2
5 | Inland «Nutzt die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen» Führungsfrau Sabine Asgodom coacht Manager. Nur ein Grund, weshalb sie laut «Financial Times» eine der 101 wichtigsten Frauen der deutschen Wirtschaft ist. Dem Liechtensteiner Publikum bescherrte sie auf dem Businesstag 2013 wertvolle Einsichten über zentrale Führungsqualitäten. VON KIRSTIN DESCHLER «Volksblatt»: Frau Asgodom, «Mehr Frauen in Führungspositionen» – seit Jahren ein präsenter Wunsch. Was sollte eine Frau beachten, will sie Karriere machen? Sabine Asgodom: Sie sollte auf jeden Fall kucken, wie die Männer das an- stellen, weil wir immer noch in män- nerbestimmten Umgebungen arbei- ten. Hierbei ist «Sichtbarkeit» ein zentraler Aspekt. Ich stelle immer wieder fest, dass Frauen tüchtig sind und an sich was können, dabei aber unsichtbar sind. Während Männer sich hervortun, macht die Frau die Arbeit, aber man sieht sie nicht. Frauen müssen über sich und ihre Arbeit reden, denn wen man nicht kennt, der kann nicht gefallen. In Ihrem Vortrag am Businesstag 2013 haben Sie den Tipp gegeben, dem Chef gegenüber offen seine Karrierewünsche zu verbalisieren. Genau Man sollte bei solch einem Wunsch zu seinem Chef gehen und sagen: «Ich möchte gerne eine Füh- rungsposition haben, wie können Sie mir dabei helfen?» Vor einigen Jahren herrschte dahin- gehend ja noch eine ganz andere Meinung. War das auch bei Ihnen persönlich der Fall? Ja. Also vor 20 Jahren hätte ich den Frauen noch gesagt: Passt Euch an! Vor rund 20 Jahren sind Frauen in Führungspositionen noch in Anzug und Krawatte rumgerannt, damit man nicht merkt, dass sie Frauen sind. Das hat sich inzwischen wirk- lich verändert. Daher kann ich auch nur raten: Seid wie Ihr seid und seid stolz darauf! Das macht den Unter- schied aus. Seid stolz darauf und bleibt so, wie ihr seid. Aber nutzt dann auch die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen! Das bedeutet, man sollte als Frau durchaus ein gesundes Selbstbe- wusstsein an den Tag legen? Genau. Wir müssen uns nicht mehr an die Männer anpassen, aber wir können deren Wege und Strategien nutzen. Männer und Frauen sind unter- schiedlich und das ist auch in Ord- nung. Oftmals fällt es Frauen jedoch schwer, klar und strukturiert zu for- mulieren. Ist das auch etwas, was Frauen sich von Männern abschau- en können? Unbedingt! Frauen labern zu viel. Sie hören nicht auf zu reden und reden und reden und reden, weil sie denken, es reicht noch nicht und genau damit nerven sie ande- re. Ich stelle fest, dass viele Frauen keine kurzen Antworten geben können. Wenn man fragt, was ma- chen sie beruflich, dann antwortet ein Mann etwas wie, «leite Export blablabla». Frauen fangen an mit «Ja, also gelernt hab ich eigentlich ganz was anderes, aber ich habe dann gewechselt und dann habe ich ein Kind gekriegt» und so weiter. Das macht mich wahnsinnig! Also Dinge auf den Punkt zu bringen, das müssen Frauen lernen. Sie waren unter anderem Präsiden- tin der German Speakers Associati- on (GSA) und der erste Teil ihres Präsidentschaftsmottos lautete «Re- den ist Gold». Gibt es auch Situatio- nen, in denen man besser schweigt? Ja, wenn doofe Aufgaben vergeben werden. Also immer wenn ein Proto- koll geschrieben werden muss oder irgendwelche Aufgaben verteilt wer- den sollen, die kein Renommee ver- sprechen. Ich sage, da lieber die Klappe halten und warten, bis die richtig wichtigen Sachen kommen. Als ich gefragt wurde, ob ich in den Vorstand der GSA kommen möchte, hiess es, dass dort noch ei- ne Schriftführerin gebraucht werde. Ich habe konsequent abgelehnt. Erst als es hiess, ob ich auch in den Vor- stand kommen würde, wenn ich nicht Schriftführerin werden wür- de, habe ich zugesagt. Und zwei Jah- re später war ich Präsidentin. Als Schriftführerin kommst du aus dem blöden Job nie wieder raus. Als Frau muss man sich sehr gut überlegen, welchen Job man übernimmt. Wie wichtig ist es, sich selbst einen Plan zurecht zu legen? Sehr wichtig! Ich halte gerade einen Kurs für Führungsfrauen und da wurde wieder einmal deutlich, dass die meisten Frauen kein konkretes Ziel haben. Das ist unglaublich! Je- der Mann, der mit 24, 25 Jahren in ein Unternehmen kommt, hat ein Ziel, die meisten Frauen nicht. Da heisst es dann, jetzt schau ich mal, das macht mir ja Spass, aber sie ha- ben keine konkreten Ziele und das ist ein grosser Fehler. Wie wichtig ist es auch hier, über Er- folge zu sprechen? Unabdingbar. Die meisten Frauen gehen oft nur dann zum Chef, wenn es ein Problem gibt. Dann hat der Chef natürlich den Ein- druck, dass es, immer wenn die Frau Müller kommt, ein Problem gibt. Männer gehen meistens zu ih- rem Chef, wenn sie was positives zu erzählen haben, also zum Bei- spiel, wenn sie in der kommenden Woche zu einem Kunden fahren. Das ist ja an sich noch kein Erfolg, aber sie verkaufen es als Erfolg. Frauen denken sich dabei, dass das ja selbstverständlich sei, weil sie dafür ja auch bezahlt werden. Damit ist das eine dann eine «Er- folgskommunikation» und das an- dere eine «Problemkommunikati- on». Da kann man Frauen nur ra- ten, umzuschalten. Wie wichtig ist es, Networking zu betreiben? Klassisches Beispiel, in dem Kurs, den ich gerade gebe: Die Frauen ar- beiten so viel und so tüchtig, dass sie keine Zeit haben, Netzwerke zu bil- den. Das ist krass oder? Diejenigen, die richtig gut sind, haben keine Zeit zum Netzwerken und deswegen werden sie nicht befördert. Das be- deutet, dass Frau- en lernen müssen, Nein zu sagen, wenn sie mit Auf- gaben zugeschüttet werden. Statt- dessen müssen sie die Zeit nutzen, um sich Verbündete zu suchen. Und das während der Arbeitszeit, denn das ist auch Arbeit. Also einfach öf- ter mal beim Kollegen vorbei gehen, ihn loben oder aber auch bei Konfe- renzen. So baut man Netzwerke auf. Das hängt ja auch mit Ihrem Tipp zu- sammen, sich Mentoren zu suchen. Ja. Die wenigsten Frauen haben Men- toren. Ich habe mal ein Buch über die Top 500 Manager in Amerika ge- lesen und von denen hatte jeder ei- nen Mentor. Hoch kommen Sie nicht ohne Mentor. Also, such dir jeman- den, von dem du das Gefühl hast, von dem kannst du was lernen, der hat Erfahrung, der kann mir Fragen beantworten und mir Türen öffnen. Und nutze diese Möglichkeit dann auch! Frauen haben oft den Ehrgeiz, alles alleine zu schaffen. Dabei ist es doch viel leichter, wenn einem einer die Tür öffnet. Sie sind Coach. Was zeichnet die Ar- beit eines Coach aus? Im Grunde genommen bedeutet es, Fragen über Fragen zu stellen, also gar nicht in die Gefahr des Ratge- bens zu kommen. Das wird oft ver- wechselt. Der Coach, gibt keinen Rat, was Menschen tun sollen, son- dern er hilft seinen Klienten durch gezielte Fragen selbst auf ihre eige- nen Lösungen zu kommen. Man weiss, dass Menschen die eigenen Lösungen sehr viel eher umsetzen, als wenn jemand anderes ihnen ei- nen Weg vorgibt. Das bedeutet, dass sich ein Coach mit Ratschlägen gut zurücknehmen können und ganz Schwerpunkt Managermacherin Sabine Asgodom im Interview Sabine Asgodom begeisterte auf dem Businesstag 2013 die über 400 Gäste. Ihren Rat, Netzwerke zu bilden, nahm sich das Publikum zu Herzen und tauschte fleissig Visitenkarten aus. (Fotos: Paul Trummer) «Frauen haben oft den Ehrgeiz, alles alleine zu schaffen. Dabei ist es doch viel leichter, wenn einem einer die Tür öffnet.» «Als Frau muss man sich sehr gut überlegen, welchen Job man übernimmt.»

«Nutzt die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen» · Frauen sich von Männern abschau-en können? Unbedingt! Frauen labern zu viel. ... einer die Tür öffnet.» «Als Frau

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: «Nutzt die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen» · Frauen sich von Männern abschau-en können? Unbedingt! Frauen labern zu viel. ... einer die Tür öffnet.» «Als Frau

5 | Inland

«Nutzt die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen»Führungsfrau Sabine Asgodom coacht Manager. Nur ein Grund, weshalb sie laut «Financial Times» eine der 101 wichtigsten Frauen der deutschen Wirtschaft ist. Dem Liechtensteiner Publikum bescherrte sie auf dem Businesstag 2013 wertvolle Einsichten über zentrale Führungsqualitäten.

VON KIRSTIN DESCHLER

«Volksblatt»: Frau Asgodom, «Mehr Frauen in Führungspositionen» – seit Jahren ein präsenter Wunsch. Was sollte eine Frau beachten, will sie Karriere machen?Sabine Asgodom: Sie sollte auf jeden Fall kucken, wie die Männer das an-stellen, weil wir immer noch in män-nerbestimmten Umgebungen arbei-ten. Hierbei ist «Sichtbarkeit» ein zentraler Aspekt. Ich stelle immer wieder fest, dass Frauen tüchtig sind und an sich was können, dabei aber unsichtbar sind. Während Männer sich hervortun, macht die Frau die Arbeit, aber man sieht sie nicht. Frauen müssen über sich und ihre Arbeit reden, denn wen man nicht kennt, der kann nicht gefallen.

In Ihrem Vortrag am Businesstag 2013 haben Sie den Tipp gegeben, dem Chef gegenüber offen seine Karrierewünsche zu verbalisieren.Genau Man sollte bei solch einem Wunsch zu seinem Chef gehen und sagen: «Ich möchte gerne eine Füh-rungsposition haben, wie können Sie mir dabei helfen?»

Vor einigen Jahren herrschte dahin-gehend ja noch eine ganz andere Meinung. War das auch bei Ihnen persönlich der Fall?Ja. Also vor 20 Jahren hätte ich den Frauen noch gesagt: Passt Euch an! Vor rund 20 Jahren sind Frauen in Führungspositionen noch in Anzug und Krawatte rumgerannt, damit man nicht merkt, dass sie Frauen sind. Das hat sich inzwischen wirk-lich verändert. Daher kann ich auch nur raten: Seid wie Ihr seid und seid stolz darauf! Das macht den Unter-schied aus. Seid stolz darauf und bleibt so, wie ihr seid. Aber nutzt dann auch die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen!

Das bedeutet, man sollte als Frau durchaus ein gesundes Selbstbe-wusstsein an den Tag legen? Genau. Wir müssen uns nicht mehr an die Männer anpassen, aber wir können deren Wege und Strategien nutzen.

Männer und Frauen sind unter-schiedlich und das ist auch in Ord-nung. Oftmals fällt es Frauen jedoch schwer, klar und strukturiert zu for-

mulieren. Ist das auch etwas, was Frauen sich von Männern abschau-en können?Unbedingt! Frauen labern zu viel. Sie hören nicht auf zu reden und reden und reden und reden, weil sie denken, es reicht noch nicht und genau damit nerven sie ande-re. Ich stelle fest, dass viele Frauen keine kurzen Antworten geben können. Wenn man fragt, was ma-

chen sie beruf lich, dann antwortet ein Mann etwas wie, «leite Export blablabla». Frauen fangen an mit «Ja, also gelernt hab

ich eigentlich ganz was anderes, aber ich habe dann gewechselt und dann habe ich ein Kind gekriegt» und so weiter. Das macht mich wahnsinnig! Also Dinge auf den Punkt zu bringen, das müssen Frauen lernen.

Sie waren unter anderem Präsiden-tin der German Speakers Associati-on (GSA) und der erste Teil ihres Präsidentschaftsmottos lautete «Re-den ist Gold». Gibt es auch Situatio-nen, in denen man besser schweigt?Ja, wenn doofe Aufgaben vergeben werden. Also immer wenn ein Proto-koll geschrieben werden muss oder irgendwelche Aufgaben verteilt wer-den sollen, die kein Renommee ver-sprechen. Ich sage, da lieber die Klappe halten und warten, bis die richtig wichtigen Sachen kommen. Als ich gefragt wurde, ob ich in den Vorstand der GSA kommen möchte, hiess es, dass dort noch ei-ne Schriftführerin gebraucht werde. Ich habe konsequent abgelehnt. Erst als es hiess, ob ich auch in den Vor-stand kommen würde, wenn ich nicht Schriftführerin werden wür-de, habe ich zugesagt. Und zwei Jah-re später war ich Präsidentin. Als Schriftführerin kommst du aus dem blöden Job nie wieder raus. Als Frau muss man sich sehr gut überlegen, welchen Job man übernimmt.

Wie wichtig ist es, sich selbst einen Plan zurecht zu legen?Sehr wichtig! Ich halte gerade einen Kurs für Führungsfrauen und da wurde wieder einmal deutlich, dass die meisten Frauen kein konkretes Ziel haben. Das ist unglaublich! Je-der Mann, der mit 24, 25 Jahren in

ein Unternehmen kommt, hat ein Ziel, die meisten Frauen nicht. Da heisst es dann, jetzt schau ich mal, das macht mir ja Spass, aber sie ha-ben keine konkreten Ziele und das ist ein grosser Fehler.

Wie wichtig ist es auch hier, über Er-folge zu sprechen?Unabdingbar. Die meisten Frauen gehen oft nur dann zum Chef, wenn es ein Problem gibt. Dann hat der Chef natürlich den Ein-druck, dass es, immer wenn die Frau Müller kommt, ein Problem gibt. Männer gehen meistens zu ih-rem Chef, wenn sie was positives zu erzählen haben, also zum Bei-spiel, wenn sie in der kommenden Woche zu einem Kunden fahren. Das ist ja an sich noch kein Erfolg, aber sie verkaufen es als Erfolg. Frauen denken sich dabei, dass das ja selbstverständlich sei, weil sie dafür ja auch bezahlt werden. Damit ist das eine dann eine «Er-folgskommunikation» und das an-dere eine «Problemkommunikati-on». Da kann man Frauen nur ra-ten, umzuschalten.

Wie wichtig ist es, Networking zu betreiben?Klassisches Beispiel, in dem Kurs, den ich gerade gebe: Die Frauen ar-beiten so viel und so tüchtig, dass sie keine Zeit haben, Netzwerke zu bil-den. Das ist krass oder? Diejenigen, die richtig gut sind, haben keine Zeit

zum Netzwerken und deswegen werden sie nicht befördert. Das be-deutet, dass Frau-en lernen müssen, Nein zu sagen, wenn sie mit Auf-

gaben zugeschüttet werden. Statt-dessen müssen sie die Zeit nutzen, um sich Verbündete zu suchen. Und das während der Arbeitszeit, denn das ist auch Arbeit. Also einfach öf-ter mal beim Kollegen vorbei gehen, ihn loben oder aber auch bei Konfe-renzen. So baut man Netzwerke auf.

Das hängt ja auch mit Ihrem Tipp zu-sammen, sich Mentoren zu suchen.Ja. Die wenigsten Frauen haben Men-toren. Ich habe mal ein Buch über die Top 500 Manager in Amerika ge-lesen und von denen hatte jeder ei-nen Mentor. Hoch kommen Sie nicht ohne Mentor. Also, such dir jeman-den, von dem du das Gefühl hast, von dem kannst du was lernen, der hat Erfahrung, der kann mir Fragen

beantworten und mir Türen öffnen. Und nutze diese Möglichkeit dann auch! Frauen haben oft den Ehrgeiz, alles alleine zu schaffen. Dabei ist es doch viel leichter, wenn einem einer die Tür öffnet.

Sie sind Coach. Was zeichnet die Ar-beit eines Coach aus? Im Grunde genommen bedeutet es, Fragen über Fragen zu stellen, also gar nicht in die Gefahr des Ratge-

bens zu kommen. Das wird oft ver-wechselt. Der Coach, gibt keinen Rat, was Menschen tun sollen, son-dern er hilft seinen Klienten durch gezielte Fragen selbst auf ihre eige-nen Lösungen zu kommen. Man weiss, dass Menschen die eigenen Lösungen sehr viel eher umsetzen, als wenn jemand anderes ihnen ei-nen Weg vorgibt. Das bedeutet, dass sich ein Coach mit Ratschlägen gut zurücknehmen können und ganz

Schwerpunkt Managermacherin Sabine Asgodom im Interview

Sabine Asgodom begeisterte auf dem Businesstag 2013 die über 400 Gäste. Ihren Rat, Netzwerke zu bilden, nahm sich das Publikum zu Herzen und tauschte fleissig Visitenkarten aus. (Fotos: Paul Trummer)

«Frauen haben oft den Ehrgeiz, alles alleine zu

schaffen. Dabei ist es doch viel leichter, wenn einem

einer die Tür öffnet.»

«Als Frau muss man sich sehr gut überlegen,

welchen Job man übernimmt.»

Page 2: «Nutzt die Möglichkeit, Eure Grossartigkeit zu zeigen» · Frauen sich von Männern abschau-en können? Unbedingt! Frauen labern zu viel. ... einer die Tür öffnet.» «Als Frau

neugierig nachfragen muss. Die meisten Menschen sind nämlich sehr klug, nur glauben sie das nicht. Sie wüssten eigentlich, was sie tun müssten, denken sich dann aber, dass es so einfach ja nicht sein kann.

Sie bezeichnen sich selbst als «liebe-voller In-den-Hintern-Treter».Das stimmt wirklich. Ich provoziere gerne, indem ich zum Beispiel sage «Es wundert mich nicht, dass Sie nicht Karriere machen». Dann ku-cken sie mich immer böse an, wor-auf ich noch ein «na mit dem biss-chen, was sie können», nachsetzte. Dann kommt meist ein «aber wieso, ich kann doch ...» und dann hab ich sie da, wo ich sie haben will.

Nach vielen interessanten «Wegmar-ken» haben Sie sich entschieden, in die Selbstständigkeit zu gehen. Wie wichtig ist dabei das richtige Umfeld?Wir brauchen Unterstützer und nicht nur Bedenkenträger. Das zum Einen. Was es auch braucht, ist eine gute Vorbereitung. Man muss re-cherchieren, ob die Welt das braucht, was ich kann. Gibt es dafür einen Markt? Was ist der Markt-preis? Wenn man blauäugig etwas anfängt und dann scheitert, dann kränkt einen das enorm und das ist nicht gut.

Bedeutet dass, das man bei guter Vorbereitung keine Angst vor der «Risikozone» haben muss?Ja, man kann und soll sich trauen ins kalte Wasser zu springen. Wenn man immer im Lauen badet, kommt man nicht weiter. Der grösste Wahn ist sowieso, zu glauben, dass man als Mitarbeiter eines G r o s s u n t e r n e h -mens in Sicherheit ist. Das sind näm-lich diejenigen, die am meisten Arbeit-nehmer raus-schmeissen. Es ist nicht gefährlicher, mit einer guten Vorbereitung selbst-ständig zu sein, als in einem grossen Unternehmen zu arbeiten.

Risikobereitschaft wird also bei gu-ter Vorbereitung belohnt. Sie selbst unterscheiden zwischen Karriere und Erfolg. Was bedeutet für Sie Erfolg?Erfolg ist, dass ich die von mir ge-steckten Ziele erreiche. In meinem Fall hiess das zum Beispiel, eine Viertagewoche bei der Cosmopoli-tan zu haben, was für mich Erfolg bedeutet hat. Aber das war jetzt na-türlich keine Karriere. Karriere kann ein Teil von Erfolg sein, muss aber nicht. Ich glaube, dass «Erfolg» der weiblichere Begriff ist, weil Sie in der Regel ja noch ein paar andere Engagements haben, als die Arbeit.

Da spielen Sie wohl auf die soge-nannte und vielpropagierte «Work-Life-Balance» an. In Ihrem Vortrag am Businesstag haben Sie jedoch auf die fehlende Konstante in dieser Gleichung aufmerksam gemacht, nämlich das Selbst, das droht, dabei auf der Strecke zu bleiben. Wie wichtig ist es, sich für sich selbst Zeit zu nehmen?Das ist unbedingt wichtig, denn wenn Sie Ihre Kraft verlieren, dann riskieren Sie alles! Denn wenn wir schwach und krank werden, dann leiden auch alle anderen um uns he-rum. Als meine Assistentin ungefähr ein Jahr bei mir war, habe ich Sie ge-fragt, was ihr wichtigster Job ist. Und sie hat mir darauf geantwortet: «Dich gesund zu erhalten, denn wenn Du krank wirst, hab ich keinen Job mehr.» Das fand ich umwerfend, weil sie damit so Recht hat. Wir müs-sen aufpassen, dass es uns gut geht und dass wir keine Zeit vergeuden, denn wenn es uns schlecht geht, geht es der Familie schlecht und das Geschäft leidet auch darunter.

Sie sind selbst Mutter, haben Sie die-se Einsicht aus Ihrem Mutterdasein gewonnen?Ja. Ich hatte zwei kleine Kinder und

dachte, ich kann genau so weiter ma-chen, wie vorher, nur halt noch mit zwei Kindern. Da bin ich schnell an den Punkt gekommen, wo ich wuss-te, ich werde gleich bekloppt. Dann habe ich radikal gekürzt. Ich habe mir überlegt, was das wichtigste in meinem Leben ist. Das war meine Fa-milie und mein Job. Alles drum her-um habe ich dann reduziert und das Gott sei Dank rechtzeitig vor dem Burnout. Hier gilt das schöne Wort «Achtsamkeit», also dass man wirk-lich drauf achtet, wie es einem geht.

Sie haben gerade das Wort «Acht-samkeit» erwähnt. Achtsamkeit ge-genüber sich selbst. Diese Achtsam-keit ist aber doch auch gegenüber seinen Mitarbeitern und Kollegen wichtig, oder?Das ist genau so wichtig, man darf nicht vergessen, dass Menschen für und mit uns arbeiten. Und Menschen

haben noch ein Le-ben neben der Ar-beit. Die Unterneh-men, die das nicht beachten, machen Menschen kaputt. F ü h r u n g s k r ä f t e müssen darauf ach-ten, dass es ihren

Mitarbeitern gut geht. Und wenn ich merke, dass ein Kollege nicht mehr lacht oder zu viel trinkt oder abends nicht nach Hause geht – das ist übri-gens auch so eine Sache – dann muss ich als Führungskraft nachfragen, was da los ist. Das ist für mich Füh-rung und nicht nur in Meetings sitzen und Entscheidungen treffen. Die Men-schenführung ist für mich Führung.

Nun sind Sie ja selbst Chefin. Halten Sie sich selbst an all die Maximen, die sie propagieren?Weitgehend, aber ich merke auch manchmal, wenn es wieder an der Zeit ist, mit dem ganzen Team etwas zusammen zu machen. Also wenn mein Team wieder mehr Zeit braucht. Immer wenn ich wenig Zeit erübrigen kann, läuft im Team et-was nicht rund, weil es dann an der Achtsamkeit fehlt. Ich merke an der Stimmung meiner Mitarbeiter, ob ich zu wenig Zeit für sie habe. Und dann wird natürlich sofort etwas ge-tan. Wir sind ja alle keine perfekten Menschen, aber das darauf achten ist wichtig. Chefs sagen ja gerne «Macht das unter Euch aus!» Das funktioniert aber nicht, denn wenn es so einfach wäre, würden das die Menschen ja machen.

SAMSTAG 1. JUNI 2012 | 6

Am Businesstag 2013 hielt Sabine Asgodom den Vortrag «Führen mit S.E.E.L.E.» und erntete dafür stehende Ovationen. (Foto: ZVG)

Schwerpunkt Managermacherin Sabine Asgodom im Interview

Sabine Asgodom (* 1953) ist Manage-ment-Trainerin, Journalistin und Auto-rin. Nach ihrer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in Mün-chen arbeitete sie zunächst in der Re-daktion der Tageszeitung tz, als Re-dakteurin der Zeitschrift Eltern und als Ressortleiterin «Karriere» für die Cos-mopolitan, bevor sie sich mit ihrer PR-Firma «Asgodom live. Training.Coaching. Potenzialentwicklung» 1999

in München selbständig machte. Sabi-ne Asgodom hat zahlreiche Bücher zu Themen wie Selbstmarketing und Le-benshilfe geschrieben. Ihr erstes Buch «Balancing – Beruf und Privatleben im Gleichgewicht» veröffentlichte sie 1992. Es basiert auf den Lebenserfah-rungen der Autorin. Seit Herbst 2011 hat sie ihre eigene Fernsehsendung «Sabine ASGODOM» im Bayerischen Fernsehen. Gäste können sich hier von

Sabine Asgodom coachen lassen. Asgodom ist Trägerin des Verdienst-kreuzes der Bundesrepublik Deutsch-land. Sie ist anerkannt als «Professio-nal Member» der German Speakers Association (GSA ), Mitglied der Hall of Fame (HoF) und zertifiziert als Certi-fied Speaking Professional (CSP). Asgodom ist verheiratet mit Siegfried Brockert und hat zwei Kinder aus ers-ter Ehe. (kid)

ZUR PERSON

«Man kann und soll sich trauen ins kalte Wasser zu

springen. Wenn man immer im Lauen badet, kommt

man nicht weiter.»

BusinesstagWirtschaftsforum und Netzwerk-Hotspot

Am 21. Mai fand der «Businesstag – das Wirtschaftsforum für Frauen im Rhein-tal», der von einer breiten Trägerschaft getragen wird, zum sechsten Mal statt. Das Forum ist Treffpunkt für Entschei-dungsträgerinnen sowie Frauen aus der Wirtschaft und war die letzten Jahre je-weils mit 450 Gästen ausverkauft. Die Vermittlung von konkretem Wissen, best practice sowie das Fördern von Netz-werken sind zentrale Inhalte der Tagung. Der nächste Businesstag findet im Früh-jahr 2014 statt. Weitere Informationen unter www.businesstag.li. (kid)