60
medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 17. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli 2008 Schwerpunkt: Diversifizierung Botschaft: Diversifizierung als Herausforderung | Strategie: Perspektive Alternative Energien | Expertenbeitrag: VNG für sichere Versorgung wichtig | Interview: Norwegisches Erdgas für Europa

medium gas 2008.2

Embed Size (px)

DESCRIPTION

medium gas 2008.2

Citation preview

Page 1: medium gas 2008.2

medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 17. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli 2008

Schwerpunkt: DiversifizierungBotschaft: Diversifizierung als Herausforderung | Strategie: Perspektive

Alternative Energien | Expertenbeitrag: VNG für sichere Versorgung wichtig |

Interview: Norwegisches Erdgas für Europa

Page 2: medium gas 2008.2

Inhalt

12 Markt

30 Schwerpunkt

52 Umschau

54 Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

2

4

6

6

7

7

8

12

18

20

22

25

26

28

29

30

32

36

39

40

42

46

48

52

54

58

AKTUELL

Bilanzpressekonferenz: VNG weiter auf Wachstumskurs

VNG und Gazprom investieren in Erdgasspeicher bei Halle/Saale

TÜV-Zertifikate verlängert

Deutsche und Norweger freuen sich über Verlängerung der

Kooperationsvereinbarung

Eurogas-Hauptversammlung in Leipzig

35 Jahre Lieferungen von Erdgas aus Russland:

„Wir fühlen uns nicht abhängig, sondern verbunden“

(Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald HolstHolst)

MARKT

GETEC AG: Umweltfreundliche Versorgung durch Energiemix

VNG in Italien jetzt vom Gasimport bis ins Endkundengeschäft tätig

AMI 2008: TURBO-Erdgas – Neue Motorengeneration in Leipzig vorgestellt

trac-x und store-x: Kapazitätshandel im europäischen Wettbewerb

HANNOVER MESSE 2008

Energieeinsparung – großes Potenzial in den ostdeutschen Kommunen

Aktuelle Termine: Juli bis Oktober

Forum Erdgas: Stimmen die Wettbewerbsbedingungen im Erdgasmarkt?

SCHWERPUNKT: DIVERSIFIZIERUNG

Erdgas – ein zukunftssicherer Energieträger

Interview mit Kåre A. Tjønneland: Norwegisches Erdgas für Europa

Karikatur

Weshalb die VNG wichtig für die Sicherheit der Energieversorgung in

Deutschland und Europa ist

EnD-I AG: Gasernte frisch vom Acker

Erdgasspeicher im Wettbewerb

Erdgas aus dem russischen Eis

UMSCHAU

Russland und die VNG – Partner fürs Leben mit Erdgas

FEATURE

Sozialistische „Gründerjahre“: Schwarze Pumpe, TFLG und

einheimisches Erdgas (1945–1975)

„Jeg elsker Norge“ – Der Maler Klaus Höhne

Impressum

medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63,

04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy

Nickel | Tel. 0341 443 - 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Laureen Dix, Bernhard Kaltefleiter,

Siegbert Ketelhut, Kerstin Kietzke, Heinz Möller, Birgit Reiss, Olaf Schneider, Susann Surma, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese Ausgabe 29.05.2008 |

für die nächste Ausgabe 29.8.2008 | Auflage 4 800 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH |

Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Klaus Reinders, Geschäftsführer der Stadtwerke Teterow (rechts) und Karl-Heinz Pasch, Vorstand der

EnD-I AG auf der Biogasanlage in Teterow, die kurz vor der Fertigstellung steht. Foto: Christoph Busse

Page 3: medium gas 2008.2

Mandy Nickel

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

3 medium gas | 2008.2Editorial

die Karikatur zeigt Frau Merkel am Kochtopf, mit einem Zündholz in der

Hand. „Welcher Idiot in Europa hat denn jetzt wieder den Putin geärgert? Der

Gasdruck ist so schwach“, fragt sie mit skeptischer Miene. Stuttmann’s Blick

auf die Erdgaslieferbeziehungen mit Russland ist standesgemäß immer ein

wenig überspitzt. Trotzdem: was beim Leser hängen bleibt, ist der Eindruck,

dass Deutschland in einer vermeintlichen Abhängigkeit feststeckt und sich

nicht auf Russland verlassen könne.

Objektiv betrachtet ist dieses medial vermittelte Bild natürlich vollkommen

falsch. Leider werden Meinungsbilder aber nicht durch sachliche, sondern

durch emotionale Werte bestimmt. Wenn Lieschen Müller in der Zeitung

liest, dass sich Russland und die Ukraine über den Gaspreis streiten und

der Gashahn zugedreht wird, dann hat sie Angst. Ihr Vertrauen in Russland kippt, weil sie befürchtet,

bald in einer kalten Stube zu sitzen. Was Lieschen Müller dabei allerdings vergisst, ist die Tatsache,

dass Lieferant und Abnehmer in einer äußerst intensiven, gegenseitigen Partnerschaft stecken. Das

kann man gar nicht oft genug betonen. Beide haben langfristige Verträge mit festgelegten Mengen

und einem am Ölpreis orientierten Abnahmepreis geschlossen.

Verkannt wird auch, dass Europas Gasimporte zwar zu einem großen Teil aus Russland kommen, aber

längst nicht alle. Seit vielen Jahren stammen die Lieferungen auch aus anderen Regionen. Norwegen

drängt sich beispielsweise markant ins Gespräch, ebenso wie Osteuropa, Afrika und der Nahe Osten.

Die international diversifizierten Erdgasbezüge sind heute Grundlage für die Versorgungssicherheit

der deutschen Erdgas-Wirtschaft.

Für die VNG hat der Begriff „Diversifizierung“ noch eine sehr viel weiter reichende Dimension

als allein das Bezugsportfolio auf eine breite Basis zu stellen. Die weiteren Eckpfeiler heißen

für uns Exploration und Produktion, Beschaffung von BioErdgas und LNG, Ausbau der Infra-

struktur und Erweiterung der internationalen Netzwerke. Auf allen Gebieten ist die VNG aktiv –

davon können Sie sich im Schwerpunktteil dieses Heftes überzeugen. Wir sehen unsere Aktivitäten –

sei es der Ausbau des Untergrundgasspeichers Bernburg zusammen mit Gazexport (wie jüngst in der

Presse verkündet) oder die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Russland als wichtige

Punkte unserer Lieferbeziehungen.

Nicht überzeugen, sondern vielmehr zum Schmunzeln bringen möchten wir Sie mit der Karikatur in

diesem Heft. Vielleicht mit weniger spitzer Feder als bei Klaus Stuttmann, dafür aber trotzdem mit

der gewissen Portion Eigenironie erkennen Sie hoffentlich einen deutschen Energie-Top-Manager,

der sich jetzt schon den Kopf über die Diversifizierung unserer Erdgaslieferungen im 22. Jahrhundert

zerbricht.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen

Mandy Nickel

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Page 4: medium gas 2008.2

4 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Bilanzpressekonferenz Geschäftsjahr 2007:

VNG weiter auf Wachstumskurs„Die VNG ist für die Zukunft bestens aufgestellt.

Mit neuen Absatzmärkten und Geschäftsfeldern

sowie einer weiteren Diversifizierung bei der

Gasbeschaffung sind wir nach wie vor auf Wachs-

tumskurs. Die Ertragslage entwickelt sich weiterhin

positiv“, lauteten die zentralen Botschaften des

Vorstandsvorsitzenden Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-

Ewald Holst auf der Bilanzpressekonferenz für

das Geschäftsjahr 2007. Rund 60 Journalisten

verfolgten live oder online seine Rede sowie die

anschließende Fragerunde.

Mit einem Gasabsatz von 165,2 Milliarden kWh

erzielte der Erdgasimporteur einen neuen Re-

kord (2006: 164,2 Mrd. kWh). Dabei haben sich

Absatzmengen verlagert. Verbraucher nutzten

erstmals die Möglichkeit, ihren Gasanbieter zu

wechseln. Dies führte erwartungsgemäß zu einem

geringen Absatzrückgang im Kernmarkt, der durch

Hinzugewinnen neuer Großkunden im gesamten

Bundesgebiet annähernd ausgeglichen war. Der

Absatzrückgang im Inland von ca. fünf Prozent

geht damit im Wesentlichen auf die milden Tem-

peraturen zurück. Dafür erzielte die VNG einen

kräftigen Zugewinn im Export, vor allem durch

vermehrte Lieferungen nach Polen und Italien.

In Italien ist die VNG zudem dabei, die gesamte Wert-

schöpfungskette vom Gaseinkauf bis zum Endkun-

den aufzubauen. Mit der Anfang 2008 erworbenen

Beteiligung von 40,5 Prozent an dem Importeur

und Großhändler SPIGAS aus La Spezia (Ligurien)

nimmt die VNG künftig am Import und Großhandel

in Italien teil. Bereits seit 2006 hat die VNG über ihre

Anteile an der BLUENERGY GROUP auch Zugang zu

60.000 Endverbrauchern in Norditalien.

2007 betrug der Umsatz der VNG 4,2 Milliarden

Euro erstmals ohne die Erdgassteuer für Liefe-

rungen an weiterverteilende Versorgungsunter-

Kennzahlen der VNG AG zum Geschäftsjahr 2007

Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung, Prof. Dr. Gerhardt Wolff, Vorstand Kaufmännisches/Personal und stellvertretender Vorstandsvorsitzender,

Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender, Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand Gasverkauf/Technik und Pressesprecher Markus Wild (v.l.).

Umsatzerlöse Mrd. EUR 4,234

Jahresüberschuss Mio. EUR 130

Gasabsatz Mrd. kWh 165,2

Leitungsnetz zum Jahresende km 7040

Mitarbeiteranzahl zum Jahresende 591

Leistung der Verdichteranlagen zum Jahresende MW 77,6

Kapazität der Untergrundspeicher zum Jahresende Mrd. m3 2,3

Page 5: medium gas 2008.2

5 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

nehmen. Der vergleichbare Umsatz im Vorjahr

erreichte knapp 4,5 Mrd. Euro (5,0 Mrd. Euro lt.

Geschäftsbericht 2006 minus 549 Mio. Euro Erd-

gassteuer an Weiterverteiler). „Der verbleibende

Umsatzrückgang von 300 Mio. Euro gegenüber

dem Vorjahr erklärt sich durch den im Jahr 2007

niedrigeren durchschnittlichen Gasverkaufspreis

an VNG-Kunden. Der Jahresüberschuss erreichte

130,4 Millionen Euro“, erläuterte Prof. Dr. Gerhardt

Wolff, stellv. Vorstandsvorsitzender und zuständig

für das Kaufmännische Ressort.

2007 brachte die VNG den Einstieg in die Eigenpro-

duktion von Erdgas auf dem norwegischen Kon-

tinentalschelf. Die VNG-Gruppe hält dort Anteile

an fünf Förderlizenzen. „Bis zum Jahr 2020 soll

ein eigenes Produktionsportfolio von über einer

Milliarde m³ Erdgas pro Jahr aufgebaut werden“,

erläuterte Klaus-Dieter Barbknecht, als Vorstands-

mitglied zuständig für die Gasbeschaffung.

Neue Wege geht die VNG auch bei der Gasspei-

cherung. Gemeinsam mit der OOO „Gazprom

export“ will die VNG rund 350 Mio. Euro in den Bau

eines neuen Speichers bei Bernburg investieren.

Vorgesehen sind bis Ende 2022 zehn Kavernen

mit zusammen rund 510 Millionen Kubikmetern

nutzbarer Speicherkapazität.

„Unser Ziel für die kommenden Jahre ist es, die

VNG als eigenständiges ostdeutsches Unterneh-

men bestens aufzustellen. Den Wert unseres

Unternehmens wollen wir steigern durch den

Erwerb weiterer Förderlizenzen in Norwegen, den

weiteren Ausbau unserer Aktivitäten in anderen

europäischen Ländern, vor allem Italien und

Polen sowie den Erwerb weiterer Beteiligungen

im In- und Ausland“, fasste Holst zusammen.

Wesentlich seien zudem innovative Konzepte und

Kooperationen mit Partnern sowie „das aktive

Einbeziehen unserer kommunalen Aktionäre und

unser gesellschaftliches Engagement in unserem

Heimatmarkt“, ergänzte der für Gasverkauf zustän-

dige Vorstand Dr. Gerhard Holtmeier.

Dr. Ralf Borschinsky, Leiter Presse

Holst: „Die VNG ist für die Zukunft bestens aufgestellt. Mit

neuen Absatzmärkten und Geschäftsfeldern sowie einer

weiteren Diversifizierung bei der Beschaffung ist die VNG

weiter auf Wachstumskurs. Die Ertragslage entwickelt sich

weiter positiv.“

Der russische Journalist Rustem Tell von der TRIBUNA (mit Mikrofon) interessierte sich vor allem für das gemeinsame Speicherprojekt, das die VNG und Gazexport

wenige Tage vor der Bilanzpressekonferenz öffentlich bekannt gegeben haben. | Dr. Gerhard Holtmeier im Gespräch mit einem Journalisten von Radio Leipzig.

Page 6: medium gas 2008.2

Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature6 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

VNG und Gazprom investieren in Erdgasspeicher bei Halle/SaaleDie VNG – Verbundnetz Gas AG und die OOO „Gaz-

prom export“ haben ein gemeinsames Investiti-

onsvorhaben in Höhe von 350 Mio. Euro für den

Bau eines neuen Erdgasspeichers nahe der Stadt

Bernburg in Sachsen-Anhalt beschlossen. Das

gaben beide Unternehmen Ende April bei einem

Treffen in Moskau bekannt. Bis 2022 sollen zehn

neue Kavernen mit einem nutzbaren Volumen

von über 500 Mio. Kubikmetern entstehen. Diese

Menge reiche aus, um rund 140.000 Haushalte für

zwei Jahre mit Erdgas zu versorgen. Mit der Koope-

ration der VNG und der Gazexport zur Schaffung

von Speicherkapazitäten tragen die Partner dem

wachsenden Speicherbedarf in Europa Rechnung.

Nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der VNG,

Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, soll der erste

Teil des neuen Speichers bereits im nächsten Jahr

in Betrieb gehen.

Derzeit erarbeiten die VNG und die Gazexport in

einer Arbeitsgruppe weitere Einzelheiten für das

Joint Venture. Bis Ende Juni wollen Spezialisten

beider Unternehmen die technischen Details des

Projektes abgestimmt haben. Die VNG verfügt über

langjährige Erfahrungen beim Bau, dem Betrieb

und der Vermarktung von Untergrundspeichern

für Gas. An den vier Standorten Bernburg, Bad

Lauchstädt, Buchholz und Kirchheilingen betreibt

sie fünf Untergrundspeicher mit einem Gesamt-

volumen von 2,3 Milliarden Kubikmetern.

Mandy Nickel, Redaktion

Begründeten in Moskau ein neues Joint Venture zwischen der VNG und Gazexport: Alexander

Medwedjew, Generaldirektor der OOO „Gazprom export“ (links sitzend) und Prof. e. h. Dr.-Ing.

Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG (rechts sitzend). Stehend (v.l.n.r.):

Dr. Reiner Haseloff, Minister für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt, Klaus-Dieter

Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung der VNG, Protokollant und Dr. Dieter Bandlow, Reprä-

sentant der VNG in Moskau.

TÜV-Zertifikate verlängertIm April waren die Auditoren von der TÜV Süd

Management Service GmbH bei der VNG, um die

Umsetzung der Normenanforderungen nach der

ISO 9001 (Qualitätsmanagement), ISO 14001

(Umweltmanagement) und dem OHSAS 18001

(Sicherheitsmanagement) im Unternehmen zu

überprüfen. Bei dem jährlich anstehenden Über-

wachungsaudit untersucht der TÜV die Geschäfts-

prozesse der VNG. Das gilt als Voraussetzung,

um die erteilten Zertifikate nicht zu verlieren.

Kontinuierliche Verbesserungen sind ein zentraler

Ansatz des Qualitäts- und Sicherheitsmanage-

mentsystems der VNG.In diesem Jahr standen die

Prozesse Gashandel, Kundendienst/Marketing,

Beschaffung, Personelle Ressourcen, Notfallor-

ganisation und Instandhaltung/Betrieb auf dem

Programm. Außerdem wurden die Standorte Ketzin

(Netzbereich Nord), der Untergrundgasspeicher

Bernburg und die Verdichterstation Sayda (beide

Netzbereich Süd) überprüft.

Für alle untersuchten Prozesse und Bereiche zog

der TÜV eine durchgängig positive Bilanz. Vor

allem der hohe Stand der Dokumentation, die

datentechnische Unterstützung aller Prozesse und

die hohe Fachkompetenz der Mitarbeiter wurden

von den Auditoren gelobt.

Page 7: medium gas 2008.2

7 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Eurogas-Hauptversammlung in LeipzigAm 13. Juni 2008 fand in Leipzig die Hauptver-

sammlung von Eurogas statt. Der Verband mit

Sitz in Brüssel ist die Dachorganisation der eu-

ropäischen Erdgasindustrie.

Die VNG trat bei der Veranstaltung offiziell als

Gastgeber auf. Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald

Holst, der Mitglied im Vorstand von Eurogas ist,

begrüßte am Vorabend zusammen mit dem Eurogas-

Präsidenten Domenico Dispenza die zahlreichen

Vertreter der europäischen Gaswirtschaft. Als

Ehrengast und Redner kam EU-Energiekommissar

Andris Piebalgs nach Leipzig. Bei der diesjährigen

Hauptversammlung wurde turnusgemäß einer neu-

er Vorstand für die nächsten zwei Jahre gewählt.

Zu den deutschen Vertretern zählen neben Holst

auch Dr. Bernhard Reutersberg, seit 1. März 2008

Vorstandsvorsitzender der E.ON Ruhrgas AG, sowie

Dr. Wolfgang Peters, Vorstandsmitglied der RWE

Transgas. Bisher war die deutsche Gaswirtschaft

durch Dr. Burkhard Bergmann, ehemaliger Vorstand

der E.ON Ruhrgas AG sowie durch Holst vertreten.

Aktuell gehören 44 Mitglieder aus 24 Ländern,

darunter 31 Unternehmen, 12 Verbände und eine

internationale Organisation dem Eurogas-Dachver-

band an. Deutsche Mitglieder sind der BDEW, die

E.ON Ruhrgas, die RWE, die Wingas und die VNG.

Städtepartnerschaft Oberhof – Lillehammer

Deutsche und Norweger freuen sich über Verlängerung der KooperationsvereinbarungZusammen mit ihrem Par tner, der Erdgas-

versorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen

mbH (EVG), wird die VNG auch weiterhin die

Städtepartnerschaft zwischen Oberhof und Lille-

hammer finanziell unterstützen. Das versicherte

Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstands-

vorsitzender der VNG, am 11. April während der

Feierlichkeiten zum 15-jährigen Bestehen der

Partnerschaft. Beide Wintersportorte begründeten

1993, ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen

in Lillehammer, ihre Kooperation.

Im Rahmen eines Festaktes unterzeichneten die

Oberbürgermeisterin von Lillehammer, Synnøve

Brenden Klemetrud und der Oberhofer Bürgermeis-

ter Thomas Schulz zudem eine neue Vereinbarung

über die deutsch-norwegische Beziehung. Herz-

stück der deutsch-norwegischen Begegnung wird

das ehemalige Golfclubhäuschen in Oberhof. Das

im norwegischen Baustil errichtete Gebäude steht

seit 2002 unter Denkmalschutz. Derzeit wird es

aufwending restauriert. Zukünftig soll es unter

dem Namen „Lillehammerhuset“ deutsch-norwe-

gischen Vereinen, Initiativen und Projekten, wie

dem Förderverein der Städtepartnerschaft und

dem Thüringisch-Norwegischen Kulturverein als

Heimstatt dienen.

Zahlreiche hochrangige Gäste nahmen an der

Festveranstaltung in Oberhof teil, darunter der

Gesandte der Königlich-Norwegischen Botschaft

in Berlin, Andreas Gaarder, Prof. Dr. Christian

Juckenack, Staatssekretär im Thüringer Ministe-

rium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und

Ministerialdirigent Jürgen Senff aus der Thürin-

gischen Staatskanzlei.

Domenico Dispenza, Präsident von EUROGAS, Andris Piebalgs, EU-Kommissar für

Energie, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG und

Jean-Marie Devos, Generalsekretär von EUROGAS bei der EUROGAS-Tagung in Leipzig

(v.l.n.r.). Foto: Christoph Busse

Page 8: medium gas 2008.2

8 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

35 Jahre Erdgas-Lieferungen aus Russland

„Wir fühlen uns nicht abhängig,sondern verbunden“ (Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst)

Der 1. Mai 1973 war für die europäische Erdgaswirtschaft ein historischer Augenblick: an jenem Tag

strömte an der Übernahmestation Sayda in der Nähe der tschechischen Grenze erstmals russisches

Erdgas nach Europa. Zur feierlichen Einweihung der Erdgasleitung kam der damalige Minister für Gas-

industrie der UdSSR, Sabit Atajewitsch Orudshew, nach Ostdeutschland gereist. 35 Jahre später wurden

die langjährigen, zuverlässigen deutsch-russischen Erdgaslieferbeziehungen erneut mit einem Festakt

gefeiert. Gleichzeitig jährte sich die Errichtung des russischen Konsulates in Leipzig zum 225. Mal.

Die ausländischen Gäste, die der Leipziger Ober-

bürgermeister Burkhard Jung am 11. Juni im Alten

Rathaus als Hausherr begrüßen durfte, hätten

hochrangiger nicht sein können. Unter ihnen

befanden sich der Vorstandsvorsitzende der

OAO „Gazprom“, Alexej Miller, der Stellvertreter

des Vorstandsvorsitzenden der OAO „Gazprom“

und Generaldirektor der OOO „Gazprom export“,

Alexander Medwedjew, sowie Alexander Petrow,

Gesandter der Botschaft der Russischen Födera-

tion in Deutschland. Prominentester Teilnehmer

der Festveranstaltung auf deutscher Seite war

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee.

Jung wertet wirtschaftliche und diplomatische

Beziehung als unerlässlich

Jung verwies in seiner Begrüßungsrede auf die

Bedeutung des russischen Konsulates in Leipzig

als wichtigen Eckpfeiler für die wirtschaftliche

Entwicklung der Stadt. Die Handels- und Kulturbe-

ziehungen hätten sich in allen Zeiten als gemein-

sames Gut entwickelt, das selbst die schrecklichen

Ereignisse des 20. Jahrhunderts überdauerte, so

Jung weiter. Als Katharina II. 1783 das Konsulat in

Leipzig errichtete, war es die erste ausländische

Vertretung in der Stadt. Seither wahre die Einrich-

tung die Interessen des russischen Staates und

seiner Bürger und fördere den wirtschaftlichen und

kulturellen Austausch zwischen beiden Ländern.

Auch die Lieferbeziehungen zwischen russischen

Erdgasproduzenten und der VNG wertete Jung als

überaus stabil und zuverlässig. Sie gelten seither

als Grundlage für die seit 1991 bestehenden Liefe-

rungen der VNG an die Stadtwerke Leipzig.

Tiefensee betont Verlässlichkeit und Umwelt-

freundlichkeit

Die Stabilität der Lieferbeziehungen hob auch

Wolfgang Tiefensee explizit hervor. „Die Entwick-

lungen in den letzten 35 Jahren deuten auf einen

weiterhin verlässlichen Partner Russland hin“,

so der Bundesverkehrsminister. 5000 Kilometer „Wir fühlen uns nicht abhängig, sondern verbunden“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der

VNG. Auch Miller lobte die herzliche Beziehung zwischen beiden Partnern.

Page 9: medium gas 2008.2

9 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Pipeline verbinden Russland mit Europa, schon

allein deshalb müsse das geografische Europa

noch enger zusammenrücken. Er unterstrich

gleichzeitig die Bedeutung, die die Erdgasliefe-

rungen seit 1973 für den Klimaschutz hätten.

Erdgas gelte als umwelt- und klimafreundlichster

fossiler Energieträger, das sollte seiner Meinung

nach auch stärker gewürdigt werden.

Holst sieht viele Besonderheiten in den

letzten 35 Jahren

Worte der Würdigung findet der Vorstandsvorsit-

zende der VNG, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald

Holst, zur Genüge, wenn er über die letzten 35 Jahre

nachdenkt. Als er 1968 als Ingenieur für Speicher

bei der VNG angefangen hatte, wurde gerade das

Lieferabkommen zwischen den damaligen Regie-

rungen der UdSSR und der DDR über die Lieferung

von Erdgas sowie die Zusammenarbeit beim Bau

der Erdgastrasse verhandelt. Zwei Jahre später, im

Februar 1970, schlossen schließlich auch westdeut-

sche Unternehmen, darunter die Ruhrgas (heute

E.ON Ruhrgas), einen spektakulären Vertrag mit

der sowjetischen Staatshandelsfirma Sojuzneft-

export. „Damals haben sowohl die sowjetischen

Vertreter als auch die Mitarbeiter von Ruhrgas sehr

viel Weitsicht bewiesen. Immerhin war der Vertrag

eine hochpolitische Angelegenheit, der in Zeiten des

eisernen Vorhangs viele Widerstände hervorrief“,

so Holst. Er dankte nicht nur den Vertretern der

Gazprom für ihre jahrzehntelange Zuverlässigkeit,

sondern zeigte sich auch voller Lob für die Mitar-

beiter, Aktionäre und Kunden der VNG.

Miller erklärt Verantwortung gegenüber

europäischer Versorgungssicherheit

Das Lob gab Miller an die VNG zurück. Er dankte

Holst für die jahrelang erfolgreiche Zusammen-

arbeit und zeigte sich voller Hoffnung, dass

sich auf Basis der 35-jährigen Beziehungen wei-

tere technische, wirtschaftliche und kulturelle

Kooperationen entwickeln können.

„Die Präsenz des Russischen

Konsulats ist ein wichtiger Eck-

pfeiler der wirtschaftlichen

Entwicklung Leipzigs“, so der

Leipziger Oberbürgermeister

Burkhard Jung.

Stuft die russischen Erdgaslieferungen als überaus verlässlich und stabil ein: Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,

Bau und Stadtentwicklung. Fotos: Christoph Busse

Page 10: medium gas 2008.2

10 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Dabei sieht sich Miller in der Verantwortung,

die sichere Erdgasversorgung für Europa auch

zukünf tig weiter zu gewährleisten und so

viel Gas zu liefern, wie gebraucht wird. „Für uns

ist Europa der wichtigste Exportmarkt für Erdgas.

Wir sind von Europa so abhängig wie Europa von

uns“, betonte der Chef von Gazprom. Dafür sei er

auch bereit, weitere Investitionen in Leitungen

und Gasspeicher zu tätigen. Als Beispiele nannte

er das Speicherprojekt zusammen mit der VNG in

Bernburg sowie ein Projekt am Speicher Haidach

in Österreich. Allerdings zeigte sich Miller auch

besorgt über die in Europa geführten Diskussi-

onen zur Diversifizierung der Bezüge. Er könne

zwar verstehen, dass man das Bezugsportfolio

ausweiten möchte. Unklar sei ihm jedoch, warum

jegliche andere Varianten besser wären als eine

Lieferung von Russland. „Ich kann nur betonen,

dass Gazprom immer ein sicherer Energiever-

sorger war und es auch zukünftig sein wird“, so

Miller weiter.

Petrow spricht sich für neues Partnerschafts-

abkommen aus

Der in Vertretung für den Botschafter der Rus-

sischen Föderation in der Bundesrepublik

Deutschland Vladimir Kotenew gekommene

Gesandte Alexander Petrow lobte die warme

Atmosphäre in Deutschland – und das nicht

Klaus-Dieter Barbknecht,

Vorstand Gasbeschaffung

bei der VNG, und Alexander

Medwedjew.

Fortsetzung von Seite 9

„Wir fühlen uns nicht abhängig,sondern verbunden“ (Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst)

Page 11: medium gas 2008.2

11 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Die bekannte Sopranistin Elena Schlykowa (rechtes Foto), die Moskauer Konzertmeisterin Tatjana Abramowa und Professor Wjatschislav Kruglow (linkes Foto)

begeisterten das Publikum beim Festakt im Alten Rathaus mit ihrer musikalischen Einlage. Auch das Volksinstrumenten-Ensemble „Die neuen Namen Moskaus“

unter Leitung von Kruglow sorgte auf der Festveranstaltung im Alten Rathaus für eine klassische, musikalische Umrahmung. Die Mitglieder des Ensembles

Alexandra Skrosnikowa, Sergej Kotkow und Sergej Jakimow sind Studenten der russischen Musikakademie und Preisträger zahlreicher russischer und internati-

onaler Wettbewerbe (ohne Foto).

Für seine Verdienste um die deutsch-russische Annäherung erhielt Gennadij P. Golub, seit 2005

als russischer Generalkonsul in Leipzig tätig, im Rahmen der Feierlichkeiten zum 225. Bestehen

des russischen Konsulates den Gortschakow-Orden. Er ist nach dem früheren Außenminister

Fürst Alexander M. Gortschakow benannt und gilt als eine der höchsten Auszeichnungen für

Diplomaten. Einen Tag nach seiner Ehrung stand Golub den Journalisten auf der Pressekonfe-

renz im Rathaus Rede und Antwort. v.l.n.r.: Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Alexej Miller,

Wolfgang Tiefensee, Alexander Medwedjew und Gennadij P. Golub. Fotos: Christoph Busse

nur angesichts der heißen Temperaturen der

letzten Tage. Die Energiepartnerschaft zwischen

Russland und Europa biete beiden Ländern die

notwendige Liefer- und Abnahmesicherheit

– und das bereits seit 35 Jahren. Er plädierte

dafür, dass es an der Zeit sei, ein neues Partner-

schaftsabkommen zwischen Moskau und Brüssel

zu schließen, bevor das geltende Abkommen im

Herbst auslaufe. Wichtige Fragen der Energie-

sicherheit würden darin für die nächsten Jahre

festgeschrieben. „Wir müssen jetzt die Ärmel

hochkrempeln. Dass sie das kann, hat die Gas-

wirtschaft in den letzten 35 Jahren gezeigt“, so

der russische Gesandte.

Strategisch bedeutsame Partnerschaft

Für Deutschland ist die Partnerschaft mit Russ-

land strategisch von hoher Bedeutung, da man-

gels eigener Ressourcen aktuell 85 Prozent des

Gasbedarfs aus ausländischen Quellen gedeckt

wird. Davon stammen 37 Prozent aus russischen

Gasfeldern. Importeure auf deutscher Seite sind

die E.ON Ruhrgas AG, die Wingas GmbH und die

VNG. Seit 1973 wurden von Russland insgesamt

über 800 Mrd. m³ Erdgas störungsfrei nach

Deutschland geliefert, davon rund 215 Mrd. m³

an die VNG. „Auch in Zukunft wird die enge Zu-

sammenarbeit mit Russland zentral für unsere

Versorgungssicherheit sein“, erklärt Holst. „Aus

diesem Grund streben wir weiterhin eine starke

Energiepartnerschaft an.“

Mandy Nickel, Redaktion

Page 12: medium gas 2008.2

12 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Die GETEC AG Magdeburg garantiert:

Umweltfreundliche Versorgung durch EnergiemixDie GETEC AG mit Hauptsitz in Magdeburg hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1993 zu einem

führenden Contracting-Unternehmen entwickelt. Das hört sich allemal passabel an, aber was,

bitteschön, ist unter Contracting genau zu verstehen? Schlicht und allgemeinverständlich ist es eine

Dienstleistung, bei der der Anbieter die Versorgung einer Liegenschaft mit Wärme, Dampf, Kälte,

Strom oder Druckluft übernimmt. Das zentrale Element besteht darin, dass alle wesentlichen Teile

der Energielieferung und der damit verbundenen Leistungen aus dem Aufgabenbereich des Liegen-

schaftseigentümers auf den Contractor übertragen werden.

GETEC bietet den Kunden komplexe, innovative

und wirtschaftliche Lösungen für die Energie-

versorgung an. Das Unternehmen entwickelt,

plant, baut, finanziert und betreibt in eigener

unternehmerischer Verantwortung und verkauft

die Energie an den Liegenschaftseigentümer

oder direkt an den Gebäudenutzer. Der Vorteil

besteht darin, dass sich der Liegenschaftseigen-

tümer sowohl von Aufgaben, die nicht zu seinen

Kernkompetenzen gehören, entlastet, als auch

vom investiven Aufwand für die Errichtung oder

Sanierung sowie der Wartung, Instandhaltung

und Betriebsführung der Anlagen.

Ein Pionier der Contractingidee

Ein offensichtlich sehr interessantes Unterneh-

men. Und überdies wird GETEC seit Oktober des

vergangenen Jahres von der VNG mit Erdgas

beliefert. Gründe also genug für einen Besuch

des Magdeburger Unternehmens in seinem

modernen Hauptsitz in der Albert-Vater-Stra-

ße 50. Sehr freundlich und bestens vorbereitet

werde ich vom Sprecher des Vorstandes, Dr. Karl

Gerhold, Dipl.-Ing. Gerhard Andres, Vorstand

Technik, sowie Dipl.-Ing. Mario Arnold, Leiter

Energieeinkauf, und von der Vorstandsassis-

tentin Melanie Hoffmann empfangen. Geballte

Kompetenz. Und spürbares Selbstbewusstsein.

Dr. Gerhold erklärt gleich eingangs unseres

Gespräches:Der Hauptsitz der GETEC AG in der Magdeburger Albert-Vater-Straße 50. Foto: Helmut Rosan

Page 13: medium gas 2008.2

13 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

„Die GETEC AG ist ein Pionier in der Entwicklung

der Contractingidee. Zunächst lag der Schwerpunkt

in der Wärmedienstleistung für die Wohnungs-

wirtschaft (Wärme-Direkt-Modell). Inzwischen

zählen renommierte Unternehmen der Wohnungs-

wirtschaft, Industrie und Gewerbe, Kommunen,

öffentliche und institutionelle Einrichtungen/Un-

ternehmen, Krankenhäuser, Deutsche Bahn AG und

die Bundeswehr zu den Kunden der GETEC AG.

Wir konnten auch das Jahr 2007, wie jedes Ge-

schäftsjahr seit der Gründung 1993, erfolgreich

abschließen. Der Umsatz wurde in dieser Zeit von

106 866 Tsd. Euro 2006 auf über 111 702 Tsd. Euro

gesteigert. Das Unternehmen investierte seit 1993

rund 100 Mio. Euro und in der jüngsten Zeit pro

Jahr durchschnittlich 10 bis 20 Mio. Euro.

Müde sein, sich ausruhen: Das gilt für uns nicht.

Wir werden jeden Tag neu gefordert und fordern

uns jeden Tag aufs Neue. Unsere Kunden ver-

lassen sich darauf, dass die Anlagen, die wir für

sie erstellen, betreiben und warten, reibungslos

funktionieren.“

Die GETEC AG versorgt mit ihren Tochterunter-

nehmen und Beteiligungsfirmen ca. 300 Kunden

sowie insgesamt 1000 Objekte mit Nutzener-

gie. GETEC ermöglicht ihren Kunden eine sehr

breite Palette an Umsetzungsmöglichkeiten für

eine maßgeschneiderte Energieversorgung. Be-

rücksichtigt werden dabei traditionelle sowie

erneuerbare Energieträger in Form von kosten-

günstigen, umweltfreundlichen Wärme- und Strom-

erzeugungsanlagen. Immer mehr an Bedeutung

gewinnen Brennstoffarten wie Biogas, Biomasse,

Braunkohlestaub und Anthrazit.

Neben der Contracting-Dienstleistung gehören

ebenfalls Generalunternehmerleistungen im Be-

reich Energieerzeugung und die Realisierung von

Planungs- und Entwicklungsdienstleistungen zum

Angebotsspektrum.

Die GETEC AG (Konzern) beschäftigt 179 Mitarbeiter

und vier Auszubildende, die außer im Hauptsitz

Magdeburg in Niederlassungen in Berlin, Frank-

furt/Main, Hannover, München und Dortmund

tätig sind.

Der Vorstand der GETEC AG:

Dipl.-Ing. Gerhard Andres,

Dr. Karl Gerhold und Dipl.-Ing.

Volker Schulz (v.l.).

Der Leitstand der GETEC AG in der Albert-Vater-Straße 50 ist rund um die Uhr im Einsatz. Fotos: GETEC

Page 14: medium gas 2008.2

14 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Fortsetzung von Seite 13

Umweltfreundliche Versorgung durch Energiemix

Mit Tochter- bzw. Beteiligungsunternehmen ist

GETEC an den Standorten Magdeburg, Iden und

Möckern in Sachsen-Anhalt, Borken in Nordrhein-

Westfalen, Geretsried in Bayern und Lehnin in

Brandenburg vertreten.

Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsaktionär

der GETEC AG, Dr. Karl Gerhold kann auf einen

interessanten Lebenslauf verweisen. Der 1950 in

Nordhessen Geborene hat nach seinem Abitur 1969

bis 1975 an der Universität in Göttingen ein Studi-

um der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit

dem Abschluss als Diplom-Volkswirt absolviert.

Dem Studium folgte eine wissenschaftliche Tätig-

keit an der Göttinger Universität; die Promotion

zum Dr. rer. pol. erfolgte 1982.

Bis 1992 war Dr. Gerhold im öffentlichen Dienst tä-

tig, u. a. als Abteilungsleiter im Niedersächsischen

Innenministerium (1988–1990), als Landesbeauf-

tragter der Niedersächsischen Landesregierung

für Sachsen-Anhalt (1990) und schließlich als

Staatssekretär (Chef der Staatskanzlei) in der

Landesregierung Sachsen-Anhalt (1990/1991).

Des Weiteren ist er Aufsichtsratsvorsitzender

zweier Unternehmen, Mitglied des Verwaltungs-

rates des Mitteldeutschen Rundfunks (mdr) sowie

Aufsichtsratsmitglied von drei Unternehmen der

Medienbranche. Dr. Karl Gerhold ist verheiratet

und Vater von drei Töchtern.

Beispiele für gut durchdachten Erfolg

In dem altmärkischen Dorf Iden wurde von

GETEC das Bioenergiezentrum Iden errichtet,

aus dem rund drei Viertel der Haushalte und ein

landwirtschaftliches Versuchszentrum mit um-

weltfreundlicher Energie versorgt werden. Dabei

werden ca. 670 000 Liter Heizöl eingespart und

der CO2-Ausstoß um etwa 1700 Tonnen pro Jahr

verringert.

In Kooperation mit der Landesanstalt für Land-

wirtschaft, Forsten und Gartenbau, die hier Lehr-

linge aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und

Brandenburg zu Landwirten ausbildet, wird in der

Anlage methanhaltiges Biogas aus Gülle, Roggen

und Hackschnitzel gewonnen. Das Biogas wird im Bioenergiezentrum Iden, das am 20. Dezember 2005 eingeweiht wurde.

Das Biomassekraftwerk in Borken.

Page 15: medium gas 2008.2

15 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Blockheizkraftwerk in Strom und Wärmeenergie

umgewandelt. Die Anlage speist jährlich etwa

1350 MWh Strom in das Netz des örtlichen Ener-

gieversorgers und liefert rund 4100 MWh Wärme

für die Idener Gemeindewerk GmbH.

Mit sichtlichem Stolz verweisen meine drei Ge-

sprächspartner darauf, dass GETEC für das Projekt

„Bioenergiedorf Iden“ mit dem Contracting-Award

2006 ausgezeichnet wurde, dem bedeutendsten

Preis der Branche. Übrigens erhielt die GETEC

bereits 2003 den Großen Preis des Mittelstandes

Sachsen-Anhalts, den „Oskar“.

In der extrem kurzen Bauzeit von nur acht Mona-

ten hat am 1. Juli 2006 das Biomasse-Kraftwerk

Borken auf dem Gelände der Kreislaufwirtschaft

Borchers GmbH den Betrieb aufgenommen. Be-

feuert wird die Anlage mit Holzhackschnitzeln,

die aus 110 000 Tonnen Altholz gewonnen werden.

Hier werden jährlich 77 000 MWh Strom erzeugt,

die in das RWE-Netz eingespeist werden. Die

Feuerleistung liegt bei knapp 34 MW thermisch.

Der erzeugte Dampf (65 bar) versorgt die Genera-

torensätze zweier Kondensationsturbinen mit einer

Gesamtleistung von 9,6 MW elektrisch. Investiert

wurden rund 20 Mio. Euro.

Die zur Verfeuerung von Braunkohlestaub einge-

setzte Technologie ist zuverlässig und innovativ,

durch sie kann eine Senkung der Energiekosten um

10 % bis 30 % erreicht werden. Die Isola GmbH in

Düren nutzt diese Vorteile. Dieses Unternehmen

stellt hochwertige Basismaterialien für die Elek-

tronikindustrie her und ist überdies auf diesem

Sektor Weltmarktführer. Die Heizzentrale hat

eine Anschlussleistung von 4500 kW. Planung,

Bau, Finanzierung und Betrieb sind im GETEC-

Leistungspaket enthalten.

Im Bereich der erneuerbaren Energien konnte

GETEC 2006 das Projekt „Schloss Großkühnau“

im Gartenreich Dessau-Wörlitz abschließen. Hier

wurde mit einem Contracting-Modell, basierend

auf Biomasse, in eine neue Heizungsanlage mit

Holzhackschnitzel-Kessel investiert.

Das barocke Schloss gehört zum Weltkulturerbe

der UNESCO und dient als Verwaltungssitz der

Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.

Die Reihe der Erfolgsbeispiele ließe sich durchaus

fortsetzen, Grenzen zieht hier allein der Zeilenum-

fang dieses Beitrages. Dennoch soll ein weiteres

Beispiel nicht unerwähnt bleiben: GETEC widmet

sich nachhaltig der Planung und Umsetzung von

Projekten zur Produktion von Grüngas.

Schloss Großkühnau im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz

Anlage der ISOLA GmbH in Düren. Fotos: GETEC

Page 16: medium gas 2008.2

16 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Fortsetzung von Seite 15

Umweltfreundliche Versorgung durch Energiemix

Grüngas ist auf Erdgasqualität aufbereitetes

Biogas. Die Herstellung ist derzeit noch kostenin-

tensiv, doch es bietet eine interessante Alternative

für die Verwertung in Blockheizkraftwerken oder

als Fahrzeugtreibstoff. GETEC plant an mehreren

Standorten, insbesondere in Sachsen-Anhalt,

derartige Anlagen.

VNG als innovativer und fairer Partner

Befragt über ihre Zufriedenheit mit der VNG als

Erdgaslieferant äußern sich die beiden Vorstände

Dr. Karl Gerhold und Dipl.-Ing. Gerhard Andres

übereinstimmend sehr positiv. Dr. Gerhold meint:

„Obwohl wir erst seit Oktober 2007 intensiv mit der

VNG zusammenarbeiten, haben wir sehr wohl auch

vorher gespürt, dass sich die Leipziger Energiever-

sorger sehr engagiert und ideenreich den Anfor-

derungen der Liberalisierung stellen.“ Ergänzend

fügt Andres an: „Durch die Kooperation mit der VNG

konnten wir neue Geschäftsmodelle durchsetzen,

was uns vorher so nicht möglich war.“

Mario Arnold nennt ein Beispiel: „Durch den

Einsatz eines innovativen Brennstoffmixes ge-

lingt es, die Energiekosten zu senken. Nehmen

wir eine Papierfabrik. Für die Grundlast kaufen

wir ein Gasband. Die Lastspitzen fahren wir mit

einem alternativen Brennstoff wie z. B. Braun-

kohlestaub ab und optimieren so insgesamt die

Brennstoffkosten.“

Als jederzeit zuverlässige Ansprechpartner werden

mir André Burkhardt, Leiter Gasverkauf Industrie-

und Geschäftskunden, sowie Dr. Stephan Krein,

Verkauf Industriekunden, genannt.

Starkes Engagement für die Region

Wer selbst jederzeit auf starke Leistung setzt, zeigt

auch Interesse für den Leistungswillen anderer.

Deshalb nimmt es nicht wunder, wenn GETEC die

„Gladiators“ des SCM und die Handballerinnen

des HSC 2000 unterstützt. Aber auch den unver-

schuldet Schwachen gilt das Engagement des

Unternehmens. So wird seit vielen Jahren der

Kunstverein Zinnober e.V. gefördert, wo geistig

behinderte Künstler tätig sind.

Magdeburger Impressionen

Gleich von woher und auf welchem Wege auch

immer – zu Lande oder auf der Elbe – der Besucher

sich Magdeburg nähert: Der doppeltürmige Dom

ist das weithin unübersehbare Wahrzeichen der

1200-jährigen Elbemetropole. Obzwar der Dom

als der erste gotische Sakralbau auf deutschem

Boden gilt, ist er aber beileibe nicht das älteste

erhaltene Bauwerk der Stadt. Dies ist das im

11. bis 12. Jahrhundert errichtete Kloster „Unserer

Lieben Frauen“, der Ausgangspunkt der „Straße

der Romanik“, die sich durch Sachsen-Anhalt mit

über 70 Baudenkmälern erstreckt.

Im Lauf einer traditionsreichen Geschichte vom Sitz

des ersten deutschen Kaisers „Otto der Große“,

dem legendären Wirken des Bürgermeisters und

Erfinders Otto von Guericke bis zum jetzigen Status

als Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt erlebte

Magdeburg neben Rückschlägen und schweren

Zerstörungen (1631 und 1945) stets auch beacht-„Gladiators“ des SC Magdeburg. Foto: GETEC

Page 17: medium gas 2008.2

17 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Kurzchronik1993 Gründung als GETEC Gesellschaft für Energietechnik und -management mbH, Magdeburg | 1996 Gründung der Tochter-

gesellschaft GETEC Energieversorgung GmbH, Hannover; Umfirmierung zur GETEC Energie AG, Magdeburg | 2000 Zertifizierung

nach DIN/ISO 9001, Gründung der Niederlassungen Berlin und Essen (Rhein-Ruhr) | 2001 Umfirmierung zur GETEC AG,

Gründung der Tochtergesellschaft OstBayernWärme GmbH in Regensburg | 2002 Gründung der Niederlassungen München und

Frankfurt, Umwandlung der Tochtergesellschaft GETEC Energieversorgung GmbH Hannover in eine Niederlassung der GETEC AG |

2003 Umzug der Niederlassung Rhein-Ruhr nach Bochum, Auszeichnung der GETEC AG mit dem Großen Preis des Mittel-

standes durch die Oskar-Patzelt-Stiftung, Preis des Wirtschaftsspiegels für hervorragende unternehmerische Leistungen |

2004 Einweihung des neuen Bürokomplexes in Magdeburg, Auszeichnung Energie & Management für innovative Projekte,

Gründung der Abteilung EEG/Sonderprojekte | 2005 Umbenennung der OBW OstBayernWärme GmbH in Bayernwärme GmbH,

„Unternehmer des Jahres“, Preis des Wirtschaftsspiegels Sachsen-Anhalts | 2006 Auszeichnung mit dem Contracting Award 2006 |

2007 Erdgasliefervertrag mit der VNG

Der Magdeburger Dom.

Die Grüne Zitadelle von Magdeburg.

liche Blütezeiten. Etliche sorgsam erhaltene archi-

tektonische Zeitzeugen erinnern an die einstige

Pracht der vormaligen Kaiserresidenz. Trotz der

sichtbaren Historie aus Stein ist Magdeburg kein

Museum, sondern eine moderne Großstadt, die

heute rund 230 000 Einwohner zählt.

Das derzeit modernste und originellste Bau-

werk entstand nach den Plänen des Österrei-

chers Friedensreich Hundertwasser: Die „Grüne

Zitadelle“ ist ein Ausgleich und gleichzeitig eine

Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und

Zukunft. 171 Bäume sind auf und in dem Gebäude

untergebracht, das Haus zählt zudem 865 Fenster

in 285 verschiedenen Formen.

Prominente Persönlichkeiten wie der bereits

genannte Guericke, der Komponist Georg Philipp

Telemann, General Friedrich von Steuben, der

Politiker Erich Ollenhauer oder der Dichter Erich

Weinert wurden hier geboren.

Nachhaltig assoziiert sich der Name der Stadt

mit dem Begriff eines Schwerpunktzentrums

des Maschinenbaus. Obwohl sich ab 1989/1990

gravierende Veränderungen in diesem bis dato

dominierenden Zweig der Großindustrie vollzogen

und dadurch eine neue Marktorientierung erfor-

derlich wurde, haben sich hier und im gleichfalls

traditionellen Förderanlagenbau wieder weltbe-

kannte Firmen etabliert.

Helmut Rosan, freier Redakteur

Otto-von-Guericke-Denkmal.

Kloster „Unser Lieben Frauen“. Fotos: Stadt Magdeburg

Page 18: medium gas 2008.2

18 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Ausbau der Aktivitäten

VNG in Italien jetzt vom Gasimport bis ins Endkundengeschäft tätig

Mittags um eins steht man in den italienischen

Büros vor verschlossenen Türen. Völlig verwaist.

Auch die Rezeptionsdamen sind verschwunden.

Vor drei Uhr braucht man gar nicht erst wieder

aufzutauchen. So lange ist Mittagspause. La Dolce

Vita nennt man das. Wer sich diesem Ritual nicht

unterordnet, ist selber schuld. Geschäfte kann man

in diesen Stunden aber gleichwohl machen, denn

mit Geschäftsfreunden gemeinsam Mittagessen

ist sehr beliebt.

Wie man in „Bella Italia“ Geschäfte macht – das

weiß die VNG seit langem. Im Oktober 2003 konn-

te der Gasverkauf Ausland und sein Leiter Lutz

Miedtank erstmals Lieferverträge für Erdgas

mit der italienischen HERA S.p.A. abschließen,

seither wurden die Aktivitäten in Italien kon-

tinuierlich ausgebaut. So konnte die VNG im

vergangenen Jahr ihren Gasverkauf nach Italien

auf über 5 Mrd. kWh steigern. Größter Kunde ist

nach wie vor die HERA. Daneben beliefert die

VNG in Italien mittlerweile auch industrielle

Großkunden vorwiegend im Kraftwerksbereich.

Und schließlich bietet die VNG seit diesem

Jahr neben dem bisherigen Lieferweg über die

Schweiz auch Gas im italienischen Markt über

die österreichische Trans Austrian Gas Pipeline

(TAG) an und nutzt dabei konsequent die Mög-

lichkeiten aus ihrem langfristig verfügbaren

Einkaufsportfolio. „Erdgas an verschiedenen

Handelspunkten anzubieten, gehört mittlerweile

zum Tagesgeschäft des Gasverkaufs Ausland“,

berichtet Miedtank.

Einstieg in den italienischen Markt

Die Partnerschaft mit der börsennotierten HERA

mit Sitz in Bologna war für die VNG der Einstieg

in den italienischen Markt. Der zählt neben dem

britischen und deutschen Erdgasmarkt zu den größ-

ten in Europa, weiß Oliver Hill, Leiter Geschäfts-

entwicklung Westeuropa. Die Möglichkeiten, das

eigene Absatzportfolio zu steigern, liegen im

wachsenden italienischen Markt quasi auf der

Hand. Vor allem der wirtschaftsstarke nord- und

mittelitalienische Raum bietet großes Potenzial.

Die dort ansässigen privaten und kommunalen

Erdgasversorger – meist mittelständisch geprägte

Unternehmen – suchen für die Beschaffung im

europäischen Wettbewerb nach strategischen

Partnern aus dem Ausland. Vor diesem Hinter-

grund gründeten HERA und VNG im April 2006

ein Joint Venture. Die FlameEnergy Trading GmbH

mit Sitz in Wien bündelt seither die Aktivitäten

von HERA und VNG im italienischen Markt und

in angrenzenden Regionen. Sie besitzt Trans-

portkapazitäten auf der TAG, handelt am PSV –

dem virtuellen Handelspunkt in Italien – und ist

zudem am Handelspunkt im österreichischen

Baumgarten registriert.

Kurz nach Gründung des Joint Venture mit HERA

ging die VNG eine weitere Beteiligung in Italien

ein. Über die Holdinggesellschaft BLUEFIN S.r.l.

hat sich der Erdgasimporteur mit 19 Prozent an

Die Beteiligungen und Geschäftspartner der VNG im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten in Italien

Erdgas verkaufen in Italien

ist mehr als dolce vita!

Page 19: medium gas 2008.2

19 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

der BLUENERGY Group S.p.A. beteiligt. Das Un-

ternehmen versorgt in der Region Friuli-Venezia

Giulia circa 65.000 Endkunden mit Strom und

Gas. Im letzten Jahr betrug der Umsatz rund

80 Millionen Euro bei einem Absatz von 1,5 Mrd.

kWh. „Derzeit erobert die BLUENERGY mit ihren

rund 30 Mitarbeitern neue Absatzregionen in

ganz Italien und nutzt dabei alle Möglichkeiten im

regulierten italienischen Gas- und Strommarkt“,

erklärt Hill.

Neue Importmöglichkeiten nach Italien

Fünf Jahre nach den ersten Lieferverträgen mit Ita-

lien und zwei Jahre nach den ersten Beteiligungen

im Großhandels- und Endkundengeschäft hat die

VNG ihr Italienengagement nochmals verstärkt.

Mit dem Kauf von 40,5 Prozent der Anteile an der

SPIGAS S.r.l. aus La Spezia in Ligurien ist der deut-

sche Importeur nunmehr über ihre italienischen

Beteiligungen vom Gasimport über den Gashandel

bis hin zum Endkundengeschäft tätig. Mittels einer

Kaufoption kann VNG ihren Anteil an der SPIGAS

zukünftig weiter erhöhen.

Der Einstieg bei SPIGAS kam nicht von ungefähr.

„Trotz unserer Beteiligungen an FlameEnergy

und BLUENERGY sahen wir uns nach wie vor mit

dem Problem konfrontiert, unser eigenes Erdgas

strukturiert in den italienischen Markt zu liefern“,

so Hill. Diese Lücke schließt SPIGAS. Der itali-

enische Importeur und Großhändler verfügt ab

Oktober 2008 über Transportkapazitäten auf der

TAG. SPIGAS, einer der zehn größten Großhändler

in Italien, soll zum verlängerten Vertriebsarm

der VNG-Gruppe entwickelt werden und für den

Handel mit Erdgas auf der italienischen Großhan-

delsebene zuständig sein. Dabei sollen vor allem

Regionalversorger aber auch Industriekunden

beliefert werden.

SPIGAS hat für den Leipziger Erdgasimporteur

noch eine weitere strategische Komponente – den

Zugang zu LNG-Mengen. Die Norditaliener, die

erst seit sechs Jahren am Markt sind, verfügen

bereits über Erfahrungen in dem Geschäft mit

verflüssigtem Erdgas und konnten bereits die

ersten LNG-Importe abwickeln. Aufgrund ihrer Lage

in der Nähe eines LNG-Terminals besitzt SPIGAS

zudem gute Kontakte in der LNG-Szene sowie zu

nordafrikanischen Produzenten.

Beteiligungsgesellschaft VNG Italia

Mit ihren drei Beteiligungen auf allen Wertschöp-

fungsstufen ist die VNG in Italien bereits gut

aufgestellt. Um ihr Geschäft weiter zu festigen,

planen die Leipziger noch in diesem Jahr die

Gründung einer Holding – der VNG Italia. Zukünftig

sollen die Aktivitäten in Italien von Bologna aus

gebündelt und koordiniert werden. Den Schritt hin

zu einer eigenen Vertretung in Italien erklärt Hill

als wichtige Voraussetzung, um sich innerhalb der

lokalen und regionalen Märkte einen Namen zu

machen und direkt am Geschehen teilnehmen zu

können. „Nur so können wir vor Ort am Ball bleiben

und Präsenz im Markt zeigen“, so Hill.

Vor über fünf Jahren ging für die VNG der Traum vom

sonnigen Süden in Erfüllung. Dass dieser Traum

tatsächlich mehr als Dolce Vita ist, war allen Betei-

ligten schnell klar. Denn wie auch in Deutschland

konkurriert die VNG im Stiefelland in einem Markt

mit zahlreichen großen und kleinen Wettbewerbern.

Trotzdem ist der Leipziger Importeur auf einem

guten Weg. Im letzten Jahr konnte das Unterneh-

men seinen Absatz im Ausland mit einem Anteil

von nunmehr elf Prozent deutlich steigern – ein

großer Teil entfiel dabei auf Italien. Ziel ist zudem

der Aufbau eines marktgerechten Absatzportfo-

lios der VNG für Italien aus den verschiedensten

Quellen, darunter künftig sicher auch Gas aus

Nordafrika über neu errichtete LNG-Terminals. „In

diesem Jahr werden wir die Wertschöpfungskette

zwischen Exporten nach Italien und dem regionalen

Endkundengeschäft schließen können“, sind sich

Miedtank und Hill sicher.

In Italien weiter zu wachsen, das haben die Leip-

ziger fest im Visier. Nur jeden Mittag, zwischen ein

und drei Uhr, müssen sie in ihren Bestrebungen

eine kleine Pause einlegen.

Mandy Nickel, Redaktion

Bringen das Geschäft in Ita-

lien auf einen guten Weg:

(v.l.n.r.): Tomas Taubert, Leiter

Gasverkauf Südeuropa, Lutz

Miedtank, Direktor, Leiter Gas-

verkauf Ausland, Christina

Pollack, Projektmanagerin

Geschäftsentwicklung West-

europa, Oliver Hill, Direktor,

Leiter Geschäftsentwicklung

Westeuropa, Tassilo Möschke,

Projektleiter Geschäftsent-

wicklung Westeuropa und

Tilo Renner, Projektmanager

Geschäftsentwicklung West-

europa.

Page 20: medium gas 2008.2

20 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

AMI 2008

TURBO-Erdgas – Neue Motoren-generation in Leipzig vorgestelltVom 5. bis 13. April öffnete die 18. Leipziger AUTO MOBIL INTERNATIONAL (AMI) ihre Pforten. Auf

dem Gemeinschaftsstand Erdgasfahrzeuge stand besonders ein neues Modell im Mittelpunkt, das

gleichzeitig Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und Fahrspaß verspricht.

Mit dem VW Passat TSI EcoFuel 1.4. feierte in

Leipzig das erste Erdgasfahrzeug mit Turbo-An-

trieb seine Premiere. Für Branchenkenner gilt die

Entwicklung der neuen Motoren-Generation als

wichtiger Entwicklungsschritt, um Erdgasfahrzeuge

im Fahrzeugmarkt neu zu positionieren.

Zielgruppe des neuen Erdgas-Passat sollen laut

Trägerkreis Erdgasfahrzeuge vor allem private

Nutzer und Flottenbetreiber sein. Einen Anreiz,

vom „normalen Passat“ auf das Erdgasmodell

umzusteigen, dürften sie besonders beim Blick

auf die Tankrechnung haben. Da offenbart der

Passat EcoFuel eine Kostenersparnis von mehr als

30 Prozent gegenüber der Dieselvariante und von

über 50 Prozent gegenüber dem Benziner.

Der Fahrspaß, so versprechen es die Hersteller,

kommt dabei nicht zu kurz. Die neuen Turbomotoren

verleihen dem Auto eine Dynamik, die mehr Tempo

und maximalen Fahrspaß garantiert.

Das Prinzip ist dabei ähnlich wie beim Diesel:

durch Erhöhung der Verdichtung und des Lade-

drucks werden die Motoren extrem durchzugsstark

und effizient. Schon bei 1.500 U/min stemmt

der Erdgas-Passat kraftvolle 220 Newtonmeter auf

die Kurbelwelle – mehr als der leistungsgleiche

Passat FSI, der es auf 200 Newtonmeter bei

3.500 Touren bringt.

Der neue VW Passat TSI EcoFuel 1.4. kommt dem-

nächst als Limousine und Variant sowie mit Schalt-

oder Automatikgetriebe auf den Markt.

Bestellungen werden laut VW ab dem vierten

Quartal 2008 entgegen genommen. Aufgrund der

steigenden Nachfrage nach Erdgasfahrzeugen ha-

ben auf der AMI auch weitere Hersteller erklärt, in

Kürze eigene Turbo-Erdgasmotoren auf den Markt

zu bringen (siehe dazu auch Seite 21).

Mandy Nickel, Redaktion

Der „Star“ am Stand der Erdgasfahrzeuge auf der diesjährigen AMI. Mit dem VW Passat EcoFuel

läuten Automobil- und Erdgasbranche eine neue Generation von Erdgasfahrzeugen ein – mehr

Power, mehr Fahrspaß und trotzdem umweltverträglich.

Page 21: medium gas 2008.2

21 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Erdgas-Turbomotor sorgt für neuen SchwungAus Sicht der VNG ist die diesjährige AMI sehr er-

folgreich verlaufen. Mit 293.000 Besuchern wurde

ein neuer Rekord verbucht. Dieser Besucheran-

sturm war auch auf dem Gemeinschaftsstand

Erdgasfahrzeuge deutlich zu spüren. Kaum zum

Durchatmen kamen allerdings die Berater am VW

Passat mit dem neu entwickelten 1,4 TSI EcoFuel

Turbomotor. Dass dieses Modell, zusammen mit

der neuen Motorengeneration, für neuen Schwung

im Geschäftsfeld Erdgas als Kraftstoff sorgen wird,

war unverkennbar. Aber auch die bevorstehenden

Markteinführungen neuer Modelle von Opel, Fiat

und Volkswagen standen im Focus des Interesses.

Ebenfalls ausgestellt war der B 170 NGT, der ab

Juni neben der E-Klasse und dem Sprinter bei den

Mercedeshändlern stehen wird. Es war zu spüren,

dass viele Messegäste den Stand regelmäßig be-

suchen, um sich über Neuheiten zu informieren.

Der dabei vorhandene Wissensstand war sehr gut.

Die Beratungsgespräche zeigten aber auch, dass

noch viel Aufklärungs- und Informationsbedarf,

vor allem was den Unterschied zwischen Erdgas

und Autogas betrifft, besteht.

Steffen Hesse,

Kundendienst/Marketing bei der VNG

Das sagen Automobilhersteller und die Erdgasbranche zum neuen Turbo-Antrieb

Wir sind davon überzeugt, mit dem

neuen Turbo-Passat einen ähnlichen

Siegeszug hinzulegen wie vor zehn

Jahren mit dem ersten Turbo-Diesel.

Der Wagen glänzt allein durch Leistung

und Fahrspaß: 150 PS, 220 Newton-

meter bei nur 1500 Umdrehungen und

420 Kilometer Reichweite im Erdgas-

betrieb plus 31 Litern Benzinreserve

– das ist eine neue Generation von

Erdgasfahrzeugen! Mit der Entwick-

lung des Passat TSI EcoFuel bekennt

sich VW auch zu Erdgas als wichtiger

Bestandteil seiner Kraftstoffstrategie.

Wir werden unsere Modellpalette an

Erdgasfahrzeugen weiter ausbauen

und dabei verstärkt auf Turbo-Mo-

toren setzen.

Matthias Leifheit, Leiter Entwicklung

Gasfahrzeuge bei der Volkswagen

Individual GmbH

Fiat hat den Trend zu Erdgasfahrzeu-

gen bereits früh erkannt – und ist

heute Nr. 1 in Europa und der Hersteller

mit der breitesten Produktpalette auf

dem Markt. Mit dem Dobló Cargo Maxi

haben wir auf der AMI den Kleintrans-

porter mit dem größten Laderaum-

volumen präsentiert. Im Spätherbst

stellen wir zudem den Grande Punto

mit Erdgasbetrieb vor, der vor allem

im Kleinwagensegment punkten soll.

In der Entwicklung steckt derzeit auch

ein Zwei-Zylinder-Turbomotor. Da-

mit wird Fiat auch technologisch ein

neues Kapitel bei Erdgasfahrzeugen

aufschlagen.

Stefan Schrahe, Koordinator Erdgas-

fahrzeuge/Alternative Antriebe bei

der Fiat Teamsys GmbH

Wir sehen, dass der Trend zum um-

weltfreundlichen Fahren mit Spaß

ungebrochen ist. Einen zusätzlichen

Schub wird der Markt durch die neuen

Turbo-Erdgas-Motoren bekommen.

Die deutsche Gaswirtschaft forciert

deshalb den weiteren Ausbau des Tank-

stellennetzes. Die Marke von deutsch-

landweit 1000 Tankstellen ist für uns

dabei ein Richtwert, aber lange nicht der

Schlusspunkt. Der Diskussion um die

Anfang April gekippte Biosprit-Verord-

nung können wir gelassen gegenüber

stehen. In Erdgasfahrzeugen ist der

Einsatz von Biomethan ohne technische

Veränderungen problemlos möglich

– egal ob 10 Prozent oder 100 Prozent

getankt werden. Für uns ist das ein

weiteres Indiz dafür, dass wir mit der

Strategie „Erdgas als Kraftstoff“ auf das

richtige Pferd gesetzt haben.

Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstands-

vorsitzender Initiativkreis Erdgas als

Kraftstoff – Deutschland e.V. (IEK) und

Vorstand Gasverkauf/Technik bei der

VNG – Verbundnetz Gas AG

Opel ist zwar auf der diesjährigen

AMI mit keinem neuen Erdgasmodell

vertreten. Wir arbeiten aber derzeit

an einem Erdgas-Turbo-Motor, der

Anfang 2009 im Opel Zafira TNG seine

Markteinführung feiern wird. Was die

Fahrleistungen betrifft wird der Erd-

gas-Zafira seinem Benziner-Kollegen

in nichts nachstehen. Perspektivisch

wird Opel seine Erdgasfahrzeuge

nur noch mit dieser Turbotechnik

ausrüsten. Das liegt vor allem an der

hohen Oktanzahl von 130. Dadurch

ist der Erdgaskraftstoff klopffester als

jeder konventionelle Sprit und kann

in Turbomotoren höher verdichtet und

effektiver verbrannt werden.

Klaus Hablik, Marketing and Projects

Manager bei Opel Special Vehicles

Page 22: medium gas 2008.2

22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

trac-x und store-x

Kapazitätshandel im europäischen WettbewerbDie wachsende Bedeutung des Transport- und Speichermarktes für den Gashandelsplatz Deutschland

ist unbestritten. Vor allem der Handel mit Kapazitäten spielt eine immer stärkere Rolle. Vorreiter auf

diesem Gebiet sind die Plattformen trac-x und store-x. Wir sprachen mit Bernd Protze, Geschäftsführer

in beiden Unternehmen und gleichzeitig Leiter Speicherportfolio bei der VNG – Verbundnetz Gas AG.

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Transport- und

Speicherplattform für Sekundärkapazitäten zu

initiieren?

Die Idee geht in beiden Fällen auf den damaligen

Leiter Strategische Koordinierung und jetzigen

Vorstand Gasbeschaffung, Klaus-Dieter Barb-

knecht, zurück. Mit der Initiierung von trac-x hat

er einer Verpflichtung aus der Gasnetzzugangs-

verordnung vorgegriffen, die die Gasnetzbetreiber

zum Handel mit sekundären Transportkapazi-

täten verpflichten sollte. Bei store-x war der

Grund ähnlich. Als damaliger Präsident von GSE

(Gas Storage Europe) hat Herr Barbknecht die

Guidelines for Good Practice for Storage System

Operators der ERGEG1 maßgeblich mitbestimmt.

Darin setzen sich die Speicherbetreiber für die

Schaffung eines Marktes für sekundäre Speicher-

kapazitäten ein.

Die Plattform trac-x wurde bereits zur E-World 2005

vorgestellt. Warum ist das Projekt erst Ende letzten

Jahres so richtig in Schwung gekommen?

Unmittelbar nach Gründung der Gesellschaft be-

gannen erste Gespräche mit potenziellen Gesell-

schaftern. Tatsache ist, dass es auf der Plattform

bis Oktober 2007 nur wenige Aktivitäten gab. Wir

haben auch keine Werbung dafür gemacht. Das

lag an der fehlenden Kartellamtsentscheidung

über den Verkauf von Anteilen der trac-x GmbH

an E.ON Ruhrgas, RWE Gastransport und EWE.

Alle drei Anteilseigner waren offiziell noch nicht

bestätigt und hätten als Gesellschafter nicht von

dem innovativen Produkt trac-x profitieren können.

Seit der Zustimmung von Seiten des Kartellamtes

im Oktober letzten Jahres läuft der Ausbau der

Plattform mit allen Partnern auf Hochtouren.

Mittlerweile sind bereits acht der „großen“ Netz-

betreiber registriert.

Obwohl keine Werbung für die Plattform gemacht

wurde, ist die EEX auf trac-x aufmerksam geworden

und als 19%iger Anteilseigner eingestiegen.

Mit Eingang des Kartellamtsantrages über den An-

teilskauf hat die niederländische Energiebörse APX

Einspruch gegen die Zusammenlegung erhoben.

Daraufhin musste das Kartellamt ein so genanntes

Hauptverfahren eröffnen, das jedoch positiv aus-

fiel. Trotzdem hat die APX beim Oberlandesgericht

Düsseldorf eine Klage gegen das Bundeskartellamt

eingereicht – was natürlich in der Branche nicht

unbemerkt blieb. Denn das spiegelt anscheinend

nicht nur für uns das Potenzial der Plattform wider –

unter anderem hat auch die EEX AG daraufhin das

Gespräch mit uns gesucht.

Wo sehen Sie zukünftig die Herausforderung

für trac-x?

Eine neue Herausforderung für trac-x wird das

von der ERGEG ins Leben gerufen GRI-Pilotprojekt

(GRI = Gas Regional Initiative) sein. trac-x und die

niederländische Energiebörse APX haben innerhalb

dieses Projektes jeweils den Auftrag bekommen,

die europaweite Sekundärkapazitätsvermarktung

1 European Regulators Group

for Electricity and Gas

Page 23: medium gas 2008.2

23 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

mit ihren Plattformen an den Grenzübergangs-

punkten zu unterstützen. Damit entwickelt sich

trac-x endgültig von einer deutschen zu einer

europäischen Plattform.

Darüber hinaus sehen wir unsere Arbeit durch

die Bundesnetzagentur bestätigt, denn aus ihrer

Sicht „wird durch die Internetplattform trac-x

§ 14 GasNZV umgesetzt, der die Netzbetreiber

verpflichtet, eine gemeinsame elektronische

Plattform für den Handel mit Kapazitätsrechten

einzurichten, auf der dann exklusiv Kapazitäten

gehandelt werden können“.

Was bedeutet das GRI-Projekt konkret für Händler,

die auf trac-x Geschäfte abwickeln?

Seit 1. April können sich Händler auf trac-x

für den europaweiten Handel registrieren und

diejenigen Kunden als Favoriten anlegen, mit

denen sie zukünftig ihre Geschäfte abwickeln

wollen. Dass der Händler selber entscheidet,

an wen er seine freien Kapazitäten verkauft,

ist für trac-x ein wichtiges Kriterium. Denn als

reine Kontaktplattform übernimmt trac-x keine

finanzielle Absicherung der Geschäfte, Händ-

ler müssen lediglich einen Geschäftsbetrieb

nachweisen. Ob sich zukünftig die Plattform

trac-x oder die Energiebörse APX beim europä-

ischen Sekundärhandel für Transportkapazitäten

durchsetzen wird, liegt allein in den Händen der

Händler. Sie entscheiden, wem sie ihr Vertrauen

aussprechen werden.

store-x wurde ein Jahr nach trac-x gestartet –

zusammen mit dem größten Speicherbetreiber

in Deutschland, der E.ON Ruhrgas. Das klingt

nach Wettbewerbsverzerrung?

Die VNG wollte das Projekt store-x schnell voran

bringen und hat sich deshalb mit E.ON Ruhrgas

von Anfang an einen großen, starken Partner

gesucht. Dass wir damit nicht den Wettbewerb

verzerren, hat auch das Kartellamt anerkannt und

uns bereits ein halbes Jahr nach der Gründung

die Zustimmung gegeben. Wir waren und sind

zudem immer offen für weitere Gesellschafter –

vor allem für europäische Speicherbetreiber. Im

letzten Jahr und Anfang 2008 haben RWE Gas

Storage (Prag) sowie die EEX Gesellschafteran-

teile in Höhe von jeweils 12 Prozent erworben –

natürlich vorbehaltlich der kartellrechtlichen

Zustimmung. Zwei weitere Gesellschafter mit

je 12 Prozent Anteile möchten wir gerne noch

aufnehmen. Möglichst in diesem Jahr soll die

Gesellschafterstruktur vorläufig abgeschlossen

werden.

Gesellschafter von trac-x in %

European Energy Exchange AG – EEX*

EWE AG VNG – Verbundnetz Gas AG

19 24

1919

19

E.ON Gastrans-port AG & Co. KG

RWE AG

26

2612

12

12

12

Gesellschafter von store-x in %

VNG – Verbundnetz Gas AG (VNG)

VNG und E.ON

RWE Gas Storage s.r.o.*

VNG und E.ON

European Energy Exchange AG – EEX*

E.ON Ruhrgas AG (E.ON)

* vorbehaltlich der kartellrechtlichen Zustimmung

trac-x – 8 registrierte Netzbetreiber

ONTRAS – VNG Gastransport GmbH

ExxonMobil

RWE Energy

Gaz de France

E-ON Gastransport

EWE

BEB

Dong Energy

store-x – 14 registrierte Speicherbetreiber

Verbundnetz Gas AG

E-ON Ruhrgas

ZMB

E-ON Avacon

RWE

E-ON Hanse

EnBW

E-ON Thüringer Energie

EWE

RWE Gas Storage

Bayerngas

Wingas

Gaz de France

NUON

Page 24: medium gas 2008.2

24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Im Gegensatz zu trac-x liefen die Aktivitäten auf

store-x von Anfang an auf Hochtouren. Ein Beweis,

dass freie Speicherkapazitäten stärker denn je

gefragt sind?

In der Tat sind freie Speicherkapazitäten in Europa

derzeit sehr rar. Das hat drei wesentliche Gründe.

Erstens gab es früher ausreichend Erdgaslagerstät-

ten in Großbritannien, die je nach Bedarf sehr flexi-

bel betrieben werden konnten. Diesem saisonalen

Ausgleich können die britischen Lagerstätten nicht

Fortsetzung von Seite 23

Kapazitätshandel im europäischen Wettbewerb

trac-x – Entwicklung der Registrierungen (kumuliert)

Jahr

300

250

200

150

100

50

0

2005 20072006 2008

store-x – Entwicklung der Registrierungen (kumuliert)

Jahr

300

250

200

150

100

50

0

450

350

400

2006 2007 2008

mehr gerecht werden, so dass der Speicherbedarf

steigt. Zweitens gehen auch in Deutschland und

den Niederlanden die Lagerstätten langsam zu-

rück, so dass sich der Importbedarf der EU erhöht.

Das wiederum macht eine gute Strukturierung der

Beschaffung, unter anderem durch den Einsatz von

Speichern, notwendig. Drittens darf auch nicht

außer Acht gelassen werden, dass Erdgasspeicher

– vor dem Hintergrund zunehmender Transporte –

eine immer wichtigere Rolle für die Versorgungs-

sicherheit einnehmen.

Was wird sich für die Plattformen mit dem Einstieg

der EEX ändern?

Für die EEX AG ist der Anteilskauf ein logischer

Schritt, denn für ihr bisheriges Geschäftsfeld

Gashandel benötigen sie zukünftig auch Trans-

port- und Speicher-Know-how. Für trac-x und

store-x steigt jetzt natürlich der Druck auf die

Geschäftsaktivitäten. Die Energiebörse schaut

nicht mehr auf physikalische Restriktion, die

sich beispielsweise durch die Beschaffenheit

eines Aquiferspeichers und die daraus einge-

schränkten Fahrweisen ergeben. Was zählt,

ist allein der grenzenlose Handel – ohne lange

Abstimmungsprozesse. Durch den Einstieg der

EEX werden alle Prozesse beschleunigt und die

bisher gehandelten Produkte weiter standardi-

siert. Den Druck, den die EEX als Energiebör-

senbetreiber auf uns ausübt, werden wir als

innovative Lösungen für den Erdgasmarkt in

Europa umsetzen.

Wie ist es für Sie denn als Geschäftsführer von

Gesellschaften, bei denen die VNG nur eine Min-

derheitsbeteiligung besitzt?

Sicher hat man es leichter, wenn man als Geschäfts-

führer die Mehrheit der Stimmen im Aufsichtsrat

hinter sich weiß. Aber gerade darin liegt für mich

auch die Herausforderung, innovative Ideen

durch einen Konsens mit den unterschiedlichen

Gesellschaftern umzusetzen. Dabei bin ich mir

bewusst, dass ich auch in Zukunft mit dem Ver-

trauen der anderen Gesellschafter sehr sensibel

umgehen muss.

Page 25: medium gas 2008.2

25 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

HANNOVER MESSE 2008 – die Erste

VNG auf größter Industriemesse(EB) In diesem Jahr war die VNG zusammen mit ihren

Partnern Geomagic GmbH, GDMcom und der Dr.-Ing.

Veenker Ingenieurgesellschaft mbH erstmals auf

der größten Industriemesse in Hannover mit einem

eigenen Stand vertreten. Hauptaugenmerk des

Messeauftritts lag in der Präsentation von trascue.

PIMS und dem Flotten- und Störungsmanagement

der VNG. Techniker und Ingenieure zahlreicher

Gasversorgungsunternehmen fanden den Weg

zum Stand der VNG, um gemeinsam über neue

Pipelinetechnologien zu sprechen. Dazu gehörte

auch der Smart Plug Molch, der den Ausstoß von

CO2 in die Atmosphäre beim Austausch von Leitung

unterbindet. VNG war das erste Unternehmen, das

diesen Molch in Deutschland eingesetzt hat.

Über den technischen Bereich hinaus waren die

Besucher am Stand der VNG vorrangig an drei

weiteren Themen interessiert: die Möglichkeit von

Praktika und Diplomarbeiten, die Lieferung und

Einspeisung von BioErdgas und die Möglichkeiten

von Erdgasfahrzeugen.

Die HANNOVER MESSE 2009 findet vom 20. bis

zum 24. April 2009 statt. Die VNG wird wieder mit

einem eigenen Stand dabei sein.

HANNOVER MESSE 2008 – die Zweite

Brennstoffzelle zieht Interesse auf sich(EB) In ihrem Profil wirbt die HANNOVER MESSE

damit, der ideale Ort zu sein, „um sich das neueste

Industrie-Know-how zu sichern“. Von einer solchen

zukunftsfähigen Technologie konnte man sich am

Stand der Initiative Brennstoffzelle (IBZ), an der

die VNG beteiligt ist, ein Bild machen.

Die mit Erdgas betriebene Brennstoffzelle, mit

der Strom und Wärme direkt im Haus erzeugt

werden kann, wird derzeit von den führenden

Unternehmen der deutschen Energiewirtschaft

sowie der Geräteindustrie und der Deutschen

Energie-Agentur (dena) zur Marktreife entwickelt.

Die Brennstoffzellen-Technologie gilt als die

effizienteste und umweltschonendste Form der

Kraft-Wärme-Kopplung – dementsprechend groß

war auch der Andrang am IBZ-Stand. Für die mobile

und stationäre Anwendung im Einfamilienhaus

interessierten sich sowohl interessierte Laien als

auch ein breites Fachpublikum.

Rückenwind erhält die Entwicklung der Brenn-

stoffzelle zur Hausenergieversorgung übrigens

auch von politischer Seite. Bund und Wirtschaft

fördern die IBZ im Rahmen des 2006 auf zehn Jahre

angelegten „Nationalen Innovationsprogramms

Wasserstoff und Brennstoffzelle“.

Die IBZ geht allerdings davon aus, dass es bis

zur Marktreife der neuen Technologie noch einige

Jahre dauern wird.

Über eine ressourcen- und umweltschonende Wärme- und Stromversorgung im Haus mit

Hilfe der Brennstoffzelle wollte sich auch Thomas Jurk (Mitte), sächsischer Staatsminister

für Wirtschaft und Arbeit, informieren. Hier mit Bernhard Kaltefleiter, Direktor, Leiter

Unternehmenskommunikation bei der VNG (links) und Volker Nerlich von der Hexis AG.

Page 26: medium gas 2008.2

26 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Energieeinsparung – großes Potenzial in den ostdeutschen KommunenUnter dem Stichwort „Kommunale Energieeffizienz“ bietet die VNG seit kurzem ein umfangreiches Beratungsinstrument an, mit

dem in Städten und Gemeinden wesentliche Maßnahmen zur Energieeinsparung aufgedeckt werden können. In der Ausgabe

2007.3 berichteten wir von einem ersten Projekt mit der SpreeGas. Aufgrund der erzielten Ergebnisse wurden gleichartige

Untersuchungen in 17 weiteren Kommunen durchgeführt.

Kommunen stehen als öffentliche Akteure ebenso

wie Bund und Länder unter dem Handlungsdruck,

kosteneffiziente und umweltgerechte Energie-

lösungen in ihren Gebäuden einzusetzen. Weiter

gibt es in der Energieeinsparverordnung verschie-

dene Nachrüstforderungen auch für bestehende

Gebäude, um den Energieverbrauch zu senken.

Allerdings bleiben viele Einsparpotenziale im Gebäu-

debestand und in der Energieversorgung ungenutzt,

weil einigen Kommunen die Expertise fehlt.

Um die Städte und Gemeinden beim Thema

Energieeinsatz zu unterstützen, hat die VNG das

Aktionspaket „Kommunaleffizienz“ entwickelt. Es

beinhaltet die messtechnische Untersuchung von

bestehenden Heizungsanlagen, die Bewertung

der angeschlossenen Verteilungssysteme sowie

eine Diagnose der Verbrauchswerte von Heizung

und Warmwasser. Auf Grundlage der gesammel-

ten Daten werden anschließend Vorschläge für

eine Verbesserung der Anlagen unterbreitet.

Diese reichen von kleineren Maßnahmen wie

der Dämmung von Heizungs- und Warmwas-

serleitungen oder der Erneuerung von Pumpen

bis hin zu Empfehlungen bei einem zukünftigen

Austausch der Wärmeerzeugeranlage. Aufgrund

der Ergebnisse aus einem ersten Projekt hat sich

Startschuss für das Aktionspaket „Kommunale Energieeffizienz“ war im Oktober in Krauschwitz. Mittlerweile wurden 96 Gebäude in 17 Kommunen begutachtet.

Page 27: medium gas 2008.2

27 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

die SpreeGas entschlossen, das Aktionspaket

„Kommunaleffizienz“ gemeinsam mit verschie-

denen Kommunen durchzuführen. Im Ergebnis

wurden in 17 Kommunen insgesamt 96 Gebäude

betrachtet. In 31 Gebäuden erfolgte eine genaue

messtechnische Untersuchung.

Die Bandbreite der Gebäude umfasste dabei haupt-

sächlich Rathäuser, Schulen und Kindergärten

sowie Feuerwehrgerätehäuser und Vereinsstätten.

Als Novum wurde auch ein Schloss untersucht.

Bei den Betrachtungen lag der Focus im Wesent-

lichen auf der installierten Heizungsanlage mit

ihren Bauteilen und regelungstechnischen Einstel-

lungen. Als Brennstoff wurde vorwiegend Erdgas

eingesetzt, einige Anlagen wurden aber auch mit

Heizöl betrieben. Grundsätzlich können folgende

Optimierungsansätze benannt werden:

• Leistung der Wärmeerzeuger oftmals zu groß,

• Austausch der stufig arbeitenden Pumpen gegen

drehzahlgeregelte Pumpen,

• fehlende Isolierung an Rohrleitungen und Ar-

maturen,

• fehlender hydraulischer Abgleich an der Heiz-

wasserverteilung,

• unnötig laufende Zirkulationspumpen der

Trinkwasserversorgung,

• korrekter Einbau von Thermostatventilen.

Bei der Ermittlung der Optimierungspotenziale

wurde großer Wert darauf gelegt, dass die resul-

tierenden Empfehlungen mit geringem finanziellen

Aufwand umgesetzt werden können.

Jedes der betrachteten Gebäude einschließlich sei-

ner heizungstechnischen Anlage wurde individuell

bewertet. Zusammenfassend kann prognostiziert

werden, dass das Energieeffizienzpotenzial in den

96 Gebäuden unterschiedlichster Art und Nutzung

bei insgesamt

• 2,4 MWh Brennstoff

• 54.000 kWh Elektroenergie

• 620 t CO2

liegt, wenn den Optimierungsempfehlungen

gefolgt wird.

Dies bedeutet für die Kommunen eine Gesamt-

investition von ca. 255 000 €. Über die erzielbare

Betriebskostenersparnis hat sich diese Investition

bei statischer Betrachtung nach ca. 1,6 Jahren

Messtechnische Untersu-

chung der Heizungsanlagen

sind das A und O, um ener-

getische Schwachstellen zu

f inden und eine optimale

Energienutzung zu erreichen.

Fotos: Christoph Busse

Ihr Ansprechpartner

Marco Kersting

Operatives Marketing

Tel. 0341 443 - 2915

Fax 0341 443 - 2919

[email protected]

amortisiert und bringt einen großen Beitrag in

den öffentlichen Kassen.

Mit dem Aktionspaket „Kommunaleffizienz“ wird

über die Dokumentation von Energieeinspar-

potenzialen und durch Optimierung vorhandener

Heizungsanlagen in Kommunen eine positive

Außenwirkung erzielt. Ebenfalls ist es als Ansatz-

punkt in der Marktpartnerarbeit zum SHK-Hand-

werk (Sanitärtechnik, Heizungstechnik, Klima-

technik) nutzbar, indem dem örtlichen Handwerk

Umsatzmöglichkeiten eröffnet werden.

Versorgungsunternehmen können die „Kommu-

naleffizienz“ auch als Einstieg in Contracting-

Vorhaben verwenden. Auf Grundlage einer mess-

wertgestützten Datenbasis kann der Kommune für

ihre Objekte ein maßgeschneidertes Contracting-

Angebot unterbreitet werden.

Page 28: medium gas 2008.2

28 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Datum Veranstaltung Ort

Juli

01.07.–09.09.2008 Ausstellung 50 Jahre VNG – Zeitzeugen einer erfolgreichen Unternehmensgeschichte VNG, Leipzig

04.07.2008 Fachtagung „Erdgas und Handwerk“ gemeinsam mit dem Fachverband SHK Thüringen Erfurt

23.–27.07.2008 Sachsentour International (mit Unterstützung der VNG) Sachsen

August

26.–29.08.2008 ONS, Messe Stavanger

September

05.–07.09.2008 Tag der Sachsen Grimma

09.–10.09.2008 Energierechtliche Tagesthemen 2008 (BDEW-Fachtagung) Berlin

10.09.2008 Festakt: 50 Jahre VNG Gewandhaus, Leipzig

15./16.09.2008 1. BDEW-Herbsttagung „Energie im Wettbewerb“ Berlin

15./16.09.2008 10. Energiewirtschaftliche Herbsttagung des BDEW Berlin

Oktober

13.–15.10.2008 14. Jahrestagung Erdgas 2008 Berlin

08.–10.10.2008 IGRC – International Gas Research Conference Paris

Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz vorauss. in St. Petersburg

Aktuelle Termine: Juli bis OktoberONS in Stavanger

Vom 26. bis 29. August

2008 wird die VNG erst-

mals gemeinsam mit

ihrer Tochterfirma VNG

Norge auf der Offshore Northern Seas conference

and exhibition (ONS) mit einem Stand vertreten

sein. Die Gründung der Firma, die seither bereits

Anteile an fünf Förderlizenzen erwerben konnte,

hatte die VNG vor zwei Jahren an gleicher Stelle

und in Beisein des norwegischen Kronprinzen

Haakon bekannt gegeben.

Die ONS gilt als eine der weltweit größten Messen

der Erdöl- und Erdgasbranche. 2006 kamen über

1250 Aussteller und mehr als 35.000 Besucher

nach Stavanger.

Hier finden Sie uns:

Halle C, Stand 354

Tag der Sachsen in Grimma

Vom 5.–7. September 2008

präsentiert sich die VNG

zusammen mit dem Lan-

desspor tbund Sachsen,

der MITGAS und den Stadt-

werken Döbeln auf einem

Gemeinschaftsstand zum Tag der Sachsen in

Grimma. Unter dem Motto „Erdgas und Sport –

Energie und Leistung“ zeigen zahlreiche säch-

sische Sportvereine auf der großen Showbühne

ihr Können. Außerdem wird bei einem Parcour

täglich der beste Sportler gekürt. Für den Empfang

der Gäste steht ein Erdgaszelt mit Bewirtung zur

Verfügung.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:

Astrid Preuss, Operatives Marketing der VNG

Tel.: 0341 443 - 2955

Page 29: medium gas 2008.2

29 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Stimmen die Wettbewerbs-bedingungen im Erdgasmarkt?Die politische Diskussion rund um das Thema

Energiepreise und Erdgaspreise hat mittlerweile

einen Grad der Widersprüchlichkeit erreicht, der

im Grunde nicht mehr hinnehmbar ist. Sie schadet

auf Dauer der gesamten Gesellschaft mehr, als

dies durch ein Fehlverhalten vereinzelter Anbieter

jemals geschehen könnte. So wird trotz der neuen

Rahmenbedingungen für mehr Wettbewerb auf dem

inländischen Erdgasmarkt nach wie vor so getan,

als sei die Gaswirtschaft monopolistisch organisiert

und könne ihre Gewinne quasi nach Belieben gene-

rieren, sofern sie nicht von staatlichen Behörden

regelmäßigen Kontrollen unterzogen wird.

Die neuen Wettbewerbsbedingungen, die es nun

auch jedem Endkunden ermöglichen, zwischen ver-

schiedenen Anbietern zu wählen, haben offenbar

nichts daran geändert, dass Kostentransparenz

und Offenlegung der Preiskalkulation als die

Schlüsselfaktoren im Kampf gegen die Energie-

preisexplosion gesehen werden. Doch abgesehen

davon, dass der tatsächliche Grund für die hohen

Preise bekanntlich in der rasant gestiegenen

weltweiten Nachfrage liegt, haben Transparenz

und Offenlegung im hier geforderten Sinn und Maß

nichts in einem privatwirtschaftlichen Wettbewerb

verloren. In einer Wettbewerbsordnung konkurrie-

ren Unternehmen mit wirtschaftlichem Geschick

und marktorientierter Preisgestaltung sowohl um

Kunden als auch um notwendiges Kapital. Auf diese

Weise bilden sich dann automatisch angemessene

Preise heraus. Eine statische Kostenbetrachtung

seitens der Kartellbehörden reicht hingegen nicht

aus, um einen Preis zu ermitteln, der langfristig

eine optimale Versorgung gewährleistet.

Es ist deshalb nicht nur aus der Sicht der Energie-

wirtschaft ärgerlich, sondern auch aus überge-

ordneter Perspektive höchst bedenklich, wenn ein

Wirtschaftsbereich von so zentraler Bedeutung wie

die Energieversorgung zunehmend zum Instrument

einer vermeintlich verbraucherfreundlichen Sozi-

alpolitik wird. Im vergangenen Jahr äußerte sich

sogar der bekannte Bundesverfassungsrichter Udo

Di Fabio besorgt über den Regulierungsehrgeiz in

der Energiewirtschaft. Er kritisierte, dass in den

Wettbewerbsgedanken immer öfter Belange des

Gemeinwohls eingepflanzt werden. Sicherlich fühl-

te sich Di Fabio in seiner Beobachtung bestätigt,

als wenig später sogar die Forderung aufkam, die

Energieversorgungsunternehmen sollten einen

Sozialtarif anbieten und damit quasi Aufgaben

des Sozialstaats übernehmen. Der renommierte

Verfassungsrechtler fasste die Bedenken gegen

die starke Regulierungstendenz in folgender For-

mulierung zusammen: „Eigentum verpflichtet

– aber nicht zur Aufopferung“ – eine Aufopferung,

so darf man hinzufügen, die letzten Endes zum

Schaden der Bürger wäre. Wettbewerb in der Ener-

giewirtschaft lebt wie in jeder anderen Branche von

Angebotsunterschieden. Wäre eine Behörde in der

Lage, zielsicher die „richtigen Preise“ für Produkte

zu ermitteln, könnten wir uns einen aufreibenden

Wettbewerbsstress auch sparen. Doch die Ge-

schichte hat nur allzu deutlich gezeigt, dass eine

solche Praxis in den Ruin führt. In Anbetracht der

Tatsache, dass unter aktiver Mithilfe der Gaswirt-

schaft unkomplizierte Netzzugangsbedingungen

eingeführt wurden, mit der die Leitungsnetze

allen Anbietern diskriminierungsfrei zur Verfügung

gestellt werden, muss der Staat nun konsequen-

terweise dem Wettbewerb freien Lauf lassen und

seine Ergebnisse auch akzeptieren. Es gibt keinen

Grund mehr, weshalb Versorgungsunternehmen

im Gegensatz zu allen anderen Branchen ständig

gegenüber dem Staat Rechenschaft über ihre Kos-

tenstrukturen abgeben müssen. Die Verbraucher

können schließlich entscheiden, welchem Anbieter

sie ihr Vertrauen schenken. Und die Anbieter haben

das Ziel, möglichst viele Kunden zu gewinnen. So

sieht der Alltag einer Marktwirtschaft aus.

Weitere Informationen

Andrej Krocker

Forum Erdgas

Tel. 0341 443 - 2626

Fax 0341 443 - 3237

[email protected]

www.forum-erdgas.de

Gastbeitrag Forum Erdgas

Forum Erdgas ist eine Initi-

ative ostdeutscher Erdgas-

Unternehmen, die sich dem

Dialog und der Information

über den Energieträger Erdgas

verpflichtet fühlen. Der Kreis

organisiert einen offenen Mei-

nungsaustausch, auf dessen

Basis das Forum Erdgas an der

öffentlichen Diskussion über

aktuelle Fragen der Energie-

politik teilnimmt.

Das Forum Erdgas

Page 30: medium gas 2008.2

Klaus Reinders, Geschäftsführer der Stadtwerke Teterow (links) und Karl-Heinz Pasch,

Vorstand der End-I AG vor der Biogasanlage in Teterow. Foto: Christoph Busse

30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Page 31: medium gas 2008.2

Schwerpunkt: Diversifizierung

Diversifizierung ist unerlässlich. Das gilt für die Bezugswege von Erdgas ebenso wie für das Bezugs-

portfolio, die Infrastruktur und den Absatz. In der diversifizierten Beschaffungsstrategie spielen

langfristige Lieferverträge mit Partnern in Russland, Norwegen und Deutschland die wichtigste Rolle.

Sie sind das Non-Plus-Ultra einer sicheren Versorgung mit Erdgas. Zunehmend gewinnen aber auch

neue Projekte an Bedeutung. So wie das Geschäft mit alternativen Energien, das die End-I AG aus Halle

und die Stadtwerke Teterow im hohen Norden Deutschlands auf den Weg bringen wollen.

31 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Page 32: medium gas 2008.2

32 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

0

100

200

300

400

500

600

700

800

Erdgas – ein zukunftssicherer Energieträger

Erdgas als sauberer, umweltfreundlicher Energie-

träger ist im globalen Wettbewerb um fossile Roh-

stoffe ein überaus begehrtes Gut. Die weltweiten

Reserven sind hoch. Doch die Importabhängigkeit

der EU zur Deckung ihres Bedarfs an Erdgas steigt

kontinuierlich, die Gasproduktion traditioneller

europäischer Lieferländer sinkt. Inwiefern entspre-

chen die bestehenden Rahmenbedingungen zur

Gewährleistung der Versorgungssicherheit noch

den heutigen und zukünftigen Anforderungen?

Aufgrund des wachsenden Energiebedarfs wird

die EU zunehmend auf Importe angewiesen sein.

Ungeachtet der Bemühungen auf europäischer

wie nationaler Ebene, den Energieverbrauch zu

senken, steigt der Erdgasverbrauch in Europa

jährlich um etwa 2 %. Im Jahr 2005 verbrauchte

die EU 522 Mrd. m³ Erdgas. Laut Global Insight

wird der Bedarf bis zum Jahr 2020 auf 671 Mrd. m³,

bis 2030 sogar auf 726 Mrd. m³ ansteigen.

Die EU-27 verfügt jedoch über relativ geringe

Erdgasreserven; die Produktion der größten

Erdgasproduzenten der EU sinkt. Vor allem die

nationalen Reserven Deutschlands sind gering

und erschöpft. Großbritannien als ehemals be-

deutender Erdgasexporteur konnte schon 2005

den Eigenbedarf nicht mehr abdecken und wurde

zum Nettoimporteur.

Nach Angaben der Europäischen Kommission

werden die Erdgasimporte der EU bis 2030 von

derzeit 57% auf dann 84% steigen. Der Energie-

versorgungssicherheit wird mehr denn je Aufmerk-

samkeit geschenkt werden. Die Internationale

Energieagentur (IEA) definiert Versorgungssi-

cherheit als die „Minimierung der Risiken einer

Versorgungsunterbrechung auf ein akzeptables

Niveau.“ Die im Energieaktionsplan der EU ver-

abschiedete Stärkung der Versorgungssicherheit

sieht die aktive Diversifizierung der europäischen

Erdöl- und Erdgasimporte vor. In diesem Zusam-

menhang kommt den europäischen Regierungen

eine Schlüsselrolle bei der Schaffung bestmög-

licher Rahmenbedingungen zu, unter denen die

Risiken für Investitionen in die Gasinfrastruktur

kalkulierbar und minimierbar sind.

Wir als VNG definieren Versorgungssicherheit

als „wettbewerbsfähige unterbrechungsfreie

Belieferung unserer Kunden entsprechend der

abgeschlossenen Verträge“. Langfristige Be-

zugsverträge bilden das Rückgrat einer sicheren

Erdgasversorgung Europas. Dies gilt insbesondere

für Deutschland, das stärker als viele andere

große europäische Industrienationen von Im-

porten abhängig ist. Langfristverträgen kommt

insbesondere aufgrund des globalen Nachfra-

geanstiegs und -wettbewerbs nach Erdgas,

bedingt u. a. durch den enormen Energiehunger

der sich rasant entwickelnden Wirtschaften Chi-

nas und Indiens, große Bedeutung zu. Die stark

erdgasimportabhängigen Wirtschaften Europas

und Nordamerikas treten verstärkt in Konkurrenz

zueinander um die globalen Gasvorkommen.

Langfristverträge bieten zudem beiderseitige

Vorteile: Sie garantieren dem Abnehmer sichere

Prognostiziertes Erdgasaufkommen EU-27 bis 2030 Mrd. m3

Quelle: Global Insight 2007

Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung der VNG – Verbundnetz Gas AG, zur Beschaffungsstrategie der VNG

2010 2015 2020 2025 20302005

539,2

andereaußerhalb Europas

NigeriaQuatarÄgypten

Algerien

andere LänderEuropas

UKNiederlande

Norwegen

Russland

613,5633,6

671,4699,2

726,1

Klaus-Dieter Barbknecht

Page 33: medium gas 2008.2

33 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Erdgaslieferungen über einen langen Zeitraum

und gewährleisten dem Lieferanten langfristig

sichere Einnahmen, die nötig sind, um die mas-

siven Investitionen schultern zu können, die für

den Ausbau von Exploration und Produktion

notwendig sind.

Erdgasbezüge aus der Russischen Föderation

Für die VNG stellen die langfristigen Liefervereinba-

rungen mit den Produzenten die Eckpfeiler des Gas-

einkaufs dar. Gleichsam bildet ein diversifiziertes

Bezugsportfolio die Grundlage für eine sichere

Belieferung unserer Kunden. Die VNG bezieht Erd-

gas von zwölf Gesellschaften mit Sitz in Russland,

Norwegen und Deutschland. Am 5. Juli 2006 hat die

VNG mit der Wintershall Erdgas Handelshaus GmbH

einen Liefervertrag über russische Erdgasmengen

abgeschlossen, der rund 90 Mrd. m³ Erdgas aus

den enormen sibirischen Vorkommen für unsere

Kunden bis zum Jahr 2031 verfügbar macht.

Russland ist ein zuverlässiger Partner und liefert

seit nunmehr 35 Jahren Erdgas nach Deutschland.

Am 1. Mai 1973 war die VNG das erste deutsche

Unternehmen, das Erdgas aus der damaligen

Sowjetunion bezog. Die Kooperation wurde bis

heute ständig ausgebaut und wird auch zukünftig

eine feste Größe unseres Beschaffungsportfolios

darstellen. Die Erdgasbezüge aus Russland haben

einen Anteil von 48 % am Beschaffungsportfolio

der VNG. Transportseitig vollziehen wir eine Diver-

sifizierung der Bezugswege über die Jamal-Pipeline

und die Bratstvo-Leitung. Die Russische Föderation

verfügt mit über 48 Billionen m³ über die weltweit

größten nachgewiesenen Erdgasreserven. Die VNG

ist bestrebt, die Lieferbeziehungen zu Russland

nachhaltig weiter zu entwickeln. Dafür spricht

nicht nur die hohe Reichweite der russischen

Vorkommen, wodurch Russland auch in Zukunft

einen verlässlichen Lieferanten darstellt, sondern

auch die seit Jahrzehnten währende Vertragstreue

der russischen Partner. Gute Beziehungen zu den

Produktionsländern bzw. Produktionsunternehmen

– nicht nur den russischen, sondern auch zu den

norwegischen und deutschen – sind eine der grund-

legenden Voraussetzungen für die Gewährleistung

einer nachhaltigen Versorgungssicherheit.

Da aufgrund der Bedeutung von Pipelines bei

der Erdgasversorgung Mitteleuropas, und damit

des Stammmarktes der VNG, Lieferunterbre-

chungen schwierig aufzufangen sind, leisten

die bestehenden Erdgasspeicher der VNG einen

strategischen Beitrag zur Gewährleistung der

technischen und kommerziellen Versorgungs-

sicherheit. Die VNG ist ebenso wie Russlands

Gazprom an einem weiteren Ausbau der Gas-

infrastruktur interessiert, um auch in Zukunft

eine sichere Erdgasversorgung gewährleisten

zu können. Die Gründung einer gemeinsamen

Speichergesellschaft zeugt von den hervorra-

genden partnerschaftlichen Beziehungen zum

größten russischen Erdgasproduzenten.

Erdgasbezüge aus Norwegen und Deutschland

Neben den sehr guten Kontakten zu Russland

unterhält die VNG intensive langfristige Lieferbezie-

hungen zu den norwegischen Erdgasproduzenten

StatoilHydro ASA, StatoilHydro Petroleum AS, Eni

Norge AS, TOTAL E&P NORGE AS sowie Exxon-Mobil

Production Norway Inc. Die Lieferungen aus den

norwegischen Gasfeldern machten 2007 rund

27 % unserer Einkaufsmengen aus. Schon im De-

zember 1993 schloss die VNG einen Vertrag über

4 Mrd. m³ Erdgas jährlich mit dem Gas Negotiating

Committee (GFU) ab. Unsere Lieferbeziehungen

mit Norwegen bewähren sich seit nunmehr zwölf

Jahren. Seit 1996 hat die VNG bereits mehr als

37 Mrd. m³ Erdgas aus Norwegen bezogen. Wir

haben die norwegischen Lieferungen ebenso wie

die russischen auf eine langfristige Basis gestellt,

um unsere Kunden auch in Zukunft sicher mit

Erdgas beliefern zu können.

RusslandNorwegenDeutschland

0

40

60

80

100

2054

32

14

1997

27

50

23

1998

25

26

49

1999

26

26

48

2000

26

32

42

2001

25

29

46

2002

28

43

29

2003

47

25

28

2004

27

45

28

2005

28

44

28

2006

27

2007

25

48

Diversifizierung der Erdgasbezüge der VNG 1997–2007 in %

Page 34: medium gas 2008.2

34 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Die Verlängerung unserer Lieferverträge mit Sta-

toil im Dezember 2005 und mit TOTAL im Februar

2006 – jeweils bis zum Jahr 2022 – gibt uns die

notwendige Sicherheit. Neben unseren norwe-

gischen und russischen Partnern erachtet die

VNG auch Deutschland mit seinen 233 Mrd. m³

sicher gewinnbarer Erdgasreserven als attraktive

Bezugsquelle.

Exploration und Produktion

Die VNG engagiert sich verstärkt auch im Bereich

Exploration und Produktion eigenen Erdgases.

Ein Engagement der VNG bei der Erschließung von

Quellen auf dem Norwegischen Kontinentalschelf

(NCS) ist aufgrund der geografischen Nähe zu un-

seren Absatzmärkten besonders attraktiv. Zudem

genießt die VNG den Ruf eines zuverlässigen und

professionellen Partners, den wir über vielfältige

Kooperationen pflegen. Die Gründung unserer

100-prozentigen Tochtergesellschaft VNG Norge AS

am 10. Juli 2006 ermöglicht es, in Norwegen nicht

nur aktiv und präsent zu sein, sondern auch auf

unserem Weg zu einem Mehr an Diversifizierung

die Weichen zukunftsweisend zu stellen. Mit dem

Erwerb von Anteilen an nunmehr fünf Explorations-

und Produktionslizenzen sehen wir unserem Ziel, ab

2013 eigenes Erdgas zu fördern und dessen Anteil

an unseren Erdgasbezügen bis zum Jahr 2020 auf

10 Prozent zu steigern, positiv entgegen. Die VNG

Norge nimmt aktiv an Lizenzrunden und Farm-in-

Projekten teil. Neben dem Erwerb minoritärer Anteile

an Lizenzen sind wir bemüht, zukünftig auch als

Operator, also Betriebsführer, aufzutreten. Die VNG

ist dabei mit ihrem Know-how und im Rahmen einer

engen Zusammenarbeit mit ihren norwegischen

Partnern zum Zweck einer systematischen

und effektiven Wertschöpfung auf dem

Norwegischen Kontinentalschelf sowie

mit dem Ziel einer nachhaltigen und

sicheren Energieversorgung Euro-

pas gut positioniert. Die Upstream-

Aktivitäten der VNG leisten einen

signifikanten Beitrag nicht nur für

die Vervollständigung der Wertschöp-

fungskette unseres Unternehmens,

sondern auch zu mehr Eigenständigkeit

in der Erdgasbeschaffung.

Kurzfristige Gashandelsgeschäfte

Wir wollen nach den Prinzipien der Wirtschaft-

lichkeit, Zuverlässigkeit und Flexibilität im

liberalisier ten Energiemarkt ein breites Be-

schaffungsportfolio erhalten. Der Gashandel

an vir tuellen Handelspunkten und Hubs in

Deutschland, Frankreich, den Niederlanden,

Österreich und perspektivisch auch in Belgien

wird stetig ausgebaut. Die VNG stellt sich den

Herausforderungen eines zunehmend vola-

tilen Marktes. Die VNG nutzt die Börsen- und

OTC-Geschäfte, um ihre Gashandelsaktivitäten

weiter zu diversifizieren und zu optimieren. Wir

Fortsetzung von Seite 33

Erdgas – ein zukunftssicherer Energieträger

Aktivitäten der VNG Norge AS auf dem norwegischen Kontinentalschelf

Norwegischer Kontinentalschelf

PL 270 & PL 426

Nördliche Nordsee

Anteil: 20 %

Betriebsführer:

Endeavour Energy Norge AS

PL 379 & PL 389

Haltenbanken | Norwegische See

Anteil: 20 %

Betriebsführer: TOTAL E&P NORGE AS

NORWEGEN

Norwegische

See

Nordsee

Barentssee

Schweden

Hammerfest

TromsøAndenes

Harstad

Bodø

Sandnessjøen

Brønnøysund

Namsos

TrondheimKristiansund

Florø

Bergen

Stavanger

Kristiansand

Oslo

PL 467 S

Nördliche Nordsee

Anteil: 40 %

Betriebsführer:

BG Norge AS

Page 35: medium gas 2008.2

35 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

In La Spezia, an der Verladestation des italienischen Energiekonzerns ENI, docken die riesigen LNG-Schiffe an, um das verflüssigte Erdgas in ihre Tanks an Land

zu pumpen. Foto: Christoph Busse

haben bereits mit einer Vielzahl von Handelspart-

nern Rahmenverträge für den standardisierten

Gashandel, die die Basis für den bilateralen Gas-

handel und den Handel auf Broker-Plattformen

darstellen, abgeschlossen. Dies ist unerlässlich,

um flexibel auf Marktveränderungen reagieren zu

können. Wir analysieren ständig neue Bezugsmög-

lichkeiten mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit

unserer Kunden zu gewährleisten.

LNG

Neben Erdgasmengen, die über Langzeitverträge

kontrahiert sind, spielt die Diversifizierung der

Importe und Produzentenländer sowie ein hohes

Maß an Flexibilität eine entscheidende Rolle.

Flüssigerdgas (LNG) gilt optional als sinnvolle

Ergänzung in unserem Beschaffungsportfolio und

perspektivisch als wirtschaftliche Alternative zu

Pipelinegas. Pipeline-Kapazitäten können den

zusätzlichen Importbedarf Europas nur teilweise

decken. Laut Cedigaz * wird LNG aus außereuro-

päischen Quellen im Jahr 2020 bis zu 18 % der

Erdgasversorgung Europas abdecken. Derzeit hat

LNG an der Versorgung Europas einen Anteil von

8 %. Global sollen im Jahr 2030 sogar 470 Mrd. m³

Erdgas als LNG gehandelt werden. Derzeit gibt es

jedoch einen Engpass an Verflüssigungsanlagen in

den Produzentenländern, was den Wettlauf um die

verfügbaren Kapazitäten weiter erhöht. Europäische

Abnehmer stehen bei Lieferverträgen in einem in-

tensiven Wettbewerb mit zahlreichen asiatischen

und nordamerikanischen Konkurrenten.

BioErdgas

BioErdgas lässt sich durch entsprechende, jedoch

im Vergleich zu den Erdgasimportpreisen immer

noch sehr teure Aufbereitung auf Erdgasqualität

bringen und in Erdgasnetze einspeisen und stellt

für uns eine weitere Option für die Quellendiver-

sifizierung der VNG dar. Allerdings ist nicht davon

auszugehen, dass der Import von Erdgas nach

Deutschland durch Biogas substituiert werden

kann. Vielmehr ist ein Anteil des Biogases von bis

zu 10 Prozent am deutschen Erdgasverbrauch im

Jahr 2030 realistisch. Hier sieht die VNG in jedem

Fall die Möglichkeit, einen Beitrag zur Energiege-

winnung aus nachwachsenden Rohstoffen und

zum Schutz des Klimas zu leisten.

* Cedigaz ist eine internatio-

nale Gesellschaft, die 1961

durch internationale Erd-

gasunternehmen und dem

Institut Français du Pétrole

(IFP) gegründet wurde.

Page 36: medium gas 2008.2

36 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 17 21129 10 11 18 19 208 13 14 22 27 28 3029

Interview mit Kåre A. Tjønneland

Norwegisches Erdgas für Europa

Kåre A. Tjønneland ist seit

vielen Jahren im Explorations-

geschäft in Norwegen aktiv.

Seit 2006 lenkt er erfolgreich

die Aktivitäten der VNG Norge.

Viele große Firmen sind be-

reits auf dem norwegischen

Kontinentalschelf aktiv, da-

runter Total, StatoilHydro,

ExxonMobil und Wintershall.

Wie kann sich die junge, klei-

ne VNG Norge unter diesen

Firmen behaupten?

Es ist natürlich eine Heraus-

forderung, gegen diese Rie-

senunternehmen anzutreten,

die bereits über viele Jahre

Erfahrung bei der Explorati-

on und Förderung verfügen.

Unser Vorteil besteht in ei-

ner schlanken Unternehmensstruktur mit hoch

qualifizierten Mitarbeitern, die in der Lage sind,

schnelle Entscheidungen zu treffen, wenn sich

gute Gelegenheiten bieten.

Bei der Auswahl unserer Mitarbeiter sind wir mit

großer Sorgfalt vorgegangen und haben darauf

geachtet, einerseits Leute einzustellen, die bereits

große Erfahrung auf dem norwegischen Kontinen-

talschelf haben, und andererseits jüngere, hoch

motivierte Leute, die von den erfahrenen Kräften

lernen können. Wir haben auch großen Wert darauf

gelegt, ein richtiges Team zu bilden. Gute Team-

arbeit führt zu neuen Ideen und neue Ideen führen

zu den Ergebnissen, die wir brauchen.

Die VNG hat außerdem einen Vorteil durch das

fundierte Wissen im Downstream-Geschäft, über

das viele der größeren Unternehmen, die Sie

erwähnten, nicht verfügen. Ich bin davon über-

zeugt, dass die qualifizierten Mitarbeiter und die

Vorzüge, die die VNG als international agierender

Erdgasimporteur hat, für die VNG Norge als Ex-

plorations- und Förderunternehmen von großem

Vorteil sein werden.

Der norwegische Staat hat einen großen Einfluss

auf die Exploration und Förderung von Erdöl und

Erdgas. Wie arrangiert sich die VNG Norge mit

diesem System?

Wir müssen begreifen, dass die Rechte an den

Erdgasressourcen beim norwegischen Staat liegen.

Wir als Unternehmen wurden aufgefordert, dem

Staat bei der Entwicklung der Ressourcen zu helfen.

Als Vergütung für diesen Service erhalten wir die

Eigentumsrechte an den Ressourcen, nachdem sie

gefördert wurden. Der Staat seinerseits hat das

Recht über das staatseigene Unternehmen Petoro

an der Entwicklung teilzuhaben oder aber er kann

auf die Ausübung dieses Rechtes verzichten und

lediglich die Gewinne der Privatunternehmen aus

diesen Aktivitäten besteuern.

Wenn wir Teil dieses Geschäftes sein wollen, wer-

den wir uns immer den Bedingungen der einzelnen

Staaten unterwerfen müssen. Es ist wichtig, dass

wir als Unternehmen nach dem Motto „Denke

global, aber handle vor Ort.“ verfahren.

Die VNG hat schon kurz nach ihrer Gründung die

Präqualifizierung durch das norwegische Öl- und

Energieministerium erhalten. Im letzten Jahr hat

die VNG Norge die ersten Anteile an vier Produkti-

onslizenzen erworben. Wie sehen die konkreten

Pläne für 2008 aus?

Wir sind bereits dabei, neue Produktionslizenzen

zu beurteilen, die erworben werden sollen, wenn

wir sie für interessant genug halten und wenn wir in

der Lage sind, die richtigen Bedingungen für einen

Weiterverkauf zu erzielen. Außerdem bereiten wir

uns schon auf die nächste APA-Lizenzierungsrunde

(Awards in Predefined Areas) vor, die für Anfang

Oktober 2008 ansteht. Darüber hinaus hoffen wir,

dass die 20. „gewöhnliche“ Lizenzierungsrunde

noch vor Beginn der Sommerferien bekannt

gegeben wird. Die Bewerbungsfrist dafür wird

wahrscheinlich Ende 2008 oder Anfang 2009 sein.

Sie sehen also, wir sind gut beschäftigt.

Wir haben ebenfalls schon damit begonnen,

die Möglichkeiten in einem Feld zu erkunden,

das kurz vor der Entwicklung steht. Von solchen

Feldern gibt es nicht gerade viele und es ist zu

bezweifeln, dass die Eigentümer solcher Felder

zum Verkauf bereit sind, aber wir werden es auf

7654321

Page 37: medium gas 2008.2

37 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

jeden Fall versuchen. Wir hoffen auch, dass wir

unsere Geschäftsstrategie im Laufe des Jahres

aktualisieren können. Unsere Strategie muss zu

jedem Zeitpunkt an die aktuelle Situation auf dem

Markt für Exploration und Produktion angepasst

werden können und wir sind der Ansicht, dass

der Zeitpunkt gekommen ist, unsere bisherige

Strategie in einigen Punkten anzupassen.

Bei den fünf erworbenen Lizenzen hat die VNG

Norge Anteile zwischen 20 und 40 Prozent er-

worben. Haben Sie als „Minderheitspartner“ in

diesem Joint Venture auch weniger Arbeit bei der

Exploration?

Es ist richtig, dass wir bisher nur Partner in einem

Joint Venture und nicht Operator sind. Aber auch

als Partner kann man sich nicht auf die faule

Haut legen und sich auf den Operator verlassen.

Die norwegischen Behörden erwarten, dass die

Partner in einem Joint Venture eine wichtige Rolle

im Rahmen der Lizenz spielen. Ich habe gegen-

über der Firma betont, dass wir als Unternehmen

im Rahmen der Lizenzen aktiv sein werden und

dass wir unsere Nichtübereinstimmung mit dem

Operator klar zum Ausdruck bringen werden, wenn

wir der Ansicht sind, dass seine Vorschläge im

Umgang mit den Lizenzen, an denen wir beteiligt

sind, falsch sind.

Die Behörden haben Einsicht in die Arbeit der

verschiedenen Managementkomitees des Joint

Ventures und wenn wir aktiv sind und unsere

Fähigkeiten und unser Know-how zeigen, erhöht

das unsere Chancen, neue Lizenzen in den ver-

schiedenen Lizenzierungsrunden zu erhalten.

Wie sehen die Chancen aus, in dem Gebiet, für

das die VNG die Lizenzanteile erworben hat, auch

tatsächlich Erdgas zu finden?

Es gibt im Wesentlichen drei Regionen auf dem

norwegischen Kontinentalschelf (NCS). Diese

Regionen sind die Nordsee, das Europäische

Nordmeer und die Barentssee.

Die Förderaktivitäten im norwegischen Kontinen-

talschelf begannen in der Nordsee, und diese

Region ist heutzutage mit mehreren Feldern,

die an mehrere Pipelines angeschlossen sind,

sehr gut entwickelt, sodass es möglich ist, so-

wohl den europäischen Kontinent als auch das

Vereinigte Königreich zu erreichen, wenn neue

Gasressourcen entdeckt werden. Wir sind in die-

ser Region mit 3 Lizenzen vertreten. Wir würden

unsere Aktivitäten hier gerne weiter ausbauen,

da man hier auch kleinere neue Ressourcen gut

vermarkten kann.

Das Nordmeer ist ebenfalls gut, aber nicht so

vollständig entwickelt wie die Nordsee. Die VNG

Norge hat zwei Lizenzen im südlichen Teil des

Nordmeeres. Auch hier möchten wir unsere Akti-

vitäten ausbauen.

Dann gibt es noch die Barentssee im Norden.

Dies ist ein riesiges Gebiet, das noch in einer

frühen Phase der Entwicklung steckt. Es gibt

zwei Fundstellen, die entwickelt werden sollen –

die Felder Snøhvit und Goliat. Bis jetzt haben

wir noch nicht beschlossen, in dieses Gebiet zu

gehen, aber wir verfolgen es mit Interesse. Die

norwegischen Behörden sind der Ansicht, dass

die restlichen Reserven des NCS gleichmäßig auf

diese drei Gebiete verteilt sind.

Angenommen die ersten Bohrungen verlaufen

erfolgreich. Wie geht es dann weiter?

Die erste Bohrung, an der wir nach heutigem

Stand beteiligt sein werden, ist das AGAT-Feld,

in dem die Förderung im Oktober dieses Jahres

aufgenommen werden soll. Wenn diese Bohrung

erfolgreich ist, werden wir das Gebiet weiter

durch mehrere Versuchsbohrungen untersuchen

müssen. Wenn alle Ergebnisse positiv ausfallen,

werden wir mit der Vorbereitung für die Entwicklung

beginnen müssen.

Wir müssen jedoch realistisch bleiben und dürfen

nicht zu enttäuscht sein, wenn die erste Quelle

trocken ist. Bedenken Sie, dass im Durchschnitt

nur eine von fünf Quellen zum Erfolg führt.

Plant die VNG Norge in absehbarer Zeit auch als

Operator aufzutreten?

Ganz klar ja! Wir haben bereits begonnen, sowohl

was das Personal als auch was die Kosten betrifft,

die Konsequenzen einer Operator-Position zu beur-

teilen. Die VNG ist ein technisches Unternehmen,

das in die Rolle des Operators hineinwachsen

sollte, und ich habe keinen Zweifel daran, dass

wir absolut in der Lage sind, diese Aufgabe zu

erfüllen.

Page 38: medium gas 2008.2

38 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Eigene Erdgasquellen aufzutun ist sehr kosten-

intensiv und langwierig. Von 60 bis 70 Millionen

Euro für jede Bohrung ist die Rede, auch von einem

dreistelligen Millionen-Euro-Betrag für das ge-

samte Projekt der VNG in Norwegen. Da braucht

es nicht nur ein kompetentes Team, sondern auch

starke Partner?

Wir haben bereits das Gerüst eines professionellen

Teams aufgebaut. Was wir noch brauchen, sind

erfahrenere Seismologen. Es ist wichtig für uns,

nicht nur Personen zu finden, die über die nötige

fachliche Qualifikation verfügen, sondern auch in

die Organisation der VNG Norge AS passen. Ich

achte sehr darauf, nach Leuten zu suchen, die

neben ihrem Wissen auch die richtige Einstellung

und das richtige Verhalten an den Tag legen, um

Synergien schaffen zu können.

So vorsichtig, wie wir unsere Mitarbeiter aussuchen,

müssen wir auch unsere Partner aussuchen. Wir

arbeiten auf einem extrem kapitalintensiven Markt

und müssen Situationen vermeiden, in denen sich

unsere Partner als nicht stark genug erweisen, um

ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen.

In Norwegen konkurriert die VNG Norge mit an-

deren Unternehmen um die besten Mitarbeiter.

Experten für Geologie und Bohrungen gibt es

nicht wie Sand am Meer, trotzdem haben Sie nach

nur zwei Jahren ein fähiges Team zusammenge-

bracht. Wie ziehen Sie die Aufmerksamkeit als

Arbeitgeber auf sich?

Wir haben heute 13 Mitarbeiter. Es war eine große

Herausforderung, die richtigen Leute zu finden,

aber ich bin sehr zufrieden mit unserem Mitarbei-

terstab. Es ist eine gute Mischung aus erfahreneren

und jüngeren, lernbegierigen Leuten. Auch die

Mischung von Frauen und Männern ist gut.

Für mich war es wichtig, den Bewerbern zu vermit-

teln, dass die VNG ein namhaftes Unternehmen

mit einem guten Ruf in der Industrie ist. Es ist ein

Unternehmen, das seine Upstream-Aktivitäten

sorgfältig geplant hat, sodass man sich darauf

verlassen kann, dass diese Pläne auch nicht

verworfen werden.

Ich glaube, dass diese Entschlossenheit bei den

Bewerbern gut angekommen ist. Dazu kommt die

Tatsache, dass in einem kleinen Unternehmen jeder

die Möglichkeit hat, den Weg in die Zukunft mitzu-

bestimmen. Ich bin sicher, dass dies auch positiv zu

Buche schlägt, wenn man sich entschließt, für die

VNG zu arbeiten. Schließlich hat die VNG auch sehr

kompetente Mitarbeiter mit einer menschlichen

Note und so etwas lieben wir Norweger!

Erlauben Sie uns noch zwei persönliche Fragen. Sie

waren seit Jahrzehnten in Stavanger für größere

Förderunternehmen tätig. Warum haben Sie sich

für die „junge“ VNG Norge entschieden und wie

können Sie das dort erworbene Know-how als

Geschäftsführer der VNG Norge nutzen?

Die Motivation für mich war es, ein Unternehmen

von Anfang an aufzubauen. Unsere ersten Büro-

möbel haben wir gebraucht von der Heilsarmee

gekauft. Dies haben wir gemacht, weil wir wussten,

dass die Büroräume, die wir am Anfang hatten, nur

vorübergehend waren. Für die gesamten Möbel

haben wir lediglich € 600 bezahlt.

Es ist aufregend, ein Unternehmen aufzubauen.

Man muss an Papier, Stifte und Rechner denken.

Da wir noch über keine funktionierenden Systeme

verfügten, mussten wir von Anfang an erfinderisch

sein. Außerdem kannte ich die VNG aus der Zeit,

als ich noch für Gasverkäufe – unter anderem eben

an die VNG – verantwortlich war, und ich mochte

die Art, wie man mit komplexen Themen umging.

Man verhielt sich immer sehr positiv und mein

Verhältnis zu Dr. Jürgen Jesse, meinem Kollegen bei

der VNG, war immer sehr gut. Als die Gelegenheit

dann kam, habe ich keinen Augenblick gezögert,

denn ich wollte unbedingt beim Aufbau eines

neuen Explorations- und Förderunternehmens

zusammen mit der VNG mitwirken.

Ich denke, dass meine Erfahrung sehr nützlich

sein wird, da ich in verschiedenen Unternehmen

über ein gutes Netzwerk an Beziehungen verfüge,

das ich in fast 30 Jahren aufgebaut habe. Mein

großer Wunsch ist, dass wir alle Erfolg haben

und dass wir in einigen Jahren unsere eigenen

Kohlenwasserstoffe fördern. Ich habe keinen

Zweifel daran, dass wir erfolgreich sein werden

und ich möchte Sie alle ermutigen, ihren Beitrag

zu diesem Erfolg zu leisten.

Fortsetzung von Seite 37

Norwegisches Erdgas für Europa

Page 39: medium gas 2008.2

39 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Wir denken heute schon an die sichere Versorgung von morgen – dabei ist uns keine Idee zu abwegig! Illustriert von Peter M. Hoffmann.

Page 40: medium gas 2008.2

40 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Weshalb die VNG wichtig für die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland und Europa istGedanken von Philip Lambert von Lambert Energy Advisory Ltd., April 2008

Viele westliche Länder sehen sich schwierigen Zeiten

gegenüber. Ihre Kosten für Energieimporte steigen

dramatisch an, weil sich die Ölpreise auf einem

Rekordniveau von über 120 $ pro Barrel (Stand April

2008, d. Red.) befinden. Die Gaspreise liegen eben-

falls hoch, da sie in Europa zum einen an den Ölpreis

gekoppelt sind, zum anderen aber auch der globale

Gaspreis mehr und mehr durch den außerordentlichen

Nachfrageanstieg in China und anderen schnell

wachsenden Ländern der östlichen Hemisphäre

bestimmt wird. Als weltweit fünftgrößte Nation im

Öl- und Gasverbrauch ist Deutschland gegen diesen

Preisdruck nicht immun. Allerdings ist Deutschland

in der glücklichen Lage, eine Gruppe von etablierten

und starken Energieunternehmen zu haben, die dazu

beitragen können, die Sicherheit der Energiever-

sorgung (besonders für Strom und Gas) nach und

innerhalb von Deutschland sicherzustellen.

Deutschland hat keine nennenswerten eigenen Öl-

und Gasreserven. Im globalen Wettbewerb um die

verfügbaren Öl- und Gasbestände ist es daher von

entscheidender Bedeutung, dass die inländischen

Energieunternehmen in der Lage sind, geschickt

die Energieimporte über verschiedene und sichere

Kanäle zu beziehen. Die VNG ist ein gutes Beispiel

für ein deutsches Unternehmen, das sich erfolg-

reich darum bemüht, die Versorgungssicherheit

für seine Kunden aufrecht zu halten. Der Weg zu

einer effizienten nationalen Versorgungssicher-

heit kann mit zwei Worten beschrieben werden

– Beziehungen und Investitionen.

Die Strategie der Beziehungspflege der VNG

gehört zu den besten in Europa und ist Ausdruck

von zwei unglaublich wichtigen, langfristigen

Energiepartnerschaften für Deutschland – die eine

mit Norwegen, die andere mit Russland.

Die VNG hat viele Jahre lang auf ihre wichtige ost-

deutsche „Korridor“position sowie auf ihre Stellung

als Deutschlands drittgrößter Gaslieferant gebaut

und auf diese Weise sehr enge Beziehungen mit

den wichtigsten russischen und norwegischen

Energieunternehmen hergestellt. Der Vorstandsvor-

sitzende der VNG, Klaus-Ewald Holst, und sein Team

haben hart daran gearbeitet, solche Freundschaften

und Partnerschaften aufzubauen. Man findet nicht

oft einen Gasmann, der als norwegischer Hono-

rarkonsul für eine Region vorsteht. Genau diesen

Titel hat Dr. Holst für Ostdeutschland.

Wie bei allen Freundschaften müssen sich natürlich

auch die Beziehungen der VNG zu ihren Hauptliefe-

ranten entwickeln. Im letzten Jahr ist die VNG zu einem

erfolgreichen Investor für norwegische Offshore-

Gasbestände geworden und hat zudem die Liefer-

verträge mit Gazprom bis 2030 verlängert. Dadurch

sichert die VNG auch weiterhin die Interessen der

deutschen Gaskunden. Deutschland liegt im Herzen

20012000 20041999 20032002 2005 2006

Gelieferte Erdgasmengen und Transportmengen der VNG 1999–2007 in Mrd. kWh

0

20

40

60

80

100

120

140

160 152,2 154,4

32,122,5

gelieferte Erdgasmengen Transportmengen

180

156,5 160,2150,7

15,0

161,6

55,449,747,8

71,0

163,1

75,7

164,2

66,9

165,2

2007

Page 41: medium gas 2008.2

41 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Europas und die VNG liegt im Herzen der Ost-West-

und Nord-Süd-Gastransportströme in Europa. Diese

wichtige Transitrolle der VNG sichert die Energie-

lieferungen für die deutsche und mitteleuropäische

Wirtschaft. Die zahlreichen Untergrundgasspeicher

der VNG entlang dieser Transitrouten mögen zwar

unsichtbar sein, sie sind aber nichtsdestotrotz

unentbehrlich, wenn wir zum Beispiel an kalten

Wintertagen selbstverständlich davon ausgehen,

dass unsere Heizung funktioniert.

Energiesysteme in einem Land funktionieren nur

dann effizient, wenn die Energieunternehmen und

ihre Mitarbeiter engagiert, kreativ und erfolgreich

arbeiten. Eine dynamische und unabhängige VNG

ist überaus wichtig – nicht nur, weil sie eines der

größten und am höchsten angesehenen Unterneh-

men in Ostdeutschland ist, sondern auch weil sie

der Hüter eines beträchtlichen Teils der gesamten

Energieströme in Deutschland ist – und das in einer

Zeit der wachsenden Unsicherheit auf dem globalen

Energiemarkt. Deshalb wird Deutschland einen

Nutzen ziehen, wenn das Team der VNG die nötige

Stabilität und das nötige Selbstvertrauen hat, um

sowohl die Lieferbeziehungen als auch ihre Ener-

gieimporte weiter auszubauen. Bei entsprechender

Förderung könnte eine unabhängige VNG zu einem

der wichtigsten regionalen Energieunternehmen

in Europa werden. Das würde sowohl für die ein-

heimische als auch für die nationale Wirtschaft

unübersehbare Vorteile mit sich bringen.

Eine starke und dynamische VNG könnte bei

stabilen und unterstützenden Eigentumsverhält-

nissen auch in Zukunft wichtige Investitionen in

die Energie-Infrastruktur in Deutschland tätigen.

Solche Investitionen könnten auch den Bau von

LNG-Terminals an der Küste im Norden beinhalten.

Sie würden es Deutschland zum ersten Mal erlau-

ben, auf dem Seeweg transportiertes Erdgas aus

der ganzen Welt direkt zu importieren. Dadurch

würde die Deckung des Energiebedarfs in Deutsch-

land weiter diversifiziert und geschützt. Die VNG

könnte außerdem stärker in ihr neues Upstream-

Geschäft investieren und eigene Gasreserven in

Norwegen und anderswo erschließen.

Damit Energieunternehmen wie die VNG in Deutsch-

land zum Nutzen der Kunden und Bürger erfolgreich

sein können, müssen sie von der Bundesregierung

und den Landesregierungen die nötige Unter-

stützung und Förderung erhalten. Wenn dieser

Beistand fehlt, könnten Unternehmen wie die VNG

– absichtlich oder durch Versäumnisse – destabi-

lisiert werden. Eine Destabilisierung kann schnell

von neuen Investitionen abhalten, und fehlende

Investitionen führen wiederum dazu, dass die

Lichter ausgehen – oder noch schlimmer! Ein

destabilisierter Energiesektor kann im schlimms-

ten Fall zu unerwünschten Übernahmen führen,

durch die, im Falle der VNG, jahrzehntelange harte

Arbeit und hart erkämpfte Partnerschaften mit

den bedeutendsten Energielieferanten zerstört

würden. Das wäre ohne Zweifel zum Nachteil für

die deutschen Verbraucher.

Die VNG hat sich in den letzten 20 Jahren von ihren

ostdeutschen Ursprüngen zu einem der wichtigsten

Partnerunternehmen auf dem europäischen Ener-

giesektor entwickelt. In einer Zeit, in der globale

Öl- und Gasengpässe drohen, ist es daher umso

wichtiger, dass eine unabhängige VNG regional und

national unterstützt und gefördert wird. Wenn diese

Unterstützung gewährt wird, kann es eine sichere

und effiziente Energieversorgung geben – mit lo-

kalem, regionalem und nationalem Nutzen.

VNG-Vorstandsvorsitzender Prof. e.h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst mit Alexander Medwedjew, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der OAO „Gazprom“

und Generaldirektor der OOO „Gazprom export“ (stehend), bei der Unterzeichnung der Verlängerung des WIEH-Liefervertrages bis 2030. | Prof. e. h. Dr.-Ing.

Klaus-Ewald Holst mit dem norwegischen Kronprinzen während der ONS 2006 anlässlich der Feierlichkeiten zur Gründung der VNG Norge AS.

Page 42: medium gas 2008.2

42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Bioenergie sei ein hoch kompliziertes, komplexes

und anspruchvolles Thema, dem man sich nur mit

einer Menge Erfahrung und Umsicht nähern könne,

versichert Vorstand Karl-Heinz Pasch, der übrigens

zu den Mitbegründern der heutigen VNG gehörte.

Damals stand er den Stadtwerken Halle vor, die

heute mit anderen Kommunalen Betrieben rund ein

Viertel der Anteile des Gasversorgers halten.

Als das Thema Alternative Energien drängender

wurde, gründete Pasch ein privates Venture-

Unternehmen, das zusammen mit der VNG und

den Stadtwerken Halle die EnD-I AG ins Leben

rief. Pasch und seine Partner halten 40, die VNG

32 und die Stadtwerke 28 Prozent vom mehr als

fünf Millionen Euro umfassenden Grundkapital.

Damit beschritt man den schwierigen Markt vor-

sichtig. Das besondere daran beschreiben die

Gasernte frisch vom AckerAlle reden von Bioenergie, nur die wenigsten wissen, wovon die Rede ist. Die Fachleute der

EnD-I AG in Halle dagegen meinen selbstbewusst: „Wir wissen eine Menge davon.“

Experten so: „Es gibt größere Bioenergiefirmen

als uns. Die meisten errichten als Anlagenbauer

entsprechende Anlagen und gewinnen nebenbei

auch Bioenergie. Wir fokussieren uns auf Letzteres.

Wir betreiben die entsprechenden Anlagen, stellen

damit Strom, Wärme und BioErdgas her.“

Gewachsen ist das Unternehmen stets in Nischen,

das aber schnell. Im Vorjahr wurde in der kleinen

Gruppe ein Umsatz von über 15 Millionen Euro

erreicht – rd. 40 Prozent mehr als im Jahr davor.

Seit der Gründung im Jahr 2000 steigt der Umsatz

jährlich zwischen 25 bis 30 Prozent. Dabei soll es

auch bleiben.

Den Erfolg führen Pasch und sein Vorstandskollege

Hans-Joachim Nebel darauf zurück, dass man stän-

dig die Strategie der EnD-I AG anpasst, um auf neue

Anforderungen in der Wirtschaft zu reagieren.

Genaue Bauplanung ist bei einem Millionenprojekt wie in Teterow das A und O. Hier: Horst Schumacher, Technischer Leiter Stadtwerke Teterow, Karl-Heinz Pasch,

Vorstand der End-I AG und Dipl.-Ing. (FH) Klaus Reinders, Geschäftsführer Stadtwerke Teterow (v.l.). Foto: Christoph Busse

Page 43: medium gas 2008.2

43 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Entstanden ist das Unternehmen als Betreiber

von Gasverwertungsanlagen auf Deponien und

stillgelegten Steinkohlegruben. Das ist kompliziert

und verlangt hohes Fachkönnen. Zum einen ist das

Gas sehr häufig mit Schadstoffen befrachtet. Zum

anderen lässt es sich nur schwer auffangen und

bündeln. Und zum Dritten zeigen sich auch die

besten Anlagen als anfällig gegenüber aggressiven

Verunreinigungen. Vor allem Schwefel, Silizium

und Staub belasten das Gas, das außerdem mit

einem Methangehalt von 24 bis 55 Prozent einen

vergleichsweise niedrigen Anteil des Energieroh-

stoffes enthält.

Umso mehr wird von den Mitarbeitern an den

Anlagen verlangt. Deponiegasanlagen wurden

nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien

und Spanien errichtet und betrieben. Die größte

läuft in Schwanebeck bei Berlin mit fünf Megawatt

elektrischer Leistung. Damit ließen sich ungefähr

10.000 Wohnungen mit Strom und ca. 3.000 mit

Wärme beliefern. Wenn man sich vorstellt, dass

das dabei genutzte Methangas normalerweise

in die Umwelt strömen würde, steht neben der

genutzten Energie auch Umweltschutz auf der

Habenseite der Betreiber.

Doch nach Anfangserfolgen hat das Unternehmen

seine Anlagen in Belgien und Spanien wieder

veräußert. Die Gewinnung von Grubengas in ehe-

maligen Steinkohlengruben des Ruhrgebiets muss

man mit anderen Betreibern teilen, man hat drei

Konzessionen bekommen. Weitere Zuwächse sind

dort nicht denkbar. Warum sich das dennoch lohnt?

Die meisten Grubenunglücke in der Welt werden

durch Explosionen von Methangas ausgelöst, weil

es immer als Begleiter der Steinkohleförderung

auftritt. Solange in den Gruben abgebaut wird,

kümmern sich die so genannten Wetterexperten

ums Methan. Theoretisch müsste das auch später

noch passieren. Da in Deutschland aber die meisten

Steinkohlengruben geschlossen wurden, maß man

dem weiter aufsteigenden Gas keine Bedeutung

zu. Erst durch die hohe Energienachfrage wurde

man darauf aufmerksam und versucht seit einigen

Jahren das Grubengas zur rentablen Energiege-

winnung zu nutzen.

Weil auf dem Gebiet keine Zuwächse zu erwarten

sind, erschlossen die Hallenser und ihre Tochter-

firmen neue Bereiche. Das ging nach dem Prinzip:

Wer einmal gelernt hat, komplizierte Gase zu

beherrschen, kann das auch auf andere Bereiche

übertragen. 2006 begann man mit Biogas zu

arbeiten. Eine Anlage ist fertig und produziert,

drei sind beinahe fertig und gehen im 3. Quartal

diesen Jahres in Betrieb. Geplant ist eine Groß-

anlage für 5 MW elektrische Leistung, die Mitte

nächsten Jahres den Betrieb aufnehmen soll.

Genehmigungsverfahren für weitere Anlagen lau-

fen. Nach Bestätigung beginnt der Bau eventuell

noch dieses Jahr.

Aus der schnellen Abfolge leitet Pasch ab: „Wir

arbeiten zwar in einer Nische, aber die lohnt sich –

für uns, für die Umwelt und für unsere Partner.

Wir sind gewissermaßen ein aktiver Zwerg, kein

schlafender Riese.“

Dass es sich für die EnD-I AG lohnt, kann man den

schnell wachsenden Umsatzzahlen entnehmen.

Dass es sich für die Umwelt lohnt, lässt sich

zumindest ahnen, wenn man weiß, in welcher

Weise Massentierhaltung zur Luftverschmutzung

beiträgt – durch die Verdauungsgase der Tiere.

Das Thema Partner erläutert Pasch genauer:

„Wir brauchen Landwirte in der Nähe unserer

Anlagen, mit denen wir auf zuverlässiger Basis

zusammenarbeiten. Das heißt: Der Landwirt löst

unser Problem, unsere Fermenter regelmäßig mit

Gülle, Maissilage und Gras zu füllen. Wir lösen

sein Problem, da er bald keine Gülle mehr auf den

Feldern ausbringen darf.

Biokraftstoffe im Vergleich

Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)

Biomethan 67 600 km

BtL (Biomass-to-Liquid) 64 000 km

Rapsöl 23 300 km + 17 600 km*

Biodiesel 23 300 km + 17 600 km*

Bioethanol 22 400 km + 14 400 km*

Pkw-Kraftstoffverbrauch: Otto 7,4 l/100 kmDiesel 6,1 l/100 km

* Biomethan aus Nebenprodukten (Rapskuchen, Schlempe, Stroh)

Page 44: medium gas 2008.2

44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Fortsetzung von Seite 43

Gasernte frisch vom Acker

Nur 20 Prozent des eingebrachten Materials wer-

den zu Methan für die Energieumwandlung. Die

übrigen 80 Prozent bleiben durch Mikroorganismen

umgewandelt zurück – nährstoffreich und ideal

als Dünger für die Bodenfruchtbarkeit. Auch unter

diesem Aspekt schließen wir einen Kreislauf.“

Das sei das Geheimnis zukunftsorientierten

Wirtschaftens. Man schließe Kreisläufe, wo zu

lange jeder nur sein eigenes Geschäft im Auge

hatte und dadurch zu sorglos mit der Natur und

ihren Reichtümern umgegangen wurde. Natürlich

befinden sich die Lieferanten nicht weit von den

Energieerzeugungsanlagen, weil man „sonst die

Gewinne auf der Straße platt“ fahren würde.

Ähnliche Chancen sieht man auch in Osteuropa.

Energiepreise explodieren, während vieles auf den

Feldern so nicht genutzt werden kann. Partner der

EnD-I AG haben in diesem Frühjahr in Rumänien

gerade die ersten Ernten in den Boden gebracht,

aus denen Energie gewonnen werden soll. Was

das ist, wissen die Leute der EnD-I natürlich

auch: Biogas habe von allen Energienutzungen

nachwachsender Rohstoffe die höchste Energieef-

fizienz, meinen sie und nennen vor allem Raps,

Mais, aber auch Roggen und Weizen. Dabei sei

der Weizenpreis ein Barometer wie der Ölpreis

für die Gaswirtschaft.

Innerhalb der letzten zwei Monate sei der Weizen-

preis im Frühjahr um ein Viertel gefallen. Daran

müssten sich dann auch die Verträge mit den

Landwirten orientieren. Man kann da nicht über

lange Laufzeiten feste Preise vereinbaren, wenn

solche Turbulenzen die Märkte erschüttern. „Wir

müssen den Bauern die Möglichkeit zum Atmen

lassen“, sagt Pasch.

Zu dieser Möglichkeit gehören jene Experten im

Unternehmen, die verantwortlich für das Aus-

handeln geeigneter Verträge sind. Sie müssen

wissen, wie Landwirte „ticken“, um ihnen Angebote

zu machen, bei denen die anderen ihre Vorteile

erkennen. Gerade das Vorführen der Kreisläufe

kann auch misstrauische Partner aufschließen,

weil sie sofort sehen: Das rechnet sich nicht nur

für die Gesprächspartner; das rechnet sich auch

für mich.

Angesichts der Umsätze des Unternehmens glaubt

man sich verhört zu haben, als die Zahl der Mitar-

beiter genannt wird: 30. Wie will man alles, was

hier gestemmt wird, mit 30 Leuten bewältigen?

Doch Pasch und Nebel machen deutlich: Allein

wird nur weniges gemacht. Betrieben werden die

Anlagen beispielsweise von erfahrenen Partnern

vor Ort. Wenn im Sommer die Anlage in Teterow die

Produktion beginnt, kümmern sich die dortigen

Stadtwerke darum. Die EnD-I Gruppe hat zwar die

größten Anteile an der Anlage, aber der örtliche

Partner stellt Personal ab und betreibt sie nach

Vorgaben der EnD-I. So ist es bislang auch mit

den meisten anderen. Im Hauptunternehmen

sind vorwiegend Ingenieure tätig, Chemiker und

Landwirtschaftsexperten, auch Ökonomen und

Fachleute für Energie. Fürs Ausland gibt es eben-

falls einige Spezialisten. Entwicklungen werden vor

allem durch Zusammenarbeit mit entsprechenden

Einrichtungen vorangetrieben – mit dem Fraunhofer

Institut Oberhausen beispielsweise oder mit den

Saatgutexperten der KWS Saat AG. Hier geht es

nicht um Genmais. Demnächst kommt neuer Mais

Anlagenstandorte der EnD-I-Gruppe

Quelle: EnD-I-Gruppe

Standorte in Deutschland:

Stendal

Schönebeck

Lochau

Altenburg

Lohe

Meiningen

Hasenbühl

Blumentobel

Schwanebeck

Freyburg

Nißma

Bochum

Castrop-Rauxel

Lembeck

Duisburg

Entstehende Biogasanlagen:

Deutschland:

Dorsten

Odendorf

Teterow

Lustadt

Koblenz

Gotha

Berlin

Rumänien:

Peris

Iasi

Bulgarien:

Panagjurishte

Hissar

Grubengas- Solar- Klärgasanlagekraftwerke anlage in Planung

Deponiegas- Biogas- Biogasanlage in Public Privatekraftwerke anlage Bau/Entwicklung Partnership

Page 45: medium gas 2008.2

45 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Derzeit noch im Bau, aber bald schon wird die Anlage in Teterow in Betrieb gehen. Weitere

Projekte – auch für die Erzeugung von BioErdgas – sind bei der EnD-I AG bereits in Planung.

Foto: Christoph Busse

auf die Felder, bei dem die Pflanze drei bis vier

Meter hoch wird und dadurch mehr energetisch

verwertbare Masse liefert. Auch mit Bioforschern

und Experten für traditionelle Landwirtschaft wird

zusammengearbeitet.

Die Chefs des Unternehmens werfen mal einen

Blick voraus: „Wenn wir zunehmend Anlagen auch

selbst betreiben, wird die Mitarbeiterzahl schnell

steigen. Dann brauchen wir eigene Handwerker,

die an Disziplin gewöhnt sind. Wer sich um eine

2,5-MW-Anlage kümmert, trägt schließlich die

Verantwortung für eine Investition von zehn

Millionen Euro.“

Solange die EnD-I AG ihre Anlagen von Anderen

betreiben lässt, gibt sie die wichtigsten Erfah-

rungen der eff izienten Betriebsführung den

Partnern, auch den Herstellern weiter, um die

preisgünstigsten Anlagen zu bekommen. Ziel ist

eine überdurchschnittliche Laufzeit der Anlagen.

Bisher laufen sie bei der EnD-I AG rund 8.000 Stun-

den im Jahr. Bei modernen Kernkraftwerken sind

es 7.500 Stunden. Künftige END-I AG-Anlagen

sollen sogar 8.400 Stunden jährlich laufen und

sichern, dass das Unternehmen effizientester

Betreiber ist.

Gleichzeitig lebt es Nachhaltigkeit seinen Partnern

in jeder Hinsicht vor. Auch den rund 4.000 End-

kunden, über die es verfügt. Beim Umgang mit

ihnen werden ebenfalls Erkenntnisse gewonnen,

die ins eigene Handeln einfließen: Was für Partner

braucht der Kunde? Wo liegen seine täglichen

Bedürfnisse? Wie werden die am effektivsten so

befriedigt, dass er den Zusammenhang erkennt

und honoriert. Nur mit zufriedenen Kunden kann

das Geschäft weiter wachsen – ganz gleich, ob es

Rohstofflieferanten oder Gasabnehmer sind.

Weil Biogas gereinigt und aufbereitet werden

muss, bevor man es in das Erdgasnetz einspeist,

ist es mit allen Formen von Erdgas kompatibel. Das

dürfte auch ein wesentlicher Grund sein, warum

sich die VNG mit einem erheblichen Anteil an der

EnD-I AG beteiligt hat. So ist man – indirekt – an

neuen Entwicklungen im Gasbereich beteiligt und

kann sich auch stärker engagieren, wenn diese

Maßnahmen stärkeren Erfolg zeigen.

In welche Richtung die Führung des Biogas-Unter-

nehmens sich entwickeln will, zeigt ein jüngstes

Joint Venture mit der in Koblenz ansässigen

Energieversorgung Mittelrhein. „Man muss die

Chancen in Europa riechen, dann kann man sie

auch nutzen“, so Pasch.

Übrigens schnuppert das Unternehmen durchaus

auch auf anderen Energie-Feldern. In Duisburg be-

treibt man eine 1,2-MW-Solaranlage. Die bisherige

Erfolgsgeschichte des jungen Unternehmens hat

gezeigt: Nur wer sich wandelt, bleibt sich treu.

Thomas Biskupek, freier Journalist

Page 46: medium gas 2008.2

46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Erdgasspeicher im WettbewerbDie Entwicklung neuer Erdgasspeicherkapazitäten zur Sicherung der europäischen Energieversorgung bedarf eines sicheren Regulierungsrahmens. Doch sind Investi-tionen gefährdet.

Traditionell gleichen Erdgasspeicher jahreszeitlich

bedingte Nachfrageschwankungen aus. Darüber

hinaus dienen sie zunehmend als den Gasmarkt

fördernde Flexibilitätsinstrumente. Wichtigste

Funktion von Gasspeichern bleibt jedoch die Ge-

währleistung der Versorgungssicherheit, die für

das Funktionieren der hoch entwickelten Indus-

triestandorte Europas elementar ist. Die sinkende

Erdgasförderung in Europa, der zunehmende

Importbedarf der Europäischen Union und die

Globalisierung des Erdgasmarktes verschärfen den

Wettbewerb um das verfügbare Gas. Investitionen

in Speicheranlagen sind dringend notwendig,

um die bereits stark gestiegene Nachfrage nach

Speicherkapazitäten bedienen zu können.

Doch anhaltende Diskussionen über eine verschärf-

te Regulierung des Speichermarktes schädigen

signifikant das Investitionsklima. Bislang können

Mitgliedsstaaten auf Basis der europäischen Gas-

Richtlinie 2003/55/EG zwischen einem so genannten

verhandelten oder einem regulierten Speicherzugang

wählen. Deutschland hat sich für die Einführung des

verhandelbaren Speicherzugangs auf vertraglicher

Grundlage entschieden (§ 28 EnWG).

Ordnungsrahmen und freiwillige Guidelines

(GGPSSO)

Auf europäischer Ebene mündete die Diskussion

über den Speicherzugang in die Guidelines for

Good TPA Practice for Storage System Operators

(GGPSSO). Diese wurden vom Madrid-Forum, einer

informellen Diskussionsrunde zu Regulierungsfra-

gen im Gasmarkt, verabschiedet und traten am

1. April 2005 in Kraft. Kerngedanke der rechtlich

nicht bindenden GGPSSO ist ein transparenter

und diskriminierungsfreier Speicherzugang zur

Förderung des europäischen Gasbinnenmarktes.

Die entsprechenden Mindestanforderungen, die

sich sowohl an Speicherbetreiber als auch Spei-

chernutzer richten, unterstützen die zunehmende

Liberalisierung des europäischen Erdgasbin-

nenmarktes. Die Betreiber von Speicheranlagen

sind aufgefordert, einen sicheren, zuverlässigen

und effizienten Betrieb von Speicheranlagen zu

gewährleisten. Sie müssen u. a. umfangreichen

Veröffentlichungspflichten nachkommen, sensible

Informationen vertraulich behandeln und den

Sekundärhandel mit Speicherkapazitäten fördern.

Speicher sorgen nicht mehr nur dafür, dass saisonale Schwankungen ausgeglichen werden. Sie dienen auch mehr und mehr dazu, eine flexible Bezugsoptimierung

von Erdgas zu erreichen. Hier: der Untergrundgasspeicher der VNG in Buchholz. Foto: Christoph Busse

Page 47: medium gas 2008.2

47 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Bernd Protze

Gordon Gerisch

Die Implementierung und erfolgreiche Anwendung

der GGPSSO unterliegt einem Monitoring der

EU-Kommission. Die praktische Durchführung

dieses Monitorings nimmt die ERGEG (European

Regulators Group for Electricity and Gas) vor.

Transparenz

Gemäß der Transparenzanforderungen der GGPSSO

sollen Speicherbetreiber umfangreiche, kunden-

freundlich aufbereitete Informationen auf diskri-

minierungsfreier Basis im Internet veröffentlichen.

Dazu zählen u. a. Tarifpreisrechner, Übersichten

über gebuchte und verfügbare Speicherkapazi-

täten, historische Nutzungsumfänge und Methoden

des Engpassmanagements. Um einer Konfliktsitu-

ation zwischen der Umsetzung der Transparenzan-

forderungen und den Geschäftsgeheimnissen von

Speicherbetreibern und -nutzern zu entgehen,

versucht der Speicherbetreiber, ein ausgewogenes

Verhältnis zwischen Informationen an den Markt

und Vertraulichkeitsanforderungen zum Schutz

seiner Kunden herzustellen. Gas Storage Europe

(GSE, www.gie.eu.com/) unterstützt die Forderung

nach Transparenz auf europäischer Ebene und

geht mit zahlreichen Initiativen sogar über die in

den GGPSSO geforderten Anforderungen hinaus.

Die Mitgliedsunternehmen tragen so zu einem

effizienten und effektiven Gasspeichermarkt in

Europa bei.

Zur Erfüllung der Transparenzanforderungen müs-

sen umfangreiche IT-Infrastrukturen geschaffen

werden. Zum Beispiel ist unter www.store-x.net

eine von der ECG Erdgas-Consult GmbH (einem

Tochterunternehmen der VNG) entwickelte, internet-

basierte Handelsplattform für den Sekundärhandel

mit Speicherkapazitäten in Europa entstanden.

Store-x verfügt über verschiedenartige Handelsop-

tionen, über die sowohl gebündelte als auch ein-

zelne Speicherkapazitäten handelbar werden. Die

Plattform bietet darüber hinaus eine Datenbank zu

Speicherlokationen in Europa mit interaktiver Land-

karte zur Auswahl gewünschter Speicherstätten.

Store-x unterstützt nicht nur die Implementierung

des europäischen Sekundärmarktes für Speicher-

kapazitätsprodukte, sondern trägt insbesondere

dazu bei, diesen weiterzuentwickeln.

Umsetzung auf europäischer Ebene

Mit der EU-Gasrichtlinie 2003/55/EG sind bishe-

rige Gasversorgungsunternehmen aufgefordert,

Transport, Verteilung und Speicherung in einzelne

Segmente zu entflechten. Damit wurde die Verant-

wortung für die Versorgungssicherheit statt bislang

einem Monopolisten nunmehr zahlreichen neuen

Akteuren übertragen. Die Wettbewerbssituation,

in der sich die Speicherbetreiber zueinander,

aber auch zu anderen Flexibilitätsprodukten der

Gaswirtschaft befinden, wird auf europäischer

und nationaler Ebene anerkannt. Noch ist die

Regulierungsintensität bei Speichern geringer

als bei Gasversorgungsnetzen. Doch basierend

auf Erkenntnissen der ERGEG, die im Auftrag der

EU-Kommission die Implementierung der GGPSSO

überwacht, soll auch der Speichersektor einer ver-

stärkten Regulierung unterworfen werden. ERGEG

befand nach einer Befragung der europäischen

Speicherbetreiber die Umsetzung der GGPSSO

als unzureichend. Dabei sind an den von ERGEG

konstatierten Ergebnissen durchaus Zweifel an-

zumelden, da sie auf veralteten Daten basieren

und zum Teil Sachverhalte abgefragt wurden, die

so nicht von den GGPSSO gefordert werden. Die

Europäische Kommission sieht in ihrem Vorschlag

zum 3. Energiebinnenmarktpaket vor, die bislang

freiwilligen Richtlinien durch rechtlich bindende

zu ersetzen. Zudem sollen die Befugnisse der

Regulierungsbehörden ausgebaut, der Regulie-

rungsrahmen für neue Investitionen verschärft

und das Speichergeschäft vom Handel rechtlich

und funktionell entflochten werden. Dabei wird

übersehen, dass viele Speicherbetreiber die Anfor-

derungen der GGPSSO bereits vollständig erfüllen.

Eine stärkere Regulierung behindert hingegen die

Wettbewerbsentwicklung in Europas Erdgasmarkt.

Nur mit Hilfe eines positiven Investitionsklimas für

den kapital- und zeitintensiven Ausbau von Spei-

cheranlagen und eines stabilen, vorhersehbaren

und transparenten Regulierungsrahmens können

die Speicherkapazitäten in Europa erweitert und

die Sicherheit der Energieversorgung gewährleis-

tet werden.

Bernd Protze, Leiter Speicherportfolio

Gordon Gerisch, Vorstandsassistent

Page 48: medium gas 2008.2

48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Erdgas aus dem russischen Eis

„Es ist schon viel gebohrt worden hier oben am Polarkreis“74 Tage war der Fernsehjournalist Thomas Junker in Asien unterwegs – von den Stränden in Thailand

bis zu den russischen Erdgasfeldern im nördlichen Polarkreis. In Novij Urengoij – der Gazprom-City

in Westsibirien – traf er die Gasarbeiter, die so genannten Gasowiki.

Es ist der 13. Januar gegen 15.00 Uhr. Die Sonne ist

schon nicht mehr zu sehen, als wir am Kontrollpos-

ten vor Novij Urengoij eintreffen. 18 000 km haben

wir mit unserem Expeditionsauto seit unserem

Start am 7. November zurückgelegt. Wir haben

für meine neue MDR-Filmreportage Aus Asiens

Sonne ins russische Eis in Thailand, Laos, China

und der Mongolei gedreht. Die Erdgasförderung

auf den beiden größten Gasfeldern der Welt,

Urengoij und Jamburg, ist der abschließende und

krönende Höhepunkt. GAZPROM hat uns eine

Sondergenehmigung erteilt, normalerweise ist

die Region für Ausländer Sperrgebiet.

Der Schlagbaum geht schneller hoch als wir er-

wartet haben, man lässt uns völlig frei in die Stadt

fahren. Es ist der Auftakt zu einer dreitägigen Visite,

die uns sehr erstaunt. Wo wir Einschränkungen

erwartet haben, erleben wir Offenheit. Nirgendwo

muss ich die Kamera ausschalten, alle meine Film-

wünsche finden gänzliche Erfüllung. Ein Zustand,

wie ich ihn bei nicht vielen Firmen und Konzernen

dieser Welt bisher erfahren habe.

Novij Urengoij liegt nur wenige Kilometer südlich

des Polarkreises. 284 Tage im Jahr herrscht Winter,

die Temperaturen sacken in dieser Zeit auf bis

284 Tage von Schnee bedeckt ist die Anlage UPKG 16 in Novij Urengoij. Trotz Schnee und Kälte ist diese Zeit für die Arbeiter

wesentlich angenehmer als der mückenreiche Sommer!

Erlebten Offenheit und Freund-

schaft in Russland: der Fern-

sehjournalist Thomas Junker

(links) und sein Begleiter Sven

Mohring.

Page 49: medium gas 2008.2

49 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

zu minus 62 Grad ab. In den wenigen warmen

Sommertagen plagen Abermilliarden bissfreu-

dige Mücken. Zumindest für die Arbeiter auf den

Bohrtürmen ist das auch nicht viel angenehmer.

Gegen Kälte könne man sich schützen, lassen sie

uns wissen. Aber bei plus 30 Grad sei man den

Plagegeistern grausam ausgesetzt. Wer einmal

im Sommer in Sibirien, Alaska oder Nordkanada

war, weiß, wovon die Männer sprechen.

Um die Gasfelder effektiv nutzen zu können,

wenden sie ein Bohrverfahren an, mit dem auch

horizontal gedrillt werden kann. Der Bohrkopf

muss dabei ständig bewegt werden. Das heißt

für die Männer, immer wieder neue Rohre nach-

schieben. 12 Stunden am Stück. Dann kommt die

nächste Schicht. So geht das an 365 Tagen im Jahr.

Es ist schon viel gebohrt worden hier oben am

Polarkreis, überall sieht man die fertigen Zapf-

stellen. Die Mengen, die von Gazprom jährlich

auf den beiden Feldern Urengoij und Jamburg

inzwischen gefördert werden, sie entziehen sich

fast dem Vorstellungsvermögen. Rund 420 Milli-

arden Kubikmeter – das sind 80 % der russischen

Erdgasförderung, was wiederum rund einem

Fünftel der weltweit zu Tage gebrachten Menge

entspricht. Man kann es auch so betrachten – was

sie an einem Tag hier fördern, würde reichen, um

zum Beispiel die Stadtwerke in Leipzig 3 ½ Jahre

mit Gas zu beliefern.

2300 Kilometer von Moskau entfernt liegt die russische Gashauptstadt Novij Urengoij. Vor mehr als 30 Jahren wurde sie als

Arbeiterstadt für rund 100.000 Einwohner mitten in der sibirischen Tundra erbaut.

Bohrturm von außen und von

innen: Immer wieder neue

Rohre nachschieben, 12 Stun-

den am Stück, 365 Tage im

Jahr.

Page 50: medium gas 2008.2

50 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Ein verlockender Sonnenuntergang nachmittags um 15 Uhr – bei minus 40 Grad und eisigen Winden.

Unsere Dreharbeiten führen uns bei minus 40 Grad

zu Erdgaskondensatlagerstätten, zu Anlagen zur

Aufbereitung des Kondensats und natürlich auch

zu Pipelines. Die meisten Betriebe werden voll-

automatisch gefahren, meist reicht ein Dutzend

Fachkräfte pro Schicht aus. Für die, die draußen

bohren und für Wartungs- und Reparaturarbeiten

zuständig sind, sind aufgrund der extremen

klimatischen Bedingungen die Arbeitsbedin-

gungen hart.

Fortsetzung von Seite 49

„Es ist schon viel gebohrt worden hier oben am Polarkreis“

Umso mehr verwundert es uns, dass die Fluk-

tuation der Mitarbeiter verschwindend gering

ist. Das hat seine guten Gründe. So lassen sich

die lokalen Unterkünfte bei den Bohrstellen und

den Verarbeitungsanlagen locker mit gehobenen

Mittelklassehotels vergleichen. Nur dass sie hier

in der Tundra zusätzlich vielfältigere Freizeitein-

richtungen haben. Und die erst 1975 gegründete

Stadt Novij Urengoij hat eine hohe Lebensqualität

aufzuweisen. Den 117 000 Einwohnern werden

günstige Mietpreise geboten. Eine 100 qm Woh-

nung kostet 200 Euro. Da hier mit die besten Löhne

in Russland gezahlt werden, ist diese Summe kein

Problem. Das durchschnittliche Einkommen in der

Stadt liegt bei 1200 Euro, das sind fast 1000 mehr

als im restlichen Russland.

Page 51: medium gas 2008.2

51 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Dazu gibt es hervorragende Kultur- und Sozialein-

richtungen. Beispielsweise Kindergärten. 14 sind

es an der Zahl, und alle haben den gleichen hohen

Standard. Die Betreuungszeiten sind so geregelt,

dass beide Elternteile arbeiten können. Auf acht

Kinder kommt eine Erzieherin. Jede Kita verfügt

über ein eigenes kleines Schwimmbad sowie über

Sporträume. Die Ausstattung lässt kaum Wünsche

offen. 30 Euro kostet die Monatsgebühr pro Kind.

Das reicht natürlich nicht, um die Kosten zu decken.

Aber GAZPROM zahlt den Rest. Mit Erfolg. Aus

Novij Urengoij will so gut wie keine Familie weg.

Die Arbeitsplätze am Polarkreis, sie sind sehr

begehrt. Und selbst nach ihrer Pensionierung zie-

hen die Menschen nicht weg, sondern verbringen

ihren Lebensabend in der eiskalten Stadt.

Neue Gasvorkommen sollen nun bis 2020 auf

der noch weiter nördlich liegenden Jamalhalb-

insel erschlossen werden. Auf 30 Milliarden Euro

werden die Kosten dafür veranschlagt. GAZPROM

will daher langfristige neue Abnahmeverträge,

um bei Banken Kredite für die Erschließung zu

bekommen. Sollte Europa diese Verträge ableh-

nen, werden wohl asiatische Staaten zum Zuge

kommen. Diese Meinung vertritt zumindest der

stellvertretende Generaldirektor des Urengoijer

Gasfeldes, Alexander Iljasov: „Der Bedarf an Gas

wird in den Staaten China und Indien bis ins Jahr

2020 um das Dreifache steigen, das ist natürlich

für GAZPROM ein interessanter Markt!“

Zum Abschluss unserer Reise sind wir mit einem

Kettenfahrzeug unterwegs. Wir lassen die Stadt

und mit ihr die normale Zivilisation hinter uns. Das

geht nur mit einem solchen Fahrzeug. Wir wollen zu

den Menschen, die schon immer in dieser Region

gelebt haben, für die dies schon eine Heimat war,

lange bevor Gas gefunden wurde. Die Rede ist

vom Volk der Nenzen, die von der Rentierzucht

leben. Jetzt im Winter sind sie nahe der Stadt, da

der Schnee hier nicht so hoch ist, die Rentiere

leichter Futter finden. Für sie ist klar, dass sie mit

ihrer kulturellen Art nur dann überleben können,

wenn man ihnen und den Tieren genügend Land

lässt, nicht überall Bohrtürme, Anlagen und

Pipelines installiert.

Es ist wie fast überall entlang unserer Reise „Aus

Asiens Sonne ins russische Eis“. Der Spagat zwi-

schen moderner Wirtschaft und traditionellen

Werten und Lebenswegen, er wird immer schwie-

riger, gelingt selten. Keine leichte Aufgabe für

die Zukunft. Aber wenigstens hier am Polarkreis

haben sie darüber inzwischen hoffnungsvolle

Gespräche angefangen.

Thomas Junker

Das Volk der Nenzen bestrei-

tet seinen Lebensunterhalt

durch die Haltung großer Ren-

tierherden. Während der mü-

ckenreichen Sommermonate

ziehen sie durch die Tundra an

die Küste des Polarmeeres.

Page 52: medium gas 2008.2

52 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Russland und die VNG – Partner fürs Leben mit Erdgas Auf dem 13. Parlamentarischen Abend der VNG – Verbundnetz Gas AG in Brüssel diskutierten

Politiker aus Russland und der EU sowie Firmenvertreter der VNG darüber, wie sich Stabilität und

Nachhaltigkeit der Energieversorgung in den aufgeheizten Markt tragen lassen. Die Energiepreise

steigen wegen der dynamischen Weltkonjunktur und des Energiehungers der Industrie- und Schwel-

lenländer drastisch. Nationale und europäische Regulierungsmaßnahmen befeuern Turbulenzen an

den Märkten zusätzlich. Die Redner nahmen in ihren Beiträgen kein Blatt vor den Mund.

Die Bibliothèque Solvay als Veranstaltungsort

bildete den perfekten Rahmen für eine Debatte

über Langfristigkeit. Die Solvay GmbH Deutschland

(Sitz: Hannover) war nach der Wende der erste

Industriekunde bei der VNG. Mehr als 60 geladene

Gäste kamen in das 1902 gebaute Art-Deco-Gebäu-

de, darunter der stellvertretende Generalsekretär

der Vereinten Nationen a. D. und ehemalige deut-

sche Umweltminister Klaus Töpfer. Als Ehrengäste

waren der EU-Energiekommissar Andris Piebalgs

sowie der Vizepräsident der russischen Duma und

Präsident der Russischen Gasgesellschaft, Valerij

Afonasjewitsch Jasew anwesend.

Der Vorstandsvorsitzende der VNG, Prof. e. h. Dr.-Ing.

Klaus-Ewald Holst, und der EU-Energiekommissar

betonten die Rolle langfristiger Importlieferverträge

zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit mit

Erdgas. Piebalgs zählte sie zu den drei Hauptzielen

europäischer Energiepolitik. Daneben gehören

Nachhaltigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der

europäischen Industrie dazu. Piebalgs verteidigte

in dem Zusammenhang die Ölpreisbindung, auch

weil so Preissenkungen möglich seien. Allerdings,

so räumte er ein, bereite ihm die Entwicklung an

den Finanzmärkten Sorgen. Auch die VNG als er-

fahrener Erdgasimporteur betont regelmäßig, dass

sich mit der Ölpreisbindung die Schwankungen

der Gaspreise am Weltmarkt begrenzen und für

den Verbraucher glätten lassen, um faire und

transparente Preise zu garantieren. Einig waren

sich die Redner auch beim Thema erneuerbare

Energieträger sowie Kohlendioxidabtrennung und

-speicherung. Der EU-Kommissar räumte beiden

Aspekten einen steigenden Stellenwert im Rahmen

der zukünftigen Klima- und Energiepolitik ein.

Beide Redner appellierten an die Zusammenarbeit

zwischen Russland und Europa. Piebalgs betonte,

dass diese Partnerschaft nicht auf den Energie-

handel reduziert werden dürfe, sondern sich auf

alle Bereiche erstrecken müsse.

Mehr als 60 geladene Gäste diskutierten in der altehrwürdigen Bibliothèque Solvay über die deutsch-russischen Energiebeziehungen.

Page 53: medium gas 2008.2

53 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Seit 35 Jahren strömt russisches Erdgas über

VNG-Leitungen nach Deutschland und das Unter-

nehmen beging diesen Festtag am 11. Juni. Die VNG

bezieht aktuell mit 44 Prozent den Hauptteil seines

Gases aus Russland. Auch die VNG beschränkt sich

bei ihren Russlandaktivitäten keineswegs nur auf

den Gaseinkauf. Der Erdgasimporteur unterstützt,

wie der russische Konzern OOO „Gazprom export“,

ein ständiges Forum zu Fragen der Rohstoff-Nut-

zung zwischen dem St. Petersburger staatlichen

Bergbauinstitut und der TU Bergakademie Freiberg.

Piebalgs hob die Notwendigkeit der Kooperation

Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG, Andris Piebalgs, Energiekommissar und Mitglied der europäischen Kommission und

Prof. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister a. D. und Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen a. D. (v.l.) | Valerij Afonasjewitsch Jasew,

Vizepräsident der russischen Duma und Präsident der Russischen Gasgesellschaft, Dieter Bandlow, Repräsentant der VNG in Moskau, Prof. e.h. Dr.-Ing.

Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG und Andris Piebalgs, Energiekommissar und Mitglied der Europäischen Kommission (v.l.).

beendet ist. Jasew vertrat die Auffassung, dass die

Frage der Entflechtung nicht auf EU-Ebene gelöst

werden könne, weil dies dem Subsidaritätsprinzip

widerspreche. Die Schlüsselfrage sei, wie sich die

Trennung auf Investitionen und Energielieferungen

für europäische Verbraucher auswirken würde.

VNG-Chef Holst warnte vor zu viel Regulierung

– gerade mit Blick auf die Kosten. Die VNG nahm

bislang einige Millionen Euro für das Unbundling

nach den bisherigen Anforderungen des Energie-

wirtschaftsgesetzes in die Hand. Die hundert-

prozentige VNG-Tochter ONTRAS vermarktet seit

mit Russland deutlich hervor. Er halte diesen

Energiedialog für gesund und er erklärte, dass

er weiter verfolgt werden müsse. Die Interessen

beider Partner seien günstig für das Geschäft und

man solle gerade darauf vertrauen.

Duma-Vize Jasew sprach schnörkellos heikle Fra-

gen an. Die Initiative der EU gegen ausländische

Investitionen stehe im Gegensatz zu Verträgen über

die Zusammenarbeit, kritisierte er. Jasew bezog

sich damit auf aktuelle Richtlinienvorschläge der

Europäischen Kommission, die den Einfluss von

potenziellen Investoren von außerhalb der EU auf

innereuropäische Leitungsnetze und Energieer-

zeugungsstufen begrenzen sollen. Jasew sprach

sich ferner für die Einrichtung einer internationalen

Schlichtungsstelle aus. Er spielte hier auf den Kon-

flikt zwischen Russland und der Ukraine an.

Bei den Themen Regulierung und Unbundling

– Trennung von Netz und Handel – zeigte sich

wiederum, dass die Diskussion noch längst nicht

Oktober 2006 das VNG-Netz. Für die ONTRAS

birgt die Zunahme der regulatorischen Eingriffe

Risiken, die sich nachteilig auf die Erlössituation

auswirken können.

EU-Kommissar Piebalgs hatte in seiner Rede zuvor

noch einmal betont, dass aus seiner Sicht die

Regulierung im Energiebereich in allen Mitglieds-

staaten auf gleicher Ebene liegen müsse.

Die Diskussion bewies einmal mehr, was Brüsseler

parlamentarische Abende leisten können: ein

Forum zum zwanglosen und offenen Gespräch,

das die Akteure auch über manche argumentative

Gegensätze und den Abend hinweg verbinden kann.

Holst bekräftigte, dass sich das Unternehmen als

drittgrößter deutscher Erdgasimporteur weiter in

die Regulierungsdiskussion einmischen will. Er

sagte: „Wir wissen, dass wir nicht zu den größten

Unternehmen der Energiewirtschaft zählen, aber

wir werden unsere Stimme sehr gern einbringen.“

Katlen Trautmann, Dresden

Page 54: medium gas 2008.2

54 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Sozialistische „Gründerjahre“: Schwarze Pumpe, TLFG und einheimisches Erdgas (1945–1975)Am 1. Juli besteht die VNG – Verbundnetz Gas AG 50 Jahre. An diesem Tag des Jahres 1958 wurde der Vorläufer

der VNG, die Technische Leitung Ferngas (TLFG) Leipzig, gegründet. Wir wollen das Jubiläum zum Anlass nehmen,

um die Entwicklung der gesamten ostdeutschen Gaswirtschaft nachzuzeichnen. In der zweiten Ausgabe von

„medium gas“ berichtet der Berliner Historiker Dr. Rainer Karlsch über die sozialistischen „Gründerjahre“ und die

Eingliederung in das Gaskombinat Schwarze Pumpe.

Keine „Stunde Null“

Eine „Stunde Null“ gab es nach Kriegsende in der

Gaswirtschaft nicht. Die Ferngasversorgung wurde

bereits im Sommer 1945 wieder aufgenommen.

Obwohl der Wiederaufbau noch bis Anfang der

1950er Jahre dauerte, diskutierten die Fachleute

schon über den Ausbau der Ferngasversorgung.

Die wichtigsten konzeptionellen Überlegungen

kamen vom „Sachverständigenbeirat Gas“, dem

u. a. solch erfahrene Fachleute wie Ing. Hermann

Müller, Direktor der Deutsche-Continental-Gas-

Gesellschaft (DCGG) und Georg Bock, Direktor des

Gaswerkes Dresden-Reick, angehörten.

Müllers Konzeption sah die Bildung eines überre-

gionalen Ferngasunternehmens für die gesamte

DDR und den Bau mindestens eines weiteren

Großgaswerkes auf Braunkohlenbasis vor.

BHT-Koks und Lauchhammer-Gas

In den 1950er Jahren basierte die Gaserzeugung

noch überwiegend auf Steinkohle. Aus der Sicht

der Planer war die größtenteils aus Polen und

der UdSSR importierte Steinkohle, wie auch die

Zwickauer Steinkohle zu teuer, um sie in jährlich

wachsenden Mengen für die Koks- und Gaser-

zeugung zu verwenden. Eine Lösung schien die

Herstellung eines hüttenfähigen Braunkohlen-

hochtemperaturkokses (BHT-Koks), nach einem

von den Professoren Erich Rammler und Georg

Bilkenroth entwickelten Verfahren zu bieten. Die

Plankommission reagierte auf diese Erfindung

ungewöhnlich schnell. Die Erprobungsphase

des neuen Kokses war noch nicht einmal abge-

schlossen, da wurde bereits der großtechnischen

Verwendung zugestimmt und 1951 der Bau einer

Großkokerei in Lauchhammer beschlossen. Das

neue Werk war nicht nur für die Kohlewirtschaft,

sondern auch für die Gaswirtschaft wichtig,

denn bei der Kokserzeugung fiel Gas als Kup-

pelprodukt an.

Zum wichtigsten und teuersten Projekt der auf

der einheimischen Braunkohle beruhenden Ener-

giepolitik der DDR entwickelte sich der 1955 be-

gonnene Bau des Kombinates Schwarze Pumpe.

Ursprünglich sollten dort vor allem BHT-Koks und

Elektroenergie produziert werden. Doch 1957

musste die Plankommission die Absatzchancen

für den BHT-Koks in der Metallurgie reduzieren.

Sukzessive wurden die Weichen für die Umprofilie-

rung des Kombinates vom Koks- zum Gaskombinat

gestellt. Parallel zum Aufbau des Giganten in

der Lausitz begann der großflächige Ausbau des

Ferngassystems.

Die Technische Leitung Ferngas (TLFG)

Als ersten Schritt veranlasste der Leiter der Haupt-

verwaltung Gas, Reinhard Schacht, zum 1. Januar

1957 die Gründung einer „Aufbauleitung Ferngas“

beim VEB Gasversorgung Leipzig. Anderthalb

Jahre später, am 1. Juli 1958, wurde vom VEB Ver-

bundnetz West, Dessau, die „Technische Leitung

Ferngas“ (TLFG) mit Sitz in der Brandiser Straße 7

in Leipzig gebildet. 1961 zog die TFLG dann nach

Böhlitz-Ehrenberg.

Anfang der 1960er Jahre war der Fernleitungsbau

immer noch nicht durchgehend mechanisiert.

Nur ein Drittel der Tiefbauarbeiten konnte die

TLFG selbst durchführen. Während der Leipziger

Page 55: medium gas 2008.2

55 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Betriebsteil inzwischen über den dafür nötigen

Maschinenpark verfügte, war dies bei den üb-

rigen Auftragnehmern zumeist nicht der Fall.

Abhilfe sollte die Bildung eines Spezialbetriebes

schaffen.

Den Grundstock für den VEB Ferngasleitungsbau

Leipzig bildete die Abteilung Produktion der

TLFG mit 254 Beschäftigten. Die Anfänge nah-

men sich bescheiden aus. TFLG brachte 20 Bau-

und Gerätewagen, 13 Lastkraftwagen, 26 Pkw,

10 Spezialwagen und nur 10 Rohrlegekräne in den

neuen Betrieb ein. Zugeordnet wurden außerdem

der VEB Rohrleitungs- und Apparatebau Mühl-

hausen, der VEB Rohrleitungsbau Görlitz sowie

die Ferngasabteilung des VEB Rohrleitungsbau

Bitterfeld. Zusätzlich wurden noch 250 Arbeits-

kräfte eingestellt, die bereits über Erfahrungen im

Tiefbau verfügten. Mit knapp 1.000 Beschäftigten

entstand damit ab Januar 1962 ein leistungsfähiger

Spezialbetrieb.

Entscheidenden Anteil an der Konzipierung des

Ferngasverbundsystems hatten Dr. Ing. Hans

Kiesel und seine Mitarbeiter Dr. Günter Richter

und Dr. Walter Altmann.

Das von der TFLG entworfene Versorgungssystem

wurde als 25 bar-Ringsystem ausgelegt. Zur Reali-

sierung des Ferngasleitungsprogramms mussten

bis 1965 jährlich 300 bis 400 km überregionale

und bis zu 400 km regionale Ferngasleitungen

gebaut werden.

Rund 90 Prozent der Investitionen für den Ferngas-

leitungsbau wurden vom VEB Ferngasleitungsbau

realisiert. Die Mitarbeiter des Leipziger Betriebes

bauten unter anderem 1963/64 in einer Rekord-

zeit von nur fünf Monaten die Ferngasleitung

Lauchhammer–Berliner Ring und waren ebenfalls

verantwortlich für die besonders wichtigen Fern-

gasprojekte Lauchhammer–Schwarze Pumpe und

Wittenberg–Ketzin.

Von 1958 bis 1968 wuchs das Stadtgasfernnetz

von rund 1.500 km auf 3.700 km an und die einge-

speiste Gasmenge erhöhte sich von ca. 525 Mio. m3

auf rund 2.500 Mio. m3. Die 1960er Jahre waren

entscheidend für den Ausbau des Stadtgasfern-

systems. TLFG war dafür das logistische Zentrum

und ist sowohl personell als auch materiell direkter

Vorläufer des am 1. Januar 1969 gegründeten

VEB Verbundnetz Gas.

Schwarze Pumpe geht in Betrieb

Am 6. April 1964, kurz vor Mitternacht, „verlor“

der Direktor des VEB PKM Leipzig, Prof. Dr. Kurt

Hoffmann seinen Hut. Symbolisch wurde der Hut,

einem alten Brauch folgend, als „Zündmittel“

in den ersten Generator des Druckgaswerkes

Schwarze Pumpe geworfen. Nach dem Bespannen

des Gasnetzes und Kaltfahren des ersten Gas-

reinigungsstranges konnte der Ferngasschieber

geöffnet werden. Schwarze Pumpe ging ans Netz.

Das Gas wurde in die Ferngasleitung Schwarze

Pumpe–Lauchhammer eingespeist.

Die Inbetriebnahme wurde groß gefeiert. Die Wirt-

schaftsplaner versprachen sich von Schwarze

Pumpe eine stabile Stadtgas-Fernversorgung

zu günstigeren ökonomischen Bedingungen.

Außerdem wollte man die Druckgastechnik ex-

portieren.

Doch die Jubelstimmung hielt nicht lange an. Die

Produktion des Gaskombinates litt unter zahl-

reichen Kinderkrankheiten. Erst nachdem im Juli

1966 Dr. Herbert Richter zum neuen Werkdirektor

des Kombinats Schwarze Pumpe ernannt worden

war, begann sich die Lage allmählich zu verbessern.

Die Anlaufprobleme konnten durch Veränderungen

an den Generatoren und Rohgaswäschen überwun-

den und eine ausreichende Versorgungssicherheit

gewährleistet werden.

Schwarze Pumpe war ein Kind der Industriepolitik

der DDR mit ihrer Fixierung auf die maximale Nut-

zung einheimischer Ressourcen. Die Kosten des aus

Braunkohle hergestellten Stadtgases lagen weit

über den Erdgasimportpreisen. Hinzu kamen die

hohen Transport- und Speicherkosten als Folge des

geringen Wärmeinhaltes des Stadtgases. Interna-

tional verlief der Trend inzwischen in Richtung des

Ausbaus einer Fernversorgung mit hochkalorischem

und umweltfreundlichem Erdgas.

Erdgas aus der Altmark

Erdöl- und Erdgasfunde in Norddeutschland

weckten auch in der DDR die Erwartung, in abseh-

barer Zeit nennenswerte Vorkommen erschließen

zu können. Trotz enormer Aufwendungen blieben

größere Erfolge bei der Erdölsuche aus. Mehr Glück

hatten die Geologen bei der Gasprospektion. Im

Dezember 1968 wurde die Bohrung Pes 4 in mehr

als 3.500 Metern Tiefe gasfündig.

Page 56: medium gas 2008.2

56 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

Bereits eine erste Bewertung zeigte, dass bei

Salzwedel große Erdgasvorkommen lagerten.

Bei der Erschließung des Altmarkgases schien Eile

geboten. Die Erdgaslagerstätten erstreckten sich

entlang der innerdeutschen Grenze und reichten

bis in die westliche Altmark nach Niedersachsen.

Der größere Teil der Lagerstätte befand sich auf

dem Gebiet der DDR.

Von der DDR wurde jeder Schritt auf westlicher

Seite aufmerksam registriert. Als die BEB im Herbst

1969 nahe Schmölln ein Bohrgerät aufstellte,

erging eine Anweisung an die Grenztruppen der

DDR, die weiteren Erkundungsaktivitäten mit

Hubschraubern zu beobachten.

Im Frühjahr 1969 begann die Testlaufphase und

am 1. Juli 1969 wurde der VEB Erdgasförderung

Salzwedel gebildet. Bohrtechnische Hilfe leisteten

der VEB Erdöl- und Erdgas Gommern sowie der

VEB Erdöl- und Erdgas Mittenwalde.

Das Altmarkerdgas war ein „Magergas“ und wies

nur einen niedrigen Methangehalt auf. Darüber

hinaus unterlag die Zusammensetzung des Gases

starken Schwankungen. Vor der Abgabe an die

Verbraucher mussten die Gase deshalb so ver-

mischt werden, dass ein vertraglich definierter

Brennwert eingehalten werden konnte.

Ein abgestimmtes Vorgehen bei der Erschließung

der grenzübergreifenden Lagerstätte lag im ge-

meinsamen Interesse beider deutscher Staaten, die

dazu im Januar 1975 Verhandlungen aufnahmen.

Mit Beginn der Förderung hatten sich die Strö-

mungsverhältnisse in der Lagerstätte geändert.

Vom kleineren westlichen Teil der Lagerstätte

strömte nunmehr Erdgas nach Osten.

Das Bundeswirtschaftsministerium schlug einen

unentgeltlichen Informationsaustausch über

die gesamte Lagerstätte und eine gemeinsame

Vorratsberechnung vor. Die Unterhändler der

DDR lehnten jedoch einen generellen Austausch

von Informationen ab, da sie fürchteten, dass die

DDR-Betriebe ansonsten ihren Vorsprung bei der

Erkundung und Gewinnung verlieren könnten.

Für die Wirtschaft der DDR war das Altmarkerdgas

trotz seines niedrigen Brennwertes wichtig. In einer

ersten Förderplateauphase von 1974 bis 1982

wurden jährlich rund 8 Mrd. m3 Erdgas gefördert.

Die höchste Förderung wurde mit jährlich bis zu

12 Mrd. m3 1983 bis 1987 erreicht. Die Strategie

der maximalen Förderung forderte jedoch ihren

Tribut. Ende der 1980er Jahre setzte eine natür-

liche Erschöpfung und teilweise Verwässerung

der Lagerstätten ein.

Wie sind nun diese Ergebnisse zu bewerten? Von

1960 bis 1989 wurden auf dem kleinen Territorium

der DDR rund 2.100 Bohrungen mit insgesamt

4,4 Mio. Bohrmeter abgeteuft. Rechnet man mit

durchschnittlichen Kosten für jeden Bohrmeter

von 2.000 Mark, so ergibt sich allein für die Bohr-

leistungen ein Aufwand von 8,8 Mrd. Mark. Noch

höher waren die Kosten für die Förderanlagen, das

Transportsystem und die Umrüstung von Bren-

nern in der Industrie. Demzufolge dürften, grob

geschätzt, mehr als 25 Mrd. Mark für den Aufbau

der Erdgasindustrie in der DDR anzusetzen sein.

Dem stehen auf der Haben-Seite bis 1989 Aus-

beuten von rund 178 Mrd. m3 Erdgas gegenüber.

Legen wir 12,40 Pf/10 kWh als Durchschnittspreis

zugrunde, so wäre ein Verkaufserlös von rund

22,1 Mrd. Mark erzielt worden. Hinzu kommen aber

noch die nicht unbeträchtlichen Effekte durch die

Substituierung von Braunkohle in Höhe einiger

Milliarden Mark.

Natürlich sind dies nur nachträgliche Rechnungen.

Sie zeigen aber zumindest, dass selbst die För-

derung des brennwertarmen Altmarkgases wirt-

schaftlich sinnvoll war und die sehr hohen Erkun-

dungskosten, die ein privates Unternehmen so wohl

kaum getragen hätte, letztlich kompensierte. Für

die nicht ausreichend in den Weltmarkt integrierte

Wirtschaft der DDR war das einheimische Erdgas

nicht zuletzt unter dem Aspekt der Devisenein-

sparung nützlich.

Das Erdgasprogramm

Das deutsch-sowjetische Regierungsabkommen

vom 23. Mai 1968, das einen jährlichen Bezug von

3 Mrd. m3 Erdgas sicherte, und die Erdgasfunde

in der Altmark verbesserten die Rohstofflage für

die Gaswirtschaft der DDR. Perspektivisch war

es nunmehr möglich, die Gasversorgung auf drei

Fortsetzung von Seite 55

Sozialistische „Gründerjahre“: Schwarze Pumpe, TLFG und einheimisches Erdgas (1945–1975)

Page 57: medium gas 2008.2

57 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

Säulen zu stellen: Braunkohle, einheimisches

Erdgas und importiertes Erdgas. Die Weichen für

die weitere Entwicklung der Gaswirtschaft konnten

neu gestellt werden.

Die neuen Aufgaben der Gaswirtschaft waren in

der Struktur des Stromversorgers VEB Verbundnetz

Berlin nur schwer zu realisieren. Eine Herauslösung

und Verselbstständigung der Direktion Gas schien

geboten. Zum 1. Januar 1969 wurde deshalb der

VEB Verbundnetz Gas mit Sitz in Berlin gegründet.

Die Zeit der relativen Eigenständigkeit währte je-

doch nicht lang. Nur ein Jahr nach seiner Gründung

wurde der VEB Verbundnetz Gas dem Gaskombinat

Schwarze Pumpe zugeordnet.

Ende der 1960er Jahre hatte der Ferngasleitungs-

bau ein beachtliches Niveau erreicht und ein

das gesamte Land umschließendes Ringsystem

geschaffen. Mit über 3.700 km Gesamtlänge

entsprach das Stadtgasnetz bezogen auf die je-

weilige Einwohnerzahl nahezu dem Stadtgasnetz

der Bundesrepublik. Allerdings gab es dort bereits

1966 ein rund 2.500 km langes Erdgasnetz, wohin-

gegen in der DDR ein solches erst in den 1970er

Jahren entstand.

Im Sommer 1968 wurde vom Ministerium für Grund-

stoffindustrie ein „Erdgasprogramm“ beschlossen.

Dessen Kosten wurden bis 1975 auf rund 2,4 Mrd.

Mark geschätzt. Davon entfielen 664 Mio. Mark auf

den Bau einer Erdgastransitleitung, 506 Mio. Mark

auf Ferngasleitungen im Inland, 478 Mio. Mark auf

Untergrundgasspeicher, 380 auf Spaltanlagen und

300 Mio. Mark auf Verdichterstationen.

In der Tat wurde das „Erdgasprogramm“ von den

Fachleuten als Chance angesehen, eine grundle-

gende strukturelle Wende in der Gaswirtschaft

einzuleiten. Es galt eine strategische Entscheidung

über den künftigen Einsatz des einheimischen

Erdgases zu treffen. Mit der Erarbeitung der dafür

nötigen Konzeptionen wurden das Brennstoffinsti-

tut Freiberg und das Wissenschaftlich-Technische

Zentrum (WTZ) Gas der VVB Energieversorgung

beauftragt. Die Experten beider Institutionen ka-

men zu unterschiedlichen Auffassungen. Während

sich die Freiberger Wissenschaftler für den Aufbau

von drei separaten Gasversorgungssystemen

– Stadtgas (SG), einheimisches Erdgas (EEG),

Importerdgas (IEG) – aussprachen, plädierte

das WTZ für die Aufbereitung des einheimischen

Erdgases (Reichgasvariante). In diesem Fall wäre

der weitere Ausbau der Gasversorgung nur mit

zwei unterschiedlichen Gasqualitäten – Stadtgas

und Erdgas – und dementsprechend auch nur

mit zwei Leitungssystemen fortgesetzt worden.

Die technischen und ökonomischen Vorzüge der

Aufbereitung des einheimischen Erdgases lagen

auf der Hand. Dennoch fand die Reichgasvariante

bei den Planungsorganen keine Lobby. Anstatt

eine offene Diskussion über die technisch und

ökonomisch sinnvollste Variante zu führen, wurde

die „Entscheidungsvorlage zur Entwicklung der

Gaswirtschaft“ zur „Vertraulichen Verschlusssa-

che“ erklärt und die Reichgasvariante verworfen.

Im Rückblick muss man zum dreigliedrigen System

festhalten: es war eine Fehlentscheidung, die zu

erheblichen Mehrbelastungen führte.

Von 1969 bis 1972 wurde für die Erdgasfelder in

der Altmark ein separates Abförderungssystem

ausgebaut. Innerhalb von acht Monaten wurde

vom VEB Ferngasleitungsbau Engelsdorf die erste

Ferngasleitung vom Erdgasförderfeld Salzwedel

nach Magdeburg verlegt und am 15. August 1969

in Betrieb genommen. In den nächsten Jahren

baute der VEB Verbundnetz Gas Leitungen zur

Erweiterung der Energieversorgung der Stadt

Magdeburg, des Chemiedreiecks (Buna, Leuna,

Piesteritz) sowie der Chemie- und Energiebetriebe

in Böhlen und Lippendorf. Rund ein Fünftel der

einheimischen Erdgasförderung wurde vom Gas-

kombinat Schwarze Pumpe abgenommen.

Der VEB Verbundnetz Gas wurde zum Träger eines

Modernisierungsprozesses durch Erdgas. Diese

Ende der 1960er Jahre begonnene Entwicklung

konnte allerdings unter planwirtschaftlichen

Verhältnissen nicht zum Abschluss gebracht

werden. Von der Öffentlichkeit wurde das „Erd-

gasprogramm“ nicht sonderlich wahrgenommen.

Dabei lag die Dimension dieses Programms sogar

noch über den Aufwendungen für den Bau der

legendären „Drushba-Trasse“ in der Sowjetunion,

die freilich mehr im Fokus der Politik stand.

Dr. Rainer Karlsch (Berlin)

In der nächsten Ausgabe lesen Sie einen Beitrag über

„Das Tauziehen um die Gasverträge 1974 und 1986“.

Dr. Rainer Karlsch studierte

Wir tschaf tsgeschichte an

der Humboldt-Universität

in Berlin und hat dort auch

zum Dr. oec. promoviert. Er

hat zahlreiche wirtschafts-

geschichtliche Veröf fent-

lichungen verfasst bzw. he-

rausgegeben, darunter „Fak-

tor Öl. Die Mineralölwirtschaft

in Deutschland 1859–1974“

(zusammen mit Raymond

Stokes). Für sein Buch „Allein

bezahlt? Die Reparationsleis-

tungen der SBZ/DDR 1945–53“

(1993) erhielt Karlsch 1996

den Ersten Preis der Stinnes-

Stif tung. Derzeit arbeitet

Karlsch anlässlich des 50-jäh-

rigen Bestehens der VNG an

einem Buch über die Ent-

wicklung der ostdeutschen

Gaswirtschaft.

Zum Autor

Page 58: medium gas 2008.2

58 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029

„Jeg elsker Norge“„Jeg elsker Norge“ – „Ich liebe Norwegen“. So heißt eine Kunstausstellung, die am 19. Mai 2008

zum Empfang anlässlich des norwegischen Nationalfeiertages bei der VNG in Leipzig eröffnet wurde.

Der Maler Klaus Höhne ist ein wahrer Freund des facettenreichen Naturparadieses im hohen Norden.

Das spiegelt er auch in seinen lichtschimmernden Kompositionen wider.

Klaus Höhne, 1939 in Schönebeck an der Elbe

geboren, träumte bereits seit frühester Kindheit

von Norwegen. Allein die Landkarte in seinem

Schulatlas, mit den zerklüfteten Küstenlinien, den

Seen und Fjorden, übte eine ungemeine Faszination

auf ihn aus. Als er Ende der 80er Jahre erstmals

nach Norwegen reiste, war es nicht nur die Erfüllung

eines Kindheitstraumes, sondern gleichzeitig auch

der Beginn einer langen Freundschaft zu Land und

Leuten. So eine lockere Atmosphäre und so zau-

berhafte, hilfsbereite und freundliche Menschen

wie in Norwegen hätte er selten getroffen. „Es war

Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Höhne mit

einem Lächeln im Gesicht. Norwegen sollte ihn

von nun an nicht mehr loslassen.

Der Leipziger Künstler, der lange Zeit in Unna

lebte, ist ursprünglich gelernter Theatermaler.

Seine zweite Passion gilt der Musik. Höhne stu-

dierte in Leipzig Gesang, trat mehrere Jahre lang

im Opernchor auf und war danach als Solist in

Wittenberg tätig. Seine Liebe zur Malerei ist in

dieser Zeit nie verloren gegangen. Anfang der

90er Jahre entdeckte er die Leidenschaft zu Farbe

und Leinwand wieder. Seither widmet er sich in

seinen Bildern – wie könnte es anders sein – vor

allem der unberührten norwegischen Landschaft.

Charakteristisch sind seine naturlyrischen Kompo-

sitionen in kräftigen Farben und kontrastreichen

Prägungen.

In seinen Bildern betont Höhne oft die besondere

Faszination, die für ihn von der magischen Wirkung

des Lichtes ausgeht. „In Norwegen sind Licht und

Farbintensität einfach stärker“, so Höhne. Das

liegt vor allem an der reinen Luft, durch die die

Sonnenstrahlen ungehindert zur Erde dringen

können. Für Höhne werden das nordische Licht, der

hohe Himmel und die gläserne Luft immer wieder

zum Erlebnis, die er in seinen Bildern mit kräftigen

Grün-, Blau- und Rottönen aufleben lässt.

Rühmen kann man Höhnes Bilder aber nicht nur

wegen ihrer farblichen Intensität, sondern auch

wegen ihrer „Naturwahrheit“. In ihnen spiegelt

er die Stimmung und den Charakter der einma-

ligen norwegischen Landschaft wider – mit den Ein typisches Fischerdorf auf den Lofoten, umrahmt von schneebedeckten Berggipfeln.

Fischerboote, Lofoten.

Page 59: medium gas 2008.2

59 medium gas | 2008.2

4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60

vermeintlich norwegischen Gebirgslandschaften,

mit tosenden Wasserfällen und grünen Wäldern,

glasklaren Fjorden, unzähligen Tunneln und

bunten Häusern. Höhne sucht die unmittelbare

Naturbegegnung, die Vielfalt und Veränderung.

Obwohl er die Natur mit bemerkenswertem Re-

alismus darstellt, sind seine Bilder keineswegs

nüchtern, sondern ungemein atmosphärisch. Hell,

leuchtend, kraftvoll und mit Energie geladen zeigen

sie ein Land mit einem ungeheuren Reichtum an

unberührter Natur.

Die Frage nach seiner Lieblingsregion in Norwe-

gen lässt der Künstler unbeantwortet: „Alles ist

so wunderschön, vor allem im Sommer, wenn

die Sonne die Natur mit Licht durchströmt“.

Selbst im Regen übt das Land für ihn noch eine

ungemeine Faszination aus. Zwei Orte, die ihm

landschaftlich wie malerisch besonders gefallen,

lässt er sich dennoch entlocken: die Lofoten und

den Hardangerfjord. 200 Kilometer nördlich des

Polarkreises liegen vor der Küste Norwegens die

Inseln der Lofoten im Nordmeer. Ihre Postkar-

tenidylle mit malerischen Fischerdörfern und

schneebedeckten Gipfeln fängt Höhne ebenso

ein wie die atemberaubenden Felsküsten, auf die

die Wellen des Atlantik ungebremst hereinrollen.

Den Hardangerfjord zu „portraitieren“ empfindet

Höhne gleichsam als reizvollere Aufgabe, weil er

von unvorstellbaren landschaftlichen Kontrasten

geprägt ist. Neben tiefblauem Wasser, einge-

rahmt von einer rauhen Hochgebirgsebene und

Raue Natur in unvergesslichen Farben. Hardangerfjord II,

Pastell 2008.

Das Leuchten der Abendröte wird in Norwegen zum unvergesslichen Erlebnis. Abend

am Horningsdalsee, Pastell auf orangefarbenem Fotokarton, 2002.

In Sandal nächtigt Klaus Höhne stets bei reizenden Wirtsleuten in deren his-

torischer Hütte inmitten von Bergen. Zusammen wird gegessen, geangelt und

entspannt, Sandal.

zwei kalten Gletschern leuchten im Mai und Juni

vor allem die blühenden Apfel- und Kirschbäume

in den Fjorden.

„Man kann Norwegen eigentlich nicht malen, man

muss es erleben“, ist sich Höhne sicher. Dennoch

begibt sich der Künstler immer wieder auf eine

Entdeckungsreise mit Leinwand und Farbe, um

die Schönheit und Unberührtheit des Landes auf

einzigartige Weise festzuhalten. Damit schafft

er auch für diejenigen eine bunte Bilderwelt, die

bisher nicht die Faszination Norwegens erleben

durften.

Mandy Nickel, Redaktion

Page 60: medium gas 2008.2

Energie verbindet.

medium gas | 17. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli 2008

Danke.Unseren Kunden und Partnern für

eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft

Postfach 24 12 63 | 04332 Leipzig | Tel. +49 341 443 - 0

Telefax +49 341 443 - 1500 | [email protected] | www.vng.de