40
7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977 http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 1/40 illustrierte istorischeefte t 4 W

Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 1/40

illustrierteistorischeefte

t

4

W

Page 2: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 2/40

DieStundederEntscheidung

istdoFreitag, 7. Oktober 1949. In vielen Städten undGemeinden zwischen Rostock und Suhl begabensich im Morgengrauen dieses Tages Abgeord-nete des Deutschen Volksratesauf die ReisenachBerlin - beispielsweisen Oelsnitzder Bergarbei-ter Adolf Hennecke, in Bärenklau die BäuerinBerta Bähr, in Schwerin der Domprediger KarlKleinschmidt. Eine solche Fahrt lvar

einkleines

Abenteuer. Der größte Teil der Autos, die zurVerfügung standen, hatte eigentlich längst aus-gedient, und man mußte mit Pannen rechnen.Die Straßen waren schlecht, die noch in den letz-ten Kriegswochen von den Faschisten gespreng-ten Brücken erst notdürftig repariert.Mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte auch dieDeutsche Reichsbahn. An hochwertigen Kohlenherrschte bitterer Mangel. Seit dem Frühjahrfuhren die Züge zwar wieder mit Innenbeleuch-tung, die Fenster waren verglast oder mit Igelit-platten versehen, und die Abteile wurden, wennnötig, sogar beheizt; aber trotz aller Anstrengun-gen der Eisenbahner kam es auf den vielen ein-gleisigen Strecken sehr oft zu großen Zugverspä-tungen.Aus all diesen Gründen hatte das Präsidium desDeutschenVolksratesden Beginn der 9. Tagungdes Volksrates auf die Mittagsstunden gelegt.Wer am Morgen des 7. Oktober zum ,,NeuenDeutschland" griff , erfuhr schon von dem bevor-stehenden großen Ereignis. ,,Tag der Geburt der

Deutschen Demokratischen Republik. Die Weltblickt auf Berlin", laurere die Hauptüberschriftan diesem Tage. Auch die ,,Tägliche Rund-schau" informierte ihre Leser über die Bedeu-tung der Tagung, der die Mitglieder des Deut-schen Volksrates an diesem Morgen entgegen-fuhren. ,,Das deutsche Volk formt selbst seinSchicksal", konnte man auf ihrer ersten Seitelesen. I iBerlin U"t äÄAnblick einär

Stadt. Wohin

Aufbauhelfer. Plastik von Fritz Cremer

z

diesem Herbsttag noch immer denvom Kriege schwer gezeichneten

das Auge blickte - Ruinen, Schutt-

. * : . ;E

Page 3: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 3/40

ed.n d.rTrru.s h 2Uh ß sro&n .fut d.r&urd.n wtrd&moßion,Einsr,rwitHd.&

TACESORDNUNG

l. Mmile& da Natiooal€n Frcnt ds dmol.atir&a DdbÄtatrd

2 Se[untnahDc zu politisdm kge

und Bearng da a etgr.if€add Maßlaümo

undndk d $luß d., Vdb.ep.r 6& dj. ga.F & &b.@dtra d

s E D f u n E q & & & . v o h

CDU 'n tusddhdawi . f f i&d .h6d4D

L D P iß Ss & tud.. vdb.ra A66a {@

N D PD in hq ds ftll& volbq Zffi sol

D a D in tuu d6 e &6 volbr.6, Zi6'd $6

F D G A

F D '

D F D

in kud.r D d6 wid&tußidd, zo4 SD

im H.ud- tuutu votbü, Ziie &O

i6 H.üd6 D.üt& vdk ...zi^i.r 4s

in Hru dd h.& vdh..a Zi^w 3137

tuoardn . iD H.u &r &lrtu wd.tulo66hd, Zin|q 126l

SP D iB H.q d.r &ud.r Wiffibnnido, Zfltur 116l

in Hrud6 (uLubundd,Jirdn& 2

l5 Uhr im Kaino ll und Ill derDeu&drcn Wißö.Itslomo;ßiodrC.m.ineD6lliuscsn

16 Uhr Ncu. Tesün8 im Feß..l dc. De ßdcn wißdutulonnis ion

i l

I

9.TAGUNGDES DEUTSCHEN VOLKSRATES

A M FRE ITÄ C, DE M 7 , O K TO B E R I949

Trümmerfrauen in der Berliner Friedrichstraße, Ecke Unterden Linden

berge aber auch Gerüste. 20 Millionen Kubik-meter Schutt hatte der faschistische deutscheImperialismus den Berlinern hinterlassen. 1949

waren - vor allem von den fleißigen Trümmer-frauen - 5 Millionen Kubikmeter weggeräumt.Der Wiederaufbau der Stadt stand noch am

Anfang. Wiederhergestelhe Gebäude, z. B. derS-Bahnhof Friedrichstraße, leuchteten auf die-sem grauen Hintergrund besonders hell undneu,Zu den wenigen Bauten im Städtzentrum, dievon Bomben und Granaten verschont gebliebenwaren, gehörte der Gebäudekomplex des ehe-maligen Reichsluftfahrtministeriums, das heu-

tige Haus der Ministerien in der LeipzigerStraße. 1949 hatte dort die Deutsche Wirt-schaftskommission ihren Sitz. Im großen Festsaaldieses Hauses fand die bedeutsame 9. Tagungdes Deutschen Volksrates statt.

Gegen 10.00 Uhr trafen die ersten Abgeordne-ten am Tagungsgebäude ein. Die fürdenorgani-satorischen Ablauf der Tagung verantwortlichenMitarbeiter des Sekretariats des DeutschenVolksrates waren schon seit dem frühen Morgen

an ihrem-Platz.Nach und nach erschienen Journalisten des In-und Auslandes, um erste Eindrücke und Nach-richten zu sammeln. Die Mitarbeiter der DEFA-Wochenschau bauten ihre Scheinwerfer undKameras im Sitzungssaal auf, aber auch Ka-meraleute westlicher Filmgesellschaf ten bereite-

7\a

ten sich auf die kommenden Ereignisse im Saalvor. Es herrschte gespannte Erwartung. So man-cher Berichterstatter westlichär Nachrichten-agenturen, Zeitungen oder Rundfunkstationenbetrachtete die Vorgänge mit einigem Hoch-mut, weil er tlie Tragweite der zu erwartendenEntscheidungen gar nicht begriff.Je näher die zwölfte Stunde rückte, desto mehrMenschen blieben vor dem Tagungsgebäude

Page 4: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 4/40

w.

den Saal und stellten sich, weil sie keinen lrerenStuhl mehr fanden, im Hintergrund auf. DieTüren wurden geschlossen, die Stenographennahmen ihre Plätze ein. Scheinwerfer flammtenauf. Kameras surrten: Wilhelm Pieck eröffnete I

die 9. und letzte Sitzung des Deutschen Volksra-tes.Im Mittelpunkt der Tagung stand der Bericht

Wilhelm Piecks zur politischen Lage.Die Welt hatte seit Beendigung des zweitenWeltkrieges eine stürmische Entwicklung erlebt.Mit aktiver Unterstützung der Sowjetunion wares den Arbeitern und anderen fortschrittlichenKräften in einer Reihe von Ländern Europas undAsiens gelungen, Monopolkapitalisten undGroßgrundbesitzer zu entmachten und die Re-gierungsgewalt in die eigenen Hände zu neh-men. Sie folgten damit dem Beispiel, das die

,tf

Der DeutscheVolhsrat uar das eitende Organ der Volkshongrepbe-

uegung. Dieseantiimperialistische l olhsbeuegung ntstand 917 im

Kampf gegen die drohende Zerreipung Deutschlands, für einen

grr,,ihtnn Friedensuertrag und d,ieSchat't'ungeinesdemohratischen

und friedliebentlen deutschenStaates.Der 3 . DeutscheVolhshongrep

tagteam 29 . und 30 . Mai 1919 in Berlin. Seine 016 Delegerten

aus allgemeinen, direhten und geheimenWahlen het-uorgegangen'

uählten den DeutschenVolksrat,der sith am T.Oktober1919 zu r

Prorisorischen Volkshammerumbildete Der 3 Volhshongrepnahmu. a. d,en on einerKommission usgearbeitetennd mitderBeuölke-

rung eingehend li.sltutierten ntuuf t'ür die Verf assung inerdemo-

hratischen eutschen epublihan .

stehen, um auf die führenden Vertreter derParteien und Massenorganisationen zu warten.Das Wetter war günstigan diesemTage. Von Zeitzw Zeit rissen die Wolken auf, und die Sonnebrach durch.

Der Sitzungssaal füllte sich langsam. Seine Türenwaren weit geöffnet. Junge Pioniere und FDJlerbegrüßten die eintretenden Mitglieder des Deut-schen Volksrates mit Blumen.Die führenden Persönlichkeiten des DeutschenVolksrates nahmen im Präsidium Platz - diebeiden Vorsitzenden der SED. Wilhelm Pieckund Otto Grotewohl, der Vorsitzende der CDU,Otto Nuschip, det Vorsitzende der NDPD, Lo-thar Bolz, dqi Mitglied des Politischen Ausschus-ses des Zenträlvorstandes der LDPD. WilhelmineSchirmer-Pröscher, Walter Ulbricht, stellvertre-tender Vorsitzender der SED, und eine Reiheweiterer Repräsentanten des öffentlichen Lebens.12.00 Uhr, Journalisten drängten schnell noch in

4

Vor dem Tagungsgebäude1949Delegiertenkarte JohannesVolkskongreß

am Vormittag des 7. Oktober

Dieckmannszum 3.Deutschen

Arbeiter und Bauern Rußlands im Jahre 1917gegeben hatten.Der Wunsch, daß endlich auch ein friedliebenderdeutscher Staat entstehen möge, bewegte dieMenschen vieler Nationen. Zweimal innerhalb

eines halben Jahrhunderts hatten deutsche Im-perialisten die Welt in verheerende Kriege ge-stürzt. Kein Wunder, daß die betroffenen Völ-ker, vor allem die Völker Europas, aufmerksamdie Entwicklung in diesem Land verfolgten, daßsie die Frage bewegte, welche politischen Kräftesich nun nach der Niederlage des Faschismushier behaupten und durchsetzen würden. Diefortschrittlichen Menschen Europas hofften,daß die deutschen Antifaschisten und Demo:kraten und ihr führender Kern, die revolutio-näre Arbeiterklasse, die Kraft hätten, einenfriedliebenden deutschen Staat zu schaffen.Nach der Befreiung vom Faschismus gab eskeine

deutsche Regierung. Das Land war in vier Besat-

Page 5: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 5/40

3. .D,E',?SCI ER l}0L KSKOTYGnESSlüt ili*hci; l)ettsdtlrrrrd; lrd grrrtt'/rtr:n l'rirdlrr

. J9. uni l i {}. lai 19 t9

,).er.n*.,S..rrrr'p.r . ILylia . it,,tnr'rsarh til.n:

üRÖr 'F r l : r ( i 29 . | . r t r . )49 . I0 f En

zungszonen - in die sowjetische, die amerikani-sche, die britische und die französische - aufge-gliedert. Die Besatzungsmächreübten die Regie-rungsgewalt aus und sollten für die Durchfüh-rung des Potsdamer Abkommens sorgen. In dersowjetisch besetzten Zone lag die Verfügungs-

gewalt bei der Sowjetischen Militäradminisrra-tion in Deutschland (SMAD).Die fortschrittlichen Kräfte des deutschen Vol-kes. allen voran die Kommunisten und mit ihnenklassenbewußte Sozialdemokraten und and'ereantifaschistische Demokraten aus allen Schichtender Bevölkerung kämpften nach dem 8. Mai 1945für eine revolutionäre Veränderung der gesell-schaftlichen Verhältnisse. Als wichtigstes ent-stand im Ergebnis dieses Prozesses die Sozia-listische Einheitspartei Deutschlands.Im Verlaufe eines mehr als vierjährigen Kamp-fes gelang es den Werktätigen im Osten Deutsch-lands, Kriegsgewinnler und Naziverbrecher zu

lig 102,5D r r t o r t t l € N r ( A t f l t u r

-1 ,n ' c - / . / i t c t a t f i e f l : u t t t .

$..*,;"t' .6.,* "J* /n#*r .ol*5#.d; 'Odud 5k &

Är 5 t A t s D E L E G l r n r E t

z u i l 3 . r E \ r s c H E r { o u ( s t ( o N G r E s sE S T A t l G l

- \. , , , . 1 ; i . . : :. - i r - . l . ' ,

i r , . " , ; - . ' ' . ' : : { i : : : -

Sldp d . ' s i . . to r iob Un lo ' :ö , i l td .evob iE . .d ln

.-.*ai*t-

I iFI

Blick in den Festsaal im Gebäude der Deutschen Wirt-schaftskommission

enteignen und ihren Besitz in Volkseigentumumzuwandeln. Sie schafften es, n der sowjetischbesetzten Zone die Bodenreform durchzuführenund Junkerland in die Hände der werktätigen

Bauern zu geben. Für die Kinder der Arbeiterund Bauern wurde der Weg in die höherenSchulen und in die Hörsäle der Universitätenfreigekämpft.Viele der aktivsten Antifaschisten und Demokra-ten saßen an diesem 7. Oktober im großen Fest-saal der Deutschen Wirtschaftskommission, be-reit, bedeutsame historische Eotscheidungen zutreffen.Umsichtig hatte d,ie Sowjetun[on den Werktäti-gen in der sowjetisch besetzten Zone bei ihremAufbauwerk geholfen. Ihr war es zu verdanken,daß in so kurzer Zeit eine tiefgreifende Umwäl-zung der gesellschaftlichen Verhältnisse erreicht

Page 6: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 6/40

i ;i täl

. ,Die Aufgaben. die lor uns

stehen,sind gro13. ie Art , inr l t r i t s j e ö s c t t ,s t r t l i ( t ( -

deni l f i i r cl iepol i t ische, t irr-

sciraftliche und kulturelle

Z u l u r r l t u n s e r q u l k e ' . S i eist n:icht nur abhäneig lotr

den grol}en pol i t ischen Ent-

schci.clun{en, urch die Cc-. , r i r r t e g e m x . r t w i r d . D i ,

pol i t isrhe \ l i l lensbi lclungcles )Ianrres auf der Str:rl3e.Llnseres \'olkes. rrird ir n

\vesent l ichen beeirt f lußttlur-cb ciic kleinen l)inge des

tägl ichen Lebens. Gestat tetrSie ni l d:rhcr. meitre )amettuncl FIen-en, clie Berner'-L u r r q . , l . r l i \ i r . \ c r 1 n \ i l

er{olgreictr alif tler }röhererrp , ' l i r i s , r cn L . l ) cn ( | l r

Delrtschlancl :rrbciten l"o1-icn. n ir :ht uncl niern:r lsvor-

i ibersehen diir fen an clerrkle inen uncl kle i lrsten Sor-gen ul lserer noch so sehr

rrnter der ' \ot cles Kriegcsleiderrr ien Ienschen."

F r ied r i ch Ebe l t am 12 . ( )k -

tober 1949 n clerYolkskam-rnel '

Ehrenmal in Berlin-Treptow für die sowjetischen Soldaten,

die im Kampf für die Befreiung der Völker vom Faschismus

ihr Leben ließen - eingeweiht am 8. Mai 1949.

wurde. Für den Weltimperialismus bedeutetedas: Wieder war ein Gebiet, noch dazu im HerzenEuropas, dem Machtbereich des Kapitals entris-sen worden. Fieberhaft planten in Washing-ton, London und anderswo imperialistische Poli-

tiker Maßnahmen. mit denen sie den Vormarschder Kräfte des Friedens und des Sozialismusin der Welt aufhalten zu können hofften. Siescheuten kein Mittel - nicht den Bruch vonAbkommen, nicht die Drohung mit der Atom-bombe, nicht das Risiko eines neuen Weltkrieges.In Griechenland unterdrückten imperialistischeTruppen die revolutionäre Entwicklung, in an-deren Teilen der Welt, in Vietnam oder Indone-sien. erstickten sie die antikoloniale Freiheitsbe-wegung der Völker in Blut. Auch Deutschland

wurde Ende der vierziger Jahre zu einem Haupt-schauplatz der Auseinandersetzung zwischenSozialismus und Imperialismus.Die imperialistischen Westmächte fürchteten einÜbergreifen der revolutionären Entwicklung aufdie westlichen Besatzungszonen. Sie versuchtendaher, die von ihnen regierten Zonerr, in denenebenfalls antifaschistisch-demokratische For-derungen erhoben wurden, vom revolutionärenZentrum des deutschen Volkes im OstenDeutschlands abzugrenzen. Die geschlagenendeutschen Imperialisten witterten sofort ihreChance und waren mit von der Partie. Gemein-sam mit den imperialistischen Besatzungsmäch-ten betrieben sie die Wiederherstellung ihrerHerrschaft in den'Westzonen und schließlich dieBildung eines mperialistischen Staates n diesemGebiet.Am 23. Mai 1949 trat die von den dreiwestlichenMilitärbefehlshabern diktierte Verfassung - dassogenannte Grundgesetz - in den Westzonen inKraft. Damit war faktisch ein neuer imperialisti-scher deutscher Staat in die Welt gesetztworden

- die Bundesrepublik Deutschland. Das Volkwurde dazu nicht gehört - eine ursprünglichvorgesehene Volksabstimmung über die Verfas-sung erfolgte nicht.Am 14.August 1949 fanden in der BRD Wahlenzum Bundestag statt. Am 7. September trat derDeutsche Bundestag zum ersten Male zusammenund wählte am 15. Seplember mit einer StimmeMehrheit Konrad Adenauer (CDU) zum erstenBundeskanzler - einen Mann, der auf vielfältigeWeise mit dem in- und ausländischen Monopol-

kapital versippt und verschwägert war. Damitfand die Schaffung des westdeutschen Staatesihren Abschluß. Die Spaltung Deutschlands war

Page 7: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 7/40

**ßWy*{Wb

Blick in das Präsidium der 9. Tagung des Deutschen Volksra-tes; v. r. n. l .: Elli Schmidt, Hans Reingruber, Vinzenz Müller,Käte Kern, Herbert Warnke, Friedrich Ebert. Walter Fried-rich

vollzogen. Welche Aufgabe diesem westdeur-schen Staatswesen ugedacht war, wissenwir vomspäteren amerikanischen Außenminister unddamaligen UN-Berater John Foster Dulles: ,,In-

dem es Ostdeutschland in den ]vfachtbereich desWestens zieht, kann eseine vorgeschobene strate-gische Position in Mitteleuropa gewinnen, welchedie sowjetkommunistischen militärischen undpolitischen Positionen in Polen, der Tschechoslo-

Konrad Adenauer am 23. Mai 1949 vor dem Parlamentari-schen Rat in Bonn

wakei, in Ungarn und anderen angrenzendenLändern unterminiert." Daswar ein gefährlichesSpiel mit dem Krieg. Man kann also noch heuteermessen, wie groß die Verantwortung war, diein diesen Oktobertagen auf den Mitgliedern desDeutschen Volksrates ruhte.Das, was die Werktätigen in der sowjetischenBesatzungszone in schwerem Kampf geschaffen

hatten, befand sich n Gefahr. Wenige Jahre nachBeendigung eines grauenhaften Krieges war derFrieden erneut aufs äußerste bedroht. Die Men-schen aber sehnten sich nach einem dauerhaftenund gesicherten Frieden. Briefe und Resolu-tionen an den Deutschen Volksrat brachten daszum Ausdruck. ,,Deutschland braucht eine Re-gierung, die für die Erhaltung des Friedens ein-

Page 8: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 8/40

,\i i){J 0::1t r.ks.- Deutsche post

YäFi+'1.

0rr :1:LiGScH\Fr DLS BRNDENgLiRGERRA{J0*B i l l fRl{fsHA T

, ) iS .: :) i3, i f : iZTI Vf iTRAtJEN AII D€N :SSCHLUESSEN D:S .I ä

verständnissesvon den Plätzen erhoben, war derWeg zur Gründung eines deutschen StaatesderArbeiter und Bauern frei. Der Deutsche Volksratbeendete seine Arbeit mit einem Beschluß vongroßer historischer Bedeutung. IIn den späten Nachmittagsstunden des 7. Okto-

ber begann nach einer längeren Pause die erste

Sitzung der nunmehrigen Provisorischen Volks-

kammer. Ihre internationale Bedeutung wurde

,1uJ B csc uJ)de i nt Dent k at srh n B ht k uereinigtettP arte en u.n.d

)I assenorgani..sal,oncn'anden d e trsten Volhshammeruahlen mI 5.Oktoher1950 natt. Ilis zu drcscm citpunkt hueirhnetensith, ie

191c)gcb dc rr S uu so go nc u s lt r or sori.s tt

'EhPFLIcHTrt slci a$acH €rD: TSC:lti i vcLls;:l ;Tf,S Ui{D VERvFLICHTFT jluH uu{LH -

JfJ:.i [Rrr1LUJil l l l l$ lsAKloR;ttr*RTlGusGD$ Bg {tls li Y

it{i{i l :ä l"sAFT elj fl [F{RN ' Dli BqL DqS 83ÄNDSI'l iUStiR

Irl$J Ri:tr.d$x[s +

I;*'.; ' l

t lI . , a ' & i s . 9 d a .4 ' d r . , 4 ' 8 . s { ,

PROYISORISCHEOTKSKAMME

DERDEUTSCHENEMOITRATISCHENEPUBLIK

1. (konstituierende)itzung Freitag, en 7. Oktoher1949

tritt und nicht für den Krieg arbeitet", schriebendie Arbeiter des Elektrochemischen Kombinatsin Bitterfeld. Hunderttausende aus anderenBetrieben waren derselben Auffassung. DieParteiführung der SED hatte sich gründlich mitder durch die imperialistische Spaltungspolitikentstandenen neuen Lage befaßt. Ausgehendvon den Forderungen der Werktätigen hatte siesich an alle Parteien und Massenorganisationengewandt und vorgeschlagen, in der sowjetischbesetzten Zone einen friedliebenden Staat derArbeiter und Bauern zu gründen; er sollte dieErrungenschaf ten der antif aschistisch-demokra-tischen Umwälzung sichern und mit dem werk-tätigen Volk unter der Führung der Arbeiter-klasde eine Zukunft ohne Wirtschaftskrisen undKrieg gestalten. Es war der SED gelungen, breiteKreise der Bevölkerung für diesen Schritt zu ge-

winnen,Auf der 9. Tagung des Deutschen Volksratesbrachten die Parteien des DemokratischenBlocks (SED, CDU, NDPD, LDPD, DBD) sowieFDGB, FDJ, DFD, Kulturbund und andereOrganisationen eine gemeinsame Gesetzesvor-lage ein: ,,Der Deutsche Volksrat erklärt sich zurProvisorischen Volkskammer im Sinne der vonihm am hig. r.larz tg+9 beschlossenen, vom3. Deutschefi Volkskongreß am 30. Mai 1949bestätigten Verfassung der Deutschen Demokra-

tischen Republik."Als Wilhelm Pieck diesen Antrag verlas und sichalle 330 Abgeordneten zum Zeichen ihres Ein-

8

unterstrichen durch die Anwesenh'eit des poli-tischen Beraters der Sowjetischen Militärad-ministration, W. S. Semjonow, der den Rangeines Außerordentlichen und BevollmächtigtenBotschafters der UdSSR bekleidete, seinesStell-vertreters sowie der Chefs und Mitarbeiter derbulgarischen, jugoslawischen, norwegischen,polnischen, tschechoslowakischen und un-garischen Militärmissionen in Deutschland.Ebenfalls anwesend war der stellvertretendeAu ßenminister Bulgariens.Obwohl sich dieselben Menschen versammelthatten, die wenige Stunden zuvor so bedeutendeBeschlüssegefaßt hatten, breitete sich doch einetiefe Ergriffenheit aus, als Wilhelm Pieck dieerste Parlamentssitzung eines deutschen Arbei-ter-und-Bauern-Staates eröffnete. Viele vondenen, die im Saale saßen, hatten ihr ganzes

Leben für diesen Augenblick gekämpft. Siewaren durch faschistische Zuchthäuser undKonzentrationslager gegangen, hatten in derEmigration gearbeitet oder in tiefer Illegalitätgelebt und gekämpft mit der festen Überzeu-gung, daß ein solcher Tag kommen würde. Erin-nerungen an die toten Kameraden wurden wach.Was hätte wohl Ernst Thälmann gefühlt in dieserStunde? Die Liste der Ermordeten, Erschlagq-

Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands ist geschaf-

fen.Die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien am 2l.April

1946 ebnete den Weg zur Gründung des ersten deutschen

Arbeiter-und-Bauern-Staates.

Page 9: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 9/40

Page 10: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 10/40

nen, zu Tode Gefolterten war lang. Doch derBlick der Lebenden war nach vorn gerichtet, weilnur so das Vermächtnis der Opfer des Faschis-mus. nur so die historische Mission der Arbeiter-klasse erfüllt werden konnte. Neue schwereAufgaben galt es zu lösen, und der imperialisti-sche Gegner ruhte nicht.Mit einprägsamen Worten zeichnete Wilhelm

Pieck den Weg, der zu gehen war: ,,Nun wachsendie Bäume der imperialistischen Mächte nicht inden Himmel, sondern es steht ihnen das großeFriedenslager entgegen. Es ist die Aufgabe desdeutschen Volkes, sich in dieses Lager einzurei-hen und zusammen mit den Kräften, die in die-sem Lager einen entscheidenden Einfluß haben,für den Frieden der Welt zu kämpfen." Auf dieLage in der jungen Republik verweisend, er-klärte er: ,,Wir geben uns keinen Illusionen hin.Wir haben große wirtschaftliche Schwierigkeitenzu überwinden, die um so größer sind, alsDeutschland zerspalten ist und die Bemühungenzur Flerstellung wirtschaftlicher Beziehungenzwischen dem Osten und dem Westen von denwestlichen Besatzungsmächten erschwert wer-den. Es ist deshalb auch notwendig, engste wirt-schaftliche Beziehungen mit der Sowjetunionund den uns befreundeten Völkern der Volks-demokratien herbeizuführen, um im Austauschder Produkte uns gegenseitig zu helfen, um daszu ersetzen,waswir aus eigener Produktion nichthaben, und andererseits den Ländernzu helfen

mit dem, was ihnen von uns gegeben werdenkann." Der erfahrene Funktionär der Arbeiter-bewegung wußte, nur Solidarität übend undSolidarität empfangend, konnte die junge Repu-blik voranschreiten.Die Provisorische Volkskammer hatte in ihrerersten Sitzung wichtige staatspolitische Be-schlüsse zu fassen. Zunächst wurde der Präsi-d.ent gewählt und das Präsidium bestätigt.Einstimmig fiel die Wahl auf Johannes Dieck-mann, den sächsischen Justizminister und stell-

vertretenden Vorsitzenden der Liberaldemokra-tischen Partei. Dieckmann, ein aufrechter Demo-krat, der zu den Mitbegründern seiner Parteigehörte, zeichnete sich besonders durch seineaufrichtige freundschaftliche Haltung zur So-wjetunion aus. Er war auch 1947 an der Grün-dung der Gesellschaft für Deutsch-SowjetischeFreundschaft beteiligt. 20 Jahre lang - bis zuseinem T"d-b 1969 - übte er das hohe Amt desPräsidentert' der obersten Volksvertretung aus.Nach der Bestätigung des Präsidiums, dem

Hermann Matern (SED), Hugo Hickmann(CDU), Jonny Löhr (NDPD), HerbertHoffmann(DBD), Erich Geske (SPD), Friedel Malter

l 0

hokeB:t le l : . 2 .

. lC€dsl,r6qlr aatßB al1er "*.lrtiö an

d6r Pr{16ör a.hrn TolkgL@er

Itlc Proylar:6*h€ yolksk@ü eQSo tolg"ad€6 €aso {

beac h l t as s ea r

q a a a t t

übot die ltotioq.leche legloee del tatrt$sile[

nctrotrrst isaha '\6su 1ik

n r t l k e l I

Bis dr aahl rt6 Yrlk€kMat qi {i in3 PiovLsorisnlF

Sqgtesrrg Eoblldet' lil v€1oh6 dit 3.6t1@agen der

yod ttsutdöie volksst s lt. IEr 1949 b€sqhLoae tr9n,

vrin ritteo lsütsch3 To1k€kong?.s6 M t0. ;le t?4'

b.Btätlgt€n tetl6aung dar ttutsalen Dsdoldatlachsd

{oFulttlk r*lt€n.

Att ikeL 2

lxt Froylsorlache llsgi.geag dsr Oauttchar tlenck &

tlscher qepubl ik i€stoht aue dEn Utt i* terp"ü$ldetten'

dt.i stellrortr€tsrn tlos lillristotnräaidsnte. ud

yielzchn PaohnlDistefr . Dle 134\s: n1$ 9 1ei lotr

Solgonde xi.a:stßrian: .

' t . y inlst.r lun f i l r tusE:i rt tgo i lnSolegsahel ten2. t j iniat* l ie i les Innern

1. l i inl$tel iui l f : i r l ' lBlutrg

{. Xi l iato"l im dcr l instrter

t , Xiaisteriun fü I trdatrte

6, l{ioiste"iw 3üt Isnd' rmd 9otstrirl$elsit

?, t{iEistef,iun für itr$se{hßdol {{d llet€liah*t-9Ol8un8

Ilandal trid Yrrsor :utg

,: bsi \üd te$undircitasoösn

Yorkshr

iost- :rral i rerrdeldels96u

BÖr1ld, deD , .?. c&tobet 1949

$ini . ] i re i .e {i i

ldinisteriun f i i f

Hiris t t t iua l i i r

  : lnisLe? un fi i

12. lJinistoriu fit A{löe

1r. xirlrterlug ftt? Yo1ksbl1d6g

14. ItLr{sterluq dor Jultlr.

Altlktl :

tx.osrE 6ds6t9 ttttt ,ft aglqtt rrFlm9 ta gtaf . ,t titd

roo Pt&td6nton d€r Prdtrorlsohol Yolkskwd aweg,elat-

tiAt ud rslki,tndot.

?rdi9ori3eb6 Yo].kgPi:eg

det

D€utgchen D6@kra t 6ohen Ra lub l tk

SBD

T'P

cvJ

rD?

tori

i{ir dl.€ aogi*1do6ekFtteoh.a Xltil.i€d.d€9 Aesea

F'G'

rrJ

'r't

tqltnrbuad sa dondlc.,rnqrenn€ lreutschlandt

VrtgB

6erosserachaft

B o - l i n . , l a n ? . O k t o b * " 1 ] 4 ' )

t}.r Prärid@t do Ptriaolidohst totksi.Met

d6r Diltaoh.n lrüokr;tlsqhiB napublr.k

-{vl{

Page 11: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 11/40

*

4'\

\&

Konstituierende Sitzung der Provisorischen Volkskammer;

v.l.n.r.: Erich Geske, Herbert l{offmann, Friedel Malter,

Jonny Löhr, Johannes Dieckmann, Hermann Matern

Überarbeitungsvorschläge Johannes Dieckmanns auf einemGesetzesentwurf

Frallmrla&r lcllrlüR6

llodih{ü üsurf,rrlhüai f,ürxll

liemclßanrr Änlrüg ll8 fmktioncnder Proylrori*eharolkrkrnncr

Dio P.neds&e l"ü* IM{ ds€ ldpd6 cek b

tdrsk* .N{ | l aa lnrtti

V o m . . , O t l & 1 9 9 ,

/iao,11.-2. ' c,(l) üe/(ür.b.n & Vödrdnd.n d ds $h"bn.B der

hüt*.rwl &l6kö6Ekio l& di sNJeMe ae$usp

 6. 8eh*a aul db ?elbde le$erunß det &uden &mG

t.sb$€n koub$ uber,

Ol Die &üplvcNd{ugen dq &uS6 W{c&.f$a-

hisl$ lü. dtd soNjlrl$. 8*gu $.one *ds mi ü.e. A l

g.hn ln üe Sllisrerieä dE kuMd D.nol. nd.. Scpubllt;i edlspr.den&d tu6ut$b$.id w.4?42'24.

{3} Dic h8d4 Ve*rllug tu lme* h de. tNje@6genlrer*sode &uNlndq die tuot$. V.sdllq tft volky

blldung und dia &u& J *ttvesrl lq d.. sowjeGes Ae .

$tunÄ*ore ir &u$lsd w.rds mi in& Ä lg.h tn die.51-

.rßSends SinBb.@ & DeSeü Dmd.ltd.d Reiehük

\iaera4/t&ri"2/Z ,

{ } A1l. roßd€m d{Se r.nrls Vetr.l&t3$t8.he md ll.

sonstiglo dcu$irn zonll.d E.ri&t 4otr ir &r soljdisd Nu-

t.n Zooe {üd$ den sdid:lsMisen Urnisrernrn d.. bur$t.

tthrkati ü tr A.tublik unE shflr

{5} Di* P.orisn{s6{ &aietung d€r D. {$tt D.sot.d[s$en

t"J*.,fi *"W€iT-YEZT It2o ./,rrc"/*i- -'#'/26{2 4i/{^2, -i))n;*; ^, l; ,1.. //> 4)& --+i4;l-4-- *2.

ry,

t&

tlttl1,9.i9.:;

: : - - : 1 - ,

,?"a'et ::i:.'4)

(FDGB), Elli Schmidt (DFD) und Friedrich Ebert(SED) angehörten, übernahrn Johannes Dieck-mann die Leitung der Tagung.

,,Die Provisorische Volkskammer ist eine Kam-mer der Arbeit", war seine Devise. Und schon inihrer ersten Sitzung trat die Volkskammer dafürden Beweis an. Vier Gesetze agen zur Beschluß-fassung vor: das Gesetzüber die Konstituierungder Provisorischen Volkskammer der Deutschen

Demokratischen Republik, das Gesetz über dieProvisorische Regierung, das Gesetz über dieBildung einer Provisorischen Länderkammerund das Gesetz über die Verfassung der Deut-schen Demokratischen Republik. Alle Fraktio-nen stimmten den vorliegenden Entwürfeneinstimmig zu. Die Annahme der Verfassung derDeutschen Demokratischen Republik gestaltetesich zu einem Höhepunkt der Sitzung. VollerFreude und Begeisterung erhob sich die Ver-sammlung und klatschte lang anhaltend Beifall.

,,Wir haben nach langen, schweren, schmerzvol-len Jahren zum ersten Male wieder festen, siche-ren, guten Boden unter den Füßen", mit diesenWorten brachte Johannes Dieckmann die Ge-fühle der Anwesenden zum Ausdruck. Unterstürmischem Beifall wurde Otto Grotewohl,einer der beiden Vorsitzenden der SED, mitder Regierungsbildung beauf tragt.

Johannes Dieckmann schloß die Sitzung mitden Worten: ,,Wenn wir jetzt am Ende dieser1. Sitzung der Provisorischen Volkskammer der

Deutschen"Demokratischen Republik auseinan-

dergehen, dann tun wir es, und ich bitte Sie, allges mit mir zu tun, indem wir die Völker und

l l

Page 12: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 12/40

Nationen grüßen, die, seien sie durch ihre Ver-treter hier im Saaleanwesend,oder seies,daß sienicht anwesendseinkönnen, den Frieden wollen,für den Frieden arbeiren und uns ein Vorbild indieser Arbeit sind."Erstmalig gab es nunmehr auf der politischenLandkarte Europas einen deutschen Staat, de r

,,Wir danken dem HohenHaus, daß es durch die lr-kraf setzungder Verfassurrgder Deurschen Demokrari-schen Republik auch dasRecht der Jugend auf polr t r-sche Mitbestimmung durchdie Festsetzung des Wahl-alters auf l8 Jahre gesicherthat. Die Jugend wird ihrenDank hierfür durch ver-stärkte Mitarbeit im Ausbauder Deutschen Demokrat i-schen Republik. d ie Srär-kung der Einheit der Jugendund durch eine hohe Betei l i -gung an den Wahlen am15.Oktober 1950 abstat ten.Damit wird zum ersten Malein der Geschichte unseresVolkes die Jugend ab18 Jahre an der Wahl zu mde utschen Parlament teil-nehmen."

Erich Honecker am 12. Ok-tober 1949

seinen Bürgern eine friedliche und gesicherreZukunft garantierte, und der keine Bedrohungfür seineeuropäischenNachbarvölker darstellte.In einem mehr als hundertjährigen Kampf hat-ten. revolutionäre Arbeiter für dieses Ziel ge-stritten. Mit den großen Beschlüssenvom 7. Ok-tober 1949 wurde es Wirklichkeit. Die neue

Verfassung zeugtedavon, daß n diesemStaatmitden jahrhundertelangen Traditionen der Aus-beuterklassen Schluß gemacht wurde. In ihrwaren die revolutionären Errungenschaften derantifaschistisch-demokratischen Umwälzungverankert, und gleichzeitigeröffnete sieden We gzunr sozialistischen ufbau.

Politische Zusammensetzungder Provisorischen Volkskammernach der Fraktionszugehörigkeit:

SED

CDU

LDPD

NDPD

DBD

FDGB/FDJ/VdgB/KG

KB/DFD/VVN

SPD

94

41155

i i

i ,i

66

675055

e : . : : = , d a l 3

-(mE#&?e-ryrö.189*

gMftrw

V I Z E P R A S I D Ei

VCLKSK,AMMTR.%a

tl./ b,,w

*t?dr**e...,

t 2

Page 13: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 13/40

- i :i,,iFl

DIE VERFÄSSUNG

DER

DEUTSCHENDEMOKRATISCHEN

REPUBLIK

Von dcm Willcn erlüllt, dic Frciheit und dic RcÄtc de Mcn*hcn zu vcrbürgcn, dc Gcmcin-

ldufe und Wirudnfslcbcn in sozialer Ccrcchtigkcit zu goteltcn, dcm gecllschafdichcn Fonadrrin zu dicncn, dic F .unds.hrft mit allen Völksn zu fördsn und dcn Fri.d.n zu sidr@,

hat sich das dcuschc Volk diesc Verlsuog gcgcbc*

A ß T I K E L 3

(1) Alle Staatsgewaltgeht vom Volke aus.(2) Jeder Bürger hat das Redrt und die Pflidrt zur Mit-g$taltung in seiner Gemeinde, seinem Kreise, seinemLande und in der Deutschen DemokratisdrenRepublik.

A B T I K E L 6(f) Aile Bü 8er sind vor dem Gesetz gleidrberdrtigt.(2) Boykotthetze gegen demokratisdre Einridrtungenund Organisationen, Mordhetze gegen demokratisdtePolitiker, Bekundung von Glaubens-, Rassen-,Völker-haß, rnilitaristiscbe Propaganda sowie Kriegshetze undalle, sonstig€n Handlungen, die sidr gegendie Gleidr-beredttigung ridrten, sind Verbredren im Sinne desStrafgesetzbudres. Ausübung demokratisdrer Redrtelm Slnne der Verfassung ist keine Boykotthetze.(3) Wer wegen Begehung dieser Verbredren bestraltlst, kann weder im öflentlidren Dienst nodr ln leiten-

den Stellen im wlrtsdraftlictren und kulturellen Lebentätig 8ein, Er verliert das Redrt, zu wählen und ge-wählt zu werden.

A B T I E E L ?

(1) Mann und trrau sind gleidtberedrtigt.(2) Alte Gesetzeund B$tlmmungen, dle der Gleldr-beredrttgung der Frau eDtgegenstehen, slnd 8ut-Sehob€n.

A R T T K E L 1 5(l) Die Arbeitskraft wird vom Staat gesdrützt.(2) Das Redrt auf Arbeit wird verbürgl Der Staatsidrert durdl Wirtsdraftslenkung jedem Bürger Arbcit

und Lebensunterhalt. Soweit dem Bürger angemesseneArbeitsgelegenheit nidrt nadlgewiesen werden kann,wird ftirr seinen notwendigen Unterhalt gesorgl

A ß T I K E L 1 8(f) Jeder Arbeitende hat das Redrt auf Erholung, autjährlidren Urlaub gegen Eqtgelt, auf Versorgung b€iKrankheit und Alter.(3) Der Erhaltung der Gesundheit rnd Arbeitsfähigkeitder arbeitendenBevölkerung, dem Sdrutze der Mutter-sdraft und der Vorsorge gegendie wirtsdrafilidren Fol-gen von Alter, Invalidltät, Arbeitslosigkeit und son-stiSenWedßellällen des Lebens dient ein einheitliches,umlagsendesSozialversidrerungswesenauf der Grund-

lage der Selbstverwaltung der Versidlerten.A B T I E E L I Z

(1) Die Regelung der Pioduktion sowie der Lohn- undArbeikbedingungen in den Betrieben erfolgt untermaßgeblidrer Mitbestimmung der, Arbeiter und An-gestellten.(2) Die Arbeiter und Angestellten nehmen diese Redrtedurdr Gewerksdraften und Betriebsräte wahr.

A N T I K E L 2 { ,({) Alle privaten Monopolorganlsationen,wle Kert€lle,Syndikate, Konzerne, Trustc und ähnlidre aut Gerrlnn-steiSerung durdr Produktlons-, Prels- und Abratz-regelung gerldrtete prlvate Organisatlonen stnd aut-tehoben und verboten.

A B T I t r E L 2 5(l) Alle Bodensdrätze, alle wirtsdraftlidr nutzbarenNaturkräfte sowie die zu ihrer Nutzbarmadrung be-summten Betriebe .des Bergbaues, der Eisen- undStahleneugung und der Energiewirtschalt sind inVolkseigenturn zu überführen.(2) Blg dahtn untersteht ihre Nutzung der Aulsidrt derLänder und, soweit gesamtdeutschenteressen in Fragekommen, der Aufsicht der Republik.

A B T I K E L ' 6(l) Die Verteilung und Nutarng des Bodens wird über-wadrt und ieder Mißbrauch verhütet. Die Wert-steigerung deg Bodens, die ohne Arbeits- und Kapital-aufwendung für das Gi"undstück entsteht, ist lür dieGesamtheit nutzbar zu madren.(2) Jedem Bürger und jeder Familie ist eine gesundeund lhren Bedürfnissen entsprectrendeWohnung zusldrern. Opfer des Fasdrlsmus, Sdrwer-Körperbehin-derte, Kriegsbesdrädigte und Umsiedler sind dabeibevorzugt zu berüd<sidttigen.

. A B T I K E L 3 5(l) Jeder Bürger hat das gleidre Recht auf Bildung undauf freie Wahl seines Berufes.(2) Die Bildung der Jugend sowie die geistige und fadr-lidre Weiterbildung der Bürger werden auf allen Ge-bieten des staatlidren und gesellschattlidren lebensdurctr die öffentlictren Einrichtungen gesidrert.

A R T I K E L 3 '(l) Die Sdule erzieht die Jugend im Geiste der Ver-fassung .zu selbständig denkenden,' verantwortungs-bewußt handelndenMensdren,did rähig und bereit sind,sidr in das Leben der Gemeinsctrg{iqinzuordnen.(2) Als Mittlerin der Kultur hat die Sdrule die Auf-gabe,die Jugend im Geiste des friedlidren und freund-sctraftlicheri'Zusammenlebens der Völker und einer

echten Demokratie zu wahrer Humanität zu erziehen.(3) Die Eltern wirken bei der Sctrulerziehung hrer Kin-der durdt Elternbeiräte mit.

Page 14: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 14/40

*'*' "i:::-i;:" . r ü nrs pRrgs8.lJt{ g8

" I,:r t-l89v]sonlScHEf{0l;{sKll{,lgR

. \ i { l r } : i ' l : i r . r c s rm Dor t - ro pns rer.slM I rörrr-fa

g^ca

1r13 BCEHLTZEI\ts€Re 426 7OAl9?A 7230 ., r , "

Überall in der Republik versammeln sich die Werktätigen,

um die Gründung der DDR zu begrüßen. Auf dem Hallmarkt

in Halle am 8.Oktober 1949.

. 1 i t l t i t t t l i t t , i t . ' : . ' t i t ' r t K u l r i y t ' [ i u t i e r l t t L B t l r i t l v t t . " \ l t i d t l i t t t t l

l ) i t r i t r t r h , g r t l l t , . r t t i i t i l t r i t i i i l t y t ' r t r t n 3 O h o i t r t l 9 l t ) d i t ( ) rL t ' t -

, l t t t i l i l i D t i t t ' t t t i I ) t t t t , i t t ' t l t t n R t l t t i b I i k . . \ i r h r h u r i t , ' t . t t , t

: u i i t r t l t t 1 t l t , i l , t L | t i l i . i L , , . , i , . \ l i i r h t i i L d r , r t . ' 1 ; i L r l t t ' t . . ; i r i l u t , h

i l i r , . 1 r h , i t t L i l t r t i T t g r / r l r i : . \ I ? i l r f l / .

'\i lru ;lls r"bs-- Deutscle post

. t z ' i _ - _

FG$d.AtPkü t

l i r - - -" ? 1 1

t- r : t . ]

4 _ i . r T I

: i i i . t . l : i t i l& ' i - : f . l - i : : l . . l - : . i l1 , : , l i t l ' f l i : f l : .1

r . , l : i r l i : : : r ' r 3 l l : r : l i : f . ,: i r . i : r i : : : i i , .

3ERLIN

1?90 AfiS€ITER NI)i lC€STiLLIg D $ BETRIEBSSgRLgtPZtü5ittiJ6tlLAG[nFABRtKÄ6 Ao:$LITZ€ilREtiBERGrTgi{E[i6STR

.üIcRiltssgti DASPRA€StD.tUl{ llt t.lg ÄBegCRrtErEfiDgR

{'ldFlvt;int3cHEil VOL(S,(AMi,iEfiICp 04s LlÄll lFE;t ,Es Dgllrsci{gti. .VJLKIRÄT

IST I&II LtTs {ERKIÄ€II6€N€GfISTER,AIIFGINO$:IENI

l '{oRt-N STupDtE aEv0RSTEHg$tDt€ctERt.t{6 i l0ST^ATSStLDUilG$r-:.-L.''---€

J DgRAÜSIRUCXÄFIERDÄsS ,'IR JN'€RSCi]Iü(SALI , - , n . , . , . , , " , , , , , . . . . , . , , . i . ; , . ,

#\-\.;-r.t'

ll'i gl€gilE xÄEltg 6 l'10 {}igtl lABEt'tDEReRossEllsowJETulllot{D€R-AUrRlcrtrqi l

tl+FrRrl l t DeR lt0Fsll€RsTgLLuSG gR

s0 uvgRA€'{Trt'hlls€i€s v,ilERLl}l0ESutls€REllBßU€DERL-lcl{El'lDAfi{

aT0p vtR BE€Rrrss '{ SB€NF^LLSt€ I,lARi€A$r€tlMtli,lE tER'

.' i tRtngtgt

l lR toLxsrElqo|(nATlENrJF0 R K0Nsr,tTUlgRtgNtizLri{c

? lgt erovtroRßüt€u vcLKsKAflnqR BGLKtl l lz + 1?80 +

Page 15: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 15/40

Jungpioniere. DiesesGemälde schuf der Künstler Otto Nagelim Jahr der Gründung unserer Republik. Er war Mitglied derProvisorischen Volkskamnrcr.

l 5

Page 16: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 16/40

lmBruderbundmitder

Am S.Oktober 1949 teilte der Präsident derProvisorischen Volkskammer dem OberstenChef der Sowjetischen Militäradministration inDeutschland, Armeegeneral Wassili IwanowitschTschuikow, offiziell mit, daß sich der DeutscheVolksrat in die Provisorische Volkskammer der

Deutschen Demokratischen Republik umgewan-delt habe, und unterrichtete ihn von der Zusam-mensetzung ihres Präsidiums. Gleichzeitig über-mittelte er ihm in der Anlage des Briefes die am7. Oktober 1949 beschlossenen Gesetze.Im Na-men des Präsidiums richtete Volkskammerpräsi-dent Dieckmann die Bitte an die Regierung derSowjetunion, diese Beschlüsse anzuerkennenund der Provisorischen Volkskammer derenDurchführung zu ermöglichen. Abschließendhieß es n dem Brief: ,,DasPräsidium der Provi-

sorischen Volkskammer der Deutschen -Demo-kratischen Republik bittet darum, von demFlerrn Vertreter der Regierung der Union derSozialistischen Sowjetrepubliken empfangen zuwerden, um den Standpunkt der ProvisorischenVolkskammer der Deutschen DemokratiSchenRepublik unter Hinzuziehung des mit derRegie-rungsbildung beauftragten Herren Otto Grote-wohl darzulegen." Armeegeneral Tschuikowließ umgehend mitteilen, daß die SMAD dieAbgesandten der Deutschen Demokratischen

Republik am 10. Oktober, 20.00 Uhr emp-fange.

Diese für die Entwicklung unseres jungen Staatesso bedeutsame Zusammenkunft fand in einemhistorischen Gebäude statt - in der ehemaligenPionierschule Berlin-Karlshorst. Hier war 1945die Urkunde über die bedingungslose Ka-pitulation D€Utschlands unterzeichnet worden.Nun hatte diEjSMAD dort ihren Sitz. Die Atmo-sphäre, die d-m 10.Oktober in diesem Hauseherrschte, war allerdings völlig anders als am8. Mai 1945. Den faschistischenGenerälenwarendie Vertreter der Völker der Sowjetunion mitHaß und Verachtungbegegnet, die Abgesandten

16

W. L Tschuikow im Dezember 1942 während der Schlacht beiStal ingrad

der Arbeiterklasse und der anderen demokrati-schen und friedliebenden deutschen Kräfte

wurden von den Leitern der sowjetischen Mili-tärverwaltung mit großer Herzlichkeit begrüßt.Als kluge, hochgebildete Kommunisten betrach-teten sie die antifaschistisch-demokratischeUmwälzung in der sowjetischen Besatzungszonevon einer zutiefst internationalistischen Positionaus und unterstützten sie nach Kräften. Dieseinternationalistische Haltung bestimmte auchden Charakter der Zusammenkunft am 10.Ok-tober 1949. Die führenden Verreter der Sowje-tischen Militärverwaltung empfingen unsere

Delegationin

demselbengetäfelten Saal, in dem

am 9. Mai 1945 um 0 Uhr 43 Minuten verant-wortliche Offiziere des faschistischen Deutsch-land ihre Unterschrift unter die Urkunde überdie bedingungslose Kapitulation gesetzt hatten.An der feieilichen Zeremonie am 10. Oktobernahmen die akkreditierten Mitglieder der aus-ländischen Militärmissionen sowie Vertreterder In- und Auslandspresse teil, unter ihnen,Albert Norden, damals{ressechef der Haupt-,verwaltung Information bei der Deutschen Wirt-schaftskommission. Einer der ausländischenKorrespondenten, der polnische Journalist Ma-rian Podkowidski, schilderte später die Einzelhei-ten dieseshistorischen Augenblicks: ,,Zum feier-

Page 17: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 17/40

d .q$*F-'

"WR,8. Mai 1945. Radierung von Werner Ruhner

Page 18: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 18/40

lichen Akt begab sich General Tschuikow in dieMitte des Saales.Einen Schritt hinter ihm stan-den Botschafter W. Semjonow sowie weitereOffiziere der Politischen Abteilung der SMAD.Das Eintreffen der deutschen Delegation im Saalwar ein besonders feierlicher Augenblick. Alle

Anwesenden bildeten ein Viereck. Dann öffnetesich die Seitentür. und als erster betrat der desi-gnierte Ministerpräsident der DDR-Regierung,Otto Grotewohl, den Saal. Die nun folgendeZeremonie sprach unsere Vorstellungskraft an.Vor unseren Augen entstand auf den Trümmerndes Alten das in der deutschen Geschichtebishernicht gekannte, aber von den besten Söhnendieses Volkes prträumte Neue."Der Empfangd begann damit, daß Volkskam-merpräsidentlDieckmann - sehr bewegt und

sich der Bedeutung dieser Stunde bewußt - eineErklärung abgab. Er legte die einzelnen Schritteder Konstituierung der DDR dar und schloß:

t 8

l0.Oktober 1949. Armeegeneral W. I.Tschuikow und der

Außerordentliche Botschafter der UdSSR W. S. Semjonow

mit ihren Stäben empfangen das von Johannes Dieckmann

geleitete Präsidium der Volkskammer und den Ministerpräsi-

denten der DDR, Otto Grotewohl.Vertreter der Pressewohnen dem Empfang bei; l. v. r. Albert

Norden

Diskussionsgruppen am 10. Oktober am Bahnhof Fried-

richstraße in Berlin

,,Es ist die Sowjetunion gewesen, die uns vonden Fesseln des Naziterrors und der Nazi-verbrechen befreit hat. Es ist die Sowjetuniongewesen, die uns in diesen Jahren alle Hilfeund Förderung hat angedeihen lassen bei un-seren Versuchen zur Erhaltung unserer natio-nalen Existenz. Es ist die Sowjetunion gewesen,die als einzige Großmacht in allen internationa-len Verhandlungen und vor unserem Volk stets

eingetreten ist für die Einheit Deutschlands undfür einen baldigen Frieden mit Deutschland. Diesallesermutigt uns zu der Hoffnung, daß Sie IhreZustimmung zu den Maßnahmen, die wir Ihnendarlegen durften, nicht versagenund uns weiter-hin Ihre Hilfe gewähren werden."Danach bat Johannes Dieckmann, die Mitgliederdes Präsidiums der Volkskammer vorstellen zudürfen. Wassili Tschuikow nickte zustimmendund reichte jedem die Hand. Nach der Vorstel-lung der Präsidiumsmitglieder bat Otto Grote-

wohl um das Wort. Er sprach über die politischenMotive, die zur Bildung der Deutschen Demo-kratischen Republik geführt hatten. Zugleich

Page 19: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 19/40

Page 20: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 20/40

Otto Grotewohl und der sowietische Stadtkommandant vonBerlin A. G. Kotikow nach dim Staatsakt in freundschaftli-chem Gespräch

legte er die Ziele der künftigen Regierung dar.Er versicherte. daß sich die Arbeit der neuenRegierung in voller Übereinstimmung mit demPotsdamer Abkommen vollziehen werde. undfuhr fort :,,Wir sind uns dabei der ganzenSchwereder Schuld und der Verantwortung bewußt, diedas deutsche Volk dadurch auf sich lud, daß esblind der agressiven Kriegspolitik der national-sozialistischen Machthaber gefolgt ist und da-durch die furchtbaren Verbrechen ermöglichte,die im zweiten Weltkrieg an den Völkern Euro-pas und besonders an den Völkern der Sowjet-union begangen worden sind. In Übereinstim-mung mit den Beschlüssendes zur Provisorischen

Volkskammer umgebildeten Deutschen Volks-rates sprechen wir die Anerkennung der demdeutschen Volk auferlegten Reparationsver-pflichtungen aus. Wir beabsichtigen, einen ent-schlossenen Kampf gegen den Geist des Faschis-mus und Militarismus. der die Menschen in zweiWeltkriege gestürzt hat, zuführen. Wir beabsich-tigen die Errichtung eines demokratischenStaatswesens nd die Herstellung friedlicher undfreundschaftlicher Beziehungen zu allen Staatender Erde."

Das war die Sprache der revolutionären deut-schen Arbeiterklasse. die sich in Gestalt derDeutschen Demokratischen Republik ihren Staatschuf und gemeinsam mit den Vertretern derwerktätigen Bauern, der Intelligenz und deranderen fortschrittlichen Werktätigen auf demWege des revolutionären Übergangs vom Kapi-talismus zum Sozialismüs voranschritt. NachdemMinisterpräsident Grotewohl die künftige Politikder DeutscherLDemokratischen Republik darge-legt hatte, ga$ Armeegeneral Tschuikow im

Auftrag seinef Regierung eine Erklärung ab:Darin wandte sich Tschuikow noch einmal mitallem Nachdruck gegen den -Bruch des Potsda-

20

mer Abkommens durch die Westmächte undgegen die Bildung des Bonner Staates.Die So-wjetregierung machte sich zum Sprecher allerfriedliebenden Völker in Europa, die die Wie-derherstellung eines aggressivendeutschen Staa-tes mit großer Sorge beobachteten. Sie erkanntedie Rechtmäßigkeit der Bestrebungen der fried-liebenden und demokratischen Kräfte des deut-

schen Volkes an, die Errungenschaften der anti-faschistisch-demokratischen Umwälzung zu si-chern und die eingeleitete revolutionäre Erneue-rung weiterzuführen. Dem Bemühen der DDR,weiterhin alle Möglichkeiten zu nutzen, um dochnoch eine demokratische Einheit Deutschlandszu erkämpfen und die Spaltung des Landesdurch die Imperialisten rückgängig zu machen,solange die Bedingungen dafür noch vorhandenwareil, brachte die Sowjetunion volles Verständ-nis entgegen. In der Erklärung hieß es weiter,daß die Sowjetregierung beschlossen habe, derProvisorischen Regierung di.eVerwaltungsfunk-tionen zu übertragen, die bisher von der Sowjeti-schen Militäradministration ausgeübt wordenwaren. An die Stelle der SMAD träte nunmehreine sowjetische Kontrollkommission, die dieAufgabe habe, die Erfüllung der BeschlüssedesPotsdamer Abkommens und anderer alliierterVereinbarungen zw überwachen. Im selbenRaum, in dem nach der Kapitulation des faschi-stischen Deutschlands die Regierungsgewalt andie Hauptmächte der Antihitlerkoalition fiel, gab

die Regierung der Sowjetunion dem ersten deut-schen Arbeiter-und-Bauern-Staat das Recht, dieMacht im Interesse des werktätigen Volkes aus-zuüben. Sie bewies damit unserer jungen Repu-blik ihre Freundschaft und ihr Vertrauen. Einegute und feste Grundlage für die künftigenBeziehungen zwischen der UdSSR und der DDRwar geschaffen. Schon die Augenzeugen dieserStunde erkannten ihre geschichtliche Bedeu-tung. Dazu noch einmal Marian Podkowiriski:

,,Der,Prawda'-Korrespondent Jurij Korolkow,

den ich während des Nürnberger Prozesses en-nengelernt hatte, sprach damals'Worte, die mirbis heute im Gedächtnis haften geblieben sind:,Weißt Du, für uns ,Nürnberger' ist das einbesonderer Augenblick. Nach dem NürnbergerProzeß sind solche Ereignisse wie das heutige inder Lage, uns glauben zu lassen,daß der Sozialis-mus auch im Vaterland von Marx und Engelsmöglich ist."'

Page 21: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 21/40

F

WilhelmPieck-Prösidentder

DeutschenDemokrotischenKepubltKEntsprechend der am 7. Oktober angenomme-nen Verfassung hatte die Wahl des Staatsober-hauptes der DDR in einer gemeinsamen Sitzungder Provisorischen Volkskammer und der am10.Oktober gewählten Provisorischen. Län-derkammer zu erfolgen. Diese Sitzung fand inden späten Nachmittagsstunden des I 1. Oktoberebenfalls im großen Festsaal der DeutschenWirtschaftskommission sratt. Die Wahl des Prä-sidenten der Deutschen Demokratischen Repu-blik war Punkt 4 der Tagesordnung.

Die Straßen Berlins waren an diesem Tage schonseit den frühen Morgenstunden außergewöhn-lich stark belebt. Vor dem Tagungsgebäude undvor den Lautsprechern.in den Straßen der Stadtversammelten sich Menschen.Wiederum herrschte im großen Sitzungssaaldiegedämpfte, feierliche Betriebsamkeir, wie siestets bei wichtigen Staatsakten zu finden ist.Presse, Rundfunk, Film waren vertreten. AlsGäste nahmen teil W. S. Semjonow und sein Stell-vertreter von sowjetischer Seite sowie Mitglieder

der ausländischen Militärmissionen in Deutsch-land. Als Wilhelm Pieck nach der Pause den Saalbetrat, richteten sich die Bl icke auf ihn. Alle imDemokratischen Block vereinten Parteien harrenvorgeschlagen, ihn zum Präsidenten der Deut-schen Demokratischen Republik zu wählen.Wilhelm Pieck begrüßte Wladimir Semjono-witsch Semjonow und setzte sich dann zu OttoGrotewohl in die erste Reihe.Der Parteivorsitzende der CDU, Otto Nuschke,unterbreitete den Wahlvorschlag:,,Meine sehr

verehrten Damen und Herren Von allen Frak-tionen dös Hohen Hauses ist mir der ehrenvolleAuftrag geworden, Ihnen für das hohe Amt des

An Lautsprechern erleben Berliner die Wahl des Staatspräsi-den ten m i t .

Präsidenten der Deutschen DemokratischenRepublik Herrn Wilhelm Pieck vorzuschlagen."Schon nach diesen wenigen Worten erhoben sichdie Anwesenden unter stürmischem Beifall vonden Plätzen. Otto Nuschke würdigte WilhelmPieck als überzeugten, leidenschaftlichen Arbei-ter- und Parteiführer und verwies auf seine gro-ßen staatsmännischen Fähigkeiten, die er bereitsin der unmittelbaren Nachkriegszeit unter Be-weis gestellt hatte. Der Präsident der Provisori-schen Volkskammer, Johannes Dieckmann, lei-tete den Wahlakt: ,,Die beiden hohen Häuserhaben den Wahlvorschlag gehört. Ich frage, obandere Wahlvorschläge zu machen sind. - Das stnicht der Fall. Dann schreiten wir nunmehr zurWahl des Präsidenten der Republik. Ich bitte umIhre Erlaubnis, daß die Waht nach der Überliefe-rung vorgenommen wird.Ich bitte diejenigen Mitglieder beider Häuser derDeutschen Demokratischerr Republik, die dem

i '

B j . 1 o - l ; i t l t t , n , r l ' t l i l t l l r l i t i . i i . t - i r l r r , , r r , / r i r t r . l l , . ' , , ' , ' .

. \ l t , / r l , , , r l , l ' g . B ru r t r ' t , l t i u 2 t i , ) t l \ r : ) ; i \ , ' , t - l t t h . o i t . , ' 1 l s i i , t r : . , L ' r , t . ' ,

| ( r t ' r ' t i g 1 r ' u t d p I ( ) i ( ) / 1 1 . 1 , 1 : ' t i ' t l i n m t r g t i , t l t i l ' t . 1 " 1 1 1 , e . , 9 ,

, , t , i , ' 1 i , . i , . t ' p i l s r l t i t r l , t t , , r tn . . , , ' - 1 , , t 2 . , l t i t t , : 1 . . t ' ) I ' t t t t t o t i t l j t

\ ' . l t r , t I . i i t t r i t r I i : , , , t , ; [ j r ' , t 1 , , . u r n l i , I - n i ' t t / l i , . t t g ; t t ] r k u . t d , ; l

l ) t l l . d t t : . ' f t t , , , l , ; i \ i t ) n l , ' , i t , : ' t ' I ) r u l r l , l t t ; t i \ : . t t ' t i l i l r / l r i l

2r

Page 22: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 22/40

auf Herrn Wilhelm Pieck lautenden Wahlvor-schlag nicht zustimmen wollen, eine Hand zuerheben. - Ich stelle fest, daß sich keine Handerhoben hat. Ich bitte ferner diejenigen Mitglie-der beider Häuser, die sich bei der Wahl derStimme enthalten wollen, eine Hand zu erheben.- Ich stelle wiederum fest, daß sich keine Handerhoben hat. Nunmehr bitte ich diejenigen Mit-

glieder der Provisorischen Volkskammer undder Provisorischen Länderkammer der Deut-schen Demokratischen Republik, die der Wahldes Herrn Wilhelm Pieck zum Präsidenten derDeutschen Demokratischen Republik ihre Zu-stimmung geben wollen, die Hand zu erheben.- Ich stelle fest. daß beide Häuser, die Provisori-sche Volkskammer und die Provisorische Län-derkamrirer der Deutschen DemokratischenRepublik, Herrn Wilhelm Pieck soeben einstim-mig zum Präsidenten der Deutschen Demokrati-schen Republik gewählt hatren." Mit minutenlan-gen stürmischen Ovationen feierten die Abge-ordneten dieses Ergebnis.Viele der Volkskammermitglieder - AntonAckermann, Johannes R. Becher, Franz Dahlem,Bernard und Wilhelm Koenen, Hermann Ma-rern, Heinrich Rau, Fritz Selbmann, Walter Ul-bricht und andere - kannten Wilhelm Pieck aus

Page 23: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 23/40

, ,E in weiter \ \ 'eg vomReichst:rgsbrand zu clieser\ \ 'ahl l Ein r le i ter \Veg r"om\l i tg l ied des Spartacusbun-r l r . l 9 l 7 z L r ma r r r i f r . t h i s t i -schel] Ernislanten 1933-1945. zum ersten Präsiden-ten ciner wirklicit demokr;r-t ist :hen deuts<:hcn Repu-bt ik."

F. C. \ \ 'e iskopf arr 12.Ok-tober 1949 in seinem Ta-gcbuch

Wilhelm Pieck und der Außerordentliche Botschafter derUdSSR W. S. Semjonow

Wilhelm Pieck wird einstimmig zum Staarspräsidenten ge-wählt; im Vordergrund Wilhelm Pieck, in der zweiten ReiheOtto Grotewohl. daneben Wilhelm Koenen.

Wilhelm Pieck leistet den Eid.

Der Staatspräsident empfängt die Glückwünsche Otto Grote-wohls.

.R\ . wss$

Page 24: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 24/40

Jahrzehnten gemeinsamen Kampfes. In vielenKlassenschlachten gegen Imperialismus undMilitarismus und für die Interessen deswerktäti-gen Volkes hatte er Seite an Seite mit ihnen ge-stritten. Er besaß das Vertrauen der Abgeordne-ten. Es gab keinen Würdigeren für das hohe Amtdes Präsidenten der Republik als Wilhelm Pieck.Seine Freunde freuten sich mit ihm darüber, daß

es hm vergönnt war,diesen Tagzw erleben.

Volkskammerpräsident Dieckmann brachte denStolz der Volksvertreter über diese historischbedeutsame Wahl zum Ausdruck, als er sagte:

,,Wir grüßen in diesem deutschen Arbeiterpräsi-denten den unbeugsamen Antifaschisten, denwahren Freund des Friedensstaates der Sowjet-union und den nimmermüden Förderer derdeutsch-sowjetischen Freundschaf t. "Wilhelm Pieck, nunmehr Präsident des erstendeutschen Arbeiter-und-Bauern-Staates, schrittzum Präsidium. Tiefe Bewegung erfaßte die Ver-

sammelten, als er den Eid sprach: ,,Ich schwöre,daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschenVolkes widmen, die Verfassung und die Gesetzeder Republik wahren, meine Pflichten gewissen-haft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jeder-

mann üben werde."Die Genossen und Freunde gratulierten dem

73jährigen, der wie kein anderer unter ihnen dierevolutionären Traditionen der deutschen Ar-

beiterklasse verkörperte.Am 3. Januar 1876 als Sohn eines Kutschers und

einer Waschfrau in Guben geboren, war er 1895der Sozialdemokratischen Partei beigetreten undhatte sich von diesem Tage an rastlos und uner-müdlich dem Befreiungskampf der Arbeiter-klasse gewidmet. 1907/08 als Hörer der Reichs-parteischule der Sozialdemokratischen ParteiDeutschlands lernte er die revolutionären Lin-ken in der deutschen Arbeiterbewegung - RosaLuxemburg, Franz Mehring, Karl Liebknechtund Clara Zetkin - näher kennen. Diese Begeg-nung wurde für sein Leben entscheidend. Er

entwickelte sich unter ihrem Einfluß zu einemunbeugsamen Revolutionär und konsequentenInternationalisten. Im ersten Weltkriegkämpfte er an ihrer Seite. Frühzeitig erkannte erdie Bedeutung der Großen Sozialistischen Ok-toberrevolution. 1918 war er Mitbegründer derKommunistischen Partei Deutschlands. Von1918 bis 194Q gehörte er ununterbrochen ihremFührungskolfdktiv an. 1919 konnte er den Mör-dern entflieh6n, die ihm das gleiche Schicksalzugedacht hatten, das Rosa Luxemburg und Karl

Liebknecht erlitten haben. Er kämpfte währendder Weimarer Republik als führender Funktio-när der KPD und der Kommunistischen Interna-

94

Das jüngste Mitglied der Volkskammer, Margot Feist, be-

glückwünscht Wilhelm Pieck zu seiher Wahl als Staatspräsi-

dent.Erster Stander vom Wagen des Präsidenten

tionale gegen Imperialismus, Militarismus undFaschismus. Nach der Verhaftung Ernst

ThäImanns wurde ihm der Vorsitz des Zen-tralkomitees der KPD übertragen. Während deszweiten Weltkrieges arbeitete er im Kollektiv derin Moskau lebenden Mitglieder der Parteifüh-rung für den baldigen Sturz des Hitlerfaschis-mus. Er gehörte zu den Mitbegründern desNationalkomitees,,Freies Deutschland".1945 kehrte er nach Deutschland zurück undwirkte - nun fast 70jährig - für die Einheit derArbeiterklasse und den Aufbau einer antifaschi-stisch-demokratischen Ordnung. Die Wahl zum

Präsidenten war die Krönung seines Lebens.Das jüngste Mitglied der ProvisorischenVolkskammer, die Abgeordnete Margot Feist,

,,iL.ai:..'it:

Page 25: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 25/40

Schloß Niederschönhausen in Berlin-Pankow. Sitz desStaatspräsidenten - heute Gästehaus der Regierung.

beglückwünschte den Präsidenten im Namenaller anwesenden Delegierten: ,,Wir geloben in

dieser Stunde unserer Deutschen Demokrati-schen Republik die Treue, weil wir fest davonüberzeugt sind, daß unsere Deutsche Demokrati-sche Republik das wahre Haus des Volkes ist, indem wir einer friedlichen und glücklichen Zu-kunft entgegengehen können. Wir geloben indieser Stunde, in Liebe, Treue und Verantwor-tung zu unserer Deutschen DemokratischenRepublik und zu Ihnen, Herr Präsident, zu ste-h e n . . . "Nach diesen feierlichen Augenblicken trat der

Kampfgefährte Rosa Luxemburgs, Karl Lieb-knechts und Ernst Thälmanns an das Rednerpultund hielt seine Antrittsrede. ,,Mit Ihrer Wahlhaben Sie mir die höchste Ehre erwiesen, dieeinem Bürger unserer Deutschen Demokrati-schen Republik zuerkannt werden kann. Ichdanke Ihnen von ganzem Herzen für das mirgeschenkteVertrauen und versichere Sie,daß ichstets bemüht sein werde. dieses Vertrauen zurechtfertigen. Ich werde meine ganze Kraft unddie Erfahrungen eines langen, an Arbeit und

politischen Ereignissen reichen Lebens einset-zen, um .dem Wohle des deutschen Volkes zudienen."

Der Präsident legte die schweren und kompli-zierten Aufgaben dar, die vor ihm und der erstenRegierung der Deutschen Demokratischen Re-publik standen - die endgültige Beseitigung dermateriellen und ideologischen Trümmer, die derImperialismus und der Hitlerkrieg hinterlassenhatten, der planmäßige Neuaufbau einer lei-stungsfähigen Wirtschaft, der Aufbau einesfriedliebenden deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staates, zu dem die anderen Völker der Weltwieder Vertrauen gewinnen konnten. In dieserersten Stunde seiner Amtstätigkeit ging seinDank an diejenigen, die unmittelbar nach demSturz der Hitlerdiktatur mit dem Aufbau began-nen: ,,Der historischen Wahrheit und Gerechtig-

keit zuliebe halte ich es für nötig, festzustellen,was vielfach schon vergessenwird, daß es in denMonaten und Jahren der größten Not unseresdeutschen Volkes infolge des Hitlerkrieges diebesten Vertreter der deutschen Arbeiterklassewaren, die sich nicht von Verzweiflung und Paniküberwältigen ließen, sondern mutig unci ent-schlossenschon an die Aufbaualbeit gingen, alsdie Trümmerstätten in unsären Städten undDörfern noch rauchten." Eiridringlich wies derPräsident auf die Bedeutung der Aktivistenbe-

wegung füf die zukünftige Entwicklungder DDRhin: ,,Ich glaube, Ihrer einheitlichen Zustim-mung gewiß zu sein, wenn ich in dieser Stunde

25

Page 26: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 26/40

allen Aktivisten der Arbeit feierlich für die gelei-stete Arbeit danke. Ehre und Dank den Aktivi-sten der Arbeit, die die Grundlagen für dieGründung unserer Deutschen DemokratischenRepublik schufen . . ." - Die ersten Gedanken desArbeiterpräsidenten galten der Klasse, aus der erhervorgegangen war.Ebenso herzlich und tief bewegt dankte er den

sowjetischen Freunden, die weitsichtig und groß-mütig den friedliebenden und demokratischenKräften materielle und ideelle Hilfe erwiesenhatten. ,,Wir stehen heute an der Wende der

deutschen Geschichte. Dank der unermüdlichenArbeit der besten Kräfte des deutschen Volkesund dank der großen Hilfe, die uns die Sowjetre-gierung erwiesen hat, unternehmen wir die er-sten Schritte der staatlichen Selbständigkeit des rdeutschen Volkes. Sorgen wir alle in verantwor-tungsbewußter, loyaler und freundschaftlicherZusammenarbeit dafür, daß wir uns der Größe

der geschichdichen Aufgaben gewachsen zeigen.und daß wir dereinst vor dem Urteil der Ge-schichte bestehen können."

Niemals wieder darf die Reaktion zur HerrschaftgelangenDazu ist die Einheit der Arbeiterbewegung undder Block aller antifaschistisch-demokratischenParteien die wichtigste Voraussetzung.

Von allen Schichten des deutschen Volkes habendie Werktätigen das größte Leid, die größtenLasten getragen. Sie sind die große Mehrheit desVolkes. Auf ihren Schultern ruht in erster Liniedie Last des Wiederaufbaus und der Wiedergut-machung.Das schaffende Volk muß daher auch die Ge-schicke des neuen demokratischen Deutschlandsbestimmen.Die Arbeiterklasse wird alle demokratischen undfortschrittlichen Kreise des Volkes einen. Sie

ist die konsequenteste demokratische Kraft undder entschiedenste Kämpfer gegen den Imperia-lismus. Sie ist die Kraft, die unser nationalesUnglück überwinden wird.Die .Arbeiterklasse allein hat ein großes ge-schichtliches Ziel: deri Sozialismus. Ihr sehört

daher im Bunde mit den Werktätigen die Zu-kunft. iDie bitteren Erfahrungen der Vergangenheitlehren, daß die Arbeiterklasse nur dann dieFührung im Aufbau der neuen, freien, unteilba-

ren deutschen Republik haben wird und zurUmgestaltung der gesamten politischen, wirt-schaftlichen, kulturellen und geistigen Bezie-hungen, zum Aufbau des Sozialismusnur schrei- iten kann, wenn sie die Spaltung in ihren eigenenReihen überwindet,' die Sozialistische Einheits-partei Deutschlands schafft und das ganze werk-tätige Volk um sich sammelt.Die Vereinigung der Sozialdemokratischen Par-tei Deutschlands und der KommunistischenPartei Deutschlands ist daher das unaufschieb-'

bare Gebot der Stunde

Aus den Grundsätzen und Zielen der Sozialisti-schen Einheitspartei Deutschlands, beschlossenvom Vereinigungsparteitag am 21. April 1946

s ); trißt

,,Jeder von euch kann zuseiner Regierung kommenmit Beschwerden und Vor-schlägen, und er wird immer

ein offenes Ohr finden."

Otto Grotewohl am 13.Ok-tober 1949 in den Leuna-Werken

,,Als ich das erste Md vo rWilhelm Pieck stand und'seinGesichtsah, fühlte ich -

vor mir steht d ie personif i-zierte Güte, und ich sagtemir, die Sache, ür die dieserMann lebte und kämpfte,muß gut sein."

Leonhard Frank über Wil-helm Pieck

l , .

il

26

Page 27: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 27/40

GröBteKundebun

derNochkrieszeit

i ;]

Während Wilhelm Pieck im Festsaaldes Hausesder Deutschen Wirtschaftskommission in seinerAntrittsrede an alle gutwilligen Kräfte appel-lierte, die junge Deutsche Demokratische Repu-blik zu stärken, bereitete sich die HauptstadtBerlin auf die bisher größte Kundgebung derNachkriegszeit vor - auf die Feier zur Gründungder Deutschen Demokratischen Republik undauf die Begrüßung des neugewählten Präsiden-ten.Eine besondere Überraschung hatte sich diejugend der DDR ausgedacht. Auf Initiative derFDJ waren Tausende Jugendliche in buntge-schmückten Omnibussen und auf Lastkraftwa-gen aus allen Teilen der jungen Republik in die

Hauptstadt gekommen, um die Geburt desneuen Staateszubegrüßen. Singendundlachendbewegten sie sich in ihren Blauhemden durchdie Straßen Berlins. Aus allen Himmelsrichtun-gen strömten die Menschen zum August-Bebel-Platz, denn hier vor der Humboldt-Universitätsollte die große Kundgebung staufinden.Die Berliner Bevölkerung hatte ihre Häuserfestlich geschmückt. In den Straßen wehtenschwarzrotgoldene, blaue und rote Fahnen.Musikkapellen spielten.

Vor dem Gebäude der Deutschen Wirt-schaftskommission drängten sich die Menschen- sie wollten Wilhelm Pieck sehen. FriedrichEbert verließ als erster das Tagungsgebäude, umals Oberbürgermeister der Hauptstadt den Präsi-denten auf der blumengeschmückten Ehren-tribüne am August-Bebel-Platz empfangen zukönnen.Eine Ehrenkompanie der Deutschen Volks-polizei formierte sich, eine Motorradstaffelmachte sich bereit - und dann tratWilhelm pieck

ausdem Gebäude, glücklich lächelnd, Blumen imArm. Herzlich winkte er den jubelnden Men-schen zu und begab sich zu seinem Wagen, der

Auf der Fahrt zum August-Bebel-p.latz

ihn zum August-Bebel-Platz bfachte, vorbei anden winkenden, rufenden Menschen. die dieStraßenränder säumten. Sprechchöre brandetenauf, als Wilhelm Pieck an der Humboldt-Univer-sität eintraf. Aus hunderttausend Kehlen schollimmer wieder der Ruf: ,,Es lebe der Präsidentunserer demokratischen Republik " Junge Pio-niere überreichten Chrysanthemensträuße.Unter tosendem Beifall begrüßte Friediich Ebertan der Spitze des demokraiischen Magistrats denPräsidenten der Republik und geleitete ihn zurTribüne. In seiner Begrüßungsrede versicherteder Oberbürgermeister, daß der Berliner Ma-gistrat dem Präsidenten und der Regierung der

Deutschen Demokratischen Republik ein treuerHelfer sein werde. ,,In diesem Sinne, Herr Präsi-dent, Ihnen - unserem Ehrenbürger -ein herzli-ches Willkommen in der Hauptstadt der Deut-schen Demokratischen Republik, die ihren Er-sten Bürger grüßt mit dem Rufe: ;Die DeutscheDemokratische Republik und I ihr Präsident,Wilhelm Pieck, sie leben hoch 1" ,Inzwischen dunkelte es, 22 große Scheinwerferwarfen ihr Ltcht auf die Tribüne. Fackeln flamm-ten auf, weiterb Repräsentanten des neuen

Staates sprachen. Vom Brandenburger Tor hernahte ein Fackelzug von mehr als 40 000 Mäd-chen und Jungen der Freien.Deutschen Jugend.

27

Page 28: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 28/40

Als sie am Platz angekommen waren, sprachErich Honecker, der Vorsitzende der FDJ, dasGelöbnis der Jugend: ,,Wir, die deutsche Jugendgeloben der Deutschen Demokratischen Repu-blik Treue, weil sie der Jugend Frieden und einbesseresLeben bringen will und bringen wird ' . .Wir geloben der Deutschen DemokratischenRepublik Treue, weil sie das wahre Haus desVolkes ist udd sein wird . . . Wir grüßen aus tief-stem Herzen flas Neue, unsere strahlende, freu-dige Zukunft " Präsident Wilhelm Pieck dankte

mit bewegten \{orten für die Liebe und dieHerzlichkeit, die ihm entgegengebracht wur-den.

28

Tausende erwarten den soeben gewählten Staatspräsiden-ten.Erich Honecker im Tahre 1949 während des III. Parlaments

der FDJ in Leipzig

Und dann begann die größte Demonstration derNachkriegszeit. FDJler und Werktätige aus Be-trieben Berlins und anderer Städte der Republikgrüßten ihren Präsidenten. Immer wieder er-scholl der Ruf: ..Es ebe unser Freund Wilhelm'Pieck " Über die traditionsreiche Straße ljnterrden Linden, früher ein Tummelplatz der preußi-

schen Militärs und der faschistischen Horden,zogen nun Werktätige der jungen Republik.Gespenstisch ragten die Ruinen historischer

Page 29: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 29/40

Bauwerke in den Himmel. Doch schon in vielenMenschen lebte der Wille, diese Straße neu auf-

zubauen und dafür zu sorgen, daß sie niemalswieder in Schut t und Asche f ie le.Bis tief in die neunte Abendstunde dauerte derVorbeimarsch der Demonstranten. Mehr als800 000 Menschen waren gekommen, ihremPräsidenten zu sratulieren.Länger als zehn Jahre war Wilhelm Pieck derPräsident der DDR - er verstarb am ,7.Septem-ber 1960. Im Verlaufe seiner Amtstätigkeit er-warb sich Wilhelm Pieck die Anerkennung unddie Liebe des Volkes in der DDR und der

sozialistischen Brudervölker sowie die großeAch tung der Vö lke r i n a l le r Weh .Begeisterte Jugendliche tragen den Aktivisten Adolf Hen-necke auf ihren Schultern zur Ehrentribüne.

, ,Die Kulturschaf enderrrverden als Wissenschaftler,als Pädagogen, als Schrift-steller, als Künstler die n:rtio-nale Aufbauarbeit der Re-gierung der l)eutschetr Dc-m o k r : r t i . r c r r R e p u h l i k r r i ra l len

'Kräf ten untersfLlr-

zen , "

Akaderrriepräsident Johan-nes Str()ux am 12.C)ktober1949 in cler Volkskarnrner

Page 30: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 30/40

Diesedeutscheegierung

isteineRegierungderArbeit,derDemokrotie

unddesFriedens

Die 3. Sitzung der Volkskammer am 12. Ok-

tober 1949 war ein weiterer Höhepunkt im Pro-

zeß der Staatsgründung - die neue Regierung

stellte sich vor. An ihrer Spitze MinisterpräsidentOtto Grotewohl. Otto Grotewohl gehörte zu den

aus der Spzialdemokratie hervorgegangenenMitgliederri.ider SED, die klassenbewußt und

voller Veraftwortung die Lehren aus der Ge-

schichte der deutschen Arbeiterbewegung gezo-

gen hatten und vorbehaltlos für die revolutio-

näre Einheit der Arbeiterklasse kämpften. Ererwarb sich große Verdienste bei der Vereini-gung der beiden Arbeiterparteien zur Sozialisti-

30

schen Einheitspartei und hatte einen hervorra-genden Anteil an der Erziehung der Parteimit-glieder und der werktätigen Massen zur festen

Verbundenheit mit der Sowjetunion. Als Vor- rsitzender des Verfassungsausschussesdes Deut-schen Volksrates war er maßgeblich an derAusarbeitung der Verfassung beteiligt, die nun-mehr zum obersten Gesetz des neuen Staates

geworden war. ,,Ein Meister des gesprochenenund geschriebenen Wortes", charakterisierte ihn

Volkskammerpräsident Dieckmann aus Anlaß

der Regierungsvorstellung, ,,hat er diese starkeWaffe unermüdlich für die Freunde und die'politischen Aktivisten des neuen Aufbaus und

gegen ihre Feinde ins politische Feld geführt."Seinem' Kabinett gehörten 14 Minister und3 stellvertretende Ministerpräsidenten an, alle5 Parteien- SED, CDU, NDPD, LDPD und DBD- waren in der Regierung-vertreten, ein Ministerwar parteilos. Zu stellvertretenden Ministerpräsi-

Mitglieder der Regierung; v.l.n.r': Fritz Selbmann, Lothar

Boli. Ernst Goldenbaum, Georg Handke, Hans Loch, Karl

Steinhoff

denten wurden Walter Ulbricht (SED), OttoNuschke (CDU) und Hermann Kastner (LDPD)

ernannt. Viele der neuen Minister trugen, wie

Otto Grotewohl einmal sagte, ,,ehrenvolle Nar-ben", ,,die sie m Kampf gegen den HitlerfaschisLmus, in den Zuchthäusern und Konzentrations-lagern" davongetragen hatten, so der Minister

für Planung, Heinrich Rau (SED), der Ministerfür Industrie, Fritz Selbmann (SED), der Mini-

ster für Außenhandel und Versorgung, Georg

Page 31: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 31/40

Handke (SED), der Minister für Land- undForstwirtschaft, Ernst Goldenbaum (DBD), derMinister für Justiz, Max Fechner (SED) und derInnenminister Karl Steinhoff (SED). Der Finanz-minister Hans Loch (LDPD) vdrlor während'desFaschismus seine Anwaltspraxis; der Volksbil-dungsminister Paul Wandel (SED) arbeitete alsEmigrant in der Sowjetunion in führenden

Funktionen der KPD; der Minister für Aufbau,Lothar Bolz (NDPD), fand in der sowjetischenEmigration den Weg an die Seite der kämpfen-den Arbeiterklasse, Luitpold Steidle (CDU), derMinister für Gesundheit und Arbeit. über dasNationalkomitee,.Freies Deutschland".Im In- und Ausland wurde mit großem Interessedie Regierungserklärung von Otto Grotewohlerwartet. Eindringlich legte Otto Grotewohl dieVerantwortung seiner Regierung für die Erhal-tung des Friedens in Europa dar: ,,Zwei Welt-kriege in einer Generation hat der deutsche

$$

Georg Handke im Stahlwerk Hennigsdorf

Mitglieder der Regierung; v.I. n. r.: Otto Nuschke, LuitpoldSteidle, Heinrich Rau, Paul Wandel, Fri'edrich Burmeister,Max Fechner, Hans ReingruberAm 13.Oktober 1949

Heinrich Rau im Walzwerk Kirchmöser.

Imperialismus dem deutschen Volke gebracht.Das darf sich nicht mehr wiederfrolen. Alle fort-schrittlichen Kräfte müssen vereint dafür sorgen,daß nie wieder der deutsche Imperialismus in

seinem Drang nach Eroberungen die Lebens-grundlagen des deutschen Volkes zerstörenkann. In diesem Sinne nimmt die Regierung den

$f$ärtr'

*F'

  i

i, i

J T

Page 32: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 32/40

Vor der Vereidigung der Regierungsmitglieder

Ministörausweis Karl Steinhoffs

Auftrag der Volkskammer an. Sie wird ihndurchführen in völliger Übereinstimmung mitden Beschlüssen der Potsdamer Konferenz undden sonstigen gemeinsamen Deklarationen derAlliierten."Mit dem Hinweis darauf, daß diese Regierungaus dem Volke selbst stammte, bekräftigte er

seine Worte. ,,Diese deutsche Regierung ist eineRegierung der Arbeit, der Demokratie und desFriedens " rief er unter dem Beifall der Delegier-ten aus. Mit großer staatsmännischer Weitsichtformulierte Otto Grotewohl das wichtigsteaußenpolit ische Prinzip unseres Staates:,,Diebefreiende flat der Sowietunion, die uns dieBildung einäi eigenen deutschen Regierung er-möglichte, v€rpflichtet uns, in Zukunft nochmehr als bisher für die Freundschaft mit derSowjetunion einzutreten . .. Die Freundschaft

mit der Sowjetunion, den Volksdemokratien undallen anderen friedliebenden Völkern ist daherdie Grundlage der Außenpolitik der Regierung."

32

Mit der Versicherung, daß die Regierung derDDR von ehrlichem Friedenswillen durchdrun-gen sei, wandte sich Otto Grotewohl an das neuePolen und die Tschechoslowakische Republik. I

Den polnischen Nachbarn versicherte er: ,,DieOder-Neiße-Grenze ist für uns eine Friedens-grenze, die ein freundschaftliches Verhältnis mi tdem polnischen Volk ermöglicht." Wie der Präsi-

dent Wilhelm Pieck, so widmete auch Otto Grote-wohl einen großen Abschnitt seiner Regierungs-erklärung den in der Innenpolitik der jungenRepublik zu lösenden Problemen. Er berichteteüber die Absichten der neuen Regierung, einebaldige Verbesserung der Lebens- und Arbeits-bed.ingupgen der Menschen zu erreichen. Aucher dankte den Kräften der Bevölkerung, die dieersten bescheidenen Erfolge derwirtschaftlichenEntwicklung ermöglichten:,,Der beginnendeplanmäßige Aufbau unserer Wirtschaft, dieplanmäßige Beseitigung der Kriegsschäden, dieplanmäßige Erhöhung der Produktion habenden Ring bereits durchbrochen, der jede Auf- iwärtsentwicklung unmöglich zu machen schien.Mehr Arbeit verlangt bessere Versorgung derArbeitenden. Bessere Versorgung der Arbeiten-den setzt mehr Arbeit voraus. Aus diesem Ringschien es eine Zeit1ang kein Entkommen zu ge-ben. Die Aktivistenbewegung in unserer Arbei-terschaft hat den Ring durchbrochen." Mit gro- '

ßer Achtung sprach er von den Entbehrungenund Anstrengungen, unter denen die besten

Vertreter der Arbeiterklasse an der Verbesse-rung der Produktion arbeiteten. Er erklärte, daßes die erste Amtshandlung der neuen Regierungsein werde, am nächstenTage, dem 13.Oktober,der zur Erinnerung an die erste Henneckeschichtam 13. Oktober 1948 zum ,,Tag der Aktivisten"erhoben worden war. sich den Menschen vorzu-stellen, die den Aufbau der Wirtschaft und desStaates rugen. ,,Wir werden am Tage der Aktivi-sten vor den Arbeitern in den Betrieben unserProgramm entwickeln und die Bestätigung des

arbeitenden Volkes einholen."Und so geschah es auch. Am 13.Oktober spra-chen die Repräsentanten des Arbeiter-und-Bauern-Staates vor den Werktätigen in den In-dustriezentren der DDR; Otto Grotewohl vormehr als 20000 Arbeitern der Leuna-Werke,Walter Ulbricht in den Traktorenwerken Horch' ,Zwickau und in der Karl-Liebknecht-Grube in,-Oelsnitz, Otto Nuschke im Benzinwerk Böhlen,Lothar Bolz in der Max-Hütte'Unterwellenborn,Hans Loch im Synthesewerk Schwarzheide, der

Verkehrsminister Hans Reingruber im Reichs-bahnausbesserungswerk Chemnitz (Karl-Marx-Stadt).

i ;

 -Tlli:tr*

"1",.'......,.

$u*\y

Bi* * t '# *sF |M

,r*, * {ral, 5 I *llfi tt(tff/^,bb * rt ,t f# s ,M'

" . e e l e . l M r t& i @

{ l ) t * f r - f ; . r F * r t *

4 4 r r t ü * 5 t 4 r 4 t . A r l q t q

*, r...,.'@tu..+r.#

Page 33: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 33/40

Aber zurück zum Tage der Regierungserklä-rung. Die Sprecher aller Fraktionen stimmtender Regierungserklärung Otto Grotewohls zu,die Volkskammer billigte das Regierungspro-gramm und sprach der Regierung ihr Vertrauenaus.Nachdem der neuen Regierung die herzlichstenGlückwünsche für ihre verantwortungsvolle

Tätigkeit übermittelt worden waren, schloß un-ter dem stürmischen Beifall der DelegiertenVolkskammerpräsident Dieckmann die Sitzungmit den Worten: ..Und nun: Du Schiff DeutscheDemokratische Republik, unter Deinen FarbenSchwarz-Rot-Gold glückliche Fahrt "In einem feierlichen Staatsaktwurden am Abenddes 12. Oktober 1949 die Mitglieder ddr neuenRegierung vom Präsidenten der Republik indessen Amtssitz Schloß Niederschönhausen aufdie Verfassung vereidigt. Präsident WilhelmPieck vereidigte jedes einzelne Mitglied derRegierung und forderte es auf, seine Amtsge-schäfte getreu der Verfassung zum Wohle deöVolkes zu führen. Zuvor hatte MinisterpräsidentOtto Gf,otewohl im Namen seiner RegierungdemPräsidenten die Versicherung abgegeben, daßsein Kabinett stets die Verbindung zu allen fried-liebenden Menschen sichern und daraus Kraftfür seine Arbeit schöpfen werde. ,,Nach dervollzogenen Eidesleistung sind Sie nunmehramtierende Mitglieder der Regierung der Deut-schen Demokratischän Republik", erklärte Wil-helm Pieck und sagte weiter: ,,Ihre und meinewichtigste Aufgabe wird es sein, die Freundschaftmit der Sowjetunion zu festigen und sie unzer-störbar zu machen."Im Anschluß an die Vereidigung fand eine festli-che Zusammenkunft im Amtssitz des Präsidentenstatt - der erste Staatsempfang der DeutschenDemokratischen Republik.

Aus den USA übermitteltenHeinrich Mann und LionFeuchtwanger ihre Glück-wünsche:

, ,L ieber, sehr verehrter Prä-sident Wilhelm Pieck.Erlauben Sie uns, Ihnen unddem Kanzler Otto Grote-wohl unsere herzlichsterrWünsche auszusprechen.Wir brauchen Ihnen nicht zuversichern, mit weich tieferTeilnahme wir das Schicksalder jungen Republik unterIhrer beider Führung ver-folgen.

In aufrichtiger VerehrungHeinrich MannLion Feuchtwanger"

lmperio

Imperialistische Politiker und großbürgerlicheZeitungen reagierten auf die Gründung derDDR mit blindem Haß. Presseerzeugnisse derBRD prophezeiten das baldige Ende des neuenStaates: ,,Die Agonie der Zone hat begonnen.Bald wird ihr Tod eintreten" - so der ,,Tages-spiegel" vom 7. Oktober 1949; die ,,Ruhrnach-richten" orakelten: ,,Diese sogenannte DDR,deren wirtschaftliche Existenz nur auf Ruinen-fledder.ei beruht, wird das Jahr 1950 kaumer- geschweige denn überleben."Konrad Adenauer nahm am 21. Oktober 1949im Bundestag Stellung zur Gründung der DDRund bezeichnete die Schaffung unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates als einen ungesetzlichenAkt. Mit der Behauptung, ,,die alleinige legiti-mierte staatliche Organisation des deutschenVolkes" sei die Bundesrepublik, stellte er sich aufden Boden des Alleinvertretungsanspruches.,,Unser vornehmstes Ziel wird es sein", verkün-dete er, ,,gvnz Deutschland auf den Boden desRechts und der Freiheit zu einen und es n eineeuropäische Ordnung hineinzuführen." Damitumschrieb er die Absicht imperialistischerKreise. die DDR ihrem Machtbereich einzuver-leiben. Andere CDU-Politiker wie Jakob Kaiserwurden in dieser Frage deutlicher und forder-ten, es müsse ein ,,politischer und moralischerFeldzug gegen den Kommunismus geführt wer-den." Willy Brandt hoffte, daß Westberlin dieFestigung der DDR ,.so sehr wie möglich" er-schweren werde.Durch amtliche Richtlinien wurden Politiker und

Journalisten in der BRD über Jahre hinwegangewiesen, unseren Staat nicht mit seinemoffiziellen Namen zw bezeichnen, sondern, , P h ä n o m e n " , , , G e b i l d e " , , , Z o n e " , , , M i t t e l -deutschland" oder ,,sogenannte DDR" zu nen-nen.Natürlich gab es auch realistischere Stimmen imkapitalistischen Rlätterwald.'Einige bürgerlicheZeitungen, wie z.B. die ,,Bäse'ler Nationalzei-tung", sprachen offen aus, daß die Schaffung derRegierung in. Berlin in gewissem Sinne eine

schwere Niederlage für die Westrnächte sei. Diefranzösische Zeitung ,,Le Monde" ug- 12. Ok-tober 1949 schrieb über die Entwicklungsmög-

e

* i

5i

33

Page 34: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 34/40

dings wurden siesehr bald entlarvt und aus hrenFunktionen entfernt.Aber auch in breiten Kreisen der Bevölkerung,selbst unter Arbeitern, gab es noch unklareVorstellungen von der Rolle der Arbeiterklasseund Mißtrauen oder Zweif.el gegenüber derPartei der Arbeiterklasse. Viele Menschen ver-mochten nicht, sich vorzustellen, daß die kleine,

rohstoffarme DDR auf die Dauer existierenkönnte - sie kannten die Kraft der internationa-len Solidarität noch nicht. Verbunden mit derSowjetunion und den anderen sozialistischenLändern widerstand unsere Arbeiter-und-Bau-ern-Macht allen Provokationen und entwickeltesich zu einem stabilen und leistungsfähigen sozia-listischen Staat.

, , Ihre Poli t ik der Llntenqer-lurlg Llnter clie Pläne der

Westmächte - allcs das gehrdarauf zurück, dalJ lhnendieser politische und wirt-schaftliche Kurs hier irlWesten auf den Leib ge -schrieben ist, Hcrr Korrrad;\denauer. Zwei ProzentClewinn unter dern Schattendes Dollars - das it besseralsSozialisierung und Enteig-nurrg der Betriebe derKriegsverbrecher . . Das istder Inhalt Ihrer Politik. Iclihabe schorr einmal gesagt,

, l . t l iS ie h t .nu l j r z r re i r r e l i i r

Sie im Augenblick bösenPoli t ik gute Miene machen,

u'eil Sie auf den Augerrblii:kwarten, cla Sic als Vertreterdes deutschen irnperialistr-schen Kapitals wieder offen-sive imperialistische Politikrnachen können."

So charakterisierte der konr-munistisr:he Abgeoldnr:tcHeinz Renner im Parlamen-tarischen Rat bereits vor der(irünclung der BRI) rlcncrsten K:lnzler dieses St:r..-tes.

Der Kanzler der BRD Konrad Adenauer während seinerRegierungserklärung am 21. Oktober 1949

lichkeiten unseres Staates: ..Er wird mit demOsten und sogar mit dem Fernen Osten in Wirt-schaf sbeziehungen treten, die Westdeutschlandverschlossen sein werden." LJnd die britische,,Times" vom 15.Oktober warnte vor einerUnterschätzung der neuen politischen Lage. ,,Biszu den Wahlen im nächsten Oktober wird dieRegierung sicherlich bedeutende Erfolge avfzu-weisen haben. Viele Deutsche werden stolz aufihren Staat sein."1949 und in den folgenden Jahren mußte unser

junger Staat einen schweren Kampf gegen dieAngriffe der imperialistischen Reaktion führen,die mit Sabotageakten, Sprengstoffanschlägen,Wirtschaftskrieg und ideologischer Diver3iongegen die erste deutsche Arbeiter-und-Bauern-Macht auf den Plan trat. Sogar in der Provisori-schen Volkskammer saßen Feinde. wie sich her-ausstellte. Dqf stellvertretende Volkskammer-präsident H"& Hickmann (CDU) und der Frak-tionsvorsitzende dieser Partei. der sächsischeFinanzminister Gerhard Rohner, arbeiteten den

imperialistischen Kräften in, der BRD in dieHände. Hinter ihnen standen bekannte Kon-zerne wie AEG, Telefunken und Flick. Aller-

34

,,Die Aufeabe 6". 561r,jerr-schen Kontrollkomnissiorrbesteht n der Kont lo l le dcrDurchftihrung cler Pots(l.rrner Beschliissc uncl der' :rr-delen von den vier N{ächterrscmeinsarn getrof fcn€n Etlt-si:heidungen iiber l)eutsc:h-land. I)ies bedeutet, <laß clie

Provisorische Regierunu tlt:rI )eutschen Demokrat ischerrRepublik ihre

' lät igkeitatr l

Cl.rund cler Verfassung cler'Deutscherr I)ernokr:rtischrr rl{epublik in l-r'eiheitausti}r<:rrk ln t r . so r rc i l< l iesc : i t i e k l i rni<:ht den Potscl:rrner lle-schl i issen und clen Vcr -

pf l ichtungen zurviclcr lärrf t ,d ie s i rh ; r r r : l cn , Je rn t . i r s : r -

men Bcschlt.rssen clel vieN{ächte ergeben."

Aus der L,rklärung Arrnee-general l'schuikorvs \'()lnl l . November 1949

Page 35: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 35/40

ietunionDie

Der sowjetische Botschafter in der DDR, G. M. Puschkin, imAmtssitz Wilhelm Piecks am 4. November lg49

Am 13. Oktober 1949 erhielt die ProvisorischeRegierung der Deutschen Demokratischen Re-publik eine Botschaft der Regierung der Unionder Sozialistischen Sowjetrepubliken - unrer-zeichnet vom Vorsitzenden des Ministerrates.

J. W. Stalin, deren Kernsätze lauteten: ,,Die

Bildung der Deutschen Demokratischen fried-liebenden-Republik ist ein Wendepunkt in derGeschichte Europas. Es unterliegt keinem Zwei-

fel, daß die Existenz eines friedliebenden demo-kratischen Deutschlands neben dem Bestehender friedliebenden Sowjetunion die Möglichkeitneuer Kriege in Europa ausschließt, dem Blut-vergießen in Europa ein Enderbereitet und dieKnechtung europäischer Länder durch dieWeltimperialisten unmöglich machr."Vor aller Welt reichte die Sowjetunion der Regie-

rung der DDR die Freundeshand und verhalfdamit den Kräften des Fortschritts an einerentscheidenden Front.im Flerzen Europas zumDurchbruch. Mit welcher Weitsicht sie die neuepolitische Situation einschätzte, können wir erstheute - nach 30 Jahren Frieden'- richtig ermes-sen. Am lS.Oktober 1949 meldete die sowjeti-sche Nachrichtenagentur TASS:,,Die Sowjetre-gierung hat am 15. Oktober 1949 den Beschlußgefaßt, diplomatische Missionen mit der Proviso-rischen Regierung der Deutschen Demokrati-schen Republik

auszutauschen. Die Sowjetregie-rung hat G. M. Puschkin zum Chef der Diploma-tischen Mission der UdSSR ernannt." ErsterBotschafter der Deutschen Demokratischen Re-publik in der Sowjetunion wurde Rudolf Appelt.Damit war die Sowjetunion der erste Staat derErde, der die Deutsche Demokratische Reoublikdiplomatisch anerkannte.In Kommentaren des Moskauer Rundfunksund in der sowjetischen Prbssewurde die Grün-dung der DDR als ein Ereignisvon großer inter-nationaler Bedeutung gewürdigt. In den Räu-men der Moskauer Zentralen Staatsbibliothekfür ausländischeLiteratur fand eine Ausstellungstatt, die der Deutschen Demokratischen Repu-blik gewidmet war. Ebenso gedachte man in Kiewder neuen Staatsmacht der deutschen Arbeiterund Bauern.Am I I. Növember 1949 empfing die SowjetischeKontrollkommission in Deutschland die neueRegierung der DDR und übertrug ihr die bishervon der Sowjetischen Militäradministration inne-gehabten Verwaltungsfunktionen. Einen Tag

später, am 12. November, erfolgte die übergabein Berlin und in den einzelnen Ländern derDDR.Auf diese Weise leistete die Sowjetunion einennicht hoch genug zu schätzenden Beitrag für dieEntwicklung der Freundschaft mit der Deut-schen Demokratischen Republik.

, ,i;

i

Freundeshon

35

Page 36: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 36/40

Otto Grotewohl am 11. November 1949 in Karlshorst

Generalmajor A. G. Kotikow übergibt dem Berliner Ober-bürgermeister, Friedrich Ebert, die Verwaltungsfunktion fü rdie Stadt.

36

Page 37: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 37/40

DieDDR-einFoktor

desFriedensuSoziofismusNicht nur die Sowjetunion, sondern das gesamtedemokratische und antiimperialistische Lagerbegrüßte die Gründung der DDR. Vor allem diebenachbarten Völker, die bittere Erfahrungenmit dem deutschen Imperialismus gesammelthatten, äußerten ihre Genugtuung über dieseWende in der Geschichte Europas. Die polnischeZeitung ,,Trybuna Ludu" erklärte am l2.Ok-tober: ,,Es entwickelten sich die Kräfte. denendas gesamte Lager des Friedens mit der UdSSRan der Spitze vertrauen kann und zu denen die

Nachbarn Vertrauen haben. Diesen Kräftenübergab die Sowjetirih. tr,tilitaradministrationdie Macht in der DDR."Ihre Befriedigung darüber, einen friedlieben-den Nachbarn zu haben, mit dem sich in gutemEinvernehmen leben ließ, sprach auch dietschechoslowakische Presse aus.,,Deshalb kön-nen wir die von der Deutschen Volkskammergefaßten Beschlüssenur begrüßen", qchrieb diePrager Zeitung ,,Lidove Novini", ,,dä sie dieSicherheit geben, daß wir letzten Endes trotz allerIntrigen des

Weltimperialismus einen solchenNachbarn haben werden." Die rumänische Zei-tung

',,RomaniaLibera"..drückte aus, was die

fortschrittlichen Kräfte in vielen Ländern emp-fanden: ,,Zum erstenmal. ersteht ein deutscherStaat, auf den die anderen Völker Europas ohneUnruhe blicken können."Am 17.Oktober erkannte auch Bulgarien dieDDR diplomatisch an, am 18. Oktober folgtenPolen und CSR, Ungarn am 19.Oktober, Rumä-nien am 22. Oktober und später weitere Staatendes Friedenslagers.

Auch die Kommunisten und fortschrittlichenWerktätigön Italiens, Frankreichs, Großbritan-niens, Finnlands, der Schweiz und anderer kapi-

Die ersten bedeutenden und für denjungen Arbeiter-und-Bauern-Staatcharakteristischen Geserze, die dieVolkskammer beschloß:

Gesetz zum Schutze d3r Arbeitskraftder in der Landwirtschaft Beschäftig-ten - 7. Dezember 1949

Gesetzüber die Teilnahme der Jugendam Aufbau der Deutschen Demokrati-s-chen Republik und die Förderungder Jugend in Schule und Beruf, beiSport und Erholung .- 8. Februarr950

Gesetz der Arbeit zur Förderung undPflege der Arbeitskräfte, zur Steige-rung der Arbeitsproduktivität und zur

weiteren Verbesserung der materiel-len und kulturellen Lage der Arbeiterund Angestellten - 19.April 1950

Gesetz zur Förderung d'ösHandwerks- 9. Augusr 1950

Gesetzüber den Aufbau der Städte inder Deutschen Demokratischen Repu-blik und der Hauptstadt Deutsth-lands, Berlin (Aufbaugesetz) - G.Sep-

tember 1950Gesetzüber die weitere Verbesserungder Lage der Umsiedler in der Deut-schen Demokratischen Repubtik8. September 1950

Gesetz über den Mutter- und Kin-derschutz und die Rechte def Frau -27. September 1950

Gesetz zum Schutze des Friedens -

15.Dezember 1950

t i: *

ll

talistischer Länder standen auf der Seite unseresjungen Arbeiter-und-Bauern-Staates. Das polit-büro der Französischen Kommunistischen Parteibegrüßte die Gründung der DDR, die auch denInteressen des französischen Yollies entspräche.Auf einer Massenversammlugg in paris führteder Generalsekretär der FKPI Maurice Thorez,aus, daß diq Werktätigen Frankreichs die

Deut-sche Demokratidche Republik als eine Friedens.garantie betrachteten. Die ,,Humanit6" vom29. Oktober 1949 gedachte des gemeinsamen

31

Page 38: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 38/40

Kampfes deutscher und französischer Antifa-schisten und erinnerte an den kommunistischenArbeiter Jean-Pierre Timbaud, der vor demHinrichtungskommando der deutschen Faschi-sten ausrief : ,,Es ebe die Kommunistische Partei

Deutschlands "Als Alexander Abusch Ende Oktober 1949 an-läßlich einer Tagung des Ständigen Weltfrie-densrates auf der Piazza Giovanni vor 200000Einwohnern Roms sprach und erklärte: ,,Es istwenige Jahre her, daß zur Zeit der faschistischenAchse Hitlers und Mussolinis die Deutschen alsimperialistische Unterdrücker, als Sendboten desVölkerhasses und, des Krieges nach Italien ka-men. Ich komme zu Ihnen als Vertreter derdeutschen Antifaschisten ;und Friedenskämpf er.Ich komme zu Ihnen aus der neuen, friedlieben-den deutschen Republik und überbringe demitalienischen Volk die brüderlichen Grüße derdeutschen Friedenskämpfer", brachen die Teil-nehmer der Kundgebung in Ovationen für.diöneue Regierung aus.Fr6d6ric Joliot-Curie, der damalige Präsidentdes Weltfriedenskomitees, brachte nach dieserTagung in qinem ADN-Interview zum Aus-druck: ,,Wir häben den jugendfrischen Atem derDeutschen Dd_'mokratischen Republik gespürtund sind gewissermaßen persönlich zum ersten-

mal mit dem deutschen Novum in der euro-päischen Geschichte in Berührung gekommen."Ein dicker Schlußstrich wurde unter die jahr-

38

Die ersten Briefmarken mit der Staatsbezeichnung ,,Deut-sche Demokratische Republik"Münzen, herausgegeben anläßlich des 25.Jahrestages der

Gründung der Deutschen L)emokratischen Republik

I l i immerfrau, Plast ik von l ' r i tz ( ) enrcr

zehntelange nationalistische und zum Kriegetreibende Politik gezogen, die von deutschenStaaten'ausging. Die DDR trat in die Weltpolitikein als ein Faktor, der das Lager des Friedens, derDemokratie und des Sozialismus stärkte.

,,Wir sind damals, als die Rppublik gegründetwurde, als die Jugend in jenem historischenFackelzug immerwährende Treue zur Sache desVolkes gelobte, mit dem Willen und dem Be-wußtsein ans Werk gegangen, etwas Neues zuschaffen, ein Staatswesen,das den Interessen derwerktätigen Menschen entspricht. Damals wurdeeine revolutionäre Entscheidung getroffen, eineEntscheidung, die mit den Gesetzen und Erfor-dernissen des historischen Fortsöhritts im Ein-klang stand. Wir haben niemals daran gezweifelt,daß uns dieser Weg viel Kraft abverlangenwürde. Doch der Kampf hat sich gelohnt. Wassich damals in unseren Vorstellungen und Träu-men als Zukunftsvision darstellte - das ist heuteWirklichkeit." (Erich Honecker)

Page 39: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 39/40

Der Staat

Ein Staat, geboren aus des Volkes Not,Und von dem Volk zu seinem Schutz gegründet *

Ein Staat, der mit dem Geiste sich verbündetUnd ist des Volkes bestes Aufgebot -

Ein Staat, gestaltend sich zu einer Macht,

Die Frieden will und Frieden kann erzwingen -Ein Staat, auf aller Wohlergehn bedachtUnd Raum für jeden, Großes zu vollbringen -

Ein solcher Staat ist höchster Ehre wert.Und mit dem Herzen stimmt das Volk dafür,Denn solch ein Staat dient ihm mit Rat und Tar -

Ein Staat, der so geliebt ist und geehrt,Ist unser Staatr'und dieser Staat sind wir:Ein Reich des Menschen und ein Menschen-

Staar.

Johannes R. Becher

, . ' , i .

'pll ;:;

-" i

*

ii',r

ii

l::;:.'.,-'*

Pj:fdii. i . r ' i l t ' - ,

' -,j.@"'s''ä

Page 40: Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

7/21/2019 Illustrierte Historische Hefte / Heft 02 / 1977

http://slidepdf.com/reader/full/illustrierte-historische-hefte-heft-02-1977 40/40

Erweiterte Oberschule

,, lv4,AXPLANCK.1 ( ) 4 B e r l i n - M i t t eAuCIuslrstraße l4-16

frtai,; i '-:, j i lL*

I t i $ n i i * . : S q l : : : : * ü I t i l t t l d ll r l l , l : : : : i l r r i ü , ' j , Mi r t t r : : r l t l t t , 4 r r r ,

t I t r : r ? r . o . r . . l * l

t*#;;:;;':"j;#*l

Herausgeber : dentralinstitutfür Geschichtdder Akademieder Wissenschäftender DD R

Verlagslektor: U. Sell

- - ' - , i r ' ' F ' - ?

2. AuflageLichtsatz: INTERDRUCKGraphischer Großbetrieb

Leipzig - IIIlI8l97

'1t--

reproduktionen K. Klingne,r,H. Nixdorf t .Der Verlag dankt für Unter-

stützung und Veröf f entlichungs-

it#

t' ,1mgtr;'lltlt|rlilgi''; tf$