Hitschfeld Der Kleinsthof 2010

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  • Der Kleinsthofund andere grtnerisch-landwirtschaftlicheNebenerwerbsstellenEin sicherer Weg aus der Krise

    Der Autor Oswald Hitschfeld stellt ganz konkret verschiedene Siedlermodellevor, die er in seinem langen Leben kennen gelernt hat. Besprochen werdenunter anderem der Kleinsthof, der Grtnerhof, die Gartensiedlung, die Mg-lichkeiten der Selbstversorgung mit Getreide aus dem eigenen Garten durchdie so genannte Getreide-Umpflanz-Technik sowie der Garten-Intensiv-Anbau auf kleinster Flche. Das Buch will nicht dazu auffordern, zur vorin-dustriellen Selbstversorgergesellschaft zurckzukehren, sondern zu einernachindustriellen Selbstversorgung, die sich an den Erfahrungen der Indu-striegesellschaft orientiert.Mit seinen zahllosen Vorschlgen zur Verbesserung der konomischen wiekologischen Situation will Oswald Hitschfeld nicht dazu auffordern, zur vor-industriellen Selbstversorgergesellschaft zurckzukehren, sondern zu einernachindustriellen Selbstversorgung, die sich an den Erfahrungen der Indu-striegesellschaft orientiert. Besprochen werden auch die Chancen fr dieErrichtung solcher Archen im chaotischen Zeitenstrom von denen einneues Denken und Handeln ausgehen knnte."

    Oswald Hitschfeld (1904-1993)wurde in Weckersdorf/Ostbhmen als Bau-ernsohn geboren, lernte in der Landwirtschaft und lie sich zum Diplom-Landwirt ausbilden. Er widmete sich sehr erfolgreich dem naturgemenLandbau und wurde zum Motor" fr Biologisch-Dynamische Wirtschafts-weise.Auerdem war er bis in das hohe Alter vielfltig journalistisch ttig. So hatteer auch seit 1954die Redaktion der Zweimonatsschrift NaturgemerLand- und Gartenbau" inne, die seit Ende 1988mit dem BiogartenmagazinNATRLICHGRTNERNvereinigt ist.

    ISBN978-3-922281-16-8

    OLv'cFachverlag fr

    Garten und kologie 8,go (D)www.olv-verlag.de

    ORGANISCHER LANDBAUVERLAG

  • Oswald Hitschfeld

    DER KLEl"STHOFund andere grtnerisch-landwirtschaftliche

    rtebenerwerbsstellenEin sicherer Weg aus der Krise

    Organischer Landbau VerlagKurt Walter Lau

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  • Bibliografische Information Der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio-nalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unterhttp://ddb.de abrufbar.

    InhaltVorwort 6

    Die Notsituation kleiner und mittlererlandwirtschaftlicher Vollerwerbsbetriebe 7

    Hilfe durch Technik: Fluch oder Segen?

    Das drckende Problem der Arbeitslosigkeitund die landbauliche Selbstversorgung

    Der Grtnerhof

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    Die Kleinsthofidee von Heinrich Jebens

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    8. unvernderte Auflage2010 by OLVOrganischer Landbau VerlagKurtWalter Lau, Kevelaer,www.olv-verlag.de

    Die Gartensiedlung von Heinrich Frantzen

    Ein Morgen Land fr eine Familie

    Vorschlag an die Lnder und Kommunen

    Eigenversorgung mit Getreide:Intensivanbau auf kleinster Flche

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    25Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. JedeVerwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Dies gilt insbesondere frVervielfltigungenauf fotomechanischem Wege (Fotokopie,Mikrokopie), ber-setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung inelektronischen und digitalen Systemen (CD-ROM,DVD,Internet etc.).

    Die gesamtwirtschaftliche undkologische Bedeutung der Kleinsthfe

    Was spricht fr die Errichtungvon Nebenerwerbsstellen?

    Wie steht es mit einer mglichen berproduktion?

    Die Chancen fr Unternehmer

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    Bearbeitung und Lektorat: KurtWalter LauDruck und Verarbeitung: Interpress

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    ISBN 978-3-922201-16-8

    Was kann getan werden?

    ber den Autor

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    Fordern Sie bitte unverbindlich unseren aktuellen Gesamtprospekt an! Quellen- und Literaturverzeichnis 43

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    Vorwort des BearbeitersDie vorliegende Schrift beschftigt sich mit dem kleinbuerlichenSiedler- und Selbstversorgerhof. Siewill nicht dazu auffordern, zur vorin-dustriellen Selbstversorgergesellschaft zurckzukehren, sondern zueiner nachindustriellen Selbstversorgung, die sich an den Erfahrungender Industriegesellschaft orientiert.Dabei wird nicht erstrangig der buerliche Familienbetrieb im Voller-

    werb behandelt, vielmehr die sich mit qualitativ hochwertigen Lebens-mitteln selbst versorgenden Familiengrtner und Nebenerwerbsbauern.Der Kleinsthof bietet aber nicht nur Selbstversorgern eine gesunde Le-

    bensgrundlage, sondern vor allem auch so manchem Landwirt die Mg-lichkeit, vom Vollerwerb in die so genannte Einkommenskombinationumzusteigen.Selbstversorger- und Nebenerwerbshfe werden vielleicht einmal eines

    nicht mehr so fernen Tages fr manchen Mitmenschen eine Art Auffang-station sein. Vielleicht so etwas wie ganz kleine Archen im chaotischenZeitenstrom, von denen ein neues Denken und Handeln ausgeht, das dieEntwicklung der Menschheit hin zu einem glcklichen Leben einengroen Schritt weiterbringt. Wir alle sollten solche Archen bauen und unsuntereinander vernetzen, damit uns die Welle der neuen Zeitschwung-voll erfassen kann und zu neuen Ufern trgt.

    Die Notsituation kleiner und mittlerer landwirtschaftlicherVollerwerbsbetriebeIn keinem Abschnitt seiner jahrtausendealten Geschichte hat der Ur-stand des Volkes,der Bauer, so einschneidende Vernderungen erlebt wiein den letzten drei Jahrzehnten. Aus einem die ewigen, unabnderlichenGesetze der Natur beachtenden Heger und Pfleger ist er sozusagen zueinem landwirtschaftlichen Industriellen geworden. Dass die landwirt-schaftliche Arbeit unterbewertet ist, erfahren wir Jahr fr Jahr aus denVergleichszahlen ber sein Einkommen bei der Gegenberstellung zudem anderer Berufsgruppen.Um auf die Dauer existieren zu knnen, mssten die Bauern - beson-

    ders auch die, die unter ungnstigen Bedingungen wirtschaften mssen -fr ihr Getreide das Doppelte des bisherigen Preises bekommen. Es be-steht aber keinerlei Aussicht auf eine weitere Anhebung. Hchstens kannman in fernerer Zukunft auf eine Mangelsituation setzen. Irgendwannwerden sich auch die Bden der USA,Kanadas, Argentiniens bei der fastin allen Hauptanbaugebieten herrschenden Bodenausbeutung erschp-fen. Aber solange die amerikanischen Farmer trotz Stilllegung eines voll-en Viertels ihrer Anbauflche noch unverkufliche berschsse erwirt-schaften, hlt die gegenwrtige berproduktion an. Allerdings drfte imLaufe von zwei bis drei Generationen, wenn das letzte Rohphosphat ab-gebaut sein wird, ein Ende der laufend in die Hhe kletternden Hektar-ertrge eintreten. Es kann dann zu einem empfindlichen Rckgang kom-men, denn das von Justus von Liebig erstmals formulierte Gesetz desNhrstoff-Minimums, auf Grund dessen sich Wachstum und Ertrag vonPflanzen nach dem in geringster Menge vorhandenen Faktor - hier Nhr-stoffe - richtet, hat absolute Geltung.Inzwischen jedoch wird die Situation der europischen Bauern immer

    prekrer und die Verschuldung der meisten Betriebe steigt weiter an. DasBauernsterben setzt sich fort. Das beeindruckt unsere Agrarpolitiker abernicht in dem Mae wie die leeren Kassen der Europischen Union. Unse-re Agrarpolitik erzeugt durch die vielen Reglementierungen und die da-durch notwendigen Kontrollen hohe Kosten, die nicht mehr tragbar sind.Um ein weiteres Ansteigen der Milchproduktion zu verhindern, hat derehemalige Bauernprsident Heeremann bereits vor Jahren die Ge-whrung von Beihilfen zum Bau von Grostllen, die bisher nur allzu be-reitwillig gegeben wurden, gestoppt. Trotzdem gilt immer noch die Devi-se: Wachsen oder weichen, zumindest was den Existenzkampf imAllgemeinen betriffi. Fr die Zukunft sind allerdings fr KleinbetriebeBegnstigungen vorgesehen, worauf noch hinzuweisen sein wird.

    Kurt WalterLau im Oktober 2000 und im Januar 2003

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  • Die Milchquotenregelung trifft aber wieder vorwiegend die Kleinen. Waswird man aber mit den zahlreichen subventionierten Grostllen anfan-gen, die zur Zeit des erwhnten Erlasses bereits im Bau waren?Einer straffen Kontingentierung beginnen jetzt schon viele auszuwei-

    chen. Sie buttern zu Hause, verkaufen einen Teil ihrer Milch ab Hof undstellen auf Mastrinder um. Fleisch hat aber die EU auch bereits zuviel.Man wird weiter versuchen auszuweichen.In einem Artikel von Klaus Peter Krause in der FAZvom 25. August

    1983 unter der berschrift Die neue Knechtschaft - wohin der Weg dieBauern jetzt fhrt, ist zu lesen: ... Die Quoten fr Zucker haben dazubeigetragen, dass Landwirte auf Raps auswichen. -Eine Garantieschwel-le- fr Raps ist bereits die Strafe fr eine zu hohe Rapserzeugung.Er schreibt dann weiter: Sowerden Schritt fr Schritt immer mehr Pro-

    dukte kontingentiert und die Bauern immer strker von Quoten einge-zwngt. Sie verlieren ihre unternehmerische Freiheit. Sie degenerierenzu Befehlsempfngern einer sich aufblhenden Agrarverwaltung. Sie lie-fern sich brokratischer Willkr und Vorschriften aus, die sie schonheute als zuviel beklagen. Sie produzieren, was die Behrde ihnen sagtund erlaubt. Die landwirtschaftliche Produktionsstruktur erstarrt in Un-beweglichkeit. Die Bauernbefreiung aus der Leibeigenschaft ist lange herund Geschichte. Aber nun wollen sich die Bauern neue Fesseln anlegenlassen, nicht mehr freie buerliche Unternehmer sein.Wir fassen die heutige Situation in wenigen Stzen zusammen: Die

    gegenwrtige Lage der groen Hofeinheiten, die mit den geschildertenReglementierungsmanahmen wohl oder bel werden leben mssen, istzwar kein Idealzustand, aber immerhin wirtschaftlich und psychischeinigermaen tragbar.Die Lage kleiner und mittlerer Betriebe, die ohne Zuerwerb leben ms-

    sen, wird laufend schlechter. Sie haben es am schwersten und fr siewren Direktbeihilfen im Sinne der Vorschlge von Professor Priebe, derdies seit langem fordert, wenigstens in der gegenwrtigen Situation drin-gend ntig. Sie sind entweder wegen grerer Entfernung zu einem Ar-beitsplatz, allgemeinen Beschftigungsmangels oder auch der Gre desBetriebes wegen ganz auf die Einnahmen aus ihrer Landwirtschaft ange-wiesen. Und diese ergeben angesichts der gegenwrtigen ungnstigenPreisschere fr landwirtschaftliche Erzeugnisse zu den ntigen Aufwen-dungen in keiner Weise eine positive Bilanz.Nun machen nach neueren Verffentlichungen die Aufwendungen fr

    die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit bereits mehr ausals fr die Ernhrung. Ich bin mir bewusst, dass Berechnungen bzw. Ge-

    genberstellungen der finanziellen Situation von Lohn- bzw. Gehalts-empfngern und selbstndigen Bauern stark variieren knnen, aber reinrechnerisch schneiden diese schlechter ab als jene. Warum htte sonstdie Hlfte aller Bauern in den letzten drei Jahrzehnten ihre Scholle ver-lassen, von der sie sich nur schwer trennten? Eine oft i6-stndige Ar-beitszeit, kein Urlaub u.a. haben natrlich auch wesentlich dazu beige-tragen. In der Hauptsache aber ist es die offenkundige schlechtewirtschaftliche Situation, in der sich kleinere und mittlere Landwirte be-finden. Die Tendenz zur Vergrerung der Betriebe war von diesemBlickpunkt aus natrlich voll und ganz berechtigt. Bestimmte Ausgabepo-sten bleiben fr einen Gro- wie fr einen Kleinbauern dieselben (Kran-ken- und Altersversicherung, Steuern und Unterhaltungskosten einesKraftfahrzeuges, wenn er eines hat; hherer Aufwand fr die Technik, dieein kleiner Betrieb optimal ausnutzen kann usw. Einen Mhdrescherkann ein mittlerer Landwirt oft nur zwei bis drei Tage im Jahr einsetzen,er bentigt ihn aber ...).Diese Sachlage kann in manchen Fllen vielleicht etwas gnstiger aus-

    sehen, in vielen aber sicher auch schlechter. Wetterbedingte Erntever-luste, Unglck im Viehstall und vieles andere knnen die Endbilanz frden Bauern eher noch ungnstiger beeinflussen.Die Entwicklung zu vermehrter Belastung des Einzelbrgers in unse-

    rem Wohlfahrtsstaat (als Beispiele nur steigende Aufwendungen im Ge-sundheitssektor, fr die Altersversorgung, im Versicherungswesen usw.)nahm in den vergangenen Jahren rapide zu und ist kaum zum Stehen zubringen. Eines steht jedenfalls fest: Geld ist in kleinen und mittleren Be-trieben keines zu verdienen. Das muss woanders herkommen. Diese Dar-stellung musste etwas ausfhrlicher sein, damit keine lllusionen ber dieMglichkeit der Wiederentstehung von Familienbetrieben in dieserGrenordnung entstehen. Wenigstens so lange das pure Rentabilitats-denken herrscht. Um aber keine Missverstndnisse in Bezug auf die Ge-sinnung des Verfassers aufkommen zu lassen, folgendes: Solche Bauern-hfe waren die ganzen berschaubaren Jahrhunderte hindurch dieIdealform der menschlichen Existenz schlechthin. In ihnen lebten gleich-zeitig drei bis vier Generationen und alle waren fr damalige Begriffe gutversorgt. Durch die Mitarbeit von Kindern, Eltern und Groeltern konn-ten alle Arbeiten sorgfltig getan werden, es gab keine Natur- und Boden-zerstrung wie heute.Bei bescheidenen Lebensansprchen sind natrlich auch gegenwrtig

    Hfe in der ungefhren Grenordnung zwischen io und 30 Hektar (jenach Bodengte, Hhen- und Marktlage) lebensfhig und niemand sollte

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  • ihre Bewirtschaftung aufgeben. Besonders dort, wo auch noch Sonder-kulturen angebaut werden knnen und eine verstndige Kundschaft Wertlegt auf naturgem angebaute Erzeugnisse. Vielleicht kommt bald dieZeit, wo Einheiten, die einen geschlossenen Betriebskreislauf bilden undso einen lebendigen Organismus darstellen, lebensfhiger sein werdenals einseitige Monokultur-Grobetriebe.

    Was kann dagegen getan werden? Vorverlegung des Rentenalters, Ar-beitszeitverkrzung (bei vollem Lohnausgleich ist sie fr ein Unterneh-men nicht tragbar), Zuschsse an Betriebe, ohne wirklichen Bedarf, neue,zustzliche Arbeitspltze zu schaffen, Wiederbelebung alter handwerkli-cher Praktiken, die im Zeitalter der Massenproduktion grtenteils ver-schwunden sind, Beschftigung bei der Entwicklung energiesparenderTechnologien, Arbeit im Umwelt- und Landschaftsschutz und einiges an-dere knnen sicher einige Hunderttausende neuer Arbeitspltze schaffen.Alle diese Manahmen werden aber die Probleme der dritten industriel-len Revolution nicht in entscheidendem Mae lsen.Es ist daher kein Wunder, dass die Frage: Hilfe durch die Technik:

    Fluch oder Segen?von vielen Menschen dahingehend beantwortet wird,der immer mehr fortschreitende Ersatz des Menschen durch die Maschi-ne sei im Grunde doch ein Fluch. Muss das so sein? Keineswegs! Es wirdim Folgenden zu zeigen sein, dass der Aufbau einer krisenfesten Gesell-schaft durch Einbrche in unser gegenwrtiges Beschftigungssystemmglich ist.Es muss wieder eine entschiedene Hinwendung zu landwirtschaftlich-

    grtnerischer Ttigkeit einsetzen, so sehr dies dem gegenwrtigen Trend beiuns und in der so genannten Dritten Welt auch widerspricht.Dort wie hier wird dies aber als Anachronismus (Zeitwidrigkeit) in

    berwiegendem Mae abgelehnt. In den Industrienationen setzt man al-lein auf Wachstum, d.h. auf noch zu steigernde Produktion. Dabei fhrtdoch die gegenwrtige Wirtschaftssituation die vllige Aussichtslosigkeitder daran geknpften Erwartungen vor Augen.Wird auf diesem Wege weiter fortgeschritten, werden weltweit zustz-

    liche Fabrikschlote und Auspuffrohre von Kraftfahrzeugen ihre Abgase indie Luft entlassen und weiteres planzliches, tierisches und auch mensch-liches Leben gefhrden. Dies ist der eine Aspekt.Diese Tendenz hat natrlich auch zur Folge, dass damit noch mehr

    Menschen in allen Teilen der Welt vom Lande abgezogen werden, dieStdte fllen und diese zum Teil unbewohnbar machen, wie es an Handvon gengend Beispielen in der Dritten Welt darzustellen wre. Frheroder spter muss es hier noch zu weit schlimmeren, katastrophalen Zu-stnden kommen, als sie dort jetzt schon herrschen.Umweltzerstrung, Beschftigungslosigkeit, Hunger und allgemeine

    Verelendung werden die Menschen dieser Regionen an den Rand desChaos bringen, wenn man sich nicht dazu aufrafft, den als Anachronis-mus empfundenen Weg zu beschreiten, d.h. sich verstrkt wieder derLandarbeit zuzuwenden.

    Hilfe durch Technik: Fluch oder Segen?Gescheite Kpfe haben ausgerechnet, dass bei Ausschpfung aller Mg-lichkeiten der Technisierung in Industrie, Verwaltung, im Bank- und Ver-sicherungswesen, bei jeder Brottigkeit, im Bergbau usw. nur noch einBruchteil der heute ttigen Menschen Arbeit und Brot finden werden.Dieses Untersuchungsergebnis erfllt die Betroffenen, die Gewerkschaf-ten und Politiker, mit Schrecken und erweckt vielfach Widerstandsgefh-le gegen diese Entwicklung. Der Vorwurf jedoch, den man Unterneh-mungsleitungen heute macht, sie verwendeten Investitionsbeihilfen derffentlichen Hand statt zur Einstellung zustzlicher Arbeitskrfte fr dieRationalisierung ihrer Betriebe mit der Folge weiterer Entlassung von Be-schftigten, lsst die gergten Betriebsinhaber zumeist ungerhrt. Siefhren dagegen mit Recht an, dass ohne Einsparung teurer, menschlicherArbeitskraft ihre Konkurrenzfhigkeit im In- und Ausland leidet. Sie ver-weisen des weiteren auf die Japaner, die durch ihre hoch entwickelte"Technik allen Wettbewerb aus dem Felde schlagen, und fhren demge-genber England an, wo infolge veralteter Produktionsbedingungen eineenorme Arbeitslosigkeit herrscht. Sie weisen ferner darauf hin, dass inDeutschland in den vergangenen Jahren eine groe Anzahl von Firmen-zusammenbrchen durch eine rechtzeitige Rationalisierung zu vermei-den gewesen wre. Sie fragen daher: Was ist mit dem Blick auf das dro-hende Gespenst der Arbeitslosigkeit besser: eine vllige Schlieung desBetriebes oder eine gesicherte Weiterarbeit mit einer reduzierten Beleg-schaft? - Die Antwort darauf kann nicht schwerfallen.Das Rad der Entwicklung ist also offenbar nicht zurckzudrehen. Nach

    den Gesetzmigkeiten des heutigen Wirtschaftslebens muss daherzwangslufig die Zahl der Beschftigungslosen auf der ganzen Welt stn-dig ansteigen. Was dies besonders fr die Jugend bedeutet, braucht hiernicht weiter dargestellt zu werden. Nichts ist schlimmer fr den Men-schen als die Erkenntnis, dass er berflssig, dass er unntz ist. Dies fhrtzu schweren seelischen Konflikten, oft zu Alkohol- und Drogenschtig-keit oder gar zu Kriminalitt und Selbstmord.

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  • rNun zu unseren eigenen Problemen: Es wurde einmal gesagt, dass nurungefhr ein Drittel der heute erzeugten Industrieprodukte wirklich le-bensnotwendig, ein weiteres Drittel unntig und das letzte schdigendsei. Nun wre es natrlich dem Wohle der Menschen dienlich, wenn Fir-menzusammenbrche vor allem in den letzten beiden Bereichen stattfin-den wrden. Aber das ist durchaus nicht der Fall. Um nur einige Beispie-le zu nennen: Die Tabak-, Alkohol- und Rstungsindustrie funktionierenausgezeichnet. In allen drei Bereichen gibt es berkapazitten, und so-lange keine blanke Not herrscht, wird sich der Abbau nicht auf eine ein-zige dieser drei Gruppen beschrnken. Er erfolgt bis auf weiteres berallrelativ gleichmig. (Davon, dass die wachstumsbesessene Menschheitdurch oft sinnlosen Verschlei der nur begrenzt vorhandenen Energienund Rohstoffe ihre Zukunft in Frage stellt, soll hier nicht die Rede sein.)Jedenfalls setzt sich die Schrumpfung fort.

    mit 14 bis 20 Prozent an. Diese Regelung wre nur dann zu verkraften,wenn Lhne und Gehlter um mindestens 15 Prozent gesenkt wrden.Daran kann natrlich niemand denken, und so wrde sich die Absicht,mehr Arbeitspltze zu schaffen, in ihr Gegenteil verkehren, nmlich ineine Flucht in noch strkere Rationalisierung und Schwarzarbeit, d.h. eswrden eher Arbeitspltze vernichtet statt vermehrt.In dieser Schrift wird bewusst von einer Stellungnahme zur herrschen-

    den Wachstumsideologie abgesehen. Immerhin mssen wir uns aber be-wusst sein, dass es Wachstum im jetzigen Sinn nur noch zwei bis drei Ge-nerationen geben kann. Dann ist es aber unwiderruflich zu Ende.Wachsen kann danach nur das, was regenerierbar ist. Alles andere ist(jetzt schon) Wachstum des Verschleies, gleich, ob es um das Wachs-tum des Statussymbols Auto oder eines anderen Produktes geht.Aber, wie gesagt, davon soll hier nicht die Rede sein. Hier geht es um

    das gegenwartsnahe Problem der gesicherten Existenz von MillionenMenschen.Wir haben gesehen, dass eine generelle Herabsetzung der Arbeitszeit

    eher Arbeitspltze wegschafft als sie zu vermehren. Das Beispiel Schweiz,wo heute noch 44 Stunden in der Woche gearbeitet wird und wo es fak-tisch keine Arbeitslosigkeit gibt, sollte doch zu denken zu geben.Andererseits aber - das soll hier ganz deutlich ausgesprochen werden -

    tut eine Arbeitszeitverkrzung aus einem anderen Grunde doch bitternot. Wer wirklich den Arbeitstag, die Arbeitslast bestimmter Berufsgrup-pen kennt, wer erlebt, wie in bestimmten Branchen oft einer fr vormalsdrei schuften muss, wird jedem dieser betroffenen Menschen schon alleinaus menschlichen Grnden eine Reduzierung der Arbeitsstunden gnnenund sogar fr notwendig halten.Deshalb auch das positive Echo auf Vorschlge von Arbeitgebern und

    Politikern aller Richtungen im Hinblick auf Mglichkeiten einer flexi-bleren Arbeitszeitregelung. Umfragen sollen ergeben haben, dass Millio-nen dazu bereit sind. Der Hauptgrund, warum bis heute nahezu ber-haupt noch kein Gebrauch davon gemacht wird, ist nahe liegend: Die we-nigsten knnen, wenn mit der Flexibilitt eine Verkrzung der Arbeitszeitverbunden ist, davon leben.Ein Weg - der einzige, aber sicher der Erfolg versprechendste, ber

    diese Schwierigkeiten hinwegzukommen, ist die hier schon mehrmalsgenannte Notwendigkeit einer verstrkten Hinwendung zur Landarbeit.Im Industriedenken befangene Menschen werden hier sofort Einwndealler Art zur Hand haben; etwa: Wo sollen wir das Land hernehmen? Sehtdoch die astronomischen Baulandpreise! Oder: Du redest baren Unsinn,

    Das drckende Problem der Arbeitslosigkeitund die landbauliche SelbstversorgungWir erinnern uns alle noch an die langen Diskussionen ber die Verkr-zung der Arbeitszeit in Form einer Vorverlegung des Rentenalters undEinfhrung der 35-Stunden-Woche. Was Letzteres betrifft, so scheint dieRechnung dabei auf den ersten Blick plausibel zu sein. Wenn wir uns dievorhandenen Arbeitsmglichkeiten als eine feste Gre vorstellen, etwaeinem zu verteilenden Kuchen vergleichbar, so leuchtet doch nichts bes-ser ein als die Vorstellung, dass es gerecht ist, wenn alle in gleichem Maedavon essen knnen. Das wre doch sozial gerecht.Nun, man soll den Befrwortern der 35-Stunden-Woche ihren sozialen

    Helferwillen nicht absprechen. Sie wollen sicher das Beste. In Wirklich-keit ist die Situation, bzw. wren die Folgen einer generellen Arbeitszeit-verkrzung (besonders im gegenwrtigen Zeitpunkt) ganz anders. Siewren verheerend. Denken wir die Sachlage einmal durch und unter-stellen (was ja gefordert wird), dass sowohl in schlecht- als auch in gut-florierenden Branchen bzw. Unternehmen weniger gearbeitet wrde. Injenen bliebe der Effekt deswegen aus, weil ja hier meist ohnehin schonkrzer gearbeitet wird. Welcher Unternehmer wrde also in solchen Be-trieben noch zustzlich Arbeiter einstellen? Und gerade dies ist ja dasHauptmotiv bei diesen Vorschlgen.Gesunde Unternehmen wrden von der Krise ebenfalls ergriffen, weil

    sie nun unter erschwerten Bedingungen arbeiten mssten. Die Arbeitge-ber geben ihre Kostensteigerung bei Einfhrung der 35-Stunden-Woche

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  • rblicke doch nur auf die letzten vier Jahrzehnte, wie viele Landwirte auf-gegeben haben! Wer will da wieder zurck aufs Land?Diesen Einwnden soll im Folgenden begegnet werden. Was den

    menschlichen Faktor betrifft, so strafen allein die 16 bis 18 MillionenHausgrten im wieder vereinigten Deutschland die angebliche Abnei-gung, auf dem Lande ttig zu sein, Lgen. Die Familie zu drei bis vier Per-sonen gerechnet, ergibt doch hier wohl eine stattliche Zahl. Die Land-sehnsucht der Deutschen ist unverwstlich. Ist sie grer oder kleiner alsdas Fernweh bzw. wre dieses vielleicht geringer, wenn jene von allengestillt werden knnte?Die markanteste Ausprgung erreichte das Streben nach einer natur-

    gemen, alles Hohle und Konventionelle leidenschaftlich ablehnendenLebensauffassung in der klassischen deutschen Jugendbewegung, diegleich nach der letzten Jahrhundertwende die Edelsten der Brger-Iichen, aber auch der Arbeiterjugend ergriff. Mit Gruppenwandern,Zelten, Feriengrofahrten, auch in fremde Lnder, fing es an. Pflege undWiederauffinden alter Kulturgter, besonders des Volksliedes und-tanzes, Kleiderreform, echtes, volkstumgeprgtes Kunsthandwerk undhnliches fanden ihren Platz in den einzelnen Jugendbnden. Die groeMehrzahl der Anhnger dieses Lebensstils begngte sich damit, diePflege dieser Dinge in ihr Leben einzubeziehen bzw. dieses damit zudurchtrnken und anzureichern. Einer groen Anzahl aber gengte dasnicht, und sie drngten nach totaler Umgestaltung ihres Daseins. Dasich dies nur verwirklichen lie, wenn Lebens- und Arbeitsgemeinschaf-ten auf dem Lande geschaffen wrden, finden wir gerade in dieser Zeitdes Aufbruches der deutschen Jugend eine Flle von Siedlungsbestrebun-gen der verschiedensten Richtungen. Der Raum verbietet, hierzu aus-fhrlich zu werden. Am ehesten wrde es die Artamanenbewegung ver-dienen.ber die Ursachen des Scheiterns der Mehrzahl dieser Bestrebungen

    nach krzerer oder lngerer Zeit ist viel geschrieben worden. berein-stimmend kann festgestellt werden, dass die Hauptmngel wohl bei alleneinmal in einer Unterschtzung der wirtschaftlichen Notwendigkeiten, dannaber auch im Fehlen einer umfassenden Idee im Hinblick auf die zu setzen-de Ordnung bestanden. Sie waren ein Keim, der auf seine Zeit wartet.

    Der GrtnerhofNun trat ein Mann auf, der die Idee des Grtnerhofes entwickelte und aufeigenem Gelnde praktisch verwirklichte. Es war der GartenarchitektMax Karl Schwarz in Worpswede, unweit von Bremen. Seine Anregun-gen hatte er von Leberecht Migge empfangen, der den damals viel um-strittenen Satz aufgestellt hatte: Jedermann Selbstversorger auf IOO Qua-dratmeter Land Er verstand darunter die Versorgung mit Gemse, Obstund Frhkartoffeln fr eine Person. Bekannt wurde seine Planung Kul-turgrtel Kiel, Die von ihm vertretene grtnerisch intensive Landnut-zung beruhte auf dem Einsatz der Technik in industrieller Art unter Ver-wendung der stdtischen Abflle in Form der Kompostierung nachchinesischem Muster.Max Karl Schwarz, der ein Zeit lang als Mitarbeiter bei Leberecht Migge

    ttig war, vermite dort aber ein notwendiges, lebendiges Verhltnis zuBoden, Pflanze und Tier. Die von Migge entwickelte Methodik beschrnk-te sich einseitig auf mechanisch industrielle Manahmen im Pflanzen-bau. Max Karl Schwarz dagegen handelte aus der Erkenntnis, dass so-wohl ein landwirtschaftlicher, als auch ein grtnerischer Betrieb als einin sich geschlossener Organismus aufgebaut werden sollte, bei dem sichZufuhren von auen nur auf das Notwendigste zu beschrnken htten.Die Vorraussetzungen dazu mssten durch eine wohl abgewogene Tier-haltung geschaffen werden. Ihm schwebte die ldee vor, es msse die meistsonst einseitig bestehende Intensitt in der Viehhaltung des Landwirtes mitder Boden- und Pflanzenpflege des Grtners in einer Person vereinigt wer-den.Dafr gengt eine relativ kleine Bodenflche von 2,5 bis 4 Hektar, die

    aber neben der vollen Selbstversorgung auch noch bedeutende Marktleis-tungen erbringt. Der gesamte Anbau, selbst Wiesen und Weiden, unter-liegt der eindringlichen Pflege und Bewirtschaftung, wie sie bisher nurdie Grtnerhand auszufhren vermochte. Ein halber bis ein Hektar Landwird innerhalb des Grtnerhofes rein grtnerisch in Hochleistungs-Mischkulturen angebaut. Diese hohe Intensitt wird noch durch Frh-beetanlagen, Wanderglas und ein Anzuchthaus untersttzt. Allein vonder rein grtnerisch genutzten Flche lsst sich die Gemseversorgungfr 1oo Menschen ber das ganze Jahr hinweg unter Zugrundelegungvon 500 Gramm Gemse je Tag und je Person bestreiten.Solch ein Ilof fordert vier bis fnf stndige Arbeitskrfte. Er gewhrt

    etwa acht Menschen eine volle Versorgung und beruht auf einer Viehhal-tung von zwei Khen, zwei bis vier Schafen, zwei Schweinen, ein Dut-zend Geflgel und Bienen. Auer Gemse und Obst kommen als weitere

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  • Leistungen des Grtnerhofes Milch, Klber, Wolle, Lmmer, ein Schwein,Eier und Honig zustande. Der groe Vorteil des Grtnerhofes liegt darin,dass bei seiner Bewirtschaftung zwei Berufe durch die leitende Persn-lichkeit gleichzeitig ausgebt werden, nmlich der des Grtners hinsicht-lich eines sehr intensiven Landbaus, einer ebensolchen Dngerpflegeund Kornpostwirtschaft, und der des Bauern hinsichtlich einer intensivbetriebenen Viehhaltung.Max Karl Schwarz teilte die zu bewirtschaftende Flche um das Wohn-

    und Wirtschaftsgebude in einzelne Zonen ein:a. den Intensivkern mit Frhbeeten, Wanderglas usw.b. die Intensivzonec. die Groanbauzoned. die Extensivzonee. als Abschluss eine Wallhecke oder Knick.

    Er hat in vielen Vortrgen, Schriften und Zusammenknften fr dieseIdee geworben und viele Lehrlinge und Lernwillige auf seinem Gelndeausgebildet. Es schwebte ihm eine Neugestaltung der ganzen Landschaftvor, wodurch, wenn seine Vorstellungen ein greres Aus-ma ange-nommen htten, die Monotonie und Lebensfeindlichkeit vieler deutscherGegenden nicht entstanden wre.

    Heute knnen zunehmend viele Menschen von der Industrie auch nichtmehr leben. Aber zum Unterschied von damals ist diesen Arbeitslosen derWeg auf die Bauernhfe; nahezu total abgeschnitten. Wir haben fast nurnoch voll mechanisierte Betriebe, es gibt keine Heu- und Getreideernteim alten Stil mehr. Auf Ein-Mann-Hfen ist kein Platz fr Landarbeiter.Auerdem knnen Helfer, wenn nicht gerade Sonderkulturen angebautwerden, nach dem Tariflohn gar nicht bezahlt werden. Zum dritten wredas berwechseln von Industriearbeitern oder gar von Angehrigen sogenannter gehobener Schichten in deren Augen ein gesellschaftlicher Ab-stieg.Diese drei Hemmnisse machen ein Zurck aufs Land im Stil vergan-

    gener Zeiten nahezu unmglich. Dennoch aber ist eine Rckfhrunggroer Teile der Bevlkerung zu lndlicher Ttigkeit in irgendeiner Formauf lngere Sicht die einzige Mglichkeit fr Millionen, ein auskmmli-ches und gesichertes Lernenzu fhren.Die Aussichtslosigkeit imit der Beschftigungssituation in der bisheri-

    gen Art auf die Dauer fettig werden, ergibt sich allein schon aus den be-reits heute bestehenden iSchwierigkeiten, mit denen unser Sozial-, Fr-sorge- und Wohlfahrtsstaat zu tun hat. Lcher in den Haushalten alleinmit Schuldenmachen und kleinen Einsparungen auf den verschiedenstenGebieten, wie es unsere Politiker vorsehen, zu stopfen, lsen das immerbrennender werdende Arbeitslosenproblem nur in einem geringen Mae.Der Kleinsthofplan, dem sein Initiator den Untertitel Gedanken zumVolksneubau gab, war .als Nebenerwerbssiedlung gedacht. Als Grewaren anderthalb Hektan= 15.000 Quadratmeter vorgesehen. Nicht mehrund nicht weniger. Jebens ging dabei offenbar von der Einsicht aus, dasseine grere Flche eine zu starke Arbeitsbelastung des Nebenerwerbs-landwirtes zur Folge htte. Kleiner sollte die Stelle aber auch nicht sein.Ein mehr oder weniger groer Garten kann zwar zur Ernhrung einerFamilie beitragen, stellt aber doch nur eine unzureichende Hilfe dar.Sehen wir uns einmal an, wie sich der Verfasser den Nutzungsplan vor-

    stellte: Auf der angegebenen Flche von anderthalb Hektar sollten zweiKhe, drei Schweine und zwlf Hhner gehalten werden. Ein Hektardiente als Grnland fr Weidenutzung und zur Heuwerbung. Siedlungenohne Kuh, d.h. ohne Dung und damit ohne Wachstumskraft oder mitPferd, das die Rentabilitt auffrisst, halten sich nicht. Der Zweikuh-Kleinst-hof ist damit die hchstrentable landwirtschaftliche Betriebsform und alsWeidehof am einfachsten. nebenerwerblich zu bewirtschaften. Im Winter-halbjahr hatte eine Person der Kleinsthoffamilie morgens und abends jenur eine Stunde in der Wlrtschaft zu tun. Im Sommerhalbjahr wurde da-

    Die Kleinsthofidee von Heinrich JebensIn den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg stellte der niedersch-sische Landwirt Heinrich Jebens der ffentlichkeit einen Kleinsthofplanvor. Da nun die Gedanken von Heinrich Jebens noch heute bzw. wiedervon hchster Aktualitt sind, soll hier auf den Inhalt dieser Schrift einge-gangen werden. Vieles gilt in unseren Tagen noch genau wie 1945. Manmuss gedanklich einmal zurckschalten auf den Frhsommer 1945:Grostdte und Industrieanlagen waren weitgehend zerstrt, das Landvoll von Ausgebombten und Heimatvertriebenen. Es herrschten Arbeits-losigkeit, Wohnungsnot, Mangel an ziemlich allem und vielfach nochHunger und Elend. Der so genannte Morgenthauplan geisterte durchsLand, nach dem den Deutschen jedwede industrielle Ttigkeit versagtwerden sollte.Trotz fundamentaler Unterschiede von 1945 und den Jahren, in denen

    wir leben, besteht in einem Punkt aber ein Gemeinsames: Von der Indu-strie konnte man damals nicht leben, es gab sie nahezu nicht mehr. Mil-lionen Heimatloser strebten deshalb damals auf die Bauernhfe, wo siewenigstens berleben konnten.

    16 17

  • gegen fr eine ordentliche Bewirtschaftung durchschnittlich der halbeTag beansprucht.Die Nutzung des Kleinsthofes hatte auf Grund jahrelanger praktischer

    Erprobung etwa wie folgt zu geschehen.Die einen Hektar groe Weide:Der erste Grasschnitt diente der Heuwer-

    bung auf Reutern und erfolgte infolge der guten Dngung bereits AnfangJuni. Durchschnittsertrag: 120 Zentner eiweireiches Heu. Nach dem ers-ten Schnitt wurde die halbe Weide zum Tdern (Anketten*) der beidenKhe bentigt. Durch diese Art der Beweidung wurden erfahrungsgem25 Prozent Bodenflche eingespart. Die zweite Weidehlfte wurde AnfangAugust zum zweiten Mal gemht. Etwa 30 Zentner junges Heu als Ertrag.Zusammen also 150 Zentner Heu, die als Rauhfutter fr zwei Khe voll-stens ausreichen. Etwa ein Drittel der Weide wurde im Oktober zum drit-ten Mal gemht, und zwar fr das Grfuttersilo. Ertrag: sechs bis acht Ku-bikmeter Grfutter fr die Milchkhe.Der einen halben Hektar groe Acker: Aus Grnden des Fruchtwechsels

    musste eine Unterteilung in fnf gleich groe Flchen von je l .ooo Qua-dratmeter erfolgen.t , i .ooo Quadratmeter Frhkartoffeln (40 Zentner), als Nachfrucht

    Markstammkohl (60 Zentner) fr die Khe.2. i .ooo Quadratmeter Gehaltsrben (go Zentner); das Rbenblatt mit

    in den Grfuttersilo (zwei Kubikmeter); beides fr die Khe.3. i.ooo Quadratmeter Mais (12 Zentner Krner); das Maisstroh

    gehckselt als Streu oder als Silofutter.4. l .ooo Quadratmeter Futterkartoffeln (60 Zentner) fr die Schweine;

    das Kartoffelkraut als Einstreu fr die Dungbereitung.5. i.ooo Quadratmeter Gemse aller Art, als Zweitfrucht (falls kein

    Gemseabsatz an interessierte Verbraucher) ein schnellwchsigesGrnfutter fr die Khe.

    Bei einer solchen Futtermenge und -gte lieen sich gut zwei Khe miteiner Jahresleistung von 3.600 Litern halten (heute wesentlich mehr,Anm. d. Verf.). Das sind durchschnittlich 20 Liter pro Tag. Hiervon stan-den 15 Liter Magermilch tglich neben den 60 Zentnern Futterkartoffelnund dem Tranksilofutter fr die Schweine zur Verfgung. In das Tranksi-lo kamen die Kchenabflle des ganzen Jahres einschlielich der Kartof-felschalen, Kohlbltter usw. Mit dieser Futtermenge lieen sich gut dreiSchweine auf je drei bis vier Zentner msten. Fr die zwlf Hhner stan-

    den einige Zentner Mais, Kartoffeln, Grnfutter und Dickmilch zur Verf-gung, womit eine hohe Legeleistung gewhrleistet war. Den Obstbau hatman am besten auf dem Kleinsthof um das Haus (parkmig) und alsRingpflanzung um den Acker vollzogen, um die Bodenbearbeitung mg-lichst wenig zu behindern.Heinrich Jebens hatte nun, wie der Untertitel der Schrift andeutet, ei-

    nen vollkommen neuen Volksaufbau dabei im Auge. Das Ziel: Etwa imLaufe des kommenden halben Jahrzehntes fnf Millionen Kleinsthfe zuerrichten. Diese gewaltige Zahl htte natrlich nur mit Hilfe des Gesetz-gebers, d.h. mit voller Initiative staatlicher Stellen durchgefhrt werdenknnen. Er wandte sich daher an die drei Militrregierungen der dama-ligen Westzonen, deutsche Verwaltungsorgane, wie auch an Vertreter derWirtschaft. Der Schreiber dieser Zeilen hat ihn 1946 bei einer von ihmund seinen Anhngern an der landwirtschaftlichen Universitt Hohen-heim bei Stuttgart organisierten Vortrags- und Diskussionsveranstaltungerlebt. Fr diesen Volksneubau wre etwa die Hlfte der landwirtschaftli-chen Anbauflche der damaligen Westzonen (der alten Bundesrepublik)erforderlich gewesen. Seine Argumente fr die Realisierung des Planeswaren berzeugend und sind es heute noch.Htte man damals in grozgiger Art damit begonnen, d.h. htte zu-

    nchst die erste Million Kleinsthfe gebaut werden knnen, wren bereitsnach kurzer Zeit sicher die Auswirkungen der Investition ffentlicherGelder in so ein produktives Unternehmen zu spren gewesen. Es wrenbelebende Wirkungen auf die damals darniederliegende Wirtschaft, aufdie Arbeitsmoral, die Behebung der damaligen Wohnungs- und Nah-rungsnot usw. ausgegangen. Der Industrieaufschwung setzte eigentlicherst Anfang der fnfziger Jahre ein. Noch 1952 hatten wir ja mehr Ar-beitslose als heute (ohne Gastarbeiter), und man kann sich gar nicht vor-stellen, welch gewaltige Impulse in den ersten sieben bis acht Nach-kriegsjahren davon ausgegangen wren, wenn die brachliegendeArbeitskraft von Millionen Menschen beim Aufbau der Wohn- und Wirt-schaftsgebude und beim Anbau der damals so dringend gebrauchtenNahrungsmittel eingesetzt worden wre.In seiner Schrift wird Heinrich Jebens nicht mde, das Problem von allen

    Seiten immer wieder zu beleuchten. Es sei hier einiges davon angefhrt:In erster Linie hebt er die berlegenheit kleiner Betriebe bei der Er-

    zeugung von so genannten Veredlungsprodukten (Milch, Fleisch, Eier,Gemse) gegenber greren Betrieben hervor. Wir finden dies heute be-sonders eindeutig in den ehemaligen Ostblocklndern besttigt. Oft dievolle Hlfte, vielfach noch darber, wird z.B. in der ehemaligen UDSSR* Unter heutigen Gesichtspunkten der artgercchten Tierhaltung sollte davon abgesehen werden, Anm. d.

    Bearbeiters.

    1918

  • '1 rauf dem halben Hektar erzeugt, den man dort den Kolchosbauern zurPrivatnutzung berlsst. Deshalb ist in letzter Zeit, aller marxistischenDoktrin zum Trotz, eine wachsende Bereitschaft der Regierungen derehemaligen Ostblocklnder zur berlassung von mehr Land in Privatbe-arbeitung festzustellen. Die berlegenheit von intensiv genutztem ge-genber groflchig bewirtschaftetem Land lsst sich berall dort studie-ren, wo genug Hnde zur Verfgung sind, wie z.B. in China, wo proEinwohner bedeutend weniger anbaufhiges Land zur Verfgung stehtals in dicht bevlkerten Gebieten Mitteleuropas.In den ersten Nachkriegsjahren kam es in erster Linie darauf an, den

    Hunger breiter Volksschichten zu stillen. Das war natrlich auch vorder-grndiges Ziel des Kleinsthofplans. Heinrich .Jebens dachte aber weit da-rber hinaus. Unter Volksneubau verstand er die Schaffung stabilerVerhltnisse in dem Sinne, dass eine mglichst groe Anzahl MenschenNutznieer an einem bescheidenen Stck Land werden. Er schreibt dazuu.a.: Verbinden wir daher Bauer und Arbeiter zum nebenberuflichen kri-senfesten -Menschentyp-, wie wir ihn ntig haben, um mit dem Atomzeit-alter fertig zu werden.Es wurde bereits erwhnt, dass fr die Schaffung von fnf Millionen

    Kleinsthfen etwa die Hlfte des anbaufhigen Landes ntig gewesenwre. Heinrich .Jebens schreibt dazu: Der Kleinsthofplan hat zum Ziel,die erzeugungsstarken Betriebe unangetastet zu lassen und nur die nichtmehr existenzfhigen, schwachen Betriebe der alten, kranken, rckstn-digen und lustlosen Bauern mit deren Einverstndnis in intensivst be-wirtschaftete Kleinsthfe zu verwandeln.ber die Rolle stillgelegter Bauernhfe meint er: Der nicht mehr exi-

    stenzfhige Bauer, der seinen Hof in Kleinsthfe verwandelt, wird selbstnicht entwurzelt, er behlt fr sich einen Resthof, erledigt fr dieKleinsthfe um ihn herum die Gespanndienste, erhlt die Zinsen aus demabgetrennten Land und die Mieten aus den berflssig gewordenen Ge-buden, sodass seine Einnahmen insgesamt hher sind als zuvor. DerBauer bekommt so eine zwar vernderte, aber krisenfeste Existenz ... Es ware reizvoll, die Gedankengnge des Verfassers der Broschre

    noch weiter darzustellen, aber der Leser wird sich aus dem Bisherigenbereits ein Bild von der Gesamtidee machen knnen.

    Die Gartensiedlung von Heinrich FrantzenBei dem geschilderten Kleinsthofplan von Heinrich Jebens spielt die Tier-haltung eine groe Rolle. Vor allem die Kuh hat hier eine wichtige Funk-tion. Nun ist aber Viehwirtschaft nicht jedermanns Sache, sie ist vielleichtauch im .Jebenschen Sinne nicht berall durchzufhren. So soll im Fol-genden anhand der Schilderung einer Gartensiedlung, die im KlnerRaum 1937 angelegt wurde und keine Tierhaltung aufwies, auch dieseMglichkeit in Betracht gezogen werden.Heinrich Frantzen berichtete im Jahre 1949, nach zwlfjhrigem Beste-

    hen seines Unternehmens, u.a. folgendes: Von den fnf preuischen Mor-gen (2500 Quadratmeter) wurde einer fr das Haus, den Brunnen mitKraftanlage, zwei Abwasserbecken und einen kleinen Hofraum ver-braucht. So standen als Kulturflche vier Morgen= ein Hektar zur Verf-gung.Groen Wert legte Heinrich Frantzen auf den Obstbau. Er pflanzte alle

    Arten und viele Sorten sowie auch alle Beerenarten. Gedngt wurde dasObst mit pflanzlichen Komposten, die samt dem daraufgepumpten Inhaltder Abwasserbehlter so lange rotteten, bis sie eine waldhumusartige Be-schaffenheit angenommen hatten. Die Feldkulturen bekamen keinenDnger, sondern wurden mit Stickstoff sammelnden Pflanzen angebaut(Lupinen, Wicken, Erbsen, Ackerbohnen und anderen Leguminosen).Zuweilen ste er auch weien Senf, Phacelia, Sonnenblumen oder auchein Gemenge aus verschiedenen Grndngungspflanzen ein. Steinmehlwurde ebenfalls in die Komposte eingestreut und auf die Feldparzellenausgebracht. Das gesamte Grundstck umgab er mit einem durch denAushub der Kellerrume gewonnenen Material in Gestalt eines Erdwal-les, auf den er Haselnsse als Windschutz und willkommene Fettquellepflanzte. In spteren Berichten schilderte Heinrich Frantzen dann seineErfolge mit dem Anbau von Mohn und besonders Leinsamen sowie diePflanzung von Walnussbumen. Der Fettbedarf der Familie konnte damitberreichlich gedeckt werden. Als Eiweiquelle diente vor allem die So-jabohne.Wir haben dieses Beispiel einer Kleinsiedlung ohne Tierhaltung her-

    ausgegriffen, weil sie sich durch Jahrzehnte hindurch, ebenso wie vielehnliche Unternehmungen, bestens bewhrt hat. Nun sind bei Betrach-tungen in Bezug auf viehstarke bzw. viehschwache oder viehlose Sied-lungsformen auer persnlichen Wnschen oder Bedrfnissen auchberlegungen in Bezug auf die gegenwrtige und besonders zuknftigeWelternhrungssituation angebracht. Die Bewohner armer Lnder wer-den es frher oder spter nicht mehr hinnehmen, wenn man ihnen nicht

    20 21

  • reinmal ermglicht, gengend Grundnahrungsmittel anzubauen und stattdessen Futtermittel fr die reichen Lnder produzieren lsst. Deshalbseien hier einige Hinweise auf den Nahrungseffekt pflanzlicher und tieri-scher Erzeugnisse gestattet.Die auf dem Jebenshofvorhandenen Haustiere verbrauchen an Kalorien:

    tgl. Kalorien jhrl. Kalorien Gesamtje Kuh 23000 8395000 92345000je Kalb 5420 1997000 21967000je Groschwein 8400 3054000 6108000je Ferkel 3000 (ca.) 1000000 20000000je Huhn 210 73000 7300000Gesamtverbrauch Kal. 147720000

    a) Man kann absolut ohne Vieh und Tierdnger wirtschaften und aus-reichende Ertrge erzielen.

    b) Man kann sich ausreichend nur von Vegetabilien ernhren. Wichtigist diese Feststellung deshalb, weil damit bewiesen ist, dass dieJebenssche Lsung keinerlei Anspruch auf Alleingltigkeit hat mitBezug auf die Mglichkeit gesteigerter Fruchtbarkeit. Dies lsst sichauch anders erreichen, und das ernhrungsmig wirtschaftlicher,im Arbeitsaufwand sparsamer, kapitalmig leichter durchfhrbar.Zwischen der Form der tierlosen Wirtschaft mit ausschlielich vege-tarischer Nahrung und der viehbersetzten Wirtschaft mit berhh-ter animalischer Ernhrung sind alle Variationen mglich.

    Zur Frage, ob Grndngung vollkommen den Stalldnger ersetzt, fol-gendes: In Bezug auf den Nutzeffekt wird es ziemlich auf eines heraus-kommen, ob man die zur Grndngung angebauten Pflanzen einarbeitetoder ob sie auf dem Umweg ber den Tiermagen dem Boden zugutekommen. Bei Letzterem hat man auer der Dngewirkung dann nochden Nutzen durch die Gewinnung tierischer Erzeugnisse in Form vonMilch und Fleisch, eventuell noch durch Zugkraft.Das wird aber einen Vegetarier oder den, der mit Tieren nichts zu tun

    haben will, nicht rhren. Aber eine weitere, nicht zu unterschtzende Be-deutung in Bezug auf den Wert des Rinderdngers ist die Erfahrung, dasser eine vielfach nachgewiesene heilende Wirkung auf unsere ja heute sostark gefhrdeten Kulturpflanzen hat.Grtner heben besonders diesen Aspekt in ihren Betriebsberichten

    immer wieder hervor. Seit einige von ihnen eine eigene Tierhaltung auf-gebaut haben oder sich Rinderdnger beschaffen, sind die Pflanzen-krankheiten in ihren Betrieben stark zurckgegangen. Sie brauchenkaum mehr Direktmittel zu ihrer Bekrnpfung- anzuwenden. Dem ste-hen aber wiederum hier nicht zu verschweigende Stimmen entgegen, dieauf den Regenwurm als die Kuh im Acker hinweisen. Wer schon erlebthat, in wie starkem Mae er sich beispielsweise bei der Bodenabdeckungoder in Tresterkomposten vermehren kann, und seine Bedeutung richtigeinschtzt, wird diese Hinweise wohl beachten.

    Die Tiere auf dem Jebenshof verbrauchen also I47 Jahresnahrungen. Dasist die Nahrung fr I47 Menschen. Es werden jedoch in Form von Fleischund anderen tierischen Erzeugnissen nur J 6 Jahresnahrungen, d.h. eineNahrungsmenge fr 36Menschen, produziert. Das Tier verbraucht im ei-genen Energieverschlei vier Fnftel der Nahrung fr die eigene Lebens-unterhaltung, und deshalb verbleibt fr die menschliche Ernhrung nurein Fnftel in Form von Milch, Eiern und Fleisch. (Heinrich Jebens hieltin den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg auf acht Hektar elf Khe,wozu elf Klber gehrten, zwei Zuchtsauen mit 20 bis 40 Ferkeln undetwa ioo Hhner.) Vergleichsweiser Kalorienverbrauch eines erwachse-nen Menschen: Tglich 3000 Kalorien, jhrlich etwa eine Million Kalori-en= eine Jahresnahrung.Der Durchschnitt bei der Erzeugung von Jahresnahrungen lag Mitte

    unseres Jahrhunderts fr Vegetabilien pro Hektar um sieben bis acht, beitierischen Produkten um 0,75bis 1.Heute, bei gestiegenen Ilektarertr-gen, haben sich diese Zahlen noch weiter zugunsten der Vegetabilien ver-schoben.Ein weiterer mglicher Einwand gegen die Errichtung von viehstarken

    Kleinsthfen ist der hohe Kapitalaufwand bei ihrer Errichtung (auerdem Wohnhaus Stall fr zwei Khe, drei Schweine und vielleicht noch frFerkel, Hhnerstall, Wirtschaftsrume fr Futterboden, Futterkche,Gerte, Futtersilos, Dngersttte und Jauchegrube).Ein Kritiker des Jebens-Plans uerte sich 1950 zu diesem Thema wie

    folgt: Frantzen entwickelte seine Siedlungsform von der Ernhrungs-frage her, die zweifellos richtig gestellt ist, soweit wir den Vegetarismusals solchen anerkennen wollen. Frantzen zeigt ganz deutlich folgendes:

    22 23

  • Ein Morgen Land fr eine FamilieNach dem Club of Bome- betrgt die durchschnittliche landwirtschaft-liche Nutzflche der Welt pro Kopf der Weltbevlkerung 4.000 Quadrat-meter. In den USAkommen 9.000, in der Schweiz 2.000Quadratmeter aufjeden Einwohner. Das sind 100mal 20Meter. Nach dem Club ofRomegengt diese Flche nutzbaren Bodens gerade, um eine Person zuernhren, wohlverstanden mit der modernsten, durch Zchtung, chemi-sche Dngung, -Schdlings--, Krankheits- und Wildkrautbekmpfungs-Maschinerie und einen enormen Energieaufwand in die Hhe getriebe-nen Produktionsweise. Diegleiche bescheidene Flche gengte aber inzehnjhrigem Durchschnitt erprobten Selbstversorgeranbau, um nichtnur eine Person, sondern eine ganze Familie von sechs Personen reich-lich und gesund zu ernhren, wobei die Familie insgesamt im Tages-durchschnitt weniger als fnf Viertelstunden (Hausvater 32 Minuten,davon 13Minuten schwere Arbeit, neben anstregendem Beruf; die Mut-ter 23Minuten neben Hausarbeit und das lteste Kind 16Minuten nebender Schule) und keinerlei Energie fr Gartengerte, Dnger-, Schd-lings- und Krankheitsabwehr, auer jener von Krper und Geist, auf-wenden musste. Auf diese Weise produzierte sie auf dem fnftel Hektar,von dem noch zwei Fnftel als Grasflche fr zwei Milchschafe abge-zweigt waren, im langjhrig erprobten Jahresdurchschnitt nahezu fnfMillionen Kilokalorien (4.877.820Kilokalorien) in Gestalt von 1.451Kilo-gramm Gemse (pro Tag knapp vier Kilogramm), 390 Kilogramm Obst(Tag: 1,07 Kilogramm), 600 Kilogramm Kartoffeln (Tag: 1,64 Kilo-gramm), 23Kilogramm Eier (Tag: 1,1 Ei), 39Kilogramm Sojabohnen, 500Kilogramm Schafmilch und 15Kilogramm Mohnl (zusammen tglich=3,84 Kilogramm Kuhvollmilch-) und 75 Kilogramm Essmais (Tag: 200Gramm). Die Schafmilch ist roh getrunken bedeutend gehaltreicher alsKuhmilch. Dies alles auf 100mal 20 Meter ohne Motorgert (aus einemvergriffenen Buch von Dr. Feist).Dass diese Ertragsleistungen in einem Garten keine Ausnahmen sind,

    wird immer wieder von Selbstversorgergrtnern bewiesen.

    nennt, noch herzlich wenig Gedanken gemacht hat, ob nicht von hier ausdie Sicherung und Gesundung unserer Gesellschaft angegangen werdenknnte.Ein Vorschlag dazu: Wie wre es, wenn derjenige, der - vielleicht ar-

    beitslos - durch zinslose oder verbilligte langfristige Kredite die Mglich-keit erhielte, ein Haus mit groem Garten, wo er auch Kleintiere haltenkann, zu erwerben? Sicher wird das nicht ganz leicht berall, schonwegen mancher Entfernungen vom Arbeitsplatz, mglich sein. Aber esgibt auf der anderen Seite ganz gewiss in jedem Lande brach liegendesoder leicht zu erwerbendes Land, auf alle Flle aber Pachtland, wo An-fnge gemacht werden knnen. Solche Beispiele, wenn sie gut durch-dacht angegangen werden, knnten Schule machen. Jedenfalls wre es invielen Fllen mglich, bodenstndige Existenzen zu schaffen. Hierzu einedurchaus realistische Milchmdchenrechnung: Wre es so ganz un-denkbar, dass alle vorhin genannten Institutionen einen Zielplan her-ausstellten, nach dem beschlossen wird, dass in einer Reihe von wenigenJahren 100.000 neue Siedlerstellen geschaffen werden? AngenommenerPreis je Stelle 300.000,00DM, einschlielich Hausbau und Landerwerb.Dazu wre ein Betrag von 30 Milliarden DM erforderlich. Auf 10 Jahreverteilt wren pro Jahr ganze drei Milliarden DM erforderlich. Ange-sichts der - oft unproduktiven - Riesenausgaben der ffentlichen Kr-perschaften ist so ein Betrag geradezu lcherlich gering. Aber was knn-te so eine Zielsetzung fr Ausstrahlungen haben? Neue Hoffnungen,neuer Lebensmut wrden in vielen Familien einkehren, statt Resignationwrden unzhlige ltere und besonders junge Menschen selbst mit Handanlegen, sodass durch Eigenarbeit und sicher auch durch eigene finanzi-elle Leistungen in vielen Fllen die Bereitstellung ffentlicher Mittel nochreduziert werden knnte.

    Vorschlag an die Lnder und KommunenDass Millionen Menschen jeden Alters und jeden Berufes mit Sehnsuchtnach einem eigenen Garten streben, ist durch Umfragen immer wiederbesttigt worden. Es ist unverstndlich, dass man sich von Staats wegen,in den Lndern und Kommunen angesichts dessen und bei der berallwachsenden Sozialbrache, wie man liegen gelassenes Land so schn

    Eigenversorgung mit Getreide: lntensivanbau aufkleinster FlcheDiese Schrift hat es sich zur Aufgabe gemacht, allen denen, die in irgendeiner Form mit dem Lande verbunden sind oder sich mit ihm verbindenwollen, die Rahmenbedingungen dazu aufzuzeichnen. (Alles im Hin-blick auf Landbau als Nebenerwerb.) Dazu sollte der berblick bermgliche Formen, Gre, Intensitt usw. der einzelnen Stellen dienen. Esbleibt dem Leser berlassen, die seinen jeweiligen Bedrfnissen, Vor-stellungen und Mglichkeiten angemessene Gre des Objektes, seineBewirtschaftung, mit oder ohne Tierhaltung usw. anzustreben. Auf Ein-

    24 25

  • 1-zelheiten kann hier nicht eingegangen werden, dazu dient die reichlichvorhandene Literatur.Nun sind aber von Lesern der ersten Auflagen dieser Schrift zahlreiche

    Fragen zu einem Thema eingegangen, das in der verfgbaren bzw. nichtvergriffenen Literatur gegenwrtig nicht oder nur sehr drftig behandeltwird. Es wurde darauf nur mit einigen knappen Worten hingewiesen. Esbetriffi: die so genannte Getreide-Umpjlanzmethode. Dort wurde erwhnt,dass ein Wrttembergisches Ehepaar im letzten Krieg und in den erstenJahren danach, wo noch Lebensmittelknappheit herrschte, auf 290 Qua-dratmetern Gartenland ber 300 Kilogramm Brotgetreide mit Hilfe dieserMethode ernten konnte. Die Frau ist allerdings gelernte Grtnerin und be-herrscht das Pikieren (Vereinzeln von Jungpflanzen). Das war eine will-kommene Zugabe zu den Lebensmittelkarten. Es wurden angebaut: Win-terroggen, Winterweizen, Gerste und Hafer! Also sowohl Winter-, alsauch Sommergetreide. Die besten Ertrge erbrachte der Roggen (weitber ioo Kilogramm pro ioo Quadratmeter.)In einer 1928 erschienenen, leider vergriffenen 28 Seiten umfassenden

    Broschre aus der Feder von konomieinspektor Hans Egon Dblin:Einfhrung in die Getreide-Umpflanztechnik ist ein eigener Versuchdes Verfassers angefhrt, den er 1925/26 auf mehreren Parzellen zu je 20Quadratmeter durchfhrte. Der Versuchsfeldboden war Brachland undwurde mit Pferdemist gedngt. Auspflanzung in Abstnden von 30 Zenti-inetern im Quadrat. Im Frhjahr wurde zweimal stark behufelt. Ausjeder Pflanze entwickelten sich durchschnittlich 40 voll ausgereifteHalme. In jeder hre waren im Schnitt lOO Krner und das einzelne Korn,ebenso wie die hren, war doppelt so gro wie normal. Auf der einzelnenVersuchsparzelle (20 Quadratmeter) wurden durchschnittlich fast 30 Ki-logramm Roggen geerntet. Auf den Hektar berechnet waren dies fast 150Doppelzentner. Sicher trug, wie der Verfasser bemerkt, der ausgeruhteBoden und die Mistdngung viel zu diesem Rekordertrag bei. Aber dassso etwas berhaupt mglich ist, bedeutet jedenfalls eine Sensation ange-sichts der damaligen Hektarertrge, die bei Roggen unter 30 Doppelzent-ner lagen.Bemerkenswert bei der Ackerbeetkultur des Getreides ist die von Ver-

    suchsanstellern immer wieder festgestellte Tatsache, dass trotz der hohenErtrge keine Lagerung auftritt, die ja bekanntlich die Ausreifung derKrner behindert. Zu einer vermehrten Standfestigkeit trgt zweifellosauch das Behufeln viel bei. Die erhhte Standfestigkeit hat ihre Ursachein der beobachteten Festigkeit und Verstrkung der Halme. Ein Versuchs-ansteller berichtet beispielsweise, dass man in viele Halme sogar einen

    Bleistift gewhnlicher Dicke stecken konnte.Dblin gibt in der genannten Arbeit noch einige Zahlen ber Ernte-

    mengen bei einigen anderen Versuchen an, die wie folgt lauten: Auf Ver-suchsparzellen von lOO Quadratmetern wurde, umgerechnet pro Hektar,geerntet (Anbauversuche 1926/27):

    Winterroggen (eigenes Saatgut) io Doppelzentner-Svalfas Panzer Winterweizen- 86 Doppelzentner-Crievener 104 Winterweizen- 110 Doppelzentner-Ackerrnanns Viktoria Wintergerste- 90 Doppelzentner

    Diese Ergebnisse entsprachen damals der vier- bis fnffach blichen Ern-temenge. Im Hinblick auf die heutigen Zahlen wre es immerhin nochein Mehrfaches.

    Wie wird es gemacht?Das Getreide wird einige Wochen vor der blichen Aussaatzeit der jewei-ligen Gegend zunchst in Zuchtksten oder Beete ausgest. Wenn diejunge Pflanze dann die Hhe von 20 Zentimetern erreicht hat, wird sie soumgepflanzt, dass der erste, oberirdische Stengelknoten noch unter dieErde kommt. Aus diesem Stengelknoten wchst dann ein weiterer Wur-zelkranz hervor. ber dem ersten Bestockungsknoten bildet sich also einzweiter. Man hat bei umgepflanztem Getreide 40 bis 50 voll ausgereifteHalme und darber zhlen knnen. (Gegenber vier bis fnf Halmen beiDrillsaat.) Etwa drei bis vier Wochen nach der Aussaat haben die Getrei-depflnzchen die drei Blttchen am ersten oberirdischen Stengelglied aus-gebildet und werden neun bis elf Zentimeter tief eingepflanzt. Sie stehendann drei bis vier Zentimeter tiefer in der Erde als vorher im Saatkasten.Dblin rt, den Stockraum in der Praxis nicht zu gro zu whlen. Etwa

    100 bis 225 Quadratzentimeter, das einer Pflanzenentfernung von 10 bis15 Zentimetern entspricht. Eine weitere Entfernung von 20 bis 30 Zenti-metern ist nur in Ausnahmefallen anzuraten. (Mildes Klima, starke Dn-gung, Bewsserungsmglichkeit und Lagen mit viel Mutterboden). Zu be-achten ist, dass sich nicht alle Getreidearten und -sorten gleichmigstark bestocken. Bei 10 bis 15 Zentimeter Pflanzenentfernung ist die Zahlder Stocktriebe im Durchschnitt 15.Wichtig ist, wie schon erwhnt, das Behufeln. Es sorgt auch fr Wild-

    krautfreiheit. Der Zeitpunkt richtet sich nach dem Tempo der Be-stockung. Erfolgt diese rasch, kann - auch bei Wintergetreide - bereitsetwa vier Wochen nach der Umpflanzung begonnen werden. Entwickeltsich die Bestockung, etwa bei spter Umpflanzung im Herbst oder beiungnstiger Witterung, nur zgernd, erfolgt die erste Behufelung dann

    26 27

  • im Frhjahr. Die Pflanzen drfen nur leicht - etwa fnf bis sieben Zenti-meter - an der Stengelbasis angehufelt werden und zwar so, dass diezarten Bltter der jungen Pflanzen nicht vernichtet oder verschttet wer-den. Eine zweite Behufelung darf unter keinen Umstnden noch einenweiteren Halmknoten unter die Erde bringen. Dies wrde zu einer er-neuten Bestockung und damit zu ungleicher Reife der hren fhren. Eineweitere Bearbeitung dient allenfalls der Freihaltung von Wildkraut undder Wasserhaltekraft des Bodens. ln den meisten Fallen wird daher eherein Hacken dienlicher sein als ein zweites Behufeln.Die Mehrertrge beim Umpflanzen beruhen auch zum Teil darauf, dass

    die Pflanzen eine lngere Wachtumszeit haben. Dies wird ja dadurch ge-whrleistet, dass zu der Zeit, in der man sonst drillt, schon ausgepflanztwird. Es ist eine alte landwirtschaftliche Erfahrung, dass Frhsaaten,gleich ob es sich um Winter- oder Sommergetreide handelt, hhere Ertr-ge gegenber den Sptsaaten haben.

    Der UmpflanzackerEs eignen sich alle Bden dazu. Die besten Erfolge hat man natrlich aufhumosen sandigen Lehmbden in guter Verfassung. Je gartenmigerder Boden hergerichtet wird, umso vorteilhafter ist dies fr die Umpflan-zung. In jedem Fall muss der Boden abgelagert und gar sein. Die letztePflugfurche oder Umspatung sollte mindestens vier Wochen vor der Um-pflanzung erfolgt sein, falls berhaupt Umpflgen oder Spatenarbeit not-wendig ist. Bei Bden in gutem Kulturzustand gengt tiefere Lockerung.Beim Umpflanzen drfen die Pflanzen noch keine Bestockung zeigen. Beigreren Flchen sind die Saatbeete in Zeitabstnden anzulegen, damitdas jeweils in der gewnschten Gre befindliche Pflanzgut zur Verf-gung steht. Die zum Umpflanzen bestimmten krftigsten Pflanzen sindvorsichtig aus dem Pflanzbeet zu heben, sofort in flache Holzksten zustellen und zum Umpflanzacker zu bringen. Es ist darauf zu achten, dassdie Pflanzen keiner direkten Sonnenbestrahlung durch lngere Zeit aus-gesetzt werden.

    Auswahl und Herrichtung des Saatbeetes bzw. des SaatkastensFr das Saatbeet sollte man ein in guter Kultur befindliches Stck Landauswhlen. Am besten eignen sich dazu nicht zu schwere, in gutem Hu-musstand stehende Bden, weil sich hier die Pflanzen gut herausnehmenlassen. Nur leichte, nicht schwere (Ton-) Bden sind hierzu geeignet. Ste-hen sie nicht zur Verfgung, sollte durch Sand und Kompost die Strukturverbessert werden. Bei Trockenheit muss bewssert werden, damit einzgiges Wachstum gewhrleistet ist. Dies alles sollte keine Schwierigkei-ten machen, da es sich, selbst wenn auf grere Flchen ausgepflanztwird, immer um relativ kleine Aussaatparzellen handelt.Mit der Herrichtung des Saatbeetes sollte sehr frh begonnen werden,

    damit zur Zeit der Aussaat der Boden mglichst abgelagert und garist. Esmuss gut mit Nhrstoffen versorgt sein. Als Saatgut verwende man Ori-ginalgetreide oder den ersten Nachbau von Sorten, die in der betreffendenGegend angebaut werden. Die Aussaat ist als dnne Drillsaat oder Reihen-saat mit der Hand in etwa i5 Zentimeter Reihenentfernung vor-zunehmen. Eine nicht zu tiefe Saat hat sich (besonders beim Roggen)als gnstig erwiesen. Den Boden leicht anwalzen oder andrcken und nachder Saat eggen oder aufrechen. Ganz dnn sen, damit keine Vergeilung,wie sie bei zu dichtem Stand auftreten kann, vorkommt. Drillsaat oder Rei-hensaat lassen sich auch besser bearbeiten (zwischendurch hacken) alsBreitsaat und erleichtern die Herausnahme der jungen Pflanzen.

    Hand- oder Maschinenarbeit?Beim Umpflanzen mit der Hand - hnlich wie beim Einsetzen pikierterGemsepflanzen - kann je nach Geschicklichkeit des Ausfhrenden miteiner Stundenleistung von 400 bis 500 Pflanzen gerechnet werden. Aufkleineren Flchen wird man also ohne Pflanzmaschinen auskommen.Auf greren Feldstcken ist deren Verwendung natrlich angebracht.Geeignete Gerte dieser Art, die sich auch fr Getreide-Umpflanzung eig-nen, sind gengend auf dem Markt. Bei strkerem Aufgreifen dieser Artdes Getreidebaues wrde eine interessierte Industrie sicher Modelle aufden Markt bringen, die diesem Zweck wahrscheinlich noch besser als dievorhandenen Fabrikate dienen knnten.

    Erntemglichkeiten auf kleinen FlchenHeute wird bekanntlich feldmig angebautes Getreide berall fast aus-nahmslos mit dem Mhdrescher geerntet. Daran wrde sich auch, fallsdie Umpflanzungsmethode in der Landwirtschaft Eingang fnde, kaumetwas ndern.Im Kleinanbau wird das Ernteproblem auf verschiedene Art zu lsen

    sein. Erntegut von wenigen Quadratmetern kann man durch Ausreiben,Sieben und nachfolgendes Durchlaufenlassen durch eine Windfege sau-ber bekommen.Fr die Ernte auf etwas greren Parzellen wren die im Getreide-

    versuchsanbau verwendeten kleinen Mhdrescher mit kurzem Schnitt-

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  • balken geeignet. Damit knnen auch schmale Parzellen auf den Dezi-meter genau abgeerntet werden. Es wre denkbar, dass sich, falls die Um-pflanzungsmethode in einzelnen Gegenden Eingang finden sollte, die je-weiligen Anbauer zusammen so ein Erntegert anschaffen. In derNebenerwerbslandwirtschaft vieler Gebiete unseres Landes und auch an-derswo, wo Getreide auf kleinen Flchen angebaut wird, wrden sich,da ja berall Mhdrescher im Lohnverfahren verwendet werden,ohnehin keine Schwierigkeiten in Bezug auf Erntemglichkeiten ergeben.

    Vorteile fr die FruchtfolgeDa die Ertrge hier mindestens doppelt so hoch sind wie beim blichenAnbau, knnte man es sich leisten, ein Stck Land einmal - beispiels-weise bei starker Verkrautung - ein Jahr lang brach liegen zu lassen(siehe die Rekordernte von Egon Dblin auf Brachland). Besser baut manmehrjhriges Kleegras, Luzerne u.a. an, wobei man mit hnlichen gn-stigen Wirkungen fr die Nachfrucht rechnen kann. Dadurch wird mehrFutter und mehr Dung gewonnen, der dann wieder dem Getreide zugutekommt. Jedenfalls knnen Boden verbessernde Fruchtfolgen (Legumino-sen als Stickstoffsammler) fter eingeschoben werden, ohne dass damitder Gesamtertrag an Getreide zurckgeht. Es kann also mehr Vieh wieRinder, Schafe, Ziegen oder Pferde gehalten werden.

    Hoher Selbstversorgungsgrad und Unabhngigkeit in NotzeitenDies gilt sowohl privat wie gesamtvolkswirtschaftlich. In den letzten Jah-ren war es trotz des erhhten Mineraldngerverbrauchs in den zivilisier-ten Lndern nicht mehr mglich, die Erntemengen zu steigern. Hier bie-tet sich diese Mglichkeit an, ohne dass der Boden, wie es ja beimkonventionellen Anbau von Verkaufsfrchten mit treibender Dngungder Fall ist, ber Gebhr ausgebeutet wird (eben durch den hufigerenAnbau bodenaufbauender Pflanzen).

    Bisherige Initiativen auf dem Gebiet der AckerbeetkulturWaren diese Methoden in den ganzen vergangenen Jahrtausenden fr dieOstasiaten selbstverstndlich, so sind sie leider in den europischen Ln-dern an den Fingern abzuzhlen. 1911erschien von den Russen N.A. undB.N.Demtschinskydie Schrift Die Ackerbeetkultur. Die Verfasser warengenaue Kenner der ostasiatischen Verfahren und regten viele Landwirtezu eigenen Versuchen an. Dennoch geriet das Verfahren infolge Interes-senlosigkeit der damaligen Landwirtschaftswissenschaft sowie dem all-gemeinen Misstrauen Neuem gegenber wieder in Vergessenheit. Zwar

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    stellte Eberhard Osthaus 1923 Pflanzversuche an, ber die der bereitsmehrfach erwhnte Hans Egon Dblin in der Deutschen landwirtschaft-lichen Presse 1927, Nr. 30, und Zander in Technik in der Landwirt-schaft berichtete. Auch einige Versuche an anderen Orten, u.a. in ster-reich, wurden gemacht, alle in den zwanziger Jahren. Aber die Methodesetzte sich nicht durch. In neuerer Zeit berichtete SiegfriedLange aus demsauerlndischen Felbecke ber die Wuchsleistung seines Roggens in derGemse-Getreide-Mischkultur (in GARTEN ORGANISCH,jetzt NATR-LICH GRTNERN, 5h990).Auf seinem 2.500Quadratmeter groen Gartenacker experimentierte er

    mit den verschiedensten bekannten und von ihm zum Teil selbst ent-wickelten Fruchtfolgen, Mischkulturmethoden und Mulchmglichkeitenunter Einbeziehung von Getreide. Bei einem Tausendkorngewicht von 47bis 50 Gramm und 100 Krnern pro hre und 100 hren pro Pflanzebrachte es Siegfried Lange auf 100Zentner je Morgen. Das sind hochge-rechnet 200Doppelzentner je Hektar! Sein Versuchsacker erreichte gera-de einmal die Bodenzahl 35 und lag etwa 450Meter ber dem Meer. Dortoben werden im Jahresmittel zwischen 1000und 1200Millimeter Nieder-schlge registriert.Der weltweite Mangel an Getreide drngt immer strker in das Be-

    wusstsein der ffentlichkeit. Die Regierungen derjenigen Lnder, die Zu-schsse von auswrts brauchen, drngen auf Erhhung der Erzeugung.In anderen Lndern, beispielsweise in der EU, macht man sich von Staatswegen keine Gedanken auf diesem Gebiet. Deutschland hat immer nochgengend Getreide von auswrts beziehen knnen. Ja, dies war unseremIndustriestaat, der wir ja sind, mit seinen Exportnotwendigkeiten sogarhchst willkommen.Privatwirtschaftlich gesehen muss der Landwirt aber eine Steigerung

    der Flchenertrge anstreben. Deshalb baut man zunehmend unter Ver-nachlssigung altbewhrter Fruchtfolgeregeln Getreide auf Getreide.Dazu muss unmig gedngt werden, besonders mit Stickstoff. Da damitdie Lagerungsgefahr verbunden ist, wendet man chemische Halmfesti-gungs- bzw. Halmverkrzungsmittel an. Dies alles und noch viel mehrruiniert unsere Bden.Hier wird nun ein anderer Weg sichtbar. Selbst viehschwache Betriebe,

    die fr mehr Futterpflanzen wenig Verwendung haben, ja sogar Betriebeohne Tierhaltung knnen die Vorteile der Getreideverpflanzung, ebenweil sie sich vermehrte Grndngung oder gar einmal eingeschobeneBrachbehandlung leisten knnen, nutzen und damit etwas fr ihre Bo-dengesundung und fr eine Ertragssicherung auf lngere Sicht tun.

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  • Die globale Bedeutung der GetreideumpflanzungIn jedem Land, also gleichgltig ob die Schwerpunkte auf ernhrungspo-litischem, volks- oder privatwirtschaftlichem Gebiet liegen, wrde eineverstrkte Beachtung der Getreide-Umpflanzungsmethode beachtlicheVorteile bringen. In der Regel handelt es sich, wenn von Mangelsituatio-nen an Nahrungsmitteln in irgendeinem Gebiet der Erde die Rede ist, umMangel an Getreide. Andere Produkte, wie z.B. Gemse, Obst, Fleisch,Eier, Zucker usw., spielen in den Erwgungen um Stillung des Welthun-gers nur eine untergeordnete Rolle. Von einer ausreichenden Versorgungmit Getreide hngt also bereits heute das Wohl der so genannten DrittenWelt ab. Es wird dies in naher Zukunft auch fr die brige Welt gelten.Fr Industriewaren ist der Weltmarkt nur begrenzt aufnahmefhig. Be-

    kanntlich machen berkapazitten heute jedem Industriestaat zuneh-mend Sorgen. Fr Getreide aber, weil es nur in begrenztem Umfang er-zeugt werden kann, wird immer Absatz sein.*Sollte es uns einmal wirklich schlecht gehen, wrde jeder zweifellos

    gern auf der Pflanzmaschine sitzen und so zur Getreideerzeugung beitra-gen. Und er wrde noch ganz andere Anstrengungen auf sich nehmen.Aber von unseren im Industriedenken steckenden Wirtschaftsplanern istein Umdenken kaum zu erwarten. Es geschah ja auch Ende der Zwanzi-ger- und Anfang der Dreiigerjahre, wo es uns doch wirklich schlechtging, nichts, die Menschen aus den still stehenden Fabriken in irgendei-ner Form wieder auf das Land zu bringen. Dazu musste erst der Zwangeinsetzen.Die mangelnde Initiative der damaligen Verantwortlichen ist umso un-

    verstndlicher, als die Umpflanzungsmethode von Getreide damals welt-bekannt war. Groes Interesse zeigte der Erbprinz von Hohenlohe-hrin-gen, Versuche wurden von Prof Dr. Opitz auf dem Dahlemer Versuchs-feld der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin angelegt, wobei eineeinreihige Pflanzmaschine (Fortuna) verwendet wurde (von dem Rus-sen Symcha Blas aufgrund eines Aufsatzes von Davis Trietsch in derDeutschen landwirtschaftlichen Presse- konstruiert). Nicht nur in dieser,sondern in vielen Blttern, wie in der Vossischen Zeitung, der GrnenPost- u.a. erschienen laufend Berichte. Wird es bei uns - im Hinblick aufgreres Projektieren - zunchst wohl noch beim Wunschdenken blei-ben, so sollte sich jeder Entwicklungsplaner hier ernste Gedanken ma-chen. Wie viel mehr Brotfrucht knnte heute in Drittlndern mit deren

    * Wenn es hier mittlerweile zu nationalen berkapazitten kommt, so ist das eine Folge derMarktpolitik, weltweit herrrscht trotzdem Mangel, Anm. d. Bearbeiters

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    zahllosen, brach liegenden Arbeitskrften erzeugt werden, wenn mandiese Methode ernsthaft in das Programm der Entwicklungshilfe aufneh-men wrde! Dieselben Ertrge und mehr knnten auf einem Drittel oderder Hlfte der Flche, auf der jetzt Getreide steht, erzeugt werden.Bei groen Flchen macht die in tropischen und subtropischen Ln-

    dern oft ntige Bewsserung meist Schwierigkeiten. Fr kleinere Parzel-len sind eher Mglichkeiten zu finden.Da weiter das anbaufhige Land in diesen Lndern begrenzt ist, wrde

    eine Verkleinerung der Getreideanbauflchen einen erheblichen Teil desAnbauareals frei machen fr Ausfuhrpflanzen (Baumwolle, lfrchteu.a.). Damit wrde sich wiederum die Kaufkraft der armen Vlker er-hhen.

    Landwirt und GrtnerMax Karl Schwarz forderte, dass sich in der leitenden Person des Grt-nerhofes der Beruf des Landwirtes mit dem des Grtners vereinigt. Grt-nerhfe mit viel Gemse- und Obstanbau, die, wie er schreibt, an die lOOPersonen damit versorgen knnten, sind sicher eine ideale Betriebsform.Aber sie werden in sehr groer Zahl nicht errichtet werden knnen, nichtzuletzt der dabei anfallenden groen Mengen an (teilweise auch leichtverderblichen) Verkaufsfrchten wegen. Es taucht dabei sofort die Frageder Absatzmglichkeiten auf.Dagegen wrden Stellen, die hauptschlich der Selbstversorgung die-

    nen, einer ungleich greren Menschenzahl eine dauernde, gesicherteExistenz ermglichen (siehe Kapitel: Ein Morgen Land fr eine Familie,S. 24). Das ist aber ohne geldliche Einnahmen durch eine nicht landbauli-che Ttigkeit nicht mglich. Wir sagen damit nichts Neues. Es gibt heutenoch hunderttausende Zu- und Nebenerwerbsbauern, aber ihre Zahlschmilzt, wenn auch zunehmend langsamer, dennoch weiter. Warum?1. Die Streulage ihres Besitzes und seine Aufteilung in zahlreiche, viel zu

    kleine Parzellen macht die Bewirtschaftung neben der eigentlichenBerufsarbeit mhevoll und zeitraubend.

    2. Die Wohn- und Wirtschaftsgebude befinden sich meist einge-zwngtin den oft engen Drfern.

    3. Durch die Hindernisse, die den Kleinen in Bezug auf ihre Existenzpermanent durch unsere Agrarverordnungen in den Weg gelegt wur-den. (Nicht nur keine Frderung, sondern Beschneidung ihrer ange-stammten Rechte auf jede mgliche Weise.) Alles mit dem Ziel derSchaffung groer Einheiten mit So Khen, 2.000 Schweinen, lO.oooHhnern, was uns jetzt die unsinnige berproduktion beschert hat,

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  • ~die den Steuerzahler jhrlich mit Milliarden DM belastet. Man musserlebt haben, wie z.B. einem Kleinbauern der Erwerb einer Ackerpar-zelle, die er zur Abrundung eines eigenen Landstcks htte kaufenknnen, verwehrt wurde und dergleichen auf die Ausmerzung derKleinlandwirte hinzielenden Manahmen mehr. Man muss ferner mitangesehen haben, wie schmerzvoll es fr alte Kleinlandwirte war, alsder Hndler ihre letzte Kuh aus dem Stall holte, weil die Jungen dieArbeit auf der eigenen, kleinen Scholle, die die Familien durch vieleGenerationen ber alle schweren Zeiten hinweggefhrt und ernhrthatte, nicht mehr mitmachen wollten.

    4. Ein ganz wesentlicher Grund ist ferner die Arbeitsberlastung derFrauen in kleinen Betrieben. Durch eine Verminderung bzw. Halbie-rung der Arbeitszeit des Mannes wrde die Frau bedeutend entlastet.In Bezug auf Punkt 3 beginnt man endlich ein wenig umzudenken. Essollen jetzt Frderungsmanahmen auch fr kleine Einheiten ergrif-fen werden. ber deren gegenwrtigen Stand informieren die Land-wirtschaftsmter der einzelnen Landkreise.

    Die gesamtwirtschaftliche und kologische Bedeutungder KleinsthfeSo lautete die Kapitelberschrift in der ersten Auflage. Was aber fr dieForm des Jebens'schen Kleinsthofes gilt, gilt auch fr die anderen darge-stellten Modelle. Beginnen knnte man mit der Arrondierung von Flchen,die noch von Kleinbauern in Gegenden mit Gemengelage, wie wir sie be-sonders in Sdwestdeutschland antreffen, recht und schlecht bewirtschaf-tet werden. Jetzt, wo man zunehmend erkennt, wohin der Weg mit derstndigen Aufstockung der Betriebe gefhrt hat, ist nicht einzusehen,warum man nicht, genau wie bei der Aussiedlung der Groen aus denengen Drfern, denselben Weg auch fr die Kleinen beschreiten sollte. AlsoWohnungen mit Nahrungssicherung bauen! Hier leidet niemand unter derLast unverkuflicher berschsse, unter Kontingentierungszwang,schlechten Preisen usw. So ein Kleinstlandwirt ist vollkommen autark.Der eventuelle Einwand, mit solchen Kleinsthfen Stagnation oder gar

    Rckgang des allgemeinen Gterumlaufs zu bewirken, sieht an den Tat-sachen vorbei. Es wrde damit sogar eine Belebung der Wirtschaft ein-hergehen. Heinrich Jebens, auf dessen Initiative bis zum Jahr 1953 im-merhin 169 Kleinsthfe entstanden, schreibt: .Wrttemberg als dasklassische Land der zwar berwiegend noch rckstndigen Nebener-werbssiedler hat doch alle Krisen am besten berstanden. Und wer ein-

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    mal von Kleinsthof zu Kleinsthof schreitet, wird feststellen, wie jeder der-selben eine stndige zustzliche Auftragsquelle fr die Industrie wie frHandwerk und Handel ist. Ein Etagenbewohner zehrt von der Wirt-schaft, ein Kleinsthfner mehrt sie. Angesichts dieser Tatsachen ist alsosogar die Sorge derer, fr die der mglichst starke Warenumsatz eine hei-lige Kuh darstellt, grundlos. Nichts stnde also im Wege, private Klein-bauernsiedlungen mit allen Mitteln zu frdern.Man muss sich diese Aussichtsmglichkeiten in unserer Gegenwart mit

    ihrer drckenden Arbeitslosigkeit recht deutlich vor Augen fhren. Wennein Stadtbewohner arbeitslos wird, ist er gezwungen, seinen Lebensbe-darf grtmglich einzuschrnken. Er trgt somit zur Verminderung desGterumlaufs bei. Dies macht sich heute schon teilweise bemerkbar.(Wir erinnern hier nochmals an die Kolchosenbauern in Lndern desehemaligen Ostblocks, die neben der dort so dringend erwnschten Er-zeugung von Veredelungsprodukten auch zur Belebung des Industriewa-renkonsums beitragen. Ganz abgesehen natrlich davon, dass ihnen diesdort nur begrenzt mglich ist.)Stellen wir uns nun einmal das Wunder vor: Unsere verantwortlichen

    Gesetzgeber in Bund und Lndern wrden alles daran setzen, Kleinst-hfe in groer Zahl nach der beschriebenen Art zu schaffen, deren Besit-zer nur die Hlfte ihrer Zeit fr bezahlte Arbeit zu verwenden brauchten.Einmal wrde es kaum noch Beschftigungslosigkeit geben, denn dievorhandene Arbeit wurde ja auf die doppelte Zahl von Menschen verteilt.Sollte es aber, wenn eine bis ins Letzte entwickelte Technik immer nochmehr menschliche Arbeitskraft berflssig macht, dennoch fallweise ein-mal dazu kommen, ist ein Kleinsthofbauer damit ja keinesfalls dem Elendausgesetzt: Hat er doch Nahrung, Wohnung und sein Arbeitslosengeld,das dann ruhig auch um die Hlfte reduziert sein knnte, wie es ja seinerhalbierten Arbeitszeit entsprechen wrde. Ein Idealzustand, aber beigengend Einsicht realisierbar.Viele in andere Berufe abgewanderte ehemalige Kleinbauern der jn-

    geren Jahrgnge, die jetzt auf der Strae liegen, wrden bei finanziellerFrderung sicher mit Freuden aufs Land zurckzukehren. Sie sind nachwie vor im Besitz der ntigen landwirtschaftlich-grtnerischen Kennt-nisse. Es wre daher mit ihrer Rcksiedlung keinerlei Risiko in Bezug aufevtuelles Versagen verbunden.Zu erwhnen ist dabei noch, dass die hier gegebenen Gelder, einmal

    produktiv angelegt, wenn sie in Form von Billigkrediten, wie bei der Fr-derung grerer Betriebe, gegeben werden, selbstverstndlich ja auchwieder zurckgezahlt werden.

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  • In hervorragender Weise wre aber fr eine Bevlkerungsgruppe, diesich schwer in einer Zeit mit viel Arbeitslosigkeit in die Industriegesell-schaft eingliedern lsst, der Kleinsthof uere und innere Rettung. Eshandelt sich um die groe Zahl der Volksdeutschen, die nach dem letztenKrieg, besonders aber um die, die in den letzten Jahrzehnten nachDeutschland kamen. Sie haben in den Ostlndern fast ausnahmslos inden Kolchosen gearbeitet und daneben ihr kleines Stck Privatland ge-nutzt. Letzteres gilt vor allem fr die Rckwanderer aus der ehemaligenSowjetunion. Alle sind aber an ein einfaches, bedrfnisloses Leben ge-whnt. Das Schlimmste ist nicht einmal, dass sie in der Industrie oft keineArbeit finden und von der Sozialfrsorge leben mssen. Nein, es kommtoft zu einer seelischen Verzweiflung bei diesen Menschen und die Befra-gungen ergeben, dass sich manche sogar wieder in ihr Land zurckseh-nen. Diese durch Armut geprgten Menschen knnten nahezu ganz vonden Ertrgen eines Kleinsthofes leben.Auf alle Flle fiele es ihnen leichter als dem Groteil derjenigen, die

    schon einmal vom Wohlstandskuchen gekostet haben. So sagte doch einalter Bauernfhrer einmal: Der Sprung vom Misthaufen herunter istleichter als hinauf, Den Rckwanderern aus den Ostlndern gegenberhaben wir eine groe ethische Verpflichtung. Bei ihnen herrscht auchneben einer ungebrochenen buerlichen Grundhaltung Kinderfreudig-keit und Lebensbejahung - Eigenschaften, die unser Wohlstandsstaat ab-gebaut hat und deren Fehlen ja jetzt unseren Bevlkerungspolitikern Sor-gen macht.Nun noch ein wichtiger Hinweis: Inhaber landwirtschaftlicher Voller-

    werbsbetriebe sehen sich von Jahr zu Jahr einem stndig steigendenLeistungsdruck ausgesetzt. Das betrifft sowohl die noch halbwegs ren-tabel wirtschaftenden Grolandwirte, als auch (in noch strkerem Mae)diejenigen, die unter ungnstigen Bedingungen arbeiten mssen.Um den Betrieb ber Wasser halten zu knnen, sehen sich die Inhaber

    daher gentigt, permanent gegen alle Regeln einer naturgerechten Bo-denbewirtschaftung zu verstoen (Monokulturanbau, unmig treiben-de Dngung, ohne Rcksicht auf das Naturgleichgewicht angewendeteSchadensbekmpfung, Ausruberung der Landschaft durch Beseitigungvon Hecken und Feldgehlzen u.a.).Zwar werden alle Manahmen dieser Art auch von offiziellen Stellen

    als kurzsichtige Praktiken erkannt, da sie das Kapital, das durch einepflegliche Behandlung der Bden durch Jahrhunderte hindurch geschaf-fen wurde, in immer rascherem Tempo aufzehren. Aber diese Einsichtenhaben bisher noch zu keiner sprbaren nderung der Bodenbebauung

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    r'

    gefhrt. Beweis: Nur knapp ein Prozent der angebauten Flche der altenBundesrepublik wird alternativ bewirtschaftet. Und dies trotz der be-kannten Tatsache, dass hunderte biologischer und biologisch-dynami-scher Betriebe sich oft durch viele Jahrzehnte nicht nur behauptet, son-dern auch eine zufriedenstellende Rendite erwirtschaftet haben. Nunkommen einem Nebenerwerbslandwirt zwei Faktoren zu Hilfe, die eineUmstellung auf ein naturnahes Arbeiten plausibel machen:Da es sich immerhin herumgesprochen hat, dass die ohne fragwrdige

    Chemikalien gezogene Nahrung einen hohen gesundheitlichen Wert hat,wird man es sicher schon im eigenen Interesse tun.Zum zweiten steht dieser Landwirt, wie schon erwhnt, unter keinemLeistungsdruck, denn das Bargeld kommt ja zum groen Teil aus seinerHalbtagsbeschftigung. Er muss also nicht unter allen Umstnden auf Ge-winn hin arbeiten. So drften also Informationen ber eine kologischrichtige Bodenbebauung bei Nebenerwerbslandwirten kaum auf taubeOhren stoen. Das lebhafte Echo bei Selbstversorgergrtnern, die fr deneigenen Bedarf anbauen, beweist dies ebenfalls.

    Was spricht fr die Errichtung von grtnerisch-landwirt-schaftlichen Nebenerwerbsstellen?In unserer Zeit mit ihren vielfachen Nten sollte jede Aktion, eigentlichauch alles Geschriebene, darauf ausgerichtet sein, alles zur Rettung bzw.Gesundung beizutragen. Versuchen wir diese Nte noch einmal kurz imHinblick auf den vorgebrachten Kleinsthof-Vorschlag zusammenzufas-sen:1. Die gefhrdete NaturIm Hinblick auf die kologischen Probleme ist der Beitrag der Kleinsthof-idee vor allem darin zu sehen, dass bei einer erheblichen Verkleinerungdes Monokulturanbaues mit seiner den Boden ausbeutenden Fruchtfolgeund seiner massiven Pestizidanwendung ein gnstiger Einfluss auf dau-ernde Fruchtbarkeit und Bewahrung des Naturgleichgewichts, besonderswas die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt betrifft, verbunden wre.Oder nehmen wir die heute zur akuten Gefahr gewordene Anreicherungdes Grundwassers mit Schadstoffen, vor allem mit Nitraten. Diese entste-hen vornehmlich bei Monokulturen mit deren intensiver Dngung.

    2. Die Flucht aus der LandwirtschaftBei Fortsetzung der Entwicklung auf den Einmannbetrieb muss der An-teil der landwirtschaftlichen Bevlkerung von jetzt knapp ber zwei Pro-

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  • zent zwangslufig noch weiter zurckgehen. Bei Schaffung von Nebener-werbsstellen setzt die entgegengesetzte Richtung ein.

    3. Die geistig-seelischen Nte der einzelnen Menschen, besondersder JugendDurch die Arbeit in der Natur lernt der Mensch wieder echte Lebens-werte kennen und wird weitgehend bewahrt vor den Ausartungenun-serer Zivilisation in Form von Missbrauch der Freizeit, Drogen-sucht u.a.4. berwindung des egoistisch-materialistisch orientierten Wirt-schafts- und ZusammenlebensBei einer Gruppierung mehrerer Nebenerwerbsstellen kann sich ein aufechte Brderlichkeit ausgerichtetes Zusammenwirken entwickeln, dasaber die Freiheit des Einzelnen, da er ja selbststndig arbeitet, nicht ein-schrnkt.

    Wie steht es mit einer mglichen berproduktion?Diese Frage knnte angesichts der Tatsache, dass berall dort, wo vieleHnde am Boden ttig sind (siehe die bekannte Mehrerzeugung auf demPrivatland in den ehemaligen Ostblocklndern, besonders in der ehema-ligen UDSSR), die Erzeugung ansteigt, Anlass zur Furcht vor berpro-duktionen geben. Wir drfen uns hier in keiner Weise durch die heute zurLast gewordenen berschsse auf dem europischen Agrarmarkt irritie-ren lassen.Abgesehen davon, dass weltweit zu wenig statt zu viel erzeugt wird,

    kann die Ernhrungssituation auch in Europa bald einmal sehr ernstwerden. Wer garantiert uns, dass angesichts der steigenden Unsicherheitder klimatischen Bedingungen, der Umweltzerstrung usw. die Nah-rungsbeschaffung fr die Zukunft gesichert bleibt?Nicht nur in Afrika, sondern auch in weiten Gebieten Sdeuropas

    wuchs in den vergangenen Jahren durch die Drre so gut wie nichts. AusGegenden, wo der Wald stirbt, mssen die Menschen zwangslufig ab-wandern (siehe Erzgebirge). Dort versiegen nicht nur die Quellen, son-dern es kann auch nichts mehr angebaut werden. Der Boden versteppt.Wenn nun - was wir ja nicht hoffen - nach der Meinung der Expertenbald kein Wald mehr da sein wird, braucht sich niemand mehr Sorgenwegen berschsse zu machen. brigens hufen sich die Meldungenber Bodenzerstrung, Schwinden der Humusschicht, Erosion usw. auchin unserem eigenen Lande immer mehr. Man kann die Abttung der le-

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    bendigen Schicht unserer Bden am besten an den hufigen ber-schwemmungen (siehe die Hochwasser der letzten Jahre) feststellen.Selbst nach migen Regenfllen treten Bche und Flsse ber die Ufer.Die Bden knnen kein Wasser mehr speichern, die Verbindung nachunten ist unterbrochen und so trgt das Wasser die obere Bodenschichtimmer mehr ab. Oder denken wir an die von Jahr zu Jahr steigende Un-sicherheit im Wettergeschehen. Eine mehrwchige Regenperiode in derErntezeit kann smtliches Getreide in Mitteleuropa zum Auswachsenbringen. Das sind alles gute Grnde, sich nicht vor zu viel Gaben desHimmels frchten zu mssen.

    Die Chancen fr UnternehmerHier gilt es einen Gedanken zu ueren, der bisher von Wirtschaftspoliti-kern und -planern noch so gut wie gar nicht ins Auge gefasst wurde: In-dustrie und Landwirtschaft haben ihrer Natur nach gegenstzliche Inter-essen. In Wirtschaftsdiskussionen und auf der politischen Bhne tritt diesimmer wieder zutage. Das muss aber durchaus nicht so bleiben. Hierkann die Industrie etwas fr den Landbau tun, das ihr in der Folge wiederzugute kommt. Wir wissen: Ein groes Heer Arbeitsloser belastet schein-bar nur den Staatssckel. Aber die dafr aufgewendeten Gelder mssen jadurch die Steuern hereingebracht werden. Und wer anders als die Indu-strie ist der Hauptsteuertrger? Ihre wohlwollende Haltung in dieserSache bewirkt durch steuerliche Entlastung auch ihre eigene Sanierung.Was also von Unternehmern erwartet wird, ist die Bereitwilligkeit, in

    ihren Betrieben Teilarbeitspltze zu schaffen. Diese Mglichkeit wird inWirtschaft und Politik immer noch viel zu zgerlich diskutiert. Natrlichwird das in den einzelnen Branchen bzw. bei den einzelnen Arbeitsgn-gen nicht berall gleichmig und ohne weiteres eingerichtet werdenknnen. Aber es ist sicher hier vieles machbar, und wenn berall alleMglichkeiten ausgeschpft wrden, drfte das Gesamtangebot an Halb-zeit-Arbeitsteilen im Ganzen doch recht bedeutend sein.Fazit: Ohne ein ttiges Mitwirken durch industrielle und andere Unter-

    nehmer ist mit der Idee von Kleinstellen nichts Durchgreifendes zu ma-chen. Wenn die Institutionen und Einzelpersnlichkeiten, die hier etwas be-wirken knnen, ernstlich an die Realisierung herangehen, braucht uns umunsere Zukunft nicht bange sein. Dann kann uns keine Krise mehr etwasanhaben. Denn dann knnen Erschtterungen von Wirtschaft und Gesell-schaft nicht eintreten, weil ihnen jeder Boden entzogen ist.

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  • Das gilt besonders fr die meisten Lnder der so genannten Dritten Welt,aber sicher bald auch fr uns. AufAuslandsmrkte drfen wir uns in Zu-kunft nicht verlassen. Was wir ihnen heute liefern, sind hochwer-tige In-dustriewaren und eine hochentwickelte Technologie. Damit zie-hen wiruns aber unsere eigenen Konkurrenten heran.Wer als Industrieller wirklich auflange Sicht vorsorgen will, muss jetzt

    schon auf Strkung des Inlandsmarktes hinarbeiten. Dazu kann die hierangeregte Initiative sicher viel beitragen.

    Was kann getan werden?Es sollten in jedem Bundesland ein oder mehrere Modelle fr die Ver-wirklichung der Idee geschaffen werden. Auer der Nutzbarmachung desstellenweise reichlich vorhandenen Brachlandes wre zu berlegen, ob,wie Heinrich Jebens am Schluss des Kapitels (S.22) vorschlgt, einige freiwerdende Bauernhfe, die gegenwrtig wegen Todesfall, Fehlen vonErben, Verschuldung und dergleichen vereinzelt zur Verfgung stehen,aufgesiedelt werden knnten. Hufig findet sich angesichts der immerschwerer werdenden Existenzbedingungen kein Kufer, der im bishe-rigen Stil weiterwirtschaften will. In erster Linie kme natrlich die Zu-sammenlegung der berall in den Gemeindegemarkungen verstreut lie-genden Kleinparzellen in Frage. Man rede hier nicht von einer drohendenZersiedlung unseres eng gewordenen Lebensraumes. Was ist besser:Viehlose Getreide- und Rben-Monokulturen, Stlle mit tausenden vonMasttieren, die ganze Gegenden verstinken usw. oder die Durchsetzungder Landschaften nicht nur mit aus der Not geborenen Selbstversorger-grten, sondern mit lebensfhigen Klein-Landwirtschaften, wie sie anHand der vier hier geschilderten Mglichkeiten, zwischen denen es nochandere Varianten gibt, dargestellt wurden?Leider muss befrchtet werden, dass in den nchsten Jahren abermals

    zahlreiche kleine und mittlere Betriebe aufgegeben werden. Zusammenmit der nicht aufzuhaltenden Rationalisierung im Industriesektor, bei derBrottigkeit und dergeichen muss daher zwangslufig die Arbeitslosig-keit steigen. Mit der Halbierung der Arbeitszeit, ermglicht durch Eigen-versorgung, haben wir, wenn auch nicht das einzige, so doch sicher daswirksamste Mittel in der Hand, den unabsehbaren Folgen dieser Ent-wicklung vorzubeugen.Diese Schrift will nicht in erster Linie als eine Anweisung fr die Ge-

    staltung von Kleinsiedlungen verstanden werden. Siewill vielmehr zu In-itiativen in dieser Richtung auffordern. Planungen zu einem Zurck zu

    40

    .1

    ~

    kleinen Einheiten ohne die gleichzeitige Inangriffnahme der Halbzeitbe-schftigung locken keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Deshalb wendetsich die Broschre wohl an siedlungswillige junge Menschen, die sichvom Thema direkt angesprochen fhlen, aber gleichzeitig auch an allediejenigen, die bei Planungen etwas zu sagen haben, wie z.B. an Land-wirtschaftsmter, Brgermeister, vor allem natrlich an groe und kleineUnternehmer, Angehrige aller politischen Fraktionen in Gemeinden,Kreisen, Lndern und in Bonn bzw. Berlin. Diesen allen msste sie in dieHand gedrckt werden. Desgleichen sollte in der Presse, auch in der lo-kalen, sowie in den Verkndigungsblttern der Gemeinden darauf hinge-wiesen werden. Wenn die Sache nicht bekannt wird, kann es nicht dazukommen, dass von den verschiedensten Stellen, die dabei aktiv werdenknnten, etwas in die Wege geleitet wird.Deshalb die Bitte: Helfen Sie alle mit, dass man berall Notiz davon

    nimmt. Vor allem mssten Handwerks- und Industrieunternehmer ange-sprochen werden. Wenn