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Migration – ein Thema im UnterrichtHrsg.: Gertraud Diendorfer | Irene Ecker | Herbert Pichler | Gerhard Tanzer
www.demokratiezentrum.org
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www.demokratiezentrum.org 2010 Unterrichtsmaterial migration on tour 2
VorwissenAus didaktischen Gründen scheint eine Aus-
einandersetzung mit der Migrationsgeschichte
der eigenen Familie sehr sinnvoll, bevor Mi-
gration als globales Phänomen betrachtet wird
(vgl.: Ausführungen bei Unterrichtsbeispiel
„Woher kommt meine Familie?“). Vor allem
deshalb, weil das Thema gesellschaftspoli-
Didaktische Konzeption – Migration begreifbar machen1
tisch und medial emotional aufgeladen debat-
tiert wird und in der Regel klare (Vor-)Urteile
vorhanden sind, ermöglichen erst die Reflexi-
on der Migrationsgeschichte der Familie sowie
eigener Migrationsabsichten eine Neubewer-
tung und einen unverstellteren Blick auf das
Thema.
VertiefungIm Unterschied zum erfahrungsweltlichen Zu-
gang beim Unterrichtsbeispiel „Woher kommt
meine Familie?“ wird hier der Fokus auf die sy-
stemischen Zusammenhänge gerichtet: Ne-
ben den ökonomischen, politischen, ökologi-
schen und sozialen Wurzeln von Migration
werden auch die geographischen und politi-
schen Migrationsbarrieren erkennbar, die da-
für sorgen, dass die meisten MigrantInnen
weltweit ihre Region nicht verlassen können
(wollen) und zu BinnenmigrantInnen werden.
Europa wird als Einwanderungskontinent er-
fahrbar, so wie Österreich als Einwanderungs-
gesellschaft charakterisiert werden kann. Um
aktuelle Migrationsbewegungen bewerten und
beurteilen zu können, bedarf es eines Arbeits-
wissens, das die Quantitäten und Qualitäten
der Wanderungsbewegungen auf unterschied-
lichen Maßstabsebenen (global, europäisch,
national) beinhaltet. Migration soll darüber
hinaus auch als Phänomen mit Geschichte er-
kannt werden, das keineswegs nur eine aktu-
elle Herausforderung darstellt. Ein weiteres
wesentliches Lernziel in diesem thematischen
Zusammenhang ist der kritische Blick auf die
Qualität der Informationsvermittlung: Ein ge-
sellschaftspolitisch besonders aufgeladenes
Thema wie Migration bedarf der sensiblen
Darstellung und mehrperspektivischen Aus-
einandersetzung.
Das Unterrichtsbeispiel ist nach zwei an-
gebotenen Einfädelungen in drei Bausteinen
konzipiert, die das Thema auf den drei Maß-
stabsebenen bearbeiten. SchülerInnen können
mit den angebotenen Materialien die Aufträge
weitgehend selbsttätig erarbeiten. Neben der
Erarbeitung eines Arbeitswissens und der be-
gleitenden Reflexion und Beurteilung stellt die
Schulung des kritischen Umgangs mit Infor-
mationsmedien ein wesentliches Ziel der Be-
schäftigung dar.
Wie macht Migration Geographie? Globale, europäische und nationale Trends zur „Geographie“ der Migration
HERBERT PICHLER | Unterrichtsbeispiel
Bezug zur
Onlineausstellung:
Station 3 „Geographie
der Migration“
Station 2 „Einwande-
rungsland Österreich“
Station 6 „Europäische
Migrationspolitik“
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
EinstiegSteckbrief: Das bin ich!
E1 Ungleiche Welt – ungleiche Lebenschancen
Verfassen Sie in Kleingruppen fiktive Lebensläufe für die drei Neugeborenen Francis, Ha und
Paulina (M1).
t Ziehen Sie dabei Ihr GW-Buch zu Rate, um wichtige ökonomische (BIP, Verteilung der Wirt-
schaftssektoren etc.) und soziale Basisdaten (Lebenserwartung, Alphabetisierung etc.) über
die drei Länder in Erfahrung zu bringen. Bedenken Sie, dass die Lebenssituation (Wohlstand,
Bildung, etc.) innerhalb der Länder stark variiert.
t Entscheiden Sie, ob die drei Kinder „typische“ und „durchschnittliche“ Lebensläufe haben wer-
den oder ob es sich jeweils um Ausnahmen handeln soll. Skizzieren Sie so die Ausbildung, die
Berufs- und Lebenssituation der drei Personen.
t Welche Unterschiede werden in den Lebenswegen sichtbar? Von welchen Faktoren hängen die
(Lebens-)Chancen der Personen jeweils ab?
t Unter welchen Umständen wäre Migration eine mögliche Handlungsoption für die drei Personen?
M1 Drei von sechseinhalb Milliarden
Am 5.7.2010, um 11.05 Uhr wird inMusalala, Kenya, Francis Mutiageboren: das fünfte Kind einerBauernfamilie. Francis soll nichthungern müssen …
Am 15.7.2010, um 16.00 Uhr, wirdin Hanoi, Vietnam, Ha Le geboren:das zweite Kind eines Mechani-kers und einer Fabriksarbeiterin.Ha Le soll einen bescheidenenLebensplan erfüllen …
Am 4.7.2010, um 16.51 wird inSalzburg, Österreich, Sarah ge-boren: das erste Kind von Doppel-verdienern. Sarah soll rundumgeborgen sein …
t Ich kenne die wichtigsten Trends zur globalen Migration und kann diese auch erklären.
t Ich kann an konkreten Beispielen Migrationsmotive erklären (Push- und Pull-Modell).
t Ich kann begründet zur Aussage Stellung nehmen, Europa sei ein Einwanderungskontinent.
t Ich kann die Zuwanderung der letzten Jahre nach Österreich darstellen, weiß, woher die Zuwandererund Zuwanderinnen kommen.
t Ich kann die Effekte der Zuwanderung nach Österreich (Europa) begründet bewerten.
t Ich kann Grafiken, Tabellen und thematische Karten lesen und interpretieren.
t Ich kann manipulierende grafische Darstellungen (Karten, Diagramme, Tabellen) erkennen sowie dieManipulation und deren Ziel formulieren. Darüber hinaus habe ich Vorschläge und Ideen, wie manipu-lierende Darstellungen in sachlichere Darstellungsformen umgewandelt werden können.
LERNZIELE
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
E2 Wie sehr bewegt mich Migration?
Bewerten Sie folgende Aussagen, markieren Sie Ihre Bewertung mit einem Kreuz. Vergleichen Sie
anschließend in der Kleingruppe Ihre Ergebnisse. Besprechen Sie die auffälligsten Gemeinsamkei-
ten und Unterschiede, teilen Sie diese abschließend kurz dem Plenum mit.
Baustein 1: Geographie der Migration – Migration im Weltmaßstab
A1 Migration im Weltmaßstab
Bearbeiten Sie arbeitsteilig folgende Aufgaben mithilfe der Materialien (M3–M7): Bereiten Sie Stich-
wortzettel vor, mit denen Sie die Ergebnisse strukturiert vor der Klasse präsentieren können:
A Ungleiche Weltt Formulieren Sie zentrale Aussagen zur ungleichen Welt aus den Worldmapper-Karten (M5).
t Versuchen Sie Zusammenhänge zwischen der Bevölkerungsverteilung, der Bevölkerungsent-
wicklung, dem Wohlstand und der Tendenz zur Einwanderung oder Auswanderung zu finden (vgl.
M4–M6). Welche Aussagen lassen sich zu diesem Zusammenhang treffen?
t Erklären Sie, welche Vorteile anamorphotische Karten gegenüber herkömmlichen thematischen
Karten (beispielsweise einer Bevölkerungsverteilungskarte im Atlas) haben. Vergleichen Sie dazu
auch M3 und M6.
t Kommentieren Sie folgende Befürchtung von KartographInnen: Anamorphotische Karten könnten
die Entwicklung eines realistischen Vorstellungsbilds von der Welt behindern, es entstünden völ-
lig verzerrte Darstellungen der Erde. Welche Kritik ist in diesem Zusammenhang an herkömmli-
chen Kartendarstellungen (Mercatorprojektion) anzubringen?
t Welche Schwierigkeiten können bei der Interpretation der Grafik M4 auftreten? Zeichnen Sie die
Grafik so um, dass keine Manipulation unterstellt werden kann und die Aussage für jede/n ver-
ständlich ist. (Welche neuen Probleme treten bei diesem Versuch auf?)
B Wanderungswege, Einwanderungs- und Auswanderungskontinentet Charakterisieren Sie die wichtigsten Wanderungswege im globalen Maßstab. Woher kommen die
meisten MigrantInnen, wohin wandern sie? (Vgl. M3)
t Welche Kontinente erzielen netto einen Wanderungsgewinn, welche verlieren durch Migration Be-
völkerung? (Vgl. M3 und M6)
t Beschreiben Sie Unterschiede in den Zielrichtungen der Migrationen (Zuzug und Abwanderung)
nach Kontinenten.
t Beurteilen Sie, welche Rolle der Faktor räumliche Nähe und Distanz für den Verlauf der Migrati-
onsbewegungen einnimmt.
M2 Meine Sicht auf Migration(en)
Zustimmung zu folgenden Aussagen: ++ + – ––
Über Migrationen weiß ich sehr gut Bescheid.
Ich weiß genau, wo meine Heimat ist.
Österreich ist ein Einwanderungsland.
Europa ist ein Einwanderungskontinent.
Ich habe bereits darüber nachgedacht, selbst Österreich zu verlassen.
Migration spielt in meiner Familiengeschichte eine wichtige Rolle.
Migration ist ein normaler Prozess, der sich weltweit abspielt.
Migrationen verändern die Herkunftsgesellschaft und die Zielgesellschaft. Daraus ergeben sich Vorteile und Nachteile.
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
C Binnenmigrationt Erklären Sie, was man unter dem Begriff Binnenmigration versteht.
t Begründen Sie, warum der Anteil der Binnenmigration in bestimmten Kontinenten so hoch ist.
t Überlegen Sie, welche Faktoren und Gründe dafür verantwortlich sind, dass es weltweit deutlich
mehr Binnenmigrantion gibt als Migrationen, die über die eigene Region hinausgehen. Erstellen
Sie eine Liste dieser Migrationsbarrieren.
t Überlegen Sie, welche Folgen Migration für die Herkunfts- und Zielgebiete haben kann. Erstellen
Sie dazu eine Matrixdarstellung, die jeweils die Herausforderungen und Chancen gegenüberstellt.
3,54 3,13
19,72
0,30
1,65
0,25
0,73
0,14
0,31
0,01
0,35 0,02
13,18
35,49
0,35
1,29
9,57 0,530,84
0,75
0,08
0,13
31,52
8,538,22
1,331,34
2,44
AfrikaLateinamerika/Karibik
Nordamerika
Asien
Ozeanien
Europa
1,30
0,22
3,1
1,24
0,06
7,25
15,69
1,07
Region Anzahl der MigrantInnen (in Millionen) Nordamerika Intraregionale Europa Migration Ozeanien Lateinamerika/Karibik Asien Afrika
M3 Grafik: Herkunfts- und Zielregionen internationaler Migrationen (2000)
Quelle: Schätzungen des HDR Teams basierend auf Datenbank von Migration DRC (2007)Quelle: UNDP:Bericht über die menschliche Entwicklung 2009
Weltweit lebt jeder 7. Mensch an einem anderen Ort als er geboren wurde. Die meisten Migrationsbewegungen finden im regionalenRahmen statt. Der Anteil der BinnenmigrantInnen ist sehr hoch (740 Mill. weltweit). Nur 37 % der etwa 214 Millionen internationalenMigrantInnen weltweit wandert in den „reichen“ Norden, in Europa leben weniger als 1% der AfrikanerInnen. Insgesamt hat dieMigration in die entwickelten Länder in den letzten 50 Jahren jedoch zugenommen, was mit den ungleich verteilten Chancenzusammenhängt. © Demokratiezentrum Wien
M4 Grafik: Entwicklung der Weltbevölkerung nach Kontinenten (1950 bis 2050)
(Quelle: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:World_population_%28UN%29_de.svg&filetimestamp=20070827121415,letzter Zugriff 27.8.2010)
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
M5 Grafik: Bevölkerungsverteilung und Wohlstandsverteilung anders dargestellt
M6 Nettoauswanderung und Nettoeinwanderung anders dargestellt
(Quelle: http://www.worldmapper.org/display.php?selected=17, letzter Zugriff 27.8.2010)
© SASI Group (University of Sheffield)
M7 Anamorphotische Karten
Ein Versuch, die ungleiche Verteilung der Chancen, Risiken und Ressourcen deutlich darzustellen,
ist das Projekt „Worldmapper“ (www.worldmapper.org). Die Größe der Regionen wird in diesen Kar-
ten vom Thema der Karte bestimmt, so erscheint beispielsweise eine Region in der Karte umso grö-
ßer, je mehr Menschen in ihr leben. Umgekehrt schrumpfen Regionen etwa entsprechend ihres ge-
ringen Wohlstands. Die Farbgebung hat im Unterschied zu thematischen Karten keine weitere
Bedeutung, sie dient nur der Übersichtlichkeit. Diese Darstellungsform eröffnet völlig neue Einblik-
ke in die Dimensionen der globalen Kräfteverhältnisse und Ungleichheit.
A2 Was treibt Migrationen an?
Das Push- und Pull-Modell stellt in einfacher Form Gründe gegenüber, die Menschen dazu ver-
anlassen, ihre Heimat zu verlassen (PUSH), und Punkte, die ein Zielland anziehend erscheinen
lassen (PULL). Ordnen Sie die aufgelisteten Gründe den beiden Seiten des Modells zu und ergän-
zen Sie eigene weitere mögliche Migrationsgründe (Bsp.: Liebe etc.). Zusätzlich sind Faktoren an-
geführt, die sehr persönlicher Natur sind.
Auswahl an Migrationsgründen: Hochkonjunktur, Abenteuerlust, Arbeitslosigkeit, Frieden, politi-
sche Instabilität, Krieg, gute Verdienstmöglichkeiten, Arbeitskräftebedarf, demographische Probleme
(Überbevölkerung), Freiheiten (Toleranz, religiöse und sexuelle etc.), Anwerbeabkommen, Neugierde,
Verfolgung (politisch, ethnisch, religiös, sexuell etc.), Bildungsmöglichkeiten, Naturkatastrophen, Ar-
mut und extrem ungleiche Verteilung des Wohlstands, Netzwerke und Kontakte etc.
(Quelle: http://www.worldmapper.org/display.php?selected=2; http://www.worldmapper.org/display.php?selected=169, letzterZugriff 27.8.2010)
© SASI Group (University of Sheffield)
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
M8 Zuordnung von Migrationsgründen nach einem erweiterten Push- und Pull-Modell
PUSH-Faktoren PULL-Faktoren Persönliche Faktoren
(Herkunftsland) (Zielland)
M9 Typologie der Migration
(Quelle: Bähr, Jürgen: Bevölkerungsgeografie, Stuttgart 1992, zitiert nach: Praxis Geographie 2/2002, S. 13)
A3 Wie kann man Migrationen unterscheiden?
Es gibt zahlreiche Versuche, die Vielzahl unterschiedlich motivierter und begründeter Migratio-
nen in Modellen darzustellen. Betrachten Sie den in M9 gezeigten Versuch eines Ordnungsmo-
dells der Migrationen kritisch. Welche Kritikpunkte an der vorgestellten Einordnung, den Katego-
rien und den Begriffen können Sie formulieren? (Bsp.: Ausklammerung ökonomischer Ursachen)
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
Baustein 2: Einwanderungskontinent Europa – Europäische Migrationspolitik
A4 Vom Auswanderungs- zum Einwanderungskontinent – mit Grafiken arbeiten
t Erstellen Sie auf dem Plakat eine Zeitleiste ausgewählter Meilensteine der europäischen Migrati-
onsgeschichte (vgl. M10). Begründen Sie bei der Präsentation ihre getroffene Auswahl.
t Zeichnen Sie eine einfache thematische Karte, die zeigt, woher die MigrantInnen kommen, die in
Europa ankommen (vgl. M11). Beachten Sie dabei, dass die Darstellung nicht manipulativ wirkt.
t Formulieren Sie in drei Sätzen die Hauptaussagen, die Sie aus der Grafik M12 zum Thema Anteil
der Menschen mit anderer Staatsbürgerschaft in der EU herauslesen können.
t Welche Zielländer steuern die MigrantInnen innerhalb Europas an? Betrachten Sie die Verteilung
der MigrantInnen innerhalb der EU und stellen Sie Vermutungen über die Hintergründe an.
M10 Migrationsgeschichte im Überblick
Timeline
(Quelle: Ausstellung „Migration on Tour“, Station 4 (Timeline)
Ozeanien 0,7 % Unbekannt 5,5 %
USA 10,3 %
Asien 12,0 %
Afrika 15,2 %Nicht-EU-Europa 19,6 %
EU-Mitglieder 36,7 %
M11 Grafik: Herkunft der MigrantInnen in Europa
Quelle: DER STANDARD36,7 % der MigrantInnen innerhalb der EU stammen aus einem anderen EU-Land. Aktuell nimmt die EU-Binnenmigration noch zu:Zurzeit wählen jedes Jahr etwa 3,5 Millionen Menschen ihren neuen Wohnsitz in der EU, davon stammen 48,5 % aus einem anderenEU-Land.
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
A5 Wie versucht die EU Migration und Asyl zu steuern? – Internetrecherche
t Führen Sie eine gezielte Internetrecherche durch, filtern Sie aus der Informationsseite der
Europäischen Kommission die Ziele der aktuellen europäischen Migrationspolitik heraus.
(http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/immigration/fsj_immigration_intro_de.htm, letzter Zugriff
27.8.2010).
t Finden Sie mittels eines Artikels über die Migrations- und Asylpolitik der EU heraus, warum die
Zahl der Asylanträge in der EU stetig zurückgeht. (http://www.bpb.de/ > Themen > Gesellschaft
> Migration > Migration in der EU > Handlungsfelder > Asyl-/Flüchtlingspolitik; vgl.: auch
http://europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/free_movement_of_persons_
asylum_immigration/index_de.htm).
t Bewerten Sie die recherchierten Fakten zur Migrations- und Asylpolitik der EU. Stimmen Sie diesen
Zielen zu? Welche Probleme erzeugt diese Politik Ihrer Einschätzung nach?
Gesamt 30,8 MioDavon aus der EU 11,3 MioGrößte Anzahl Deutschland (7,3 Mio.)Höchster Anteil Luxemburg (43%)Niedrigster Anteil Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei (<1%)Asylanträge (2006) 197.410 (abgelehnt: 137.575)
M12 Grafik Personen mit anderer Staatsbürgerschaft in der EU
Quelle: DER STANDARDSeit 2002 stieg die Migration innerhalb der EU um 25 %, die Zahl der AsylwerberInnen hat jedoch europaweit abgenommen.
Griechenland 2,9 %
Österreich 2,7 % Deutschland 23,6 %
Andere 14,4 %
Belgien 3,2 %
Italien 11,2 %
Frankreich 11,9 % England 13,1 %
Spanien 17,1 %
M13 Grafik Zielländer in der EU
Quelle: DER STANDARDDeutschland, Spanien und England sind die führenden Zielländer innerhalb der EU. Die Zuwanderung nach Österreich nahm seit2002 um 17 % ab.
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
A6 Die Festung Europa und ihre Nebenwirkungen1 – mit Karikaturen arbeiten
t Informieren Sie sich über die vier Freiheiten der EU (vgl. M14) und stellen Sie diese in Form einer
einfachen Karikatur dar. Dabei kann auch das Spannungsfeld zwischen dem Fallen der Grenzen
im Inneren und der Abschottung nach außen dargestellt werden.
t Interpretieren Sie die beiden Karikaturen in M15. Wie kommentieren die Karikaturen die Politik
der EU in Fragen der Zuwanderung? Worin gleichen sich die Aussagen der Karikaturen, worin un-
terschieden sie sich?
t Macht Schengen Europa zur Festung? Recherchieren Sie die Fakten zum Schengen-Abkommen
und filtern Sie dabei die Konsequenzen heraus: Welche Vorteile und welche Nachteile bringt die
Festung Europa mit sich? (Vgl. etwa M1–M5 in: http://www.politischebildung.com/pdfs/th1_25.pdf,
letzter Zugriff 27.8.2010)
t Informieren Sie sich über die Opfer an den Schengen-Außengrenzen in M16 und M17 (sowie auch:
M8–M11 in: http://www.politischebildung.com/pdfs/th1_25.pdf, letzter Zugriff 27.8.2010). Wie be-
werten Sie diese Fakten? Wie und wodurch kann der Druck nach Migration in die EU gemildert
werden, ohne dass es zu solchen extremen Folgen kommt?
FREIER PERSONENVERKEHR FREIER WARENVERKEHR FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR FREIER KAPITALVERKEHR
Quelle: Demokratiezentrum Wien
M14 Die vier Freiheiten der EU. Innerhalb der EU fallen die Grenzen
Für EU-BürgerInnen gelten die sogenannten „vier Freiheiten“: Sie können sich innerhalb der EU überall niederlassen und arbeiten(freier Personenverkehr), den günstigsten Anbieter für Dienstleistungen wählen (freier Dienstleistungsverkehr) und im EU-Land ihrerWahl Geld anlegen (freier Kapitalverkehr). Beim Handel innerhalb der EU entfallen Zölle und Grenzkontrollen (freier Warenverkehr).
„Eine immer größere Festung – die Zukunft der EU?“© Brigitte Schneider
© Nik Ebert / Rheinische Post
M15 Karikaturen zur Festung Europa
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
Europa ist dabei, eine Festung gegen Einwanderung zu bauen. An den Außengrenzen werden die
Zäune und Überwachungsanlagen verstärkt. Im Mittelmeer und auf dem Atlantik patrouilliert die
Marine, um Flüchtlingsboote aufzuhalten. […] Dieser Festungsbau ruft Widerstand hervor: Die Fe-
stung Europa wird unterlaufen und immer öfter auch gestürmt. Der Sturm auf den Zaun von Ceuta
und Melilla im Herbst 2005 und Ansturm über See auf die Kanarischen Inseln im Winter 2006 sind
ein Vorgeschmack auf den Widerstand, auf den die Hochrüstung an den Grenzen stößt. […]
Das BIP pro Kopf liegt in Marokko bei 4.000 Dollar, in Mali gar nur bei 1.000, in Spanien bei über
27.000 Dollar. Südlich der Sahara verdient ein Arbeiter durchschnittlich unter 60 Euro im Monat, in
Spanien 1.200. An keiner Grenze sind die Unterschiede so groß.
(Quelle: Milborn, Corinna: Gestürmte Festung Europa. Mauern. Ghetto. Terror. Das Schwarzbuch. Wien 2006)
M16 Gestürmte Festung Europa
(Quelle: Atlas der Globalisierung. Berlin 2006, S. 60)
M17 Der Schengenraum und seine Opfer
Baustein 3: Einwanderungsland Österreich
Mit diesem Baustein erarbeiten Sie sich einen Überblick über die Entwicklung der Zuwanderung
nach Österreich. Dieses Grundwissen ermöglicht Ihnen eine fundierte Bewertung der aktuellen
Situation und von politischen Konzepten, die zur Bewältigung der Situation vorgeschlagen wer-
den. Zudem wird auch der kritische Blick auf Informationsmedien (Texte, Grafiken, Karten) ge-
schult, um keinen Manipulationen auf den Leim zu gehen.
A7 Wie entwickelte sich die Migration nach Österreich?
Vergleichen Sie die beiden Grafiken zur Entwicklung des Anteils von Personen mit nicht-österreichi-
scher Staatsbürgerschaft M18 und M19. Welche Unterschiede fallen Ihnen in der Darstellung der
beiden Grafiken auf? Welche Wirkungen erzeugt die unterschiedliche Darstellung? Welche Beson-
derheiten der grafischen Darstellung können in M18 Missverständnisse auslösen?
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
(Quelle: Bericht des Österreichischen Integrationsfonds: Integration. Zahlen Daten Fakten 2008, S. 9, http://www.integrations-fonds.at/index.php?id=129, letzter Zugriff 27.8.2010)
M18 Ausländerinnen und Ausländer in Österreich: Entwicklung seit 1961
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
1984
1983
1982
1981
1980
1979
1978
1977
1976
1975
1974
1973
1972
1971
1970
1969
1968
1967
1966
1965
1964
1963
1962
1961
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Quelle: Statistik Austria © Demokratiezentrum Wien
Die Entwicklung Österreichs zum Einwanderungsland lässt sich besonders am AusländerInnenanteil erkennen, der in den letztenJahrzehnten von rund 1% auf mehr als 10% gewachsen ist.
M19 Ausländerinnen und Ausländer in Österreich: Entwicklung seit 1961
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Eltern
im Ausland geboren
17,8 %
Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, Eltern
in Österreich geboren
82,2 %
Seit weniger als 5 Jahren in Österreich
4,0 %
GESAMTBEVÖLKERUNG AM 1. JÄNNER 2010
100 %
Österreichische Staatsangehörige
89,3 %
Ausländische Staatsangehörige
10,7 %
Personen ausländischer HerkunftAusländerInnen bzw. im Ausland Geborene
17,0 %
Erste MigrantInnen-generation, selbst im
Ausland geboren
13,1 %
Zweite MigrantInnen-generation, selbst
in Österreich geboren
4,7 %
B E V Ö L K E R U N G I N P R I V A T H A U S H A L T E N
100 %
In ÖsterreichGeborene
83,0 %
Im AuslandGeborene
6,3 %
In ÖsterreichGeborene
1,6 %
Im AuslandGeborene
9,1 %
Seit 5 Jahren oder länger in Österreich
6,7 %
Quelle: Migration und Integration 2010. © Demokratiezentrum Wien
Die Grafik vermittelt einen Überblick über die Zusammensetzung der österreichischen Bevölkerung. Bei den hier lebenden Perso-nen mit Migrationshintergrund wird zwischen der ersten und zweiten MigrantInnengeneration unterschieden: Etwa 13 % der öster-reichischen Bevölkerung gehören der ersten Generation an, wurden also selbst im Ausland geboren. Fast 5 % sind Teil der zweitenGeneration und wurden in Österreich geboren. Die Grafik vereint Zahlen aus zwei unterschiedlichen statistischen Erhebungen: aus dem Mikrozensus (2009) und der Statistik desBevölkerungsstandes (2010).
M20 Bevölkerungszusammensetzung
A8 Wie setzt sich die österreichische Bevölkerung zusammen?
Die Grafik M20 stellt die Zusammensetzung der österreichischen Bevölkerung in zweifacher Weise
dar. Begründen Sie, warum diese beiden Statistiken zu unterschiedlichen Anteilen der im Ausland
geborenen Bevölkerung in Österreich kommen. Welche allgemeine Erkenntnis für das Betrachten
und Interpretieren von Statistiken können Sie aus diesem Vergleich ableiten?
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
A9 Wo leben die Menschen mit nicht-österreichischer Staatsangehörigkeit?
t Lesen Sie aus der thematischen Karte M21 heraus, welche räumlichen Muster Sie bei der Vertei-
lung der Wohnbevölkerung mit nicht-österreichischer Staatsangehörigkeit erkennen können.
Stellen Sie auch Vermutungen über die Gründe für die räumliche Verteilung an.
t Genauere Einblicke in die räumliche Verteilung der Bevölkerung mit nicht-österreichischer
Staatsangehörigkeit sowie mit Migrationshintergrund nach Bundesländern, Bezirken und Ge-
meinden bietet die interaktive Migra-Map (http://www.integrationsfonds.at/wissen/zahlen_und_
fakten/migramaps/, letzter Zugriff 27.8.2010), die auch Karten nach bestimmten Herkunftsländern
erstellt.
t Auffällig ist, dass in österreichischen Migrationskarten die Farbe Rot für den Anteil der nicht-
österreichischen Bevölkerung verwendet wird (vgl.: Migra Map und M21). Rot bedeutet in Karten
die Zunahme von Bevölkerungsgruppen, unterschwellig wird die Signalfarbe Rot vielfach jedoch
auch mit Warnung und negativen Entwicklungen assoziiert. Nehmen Sie zu dieser Interpretation
der Farbgebung der Karten Stellung.
A10 Woher kommt die Wohnbevölkerung mit Migrationshintergrund?
Die Analyse der Herkunftsländer der im Ausland geborenen Wohnbevölkerung mag überraschen.
t Vergleichen Sie die Grafiken M22–M24 zum gleichen Thema. Welche Qualitäten haben die unter-
schiedlichen Darstellungsformen – Balkendiagramm und die besondere Darstellungsform der
thematischen Karte? Welche Abbildung kann durch ihre Darstellungsform eventuell Emotionen
auslösen und ist daher nicht unproblematisch?
t Welche Entwicklungen bzw. Veränderungen der aktuellen Zuwanderung nach Österreich lassen
sich aus der Verteilung der Herkunftsländer herauslesen? Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
(Quelle: Bericht des Österreichischen Integrationsfonds: Integration. Zahlen Daten Fakten 2008, S. 20, http://www.integrations-fonds.at/index.php?id=129, letzter Zugriff 27.8.2010)
M21 Wohnbevölkerung mit nicht-österreichischer Staatsangehörigkeit
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
(Quelle: Bericht des Österreichischen Integrationsfonds: Integration. Zahlen Daten Fakten 2008, S. 11, http://www.integrations-fonds.at/index.php?id=129, letzter Zugriff 27.8.2010)
M22 Ausländische Staatsangehörige bzw. im Ausland geb. ÖsterreicherInnen 2001 und 2007
Deutschland: 213.000
Rumänien63.000
Türkei:183.000
Serbien/Montenegro/Kosovo: 207.000
Polen:59.000
Kroatien:70.000
Bosnien und Herzegowina:
130.000
Quelle: Migration und Integration 2010. © Demokratiezentrum WienDie meisten Personen, die in Österreich leben und eine ausländische Staatsbürgerschaft und/oder einen ausländischen Geburtsorthaben, kommen aus Deutschland. Ihnen folgen die Personen aus Serbien, Montenegro und dem Kosovo, aus der Türkei, aus Bos-nien und Herzegowina, Kroatien, Rumänien und Polen. Über 573.000 der EinwohnerInnen Österreichs, die in einem anderen Landgeboren sind und/oder eine andere Staatsangehörigkeit haben, stammen aus anderen EU-Staaten sowie Island, Norwegen undLiechtenstein (= EWR).
M23 Herkunftsländer der im Ausland geborenen Wohnbevölkerung
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UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
Erweiterung Wie lebt und arbeitet die im Ausland geborene Wohnbevölkerung?
Zusätzlich zur Basisinformation über die Zuwanderung nach Österreich kann eine vertiefende
Recherche zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen (Einbürgerung, Geburten, Lebensstile, Bil-
dung, Beschäftigung, Qualifikation, Arbeitslosigkeit, Wohnsituation, Gesundheit etc.) der Wohn-
bevölkerung mit Migrationshintergrund aufschlussreich sein. Als leicht zugängliche Datenquelle
bieten sich die Berichte des Österreichischen Integrationsfonds (2008 bis 2010) mit ihren zahlrei-
chen kommentierten Grafiken an (http://www.integrationsfonds.at > Publikationen > Zahlen
und Fakten > Statistikjahrbuch 2010).
Folgende Leitfragen können die Recherche unterstützen:
t Gibt es Bereiche, in denen die Bevölkerung mit Migrationshintergrund als in ihrer Lebens- und
Arbeitssituation benachteiligt bezeichnet werden muss?
t Welche Hinweise für den Aufstieg und die Gleichstellung in der österreichischen Gesellschaft
lassen sich in den Statistiken finden?
t Welche gängigen Vorurteile müssten bei näherer Analyse verändert bzw. verworfen werden?
Verfestigung Rollenspiel: Soll Familie S. nach Österreich emigrieren?
Familie S. steht vor einer schweren Entscheidung: Soll sie aus Polen auswandern oder nicht?
Was spricht aus der Sicht Ihrer Rolle(n) für oder gegen eine Auswanderung nach Österreich? Po-
len ist zwar EU-Mitglied, aufgrund von Übergangsfristen dürfen aber Arbeitskräfte aus den jüng-
sten Beitrittsländern nicht ungehindert nach Österreich. Sieben Personen (siehe Rollenbeschrei-
bungen unten) plus Moderation sind zu einer Diskussion eingeladen, in der am Beispiel der
Familie S. diskutiert wird, welche Motive hinter Migration stehen können, wie es um die Einwan-
derungspolitik Österreichs bestellt ist und was sich eventuell daran ändern sollte.
Ablauf der Rollendiskussion
Die Rollen können verlost oder an interessierte Freiwillige vergeben werden. Bereiten Sie sich
anschließend auf Ihre Rolle vor. Welche Interessen vertreten Sie nun? Wie argumentieren Sie? Die
BeobachterInnen können durch einen leeren Stuhl (für die Abgabe eines Statements) in die Dis-
kussionsrunde einsteigen (Fish-Bowl).
2.000 SaisonarbeiterInnenaus Nicht-EU-Staaten10.000 Familiennachzug
aus Nicht-EU-Staaten
16.000 AsylwerberInnen
5.000 Personen
6.000 Studierendeaus Nicht-EU-Staaten
4.000 FacharbeiterInnenaus Nicht-EU-Staaten
16.000 Rückkehr österreichischer Staatsangehöriger
54.000 EU-Binnenmigration
Quelle: Migration und Integration 2010.
Quelle: Migration und Integration 2010.
Die Grafik zeigt am Beispiel des Jahres 2009, aus welchen Gründen Menschen aus dem Ausland nach Österreich kamen. Die größ-te Gruppe stellten BinnenmigrantInnen aus der EU dar. 2.000 SaisonarbeiterInnen aus Nicht-EU-Staaten kamen nur für einen be-schränkten Zeitraum nach Österreich und kehrten danach wieder ihre Herkunftsländer zurück. 16.000 Personen kamen nachÖsterreich, um um Asyl anzusuchen.
M23 Woher und warum kommen Zuwanderer nach Österreich?
www.demokratiezentrum.org 2010 Unterrichtsmaterial migration on tour 17
UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
Pavel S. (Vater, 35)
Sie haben einen Universitätsabschluss und arbeiten als Bauingenieur. Sie fühlen sich noch jung
und abenteuerlustig. Auch die höheren Löhne in den wohlhabenderen EU-Ländern locken. Aber
Sie wissen nicht, ob Sie in Österreich gleichwertige Arbeit als Bauingenieur finden werden. Ein
ehemaliger Kollege hat in Österreich nur als Hilfsarbeiter am Bau Arbeit gefunden. Freunde und
Verwandte, die nach Österreich gezogen sind, haben ihre Hilfe angeboten.
Ilona S. (Mutter, 34)
Sie haben die Matura und arbeiten halbtags als Krankenpflegerin. Daneben kümmern Sie sich
um die Tochter/den Sohn und den Haushalt. Seit Neuestem können ausländische PflegerInnen in
Österreich legal arbeiten. Sie sind unschlüssig, was für die Familie und Sie besser wäre: Wenn
Sie alle gemeinsam auswandern oder wenn nur Sie (oder Ihr Mann Pavel) nach Österreich pen-
deln und dort Ihr/sein Geld verdienen.
Jana/Jan S. (15)
Sie sind eine Jugendliche/ein Jugendlicher und finden Ihren Heimatort in Polen ziemlich langwei-
lig. Hier gibt es wenige Unterhaltungs- und Freizeitmöglichkeiten. Das Wegziehen reizt Sie, vor
allem wenn es in eine größere Stadt gehen soll, daher finden Sie viele Gründe, warum die ganze
Familie auswandern soll. Ihr großer Traum ist es, in Amerika oder Australien zu leben. Der Wer-
mutstropfen dabei ist: Die Großeltern und der Freund/die Freundin leben im Heimatort.
VertreterIn der Partei XPÖ
Das Programm der XPÖ besagt, dass Österreich eine kontrollierte Zuwanderung braucht. Vor al-
lem qualifizierte FacharbeiterInnen und SpezialistInnen werden am Arbeitsmarkt gebraucht. Da-
her soll ein Auswahlverfahren (Punktesystem) wie in Kanada bestimmen, wer einwandern darf.
Junge Einwanderinnen und Einwanderer mit gesuchten Berufen bekommen dabei viele Punkte
und werden bevorzugt.
VertreterIn der Partei YPÖ
Sie treten aus Überzeugung für einen sofortigen Zuwanderungsstopp ein. Arbeitslose Auslände-
rInnen sollen aus Österreich abgeschoben werden, denn es gibt ohnehin genug Arbeitslose in
Österreich. Keine Zuwanderung mit der YPÖ.
VertreterIn der Gewerkschaft
Sie vertreten die Interessen der beschäftigten ArbeitnehmerInnen in Österreich. Bei Zuwanderung
von Arbeitskräften aus Billiglohnländern wird befürchtet, dass die Löhne in Österreich sinken
könnten (Bsp.: Pflegedienst). Und in bestimmten Branchen (Baugewerbe) gibt es ohnehin keinen
Arbeitskräftemangel und Arbeitslosigkeit. Deshalb treten Sie für die Übergangsfristen ein.
VertreterIn der Wirtschaft
Sie treten für Zuwanderung ein, damit billige und qualifizierte Arbeitskräfte in ausreichender
Zahl zur Verfügung stehen. Aus Sicht der Unternehmen sind die niedrigen Löhne der Zuwande-
rinnen und Zuwanderer interessant. Zudem werden FacharbeiterInnen in Österreich in bestimm-
ten Branchen gesucht (das bremst auch das Wirtschaftswachstum). Sie sind daher gegen die
Übergangsfristen.
www.demokratiezentrum.org 2010 Unterrichtsmaterial migration on tour 18
UNTERRICHTSVORSCHLAG Wie macht Migration Geographie?
LiteraturDobler, Karin/Fassmann, Heinz/Pichler, Herbert: Kompass 5/6. Geographie und Wirtschaftskunde
für die 11. und 12. Schulstufe. Wien 2008
Gryl, Inga: Kartenlesekompetenz. Ein Beitrag zum konstruktivistischen Geographieunterricht
(= Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde Band 22). Wien 2009.
Le Monde diplomatique (Hrsg.): Der Atlas der Globalisierung. Die neuen Daten und Fakten zur
Lage der Welt. Berlin 2006
Milborn, Corinna: Gestürmte Festung Europa. Mauern. Ghetto. Terror. Das Schwarzbuch. Wien 2006
Österreichischer Integrationsfonds (Hrsg.): Integration. Zahlen Daten Fakten 2008 (Download
unter: http://www.integrationsfonds.at/index.php?id=129, letzter Zugriff 27.8.2010).
Pichler, Herbert: Migration macht Geographie(n). Kooperatives offenes Lernen im Spannungsfeld
Individualisierung und Kooperation, in: geographie heute (erscheint 2010)
Pichler, Herbert: Schengen-Europa: Abgeschottet oder mit offenen Türen?, in: Forum Politische
Bildung (Hrsg.): Sicherheitspolitik. Sicherheitsstrategien, Friedenssicherung, Datenschutz (= In-
formationen zur Politischen Bildung 25). Bozen–Innsbruck–Wien 2006, S. 63–65 (auch unter
http://www.politischebildung.com/pdfs/th1_25.pdf, letzter Zugriff 27.8.2010)
Praxis Geographie: Migration. Heft 2/2002.
Wagner, Helmut (Hrsg.): Migration – Integration (= Segmente Wirtschafts- und sozialgeographische
Themenhefte). Wien 2005.
1 Vgl. Pichler, Herbert: Schengen-Europa: Abgeschottet oder mit offenen Türen?, in: Forum Politische Bildung
(Hrsg.): Sicherheitspolitik. Sicherheitsstrategien, Friedenssicherung, Datenschutz (= Informationen zur Politi-
schen Bildung 25). Bozen–Innsbruck–Wien 2006, S. 63–65
(auch unter http://www.politischebildung.com/pdfs/th1_25.pdf, letzter Zugriff 27.8.2010)