterbringung sect 1906 BGB

Ich werde mich hier auf die Fragen zur Ver-tretungsbefugnis des Betreuers und die Be-achtung des Willensvorrangs des Betreuten konzentrieren Entscheidend fuumlr Antworten sind zunaumlchst Aussagen dazu was Betreu-ung uumlberhaupt ist

Endnoten

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Was ist rechtliche Betreuung nach sect 1896 BGB1) Sie ist Rechtsfuumlrsorge fuumlr den einzelnen

Betroffenen dh BeratungUnterstuumlt-zungAssistenz bei Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit

2) UND Schutz vor Schaumlden durch Beein-traumlchtigung bei Ausuumlbung dieser Faumlhigkei-ten

sie ist KEINE Sozialleistung allerdings ist sie ggf Instrument des Buumlrgers bei der Durch-setzung seiner sozialen RechteGrundlegend fuumlhrt dazu Lipp (2000 S 240) ua aus bdquoDie Betreuung hat die Autonomie des Betreuten in zweifacher Weise zu ver-wirklichen Sie hat zum einen seine Hand-lungsfaumlhigkeit herzustellen und ihn zum an-deren davor zu schuumltzen sich aufgrund seines Zustandes selbst an Person oder Ver-moumlgen zu schaumldigen Dieser Schutz des Be-treuten vor sich selbst ist betreuungs- und verfassungsrechtlich nur zulaumlssig wenn und soweit er sich gerade aufgrund seiner be-schraumlnkten Eigenverantwortlichkeit selbst zu schaumldigen droht oder deswegen eine Gefahr fuumlr seine Person oder sein Vermoumlgen nicht abwehren kannldquoDie (gesetzliche) Vertretung ist dabei nur ei-nes der Mittel zur Verwirklichung der Betreu-ungsziele ndash Herstellung der Handlungsfaumlhig-keit und Schutz vor sich selbst und anderen die beispielsweise die Schwaumlchen und Gut-glaumlubigkeit von Betroffenen ausnutzen wol-len Dazu weiter Lipp (2000 S 236 f) bdquo Die Frage nach der rechtlichen Funktion der Be-treuung ist eng verknuumlpft mit der Frage nach der Funktion der gesetzlichen Vertretung Sie laumlsst sich aber nicht darauf beschraumlnken Denn die Selbstbestimmung des einzelnen umfasst weitaus mehr als die Gestaltung sei-ner Rechtsverhaumlltnisse Sie erstreckt sich auch auf die Wahrnehmung der tatsaumlchli-chen Handlungsmoumlglichkeiten in seinem Rechtskreis und schlieszligt die Verantwortung fuumlr die rechtlichen wie die tatsaumlchlichen Fol-gen seines Handelns mit ein Gesetzliche Vertretung ist demgemaumlszlig nur eines von mehreren Mitteln zur Verwirklichung der hellip BetreuungldquoDas heiszligt dass der Betreuer nur zum Mittel der (gesetzlichen) Vertretung greifen darf wenn dies erforderlich ist Bis dahin hat er innerhalb seines Aufgabenkreises eine bera-tende und unterstuumltzende Funktion Rechtli-

che Betreuung ist orientiert an der Selbstbe-stimmung des einzelnen Betreuten orien-tiert an den individuellen Erfordernissen und Beduumlrfnissen und ist daher bereits bdquoperso-nenzentriertldquoAber Betreuung ist immer januskoumlpfig Stets findet sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fuumlrsorge statt

Ist gesetzliche Vertretung nach sect 1902 BGB mit der UN-BRK vereinbar

Zu dieser Frage werden sehr gegensaumltzliche Grundpositionen vertretena) Die Bundesregierung (2008) vertritt in der Denkschrift zur UN-BRK und in ihrer Antwort auf die Groszlige Anfrage der Fraktion Buumlndnis 90 Die Gruumlnen (2011 S 3)2 die Auffassung dass das Betreuungsrecht im Einklang mit der UN- BRK steht bdquoDas geltende Betreuungsrecht steht im Einklang mit der VN-Behinderten-rechtskonvention insbesondere mit deren Artikel 12 Absatz 2 wonach die Vertragsstaa-ten anerkennen dass Menschen mit Behin-derungen in allen Lebensbereichen gleichbe-rechtigt mit anderen Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit genieszligen Die Konvention wurde daher von Deutschland ohne Aumlnderungen des Betreuungsrechts ratifiziert Wenn-gleich die VN-Behindertenrechtskonvention damit keinen gesetzgeberischen Handlungs-bedarf mehr ausloumlst bleibt sie ein Maszligstab an dem sich die Praxis im Umgang mit Men-schen mit Behinderung messen lassen muss hellip In Bezug auf die Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit von Menschen mit Behinde-rungen erkennt Absatz 2 zwar (zu Recht) die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderungen grundsaumltzlich an durch die Formulierung in Absatz 3 wird jedoch deutlich dass (manche) Menschen mit Be-hinderungen zur Verwirklichung des Rechts einer Unterstuumltzung beduumlrfen Zur Sicher-stellung dieser Unterstuumltzung muumlssen die Vertragsstaaten laut Absatz 3 unter Beach-tung des Absatzes 4 geeignete Maszlignahmen treffen Um welche Maszlignahmen es sich hierbei handelt ist jedoch nicht weiter be-stimmt und die konkrete Ausgestaltung ob-liegt (in den Grenzen des Absatzes 4) den Vertragsstaatenldquob) Demgegenuumlber vertreten in der juristi-schen Literatur Autoren die Auffassung die

2 httpdip21bundestagdedip21btd17053 1705323pdf

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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gesetzliche Vertretung im Betreuungsrecht beduumlrfe auch im Hinblick auf Art 12 der UN-BRK der Uumlberarbeitung daneben die Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisatio-nen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz 2013)Lachwitz (2008 S 143ff Lachwitz 2011 S 54 Lachwitz 2013 S67 ff S 81f) schlieszligt aus Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art 12 Abs 3 UN-BRK dass in der recht-lichen Betreuung die Vertretung zu ersetzen ist und durch ein System der unterstuumltzen-den Entscheidungsfindung weiter zu entwi-ckeln sei Bei der Erarbeitung der UN-BRK sei zunaumlchst der Begriff des bdquosubstitute de-cision makingldquo diskutiert worden Die Voll-versammlung habe letztlich den Begriff bdquoac-cess to supportldquo (= Zugang zu Unterstuumlt-zung Assistenz Begleitung) beschlossen Er warnt davor vorschnell Regelungen mit ge-setzlicher Vertretung zu akzeptieren ohne die erforderlichen Schritte gesetzgeberi-scher und tatsaumlchlicher Art zum Aufbau ei-nes umfassenden Unterstuumltzungssystems ohne ersetzende Entscheidungsfindung ge-schaffen oder zumindest erprobt zu haben (Lachwitz 2013 S 95 ff)c) Eher vermittelnde Meinungen werden beispielhaft von Aichele u Bernstorff (2010 S 199ff ) und Aichele u Degener (2013 S 54 ff S 60) vertreten die die Regelung des deutschen Betreuungsrechts zur Stell-vertretung nicht fuumlr ausgeschlossen sondern in einem engen Rahmen fuumlr kon-ventionskonform halten die aber einen ein-schraumlnkungsfesten Kernbereich von Men-schenrechten verletzt sehen zB wenn das deutsche Betreuungsrecht vertretende Entscheidungen zB bei Sterilisation ohne Einwilligung (sect 1905 BGB) zulaumlsstd) Lipp (2010 S 263 ff 2012 S 669 ff 2013 S 329 ff S 343 f) aumlhnlich Ganner (2013 S 172f) haumllt das deutsche Betreuungsrecht fuumlr konventionskonform da es mit seinen Prinzi-pien der Erforderlichkeit der Subsidiaritaumlt gegenuumlber anderen ohne gesetzliche Vertre-tung auskommenden Hilfen der Verhaumlltnis-maumlszligigkeit und dem Ziel der Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betroffenen die verschiedenen Voraussetzungen des Art 12 UN-BRK erfuumllle Er weist aber darauf hin dass die Bestellung eines Betreuers immer stets beides sei naumlmlich Hilfe zur Selbstbe-stimmung und potentielle Fremdbestim-

mung (Lipp 2013 S 343) Daher sei die Sub-sidiaritaumlt der Betreuung gegenuumlber anderen Formen der Unterstuumltzung behinderter Men-schen durch strukturelle Reformen zu unter-stuumltzen Dazu gehoumlre eine Betreuungsbehoumlr-de als zentrale Anlaufstelle fuumlr alle Buumlrger fuumlr Fragen zu rechtlicher Betreuung und als Ver-mittlungsstelle fuumlr andere Hilfen (ebd S 350)e) ME ist die in sect 1902 BGB geregelte Ver-tretung mit Art 12 UN-BRK in Einklang Rich-tig angewendet ist sect1902 BGB naumlmlich im-mer zusammen mit dem Willensvorrang des Betreuten gegenuumlber seinem Betreuer nach sect 1901 Abs 3 BGB zu sehen Im Innenver-haumlltnis ist der Betreuer verpflichtet Wuumln-sche des Betreuten zu befolgen es sei denn dass dieser sich erheblich schaumldigt ndash dann tritt die Schutzverpflichtung des Betreuers ein ndash oder die Wunscherfuumlllung ist dem Be-treuer nicht zuzumuten beispielsweise wenn der Betreute an ihn unerfuumlllbare zeitli-che oder inhaltliche Forderungen stellt Die entscheidende Frage bei der Vertretung ist daher mE nicht ob sie uumlberhaupt zulaumlssig ist sondern ab wann und wie sie eingesetzt werden darfsect 1902 BGB ist also bei richtiger Anwendung wie folgt zu lesenbdquoDer Betreuer beraumlt und unterstuumltzt den Betreuten in seinem Aufgabenkreis (Innen-verhaumlltnis) Falls es erforderlich ist vertritt er ihn gerichtlich und auszligergerichtlich (Auszligen-verhaumlltnis)ldquoRechtspolitisch waumlre zu diskutieren ob die bisher der Verantwortung und Haltung des einzelnen Betreuers uumlberlassene Grenzzie-hung zwischen bloszlig assistierenden Ratschlauml-gen und das Betreuerhandeln durch Nutzung der Vertretungsmacht mit verbindlichem Ver-pflichten des Betreuten gegenuumlber Dritten durch ein gestuftes System der Betreuung ersetzt wirdsect 1902 BGB koumlnnte aufgeteilt werden in Be-treuungen mit gesetzlicher Vertretung und solche ohnebdquo(1) In seinem Aufgabenkreis vertritt der Be-treuer den Betreuten gerichtlich und auszliger-gerichtlich soweit der Betreute dies wuumlnscht (2) Sofern dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr fuumlr die Person oder das Vermouml-gen des Betreuten erforderlich ist ordnet das Betreuungsgericht eine Vertretungsbe-

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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fugnis auch ohne Einverstaumlndnis des Betreu-ten anldquoDamit laumlge die Entscheidung ob eine Vertre-tung im Einzelfall gegen den Willen des Be-treuten erfolgen darf zunaumlchst beim Gericht das diese besondere Befugnis nur nach einer gesonderten Pruumlfung und bei Vorliegen be-sonderer Gefahren fuumlr den Betreuten geben duumlrfte Die Rechtsmacht des Betreuers waumlre in den Faumlllen der Abhaumlngigkeit vom Wunsch des Betreuten gegenuumlber heute einge-schraumlnktDiese Frage ist in der Arbeitsgruppe die das BMJ beim Entwurf der Reform von 1986 bis 1988 beraten hat diskutiert worden (BMJ 1987 S 45 f) Es wurden verschiedene Mo-delle mit einer ersten Stufe die einen Be-treuer ohne Vertretungsmacht vorsah und zB einen Verweis auf das Auftragsrecht und das Recht der Vollmachten sowie eine zwei-te Stufe die eine gesetzliche Vertretungsbe-fugnis und Eingriffsbefugnisse enthielt eroumlr-tert Das Ergebnis dieser Diskussion ist be-kannt das einheitliche flexible den individu-ellen Anspruumlchen und Anforderungen angepasste Rechtsinstitut der Betreuung Ein Hilfesystem das vom Vormundschafts-gericht beaufsichtigt wird (Betreuung ohne Vertretungsmacht) in Konkurrenz zu sozialen Hilfen machte schon damals keinen uumlber-zeugenden Eindruck Eine Zweistufigkeit birgt auch immer die Gefahr der Diskriminie-rung von Menschen bei denen die zweite Stufe angeordnet wirdDas von der UN-BRK in Art 12 vorgegebene Ziel ist es einem behinderten Menschen ein Houmlchstmaszlig an Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu gewaumlhrleisten und im geringst moumlglichen Umfang vertretende Ent-scheidungen zuzulassen und nicht um den Preis neuer Diskriminierungen Verantwor-tung vom Betreuer auf den Staat zu verla-gern Denn es ist eine Illusion zu glauben dass Gerichte jeden Einzelfall des Konflikts zwischen Betreuer und Betreutem entschei-den koumlnnten Es ist ebenso eine Illusion zu glauben dass notwendigerweise punktuelle generalisierende Entscheidungen der Gerich-te die Selbstbestimmung der behinderten Menschen besser gewaumlhrleisten koumlnnten als der Betreuer der in einem staumlndigen Prozess der Interaktion mit dem Betreuten je nach Gesundheitszustand und zu entscheidender Frage um die richtige Balance zwischen Un-

terstuumltzung und Vertretung ringen muss Al-lerdings ist es Aufgabe des Staates die Selbstbestimmung des Betreuten zu schuumlt-zen und das Handeln der Betreuer wirksam zugunsten der Betreuten zu uumlberwachenFuumlr den Betreuten waumlre eine gerichtliche Entscheidung die allenfalls im Abstand von Monaten im Durchschnitt aber nur im Ab-stand von mehreren Jahren die Frage der Vertretungsbefugnis neu pruumlft von deutlich geringerem Wert als eine Arbeit des Betreu-ers mit hoher Qualitaumlt Vor allem ist fuumlr den Betreuten die Haltung des Betreuers gegen-uumlber den Vorstellungen des Betreuten von Bedeutung Das gilt fuumlr die berufliche wie fuumlr die ehrenamtliche Betreuung Nur der Be-treuer der seine Verpflichtung zur Respektie-rung des Willens des Betreuten verinnerlicht hat kann mit ausreichender Sensibilitaumlt an die schwierige Abwaumlgung zwischen seinen eigenen Vorstellungen vom Wohl des Betrof-fenen und den bdquoeigenwilligenldquo Vorstellungen des Betroffenen gehenAls Ergebnis ist festzuhalten dass mE die in sect 1902 BGB geregelte Vertretung mit Art 12 UN-BRK vereinbar ist und dass von einer Neuregelung mit Einfuumlhrung einer Zweistu-figkeit abzuraten ist Eine ersetzende Ent-scheidung kann als ultima ratio zur Wahrung der Rechte und des Schutzes besonders be-deutender Rechtsguumlter des Betroffenen ge-boten sein wenn dieser gehindert ist seine Rechte selbst wahrzunehmen

Findet der Willensvorrang des Betreuten nach sect 1901 Abs 3 BGB ausreichende Be-achtung

Beachten die ehrenamtlichen und die berufshylichen Betreuer die Wuumlnsche der BetreushytenWie sieht hier die Rechtswirklichkeit aus In einem SPIEGEL-Artikel von Kleinhubbert ua (232012) bdquoAls Depperte abgestempeltldquo wird beschrieben dass Betreuung haumlufig nicht im Sinne einer Verwirklichung der Selbstbestim-mung sondern als Vormundschaft mit Machtbefugnissen praktiziert werde Eine solche Rechtswirklichkeit waumlre ganz sicher nicht konventionskonform und zu aumlndern Aber Ist das die Wirklichkeit Was wissen wir uumlber die Praxis der Betreuung Schon

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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oben habe ich darauf hingewiesen dass die tatsaumlchliche Zahl der Betreuungen nicht be-kannt ist Noch weniger wissen wir uumlber das Betreuerhandeln Aus den veroumlffentlichten Gerichtsbeschluumlssen laumlsst sich meistens dazu nichts finden Die von Mitte 2013 bis Mitte 2014 in der Datenbank juris eingestell-ten Entscheidungen der Amts- und Landge-richte und des BGH zur rechtlichen Betreu-ung enthalten nicht eine einzige zu der Frage des Wunschvorrangs des Betreuten beim BetreuerhandelnNur 2009 hat sich der BGH ausfuumlhrlicher zu sect 1901 Abs 3 BGB geaumluszligert bdquoEin Wunsch des Betreuten laumluft nicht bereits dann im Sinne des sect 1901 Abs 3 Satz 1 BGB dessen Wohl zuwider wenn er dem objektiven Inter-esse des Betreuten widerspricht Vielmehr ist ein Wunsch des Betreuten im Grundsatz beachtlich sofern dessen Erfuumlllung nicht houml-herrangige Rechtsguumlter des Betreuten ge-faumlhrden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlech-tern wuumlrde Allerdings gilt der Vorrang des Willens des Betreuten nur fuumlr solche Wuumln-sche die Ausfluss des Selbstbestimmungs-rechts des Betreuten sind und sich nicht nur als bloszlige Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen dar-stellen Beachtlich sind weiter nur solche Wuumlnsche die nicht Ausdruck der Erkrankung des Betreuten sind und auf der Grundlage ausreichender Tatsachenkenntnis gefasst wurdenldquo (BGH Urteil vom 22 Juli 2009 ndash XII ZR 7706 ndash BGHZ 182 116-140 vgl grund-legend Brosey 2013 S 367 f)Bezeichnenderweise waren Parteien des Streits ein Testamentsvollstrecker auf der ei-nen Seite der Schadensersatzanspruumlche fuumlr einen Nachlass eintreiben wollte und der ehemalige Betreuer auf der anderen Seite der nach Ansicht des Testamentsvollstre-ckers zu groszligzuumlgig auf die Wuumlnsche des in-zwischen verstorbenen Betreuten eingegan-gen war und sogar Steuernachteile () bei Grundstuumlcksgeschaumlften in Kauf genommen hatteWir kennen allenfalls einige oumlrtliche Erhe-bungen und punktuell Justizdaten Wir ken-nen die Rechtswirklichkeit im Betreuungs-wesen nicht Eine von der UN-BRK geforder-te Uumlberpruumlfung der Praxis ist derzeit nicht gegeben Die von Art 31 UN-BRK geforderte Statistik die Grundlagen fuumlr politische Kon-zepte ermoumlglichen soll ist jedenfalls im Be-

reich des Betreuungswesens bisher nicht eingefuumlhrtEine Beachtung der Wuumlnsche und des Wil-lensvorrangs der Betreuten durch ehrenamt-liche und berufliche Betreuer kann nur er-wartet werden wenn diese fuumlr ihre Aufgabe qualifiziert sind und vor ihrer Bestellung dies im Interesse des Betroffenen gepruumlft wird Gesetzliche Mindestanforderungen an Be-treuer sind nur mit einer abstrakten General-klausel geregelt sect 1897 Abs 1 BGB fordert dass die Person geeignet sein muss bdquoin dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfuumlr erforder-lichen Umfang persoumlnlich zu betreuenldquoAngesichts der Kernaufgabe des Betreuers die Selbstbestimmung des Betreuten zu be-achten und deren Verwirklichung zu ermoumlgli-chen ist dies keine geeignete Grundlage um die Anforderungen zumal an berufliche Betreuung ausreichend zu konkretisieren Hier ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben Bei beruflichen Betreuern ist eine verbindliche Festlegung von Mindestqualifi-kationen und notwendigen Fortbildungen er-forderlich (vgl Kasseler Forum 2012) Nach Art 4 Abs1 Buchstabe i) der UN-BRK sind die Staaten verpflichtet bdquodie Schulung von Fachkraumlften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu foumlrdern damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden koumln-nenldquo Auch hier sehe ich deutliche Umset-zungsdefizite in Deutschland

Sind die Rahmenbedingungen fuumlr ehrenshyamtliche und berufliche Betreuung ausreishychendIm Regierungsentwurf des Betreuungsge-setzes vom 121989 waren Vorschriften vor-gesehen die den ehrenamtlichen Betreuern zB Anspruumlche auf Aufwendungsersatz bei Beratung durch Betreuungsvereine gab Dies war der Versuch einer indirekten Ver-einsfoumlrderung Der Entwurf enthielt Vor-schriften die den beruflichen Betreuern ei-nen Verguumltungsanspruch entsprechend ih-rem Zeitaufwand im Einzelfall gab Bei viel Beratung und Assistenz und damit einem groszligen Aufwand gab es houmlhere Anspruumlche auf Verguumltung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Im Gesetzgebungsverfahren ist die indirekte Vereinsfoumlrderung auf Vorschlag der Laumlnder gestrichen worden Diese haben eine direkte Foumlrderung zugesagt Die Laumlnder haben mit wenigen Ausnahmen ihre Zusagen auf Foumlr-derung der Betreuungsvereine nicht einge-halten einige Laumlnder foumlrdern gar nichtDurch die Betreuungsrechtsaumlnderungsgeset-ze sind 1999 und 2005 die Rahmenbedingun-gen fuumlr die berufliche Betreuung neu gestal-tet worden es wird nicht der erforderliche in-dividuelle Aufwand sondern eine feste Fall-pauschale bezahlt Darauf reagieren Vereine als Arbeitgeber und Betreuer marktwirt-schaftlich Wenn Faumllle bezahlt werden und nicht die einzelne Unterstuumltzungsleistung wird nicht auf Assistenz geachtet sondern auf Fallzahlen Ein beruflicher Betreuer hat durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Monat und Betreuung einen Anspruch auf Verguuml-tung benoumltigt tatsaumlchlich aber etwa 51 Stunden (Foumlrder-Vondey 2012 S 10) Ange-sichts der gewaumlhrten Stundensaumltze von 27 bis 44 EUR inklusive Aufwandspauschale sect 4 Vormuumlnder- und Betreuerverguumltungsgesetz (VBVG) 3 sind Fallzahlen fuumlr eine Bezahlung der angestellten Vereinsbetreuer und der Verguumltung der freiberuflichen Betreuer erfor-derlich die eine individuelle Beratung und Unterstuumltzung schon lange nicht mehr in al-len Einzelfaumlllen moumlglich machenMit anderen Worten Der Gesetzgeber hat das Gesetz so veraumlndert dass in der Rechts-wirklichkeit haumlufig gesetzliche Vertretung nicht aber moumlgliche Beratung und Unterstuumlt-zung seitens des Betreuers und selbstbe-stimmte Entscheidung des Betreuten statt-findetDas System der Fallpauschalen widerspricht den Anforderungen der UN-BRK es setzt er-kennbar Fehlanreize die zur Nichtbeachtung der Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Betreuten fuumlhren Die Rahmenbedingungen der recht-lichen Betreuung muumlssen uumlberpruumlft werden und zwar nicht nur die Justizleistungen sondern auch die Leistungen der Laumlnder-sozialressorts und der Kommunen fuumlr die ehrenamtlichen Betreuer und die Vereine

Dazu gehoumlrt insbesondere auch dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden dass Beratungs- und Unterstuumltzungsstruktu-ren durch Vereine dauerhaft und mit guter Qualitaumlt angeboten werden koumlnnen damit

Qualitaumltsanforderungen auch an ehrenamt-liche Betreuer gerade auch an Angehoumlrige nicht leere Worte bleiben sondern praktiziert werden koumlnnenIn jeden Bericht eines Betreuers gehoumlrt ne-ben Aussagen zu den Finanzen immer die Beantwortung folgender Fragen Was will mein Betreuter Was habe ich daraus ge-machtBei beruflichen Betreuern ist eine verbindli-che Festlegung von Mindestqualifikationen und notwendigen Fortbildungen erforderlich Das Verguumltungssystem muss wenn statt bdquoFallbearbeitungldquo die notwendige Bera-tungs- und Unterstuumltzungsleistung erbracht werden soll grundlegend neu gestaltet wer-denAuch ist ein anderes Beschwerdemanage-ment zu schaffen das nicht nur auf das Ge-richt als Beschwerdeinstanz setzt sondern niedrigschwelliger eine Beschwerdestelle anbietet die deutlich informeller vermitteln kann als ein GerichtDie Nahtstelle zum Sozialleistungssystem ist neu zu durchdenken und zu gestalten moumlgli-cherweise uumlber ein Erwachsenenhilfegesetz (Northoff 2013 S 387) In diesem Rahmen ist dann auch zu entscheiden ob ein sozial-rechtliches Instrument eingefuumlhrt wird bei dem Assistenz ohne rechtliche Vertretung vorgesehen wird ausgestaltet als Rechtsan-spruch eines betroffenen Buumlrgers Ange-merkt sei dass eine Person die Beratungs- und Unterstuumltzungsleistungen aufgrund ei-nes (sozialrechtlichen) Anspruchs erbringt ohne zur Vertretung befugt zu sein wegen moumlglicher Interessenkonflikte nicht auch zum Betreuer bestellt werden sollte Ange-merkt sei auch dass mE die Justiz weder bereit noch in der Lage sein wird Rahmenbe-dingungen fuumlr eine derartige Assistenz zu schaffen Dies muss vielmehr eine Leistung kommunaler Daseinsfuumlrsorge werden Damit nicht nach der Methode Versuch und Irrtum bundesweit vorgegangen wird sollte ndash eine Forderung der Behindertenverbaumlnde aufgreifend ndash in ausgewaumlhlten Modellregio-nen ein System der Unterstuumltzung mit und ohne rechtliche Betreuung erprobt wissen-schaftlich begleitet und ausgewertet werden

3 httpwwwpsychiat-rie-verlagde fileadminstoragedokumente DiverseZusatzmaterial-ServiceZeitschriftenkompasskompass- 2012_1pdf

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Gibt es ein gesellschaftliches Bewusstsein von den Rechten der BetreutenAngesichts der immer wieder in den Medien geschilderten Skandalfaumllle ist zu befuumlrchten dass vielfach der Wunschvorrang des Be-treuten nicht beachtet wird Nach meinem Eindruck geschieht dies meistens dann wenn der Betreuer es bdquogut meintldquo er also versucht das was er fuumlr das Wohl des Be-troffenen haumllt umzusetzen Er weiszlig haumlufig nicht dass er nicht Vormund ist sondern als Betreuer nur Berater und Unterstuumltzer des Willens und der Entscheidung des Betroffe-nen Hier fehlt es an Wissen und der erfor-derlichen breiten Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft von den Rechten der Be-troffenen und den Zielen der UN-BRK Er-kennbar ist die nach Art 8 der UN-BRK von den Vertragsstaaten geforderte aktive Foumlrde-rung der notwendigen Bewusstseinsbildung in Deutschland noch nicht ausreichend

Beachtet die Justiz den Willensvorrang der Betreuten Ist das Betreuungsverfahrensshyrecht konventionskonformArt 13 UN-BRK regelt Verfahrensrechte des Betroffenen Aus Abs 1 folgt ein Anspruch auf gleichberechtigten wirksamen Zugang zur Justiz unter anderem durch verfahrens-bezogene Vorkehrungen um Behinderten eine wirksame unmittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern Das erfordert ein Nachdenken daruumlber ob das heutige Betreuungsverfahrensrecht gere-gelt in sectsect 271 ff FamFG 4 ausreichend ist insbesondere im Hinblick auf die Kommuni-kation mit Menschen mit Behinderung Rich-ter und Rechtspfleger kommunizieren uumlber Sprache Es wird Amtsdeutsch geredet nicht einfache Sprache Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen erfordert eine entsprechende Fortbildung zu deren Durch-fuumlhrung die Justizverwaltungen nach Art 13 Abs 2 UN-BRK verpflichtet sind Der inter-disziplinaumlre Dialog gehoumlrt im Uumlbrigen auch zu den schwierigeren Eigenheiten des Betreu-ungsverfahrens Seit Inkrafttreten der UN-BRK duumlrfte in etli-chen Verfahren eine muumlndliche Anhoumlrung nicht mehr ausreichend sein weil die Richter und Rechtspfleger nicht genuumlgende Kommu-nikationsfaumlhigkeiten aufweisen Sie muumlssten sich der Hilfe eines bdquoDolmetschersldquo bedie-nen Die Forderung der Bundesvereinigung

Lebenshilfe in sect 275 FamFG eine Ergaumlnzung vorzusehen die eine Kommunikation in fuumlr den Betroffenen verstaumlndlicher Form vor-schreibt ist nur zu berechtigt

Zusammenfassung

Die UN-BRK gibt einen neuen wichtigen Schub zur Verwirklichung der Selbstbestim-mung von Menschen mit Behinderungen Das geschriebene Betreuungsrecht ist im Wesentlichen konventionskonform Die Be-treuungspraxis weist auch wegen konven-tionswidrig geregelter Rahmenbedingungen Maumlngel auf Es ergeben sich Forderungen an Gesetzgebung Verwaltung und Wissen-schaft ndash Rechtstatsachenforschung und sozial-arbeitswissenschaftliche Forschung

ndash Regelungen fachlicher Eignungskriterien fuumlr berufsmaumlszligig taumltige Betreuer

ndash Verpflichtende Fortbildung der Akteure ndash Aufwandsorientierte Finanzierung der Be-treuungs- und Querschnittsarbeit

ndash Staumlrkung der BeratungUnterstuumltzungAs-sistenz von Menschen mit Behinderungen

ndash Sicherstellung der Nachrangigkeit einer Betreuerbestellung und einer qualifizierten sozialen Diagnose durch die Staumlrkung der betreuungsbehoumlrdlichen Kompetenzen

Fortschritt kann nur gelingen wenn Art 4 Abs 3 der UN-BRK beachtet wird Betroffene immer einbeziehenAutoreninfo und KontaktPeter Winterstein Vizepraumlsident des Obershylandesgerichts Rostock ist Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages eV Kontakt peterwintersteinolgshyrostockmvshyjustizde

Der Anhang bdquoLiteraturhinweise als Beilage zu diesem Heftldquo enthaumllt die Literaturliste fuumlr diesen Beitrag

4 Gesetz uumlber das Ver-fahren in Familiensachen und in den Angelegenhei-ten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FamFG) vgl httpwwwgesetze-im-internetdefamfgBJNR258700008html

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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Literaturhinweise

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung

Inhalt und Bedeutung des Allgemeinen Kommentars Nr 1 (General Comment No1) des UN-Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Art 12 ndash BRK (Gleiche Anerkennung vor dem Recht)

Klaus Lachwitz

Vorbemerkung 1

Das Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinde-rungen (Behindertenrechtskonvention ndash BRK) ist ein Voumllkerrechtsvertrag zwischen den Vereinten Nationen und den Vertrags-staaten die das Uumlbereinkommen durch Rati-fikation fuumlr rechtsverbindlich erklaumlrt haben (Art 43 ff BRK) Deutschland hat die Ratifi-kation der BRK auf der Grundlage eines Zu-stimmungsgesetzes das am 31122008 im Bundesgesetzblatt verkuumlndet worden ist 2 mit Wirkung zum 26032009 3 vollzogen Mit der Ratifikation hat die BRK den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erlangt und ist auf diese Weise Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden4 Deutschland ist damit zur Anwendung der Bestimmungen der BRK verpflichtet und zwar aller Bestim-mungen denn das Uumlbereinkommen ist ohne Vorbehalt 5 ratifiziert worden Dies hat gemaumlszlig Art 4 Abs 1 a) BRK zur Folge dass Deutsch-land bdquoalle geeigneten Gesetzgebungs- Ver-waltungs- und sonstigen Maszlignahmen zur Umsetzung der in diesem Uumlbereinkommen anerkannten Rechte zu treffenldquo hat

Reichweite der Behindertenrechtsshykonvention (BRK)Die BRK will sicherstellen dass alle Men-schen mit Behinderungen in den gleichbe-rechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen (Art 1 Satz 1 BRK) bdquoZu den Menschen mit Behinderungen zaumlh-len alle Menschen die langfristige koumlrperli-che seelische geistige oder Sinnesbeein-traumlchtigungen haben welche sie in Wechsel-wirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen wirksamen und gleichberechtigten

Teilhabe an der Gesellschaft hindern koumln-nenldquo (Art 1 Satz 2 BRK) Damit steht fest dass von der BRK zB auch Menschen mit einer dauerhaften Demenz 6 erfasst werden

Inhalt des Art 12 BRK (Gleiche Anerkenshynung vor dem Recht)Kein Artikel der BRK hat so viele rechtliche Kontroversen ausgeloumlst wie Art 12 BRK Maszliggebend dafuumlr sind insbesondere die Ab-saumltze 2 und 3 dieser Bestimmung wonach bdquodie Vertragsstaaten anerkennen dass Men-schen mit Behinderungen in allen Lebens-bereichen gleichberechtigt mit anderen Rechtsshy und Handlungsfaumlhigkeit genieszligenldquo und bdquogeeignete Maszlignahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstuumltzung zu verschaffen die sie bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungs-faumlhigkeit gegebenenfalls benoumltigenldquoWelche Sprengkraft Art 12 BRK entfaltet wird deutlich wenn man versucht den Inhalt der Absaumltze 2 und 3 in der Terminologie des deutschen Rechts zu beschreiben Danach waumlren alle Menschen mit Behinderungen un-abhaumlngig von Art und Schweregrad ihrer Behinderung aus rechtlicher Sicht in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen ge-schaumlfts- und einwilligungsfaumlhig 7 und koumlnn-ten verlangen dass Deutschland ihnen die rechtliche Unterstuumltzung zukommen laumlsst die es ihnen ermoumlglicht ihre Geschaumlfts- und Einwilligungsfaumlhigkeit selbst auszuuumlben Die gesetzliche Vertretung durch Dritte wuumlrde auf diese Weise verdraumlngtEs verwundert also nicht dass um die Frage gerungen wird wie Art 12 BRK auszulegen ist und wie sich diese Bestimmung auf das deutsche Recht auswirkt8

Endnoten

1 Die nachfolgende Darstellung wesentlicher Passagen des General Comment No 1 zu Art 12 BRK beruht auf einer nicht-amtlichen Uumlber-setzung die der Verfasser nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt hat2 BGBl 2008 II S 1419 ff zum Gesetzgebungs-verfahren vgl BT-Drs 1610808 (Gesetzentwurf der BReg)3 Vgl dazu Art 45 BRK4 Vgl BVerfG 2622010 ndash 1 BvR 154109 = NJW 2010 1943 Normen der BRK sind Bundesrecht ohne Verfassungsrang5 Vgl Art 46 BRK6 Nach deutschem Recht erfuumlllt das Vorliegen einer Demenz den Tatbestand der Behinderung wenn die geistige Faumlhigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit laumlnger als sechs Monate von dem fuumlr das Lebens-alter typischen Zustand abweicht vgl sect 2 Abs 1 SGB IX7 Vgl dazu zBdie sectsect 104 ff BGB und 1905 Nr 2 BGB8 Zur Kontroverse vgl insb Valentin Aichele Hrsg (2013) Das Men-schenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskon-vention Baden ndash Baden Nomos Verlagsgesell-schaft Klaus Lachwitz in KreutzLachwitzTrenk-Hinterberger (2013) Die UN-Behindertenrechts-konvention in der Praxis Erlaumluterungen der Rege-lung und Anwendungsge-biete Koumlln Luchterhand Verlag S 146 ff

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Auslegung der BRK nach Maszliggabe des VoumllkerrechtsDie Auslegung von Rechtsvorschriften ge-houmlrt zu den Kernaufgaben der Gerichte Die-se pruumlfen welche Zwecke der Gesetzgeber mit den von ihm in Kraft gesetzten recht-lichen Bestimmungen verfolgt und gehen da-bei im Regelfall vom Wortlaut und der Ent-stehungsgeschichte der einzelnen Vorschrif-ten aus Fuumlr die von den Vereinten Nationen bislang verabschiedeten Menschenrechts-konventionen zu denen zB der Internatio-nale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte (IPbpR) von 1966 zaumlhlt gilt die Be-sonderheit dass die Vereinten Nationen Aus-schuumlsse eingesetzt haben denen ua die Aufgabe uumlbertragen ist rechtliche Hinweise zur Auslegung der in den Uumlbereinkommen zum Schutz der Menschenrechte enthalte-nen Artikel zu entwickeln Dies geschieht haumlufig durch die Veroumlffentlichung sog Genshyeral Comments (Allgemeine Kommentare) zu einzelnen Artikeln der Menschenrechts-konventionen Entsprechendes gilt fuumlr die BRK Gemaumlszlig Art 34 Abs 1 BRK ist von den Vereinten Nationen ein bdquoAusschuss fuumlr die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetztldquo worden der zurzeit aus acht-zehn Sachverstaumlndigen besteht Dieser Aus-schuss hat am 02112011 seine Working Methods vorgestellt 9 in denen er die Ver-pflichtung General Comments abzugeben wie folgt beschreibt bdquoDer Ausschuss kann General Comments formulieren die sich auf einzelne Artikel Empfehlungen und spezifi-sche Themen der BRK beziehen Dabei ver-folgt er das Ziel den Vertragsstaaten bei der Umsetzung der BRK zu assistieren und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu er-mutigen sich auf effiziente Weise fuumlr die Verwirklichung der in der BRK geregelten Menschenrechte einzusetzenldquo

General Comment No 1 (2014) zu Art 12 BRK

In seiner 11 Sitzung (31032014 bis 11042014) hat der UN-BRK-Ausschuss sei-nen ersten allgemeinen Kommentar10 zu ei-ner einzelnen Bestimmung der BRK verab-schiedet und zwar zu Art 12 BRK Dabei wurde deutlich dass der Ausschuss deshalb mit einer Kommentierung des Art 12 BRK

begonnen hat weil diese Vorschrift eine Schluumlsselfunktion fuumlr den Groszligteil der von der Weltgesundheitsorganisation auf etwa 1 Mrd geschaumltzten Menschen mit Behinde-rungen einnimmt Umfragen und rechtsver-gleichende Untersuchungen haumltten ergeben dass weltweit vielen Menschen mit Behinde-rungen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (Legal Capacity) abgesprochen werde11 Da-mit seien diese Personen von der persoumlnli-chen Ausuumlbung ihrer zivilen politischen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschenrechte ausgeschlossen12 Art 12 BRK sei mit dem Ziel in die BRK eingefuumlhrt worden diesen Zustand zu beenden

Inhalt des General Comment No 1 zu Art 12 BRKDer Erarbeitung des General Comment No 1 ist die in Art 36 BRK vorgeschriebene Pruuml-fung zahlreicher Staatenberichte durch den UN-BRK-Ausschuss vorausgegangen die diesem von den Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 35 BRK uumlber den Generalsekretaumlr der Verein-ten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Uumlbereinkommens fuumlr den betreffenden Vertragsstaat vorzulegen sind 13 und die in umfassender Weise darstel-len sollen welche Maszlignahmen der Vertrags-staat bdquozur Erfuumlllung seiner Verpflichtungen aus dem Uumlbereinkommen getroffen hatldquo und welche bdquoFortschritte dabei erzieltldquo worden sind (Art 35 Abs 1 BRK)

Einfuumlhrung in den General Comment No 1 (Ziffern1 ndash 9)Der Ausschuss hat aus den von ihm gepruumlf-ten Staatenberichten die Schlussfolgerung gezogen dass viele Vertragsstaaten hinsicht-lich ihrer sich aus Art 12 BRK ergebenden Verpflichtungen einem generellen Missvershystaumlndnis unterlaumlgen Es sei ein bdquomangelhaf-tes Verstaumlndnisldquo(S1) dafuumlr anzutreffen dass das in der BRK verankerte menschenrechtli-che Modell der Behinderung14 einen Paradig-menwechsel von der stellvertretenden Ent-scheidung (substituted decisionshymaking) zu einer unterstuumltzten Entscheidungsfindung (supported decision-making) bewirkt habe15 Der General Comment No1 zu Art 12 BRK verfolge das Ziel die Verpflichtungen der Vertragsstaaten die sich aus Art 12 erge-ben zu ermitteln16 und beinhalte eine Inter-pretation des Art 12 die sich aus der Allgeshy

9 UN CRPD C5410 CRPDCGC1 Distr Ge-neral 11 4 201411 Vgl dazu zB Who gets to decide Right to legal capacity for persons with intellectual and psy-chosocial disability Coun-cil of Europe Thomas Hammarberg Commissi-oner for Human Rights Strasbourg Febr 20 2012 CommDHIssuePa-per (2012)212 Vgl dazu Ziffer 8 des General Comment zu Art 12 BRK13 Der Deutsche Staaten-bericht liegt dem Aus-schuss seit dem 3 8 2011 vor14 Vgl dazu insb Ziffer e) der Praumlambel der UN-BRK15 Vgl Ziffer 3 des General Comment No 1 zu Art 12 UN-BRK16 Vgl Ziffer 3 letzter Satz

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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meinen Verpflichtung der Vertragsstaaten gemaumlszlig Art 3 BRK ableite naumlmlich bdquodie Ach-tung der dem Menschen innewohnenden Wuumlrde seiner individuellen Autonomie ein-schlieszliglich der Freiheit eigene Entscheidunshygen zu treffen sowie seiner Unabhaumlngig-keitldquo17

Aus historischer Sicht sei festzustellen dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit in vielen Lebensbereichen in diskriminierender Weise auf der Grundlage von Konstrukten der recht-lichen Vertretung (substituted decision ndash making regimes) versagt worden sei zB durch die Anordnung von Vormundschaften (guardianship) Pflegschaften (conservatorshyship) und durch rechtliche Regelungen zur geistigen Gesundheit (mental health laws) die die Zwangsbehandlung (forced treatshyment) erlauben bdquoDiese Praktiken muumlssen abgeschafft werden um sicherzustellen dass die volle Rechts- und Handlungsfaumlhig-keit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wiederherge-stellt wirdldquo(S2)18

Die Weigerung Menschen mit Behinderun-gen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu-zuerkennen habe in vielen Faumlllen dazu ge-fuumlhrt dass diesen Personen fundamentale Rechte aberkannt worden seien wie das Wahlrecht oderhellip das Recht in medizinische Behandlung einzuwilligen 19

Der normative Inhalt des Art 12 BRK (Ziffern 10 ndash 19 General Comment No1)Nach Art 12 Abs2 BRK umschlieszligt die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (legal capacshyity) sowohl das Recht Traumlger von Rechten (holder of rights) als auch Akteur des Rechts (actor of rights) zu sein20

Der General Comment No1 zu Art 12 BRK unterscheidet zwischen Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit (legal capacity) und der geistigen Faumlhigkeit (mental capacity) eines Menschen und stellt fest dass es sich dabei um bdquounterschiedliche Konzepteldquo handelt bdquoRechts- und Handlungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit Traumlger von Rechten und Pflichten zu sein (legal standing) und diese Rechte und Pflichten auszuuumlben (legal agency) Sie ist der Schluumlssel um auf sinnvolle Weise Zugang zur Gesellschaft zu erhaltenldquo (S3)21 Demgegenuumlber verweise der Begriff der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen auf die

individuelle Faumlhigkeit einer Person Entschei-dungen zu treffen Sie variiere nicht nur von Person zu Person sondern koumlnne auch bei der Person selbst aufgrund zahlreicher Faktoren die umweltbezogene und soziale Bedingungen einschlieszligen unterschiedlich ausfallen bdquoGemaumlszlig Art12 BRK duumlrfen unter-stellte oder tatsaumlchliche Defizite der geisti-gen Faumlhigkeit nicht als Rechtfertigung heran-gezogen werden um Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit zu verneinenldquo(S3) 22 Der Ausschuss fuumlhrt in den Ziffern 12 und 13 des General Comment No1 zu Art 12 BRK aus die meisten der von ihm bislang uumlber-pruumlften Staatenberichte machten deutlich dass viele Vertragsstaaten aus der Begutach-tung eines Menschen im Zuge derer Maumlngel seiner geistigen Faumlhigkeiten festgestellt worden seien folgerten die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sei eingeschraumlnkt bdquoArt 12 erlaubt keine derartige diskriminierende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit sondern macht es stattdessen notwendig die erforderliche Un-terstuumltzung zur Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zur Verfuumlgung zu stellenldquo(S4)23

Zum Begriff der Unterstuumltzung enthaumllt der Allgemeine Kommentar die Aussage bdquoDie Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit muss die Rechte den Willen und die Praumlferenzen der Men-schen mit Behinderungen respektieren und sollte niemals die Form einer stellvertreten-den Entscheidung annehmenhellip Die Unter-stuumltzung kann die Entwicklung und Anerken-nung unterschiedlicher und unkonventionel-ler Methoden der Kommunikation einschlie-szligen insbesondere fuumlr die Personen die nonverbale Formen der Kommunikation ver-wenden um ihren Willen und ihre Praumlferen-zen auszudruumlckenldquo (S4)24

Pflichten der Vertragsstaaten (Ziffern 20 ndash 26 General Comment No1)Die Verpflichtung der Vertragsstaaten Syste-me der stellvertretenden Entscheidung durch Konstrukte der unterstuumltzten Entschei-dungsfindung zu ersetzen mache sowohl die Abschaffung von Systemen der stellver-tretenden Entscheidung als auch die Ent-wicklung von alternativen Formen unter-stuumltzter Entscheidungsfindung erforderlich25

17 Vgl Ziffer 4 18 Ziffer 719 Ziffer 8 letzter Satz20 Ziffer 11 Satz 221 Ziffer 1222 Ziffer 12 letzter Satz23 Ziffer 13 letzter Satz24 Ziffer 15 Satz 125 Ziffer 24 Satz 1

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Konstrukte der unterstuumltzten Entscheidungs-findung koumlnnten in unterschiedlichen For-men auftreten Dabei seien die nachfolgend beschriebenen Kernelemente zu beachten

Die unterstuumltzte Entscheidungsfindung muumls-se allen Menschen zur Verfuumlgung stehen Der Grad des Unterstuumltzungsbedarfs (insb wenn dieser sehr groszlig sei) duumlrfe kein Hin-dernis sein um Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung zu erhalten26 Alle For-men der Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit (ein-schlieszliglich intensiver Formen der Unterstuumlt-zung) muumlssten auf dem Willen und den Vor-lieben (preferences) der Person gruumlnden und duumlrften nicht auf die Annahme gestuumltzt werden dem Wohl (best interest) der Person zu dienen27 Die von einer Person genutzte Form der Kommunikation duumlrfe kein Hinder-nis sein um Unterstuumltzung bei der Entschei-dungsfindung zu erhalten dies auch dann nicht wenn es sich um eine unkonventionel-le Form der Kommunikation handele die nur von wenigen Menschen verstanden werde28 Die von dem behinderten Menschen aus-gewaumlhlte Person muumlsse rechtlich als Unter-stuumltzungsperson anerkannt werden und ver-fuumlgbar sein Der Vertragsstaat sei verpflich-tet die Schaffung geeigneter Formen der Unterstuumltzung sicherzustellen insbesondere fuumlr Personen die isoliert sind und keinen Zugang zu Formen der Unterstuumltzung haben die normalerweise in einer Gesellschaft zur Verfuumlgung stehen Dies muumlsse die Moumlglich-keit Dritter einschlieszligen sowohl die Identitaumlt einer Unterstuumltzungsperson festzustellen als auch die Handlungen einer Unterstuumlt-zungsperson zu beanstanden wenn sie der Auffassung sind dass die Unterstuumltzungs-person nicht nach Maszliggabe des Willens und der Praumlferenzen der unterstuumltzten Person handelt29 Um den Voraussetzungen des Art 12 Abs 3 BRK Rechnung zu tragen muumlssten die Vertragsstaaten geeignete Maszlignahmen treffen um dem behinderten Menschen Zu-gang zu der benoumltigten Unterstuumltzung zu verschaffen Die Vertragsstaaten muumlssten sicherstellen dass die Unterstuumltzung zu an-gemessenen Kosten oder kostenfrei zur Ver-fuumlgung steht und dass ein Mangel an finanzi-ellen Ressourcen kein Hindernis ist um die Unterstuumltzung zu erlangen die zur Ausuumlbung

der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit erfor-derlich sei30 Die Unterstuumltzung bei der Ent-scheidungsfindung duumlrfe nicht als Recht-fertigung dafuumlr dienen andere fundamentale Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuschraumlnken insbesondere das Wahl-recht das Recht zu heiraten (oder eine ein-getragene Lebenspartnerschaft einzugehen) eine Familie zu gruumlnden fortpflanzungsmedi-zinische Rechte und Elternrechte geltend zu machen in intime Beziehungen und medizishynische Behandlung einzuwilligen und sich auf das Recht auf Freiheit zu berufen31 Die Person muumlsse jederzeit das Recht haben die Unterstuumltzung abzulehnen und zu beenden oder eine andere Unterstuumltzungsperson aus-zuwaumlhlen32 Fuumlr alle Maszlignahmen die sich auf die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit und die Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit beziehen muumlssten geeignete Sicherungsvorkehrungen (safeguards) getroffen werden Ziel dieser Sicherungsvorkehrungen sei es den Willen und die Praumlferenzen der Person zu respektie-ren33 Die Verfuumlgbarkeit von Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit duumlrfe nicht von der Begutach-tung der geistigen Faumlhigkeit eines Menschen abhaumlngig gemacht werden neue nichtdis-kriminierende Indikatoren zur Feststellung des Bedarfs an Unterstuumltzung seien erfor-derlich um Unterstuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu ge-waumlhrleisten34

In Ziffer 26 des General Comment No1 wird ausgefuumlhrt dass das Recht auf gleiche An-erkennung vor dem Rech seit langem als ein ziviles und politisches Recht gilt das im In-ternationalen Pakt uumlber zivile und politische Rechte 35 wurzelt bdquoZivile und politische Rechte erlangen im Zeitpunkt der Ratifikati-on Geltung und die Vertragsstaaten muumlssen Maszlignahmen zur unmittelbaren Umsetzung dieser Rechte ergreifen Dementsprechend werden die in Art 12 BRK geregelten Rechte im Moment der Ratifikation wirksam und beduumlrfen der sofortigen Umsetzungldquo(S7)36

Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu anderen Bestimmungen der BRK (Ziffern 27 ndash 45 General Comment No 1)Die Anerkennung der Rechts- und Hand-lungsfaumlhigkeit sei untrennbar mit dem Ge-

26 Ziffer 25 a)27 Ziffer 25 b)28 Ziffer 25 c)29 Ziffer 25 d)30 Ziffer 25 e)31 Ziffer 25 f)32 Ziffer 25 g)33 Ziffer 25 h)34 Ziffer 25 i)35 International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) von 196636 Im Unterschied zu den wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Menschen-rechten die gemaumlszlig Art 4 Abs 2 BRK von den Vertragsstaaten nur unter Ausschoumlpfung der vershyfuumlgbaren Mittel bdquonach und nachldquo verwirklicht werden muumlssen (sog Progressionsvorbehalt)

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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nuss zahlreicher anderer Menschenrechte verknuumlpft die in der BRK geregelt sind zB dem Recht vor einer unfreiwilligen Unter-bringung in einer psychiatrischen Einrichtung bewahrt zu werden und sich keiner Zwangs-behandlung unterziehen zu muumlssen (Art 14 BRK) dem Recht auf Achtung der koumlrper-lichen und seelischen Unversehrtheit (Art 17 BRK) dem Recht in eine medizinische Be-handlung einzuwilligen (Art 25 BRK) Ohne die Gewaumlhrleistung dass jede Person die gleiche Anerkennung vor dem Recht ge-nieszligt sei die Moumlglichkeit diese und andere in der BRK geregelten Rechte geltend zu machen auszuuumlben und zu verwirklichen erheblich in Frage gestelltldquo37 Fuumlr die medizinische Behandlung von Men-schen mit kognitiven Behinderungen hat vor allem die in Ziffer 38 des General Comment No 1 enthaltene Kommentierung besondere Bedeutung die sich auf das Verhaumlltnis des Art 12 BRK zu den Artikeln 15 16 17 BRK (Achtung der Unversehrtheit der Person Schutz vor Folter Gewalt Ausbeutung und Missbrauch) bezieht Dort heiszligt es bdquoWie bereits in einigen abschlieszligenden Betrach-tungen 38 (Anm des Ausschusses uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen) ausgefuumlhrt verletzt die Zwangsbehandlung durch Psychiater und andere Angehoumlrige der Gesundheitsberufe die (Anm in Art 12 BRK geregelte) gleiche Anerkennung vor dem Recht das Recht auf Achtung der Unver-sehrtheit der Person die Freiheit von Folter und das Recht vor Ausbeutung Gewalt und Missbrauch geschuumltzt zu werdenldquo(S10) Die Praxis (Anm der Zwangsbehandlung) stelle die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person in Abrede selbst uumlber die medi-zinische Behandlung zu entscheiden und verletze deshalb Art 12 der UN-BRK Die Vertragsstaaten muumlssten stattdessen die Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit einer Person mit Behinderungen respektieren jederzeit einschlieszliglich in Krisensituationen eigene Entscheidungen zu treffen sie muumlssten au-szligerdem sicherstellen dass genaue und zu-gaumlngliche Informationen uumlber unterschiedli-che Dienstleistungen und nichtmedizinische Angebote zur Verfuumlgung stehen und auf unabhaumlngige Unterstuumltzung zuruumlckgegriffen werden kann Die Vertragsstaaten seien ver-pflichtet den Zugang zur Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung zu gewaumlhrleisten

die psychiatrische und andere Formen der medizinischen Behandlung betreffen Die Zwangsbehandlung sei ein besonderes Prob-lem fuumlr Menschen mit psychosozialen geis-tigen oder anderen kognitiven Behinderun-gen Die Vertragsstaaten muumlssten politische Vorgaben und gesetzgeberische Maszlignah-men beseitigen die Zwangsbehandlungen erlauben oder weiterhin zulassen wie sie weltweit als andauernde Menschenrechts-verletzungen in Gesetzen zur geistigen Ge-sundheit (mental health laws) anzutreffen seienDer Ausschuss empfiehlt den Vertrags-staaten deshalb sicherzustellen dass bdquoEnt-scheidungen die die koumlrperliche und seeli-sche Unversehrtheit einer Person beruumlhren nur getroffen werden duumlrfen wenn eine freie und informierte Einwilligung der betrof-fenen Person vorliegtldquo (S11)

Umsetzung auf nationaler Ebene (Ziffern 46 ndash 48 General Comment No1)In Ziffer 47 werden die Vertragsstaaten er-mutigt Ressourcen fuumlr die Forschung und fuumlr die Entwicklung von guten Beispielen (best practices) zur Verfuumlgung zu stellen die das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht respektieren und die Unter-stuumltzung bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gewaumlhrleisten

Reaktion der Bundesregierung

Neben mehr als 70 Nichtregierungsorgani-sationen Nationalen Menschenrechtsinstitu-ten und Vertragsstaaten hat sich die Bun-desregierung zu einem bereits im Jahr 2013 vorgelegten Entwurf des General Comment No1 der in seinen wesentlichen Aussagen Eingang in die im April 2014 verabschiedete Endfassung gefunden hat geaumluszligert Der General Comment No1 wird in teilweise harschen Worten kritisiert und es wird statt-dessen das Postulat aufgestellt dass recht-liche Vertretung in bestimmten Faumlllen (zB bei Komapatienten) moumlglich und mit Art 12 der UN-BRK vereinbar sei 39 Wann und unter welchen Voraussetzungen statt der recht-lichen Vertretung eine Unterstuumltzung bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Art 12 Abs 3 UN-BRK greifen soll bleibt jedoch un-beantwortet

37 Ziffer 27 letzter Satz38 Concluding Observa-tions39 Nachzulesen auf der Website bdquoUN Human Rights Office of the High Commissioner for Human Rights Stichwort Com-mittee on the Rights of Persons with Disabilities Stichwort Draft General Comment on Art 12 UN-CRPD Submissions (siehe dort unter Ziffer 32 Federal Republic of Ger-many)

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Schlussbemerkung des Verfassers

Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Draft General Comment No1 zu Art 12 UN-BRK steht im Einklang mit fruumlheren Aumluszligerungen der Bundesregierung die zB bereits im November 2008 in einer Denk-schrift zur UN-BRK ausgefuumlhrt hat nur wer einsichtsfaumlhig sei koumlnne als geschaumlftsfaumlhig angesehen werden 40 oder die im Jahr 2011 die Auffassung vertreten hat das deutsche Betreuungsrecht entspreche den Anforde-rungen der UN-BRK 41 Es sei bdquokonventions-konformldquo und es bestehe bdquokein gesetzge-berischer Handlungsbedarfldquo das Betreu-ungsrecht zu aumlndern42

Es ist hier nicht der Ort die Vereinbarkeit des Betreuungsrechts 43 oder der sectsect 104 f BGB 44 mit Art 12 BRK zu untersuchen Doch eines sei festgestellt Solange auf gesetz-geberischer Seite bzw in der Praxis des Be-treuungsrechts nicht alle im General Com-ment No1 zu Art 12 BRK beschriebenen vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ausgeschoumlpft worden sind Menschen mit psychosozialen geistigen oder sonstigen kognitiven Be-eintraumlchtigungen bei der Ausuumlbung ihrer Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit zu unter-stuumltzen ist es muumlszligig daruumlber zu streiten ob es noch Faumllle gibt in denen nicht auf das rechtliche Hilfsmittel der gesetzlichen Ver-tretung durch Dritte verzichtet werden kann Deutschland ist wie alle Vertragsstaaten die das UN-Uumlbereinkommen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ohne Vorbehalt ratifiziert haben verpflichtet auf der Grundlage einer soliden und umfassen-den Rechtstatsachenforschung und im Rechts- und Praxisvergleich mit anderen Ver-tragsstaaten neue verbale und nonverbale Kommunikationsformen insbesondere fuumlr den Personenkreis zu erforschen und zu er-proben dem man ua nach Maszliggabe der voumlllig veralteten Vorschriften zur Regelung der Geschaumlftsfaumlhigkeit (sectsect 104 f BGB) bis-her die in Art 12 UN-BRK beschriebene volle Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit aberkannt hat Bislang sind derartige Bemuumlhungen lei-der nicht erkennbar

Autoreninfo und KontaktKlaus Lachwitz ist Rechtsanwalt und Praumlsishydent von Inclusion International London Kontakt info inclusionshyinternationalorg

40 BT-Drs 1610808 vom 8112008 S 51 f41 BT-Drs 175323 vom 14201142 Erster Staatenbericht der Bundesregierung S33 abrufbar zB uumlber wwwbmasde43 Vgl dazu den Beitrag in diesem Heft von Peter Winterstein44 Vgl dazu Klaus Lach-witz (2012) Auswirkun-gen der UN-Behinderten-rechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfaumlhig-keits- und Betreuungs-recht Uumlberlegungen aus der Perspektive von Men-schen mit geistiger Behin-derung In Kritische Jus-tiz 2012 (4) S 385 ndash 404

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Der Arbeiter-Samariter-Bund hat in Zwickau die erste Pflegeoase fuumlr Menschen mit Demenz nach einem Konzept des KDA realisiert

Das Modell der Pflegeoasen als besondere Wohnform fuumlr Menschen mit Demenz die sich nicht mehr selbststaumlndig bewegen koumln-nen wird in Deutschland seit circa zehn Jah-ren in einzelnen Modellprojekten in Altenhei-men praktiziert Bisher wohnten dabei meist sechs bis acht pflegebeduumlrftige Menschen in einem Raum zusammen Dies fuumlhrte zu teil-weise heftig gefuumlhrten Diskussionen in der Fachwelt Kritiker ndash darunter auch das Kura-torium Deutsche Altershilfe ndash befuumlrchten eine Ruumlckkehr der Mehrbettzimmer in die stationaumlre Pflege Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat deshalb ein Pflegeoa-sen-Modell entwickelt das von kleinen Ein-zelzimmern ausgeht und dadurch die Privat-heit der Betroffenen und ihrer Angehoumlrigen schuumltzt Der ASB hat dies aufgegriffen und unter der fachlichen Begleitung des KDA weiterentwickelt Die Einrichtung faumlllt unter die Experimentierklausel des Saumlchsischen Betreuungs- und WohnqualitaumltsgesetzesIm ASB-Seniorenpflegeheim bdquoWilly Stabe-nauldquo in Zwickau werden zukuumlnftig zehn Men-schen mit hohem Pflegebedarf in einer Haus-gemeinschaft zusammenleben In dem ova-len Baukoumlrper befinden sich kleine Einzelzim-mer mit direktem Sichtkontakt zur offenen Wohnkuumlche und den dort immer anwesen-den Mitarbeitern Simone Helck presse kdade +49 221 931847shy10Matthias Sachse msachse asbshyzwickaude +49 160 3641245

Spezialstationen fuumlr akut erkrankte Demenzkranke ndash DGG stellt Standards vor An einer besseren Versorgung von Demenz-patienten die wegen Schenkelhalsbruumlchen Herzinfarkten einer Infektion oder anderer Erkrankungen in ein Krankenhaus muumlssen arbeitet die Deutsche Gesellschaft fuumlr Geriat-rie (DGG) Dazu hat sie zusammen mit 22 Kli-niken in Deutschland Standards erstellt die Spezialstationen fuumlr Patienten mit kognitiven Einschraumlnkungen erfuumlllen sollten 2020 wird laut DGG etwa jeder fuumlnfte Kran-kenhauspatient unter einer Demenz leiden Sie wird damit eine der haumlufigsten Nebendia-gnosen bdquoDie internistischen chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos uumlber-fordertldquo berichtet der Past-Praumlsident der DGG Priv-Doz Dr Werner Hofmann Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Um-gebung die Hektik der Notaufnahme auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen haumlufig mit Angst Unruhe und Wutausbruumlchen bdquoWenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangs-weisen Nicht nur das Die dadurch beding-ten Probleme verzoumlgern die Diagnostik und Therapie und koumlnnen den Krankheitsverlauf erheblich verlaumlngernldquo beschreibt Hofmann das Problem Ein Baustein fuumlr die bessere Versorgung die-ser Patienten sind Spezialstationen fuumlr Pati-enten mit kognitiven Einschraumlnkungen in de-nen Geriater ein interdisziplinaumlr aufgestelltes Behandlungsteam anleiten Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen dar-auf hin dass die Patienten hier deutlich bes-ser aufgehoben sind ndash zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medi-

Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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for Research) und dem Deutschen Zentrum fuumlr Altersfragen Institutsleiter Prof Dr Clemens Tesch-Roumlmer Der thematische Schwerpunkt des Workshops lag auf sozia-len Beziehungen uumlber den Lebensverlauf auch aus vergleichender Perspektive (Ver-gleich des Stellenwerts sozialer Beziehun-gen in den USA und Deutschland) Die Workshop-Teilnehmer-innen praumlsentierten ihre aktuellen Forschungen

Patterns of informal caregiving and lessons from the Swedish panorama of care Vortrag von Prof Magnus Jegermalm PhD Ersta Skoumlndal University College Stockholm am 26062014 im Rahmen der DZAshyVortragsreihe

Der auf dem Gebiet der Engagementfor-schung international ausgewiesene Wissen-schaftler war im Juni 2014 Gast am DZA um die europaumlische Kooperation zu vertiefen und die internationale Bekanntheit des Freiwilligensurveys zu foumlrdern Er hielt im Rahmen der DZA-Veranstaltungsreihe den Vortrag mit obigem Thema

Vgl Abstract wwwdzadeveranstaltungenbisherigeshyveranstaltungenhtml

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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

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  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
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Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter EinwilligungsfaumlhigkeitAssistierte Entscheidungen koumlnnen einen Beitrag dazu leisten die Selbstbestimmungs-rechte von Menschen mit Demenz resp bei eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit zu stuumltzen T Klie J Vollmann und J Pantel behandeln das Thema als interdisziplinaumlre

Herausforderung aus ethischer rechtlicher und medizinischer Sicht J Haberstroh und F Oswald behandeln die Unterstuumltzung assistierter Entscheidungen durch bessere Person-Umwelt Passung P Winterstein und K Lachwitz geben jeweils einen Einblick in aktuelle politische und rechtspraktische Entwicklungen und Diskussionen aus dem Themenkreis

ISSN 1614-3566A 20690E

Heft 04 Juli August 2014 41 Jahrgang

Herausgeber Deutsches Zentrum fuumlr Altersfragen

04

informationsdienst altersfragen

Literaturhinweiseals Beilage zu Heft

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Literaturhinweise

Literatur zum Artikel Unterstuumltzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere PersonshyUmweltshyPassungJulia Haberstroh und Frank Oswald

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Informationsdienst Altersfragen 41 (4) 2014

Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

Literaturhinweise

Materialverzeichnis

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Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

Literatur

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Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisationen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz) Erster Bericht der Zivilgesellschaft zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland (Ber-lin 2013) wwwbrk-allianzde

Brosey Dagmar (2013) Wunsch und Wohl betreuter Menschen im Lichte der UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013) S 355-374

Bundesministerium der Justiz (Hrsgb) (1987) Diskussi-ons-Teilentwurf Gesetz uumlber die Betreuung Volljaumlhriger (Betreuungsgesetz ndash BtG) Bundesanzeiger Koumlln 1987

Bundesregierung (2008) Denkschrift zur UN-BRK Bundestagsdrucksache 1610808

Bundesregierung (2011) Antwort auf die Groszlige Anfrage der Gruumlnen Bundestagsdrucksache 175323 vom 01042011

Diekmann Andrea(2011) Erforderlichkeit der Betreuung und Vorrang anderer Hilfen BtPrax 2011 S 185 ff

Diekmann Andrea(2012) 20 Jahre Betreuungsrecht ndash Ruumlckblick und Ausblick BtPrax 2012 S 5-9

Foumlrder-Vondey Klaus (2012) Aus drei mach fuumlnf in kompass 12012 S 10-14

Ganner Michael (2013) Stand und Perspektiven des Erwachsenenschutzes in rechtsvergleichender Sicht BtPrax 2013 S 171 ff und S 222 ff

Kasseler Forum (2012) Die Abschlusserklaumlrung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gespraumlchs bdquoEignungskriterien fuumlr beruflich taumltige Betreuerldquo am 09 August 2012 in Kassel ndash wwwbgt-evde = BtPrax 52012 S199-201

Kleinhubbert Guido Loeckx Michael Ludwig Udo (2012) Als Depperte abgestempelt Spiegel 222012 vom 362012

Lachwitz Klaus (2008) Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ndash Auswirkungen auf die Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung undoder psychosozialen Problemen BtPrax 2008 S 143-148

Lachwitz Klaus (2011) Das Betreuungsrecht und das Recht der Geschaumlftsfaumlhigkeit gehoumlren auf den Pruumlfstand Die Antwort der Bundesregierung zur Reform des Betreuungsrechts (BT-Drs 175323) uumlberzeugt nicht in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2011 S53-55

Lachwitz Klaus (2013) Funktion und Anwendungsbe-reich der bdquoUnterstuumltzungldquo (bdquosupportldquo) bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gemaumlszlig Artikel 12 UN-BRK ndash Anforderungen aus der Perspekti-ve von Menschen mit Behinderung in Aichele (Hrsgb) 2013 S 67-99

Lipp Volker(2000) Freiheit und Fuumlrsorge Der Mensch als Rechtsperson Mohr Tuumlbingen 2000

Lipp Volker (2010) UN-Behindertenrechtskonvention und Betreuungsrecht BtPrax 2010 S 263 ff

Lipp Volker (2012) Betreuungsrecht und UN-Behinder-tenrechtskonvention in Zeitschrift fuumlr das gesamte Familienrecht (FamRZ) 2012 S 669-679

Lipp Volker (2013) Erwachsenenschutz gesetzliche Vertretung und Artikel 12 UN-BRK in Aichele (Hrsgb) 2013 S329-354

Marschner Rolf (2013) Menschen in Krisen Unterbrin-gung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie in Aichele (Hrsgb) 2013 S203-230

Northoff Robert (2013) Die Konkretisierung des Hilfeanspruchs durch ein Erwachsenenhilfegesetz in Aichele (Hrsgb) (2013) S 375-393

Tolmein Oliver (2013) Die Regelung zur Einwilligung Betreuender in die Sterilisation als Verstoszlig gegen die UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013)

Winterstein Peter (2012) Weiterentwicklung des deutschen Betreuungsrechts vor dem Hintergrund von Artikel 12 UN-BRK - ) Arbeitskreis Behinderten-recht der Fachverbaumlnde fuumlr Menschen mit Behinde-rung Frankfurt 2102012 unter bgt-evde

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Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

Literaturhinweise

Materialverzeichnis

Bienwald Werner Erlaubt die UN-Behindertenrechtskon-vention den Eltern (und Betreuern) eines geistig behinderten Sohnes die Errichtung einer Patientenver-fuumlgung fuumlr ihn BtPrax 2013 S 145 ff

Foumlrter-Vondey Klaus Jahrhundertreform von 1992 ndash nur alle 100 Jahre eine Reform BtPrax 2012 S 50 ff (S51)

Harm Uwe Assistenz vor Stellvertretung Psychosoziale Umschau 2014 S 35-36

Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

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Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Aus dem DZA

Literaturhinweise

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Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

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Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

Literaturhinweise

Literatur zum Artikel Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Literatur

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Aichele Valentin Degener Theresia (2013) Frei und gleich im rechtlichen Handeln ndash Eine voumllkerrechtliche Einfuumlhrung zu Artikel 12 UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013) S 37-66

Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisationen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz) Erster Bericht der Zivilgesellschaft zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland (Ber-lin 2013) wwwbrk-allianzde

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Bundesregierung (2011) Antwort auf die Groszlige Anfrage der Gruumlnen Bundestagsdrucksache 175323 vom 01042011

Diekmann Andrea(2011) Erforderlichkeit der Betreuung und Vorrang anderer Hilfen BtPrax 2011 S 185 ff

Diekmann Andrea(2012) 20 Jahre Betreuungsrecht ndash Ruumlckblick und Ausblick BtPrax 2012 S 5-9

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Lachwitz Klaus (2011) Das Betreuungsrecht und das Recht der Geschaumlftsfaumlhigkeit gehoumlren auf den Pruumlfstand Die Antwort der Bundesregierung zur Reform des Betreuungsrechts (BT-Drs 175323) uumlberzeugt nicht in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2011 S53-55

Lachwitz Klaus (2013) Funktion und Anwendungsbe-reich der bdquoUnterstuumltzungldquo (bdquosupportldquo) bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gemaumlszlig Artikel 12 UN-BRK ndash Anforderungen aus der Perspekti-ve von Menschen mit Behinderung in Aichele (Hrsgb) 2013 S 67-99

Lipp Volker(2000) Freiheit und Fuumlrsorge Der Mensch als Rechtsperson Mohr Tuumlbingen 2000

Lipp Volker (2010) UN-Behindertenrechtskonvention und Betreuungsrecht BtPrax 2010 S 263 ff

Lipp Volker (2012) Betreuungsrecht und UN-Behinder-tenrechtskonvention in Zeitschrift fuumlr das gesamte Familienrecht (FamRZ) 2012 S 669-679

Lipp Volker (2013) Erwachsenenschutz gesetzliche Vertretung und Artikel 12 UN-BRK in Aichele (Hrsgb) 2013 S329-354

Marschner Rolf (2013) Menschen in Krisen Unterbrin-gung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie in Aichele (Hrsgb) 2013 S203-230

Northoff Robert (2013) Die Konkretisierung des Hilfeanspruchs durch ein Erwachsenenhilfegesetz in Aichele (Hrsgb) (2013) S 375-393

Tolmein Oliver (2013) Die Regelung zur Einwilligung Betreuender in die Sterilisation als Verstoszlig gegen die UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013)

Winterstein Peter (2012) Weiterentwicklung des deutschen Betreuungsrechts vor dem Hintergrund von Artikel 12 UN-BRK - ) Arbeitskreis Behinderten-recht der Fachverbaumlnde fuumlr Menschen mit Behinde-rung Frankfurt 2102012 unter bgt-evde

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Literaturhinweise

Materialverzeichnis

Bienwald Werner Erlaubt die UN-Behindertenrechtskon-vention den Eltern (und Betreuern) eines geistig behinderten Sohnes die Errichtung einer Patientenver-fuumlgung fuumlr ihn BtPrax 2013 S 145 ff

Foumlrter-Vondey Klaus Jahrhundertreform von 1992 ndash nur alle 100 Jahre eine Reform BtPrax 2012 S 50 ff (S51)

Harm Uwe Assistenz vor Stellvertretung Psychosoziale Umschau 2014 S 35-36

Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
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            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
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Literatur

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Aichele Valentin (Hrsg)(2013) Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention Deutsches Institut fuumlr Menschenrechte 2013

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Bundesregierung (2011) Antwort auf die Groszlige Anfrage der Gruumlnen Bundestagsdrucksache 175323 vom 01042011

Diekmann Andrea(2011) Erforderlichkeit der Betreuung und Vorrang anderer Hilfen BtPrax 2011 S 185 ff

Diekmann Andrea(2012) 20 Jahre Betreuungsrecht ndash Ruumlckblick und Ausblick BtPrax 2012 S 5-9

Foumlrder-Vondey Klaus (2012) Aus drei mach fuumlnf in kompass 12012 S 10-14

Ganner Michael (2013) Stand und Perspektiven des Erwachsenenschutzes in rechtsvergleichender Sicht BtPrax 2013 S 171 ff und S 222 ff

Kasseler Forum (2012) Die Abschlusserklaumlrung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gespraumlchs bdquoEignungskriterien fuumlr beruflich taumltige Betreuerldquo am 09 August 2012 in Kassel ndash wwwbgt-evde = BtPrax 52012 S199-201

Kleinhubbert Guido Loeckx Michael Ludwig Udo (2012) Als Depperte abgestempelt Spiegel 222012 vom 362012

Lachwitz Klaus (2008) Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ndash Auswirkungen auf die Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung undoder psychosozialen Problemen BtPrax 2008 S 143-148

Lachwitz Klaus (2011) Das Betreuungsrecht und das Recht der Geschaumlftsfaumlhigkeit gehoumlren auf den Pruumlfstand Die Antwort der Bundesregierung zur Reform des Betreuungsrechts (BT-Drs 175323) uumlberzeugt nicht in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2011 S53-55

Lachwitz Klaus (2013) Funktion und Anwendungsbe-reich der bdquoUnterstuumltzungldquo (bdquosupportldquo) bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gemaumlszlig Artikel 12 UN-BRK ndash Anforderungen aus der Perspekti-ve von Menschen mit Behinderung in Aichele (Hrsgb) 2013 S 67-99

Lipp Volker(2000) Freiheit und Fuumlrsorge Der Mensch als Rechtsperson Mohr Tuumlbingen 2000

Lipp Volker (2010) UN-Behindertenrechtskonvention und Betreuungsrecht BtPrax 2010 S 263 ff

Lipp Volker (2012) Betreuungsrecht und UN-Behinder-tenrechtskonvention in Zeitschrift fuumlr das gesamte Familienrecht (FamRZ) 2012 S 669-679

Lipp Volker (2013) Erwachsenenschutz gesetzliche Vertretung und Artikel 12 UN-BRK in Aichele (Hrsgb) 2013 S329-354

Marschner Rolf (2013) Menschen in Krisen Unterbrin-gung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie in Aichele (Hrsgb) 2013 S203-230

Northoff Robert (2013) Die Konkretisierung des Hilfeanspruchs durch ein Erwachsenenhilfegesetz in Aichele (Hrsgb) (2013) S 375-393

Tolmein Oliver (2013) Die Regelung zur Einwilligung Betreuender in die Sterilisation als Verstoszlig gegen die UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013)

Winterstein Peter (2012) Weiterentwicklung des deutschen Betreuungsrechts vor dem Hintergrund von Artikel 12 UN-BRK - ) Arbeitskreis Behinderten-recht der Fachverbaumlnde fuumlr Menschen mit Behinde-rung Frankfurt 2102012 unter bgt-evde

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Informationsdienst Altersfragen 41 (4) 2014

Aus der Altersforschung

Aus Politik und Praxis der Altenhilfe

Aus dem DZA

Literaturhinweise

Materialverzeichnis

Bienwald Werner Erlaubt die UN-Behindertenrechtskon-vention den Eltern (und Betreuern) eines geistig behinderten Sohnes die Errichtung einer Patientenver-fuumlgung fuumlr ihn BtPrax 2013 S 145 ff

Foumlrter-Vondey Klaus Jahrhundertreform von 1992 ndash nur alle 100 Jahre eine Reform BtPrax 2012 S 50 ff (S51)

Harm Uwe Assistenz vor Stellvertretung Psychosoziale Umschau 2014 S 35-36

Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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DZA Manfred-von-Richthofen-Str 2 12101 BerlinPVST Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

A 20690E

Informationsdienst Altersfragen im Internet wwwdzade

  • Inhalt
  • Impressum
  • Editorial
    • Assistierte Entscheidungen bei Demenz und eingeschraumlnkter Einwilligungsfaumlhigkeit
      • Aus der Altersforschung
        • Thomas Klie Jochen Vollmann Johannes Pantel Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
        • Julia Haberstroh u Frank Oswald Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durch bessere Person-Umwelt-Passung
          • Aus Politik und Praxis der Altenhilfe
            • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische Betrachtung
            • Kurzinformationen aus Politik und Praxis der Altenhilfe
              • Peter Winterstein Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UN-BRk erforderlich Eine rechtspolitische Betrachtung
              • Klaus Lachwitz Das Recht von Menschen mit kognitiven Beeintraumlchtigungen auf unterstuumltzte Entscheidungsfindung und auf Abkehr von Maszlignahmen der rechtlichen Vertretung
              • Literaturhinweise als Beilage zu Heft 042014
                • Autonomie und Einwilligungsfaumlhigkeit bei Demenz als interdisziplinaumlre Herausforderung fur Forschung Politik und klinische Praxis
                • Unterstutzung von Autonomie bei medizinischen Entscheidungen von Menschen mit Demenz durchbessere Person-Umwelt-Passung
                • Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechtsist aufgrund des Artikels 12 UN-BRK erforderlich ndashEine rechtspolitische Betrachtung

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Literaturhinweise

Literatur zum Artikel Welche Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ist aufgrund des Artikels 12 UNshyBRK erforderlich ndash Eine rechtspolitische BetrachtungPeter Winterstein

Literatur

Aichele Valentin von Bernstorff Jochen(2010) Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht Zur Auslegung von Art 12 der UN-Behinderten-rechtskonvention BtPrax 2010 S 199-203

Aichele Valentin (Hrsg)(2013) Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht ndash Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention Deutsches Institut fuumlr Menschenrechte 2013

Aichele Valentin Degener Theresia (2013) Frei und gleich im rechtlichen Handeln ndash Eine voumllkerrechtliche Einfuumlhrung zu Artikel 12 UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013) S 37-66

Allianz der deutschen Nichtregierungsorganisationen zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK-Allianz) Erster Bericht der Zivilgesellschaft zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland (Ber-lin 2013) wwwbrk-allianzde

Brosey Dagmar (2013) Wunsch und Wohl betreuter Menschen im Lichte der UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013) S 355-374

Bundesministerium der Justiz (Hrsgb) (1987) Diskussi-ons-Teilentwurf Gesetz uumlber die Betreuung Volljaumlhriger (Betreuungsgesetz ndash BtG) Bundesanzeiger Koumlln 1987

Bundesregierung (2008) Denkschrift zur UN-BRK Bundestagsdrucksache 1610808

Bundesregierung (2011) Antwort auf die Groszlige Anfrage der Gruumlnen Bundestagsdrucksache 175323 vom 01042011

Diekmann Andrea(2011) Erforderlichkeit der Betreuung und Vorrang anderer Hilfen BtPrax 2011 S 185 ff

Diekmann Andrea(2012) 20 Jahre Betreuungsrecht ndash Ruumlckblick und Ausblick BtPrax 2012 S 5-9

Foumlrder-Vondey Klaus (2012) Aus drei mach fuumlnf in kompass 12012 S 10-14

Ganner Michael (2013) Stand und Perspektiven des Erwachsenenschutzes in rechtsvergleichender Sicht BtPrax 2013 S 171 ff und S 222 ff

Kasseler Forum (2012) Die Abschlusserklaumlrung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gespraumlchs bdquoEignungskriterien fuumlr beruflich taumltige Betreuerldquo am 09 August 2012 in Kassel ndash wwwbgt-evde = BtPrax 52012 S199-201

Kleinhubbert Guido Loeckx Michael Ludwig Udo (2012) Als Depperte abgestempelt Spiegel 222012 vom 362012

Lachwitz Klaus (2008) Uumlbereinkommen der Vereinten Nationen uumlber die Rechte von Menschen mit Behinderungen ndash Auswirkungen auf die Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung undoder psychosozialen Problemen BtPrax 2008 S 143-148

Lachwitz Klaus (2011) Das Betreuungsrecht und das Recht der Geschaumlftsfaumlhigkeit gehoumlren auf den Pruumlfstand Die Antwort der Bundesregierung zur Reform des Betreuungsrechts (BT-Drs 175323) uumlberzeugt nicht in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2011 S53-55

Lachwitz Klaus (2013) Funktion und Anwendungsbe-reich der bdquoUnterstuumltzungldquo (bdquosupportldquo) bei der Ausuumlbung der Rechts- und Handlungsfaumlhigkeit gemaumlszlig Artikel 12 UN-BRK ndash Anforderungen aus der Perspekti-ve von Menschen mit Behinderung in Aichele (Hrsgb) 2013 S 67-99

Lipp Volker(2000) Freiheit und Fuumlrsorge Der Mensch als Rechtsperson Mohr Tuumlbingen 2000

Lipp Volker (2010) UN-Behindertenrechtskonvention und Betreuungsrecht BtPrax 2010 S 263 ff

Lipp Volker (2012) Betreuungsrecht und UN-Behinder-tenrechtskonvention in Zeitschrift fuumlr das gesamte Familienrecht (FamRZ) 2012 S 669-679

Lipp Volker (2013) Erwachsenenschutz gesetzliche Vertretung und Artikel 12 UN-BRK in Aichele (Hrsgb) 2013 S329-354

Marschner Rolf (2013) Menschen in Krisen Unterbrin-gung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie in Aichele (Hrsgb) 2013 S203-230

Northoff Robert (2013) Die Konkretisierung des Hilfeanspruchs durch ein Erwachsenenhilfegesetz in Aichele (Hrsgb) (2013) S 375-393

Tolmein Oliver (2013) Die Regelung zur Einwilligung Betreuender in die Sterilisation als Verstoszlig gegen die UN-BRK in Aichele (Hrsgb) (2013)

Winterstein Peter (2012) Weiterentwicklung des deutschen Betreuungsrechts vor dem Hintergrund von Artikel 12 UN-BRK - ) Arbeitskreis Behinderten-recht der Fachverbaumlnde fuumlr Menschen mit Behinde-rung Frankfurt 2102012 unter bgt-evde

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Bienwald Werner Erlaubt die UN-Behindertenrechtskon-vention den Eltern (und Betreuern) eines geistig behinderten Sohnes die Errichtung einer Patientenver-fuumlgung fuumlr ihn BtPrax 2013 S 145 ff

Foumlrter-Vondey Klaus Jahrhundertreform von 1992 ndash nur alle 100 Jahre eine Reform BtPrax 2012 S 50 ff (S51)

Harm Uwe Assistenz vor Stellvertretung Psychosoziale Umschau 2014 S 35-36

Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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Materialverzeichnis

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Foumlrter-Vondey Klaus Jahrhundertreform von 1992 ndash nur alle 100 Jahre eine Reform BtPrax 2012 S 50 ff (S51)

Harm Uwe Assistenz vor Stellvertretung Psychosoziale Umschau 2014 S 35-36

Lachwitz Klaus (2012) Auswirkungen der UN-Behinder-tenrechtskonvention auf das deutsche Geschaumlftsfauml-higkeits- und Betreuungsrecht ndash Uumlberlegungen aus der Perspektive von Menschen mit geistiger Behinderung in Kritische Justiz 2012 S 385-404

Lipp Volker Bagniewski Katharina Dankert Benjamin Newell Rebecca Das Reprensation Agreement in British Columbia (Kanada) ndash Ein Modell fuumlr Deutsch-

land BtPrax 2013 S 217 ffRosenow Roland Betreuungsrechtliche Unterbringung

und Zwangsbehandlung vor dem Hintergrund der UN-BRK BtPrax 2013 S 39 ff

Schulte Bernd Der Ausschluss vom Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen BtPrax 2013 S 190 f Thar Juumlrgen Unterstuumltzen vor Vertreten ndash methodi-sche Grundlagen BtPrax 2013 S 231 ff

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