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HORIZONT No 23 Marketing · Werbung · Medien International 16 OFFF Barcelona ist ein Festival für Krea- tivköpfe, die einen Schwamm im Kopf und Hände aus unterschiedlichsten Werkzeugen haben. Jeder Sinn wird während dieses dreitägigen Zusammen- treffens von Kreativ- und Art-Direktoren, digitalen Gurus, Ästhetik-Konsulenten, Künstlern, Designern und jenen, die eine Leidenschaft für das Gezeichnete, Gemalte, Gedruckte, Gebastelte und Ge- pixelte haben, in eine Lösung aus Inspi- ration und Impressionen getunkt. Wer weiß, welche Angebote er nutzen möchte, fährt glücklich in seine Heimat zurück – das muss ich nach elf Jahren an der CÔte d’Azur sagen, das kann Cannes nicht. Aber was bietet OFFF? Networ- king? Ja, man trifft Kollegen und durch diese wieder neue Gesichter, und wäh- rend der langen spanischen Mittagspau- sen in Barcelonas besten Tapas-Bars wird Cava getrunken und über die cools- ten Jobs, die letzten Reisen und gemein- same Bekannte geplaudert. Und ja, da sind die Köpfe der post-digitalen Kultur- szene. Als Beobachter kann ich auch sa- gen, dass es hinter den Kulissen auf der Bühne familiär zugeht. Die vorgestellten Arbeiten sind bekannt, bilden oft den Hintergrund für Anekdoten. Und genau das macht ein großartiges Festival aus: Als Konferenzteilnehmer will man er- fahren, was die Vortragenden inspiriert, wie sie an Projekte kommen, wie die Ar- beit mit Kunden funktioniert. Man hört skurrile Geschichten, erlebt Präsentationen, bei denen die Begeiste- rung der Vortragenden auf das Publikum überschwappt, es gibt Botschaften, Ein- sichten, Leitfäden zum nach Hause und an den Arbeitstisch Mitnehmen. Joshua Davis glänzte mit einer Live-Art-Perfor- mance. Linda Zacks zeigte ihre Collagen rund um die Skyline des Impressionen- kochtopfs New York, verpackt in ein Ge- dicht. Lucy McRae nahm den menschli- chen Körper auseinander und fügte ihn mit Licht, Schaum, Flüssigkeit, Plastik als Kunstobjekt wieder zusammen. Eine Botschaft, die sich durch viele Vorträge zieht: „Wenn du beim Kunden präsen- tierst, verwende animierte Mock-ups und Video von Anfang an.“ Die dreitägige Konferenz lebt vom Lifestyle espagnol, beginnt um 11.30 Uhr, endet um 21.30 Uhr vor gebanntem Publikum. Es wurden Arbeiten für Rie- sen-Accounts wie Nike gezeigt, was je- doch besonders hängenbleibt, sind die vielen Designjobs, die ohne Bezahlung, dafür mit riesigem Enthusiasmus ent- stehen. Lo-Siento-Chef Borja Martínez zeigte Dutzende Kampagnen-Visuals für Bäckereien, Eisgeschäfte und kleine Ga- lerien und meinte verschmitzt: „Der Vor- teil, ohne Budget zu arbeiten, ist, dass du machen kannst, was du willst.“ Höhe- punkt jeder OFFF ist die Präsentation der Main Titles, eine Hommage an die Speaker und Sponsoren. Dieses Jahr zeichneten Brosmind, ein Brüderpaar aus Barcelona, und Upperfirst, zwei blonde Hünen aus Malmö, verantwort- lich, die eine ultraschräge und urkomi- sche Weltraumgeschichte aus animier- ten und realen Figuren entwickelten und dabei die Formate Kino, Illustration, 2D- und 3D-Animationen zusammenfügten. Dazu gab es ein Comicheft, das mit einer Plastikmaske der Hauptcharaktere des Films an die 2.500 Konferenzteilnehmer verteilt wurde. Ein rundes Konzept, das nur noch durch die Augmented-Reality- T-Shirts getoppt wurde, die Brosmind nach der Show im Shop aus den Händen gerissen wurden. Für tosenden Applaus sorgte, was das Publikum immer wieder hörte: „Da krieg ich diesen Job angeboten, der echt eine Nummer zu groß für mich ist. Meine Antwort auf die Frage, ob ich ihn machen will? Hell, YEAH!“ Was ist es also, das OFFF uns mit auf den Weg gibt? Das Motto lautet: „Find your pas- sion und rede nicht nur darüber, son- dern mach einfach. Es findet sich schon jemand, der dir hilft oder dich dafür bezahlt.“ Daniela Krautsack Interviews dazu: www.horizont.at Gastbeitrag von Daniela Krautsack, Cows in Jackets, Review zum OFFF Festival, 17. bis 19. Mai, Barcelona – Motto: Sei inspiriert und inspiriere selber weiter ‚OFFF the beaten track‘ WIEN NORD WIEN NORD Beklatscht wurde die unkonventionelle Verwendung von Alltagsgegenstän- den, wie die Idee von Lo Siento, mittels Injektionsnadel einzelne Bubble-Luft- säckchen mit blauer Farbe zu füllen und eine Nachricht zu verfassen. Es war ein Festival der Extraklasse für kreatives Publikum. © Cows in Jackets (3)

OFFF the beaten track

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Review from Barcelona's OFFF Festival

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Page 1: OFFF the beaten track

HORIZONT No 23Marketing · Werbung · MedienInternational16

OFFF Barcelona ist ein Festival für Krea-tivköpfe, die einen Schwamm im Kopf und Hände aus unterschiedlichsten Werkzeugen haben. Jeder Sinn wird während dieses dreitägigen Zusammen-tre#ens von Kreativ- und Art-Direktoren, digitalen Gurus, Ästhetik-Konsulenten, Künstlern, Designern und jenen, die eine Leidenschaft für das Gezeichnete, Gemalte, Gedruckte, Gebastelte und Ge-pixelte haben, in eine Lösung aus Inspi-ration und Impressionen getunkt. Wer weiß, welche Angebote er nutzen möchte, fährt glücklich in seine Heimat

zurück – das muss ich nach elf Jahren an der CÔte d’Azur sagen, das kann Cannes nicht. Aber was bietet OFFF? Networ-king? Ja, man tri#t Kollegen und durch diese wieder neue Gesichter, und wäh-rend der langen spanischen Mittagspau-sen in Barcelonas besten Tapas-Bars wird Cava getrunken und über die cools-ten Jobs, die letzten Reisen und gemein-same Bekannte geplaudert. Und ja, da sind die Köpfe der post-digitalen Kultur-szene. Als Beobachter kann ich auch sa-gen, dass es hinter den Kulissen auf der Bühne familiär zugeht. Die vorgestellten

Arbeiten sind bekannt, bilden oft den Hintergrund für Anekdoten. Und genau das macht ein großartiges Festival aus: Als Konferenzteilnehmer will man er-fahren, was die Vortragenden inspiriert, wie sie an Projekte kommen, wie die Ar-beit mit Kunden funktioniert.

Man hört skurrile Geschichten, erlebt Präsentationen, bei denen die Begeiste-rung der Vortragenden auf das Publikum überschwappt, es gibt Botschaften, Ein-sichten, Leitfäden zum nach Hause und an den Arbeitstisch Mitnehmen. Joshua Davis glänzte mit einer Live-Art-Perfor-mance. Linda Zacks zeigte ihre Collagen

rund um die Skyline des Impressionen-kochtopfs New York, verpackt in ein Ge-dicht. Lucy McRae nahm den menschli-chen Körper auseinander und fügte ihn mit Licht, Schaum, Flüssigkeit, Plastik als Kunstobjekt wieder zusammen. Eine Botschaft, die sich durch viele Vorträge zieht: „Wenn du beim Kunden präsen-tierst, verwende animierte Mock-ups und Video von Anfang an.“

Die dreitägige Konferenz lebt vom Lifestyle espagnol, beginnt um 11.30 Uhr, endet um 21.30 Uhr vor gebanntem Publikum. Es wurden Arbeiten für Rie-sen-Accounts wie Nike gezeigt, was je-doch besonders hängenbleibt, sind die vielen Designjobs, die ohne Bezahlung, dafür mit riesigem Enthusiasmus ent-stehen. Lo-Siento-Chef Borja Martínez zeigte Dutzende Kampagnen-Visuals für Bäckereien, Eisgeschäfte und kleine Ga-lerien und meinte verschmitzt: „Der Vor-teil, ohne Budget zu arbeiten, ist, dass du machen kannst, was du willst.“ Höhe-punkt jeder OFFF ist die Präsentation der Main Titles, eine Hommage an die Speaker und Sponsoren. Dieses Jahr zeichneten Brosmind, ein Brüderpaar aus Barcelona, und Upperfirst, zwei blonde Hünen aus Malmö, verantwort-lich, die eine ultraschräge und urkomi-sche Weltraumgeschichte aus animier-ten und realen Figuren entwickelten und dabei die Formate Kino, Illustration, 2D- und 3D-Animationen zusammenfügten. Dazu gab es ein Comicheft, das mit einer Plastikmaske der Hauptcharaktere des Films an die 2.500 Konferenzteilnehmer verteilt wurde. Ein rundes Konzept, das nur noch durch die Augmented-Reality-T-Shirts getoppt wurde, die Brosmind nach der Show im Shop aus den Händen gerissen wurden.

Für tosenden Applaus sorgte, was das Publikum immer wieder hörte: „Da krieg ich diesen Job angeboten, der echt eine Nummer zu groß für mich ist. Meine Antwort auf die Frage, ob ich ihn machen will? Hell, YEAH!“ Was ist es also, das OFFF uns mit auf den Weg gibt? Das Motto lautet: „Find your pas-sion und rede nicht nur darüber, son-dern mach einfach. Es findet sich schon jemand, der dir hilft oder dich dafür bezahlt.“ Daniela Krautsack

Interviews dazu: www.horizont.at

Gastbeitrag von Daniela Krautsack, Cows in Jackets, Review zum OFFF Festival, 17. bis 19. Mai, Barcelona – Motto: Sei inspiriert und inspiriere selber weiter

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Beklatscht wurde die unkonventionelle Verwendung von Alltagsgegenstän-

den, wie die Idee von Lo Siento, mittels Injektionsnadel einzelne Bubble-Luft-

säckchen mit blauer Farbe zu füllen und eine Nachricht zu verfassen.

Es war ein Festival der Extraklasse

für kreatives Publikum. © Cows in Jackets (3)