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1. Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
-heute meist Simplicius Simplicissimus, ist ein Schelmenroman erschienen 1668, datiert auf 1669. Er gilt als der erste Abenteuerroman und als das wichtigste Prosawerk des Barocks in deutscher Sprache. Grimmelshausen veröffentlichte den Roman unter dem Pseudonym German Schleifheim von Sulsfort, einem Anagramm seines richtigen Namens. Der Autor zeichnet hier ein detailreiches Bild des Dreißigjährigen Krieges sowie der verwilderten deutschen Gesellschaft nach dem Krieg. Zwischen Grimmelshausen und seiner Hauptfigur gibt es nachweisbar einige biographische Parallelen, aber keine völlige Übereinstimmung. Das Werk beschreibt den Lebensweg von Melchior Sternfels von Fuchshaim, der als Kind von 10 Jahren von Soldaten verschleppt wird. Mit Glück rettet er sich in den Wald, wo ihn ein Eremit (pustinjak) aufnimmt und christlich erzieht; dieser gibt ihm auch den Namen Simplicius, der 'Einfältige'. Als der Einsiedler nach zwei Jahren stirbt, beginnt für Simplicius das unstete Leben. Zuerst ist er Page des schwedischen Kommandanten in Hanau. Kroatische Reiter zwingen ihn zum Mitziehen, bald aber kann er zu den kaiserlichen Truppen in Magdeburg gelangen und wird, weiterhin als Narr, dem dortigen Hofmeister zugewiesen. Dessen Sohn, Ulrich Herzbruder, wird Simplicius' bester Freund und treuer Begleiter. Magdeburg steht vor der großen Zerstörung, Simplicius kann mit Ulrichs Hilfe fliehen und rettet sich als Diener eines Dragoners in ein Kloster, wo er die Bibliothek nutzt und fechten lernt. Simplicius begibt sich nach Paris, erlebt dort als Lautenist und Schauspieler erotische Abenteuer. Auf dem Weg zurück wird er von den Pocken befallen und versucht sich selber als Wunderheiler, kommt aber gezwungenermaßen zum Soldatendienst in Philippsburg. Ulrich Herzbruder kann ihm erneut heraushelfen; zusammen machen sie sich als Pilger nach Maria Einsiedeln in der Schweiz auf. Die Wallfahrt wird jedoch nach Wien abgelenkt, wo Simplicius vorübergehend Hauptmann ist, Herzbruder aber schwer erkrankt. Auch die Reise in den Schwarzwald hilft nicht mehr: Ulrich stirbt, und Simplicius steht wieder alleine da. Nach Begegnungen mit der seltsamen Figur 'Gott Jupiter', den er schon als 'Jäger' kennengelernt hatte, und der Landstörzerin Courage heiratet Simplicius eine Bauerstochter, da er inzwischen verwitwet ist; die Ehe ist unglücklich, seine Frau ergibt sich zunehmend dem Alkohol. Simplicius' 'Knan' erscheint und klärt ihn über seine Herkunft auf: er heiße Melchior Sternfels von Fuchshaim, sei Kind einer Adligen, die den Bauern den Säugling anvertraut habe. Der Eremit, sein erster Lehrer, stellt sich als sein Vater heraus, der Hanauer Stadtkommandant als sein Onkel. Simplicius gibt seinen Hof Knan und Meuder in Obhut und forscht nach dem Geheimnis des nahe gelegenen Mummelsees. Ein Offizier überredet ihn zur Reise nach Moskau, wo für ihn eine Odyssee beginnt. Völlig verarmt wird er in die Welt getrieben: von Tataren, Portugiesen, Türken, Ägyptern und Venetianern wie eine Ware gehandelt, gelangt er über Korea, Japan,
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die Ostindischen Inseln, Konstantinopel, Rom zurück in den Schwarzwald; dort beschließt er, Eremit zu werden, und sagt der Welt"Adjeu". In der Continuatio bedrängen Träume und Visionen den Einsiedler: Luzifer erscheint mit seinem Gefolge, ein Edelmann Julus besteht mit seinem Diener Avarus seltsame Reisen, und schließlich begibt sich Simplicius wieder in die Welt, um nach Ägypten zu wallfahren. Doch das Schiff, auf dem er sich befindet, erleidet Schiffbruch; mit knapper Not kann er sich mit einem Zimmermann auf eine einsame Insel retten. Hier widersteht er der letzten Versuchung in Gestalt einer abessinischen Köchin und verbleibt, nachdem sein Kamerad durch Übergenuss von Palmwein stirbt, als frommer Einsiedler auf der Insel, worüber die letzten fünf Kapitel als 'Relation' eines holländischen Schiffskapitäns berichten, der die vorangegangenen 'Memoiren' erhalten hat, als er auf der Heimfahrt von den Molukken wegen einer Notlage auf Simplicius' Insel an Land gegangen war.
2. Schelmuffsky, Christian Reuter
Der Roman ist eine Erweiterung des gesamten Zyklus über die Familie Müller. Schelmuffsky ist eigentlich der ältere Sohn der Witwe Müller. Sein Name im wahren Leben war Eustacius. Schelmuffsky ist Ich-Erzähler des gleichnamigen Romans in Form einer Reisebeschreibung. Es ist schwierig zu bestimmen, um welche Art des Romans es sich handelt: Schelmen-, Abenteruerroman oder Münchhausiade. Er erzählt davon, wie er verschiedene Länder und Kontinente bereist und die Leute, die er kennengelernt. Durch Darstellung anderer Menschen charakterisiert er sich selbst. Im Roman werden Vorstellungswelt der Protagonisten und die sozialen Verhältnisse dargestellt. Schelmuffsky’s Reiseweg beginnt gleich mit seiner Geburt, die von einer Ratte verursacht ist. Das ist ein Motiv, das immer wieder im Werk vorkommt. Die Geschichte über die Ratte ist ein Texteinschub, der zur Unterbrechung der Handlung dient und somit ein episches Motiv darstellt. Die Erzählung bezieht sich auf seine Herkunft, die er eigentlich verbergen (sakriti) und verschönen möchte. Da die Ratte ein Symbol des Schädigens ist, kann die Bedeutung des Symbols mit der Persönlichkeit des Protagonisten verbindet werden. Eine große Ratte zerreißt das Kleid seiner Mutter und da man es nicht schafft, sie totzuschlagen, fällt seine Mutter in eine Ohnmacht und Schelmuffsky erblickt dadurch 4 Monate zu früh die Welt.Schelmuffsky verlässt seine Mutter, um in die Welt zu ziehen, weiß jedoch nicht wohin. Da trifft er auf einen Grafen, der ihn mitnimmt. Schelmuffsky erzählt eine unglaubwürdige Geschichte, die der Graf ihm erzählt haben soll und fügt die Anekdote seiner Geburt an. Schelmuffsky erzählt nicht bloß von den gefährlichen Reisen, die er gemacht hat, sondern er will währen ddieser Reisen auch in der feinsten Gesellschaft verkehren
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und überall durch sein kavaliermäßiges Benehmen, Aufsehen und Erstaunen hervorgerufen haben. Von allen Männern will er gefürchtet, von allen Damen geliebt worden sein. Nämlich ist Schelmuffsky ein Kavalier nur, wenn solches Benehmen von ihm erwartet ist. Für ihn ist das Kavaliersein keine Lebensweise, sondern dient es ihm nur seine Lage als „einbrav Kerl“ in seinem Sozialkreis zu versichern und bestätigen. Auf dieser weise parodiert Reuter das Kavaliersideal. Auch sehr offensichtlich ist Reuters Bitterkeit auf alles, dass man unter Noblesse versteht. Schelmuffsky ist ein Überrest der Picaro-Tradition, er aber gehört keinem literarischen Typ an. Der junge, den Schelmuffsky in Padua trifft ist sein Spiegelbild der Selbstdarstellung. Er erkennt sich in der Persönlichkeit dieses Jungen. Das gesamte Werk lässt sich auch durch die Komödie Graf Ehrenfried erklären. Das Werk basiert sich auf den politischen Verhältnissen. Das Motiv ist der Konfessionswechsel des sächsischen Fürsten. Reuters Werk wurde in der Zeit der Aufklärung wenig akzeptiert. Erst in der Romantik stieß der Roman auf größeres Interesse.
3. An Ihren Spiegel, Paul Fleming
O Du drey- viermahl mehr glückseeliger als ich!Der du der Liebsten Glantzin deinem Auge trägest und selbst zu lieben sich das schöne Kind bewegest daher sie nur wird stoltz sieht weit hin über mich Giebt ihre Gunst ihr selbstund achtet mehr auff dich In dem du bist bemühtund höchsten Fleiß anlegest daß du dich wie sie sichan allen Gliedern regest durch dich schaut sie sich an und redet selbst mit sich.Du rechtes Freuden-werckvon früh an bis zu Nachte wie mach' ichs daß ich sie doch einmahl so betrachte als wie du allzeit thust?So meyn' ich kan es gehn Versuch es einen Tag und gönne mir dein Glücke.
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Und daß ich wieder gleichin ihre Blicke blicke So laß dies Auge hier an deine Stelle stehn.
Hier gibt es Bildersprach und versteckte Metaphern. Spiegel- Selbstprüfung, Selbsterklärung, Selbsterkenntnis, Klugheit und Wahrheit. Spiegel spricht mit ihr und spricht über sich selbst. Selbstveränderung; Liebe reflektiert sich am Spiegel; petrarkische Motive.
Nach diesen Ausführungen möchte ich am Ende das Sonett An ihren Spiegel(26) (Sonette,
IV. 14.) darstellen, anhand dessen Bildersprache und den versteckten Metaphern in der
Tiefenstruktur des Gedichts sich vor dem Hintergrund der bisher dargestellten
Lebensmaximen Flemings Liebesphilosophie veranschaulichen lässt. Der Spiegel als ein
„drei viermal mehr Glückseliger“ (V. 1.) und ein „rechtes Freudenwerk von früh an bis zu
Nachte“ (V. 9.) wird von dem Liebenden beneidet, weil die Geliebte sich durch den Spiegel
und nicht durch die Augen des Liebenden schaut und selbst anredet. Die Liebe reflektiert
sich im Spiegel, der das ersehnte und verdoppelte Selbst des Betrachters im Äußeren
entdecken lässt. Der Spiegel ist nach einem der wichtigsten antiken Vertreter der
Stoizismus, nach Seneca dem Jüngeren, das Symbol der sittlichen Selbstprüfung, er
offenbart mehr als nur die äußere Erscheinung, er zeigt das innere Wesen des Menschen:
„Inventa sunt specula, ut homo ipse se nosset, multa ex hoc consecuturus, primum sui
notitiam, deinde ad quaedam consilium” (Naturales questiones, I, 17, 4). Als Zeichen der
Selbsterkenntnis ist der Spiegel das Attribut der Tugenden Prudentia, Veritas und Iustitia
bzw. ist er in seiner Ambivalenz das Zeichen der Eitelkeit, der Vanitas, und das Attribut der
Wollust.(27) Als Instrument der Selbstbetrachtung ermöglicht er es dem liebenden Ich die
Frage nach der existentiellen Qualität der Liebe zu stellen und seine eigene Stelle in diesem
Verhältnis zu bestimmen. Indem das dichtende Ich in der Pein der Liebe nur ein Schein von
sich selbst ist und sein eigenes, autonomes Selbst verliert, soll es einen Halt, sein anderes
Ich, sein Abbild finden. Die Geliebte und die Relation zu ihr, die Liebe ist das Medium, das
den Kontext zur Selbstfindung und Selbstbehauptung ermöglicht. Die Liebe ist einerseits als
Affekt eine Herausforderung, die angestrebten stoischen Maximen zu halten, andererseits
führt sie einen als Antriebskraft durch die transformierende Wirkung des Bestrebens zur
Selbstveränderung. In diesem Sinne wird die constantia nicht als eine regungslose und
erduldende Haltung und eine unbewegte Leidenschaftslosigkeit, sondern als eine
vorwärtsdringende Tapferkeit interpretiert.(28)
Diese Liebe ist eine vermittelte, durch das Ich strömende und von ihm veränderte Erfahrung,
ein angeeigneter kontrollierter subjektiver Zustand, der der systematischen Welt- und
Lebensordnung entspricht. Obwohl die Liebesbeziehung einen zur Affektkontrolle ermahnt,
hilft sie bei der Suche nach der Selbstversicherung und der Autonomie. Die Selbst-
Ständigkeit und das autonome Verhalten bilden sich als eine Reflexion im Poetischen
heraus, die ein unsicheres außertextuelles Ich entlarvt. Flemings Auseinandersetzung mit
den petrarkistischen Motiven, mit der neuplatonischen und der neustoizistischen Philosophie
und der protestantischen Religion führt im Kontext der Liebe zu einer Ich-Bildung im
Poetischen, die ein durch die philosophischen und religiösen Maximen vermitteltes und
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kulturell bzw. textuell geformtes Selbstbild zustande bringt, das seine Grenzen und seine
Beständigkeit in der Relation zu dem Außen-Ich sucht.
(ova ne treba, nego mi je jako lepa) Ode Pein der Liebe Ich schlaf’, ich träume bei dem Wachen,ich ruh’ und habe keine Ruh’,ich tu’ und weiß nicht, was ich tu’,ich weine mitten in dem Lachen,ich denk’, ich mache diß und das,ich schweig’, ich red’ und weiß nicht was. Die Sonne scheint für mich nicht helle,mich kühlt die Glut, mich brennt das Eis,ich weiß und weiß nicht, was ich weiß.Die Nacht tritt an des Tages Stelle.
Itzt bin ich dort, itzt da, itzt hier,ich folg’ und fliehe selbst für mir.
4. Ode V, Martin Opitz
Kompt last vns außspatzieren Zu hören durch den WaldDie Vögel musiciren Das Berg vnd Thal erschallt. Wol dem der frey kan singen Wie jhr / jhr Volck der Lufft;Mag seine Stimme schwingenZu der auff die er hofft. Ich werde nicht erhöret Schrey ich gleich ohne Rhu;Die so mich singen lehretStopfft selbst die Ohren zu. Mehr wol dem der frey lebet Wie du / du leichte Schar In Trost vnd Angst nicht schwebet Ist ausser der Gefahr. Jhr werdet zwar vmbgangen Doch helt man euch in werth;Ich bin von der gefangenDie meiner nicht begehrt. Jhr könnt noch Mittel finden Entfliehen auß der Pein;Sie muß noch mehr mich binden Soll ich erlöset sein.
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Einer der bekanntesten deutschen Lyriker des Barock. Motive: Natur, „Vögel musicieren“, er genießt der Natur, die Sohne scheint, alles blühmt, seine Gefühle...
5. Bey diesem hochbetrübten Leben, Simon Dach
Das ist ein religiöses Gedicht. Er beschreibt, was wird sein, wenn der Gott wieder auf die Erde kommt. Alle Gräber werden geöffnet und alle Gestorbene wiedererweckt. Er sagt, dass diejenigen, die schlechtes Herz haben und sündhaft gelebt haben, werden bestraft sein. Christus wird sie nicht erkennen, sie werden Brand und große Schmerzen bekommen. Diejenigen, die in der Reinheit der Seele gelebt haben, werden verehrt sein, sie werden Jesus Tag und Nacht dienen und seine Liebe im Tempel preisen. Sie werden in Ruhe ohne Ende leben. Er bittet Jesus am Ende um Geduld, um trostes Wort und Stärke in der menschlichen Schwachheit.
Bey diesem hochbetrübten Leben
O wol uns, daß der Todt
Vns aller Müh' und Noht
Mus eine selig' Endschafft geben,
Vnd bringt uns fein aus allem Jammer
In unsre Kammer.
Mehr aber wol uns wegen dessen
Daß, sind wir gleich auch gar
Mit Haut, Gebein und Haar
Von der Verwesung auffgefressen,
Wir aus dem Staube dürrer Erden
Erwachen werden.
Wenn Gottes Trompte wird erklingen
Von oben aus der Lufft,
Vnd mächtig durch die Grufft
Der tieffen Gräber selber dringen,
Vnd alle Menschen, wo sie stecken,
Wird aufferwecken,
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Dann werden die verkehrten Hertzen,
So Christus nie erkand,
Zu Lohn empfangen Brand
Vnd unaußsprechlich grosse Schmertzen,
Vnd wir, die wir Ihm angehören,
Den Krantz der Ehren.
Dann werden wir das Lamb umbringen,
Ihm dienen Tag und Nacht,
Vnd seiner Liebe Macht
In seinem Tempel ewig singen,
Vnd über uns wird Rhu und Leben
Ohn Ende schweben.
Mit dieser Hoffnung wol versehen
Last uns gedultig seyn,
Mit was Gefahr und Pein
Sich Zeit und Glück beginnt zu blehen,
Der Kranckheit und des Alters plagen
Bescheiden tragen!
Nur laß uns deinen Beystand mercken,
O Jesu, unser Hort,
Vnd deines Trostes Wort
Vns stets in aller Schwachheit stärcken,
Lehr wieder Hell und Tod uns kriegen
Vnd ewig siegen!
6. Horribilicribrifax Teutsch: Wehlende Liebhaber, Andreas Gryphius
Horribilicribrifax Teutsch oder Wählende Liebhaber ist einer Komödie die wahrscheinlich 1650 entstanden ist und 1663 veröffentlicht. Lustspiel
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Horribilicribifax ein ›Schertz=spiel‹, trägt den Untertitel »Wehlende Liebhaber«. Der Titel lässt sich als »grässlicher Siebmacher« (cribrum = Sieb) übersetzen. Die scheinbare Verletzung des
Decorums ist satirisch (passagenweise wird Hochstil parodiert). Die Handlung ist
komplex und spricht von Schicksaalen den sieben Liebespaare. Diese Komödie ist
ein Karikatur den zwei Soldaten, Horribilicribrifax und Daradiridatumtarides.
Als erstes fällt der Titel des Dramas auf. Es handelt sich bei der
Wortgestalt Horribilicribrifax nicht um ein deutsches Wort. Der Titel ist der Name
einer Figur des Stückes, was an sich nichts Ungewöhnliches darstellt. Die Frage ist
also, was dieser augenscheinlich sehr kompliziert wirkende Name für eine
Bedeutung inne hat. Die Übersetzung des Namens ist „schrecklicher Sieb-
Macher“. Die wörtliche Übersetzung kann jedoch auch ein Synonym für die
schrecklichen Kriegsleiden darstellen. Don Horribilicribrifax von Donnerkeil auf Wüsthausen und Don DaradiridatumtaridesWindbrecher von Tausendmord (vgl. Folie 17) prahlen ständig mit ihren kriegerischen Heldentaten, sind jedoch bewusste Betrüger und absolute Angsthasen. Die Komik resultiert unter anderem daraus, dass die lächerlichen Männer stets auf Liebesabenteuer aus sind. Die Doppelung des auf Plautus zurüc kgehenden Typs ‚miles gloriosus’ erklärt sich durch das ästhetische Prinzip der aemulatio (Überbietung des Vorbilds); dem aemulatio-Prinzip entspricht auch die siebenfache Heirat am Ende des Lustspiels. Bei diesen Ehen wird das decorum respektiert: Der sozial höchstrangige Mann (Palladius ) bekommt die sozial undmoralisch höchstrangige Frau (Coelestina) usw. Das Prosa-Lustspiel mischt verschiedene Sprachen (Italienisch, Französisch, Hebräisch, Lateinisch etc.), was vielfach zu komischen Missverständnissen führt.
7. Leo Armenius oder Fuersten-Mord, Andreas Gryphius
Es handelt sich beim Leo Armenius nicht allein um das erste eigenständige
Trauerspiel des Dichters Gryphius, sondern zudem um das erste deutsche Drama
überhaupt, das die für das 17. Jahrhundert (und zum Teil noch darüber hinaus)
normsetzenden poetologischen Vorgaben Martin Optiz' mustergültig umsetzt.
Damit »repräsentiert das Stück einen entscheidenden Wendepunkt in der
Entwicklung des Barockdramas und zugleich der deutschen Dramengeschichte«.
Hier geht es um Byzanthischen Kaiser Leo V, der am Weihnachtsmorgen getötet
wird.
Akt 1 beginnt mit einer Szene zwischen Michael Balbus und seine Mitverschwörer,
die wollten Leo ermorden. Leo vermutet, dass Balbus untreu ist aber kann ihn ohne
Beweise verhaften. Der kaiserliche Berater, Exabolius, wird gesendet, um Balbus
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Loyalität zu testen und in einem langen Gespräch (Szene 4), wird die Handlung
enthüllt. Balbus wird sofort festgenommen.
In Akt 2 Balbus wird zum Tode durch Verbrennen verurteilt, aber in der letzten
Minute in Szene 5 Leos Frau, Theodossia, überredet ihren Mann, die Hinrichtung
auszusetzen und nicht während des Vorabend von Christi Geburt, eine wichtige
christliche Fest Blut zu vergießen. Leo widerwillig gewährt ihr Wunsch, aber mit der
Warnung: „Man richtet feinde hin die bey Altären stehn“ (Enemies who stand at the
altar will be executed).
Im Laufe des 3. Aktes, Leos Unruhe wird größer. Er träumt von seinem eigenen
Untergang und Höhen Balbus Erhebung auf den Thron. Leo kommentiert die Ironie
ihre jeweiligen Positionen in Szene 4: "Der Kercker in dem er voll ruh '/ Wir matt von
Pein' (The dungeon in which he rests peacefully, while our torments exhaust us’).
Balbus schmuggelt eine Nachricht aus seiner Zelle zu einem Mitverschwörer und so
er flüchtet.
In Akt 4 Balbus’ Mitverschwörer gehen zum Jamblichus, Praktiker der schwarzen
Magie, von denen sie eine eher zweideutige Prophezeiung für den Erfolg ihrer Pläne,
ihre Anführer zu lösen und zu ermorden Leo erhalten. Der Brief von Balbus kommt,
fördert sie, sofort zu handeln. Sie tarnen sich als Priester und gehen in den Palast.
In Akt 5 ein Priester erklärt zu Theodossia, dass ihr Mann ermordet wurde, während
die Masse feiert. Seine letzte Aktion war, ein Kruzifix zu küssen. Balbus wird zum
Kaiser ausgerufen, aber Theodosia warnt ihn, dass der Zyklus der Tyrannei und
Mord wird fortgesetzt.
8. Trawrklage des verwuesteten Deutschlands, Andreas Gryphius
Wir sind doch numehr gantz/ ja mehr alß gantz vertorben.
Der frechen Völcker schar/ die rasende Posaun/
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Daß vom Blutt feiste Schwerd/ die donnernde Carthaun/
Hat alles diß hinweg/ was mancher fawr erworben/
Die alte Redligkeit vnnd Tugend ist gestorben;
Die Kirchen sind vorheert/ die Starcken vmbgehawn/
Die Jungfrawn sind geschänd; vnd wo wir hin nur schawn/
Ist Fewr/ Pest/ Mord vnd Todt/ hier zwischen Schantz vñ Korbẽ
Dort zwischen Mawr vñ Stad/ rint allzeit frisches Blutt
Dreymal sind schon sechs Jahr als vnser Ströme Flutt
Von so viel Leichen schwer/ sich langsam fortgedrungen.
Ich schweige noch von dehm/ was stärcker als der Todt/
(Du Straßburg weist es wol) der grimmen Hungersnoth/
Vnd daß der Seelen-Schatz gar vielen abgezwungen.
30-jährigen Krieg; Auseinandersetzungen zwischen den Katholiken und
Protestanten; viele Tote und Verletzte. Deutschland verliert hälfte der Bevölkerung.
Die Menschen verloren Familie, Freunde und alles was für sie wichtig war. Gryphius
– Pessimismus, Hyperbel, Memento mori-Tod, Vanitas-Vergänglichkeit
9.Vergänglichkeit der Schönheit, Christian Hoffmann von
Hoffmannswaldau
Vergänglichkeit der Schönheit ist ein Sonett von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau,
das um 1695 entstand. Es ist ein Liebesgedicht, das im Kontext der in der Zeit des Barock
häufigen Vanitas-Thematik zu lesen ist. Es wurde zuerst von Benjamin Neukirch unter dem
Titel „Sonnet. Vergänglichkeit der schönheit“ 1695 in Leipzig veröffentlicht.
Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen
Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen;
Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand
Der Augen süsser Blitz, die Kräffte deiner Hand
Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen
Das haar, das itzund kan des Goldes Glantz erreichen
Tilget endlich tag und jahr als ein gemeines band.
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Der wohlgesetzte Fuss, die lieblichen Gebärden
Die werden theils zu Staub, theils nichts und nichtig werden
Denn opfert keiner mehr der Gottheit deiner pracht.
Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen
Dein Hertze kan allein zu aller Zeit bestehen
Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.
Das Sonett besteht aus zwei Quartetten, bei denen ein umarmender Reim (abba) vorliegt
und zwei Terzetten mit einem Schweifreim (aabccb). Alle vier Strophen sind aus einem
sechshebigen Jambus mit Mittelzäsur aufgebaut, d.h. das Gedicht ist
in Alexandrinern verfasst. In der These des Gedichts geht es um die Vergänglichkeit der
weiblichen Schönheit und des Lebens überhaupt und greift somit das
im Barock vorherrschendeVanitas-Motiv auf, doch Christian Hofmann von
Hofmannswaldau beschreibt nur das Vergehen der äußerlichen Eigenschaften.
Nach der ersten Interpretation steht das „Hertze“ (Zeile 13), hier stellvertretend für die
Seele steht, diese bleibt auch über die Schönheit bestehen. Das Sonett soll auf die
Vergänglichkeit des Äußeren und somit auf dessen Nichtigkeit hinweisen, es ist ein Anreiz
über den Tod und Oberflächlichkeit nachzudenken.
Nach der zweiten Interpretation bezieht sich die Antithese darauf, dass die angesprochene
Frau zwar schön ist, sich aber jeder Liebe entzieht, ihr Herz also Hart wie ein Diamant bleibt,
trotz der Werbeversuche des Autors[1]. Diese Interpretation wird dadurch gestützt, dass das
Thema der unerhörten Liebe bei Hofmannswaldau häufig auftritt[2], sowie dadurch, dass das
"Herz aus Diamant" als ein Herz, dass sich nicht erweichen lässt im Petrarca ein gängiges
Bild darstellt. Der Petrarkismus stellt eine häufige Quelle für die deutsche Barocklyrik dar, so
dass das Bild von Hofmannswaldau vermutlich daraus entnommen wurde[2]. In weiteren
Texten aus Deutschland und anderen Ländern findet sich dasselbe Bild oft in klarerer Form,
so dass dieses Bild auch als gängige Metapher der Zeit Hofmanswaldau angenommen
werden kann.
10. Die Augen, Daniel Casper von Lohenst
Last Archimeden viel von seinen Spiegeln sagenDadurch geschlieffen Glaß der heißen Sonne Rad
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Der Römer Schiff’ und Mast in Brand gestecket hat,Die in der Doris Schooß für Syracusa lagen. Den Ruhm verdienet mehr der güldnen Sonne wagenAls Archimedes Kunst und seines Spiegels Blatt.Denn diß sein Meisterstück hat nur an Dingen stattAn denen iede Glutt pflegt leichtlich anzuschlagen. Jn deinen Augen steckt mehr Nachdruckt, Schwefel, Tag,Als holer Gläser Kunst, der Sonnen-Strahl vermag.Ja ihr geschwindter Blitz hat vielmehr Macht zu brennen; Sie zünden übers Meer entfernte Seelen an,Und Hertzen, enen sich kein Eiß vergleichen kan.Sol man die Augen nun nicht Brenne-Spiegel nennen?
Hier geht es um das Verhältnis zwischen den Menschen und dem Tod. Die Stimmung ist traurig und schlimm. Motive sind Nebel, Vanitas, Memento mori, aber gibt es auch ein bisschen Optimismus - die Sonne-Hoffnung.
Hermione’s Augen (ne treba)
Ihr Sterne, darf ich euch auch wohl noch Sterne nennen,
Wenn jetzt ein Nebel euch umwölket Flamm' und Licht,
Da Hermione doch am himmlischen Gesicht
Keinmal nicht minder läßt, als zwei Gestirne, brennen?
Du güldne Sternenburg, du, Himmel, mußt's bekennen,
Dein blaugewölbtes Dach weiß von zwei Sonnen nicht,
Da, wenn die Morgenröth' auf ihrem Mund' anbricht,
Zwei Sonnen ihr allzeit der Stirne Thron umbrennen.
Jedoch du magst dich noch mit hundert Sonnen schmücken,
Die in die grüne See keinmal zu Bette gehn,
Ich würde doch zur Noth wohl solche Gluth ausstehn;
Mir aber, mir kann nicht vor Hermione's Blicken
Schnee, Schatten, Höhle, Nacht Behülf' und Aufhalt sein;
Denn ihre Liebe dringt durch Eis und Eisen ein.
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11. Geistreiche Sinn- und Schlussreime, Johannes Scheffler (Angelus
Silesius)
Cherubinischer Wandersmann oder geistreiche Sinn- und Schlussreime
1657 veröffentlichte Angelus Silesius seine berühmten Epigramme Geistreiche Sinn-
und Schlussreime, die seit der zweiten, um ein sechstes Buch vermehrten Ausgabe
den Titel Cherubinischer Wandersmann tragen, meist zweizeilige Sprüche in
gereimten Alexandrinern. Formale Vorbilder waren u. a. die Epigramme von
Abraham von Franckenberg und Daniel Czepko. Als Vorbilder und Lehrmeister
der geheimen Gottes Weißheit nennt Angelus Silesius u. a. Augustinus, Bernhard
von Clairvaux, Meister Eckhart, Mechthild von Magdeburg, Johannes vom
Kreuz und Johannes Tauler. Der Hinweis auf die Cherubim im Titel der
Gedichtsammlung bezieht sich auf die traditionelle Hierarchie der Engel und deutet
an, dass der Versuch, den mystischen Weg zu Gott zu beschreiben, hier in einer
intellektuellen, den Verstand ansprechenden Weise unternommen wird. Dem
entspricht die pointierte Form des Alexandriner-Epigramms, die eine antithetische
Darstellung und scheinbar paradoxe Feststellungen und Behauptungen unterstützt,
mit denen das Unsagbare in Worte gefasst werden soll.
12. Palm- baum der höchst-löblichen. Frucht-bringenden Gesellschaft,
Philipp von Zesen
übliche / lieblichefrüchte mus allezeit bringendes Palmen-baums ewige Zier /darunter auch Fürsten selbst singen /lehren unnd mehren mit heisser begierdie rechte der deutschen hoch-prächtigen zungen /die sich mit ewigem preise geschwungenhoch über die anderen sprachen empor:
wie fohrdis land /mit hand /durch krieg /durch sieg /durch fleis /mit schweis /den preis /das pfand /ent-wandtder Welt;wie aus der taht erhällt.
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Dieses Figurgedicht preist die Arbeit der Fruchtbringenden Sprachgesellschaft, die auch Palmbaum genannt wurde. Der Autor beschreibt, wie sich die Gelehrte, Adlige und Fürsten zusammenschließen, um die Muttersprache zu pflegen und wie ihre Mühe Früchte gibt.Er schildert, wie sie auch während des Kriegs, durch Sieg und mit Schweis arbeiten.
13. Miss Sara Sampson, Gotthold Ephraim Lessing
Lessings Miß Sara Sampson gilt als erstes Bürgerliches Trauerspiel Deutschlands. In ihm drückt sich das selbstbewußte Bürgertum der Aufklärung aus. Traditionelle, am Vorbild des Adels orientierte Formen des sozialen Miteinanders werden durch bürgerliche Ideale ersetzt. Familie, Tugend, Gefühl, Moral und Verdienst stehen fortan im Mittelpunkt. Der Mensch wird zu dem, was er aus eigener Kraft erreicht, z.B. durch tugendhaftes Verhalten. Es gibt kein Geburtsrecht mehr, die Ränke und Intrigen des Hofes gelten als verabscheuungswürdig. Trotzdem bleibt der Bürger von einer Welt umgeben, in der alte feudale Vorstellungen noch eine große Rolle spielen. Lessing zeigt in Miß Sara Sampson eine menschliche Tragödie, die sich aus diesem Zusammenstoß der alten höfischen mit der neuen bürgerlichen Welt ergibt.
Der Schauplatz des Geschehens ist England. Der genußsüchtige, an das höfische Leben gewöhnte Libertin Mellefont lernt die tugendhafte Miß Sara Sampson kennen und lieben. Er entführt sie aus ihrem Elternhaus, um sie in Frankreich zu ehelichen. Aber die beiden werden in einem Gasthaus auf englischem Boden aufgehalten. Mellefont erwartet noch eine große Erbschaft. Er sieht sich gezwungen, seine endgültige Abreise zu verschieben. Für Sara ist dieser Zustand unerträglich, denn sie lebt mit Mellefont in einer Gemeinschaft, die ihre Tugend gefährdet - die Tugend, in die sich Mellefont ja gerade verliebt hat, und die seinen Charakter verändert hat. Sara fühlt die Verletzung der Diskursregeln. Sie ist einem Modell von Liebe und Ehe verpflichtet, das Sexualität nur innerhalb der Ehe zuläßt. Sie ist die Vertreterin einer tugendhaften geistigen Liebe, die in der empfindsamen Liebesehe gipfelt. Die Konfrontation mit den Forderungen einer sinnlichen Liebe - zudem vor der geplanten Eheschließung - stürzt sie in die schrecklichsten inneren Konflikte. Sie braucht die christliche Zeremonie, denn in ihr liege "eine nähere Einwilligung des Himmels". (S. 12)
Aber es sind nicht nur diese inneren Konflikte, welche das Paar gefährden. Die ehemalige Geliebte Mellefonts, die Marwood, ist den beiden Liebenden auf der Spur, sie will den Treulosen zurückgewinnen. Als sie in einem Brief an Mellefont von Liebe schreibt, stößt dieser hervor: "Die Liebe? Frevlerin! Du entheiligtest Namen, die nur der Tugend geweiht sind!" (S. 18) Seine vergangene Liebe zu Marwood, die er damals Liebe nannte, stand unter einem anderen Zeichen als seine Liebe zu Sara. Sie hatte sich der Sinnlichkeit untergeordnet. Diese Liebe wird mit Begriffen wie "Feuer", "Inbrunst", "Hitze", "Fieber" und "Genuß" (S.24) belegt und wird durch einen optischen Reiz ausgelöst. Dies betont auch die Marwood, wenn sie in einem Gespräch mit ihrem Kammermädchen Hanna zugibt, daß nur der Genuß Mellefont an ihre Seite gefesselt habe. Ein Genuß, der durchaus vorübergehend ist, denn er verschwindet "mit derjenigen Anmut [...], welche die Hand der Zeit unmerklich, aber gewiß, aus unsern Gesichtern verlöscht". (S.21) Mellefont, der von der tugendhaften Sara gelernt hat, zwischen wahrer Liebe und reiner Wollust, die sich an der äußeren Schönheit der Geliebten entzündet, zu unterscheiden, erklärt der Verschmähten, daß sie sich keine Hoffnungen machen solle. Denn eine Liebe, die sich an der Tugend und an den Verdiensten des geliebten Gegenstandes entflammt, ist nicht von kurzer Dauer. Die inneren Werte eines Menschen sind nicht dem Zahn der Zeit ausgeliefert, sie haben noch nach Jahren und Jahrzehnten Bestand und damit auch die Liebe.
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Aber die ehemalige Geliebte will nicht aufgeben und überredet Mellefont, ein Gespräch mit Sara zu gestatten. Sie gibt sich als jemand anderes aus und trifft mit Sara zusammen. Im Verlauf des dramatischen Dialogs, in dem sie versucht, Mellefont Sara zu entfremden, gibt sie ihre Identität preis und versetzt die Medizin der ohnmächtigen Nebenbuhlerin mit Gift. Sara trinkt die todbringende Substanz und macht sterbend ihren Frieden mit ihrem Vater. Dieser war schon längst im Gasthaus angekommen und hatte ihr verziehen. Auch sie verzeiht Mellefont und selbst ihrer Mörderin. Ihr geliebter Entführer ist verzweifelt, das Angebot Sir William Sampsons, ihn an Sohnes statt anzunehmen, muß er ausschlagen. Erst als er den Dolch in seine Brust stößt, um seine Schuld zu sühnen, ergreift er sterbend dessen Hand: "Wollen Sie mich nun Ihren Sohn nennen, Sir, und mir als diesem die Hand drücken, so sterb ich zufrieden." (S. 93) Was die Welt Sara und Mellefont nicht geben konnte, eine ewige Verbindung ihrer beider Leben, gibt ihnen Saras Vater im Tod: Ein gemeinsames Grab, in dem die Geliebten endgültig miteinander vereint sind.
In Miß Sara Sampson handeln alltägliche Menschen, "Bürger" (auch wenn sie von rechtswegen adelig sind), die für ihre eigenen Handlungen verantwortlich sind. Nicht ein unabwendbares Schicksal führt sie ins Verderben, sondern ihre eigenen Entscheidungen geben den Ausschlag, die den wirklichen Gegebenheiten zu wenig gerecht werden. Das bürgerliche Publikum bei der Uraufführung war gerührt und gebannt: "Die Zuschauer haben drei und eine halbe Stunde zugehört, stille gesessen wie Statuen, und geweint", schreibt Rammler am 27. Juli an seinen Freund Gleim. Lessings Archetyp eines bürgerlichen Trauerspiels wird zu einer Sternstunde der Empfindsamkeit. Die tränenreichen Gefühlsausbrüche auf der Bühne treffen auf tränenreiches Mitleid im Zuschauerraum.
14. Minna von Barnhelm, Gotthold Ephraim Lessing
Major von Tellheim befindet sich nach dem Krieg in einer misslichen Lage: Er hat seinen Abschied erhalten, besitzt kein Geld mehr und fühlt sich wegen einer Verleumdung in seiner Ehre gekränkt. In sein Unglück verstrickt, nimmt er es gleichmütig hin, dass der geschäftstüchtige Wirt seines Gasthofs ihn in ein miserables Zimmer umquartiert. Um seine Schulden zu begleichen, beauftragt er seinen treuen Diener Just, einen teuren Ring zu versetzten.
Tellheims ehemaliges Zimmer hat Minna von Barnhelm bekommen, eine sächsische Adlige, mit der er sich, obwohl er auf der anderen Seite kämpfte, während des Krieges verlobt hat und die nun nach ihm sucht. Überglücklich identifiziert sie den Ring, den der Wirt von Just erhalten hat und ihr jetzt zum Kauf anbietet, als ihren Verlobungsring, den ihr Tellheim geschenkt hat und lässt sogleich nach dem Major suchen. Doch Tellheim fühlt sich verpflichtet, aufgrund seiner augenblicklichen Notlage und seiner verletzten Ehre von der Verlobung Abstand zu nehmen und denkt daran Minna von Barnhelm zu verlassen.Tellheim will Minna seine Gründe brieflich erklären, doch sie besteht auf einer persönlichen Unterredung. Ihre Kammerdienerin Franziska freundet sich unterdessen mit Tellheims ehemaligen Wachtmeister Werner an.Minna hat sich in Tellheim verliebt, weil er den sächsischen Ständen die Kontributionszahlung ausgelegt hat. In seiner Ehre fühlt sich der Major verletzt, weil die preußische Regierung ihm dies nicht glaubt. Da sie trotz scharfsinniger Argumentation Tellheims starre Haltung nicht aufbrechen kann, gibt sie ihm den Verlobungsring zurück. Was Tellheim nicht bemerkt ist, dass es sich bei dem Ring um seinen Verlobungsring handelt und nicht wie er glaubt um den seiner Verlobten Minna von Barnhelm. Doch dann eröffnet ihm Franziska, die Kammerdienerin der Minna von Barnhelm, dass das Fräulein von Barnhelm von ihrem Vater enterbt worden sei und das jenes Fräulein und ihre Bediensteten sich nun auf der Flucht befänden.
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Da offenbar auch sie ins Unglück gestürzt ist, will Tellheim nunmehr seine Verlobte sofort heiraten. Er leiht sich, obwohl er dies vorher stets abgelehnt hat, von seinem ehemaligen Wachtmeister Geld, um seiner Verlobten all das bieten zu können, was sie sich durch ihre Enterbung nicht mehr leisten kann, aber das Fräulein weigert sich den Verlobungsring wieder an sich zu nehmen. Doch dann trifft ein Handschreiben des Königs ein, mit dessen Inhalt er nicht gerechnet hat: Alle seine Vorschüsse und Auslagen, die er großzügig während des Krieges anderen gewährt hatte, sollen ihm vollständig erstattet werden, außerdem hat er noch die Option sein Offiziersamt in den Reihen des preußischen Regiments wieder aufzunehmen. Der Major fühlt sich nun nicht mehr in seiner Ehre gekränkt und ist wild entschlossen seine Minna zu heiraten. Minnas Trick mit dem Ring und die Lüge, dass sie von ihrem Vater enterbt worden sei, droht das Paar jetzt endgültig zu entzweien. Erst als sie ihm alles beichtet und beide keine Geheimnisse mehr voreinander haben, steht ihrem gemeinsamen Glück nichts mehr im Weg.
15. Der Zürchersee, Friedrich Gottlieb Klopstock
Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung PrachtAuf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,
Das den großen GedankenDeiner Schöpfung noch einmal denkt.
Von des schimmernden Sees Traubengestaden her,Oder, flohest du schon wieder zum Himmel auf,
Komm in rötendem StrahleAuf dem Flügel der Abendluft,
Komm, und lehre mein Lied jugendlich heiter sein,Süße Freude, wie du! gleich dem beseelteren
Schnellen Jauchzen des Jünglings,Sanft, der fühlenden Fanny gleich.
Schon lag hinter uns weit Uto, an dessen FußZürch in ruhigem Tal freie Bewohner nährt;
Schon war manches GebirgeVoll von Reben vorbeigeflohn.
Jetzt entwölkte sich fern silberner Alpen Höh,Und der Jünglinge Herz schlug schon empfindender,
Schon verriet es beredterSich der schönen Begleiterin.
"Hallers Doris", die sang, selber des Liedes wert,Hirzels Daphne, den Kleist innig wie Gleimen liebt;
Und wir Jünglinge sangenUnd empfanden wie Hagedorn.
Jetzo nahm uns die Au in die beschattendenKühlen Arme des Walds, welcher die Insel krönt;
Da, da kamest du, Freude!
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Volles Maßes auf uns herab!
Göttin Freude, du selbst! dich, wir empfanden dich!Ja, du warest es selbst, Schwester der Menschlichkeit,
Deiner Unschuld Gespielin,Die sich über uns ergoß!
Süß ist, fröhlicher Lenz, deiner Begeistrung Hauch,Wenn die Flur dich gebiert, wenn sich dein Odem sanft
In der Jünglinge Herzen,
Und die Herzen der Mädchen gießt.Ach du machst das Gefühl siegend, es steigt durch dich
Jede blühende Brust schöner, und bebender,Lauter redet der Liebe
Nun entzauberter Mund durch dich!
Lieblich winket der Wein, wenn er Empfindungen,Beßre sanftere Lust, wenn er Gedanken winkt,
Im sokratischen BecherVon der tauenden Ros' umkränzt;
Wenn er dringt bis ins Herz, und zu Entschließungen,Die der Säufer verkennt, jeden Gedanken weckt,
Wenn er lehret verachten,Was nicht würdig des Weisen ist.
Reizvoll klinget des Ruhms lockender SilbertonIn das schlagende Herz, und die Unsterblichkeit
Ist ein großer Gedanke,Ist des Schweißes der Edeln wert!
Durch der Lieder Gewalt, bei der UrenkelinSohn und Tochter noch sein; mit der Entzückung Ton
Oft beim Namen genennet,Oft gerufen vom Grabe her,
Dann ihr sanfteres Herz bilden und; Liebe, dich,Fromme Tugend, dich auch gießen ins sanfte Herz,
Ist, beim Himmel! nicht wenig!Ist des Schweißes der Edeln wert!
Aber süßer ist noch, schöner und reizender,In dem Arme des Freunds wissen ein Freund zu sein!
So das Leben genießen,Nicht unwürdig der Ewigkeit!
Treuer Zärtlichkeit voll, in den Umschattungen,In den Lüften des Walds, und mit gesenktem Blick
Auf die silberne Welle,Tat ich schweigend den frommen Wunsch:
Wäret ihr auch bei uns, die ihr mich ferne liebt,In des Vaterlands Schoß einsam von mir verstreut,
Die in seligen Stunden
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Meine suchende Seele fand;
O so bauten wir hier Hütten der Freundschaft uns!Ewig wohnten wir hier, ewig! Der Schattenwald
Wandelt' uns sich in Tempe,Jenes Tal in Elysium!
Die Seefahrt der 18 jungen Leute fand am 30. Juli 1750 statt. Klopstock berichtet darüber in seinem Brief vom 1. August 1750 an Johann Christoph Schmidt. Die faksimilierte Ausgabe enthält den Erstdruck der Ode "Der Zürchersee". Mit dem Naturerlebnis verbindet sie die Evokation eines Gruppengefühls von Befreundeten und Gleichgesinnten einer jungen Generation. Das Schemader Dritten asklepiadeischen Ode, dem das Gedicht folgt, hat Klopstock dem Text später vorangestellt."Die 19 Strophen unterliegen einer stimmig gegliederten Ordnung: Die erste bis dritte bilden die Exposition mit einem Lob der Landschaft und der Freude, die sie spendet; die folgenden vier Strophen (bis zur siebenten) nehmen einzelne Ansichten der Landschaft in den Blick und folgen damit auch Stationen der Bootsfahrt [...]. Die achte bis zwölfte Strophe beschreiben Liebe und Weingenuß als Quellen der immer wieder besungenen Freude; mit der dreizehnten Strophe setzt das Schlußthema ein, die Reflexion über die Unsterblichkeit, die ihrerseits in den verbleibenden Strophen auf die bisherigen Leitmotive – Freundschaft, Liebe, Poesie – zurückbezogen wird."Das Gedicht „Züricher See“ wurde im Jahre 1750 im Zuge einer Fahrt auf dem Züricher See entstanden. Enthusiastische Oden zeichnen sich durch den Ausdruck unmittelbarer Leidenschaft und Feierlichkeit aus. Liebe und Freundschaft spielen eine wichtige Rolle. In seinem Werk "Züricher See" analysiert Friedrich Gottlieb Klopstock die Freude an der Natur und dem Erleben der Freundschaft. Die erste Strophe lässt Klopstock im Inneren des Menschen zu finden, erkennen. In der Natur lässt sich die Pracht Gottes erkennen. Mit dem Satz „ Schön ist deiner Erfindung Pracht“(1.Vers), wird dem lyrischen Ich die Schöpfung Gottes bewusst, „das den großen Gedanken deiner Schöpfung noch einmal denkt“ (3.Vers). Jetzt entwölkte sich fern silberner Alpen Höh, Und der Jünglinge Herz schlug schon empfindender Göttin Freude, du selbst! dich, wir empfanden dich! Ja, du warest es selbst, Schwester der Menschlichkeit Göttlichkeit ist als Auslöser des Gefühls, denn hier wird das Gefühl der Freude hervorgerufen. Die Ausrufe sind Ausdruck der Gefühlswahrnehmung.( Vers 3:"Du selbst", "dich!", "Ja!"). Der Ausspruch "Schwester der Menschlichkeit" könnte auf humanistische Denkweisen zurückgehen, da der Mensch aus Sicht der Humanisten eine Art Idealbild darstellt. Die Natur gilt als Gefühlsauslöser, und die Seele des "Jünglings" ist "empfindend".
16. An – als Ihm die – starb, Matthias Claudius
Der Säemann säet den Samen,Die Erd empfängt ihn, und über ein kleinesKeimet die Blume herauf -
Du liebtest sie. Was auch dies LebenSonst für Gewinn hat, war klein Dir geachtet,
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Und sie entschlummerte Dir!
Was weinest Du neben dem GrabeUnd hebst die Hände zur Wolke des TodesUnd der Verwesung empor?
Wie Gras auf dem Felde sind MenschenDahin, wie Blätter! Nur wenige TageGehn wir verkleidet einher!
Der Adler besuchet die Erde,Doch säumt nicht, schüttelt vom Flügel den Staub, undKehret zur Sonne zurück!
Das Gedicht ist ein Trostwort, an einen Ungenannten gerichtet, dem vermutlich die geliebte Frau gestorben ist. Die geliebte Person wird in der Metapher der Blume erfasst. In der 1. Strophe wird in dieser naturhaften Metaphorik die Entstehung der Blume beschrieben. In der 2. Strophe berichtet der Sprecher, indem er sich direkt an das Du wendet, vom Geschick der Blume, von der Verbundenheit des Du mit ihr. In zwei Versen spricht er schlicht von der großen Liebe zu ihr. In der 3. Strophe wendet er sich an das trauernde Du, einen Mann („Ihm“), und fragt ihn, warum er überhaupt trauert: warum er weint. Das Gedicht ist in freien Rhythmen verfasst. Ich und Du sind noch in die großen Ordnungen der Welt eingebunden, in die Ordnung von Gras und Vergehen, von Adler und Sonnenflug; die Menschen spielen ihr Spiel unter den Augen Gottes, die Erde ist nur Bühne eines kurzen Zwischenspiels.
17. Lenore, Gottfired August Bürger
Lenore fuhr ums Morgenrot Empor aus schweren Träumen: "Bist untreu, Wilhelm, oder tot? Wie lange willst du säumen" - Er war mit König Friedrichs Macht Gezogen in die Prager Schlacht Und hatte nicht geschrieben, Ob er gesund geblieben.
Der König und die Kaiserin, Des langen Haders müde, Erweichten ihren harten Sinn Und machten endlich Friede; Und jedes Heer, mit Sing und Sang, Mit Paukenschlag und Kling und Klang,
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Geschmückt mit grünen Reisern, Zog heim nach seinen Häusern.
Und überall, all überall, Auf Wegen und auf Stegen, Zog Alt und Jung dem Jubelschall Der Kommenden entgegen. "Gottlob" rief Kind und Gattin laut, "Willkommen!" manche frohe Braut; Ach! aber für Lenoren War Gruß und Kuß verloren.
Sie frug den Zug wohl auf und ab Und frug nach allen Namen; Doch keiner war, der Kundschaft gab, Von allen, so da kamen. Als nun das Heer vorüber war, Zerraufte sie ihr Rabenhaar Und warf sich hin zur Erde Mit wütiger Gebärde.
Die Mutter lief wohl hin zu ihr: "Ach, daß sich Gott erbarme! Du liebes Kind! was ist mit dir?" Und schloß sie in die Arme. – "O Mutter! Mutter! hin ist hin! Nun fahre Welt und alles hin! Bei Gott ist kein Erbarmen: O weh, o weh mir Armen!" -
"Hilf Gott! hilf! Sieh uns gnädig an! Kind, bet ein Vaterunser! Was Gott tut, das ist wohlgetan, Gott, Gott erbarm sich unser!" - . "O Mutter! Mutter! eitler Wahn! Gott hat an mir nicht wohlgetan! Was half, was half mein Beten? Nun ists nicht mehr vonnöten." -
"Hilf Gott! hilf! Wer den Vater kennt, Der weiß, er hilft den Kindern. Das hochgelobte Sakrament Wird deinen Jammer lindern." - "O Mutter! Mutter! was mich brennt, Das lindert mir kein Sakrament, Kein Sakrament mag Leben Den Toten wiedergeben." -
"Hör, Kind! Wie, wenn der falsche Mann Im fernen Ungerlande Sich seines Glaubens abgetan Zum neuen Ehebande? --- Laß fahren, Kind, sein Herz dahin! Er hat es nimmermehr Gewinn!
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Wann Seel und Leib sich trennen, Wird ihn sein Meineid brennen!" -
"O Mutter! Mutter! hin ist hin! Verloren ist verloren! Der Tod, der Tod ist mein Gewinn! O wär ich nie geboren! -- Lisch aus, mein Licht! auf ewig aus! Stirb hin! stirb hin! in Nacht und Graus! Bei Gott ist kein Erbarmen: O weh, o weh mir Armen!" -
"Hilf Gott! hilf! Geh nicht ins Gericht Mit deinem armen Kinde! Sie weiß nicht, was die Zunge spricht; Behalt ihr nicht die Sünde! -- Ach, Kind! vergiß dein irdisch Leid Und denk an Gott und Seligkeit, So wird doch deiner Seelen Der Bräutigam nicht fehlen." -
"O Mutter! was ist Seligkeit? O Mutter! was ist Hölle? Bei ihm, bei ihm ist Seligkeit, Und ohne Wilhelm, Hölle! Lisch aus, mein Licht! auf ewig aus! Stirb hin! stirb hin! in Nacht und Graus! Ohn ihn mag ich auf Erden, Mag dort nicht selig werden." --
So wütete Verzweifelung Ihr in Gehirn und Adern. Sie fuhr mit Gottes Vorsehung Vermessen fort zu hadern, Zerschlug den Busen und zerrang Die Hand bis Sonnenuntergang, Bis auf am Himmelsbogen Die goldnen Sterne zogen.
Und außen, horch, gings trap trap trap, Als wie von Rosses Hufen, Und klirrend stieg ein Reiter ab An des Geländers Stufen. Und horch! und horch! den Pfortenring Ganz lose, leise klinglingling! Dann kamen durch die Pforte Vernehmlich diese Worte:
"Holla ! holla ! Tu auf, mein Kind! Schläfst, Liebchen, oder wachst du? Wie bist noch gegen mich gesinnt? Und weinest oder lachst du?" - "Ach, Wilhelm! du? - So spät bei Nacht? Geweinet hab ich und gewacht;
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Ach, großes Leid erlitten! Wo kommst du her geritten?" -
"Wir satteln nur um Mitternacht. Weit ritt ich her von Böhmen; Ich habe spät mich aufgemacht Und will dich mit mir nehmen." - "Ach, Wilhelm, 'rein, herein geschwind! Den Hagedorn durchsaust der Wind: Herein, in meinen Armen, Herzliebster, zu erwarmen!" -
"Laß sausen durch den Hagedorn, Laß sausen, Kind, laß sausen! Der Rappe scharrt; es klirrt der Sporn! Ich darf allhier nicht hausen! Komm, schürze, spring und schwinge dich Auf meinen Rappen hinter mich! Muß heut noch hundert Meilen Mit dir ins Brautbett eilen." -
"Ach, wolltest hundert Meilen noch Mich heut ins Brautbett tragen? Und horch! es brummt die Glocke noch, Die elf schon angeschlagen" - "Herzliebchen! komm! der Mond scheint hell; Wir und die Toten reiten schnell; Ich bringe dich, zur Wette, Noch heut ins Hochzeitsbette." -
"Sag an ! wo ist dein Kämmerlein? Wo? wie dein Hochzeitsbettchen?" - "Weit, weit von hier! - Still, kühl und klein! Sechs Bretter und zwei Brettchen!" - "Hats Raum für mich?" - "Für dich und mich! Komm, schürze, spring und schwinge dich! Die Hochzeitsgäste hoffen; Die Kammer steht uns offen."
Schön Liebchen schürzte, sprang und schwang Sich auf das Roß behende; Wohl um den trauten Reiter schlang Sie ihre Lilienhände; Und als sie saßen, hopp hopp hopp! Gings fort im sausenden Galopp, Daß Roß und Reiter schnoben Und Kies und Funken stoben.
Zur rechten und zur linken Hand, Vorbei vor ihren Blicken, Wie flogen Anger, Heid und Land! Wie donnerten die Brücken! "Graut Liebchen auch? ...Der Mond scheint hell! Hurra! Die Toten reiten schnell!
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Graut Liebchen auch vor Toten?" - "Ach nein! ...doch laß die Toten!" -
Was klang dort für Gesang und Klang? Was flatterten die Raben? ... Horch Glockenklang! Horch Totensang: "Laßt uns den Leib begraben !" Und näher zog ein Leichenzug, Der Sarg und Totenbahre trug. Das Lied war zu vergleichen Dem Unkenruf in Teichen.
"Nach Mitternacht begrabt den Leib Mit Klang und Sang und Klage! Jetzt führ ich heim mein junges Weib; Mit, mit zum Brautgelage! ... Komm, Küster, hier! komm mit dem Chor Und gurgle mir das Brautlied vor! Komm, Pfaff, und sprich den Segen, Eh wir zu Bett uns legen!"
Still Klang und Sang. - Die Bahre schwand. – Gehorsam seinem Rufen Kams, hurre! hurre! nachgerannt Hart hinter's Rappen Hufen. Und immer weiter, hopp! hopp! hopp! Gings fort im sausenden Galopp, Daß Roß und Reiter schnoben Und Kies und Funken stoben.
Wie flogen rechts. wie flogen links Gebirge, Bäum und Hecken! Wie flogen links und rechts und links Die Dörfer, Städt und Flecken! - "Graut Liebchen auch? ...Der Mond scheint hell! Hurra! Die Toten reiten schnell! Graut Liebchen auch vor Toten?" "Ach. laß sie ruhn, die Toten." -
Sieh da ! sieh da ! Am Hochgericht Tanzt, um des Rades Spindel, Halb sichtbarlich. bei Mondenlicht, Ein luftiges Gesindel. "Sa ! sa ! Gesindel! hier! komm hier! Gesindel, komm und folge mir! Tanz uns den Hochzeitsreigen, Wann wir das Bett besteigen!" -
Und das Gesindel, husch! husch! husch! Kam hinten nach geprasselt, Wie Wirbelwind am Haselbusch Durch dürre Blätter rasselt. Und weiter, weiter, hopp! hopp! hopp! Gings fort im sausenden Galopp,
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Daß Roß und Reiter schnoben Und Kies und Funken stoben.
Wie flog, was rund der Mond beschien, Wie flog es in die Ferne! Wie flogen oben überhin Der Himmel und die Sterne! - "Graut Liebchen auch? ...Der Mond scheint hell! Hurra! Die Toten reiten schnell! – Graut Liebchen auch vor Toten?" "O weh! laß ruhn die Toten!"
"Rapp! Rapp! Mich dünkt, der Hahn schon ruft. – Bald wird der Sand verrinnen. - Rapp! Rapp! ich wittre Morgenluft - Rapp! tummle dich von hinnen!- Vollbracht! vollbracht ist unser Lauf! Das Hochzeitsbette tut sich auf! Die Toten reiten schnelle! Wir sind, wir sind zur Stelle!"
Rasch auf ein eisern Gittertor Gings mit verhängtem Zügel; Mit schwanker Gert ein Schlag davor Zersprengte Schloß und Riegel. Die Flügel flogen klirrend auf, Und über Gräber ging der Lauf; Es blinkten Leichensteine Ringsum im Mondenscheine.
Ha sieh! Ha sieh ! im Augenblick, Hu! Hu! ein gräßlich Wunder! Des Reiters Koller, Stück für Stück, Fiel ab, wie mürber Zunder. Zum Schädel ohne Zopf und Schopf, Zum nackten Schädel ward sein Kopf, Sein Körper zum Gerippe Mit Stundenglas und Hippe.
Hoch bäumte sich, wild schnob der Rapp Und sprühte Feuerfunken; Und hui ! wars unter ihr hinab Verschwunden und versunken. Geheul! Geheul aus hoher Luft, Gewinsel kam aus tiefer Gruft; Lenorens Herz mit Beben Rang zwischen Tod und Leben.
Nun tanzten wohl bei Mondenglanz Rund um herum im Kreise Die Geister einen Kettentanz Und heulten diese Weise: "Geduld! Geduld! wenns Herz auch bricht! Mit Gott im Himmel hadre nicht!
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Des Leibes bist du ledig; Gott sei der Seele gnädig!"
Die Schlacht bei Prag ist vorbei, doch der Verlobte von Lenore, Wilhelm, ist noch immer nicht aus dem Siebenjährigen Kriegheimgekehrt. Seit er mit König Friedrich in die Schlacht gezogen ist, sorgt sich Lenore um ihn und hofft jeden Tag auf seine Rückkehr, sie hat jedoch noch nichts von ihm gehört oder gesehen. Sie beginnt mit Gott zu hadern und sagt, dass er ihr nie etwas Gutes getan habe. Die Mutter bittet um Vergebung für ihre Tochter, da sie weiß, dass solch ein Denken Blasphemie ist und in die Hölle führt. Schließlich taucht Wilhelm tot als Geist auf und entführt Lenore zu einem Ritt durch die Nacht, auf dem ihnen viele andere Geister und „Gesindel“ begegnen. Schlussendlich nimmt er sie mit in seinen Sarg und bringt sie so ins Totenreich.
18. Goethe – Willkommen und Abschied, Mailied, Heldenröslein
Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde! Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht. Schon stund im Nebelkleid die Eiche Wie ein getürmter Riese da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel Sah schläfrig aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr. Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch tausendfacher war mein Mut, Mein Geist war ein verzehrend Feuer, Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.
Ich sah dich und die milde Freude Floß aus dem süßen Blick auf mich. Ganz war mein Herz an deiner Seite, Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Lag auf dem lieblichen Gesicht Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter, Ich hofft es, ich verdient es nicht.
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Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe! Aus deinen Blicken sprach dein Herz. In deinen Küssen welche Liebe, O welche Wonne, welcher Schmerz! Du gingst, ich stund und sah zur Erden Und sah dir nach mit nassem Blick. Und doch, welch Glück, geliebt zu werden, Und lieben, Götter, welch ein Glück!
Willkommen und Abschied ist eines der Sesenheimer Lieder von Johann Wolfgang Goethe. Das Gedicht ist aus der Perspektive eines Jünglings geschrieben, der in der Vergangenheitsform von einem Treffen mit seiner Geliebten erzählt. In aufgewühlter Stimmung beschreibt das lyrische Ich zunächst die beängstigende nächtliche Landschaft, durch die es reitet; darauf wird ekstatisch die Begegnung mit dem – direkt angesprochenen – Mädchen und schließlich in einem ständigen Wechsel von Freude und Schmerz der Abschied geschildert.
Wie herrlich leuchtetMir die Natur!Wie glänzt die Sonne!Wie lacht die Flur!
Es dringen BlütenAus jedem ZweigUnd tausend StimmenAus dem Gesträuch
Und Freud' und WonneAus jeder Brust.O Erd', o Sonne!O Glück, o Lust!
O Lieb', o Liebe!So golden schön,Wie MorgenwolkenAuf jenen Höhn!
Du segnest herrlichDas frische Feld,Im BlütendampfeDie volle Welt.
O Mädchen, Mädchen,Wie lieb' ich dich!Wie blickt dein Auge!Wie liebst du mich!
So liebt die LercheGesang und Luft,Und MorgenblumenDen Himmelsduft,
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Wie ich dich liebeMit warmem Blut,Die du mir JugendUnd Freud' und Mut
Zu neuen LiedernUnd Tänzen gibst.Sei ewig glücklich,Wie du mich liebst!
Das Gedicht ist in das Genre der Natur- und Liebeslyrik einzuordnen und kann damit auch
zur Erlebnislyrik gezählt werden. Es ist gegliedert in neun Strophen zu je vier Versen.
Das lyrische Ich bewundert das Schöpferische der Natur. In den ersten Strophen wird die
Liebe zur Natur bildreich beschrieben. In Strophe sechs wird deutlich, dass es sich auch um
die Liebe zu einem Mädchen handelt. Sowohl die Liebe zur Natur als auch die Liebe zu dem
Mädchen bilden die schöpferische Inspiration, durch die die Kunst geschaffen wird - hier
sogar das Gedicht selbst. Gott spielt dabei eine allgegenwärtige Rolle.
Sah ein Knab' ein Röslein stehn,Röslein auf der Heiden,War so jung und morgenschön,Lief er schnell es nah zu sehn,Sah's mit vielen Freuden.Röslein, Röslein, Röslein rot,Röslein auf der Heiden.
Knabe sprach: "Ich breche dich,Röslein auf der Heiden."Röslein sprach: "Ich steche dich,Dass du ewig denkst an mich,Und ich will's nicht leiden."Röslein, Röslein, Röslein rot,Röslein auf der Heiden.
Und der wilde Knabe brach's Röslein auf der Heiden.Röslein wehrte sich und stach,Half ihm doch kein Weh und Ach,Musst es eben leiden.Röslein, Röslein, Röslein rot,Röslein auf der Heiden.
Das Gedicht Goethes lässt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu:
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Unter anderem kann man darin das stürmische Liebesverlangen eines Jünglings zu einem schönen
Mädchen erkennen. Er erweckt ihre Gegenliebe, verlässt sie dann jedoch und bricht ihr damit
dauerhaft das Herz.
Eine allgemeinere Interpretation ist eine thematisierte Verführung als Initiation des Weiblichen. Das
„Röslein“ steht demnach symbolisch für eine junge Frau (oder ein Mädchen), die sich zunächst
gegen die Nachstellung eines jungen Mannes standhaft zur Wehr setzt. Der „wilde
Knabe“ bricht jedoch letztendlich die Moral d.h. ihre Jungfräulichkeit. Die junge Frau ist hin- und
hergerissen, aber sie ergibt sich schließlich ihrer Leidenschaft – teils mit, teils gegen ihren Willen
(„Und ich will's nicht leiden“ im Sinne von „es soll mir nicht leid tun“). Sie geht damit den ihr vom
Schicksal vorbestimmten Weg vom jungen Mädchen zur Frau.
19. Erlkönig, Goethe
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
"Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?"
"Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron und Schweif?"
"Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif."
"Du liebes Kind, komm', geh' mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Manch bunte Blumen sind an dem Strand;
Meine Mutter hat manch gülden Gewand."
"Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?"
"Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind!
In dürren Blättern säuselt der Wind."
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"Willst, feiner Knabe, du mit mir geh'n?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein."
"Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort?"
"Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau."
"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt."
"Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan!"
Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot
In einer stürmischen Nacht reitet ein Vater, seinen kleinen Sohn im Arm, durch einen
dunklen Wald. Das Kind glaubt in der Finsternis die Gestalt des Erlkönigs zu erkennen und
ängstigt sich. Der Vater beruhigt seinen Sohn: was er sehe, sei nur „ein Nebelstreif“. Doch
die gespenstische Gestalt lässt das Kind nicht mehr los. Mit verführerischen Worten bittet
der Erlkönig den „feinen Knaben“, mit in sein Reich zu kommen und sich dort von seinen
Töchtern verwöhnen zu lassen. Das Kind aber wird immer unruhiger. Wieder bemüht sich
der Vater, für dessen Halluzinationen eine natürliche Erklärung zu finden: alles sei nur das
Rascheln der Blätter und der Widerschein der alten Bäume. Doch die Vision wird immer
bedrohlicher, und der Sohn reagiert immer panischer. Als der Erlkönig das sich sträubende
Kind schließlich mit Gewalt an sich reißen will, verliert auch der Vater seine Fassung und
versucht, so schnell er reiten kann, den heimatlichen Hof zu erreichen. Doch zu spät – das
Kind in seinen Armen ist tot.
20. Die Leiden des jungen Werthers, Goethe
Werther ist ein junger Mann, der bisher noch kein richtiges Lebensziel hat. Um dem
Stadtleben zu entfliehen, lässt er sich in der kleinen Stadt Walheim nieder. Sein Wunsch ist
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es Künstler zu werden, weshalb er viel durch die Natur umherschweift und seine Eindrücke
in seinen Zeichnungen festhält. Nach einiger Zeit lernt er einen Beamten kennen, der ihn zu
sich einlädt, doch Werther schiebt den Besuch auf und vergisst ihn letztlich. Als er eines
Tages mit einer Gesellschaft mit einer Kutsche auf dem Weg zu einem Tanzvergnügen auf
dem Land ist, hält die Gesellschaft am Haus des Beamten an, um seine Tochter Lotte
abzuholen. Als Werther Lotte erblickt, ist er ganz begeistert von ihr und wie sie mit ihren
Geschwistern umgeht. Auf dem Ball angekommen, schlägt Lotte Werther vor mit, ihr den
Tanz des »Deutschen« zu tanzen. Beide verstehen sich auf Anhieb sehr gut. Als Lottes
Freundinnen bemerken, dass zwischen Werther und Lotte eine Liebelei anzufangen scheint,
erinnern sie Lotte an Albert. Werther erfährt, dass Lotte so gut wie verlobt ist mit dem
Beamten Albert, der elf Jahre älter ist als sie und der gerade verreist ist um seine
Familienangelegenheiten in Ordnung zu bringen. Werther verliebt sich trotz allem immer
mehr in Lotte, obwohl er weiß, dass es eine unglückliche Liebe ist. Er sucht immer mehr ihre
Nähe, bis eines Tages Albert von seiner Reise zurückkehrt. Erst dann ändert sich die
Stimmung bei Werther allmählich, da ihm klar wird, wie hoffnungslos seine Liebe für Lotte
ist. Werther kann es nicht ertragen, Lotte und Albert zusammen zu sehen und er verlässt
Wahlheim wieder, um für einen Gesandten zu arbeiten. Doch die Arbeit bietet Werther keine
Erfüllung und auch die strenge adelige Gesellschaftsordnung wird ihm zu viel. Er kehrt nach
Wahlheim zurück und erfährt, dass seine geliebte Lotte mit Albert verheiratet ist. Er besucht
Lotte aber immer wieder, bedrängt sie regelrecht. Lotte macht Werther klar, dass er sie
nicht besuchen soll, wenn Albert nicht da ist. Doch Werther hält sich nicht an Lottes Bitte
und besucht sie erneut. Bei diesem Besuch kann er seine Gefühle nicht mehr unterdrücken
und küsst Lotte. Doch Lotte löst sich aus seiner Umarmung und flieht, von ihren eigenen
Gefühlen überwältigt, in ein Nebenzimmer. Für Werther ist klar, dass Lotte ihn auch liebt,
aber seine Gefühle nicht offiziell erwidern kann. Werther beschließt sich umzubringen, um
Lotte die Freiheit zu geben, ein Leben mit Albert zu haben und um seine Liebe zu ihr für
immer festzuhalten. Unter einem Vorwand schickt er seinen Knecht zu Albert, um sich seine
Pistolen zu leihen. Lotte scheint zu ahnen, was Werther vorhat und gibt dem Knecht nur
zögernd die Waffen. Mit einer von Alberts Pistolen schießt er sich auf seinem Zimmer in den
Kopf. Am nächsten Tag erliegt er seiner Schussverletzung. Goethes Briefroman zeigt
deutlich die Gesellschaftsordnung des 18. Jahrhunderts. Mit der Figur Werthers bricht er mit
der Ordnung und den Regeln, die damals herrschten. Auch der Selbstmord ist ein klarer
Bruch mit den Konventionen, die damals herrschten.
21. Die Räuber, Friedrich Schiller
Das war von Anfang an ein großer Bühnenerfolg. Das Drama schildert die Rivalität
zwischen Brüder Karl und Franz Moor: auf einer Seite der intelligente,
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freiheitsliebende und später Raub Karl, der vom Vater geliebt wird und auf anderer
Seite der kalt, berechnende, unter Liebesentzug leidende Franz, der auf Karl
eifersüchtig ist und das Erbe seines Vaters an sich reißen will. Zentrales Motiv ist
der Konflikt zwischen Gesetz und Freiheit. Schiller wird mit diesem Drama die
Freiheit der Seele jedes Individualismus ausstreben. Das sieht man vor allem an den
Charakteren, wie z.B. Karl, der durch eigene Freiheitsbestrebung zum Räuber
geworden ist. Auch bei Franz kann man erkennen, dass er nach persönlicher
Freiheit strebt. Doch unterscheidet sich der Weg zu seiner Freiheit von Karls Weg.
Der Drang nach Genugtung und Freiheit wird durch die Benachteiligung seines
Vaters, ihm gegenüber noch verstärkt und er versucht das Erstgeborene-Recht
außer Kraft zu setzen, indem er seinem Bruder, durch einen Betrug, das Erbrecht
entzieht.
22. Kabale und Liebe
Das ist ein bürgerliches Trauerspiel in 5 Akten. Im Mittelpunkt des Stückes steht die
umstrittene Liebesbeziehung zwischen Major Ferdinand von Walter, dem Sohn des
Präsidenten und der bürgerlichen Musikus Tochter Luise Miller. Sowohl der Vater
Ferdinands als auch der alte Miller lehnen eine Verbindung ihrer Kinder ab. Der
Präsident von Walter verfolgt stattdessen das Ziel, Ferdinand mit der Mätressedes
Herzogs, Lady Milford, zu verheiraten, um so seinen Einfluss bei Hofe zu vergrößern.
Ferdinand rebelliert jedoch gegen den Plan seines Vaters und versucht Luise zur
gemeinsamen Flucht zu überreden. Luise ist hin- und hergerissen zwischen Moral
seines Vaters und Liebe zu Ferdinand. Es geht dabei um den Aspekt der
persönlichen Freiheit: Major Ferdinand, ein Sohn aus adelige Familie, setzt alles
daran, seine Beziehung zu der bürgerlichen Luise Miller ausleben zu dürfen, obwohl
die Standesregeln ihm das untersagen. Liebe ist für ihn ein Prinzip und ein Ideal.
Im ersten Akt werden einige der wichtigsten Personen vorgestellt. Luise Miller ist die Tochter
des Stadtmusikanten. Sie führt eine Beziehung zum adligen Präsidentensohn Ferdinand von
Walter. Zudem tritt Wurm auf, der als Sekretär des Präsidenten arbeitet und ebenfalls an
einer Beziehung zu Luise interessiert ist. Während Luises Mutter die Beziehung ihrer Tochter
zu Ferdinand gut heißt, weil sie sich dadurch gesellschaftlichen Aufstieg und Wohlstand für
ihre Tochter und sich selbst erhofft, ist der Vater strikt dagegen. Er sieht die Gefahren, die
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sich aus dieser Beziehung ergeben könnten, voraus und will Luise beschützen. Der Präsident
handelt ähnlich, aber aus ganz anderen Motiven. Er möchte seinen Sohn mit der adligen
Lady Milford verheiraten, damit sein Sohn nicht einen Eklat durch seine Beziehung zu einer
Bürgerlichen provoziert. Wurm schließlich möchte die Beziehung zwischen Ferdinand und
Luise sabotieren, damit er selbst Chancen bei Luise hat. Hierfür erbittet er die Hilfe des
Präsidenten, welcher sie ihm zugesteht.
Im zweiten Akt schreitet die Entwicklung voran. Ferdinand unterhält sich mit Lady Milford,
um sie davon zu überzeugen, die Heiratspläne aufzugeben. Diese lässt sich allerdings nicht
darauf ein. Zwar möchte sie nicht eine erzwungene Liebe haben, doch sie hat das Gefühl,
dass ihre Stellung genau das von ihr verlangt. Sie versucht auch Ferdinand von dieser
Position zu überzeugen.
Des Weiteren kommt der Präsident mit seinem Sekretär in die Stube der Millers. Er
beschimpft Luise und ordnet an, die gesamte Familie Miller an den Pranger zu stellen.
Ferdinand widersetzt sich ihm und versucht alles, um den Präsidenten von seinem Plan
abzubringen. Als dies nichts bringt, läuft er davon und droht, die korrupten Machenschaften
seines Vaters offenzulegen. Daraufhin ordnet der Präsident an, die Familie Miller nicht
anzurühren, und rennt seinem Sohn nach.
Im dritten Akt ersinnen der Präsident und Wurm einen Plan, wie sie die Beziehung zwischen
Ferdinand und Luise mittels einer Intrige sabotieren können. Sie planen, dass der Präsident
den Vater Luises ins Gefängnis werfen soll. Nun wird Wurm Luise sagen, dass ihr Vater nur
dann frei kommt, wenn sie einen gefälschten Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb
schreibt. Diesen Brief wollen sie dann Ferdinand in die Hände spielen, der aus Eifersucht und
Zorn seine Beziehung zu Luise abbrechen soll. Die Intriganten beginnen ihren plan in die Tat
umzusetzen, indem der Präsident mit dem Hofmarschall spricht und Wurm eine
Unterhaltung mit Luise führt.
Im vierten Akt bahnt sich die Katastrophe an. Ferdinand hält das gefälschte Schreiben in der
Hand und ist sehr aufgeregt. Er spricht mit dem Hofmarschall und seinem Vater, die ihn in
seiner Eifersucht und in seinen Zweifeln bestärken. Die Aufregung Ferdinands verhindert
hierbei, dass er die Andeutungen versteht, die der Hofmarschall über die ganze Situation
macht. Ansonsten hätte er die Konspiration vermutlich erahnt.
Währenddessen spricht Luise mit Lady Milford und versucht ebenfalls, sie von ihren
Heiratsplänen abzubringen. Im Gegensatz zu Ferdinand hat sie hiermit Erfolg. Die Lady sieht
ihr Fehlverhalten ein und entschließt sich, vom Hof zu verschwinden und auf ihre Stellung zu
verzichten.
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Im fünften Akt ereignet sich die Katastrophe. Miller spricht mit seiner Tochter, um ihr
deutlich zu machen, wie sehr er sie liebt. Für Luise wird es auf diese Weise unmöglich, ihr
erzwungenes Versprechen gegenüber Wurm zu brechen und Ferdinand von der Intrige zu
erzählen. Dieser spricht im Folgenden kurz mit Miller und konfrontiert anschließend Luise mit
ihrem Brief. Diese kann nicht leugnen, dass sie den Brief geschrieben hat und kann
Ferdinand nichts beichten. Dieser ist in seiner Wut nicht fähig, Luises Verzweiflung und
damit die Intrige zu erkennen. Daher vergiftet er Luises und sein eigenes Getränk. Als ihr
bewusst wird, dass sie stirbt, weiß sie, dass sie Ferdinand nun alles erzählen darf. Dieser
verzweifelt angesichts der Wahrheit. Als sein Vater und dessen Sekretär auftauchen,
beschimpft er den Präsidenten und wälzt ihm die Hälfte der Schuld an dem Mord zu, bevor
er stirbt. Der Präsident verflucht hingegen Wurm, der sich auf den Weg macht, um die
Geheimnisse des Präsidenten aufzudecken. Dieser ergibt sich schließlich in die Hände der
Gerichtsdiener.
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