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p n agramm  Lectorium Rosicrucianum sept/okt 2011  nummer 5 Das Zeitalter des Egos hatte mit Sicherheit ein Ziel und hat es noch.  Aber wir sind alle mehr dav on betroffen und mit dem Kosmos verwoben als wir denken. Wir sind für die unterschiedlichsten Einflüsse empfänglich, die auf uns zukommen. Dies könnte uns helfen, die Geschehnisse rund um 2012 für unsere Entwicklung zu nutzen. Das Selbst ist nicht das Ich, unser Ego. Das Selbst existiert und ist zu Hause in höheren Dimensionen. Die Weisheitslehren aller Zeiten betrachten das Selbst als Synonym für die unsterbliche Seele. Im Augenblick herrscht im Selbst das Ego, aber das Geistige drückt sich in einem Gebiet unseres Wesens oder unseres Gehirns aus, das außerhalb des intellektuellen Ich-Denkens funktioniert. Allein der Feuervogel überwindet das Böse Die Mysterien des Orpheus Orpheus und Eurydike Die Mysterien des Orpheus Das Drama der unmöglichen Liebe Die orphischen Mysterien und die Sirenen „Wenn es Abend wird“ Das Philippus-Evangelium Säen und ernten (R)evolution 2012  

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pnagramm Lectorium Rosicrucianum

sept/okt2011   nummer 5

Das Zeitalter des Egos hatte mit 

Sicherheit ein Ziel und hat es noch.

 Aber wir sind alle mehr davon 

betroffen und mit dem Kosmos

verwoben als wir denken.

Wir sind für die unterschiedlichsten 

Einflüsse empfänglich, die auf uns

zukommen. Dies könnte uns helfen,

die Geschehnisse rund um 2012 für 

unsere Entwicklung zu nutzen.

Das Selbst ist nicht das Ich, unser Ego.

Das Selbst existiert und ist zu Hause

in höheren Dimensionen.

Die Weisheitslehren aller Zeiten 

betrachten das Selbst als Synonym für 

die unsterbliche Seele. Im Augenblick 

herrscht im Selbst das Ego, aber das

Geistige drückt sich in einem Gebiet 

unseres Wesens oder unseres Gehirns

aus, das außerhalb des intellektuellen 

Ich-Denkens funktioniert.Allein der Feuervogel überwindet das Böse

Die Mysterien des Orpheus

Orpheus und EurydikeDie Mysterien des Orpheus 

Das Drama der unmöglichen Liebe 

Die orphischen Mysterien und die Sirenen

„Wenn es Abend wird“

Das Philippus-Evangelium

Säen und ernten

(R)evolution 2012

 

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Orgien oder Erhebung des Geistes?

  Die Mysterien von Orpheus 2

Das Evangelium von Philippus

  „Wenn es Abend wird“ 8

Säen und Ernten 10

Religion und Philosophie in der heutigen

GesellschaftAllein der Feuervogel überwindet

das Böse 14

Orpheus und Eurydike

  Das Drama

der unmöglichen Liebe 20

Orpheus und Eurydike

Die orphischen Mysterien

und die Sirenen 26

Die Edda

Ragnarök – der Untergang

der alten Welt 31

Buchbesprechung: Warum die Menschheit

vor einem Evolutionssprung steht

  (R)evolution 2012 36

Ihalt

Umschlag: In glühenden Farben stellt die südfran-

zösische Künstlerin Mona Roussette die

Neue Bewusstseinswelt des Phönix – Symbol

für den wiedergeborenen Seelenmenschen – dar 

L’oiseau Phénix. Mona Roussette, Bergerac (Fr.)

www.lagaleriedemona.com

Pentagramm handelt auch in dieser Ausgabe vom Licht,

das der Menschheit zu allen Zeiten geschenkt wird. Im Er-önungsartikel zeigt Jan van Rijckenborgh au, wie das Licht

 – smbolisiert als die himmlische Musik der siebensaitigen

Leier von Orpheus - vor etwa 12.000 Jahren in ganz Klein-

asien Tausende zum geistigen Erwachen ührte.

An Hand von Beiträgen wie z.B. Das Evangelium von

Philippus, Säen und Ernten und Allein der Feuervogel über-

windet… unternehmen wir eine Reise durch die Zeit und

ihre verschiedenen Philosophien. Mit Loki (Luzier), der das

Lichtelement im Menschen, den Gott Baldur tötete, tauchen

wir tie hinab in unsere Bewusstseinsvergangenheit undkommen schließlich au einen Weg der Einsicht, au dem

der wahre Mensch wie ein Phönix aus der Asche wieder 

auerstehen kann.

Und aus Neue Orpheus, nun jedoch über die unmög-

liche Liebe zu Eurdike und der Oper darüber. Musik kann

Funken göttlichen Feuers übertragen und Orpheus’ Leier 

verband tatsächlich die Erde mit hohen Energien aus den

Sphären dionsischer Geistesverzückung – und tut dies

noch – aber Eurdike, die menschliche Seele, hat ein noch

unvollkommenes Bewusstsein…Pentagramm schließt mit einem Blick des Biophsikers

Dieter Broers au die nächste Zukunt. In seiner Sicht au 

das Jahr 2012 lautet seine Botschat: wenn wir durch Le-

benshaltung eine Vibrationserhöhung bewerkstelligen, dann

können wir den eingreienden Veränderungen, die die Erde

zu erwarten hat, mit Vertrauen entgegen sehen.

Pentagramm  33 ster Jahrgang Nummer 5 2011

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pentagram 5/2011

Wenn wir uns mit Orpheus beschätigen,müssen wir als erstes alles vergessen,was wir in unserer Jugend möglicher-

weise über ihn gelernt haben. Nicht deshalb weiles vielleicht unwahr ist, sondern weil wir darausmit Sicherheit die alschen Schlussolgerungengezogen haben. Daraus resultiert, dass wir wenigAchtung vor den orphischen und dionysischenWundern haben, die wir in einem Atemzug nen-nen. Mit diesen Wundern ist der Begri „Orgie“

verbunden und Orgien stehen bei uns in einemschlechten Ru. In der Tat, in späteren Zeital-tern hat man im überaus dekadenten RömischenKaiserreich aus den Orgien – ursprünglich dasZelebrieren der Mysterienriten – alkoholischeAusschweiungen gemacht, verbunden mit inams-ter, öentlich zur Schau gestellter Sinnlichkeit.Das alles and statt unter dem Mantel der or-

 phischen und dionysischen Mysterien.Bei Dionysos und Orpheus stand das Weinass inhohen Ehren, so sagt man. Auch wird überlieert,dass diese beiden Myster iengestalten den Wahn-sinn weckten – vor allem bei Frauen.Der Dionysos-Einuss war wie eine atmosphä-

rische Vibration. Sobald die Vibration die Länderberührte, verließen die Frauen, die daür oenwaren, ihr Heim, ihren Ehemann und ihre Kinder,um sich an bestimmten Orten zu versammeln undsich ihrem Gott mit allerlei Orgien voll von Weinund Hysterie hinzugeben.‚Während sie ihre häuslichen Arbeiten verrichten’- so erzählen die Legenden - ‚werden ihre Web-stühle plötzlich von Weinranken umschlungenund Milch und Honig tropen von der Decke.

Sie packen eines ihrer Kinder, zerreißen es undverschwinden in die Berge, wo sie sich mit denMänaden dem göttlichen Rausch ergeben. Derepidemische Wahnsinn überällt die Menschenund schleit die meist unwilligen mit. Er zerbrichtalle Bindungen und ührt in ein Leben zügelloserNatur.’In einer anderen Erzählung heißt es, dass dreiTöchter im Wahnsinn ihr Haus verlassen und ihre

Die Msterien oOrpheus

ORGIEN ODER ERHEBUNG DES GEISTES?

 J. van Rijckenborgh

AuerschiedeeBüheiEuropa,KaadauddeUSAadedieseSommer

AuührugederOper„OrpheusudEurdike“oChristophWillibaldGluckstatt.DaürtauchtederKompoist776tieeiidieMthologieudbearbeitetemitwuderbareMelodiedieklassischeOrpheus-Mthe–Orpheus,derSäger,dermitbezauberderStimmeudSaitespielsogardieSteiezurühreermochte.IeiigeBeiträgedektPetagrammgemeisammitdeLeserüberdieTiesiigkeituddieHitergrüdediesesspirituelleDramasausdemorgriechischeAltertumach.

Dionysos, die Orpheus inspirierende Gott-

heit, mit Kantharos und einer Mänade.

Fresko aus Herculaneum, 1. Jh. n. Chr.

Neapel: Nationalmuseum, Foto © Luciano Pedicini

 Jan van Rijckenborgh und Catharose de Petri, die Gründer der 

Geistesschule des Goldenen Rosenkreuzes, beschrieben den Weg,

der zur Befreiung der Seele führt. Sie taten das u.a. auf der 

Grundlage ursprünglicher Texte aus den universellen Lehren, die 

sie den Schülern der Geistesschule und interessierten Menschen

erklärten und vorlebten.

Die Msterien von Orpheus

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IdealteÜberlieerugewirdeieReaktioderMescheaudieBerührugdurchdeHeiligeGeistbeschriebe,soge-waltig,dassesürAußestehedeubegreiichwar

Pentagramm 5/2011

Säuglinge verschlingen. Es ist wie ein Angsttraum,so lehrt uns die Literatur. Und der Gott treibtalle noch tieer in den Wahnsinn. Er ist der große

 Jäger, und die Frauen, die ihm dienen, scheucht erwie Jagdhunde. Wer hat noch nicht von den Bac-chantinnen gehört? Es sind die im dionysischenWahnsinn geangenen Frauen, die sich in ürch-terlicher Raserei wie reißende Tiere benehmen.Was sollen wir von dem allem halten, was manuns - ohne es zu verstehen - gelehrt hat, als

Sagen und Legenden autischt und das damalseine solch teuische Wirkung au die römischeDekadenz gehabt hat? Ist nicht auch bei uns derAlkoholiker ein Mensch, der Bacchus dient? Ist esnicht so, dass man das Sagenhate und Mythischeder alten Mysterien als Tatsache hinstellt, umdialektische Grobheit und Sünden darzustellen?Sollte es deshalb nicht möglich sein, diese nachWein und Unzucht riechenden Mysterien völligzu entschleiern und sie als Ru nach dem NeuenLeben zu verstehen?Eigentlich nicht. Die Signatur einer göttlichenBotschat ist nämlich in diesen Mysterien so deut-lich, dass ein Kind sie verstehen kann.

Kommen wir nun zu einer grundlegenden Dar-stellung: Die Orphischen Mysterien stammen auseiner prähistorischen, legendären Zeit. Man kannden Beginn dieser Mysterien au die Zeit vor circa12.000 Jahren datieren. Das muss man bedenken,wenn man dem reinen christozentrischen Gedan-ken von 10.000 Jahren vor Christus zuhört.

Orpheus ist mit allen anderen großen Gottesge-sandten zu vergleichen. Er bringt eine Lehre, die

eine Zusammenassung der universellen Mysterienist, ohne selbst etwas niederzuschreiben.Und mit ihm tritt Dionysos au, der stürmische Ei-erer des Geistes. Wer sich mit dieser Figur beasst,kann ohne besondere Fantasie eststellen, dass Di-onysos die Wirksamkeit des Heiligen Geistes ver-körpert. Es ist der Geist, der wie ein Sturmwindüber die Welt braust und überall den dialektischenMenschen auweckt, wo es möglich ist, und dabeizur Ekstase – das bedeutet Orgie – jagt. Als die

 Jünger Christi ihr Pngstest – die Ausgießung desHeiligen Geistes – erlebten, waren viele darunter,die meinten, ‚dass sie voll süßen Weines seien’.Die Ekstase, die himmlische überirdische Freude,

die durch die Berührung des Heiligen Geistes

erweckt wird und die Taten, die daraus olgen, sindür den gewöhnlichen irdischen Menschen derma-ßen unlogisch, so absurd, dass das Wort „Wahn-sinn“ ür sie zutrit.In den alten Überlieerungen wird eine Reaktionder Menschen au die Berührung durch den Hei-ligen Geist beschr ieben, die so überwältigend war,dass es ür Außenstehende unbegreiich war.Sie müssen das gut verstehen. In dem Maß, wieunser irdisches Bestehenseld in der Zeit weiterschreitet, kristallisiert auch der Rassenkörper desMenschen. Die menschliche Wesenswirklichkeitversteinert immer stärker.Diese Verhärtung betr it nicht nur den Sto-körper, sondern auch die anderen Fahrzeuge derPersönlichkeit. Auch au die Eigenschaten derPersönlichkeit, ihre Lebenssphäre und ihr Verhaltenhat sie Einuss. Es geht also nicht allein um Ver-härtung, sondern auch um die Verlangsamung aller

Lebensunktionen. Mit dem Fortgang der Zeitalterwird auch das Reaktionsvermögen des Menschenimmer schwächer.Wenn wir dann noch hinzuügen, dass die Schwä-chung des Reaktionsvermögens einhergeht mitder Einkapselung des Bewusstseins, können wirvollkommen verstehen, dass die Berührung durchden Geist vor 12.000, 2.000 und selbst 700 Jahrensehr viel dynamischer und wirkungsvoller war alsin unserer Zeit.Vor 700 Jahren kamen gle ichzeitig Hunderte vonMenschen zu den Katharern und gingen au imEndura, weil sie die Berührung durch den Heili-gen Geist eruhren und sich ihm hingaben.

Vor 2.000 Jahren kamen einige Tausend durch den

Heiligen Geist au den Ru der Apostel Christiund ließen sich tauen. Das düren wir nicht alsäußerliche Handlung verstehen, sondern als le-bendiges Erahren unirdischer Vibrationen und ein

 persönliches Reagieren darau.

UnIvERSELLERBREnnPUnKT So werden wirauch begreien, dass es vor 12.000 Jahren dieorphischen und dionysischen Mysterien vermoch-ten, viele Tausende zum Neuen Leben zu erwe-cken. Hier ereignete sich eine mächtige Massen-reaktion. Sie war so gewaltig, dass noch nach allden Tausenden von Jahren die erschütterndenSagen und Erzählungen erhalten geblieben sind

 – auch wenn sie meistens von den Nachkommen,die sie nicht begrien, vermischt wurden.Vor Tausenden von Jahren war ganz Kleinasienein enormer Brennpunkt universeller Kräte. DieVölker, die in diesem großen Gebiet lebten, haben

die Gnade davon erahren.Ägypten, Kanaan, Syrien, Persien sowie der süd-liche Balkan waren wie ein großes Ernteeld ürdie heiligen Mysterien der universellen Bruder-schat. Man kann sagen, dass sich die Ernte vonür das Neue Leben rei gewordenen Seelen indieser Zeit bis weit in die Zehntausende belie.In dieser bedeutenden Zeit der Arischen Epochewar es, als hätten sich die Mysterien miteinanderverochten. Wie viele hat nicht allein Griechen-land gekannt. Doch allen wurde die Möglichkeitgeschenkt, in das bereiende Leben einzutreten.Das war auch die letzte große Entsteigungsmög-lichkeit der arischen Menschheit. Es war die letzte

Bild aus der Oper “Orpheus und Eurydike” C.W. Gluck, Juli 2011, Paleis Soestdijk, Nederland. Foto © Leo van Velzen

Die Msterien von Orpheus

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DieGeschichteomFassderDaaideudderArbeitdesSisphosstammeausderbildlichevorstellugderorphischeMsterie

6Pentagramm 5/2011

große Ernte, bevor der Rassenkörper so sehr

kristallisierte, dass von großen Ernten nicht mehrgesprochen werden kann.

Wer kann jetzt noch den Geist erahren undverstehen? Wer hat nun noch das umassendeBewusstsein, um deutlich und spontan reagierenzu können?

Die Tausende von einst und die Hunderte von vor700 Jahren sind heutzutage bestenalls nur nocheine kleine Gruppe. Heute muss um jede einzelneSeele gekämpt werden, um einen Menschen voll-kommen ür das Licht önen zu können.Und die Brüder und Schwestern, denen das ge-lingt, allen au die Knie vor Dankbarkeit über dieeine gerettete Seele. Sie sind ebenso dankbar ürdie eine Seele wie die orphischen Hierophantenür die Tausende. Der Wein, der so mit dem Dio-nysos-Kult verbunden wird, ist somit das Symbol

ür die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. DenkenSie an den Wein beim Heiligen Abendmahl.Wenn die Weinranken sich um den Webstuhl derFrauen wanden und Milch und Honig von denDächern tropte, dann bedeutet das, dass die Be-rührung durch den Geist so dynamisch war, dassdie Menschen nicht mehr mit dem alltäglichenLeben ortahren konnten, sondern au den Geistreagieren mussten.So reagierten in den alten Zeiten Unzählbare au die anstürmenden Kräte von Dionysos. Die Men-schen wussten, worum es ging, weil sie durch dieLehren von Orpheus vorbereitet waren.Diese Lehren werden uns in Liedern und Ge-

dichten vorgestellt, gesungen und deklamiert von

Orpheus mit Hile der siebensaitigen Leier. DieseLeier ist das magische und bereiende Instrumentaller Söhne von Wille und Yoga, das siebenältigeVermögen des göttlichen Menschen.Der dialektische, nicht begreiende heutigeMensch behauptet, dass die Lehren und Gesängedes Orpheus sehr pessimistisch waren. Orpheuswar ein melancholischer Lehrer, wird mit Nach-druck behauptet. Doch Sie als Schüler der Geis-tesschule werden sich damit nicht einverstandenerklären. Was sagt Orpheus denn?Der Mensch ist sündig und unglücklich wegenseiner zweiachen Natur. Auch wir wissen das.Orpheus sagt, dass die Sehnsucht nach einemseligen Jenseits keinen Sinn hat. Er wünscht - wirzitieren wörtlich:‚ dem Kreislau zu entrinnen undnach dem Elend auzuatmen.’ Sie wissen genau,was damit gemeint ist. Orpheus lehrt, dass dasLeben ein ataler Kreislau ist, in dem der Mensch

geangen liegt. In seinem Geängnis gerät er voneinem Bösen zum nächsten, von Sünde zu Sünde.Die orphische Lehre bezieht sich somit zwar auchau die Sünden und das Elend in dieser Natur,aber über allem steht die Lehre von der Erlösung.Die Erlösung steht im Mittelpunkt.Um sie aktuell zu ermöglichen, tut Orpheus alles,um die Welt mit ihren dialektischen Begren-zungen zu erklären.Die bekannten Geschichten vom Fass der Danai-den und der Arbeit des Sisyphos stammen aus derbildlichen Vorstellung der orphischen Mysterien.Vielleicht kennen Sie die beiden Geschichten:Die Danaiden sind Sünder – aus dem ursprüng-

lichen Reich Gottes Geallene, die dazu verurteilt

wurden, ein Fass ohne Boden ortwährend mitWasser zu üllen. Von einem unstillbaren Lebens-durst gequält, sind sie mit diesem honungslosenUnterangen beschätigt. Das Fass wird natürlichniemals voll, nie können sie ihre durstigen Lippenmit Wasser benetzen.Sisyphos ist derjenige, der dazu verurteilt i st, einenFelsblock immer wieder einen steilen Berghanghinau zu rollen. Bevor er jedoch damit oben ist,rollt dieser immer wieder hinunter.Braucht es daür noch einen Kommentar?Wir sprechen von Entstehen, Blühen und Unter-gehen und sind dabei vielleicht noch zu optimis-tisch. Ist deshalb die orphische Sichtweise nichtviel genauer, die besagt, dass es in unserer Naturschließlich nur ein ‚Untergehen’ gibt? Ist unserganzes Leben nicht ein einziger Beweis davon?In den Räumen und Gebäuden, in denen or-

 phische Schüler unterwiesen wurden, wurden die

Danaiden mit ihrem Fass und Sisyphus mit seinemStein immer wieder sehr treend abgebildet.Deshalb kann man sagen, dass diese zwei ein-achen Symbole die ganze Dialektik abbilden, unddas schon vor 12.000 Jahren.Das ist sicher eine pessimistische Ansicht, jedochnur mit Bezug au diese Natur. Die Gesänge vonOrpheus erheben sich daraus in die Höhe undWeite. Es geht um die Erlösung, darum, demKreislau zu entsteigen.

Wie kommt die Erlösung zu Stande?Als erstes muss der göttliche Funke rei gemachtwerden, das göttliche Element, das im versunkenen

Mikrokosmos immer anwesend ist und bleibt.

Zum zweiten muss der Schüler den Weg des ‚Or- phicos Bios’ gehen, das ist der Weg des Sterbensder Natur nach. Das heißt, dass die Schüler derorphischen Mysterien eine sehr besondere neueLebenshaltung annahmen und ihren Weg in Stillegingen. Es versteht sich von selbst, dass sie dabeiin ast jeder Weise von der gewöhnlichen Lebens-moral abwichen.Zum dritten ging der Schüler den rituellen Weg.Dieser Weg bedeutet die systematische Berührung,Zerbrechung und Erhebung durch den und imHeiligen Geist. Der rituelle Weg ist der Weg desDionysos. Es erhebt sich der Sturmwind des Geis-tes, und der Schüler singt das Lied der Bereiung:‚Ich war ein Kind der Erde und des gestirntenHimmels, aber meine Herkunt ist himmlisch.Fürwahr, du weißt es!’

Die Folge des Gehens au dem Pad durch heiliges

Handeln, Lernen und neues Leben ist das Entrin-nen aus den Ketten des Elends.So wandelt sich der Pessimismus der Natur nachin sprühenden Enthusiasmus des Pilgers – gesättigtdurch den Wein des Geistes. Sie tanzen wie Bac-chanten, wie einstmals alle Heiligen und Bereiten- wie es auch in den Psalmen beschrieben wird.Sie tanzen ihre Bereiungstänze mit den Monaden- das sind die Neuen Seelen mit dem bereiten,wiedergeborenen Geist – und singen, begleitet vonder siebensaitigen Leier des Orpheus:‚Heil dir, der du das Leiden erduldet hast! 

Dies hast du noch niemals erlebt:

Vom Menschen wirst du zu Gott!’  µ

Die Msterien von Orpheus 7

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Pentagramm 5/2011

‘EiEsel,derumeieMühlsteiimKreisegig,lieudlieudlegtehudertMeilezurück.Alseredlichlosgemachtwurde,beadersichwiederamAusgagspukt.SogibtesauchMesche,diebrigegroßeEterugehitersichudkommedochkeieSchrittweiter.WeesAbedwird,habesiekeieStadtudkeiDor,keiGeschpudkeienatur,keieMachtudkeieEgelgesehe.vergeblichhabesiesichbemüht,dieElede.’

Bezieht sich dieses Zitat aus dem Evange-

lium von Philippus nicht genau au unserheutiges Leben? Gehen auch wir nicht im-

mer im Kreis herum und mahlen auch wir nichtunter großen Mühen unser Korn bei der Arbeit,in der Familie, in der Gesellschat und machenweiter und weiter - wir eilen und und hasten?Und ‘wenn es Abend wird’, wenn wir sterben,haben wir nichts wirklich gesehen. Wir haben diewesentlichen Dinge nicht erkannt: Nicht das We-sentliche der zwischenmenschlichen Beziehungen(‘keine Stadt und kein Dor ’) und nicht das We-sentliche der Tiere, Panzen und Naturkräte. Alldies ist unserer Aumerksamkeit entgangen. Undau der Ebene der übersinnlichen Welten habenwir die kollektiven ‘guten und bösen’ Energien, dieuns lenken, nicht bewusst erlebt und uns davondeshalb auch nicht bereien können. ‘Vergeblichhaben sie sich bemüht, die Elenden.’Das Evangelium, das Philippus vor ast 2000

Jahren geschrieben hat, kann man direkt au dieSituation des modernen Menschen anwenden. Essieht ast so aus, dass es in unserer Zeit im Wüs-tensand hat geunden werden müssen, um uns au eindringliche Weise au unsere Lebenssituationaumerksam zu machen. Das Evangelium kannunsere heutige Situation verdeutlichen, aber unsauch au die Möglichkeit, ja sogar Notwendigkeiteiner ganz anderen Lebensweise hinweisen, dienäher an unsere wirkliche Bestimmung anknüpt.Das Evangelium gibt eine Beschreibung dessen,wie dieser ganz andere Zustand aussieht und wieman ihn erreicht. Zum Beispiel: ‘Welche Toteserben, sind selber tot und erben nur Totes. Die

aber Lebendiges erben, die leben und sie erben das

Lebendige und das Tote dazu.’Solange wir wie der Esel im Kreis gehen undvergebens unsere Probleme wiederkäuen, werdenwir nicht aus dem Kreislau ausbrechen. Wir erbennur ‘Totes’, während wir physisch noch leben,und sind deswegen selber ‘tot’. Es gibt aber eineMöglichkeit ‘Lebendiges’ zu erben, weil der un-bewusste Funke des Geistes, der spirituelle Kern,nur der richtigen Nahrung und Spielraum bedar,um sich entalten zu können. Wenn dieser Kernau einem spirituellen Weg, wie er im Evangeliumvon Philippus bis ins letzte Detail beschriebenwird, bewusst zur Entwicklung kommt, ‘erben wirLebendiges’, das Leben in einer unvergänglichenWelt, und auch das ‘Tote’. Denn ür jemanden, deraus der Ewigkeit lebt, bekommen alle Dinge, auchdie ‘toten’, ihren Sinn und werden ihm dienen. Je-der Mensch ist nach den Worten dieses Evangeli-ums wie eine Perle, die, auch wenn sie ihren Glanz

noch nicht erlangt hat, trotzdem ihren Wert hat.‘Wenn die Perle (der unvergängliche Kern) in denSchmutz (das gesellschatliche und individuelleChaos) geworen wird, wird sie davon nicht min-derwertig. Auch wird sie nicht wertvoller, wenn siemit Balsam gesalbt wird (wenn sie mit Illusionen

 poliert wird); sie behält vielmehr stets den glei-chen Wert in den Augen ihres Besitzers. So ist esauch mit den Kindern Gottes: Wo immer sie sind(im Schmutz oder in den Illusionen), sie habenden gleichen Wert bei ihrem Vater!’Es kommt nur darau an, sie einmal von Schmutzund alschem Balsam zu bereien. Dadurch wirddie Perle, unser unvergängliches Sein, ihren voll-

ständigen Glanz erhalten. Philippus bringt uns inseinem Evangelium in einer Bildersprache Gescheh-nisse aus unserer vergänglichen Welt nahe, die un-vergängliche Wahrheiten über unser Leben und dieEssenz unserer Erahrungen wiedergeben. Wer dieseBilder, Gleichnisse und Symbole entschlüsselt, wirdmit überraschenden Einsichten belohnt werden.µLiteratur: Aprokryphe Evangelien aus Nag Hammadi, 

Konrad Dietzelbinger,Edition Argo,Dingelder Verlag 1989,(2. Auage)

‘Wenn es Abend wird’ DASEvAnGELIUMvOnPHILIPPUS

Au äußerst einsinnige Weise drückt dieses Fresko

die Hingabe und das große Seelenverlangen des

„Orante“ aus. Die ersten Christen, die im eindse-

ligen Rom des dritten Jahrhunderts ihre Zuucht

(und Begräbnisstätte!) in den Katakomben suchten,

blickten au Christus als „Menschenhüter“, so wie

auch die Hermetiker Herme s als „Poimandres“

ansahen, ein Wort mit gleicher Bedeutung.

Fresko in der Priscilla-Katakombe, Rom, ca. 200-225 n. Chr.

‘Wenn es Abend wird

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0Pentagramm 5/2011

 JederhegtiGedakeschoeimalparadiesischeErwartuge.DerStudeterträumtsicheiegläzedeKarriere,derSportlerbesteigtdasSiegerpodest,derSchauspielergeießtdeRauschdesApplauses.DieWirk-lichkeitkajedochlligadersaussehe-bishizumAlbtraum-udrutmachmalverzweiug,Widerstad,verbitterugoderverwuderugüberdeuerwarteteverlauheror.

Der Volksmund sagt, jemand sei “unter

einem guten oder schlechten Sterngeboren”. Korrekter ist wohl: “unter

einem sowohl guten als auch schlechten Stern”,aber im Übr igen kommt das Bild der Wirklich-keit recht nahe, davon ausgehend, dass dieserStern nicht so zuällig ist, wie er erscheint.Die Spuren allen Tuns und Lassens durch alleInkarnationen hin, ergänzt um die Ernte un-seres heutigen Bestehens, bilden als magnetischePunkte und Kratlinien tatsächlich ein inner-liches Firmament - auch das “aurische Wesen”genannt - in unserem Mikrokosmos, unsererWelt im Kleinen.Dieses Firmament enthält von jedem “Bewoh-ner” sowohl eine unerwünschte und lieber nichtgesehene dunkle Seite als auch eine leuchtendeSeite, voll bereits erworbener Seelenqualität,und damit ein Paket, das sowohl Stimulanzienals auch Hemmnisse umasst. Deshalb: sowohl

gut als auch schlecht.Die Ladung, die Qualität beider Elemente, bildetbuchstäblich die persönliche Bestimmung, die- scheinbar blindlings - die Persönlichkeit durchUmstände und Geschehnisse ühren wird, umeinerseits die vorhandenen Gaben als Entwick-lungsbasis zu nutzen und anderereits die ererb-ten oder neu erlittenen Makel und Verletzungenzu verarbeiten, zu neutralisieren, zu heilen. Dar-an ist nichts Verwunderliches. Dieser Seinszu-stand wirkt wie ein Magnet, der die Einüsseaus unserer Umgebung anzieht oder abstößt,entsprechend den Verlangen und Ambitionen,mit denen unser Firmament geladen ist.

Bis hierhin erscheint das alles noch recht ein-

ach, aber da ist noch mehr. Im Allgemeinensehen wir uns selbst als Individuen, jeder ürsich, aber wir sind wie mit unsichtbaren Fädenmit allem und allen est verbunden. So wie dasSonnensystem ein eigenes System bildet unddoch eins ist mit dem Universum, so ist auch

 jeder Mikrokosmos eins mit dem Makrokosmos. Jeder Schritt, durch das Individuum getan, isttatsächlich ein Schritt ür die Menschheit, sei esvorwärts, sei es zurück. Denn in Wirklichkeitgibt es nur einen Menschen, den Menschen. Undvon diesem Menschen sind wir, die Persön-lichkeit mit ihrer stofichen Gestalt, eine Aus-drucksorm, so wie Worte die Ausdrucksormeiner Sprache sind.Aus dieser Verbundenheit olgt, dass neben dem

 persönlichen Beitrag auch noch Einüsse derGruppe und sogar der Welt bestehen. Au dieseWeise wird verständlich, wenn sowohl Individuen

als auch Bevölkerungsgruppen hin und wiedersehr merkwürdige, ja manchmal dramatischeWege gehen, die nicht so direkt aus historischenoder aktuellen Gegebenheiten zu erklären sind.Oensichtlich muss dann ein wie auch immergestörtes Gleichgewicht wiederhergestellt, eineSchuld abbezahlt, ein Verdienst honoriert werden.Aber von wem? Warum von mir? Welcher Gottoder Dämon belastet mich mit einem Schuld-brie, unter dem nicht einmal meine Unter-schrit steht? Ist das die so angebetete Liebe,ist das die so geprie sene Gerechtigkeit? Wirberühren hier die ewige Frage nach dem Sinndes Leidens. Es gibt keinen Gott, der die Plus-

Säen und erte

Säen und ernten

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Pentagramm 5/2011

und Minuspunkte unseres täglichen Wandelns

notiert, um dann die angemessene Strae oderBelohnung zu bestimmen. In jeder Sekundegeht die Rechnung vollständig au. In Wirklich-keit ist es - wenn wir diese Metapher noch wei-ter gebrauchen düren - eine übermenschliche,erhabene Energie, die von jedem Menscheneine im wahrsten Sinne des Wortes über-elek-tronische oder magnetische, medizinische Akteanlegt und anhand dieser die geeignete Therapiezur Genesung anbietet. Sind wir denn krank? Ja,so können wir das wohl nennen.Zuviel hat sich zwischen Mensch und Mensch,zwischen Sprache und Wort, zwischen Quellund lebendige Erscheinung gestellt. Wir sind imLau der Zeiten stets tieer abgesunken in dieÄußerlichkeiten, die Worthülsen, die Materieund haben uns somit stets weiter enternt vonunserer Herkunt, dem Quell des Lebens.Dieser Quell ist das eine Gleichgewicht. Der

Strom, der davon ausgeht, kann nicht abseitsbleiben in diesem stets weiteren Abgleiten desmenschlichen Treibens, steht aber vor einem Di-lemma: Der Mensch hat einen reien Willen. DieLiebe kann nicht eingreien, aber wohl als Stromsteuern, korrigieren. Darum sagt man, dass unser

 jetziges “Los” das Beste ist, was uns geschehenkann. Ein recht tiesinniger Ausspruch, aberwenn es darau ankommt, schwer zu akzeptieren.Der ursprüngliche Mensch ist ein reies Wesen,denn er ist ein “Bild und Gleichnis Gottes”. Essteht ihm vollkommen rei, ob und wie er au dieses Angebot reagiert.Er kann dagegen streiten - und dann wird es

ein Schicksal. Er kann darin ruhen und sehen,

das Beste daraus zu machen; ür ihn ist es danneinach sein Los. Als reiere Seele jedoch kanner seinen Lebensweg verstehen und als Au-trag annehmen und so den Durchgang zu jenerhöheren Spirale, der wahren Menschwerdung,nden. Er kann entweder mit den mitgebrachtenTalenten arbeiten oder versuchen, diese zuvergraben, was übrigens nur vorübergehende Er-leichterung bringt. Ein Problem taucht nämlichsolange unerwartet in der einen oder anderenForm wieder au, bis wir bereit sind, es zu lösen.Die alten Griechen hatten ür jede Gelegenheiteine Reihe von Göttern und Göttinnen parat.Die Lenkung des menschlichen Loses wurdeNemesis anvertraut, der Göttin mit der Augen-binde und der Waagschale. Bei den Römern istdies die Jungrau Justitia. Justitia ist Gerechtig-keit; ‘Dura lex, sed lex.’ (Das Gesetz ist hart, aberes ist das Gesetz!) oder, um noch einmal eine

Weisheit aus dem Volksmund zu zit ieren: ‘Wasdu säst, wirst du ernten.’

Wie auch unsere Reaktion au unser Los aus-sieht, es ist keine Wahl, die ohne Folgen bleibt.Sie kann der Beg inn einer völlig neuen Lebens-haltung sein. Auch diese ist dann keine Einbahn-straße, denn sie umasst sowohl unsere Haltunggegenüber dem Leben als auch die Haltung desLebens im Hinblick au uns. Los hat nichts mitLotterie zu tun! Die Felsbrocken au unseremWeg haben wir selbst dort hingelegt, die Fall-gruben selbst gegraben, individuell oder kollek-tiv. Wie aussichtlos es auch manchmal erscheint,

wir müssen und können sie selbst wegräumen,ür uns selbst, ür alle. Denn neben Widerstand,

leidvollem Untergang und aktivem Annehmenist noch eine vierte Reaktion au unser Losmöglich. Das Wesen der Ewigkeit ist Gleichge-wicht, Harmonie, Gerechtigkeit und Liebe. Wenndieses Gleichgewicht gestört ist - und das ist es- und die Gerechtigkeit uns anklagt, können wiruns au die Liebe beruen, jedoch nicht so ohneWeiteres, sondern nur insoern wir Liebe sind.Allein in dem Sehen, Begreien, Erbarmen, dasin unserem eigenen Wesen aublüht, kann allesGut und Böse augelöst werden.Das Annehmen dieser Handreichung kann denMenschen hinauziehen in eine andere Wirklich-keit, in der es kein Siegerpodest gibt und die sich

doch als unendlich höher und tieer erweist alsdie größten Taten, die er sich selbst je angedich-

tet hat: eine überraschende Neuordnung seinesSelbstbildes, seines Platzes im Ganzen, rei vonSchuld und Buße, rei von eigenen Leistungenund Erolgen. So wird neue Schuldenlast ver-mieden und Verdiensten nicht mehr nachgejagt.Wachsamkeit erwächst ür die Zeichen sowohlvon Untergang als auch von Augang, in uns undrund um uns. Für jede Blume, die verwelkt, ö-net sich eine neue Knospe - in der großen Weltund in unserer kleinen Welt. Denn die großedrängende Krat der Liebe au unserem langenWeg zurück nach Hause ist konstante Erneuerung ,solange, bis alles, was in die Zeit graviert wordenist, in die Ewigkeit augehen wird.µ

Die neue Lebenshaltung ist nicht „eingleisig“,keine „Einbahnstraße“

Säen und ernten

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Pentagramm 5/2011

IderheutigeZeit,woReligiomehrudmehrideHitergrudtritt,kewireststelle,dasseizuehmedesIteresseürPhilosophieetsteht.Esscheit,alsobwirdaouuserHeilerwarte,dasowohlGott,alsauchreligisesErlebeimmermehrideHitergrudgedrägtwerde.PhilosphiewirdhäufgmitSpiritualitätidirekteverbiduggebrachtuderzeugtdadurchhoheErwartuge.

In der Vergangenheit war Religion die erste Ins-

tanz ür die Lösung unserer Daseinsproblemeund ür Fragen nach der Sinnhatigkeit unseres

Lebens. Die Philosophie wurde meist nur als eininteressanter Zeitvertreib ür Intellektuelle gese-hen. Seit der Auklärung hat jedoch die Philoso-

 phie ihren Platz au der Bühne der lebensanschau-enden Denksysteme zurückerobert. Man sprichtheute sogar von Quantenphilosophie (s. Penta-gramm 4/2011), da nun die moderne Quanten-

 physik versucht, eine Brücke zwischen Physik undMetaphysik zu schlagen.Die Physik vor dem 20. Jahrhundert kam ohne dieReligion aus, ohne Gott, sie war eine rein empi-rische Wissenschat, die durch ein mechanistischesKausalitätsgesetz beherrscht wurde, aus dem allesentstand und sich vollzog. Dieses Denken be-herrschte auch die Philosophie derartig, dass sieseitdem mit den zumeist elementaren Lebensra-gen und dem Einuss der Religion darau ringt.

Für etliche Philosophen verschwand die Not-wendigkeit, in ihrem Denken über die Welt nocheinen Platz ür religiöse Begr ie und Vorstellungeneinzuräumen. Nietzsches Aussage: “Gott ist tot”,ist wohl eins der bekanntesten Beispiele.Philosophen zeichnen sich in der Regel durch ihrgroßes Bedürnis nach ausgesprochen moralischenAuassungen und einleuchtenden Denitionenihres Verständnisses von Ethik aus. Doch gera-de au dem Gebiet der Ethik und der Religiongerät mancher Philosoph in Bedrängnis und musserkennen, dass diese Aspekte des Daseins sichdem Einuss von Wissenschat und Philosophieentziehen. Die Art, wie sich die Wissenschat der

Welt und dem Menschen nähert und beides un-

tersucht, und die Art, wie man mit den religiösenStandpunkten umgeht, bleiben streng voneinandergetrennt. Trotzdem spielt die Ethik eine Hauptrolleim Denken der Philosophen. Ethik können wirzusammenassen als das Streben, etwas gut oderbesser zu tun.

DASBöSEUnDDIEOHnMACHTDERPHILO-SOPHEnWenn ein Philosoph au der Behaup-tung beharrt, dass Ethik ohne Religion sehrwohl möglich ist, dann können wir ihn natürlichschlichtweg ragen, warum der Humanismus derNachkriegszeit dann keinen Frieden gebracht hat,sondern nur eine Verlegung der Kriegsschauplät-ze. Es wird stets deutlicher, dass auch die Philo-sophie das Wegallen der Religion als richtung-gebenden Einuss im Leben nur unzureichendkompensieren kann.Ein anderes Phänomen, das die Begrenztheit der

Philosophie deutlich illustriert, ist der Umgangmit dem Bösen. Es scheint, als ob sich in die-ser Zeit viele Formen des Bösen hemmungslosmaniestieren und sich gänzlich dem Urteil derPhilosophen entziehen. So ragte sich die ame-rikanische Philosophin Susan Neiman erstaunt,warum das Problem des Bösen in der Philosophieso lang vernachlässigt wurde. Zeitgenössische Phi-

Allein derFeuerogelüberwidet das Böse

RELIGION UND PHILOSOPHIE IN DER HEUTIGENGESELLSCHAFT

Die energiereiche Lebenskrat und neue

Dynamik – die symbolische Bedeutung

des Feuervogels – kommen stark zum

Ausdruck in dieser Impression des Feuer-

vogels des ranzösischen Künstlers Uleski.

Oiseau de eu © Uleski, 2007

Allein der Feuervogel überwindet das Böse

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Uddakaessei,dass–alsmächtigesSmbol–derFeuerogeliuseremLebeerscheit,alsZeicheürdewahreDeker,derderMeschimtiesteWeseist

6Pentagramm 5/2011

losophen beantworten diese Frage damit, dass das

Böse ein religiöser Begri und Gott ja doch tot ist.Sie sehen das Böse nicht länger als ein Thema an,worüber es etwas Tiegreiendes zu sagen gäbe.Es scheint jedoch, dass jeder, der wahrlich dieWelt ergründen will, immer wieder mit dem Pro-blem des Bösen konrontiert wird. Gerade das an-haltende Ringen mit der Frage, warum andauerndDinge in der Welt geschehen, die nicht geschehensollten, zeigt an, dass es keine philosophische Lö-sung ür das Problem des Bösen gibt.Aber ist das Böse denn ausschließlich als religi-öses Problem zu betrachten? Liegt dieses Problemnicht in jedem Menschen tie verankert? DerMensch dieser Natur kennt doch das Gute nurmit seinem untrennbaren Mitgesellen, dem Bösen.Natürlich kann man sagen, dass die herrschendeReligion das Böse sozusagen verabsolutiert hat,indem sie das Böse eng mit der Sünde verbundenhat. Haben die kirchlichen Dogmen, die das Böse

 praktisch außerhalb des Menschen stellen, nichtbei Zahllosen zu einem starren und ängstlichenSchuld- und Sündenbewusstsein geührt? Aberbezwingen konnte man das Böse damit nicht.

ÜBERDIEURSACHEDESBöSEn Über die Ursacheund das Wesen des Bösen bestehen viele Theo-rien. Rudol Steiner erklärt in seiner Abhandlung“Das Mysterium des Bösen”, dass das Böse in derPrä-Zeit aus einer notwendigen Voraussetzung ürdie Entwicklung des Lebens entstanden sei.Durch das Erschaen von Widerständen undGegenkräten sollte das Leben sich kratvollerund besser entwickeln, doch daraus ist später

dann das Böse als unbeabsichtigte Wirksamkeit

entstanden.Wenn wir als Mensch Behinderung oder Wider-stand au unserem Lebensweg erahren, kön-nen wir leicht in eine negative Verhaltensweiseabgleiten. Darum können wir das Böse auch alsden negativen Pol des Selbstbehauptungsdrangsansehen, der jedem Menschen eigen ist.Während einer Vorlesung über die Gnosis wurdeeinmal die Frage gestellt, woher aus gnostischerSicht das Böse stammt. Die Antwort lauteteüberraschend einach: “Das Böse stammt aus derUnwissenheit”.Mit dieser Unwissenheit war nicht ein Mangel anWissen gemeint, sondern die völlige Unbewusst-heit bezüglich des wahren Mensch-Seins.Mittels intensiver Selbstprüung ist es allerdingsmöglich, zur Erkenntnis der wahren Art des Bö-sen durchzudringen, wie es in jedem Menschenverborgen liegt, und dadurch eine bessere Ein-

sicht in die Gesetzmäßigkeiten, die Mensch undWelt regieren, zu erlangen.

Zu den wichtigsten Einüssen, die das Lebendes Menschen bestimmen, können wir wohl seinStreben nach Macht, Ansehen und Besitz rechnen;Vorstellungen, die in den meisten Fällen zuSelbstüberschätzung, und damit auch zu Selbst-behauptung und Selbstsucht ühren.Durch den Streit um das Sein werden die Natur-gesetze sich nicht ändern – ungeachtet aller po-litischer oder ökonomischer Veränderungen, dieman vornimmt – und man braucht kein Prophetzu sein, um vorherzusagen, was au der höchsten

Stue der kultivierten Selbstsucht passieren wird.

Der innerliche Zwiespalt der Menschen wird zueinem Höhepunkt geührt werden und das wirddie Spannungen noch explosiver werden lassen

 – siehe das Drama von Norwegen im Juli, daswir deutlich als eine schreckliche, aber unab-wendbare Folge davon ansehen können.Können wir mit dieser Einsicht das Böse über-winden ? Die zugespitzte Individualität des heu-tigen Menschen zwingt jeden von uns zu einemgroßen Maß an Selbstautorität in Bezug darau,was er aus seinem Leben macht. Selbstverwirkli-chung ist somit auch die wichtigste Entwicklungs-augabe, vor die der heutige Mensch gestellt wird.Wer aus tieem Verlangen dazu bereit ist, sich au eine innerliche Orientierung zu richten, kann amBeginn einer intensiven Suche stehen.Aus der Erkenntnis, dass da eine andere Wirk-lichkeit bestehen muss, von welcher wir einevage Erinnerung in unserem tiesten Wesen

tragen, bricht dann die Einsicht durch, dass derZwiespalt unserer Welt - und damit das Böse- nie wirklich überwunden werden kann. Klarund deutlich steht vor uns, dass unser Lebenseldunmöglich das ursprüngliche Feld des Lebenssein kann oder werden wird. Wir selbst müs-sen undamental verändert werden - darin liegtder Schlüssel. Und an diesem entscheidendenWendepunkt in unserem Leben sehen wir dieUnzulänglichkeit aller Philosophien und derherrschenden Religionen deutlich vor uns, unddann kann es sein, dass – symbolisch gesehen

 – der Feuervogel in unserem Leben erscheint, derPhönix, das universelle Symbol ür den neuen

Augang des Menschen zur strahlenden Größe

eines neuen Menschseins, durch die Wiederge-burt der unsterblichen Seele.

DIEKRAFTDESFEUERvOGELSUnDDIEnEUELEBEnSHALTUnG Die Philosophie und darüberhinaus die Religion können nun au wahre Weiseihre Macht zurückgewinnen – durch die Kratdes Feuervogels. Die wahre Religion beweistsich durch das Zustandebringen einer erneuer-ten Bindung mit dem erhabenen, über die Naturhinausgehenden Leben. Dies wird den Menschenschließlich zu einer erneuerten Bindung mit demgöttlichen Leben ühren und er wird, bildhatgesprochen, den Feuervogel, den erhabenen,geistigen Menschen, aus seinem naturgeborenenKörper austeigen sehen.“Transguration” nennen die Rosenkreuzerdiesen Prozess der neuen Menschwerdung, derzu einer absoluten Überwindung der Ich-Ge-

bundenheit und einer Bereiung vom Joch derNaturkräte ührt.Alle Weltreligionen beinhalten die Urweisheitder unsterblichen Seele, welche mit dem Geistverbunden ist. Nur eine wiedergeborene Seelekann in die ursprüngliche, göttliche Welt desewigen Friedens eingehen. Und der radikaleProzess der “Selbstrevolte” au der Basis einervollständigen Selbstübergabe ührt in der Tat zuneuen Einsichten, ja, zu einem neuen Bewusst-sein, wodurch ein bewusst gelebter neuer Le-benszustand möglich wird.Das größte Problem ür den Menschen scheintdarin zu liegen, dass er den Kern jeder Religion

Allein der Feuervogel überwindet das Böse 7

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Pentagramm 5/2011

und jeder Weisheitsschrit wohl begreien, aber

ot nicht danach handeln kann. Man ist meist nur“Zuhörer, aber kein Täter des Wortes”, wie Pau-lus es schon ausdrückte. Aber allein im Handelnwird Wissen zu Weisheit.

Wir wollen versuchen, uns eine Vorstellung vondieser neuen Lebenshaltung zu machen.Zunächst wird der Akzent darau gelegt, die Ver-antwortung ür alles zu übernehmen, was manim täglichen Leben tut oder auch unterlässt. Die-se Eigenverantwortung wird in einen liebevollenUmgang mit den Mitmenschen, den Tieren undder Natur münden. Man kann es bezeichnenals: sich in Nächstenliebe üben. Doch das alleingenügt nicht. Es wird in dem ortschreitendenProzess auch die Selbstübergabe mit Geduld undAusdauer angestrebt werden müssen.Dabei werden wir langsam aber stetig Energienaus einem anderen Krateld, das heißt, reine Le-

benssubstanzen aus der Gottesnatur assimilierenkönnen. Nur mit diesen Kräten wird es möglichsein, die neue Lebenshaltung in die Praxis um-zusetzen. Wir leben dann aus der einen, reinenLiebeskrat, aus der Krat des: “Liebe deinenNächsten wie dich selbst” und des: “Nicht meinWille, sondern Dein Wille geschehe”.Wir entdecken dann, dass das Leben, geradedadurch, dass das Ich nicht mehr im Mittelpunktsteht, überraschend einach wird.Mit Einsicht dem Nächsten, der Welt und derMenschheit zu dienen, wird damit zur Selbstver-ständlichkeit. Dies ist die Kernaktivität der neuenLebenshaltung.

GRUPPEnEInHEITFÜHRTZUGLEICHGESInnTHEIT

Die Geistesschule des Goldenen Rosenkreuzes,einer der Brennpunkte in dieser Welt, wo Licht-krat reigemacht wird, legt großen Nachdruckau die Gruppeneinheit. Im Streben, in der Aus-richtung, im gegenseitigen Beschirmen, in der sobesonderen Atmosphäre und im Krateld. Diesördert nicht nur den gesamten Prozess spiritu-eller Transormation, sondern ganz konkret aucheinen Prozess von physischer Regeneration.Durch eine lebendige Verbindung des sich läu-ternden Bewusstseins und des gereinigten Her-zens mit der geistigen Matrix, die in und um dieGruppe als eine schöperische Krat zur Transor-mation existiert, verändern sich auch die phy-sischen Eigenschaten des Menschen. So kommendie Mitglieder durch ihr kollektives Bemühen zumwahren Gottesdienst: “das Empangen können undwieder Wegschenken der Kräte des Lichtes, die

 jederzeit helend, unterstützend und in diesem

Sinn bereiend wirken”. So kann Gruppeneinheitletztendlich zu Gruppenreundschat ühren!

DERPHönIx,SyMBOLDERBEFREIUnG Der Feu-ervogel ist der Vogel, welcher der absoluten Frei-heit entgegen iegt und er gilt als Symbol ür dasFeuer der Geistkrat. Das Feuer des Geistes kön-nen wir als den wahren Glauben ansehen, einevertraute, innerliche Verbindung mit der Welt desGeistes. Damit werden wir sehr schnell unsereheutigen eingeschlienen Glaubensauassungen,womit unsere Ich-Persönlichkeit ihr Weltbildgenährt hat, überwinden können. Und die neuenEinsichten, das neue “Wissen von Dingen, die

man noch nicht sieht” – das ist die wahre Bedeu-tung von “Glauben” – wird uns vom alten Welt-bild und von der tragischen Wahnidee bereien,

dass wir unser vergängliches Ich ür unser wahresSelbst halten. Denn gerade dieses Bild vom Selbstbindet den Menschen an die relative Welt.

DASnEUEPOTEnZIAL Um den Prozess derTransguration verstehen zu können, ist es vonessentieller Bedeutung zu wissen, dass mehrereWelten und Wirklichkeiten existieren. In diesemZusammenhang sprechen wir von der “Statika”,der absoluten Welt, der ursprünglichen göttlichenOrdnung, und der “Dialektik”, der relativenWelt, dem Lebenseld dieser Welt. Wenn es demMenschen gelingt, sein wahres Selbst wieder-zunden, hat er den Schlüssel zur Erlangung

eines wahrlich schöperischen Bewusstseins imSinne der ewigen geistigen Ordnung selbst in derHand. Daür ist gleichsam ein Quantensprung in

eine höhere Bewusstseinsdimension notwendig,der uns von unserer Gebundenheit an die relativeLebenswirklichkeit dieser Welt löst.Wenn der Mensch das unermessliche Potenzialseiner selbstbereienden schöperischen Möglich-keiten sinnvoll nutzt, kann er die alte Welt buch-stäblich “überwinden”, und der kommende neueMensch wird zu einem Bewohner der ewigenabsoluten Welt. Unsere relative Welt ist nur eineBrücke, die wir überqueren können. Sie dient uns,um durch sie zur Bewusstwerdung unseres wah-ren Selbstes und seines Adels gelangen zu können,aber wir sollen uns au dieser Brücke keinHaus bauen! µ Literatur au Anrage durch die Redaktion

neueEisichtemacheusreiodertragischeWahidee,userergäglichesIchürdaswahreSelbstzuhalte

Auch der Bauhaus-Künstler Lyonel Feininger wurde 1926 von dem mächtigen Bild eines Vogels,

aus dem Sturm austeigend, ergrien. Lyonel Feininger, Vogelwolke (Wolke nach dem Sturm), 1926.  Cambridge: Busch-Reisinger-Museum, Massachusetts, USA

Allein der Feuervogel überwindet das Böse

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0Pentagramm 5/2011

Die Mythe von Orpheus lautet: ‚Aneinem bestimmten Tag sah Apollo, derSohn von Zeus, dass die Menschen au 

Erden sich einem sündigen und gottlosen Lebenhingaben und sich in verschiedenen Ausschwei-ungen auslebten. Er sah, dass – obwohl dieMenschen Gott als ihr höchstes Ziel im Lebenbetrachteten – ihr praktisches Leben sich nichtmehr danach richtete.Der Gott des Lichtes, der ewigen Jugend, derMusen und der Heilkunst – Apollo – beschloss,der Menschheit zu helen. Er goss seinen Geistin eine ihm geweihte Priesterin aus, Kalliopegenannt. Kalliope (die Muse der Dichtkunst und

Rezitation) gebar einen Sohn, den sie Orpheusnannte.’ Dieser Name, der phönizischen Ur-sprungs ist, bedeutet: „er, der durch Licht heilt“(aour = Licht; rophae = Genesung). Um ihmEhre zu erweisen, nannte man ihn auch ‚denwohltuenden Retter der Menschen’ oder ‚dendreimal Gekrönten: im Himmel, au Erden undim Schattenreich’.‚Apollo schenkte Orpheus schon in jungen

 Jahren eine siebensaitige Leier, und es warendie Musen, seine Tanten, die ihn das Spielenund Singen lehrten. Jede Saite dieser Leierstand ür einen siebten Teil der ganzen Schöp-ungsharmonie und jedes Mal, wenn Orpheus

den Saiten ihren Klang entlockte, erstrahlte dieganze Schöpung durch sein Licht. Als Orpheuserwachsen wurde, verließ er seine Mutter undihre Schwestern, die anderen acht Musen, umdie göttliche Musik au die Erde zu bringen.’Stimme und Saitenspiel von diesem Sohn desLichtes waren so rein, so erhaben, so unge-künstelt, dass (so erzählt die Mythe) Kr iegerihre Waen niederlegten, wilde Tiere sich wiebezaubert zu seinen Füßen niederlegten, Bäumeihre Wurzeln aus dem Boden zogen, um näherkommen zu können, ja, dass sich selbst Felsblö-cke au den himmlischen Sänger zu bewegten.

GöTTLICHEEInWIRKUnG Dieses Bild steht ürdas Geschehen, wenn die gewöhnliche Naturdurch eine lebendige, vibrierende Krat ausder ursprünglichen Übernatur mit ihren reinenEnergien von viel höherer Schwingung be-rührt wird. Um die Mythe von Orpheus gutbegreien zu können, gehen wir am besten vomMenschenbild der alten Gr iechen aus. DiesesMenschenbild ist stark durchzogen von der altenMysterienweisheit, die den Menschen als einundamental zweiaches Wesen darstellt.Au der einen Seite steht der Mensch der Natur,der ruhelose Mensch, erüllt von tierischen, aberauch erhabenen Neigungen, stets au der Suche

Das Dramader unmöglichen LiebeDieErzählugoOrpheusudEurdike,diemaauerschiedeeWeiseiterpretiereka,hateiigeKompoistewieMoteerdi,GluckoderOebachispiriert,Musikzuschreibeüberetwas,dasmaalsdas«DramaderumglicheLiebe»bezeicheka.DiesichtoheGrud:EsgibtkeieadereKustorm,diedeGeistdergttlicheLiebe(Orpheus)besserausdrückektealsdieTokust.SowiederGeististauchdieMusikollerEtzückugudErhebug,gleichzeitigaberauchurorübergehedudichtzuasse.SowiederGeistketauchdieMusikkeievergageheitudkeieZukut,siekommturimumittelbareHeutezuLebeudWirkug.UdwieauchbeieiergeistigeBerührugkemittelsderMusik

Fukeübersprige,FukegttlicheFeuers.

nach Ruhe und Gleichgewicht in einer Welt,

die ortwährend in Bewegung ist und in derschließlich niemals Ruhe und Harmonie zunden sind. Das Lebenseld des Menschen wird

 ja doch vollständig beherrscht durch Gegen-sätze: Tag - Nacht, Licht - Dunkelheit, Liebe -Hass, Leben - Tod. Der sich selbst behauptendeMensch klammert sich an einen der beidenentgegengesetzten Pole: Er will Gesundheit,nicht Krankheit; er will Überuss und keinenMangel; er will Leben, nicht Tod; und er willLiebe, ohne Hass. Doch das Gesetz der zweiPole, die Dialektik, welche alles im Lebenin sein Gegenteil verkehrt, ist unerbitt-lich: nichts hat Bestand!Andererseits wohnt im Menschenein göttlicher Kern, der sichentalten kann – soern derNaturmensch dies zulässt.Dieser göttliche Kern schenkt

dem daür sich önenden Men-schen einerseits Einsicht in dieTragik des irdischen Bestehensund andererseits ein Verlangen,ein mächtiges Heimweh nacheinem anderen Leben, dasrei ist, rein und erhaben. DieMysterienschulen aller Zeitennahmen und nehmen Menschenau, in denen das göttliche Be-wusstsein durch einen zweia-chen Prozess erwacht: DurchLoslösung, durch Ichzerbre-chung lernt der Mensch, sich

ORPHEUS UND EURyDIKE

Das Drama der unmöglichen Liebe

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Pentagramm 5/2011

innerlich von der animalischen Natur zu dis-

tanzieren. Er lernt vor allem auch, wie aus demgöttlichen Kern eine neue Beseelung wachsenkann, die von allem Anang an mit dem Geistverbunden ist und von diesem schließlich ganzerüllt wird.Die Mythe von Orpheus lässt uns erkennen, wievon Zeit zu Zeit aus der Übernatur, aus demursprünglichen göttlichen Lebenseld Impulseausgehen, die versuchen, alles, was im MenschenGeist ist – jedoch noch latent – zum Leben zuerwecken. Obwohl der reine Geistkern tie ineinem Herzen schlummert, welches so ganz undgar vom natürlichen, niederen Leben überwu-chert ist, scheint stets noch etwas darin zu glim-men, nachzuschwingen und au den Weckru von Orpheus zu reagieren. Orpheus’ Musik istimstande, selbst dem Menschen, der sich nochest an seinen unsicheren irdischen Besitz klam-mert, wie in einem Bewusstseinsblitz erkennen

zu lassen, dass ein ganz anderes Leben möglichist, ein Leben rei von Angst, Sorge und Furcht,rei von der sinnlosen Schinderei in dieser ver-gänglichen Welt.

InnERERUHEDie Musik von Orpheus ziehtden Menschen sozusagen empor, heraus ausdem alltäglichen Lebensniveau mit seinemewigen Lebenskamp. Mit anderen Worten:Der Mensch legt die Waen nieder, die ür das

Überleben in e iner Welt erorderlich sind, die

letztlich vom ‚Recht de s Stärkeren’ und vom‚Fressen und Ge ressenwerden’ regiert wird. DieLeidenschaten und Triebe (die wilden Tiere)spielen keine beherrschende Rolle mehr. DieNervenanspannung im Hirn-Rückenmarksys-tem (der Lebensbaum im menschlichen Sys-tem) kommt im Vibrationseld der himmlischenMusik zur Ruhe, und die verhärteten, kristalli-sierten Ausdrucksormen des Ich-Menschen (dieFelsblöcke) bewegen sich, werden leichter undstellen immer weniger eine Behinderung dar.Die Musik von Orpheus ist allerdings aus-schließlich au den göttlichen Kern im Men-schen gerichtet. Für den Menschen, der keinVerlangen nach etwas Höherem kennt und demdie Erüllung seiner primären Wünsche undBedürnisse ganz und gar genügt, sind die-se Klangvibrationen denn auch unhörbar undungreibar. Der Mensch, der innerlich durch den

göttlichen Weckru berührt ist, will die Musikvon Orpheus jedoch in einer ersten Reaktion ansich binden und auch die niedere Natur daranteilnehmen lassen.Betrachten wir die Mythe nun einmal von deranderen Seite, aus dem Blickwinkel der Nym-

 phe Eurydike. Eurydike ist die menschlicheSeele, die inolge ihrer Oenheit au den Weck-ru von Orpheus reagier t, ja reagieren muss, dieaber noch nicht genügend Bewusstsein hat vonder eigentlichen Forderung, die die Musik an siestellt. In einer ersten Reaktion versucht Eurydi-ke deshalb, die Freude, die die göttliche Berüh-rung in ihrem innersten Wesen zustande ge-

Die Liebe von Orpheus hat kein anderes Ziel, als Eurydikedurch die Porte des Zweiten Todes zu ühren, zum Leben desGeistes

Orpheus ührt Eurydike aus dem Hades. (Orphée

ramenant Eurydice des enfers) Jean-Baptiste Camille

Corot, 1861. Houston: Museum o fne arts, Texas, USA.

Das Drama der unmöglichen Liebe

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Pentagramm 5/2011

bracht hat, estzuhalten und in ihre Umgebungauszustrahlen. Scheinbar gelingt es ihr auch,diesen Frieden, diese Harmonie und Lebens-reude an sich zu binden und um sichherum zu verbreiten.

In der Mythe wird dies dargestellt als die ‚un-mögliche Hochzeit von Orpheus und Eurydike’.Unmöglich, weil die göttliche und die irdische

Welt zwei Lebenselder sind, die sich undamen-tal voneinander unterscheiden, die nicht mitein-ander zu vereinigen sind. Darum berichtet dieErzählung, dass die Hochzeit von Orpheus undEurydike unter einem schlechten Vorzeichen,einem bösen Omen stand: Die Fackeln, die denHochzeitssaal erleuchten sollten, ngen keinFeuer, weil sie eucht waren, und der qualmendeRauch ließ Hymen, den Hochzeitsgott, erblin-den, während er den Hochzeitssegen aussprach.Tatsächlich wurde Eurydike im Moment, dasie glaubte, mit Hile von Orpheus’ Musik dieRadumdrehungen der dialektischen Natur zumStillstand bringen zu können, so dass Glück,Harmonie und Friede sich nicht mehr länger inUnglück, Disharmonie und Streit verwandelnwürden, grausam aus ihrem Scheinparadies ver-stoßen. Als sie trunken vor Glückseligkeit au ei-ner Waldlichtung zu Orpheus’ Musik tanzte, trat

sie nichts ahnend au eine Schlange, die sie in dieFerse biss, worau sie soort tot zu Boden el.Orpheus’ Schmerz war unermesslich groß;nicht so sehr, weil Eurydike ihm durch denTod genommen worden war, sondern weil dasgöttliche Element in ihrer Seele noch ungenü-gend entwickelt war, weil sie von der Welt derGegensätze noch keinen denitiven Abschiedgenommen hatte; weil sie es nicht vermochthatte, geblendet durch ihr au die Erde gerich-tetes Bewusstsein, durch die Schleier der Mys-terien hindurch zu brechen, um den Pad desAugangs zu betreten.Orpheus’ Liebe hatte sich dennoch mit der un-

antastbaren, geistigen Mitte in der Seele Eury-dikes verbunden, weshalb er sie im Hades, demSchattenreich der Unterwelt, suchte.Für die Gr iechen war es selbstverständlich, dassder Tod nicht das Ende des irdischen Bestehensbedeutet. Sie wussten, dass die Seele, das heißtder während des Lebens augebaute Komplexvon Trieben, Leidenschaten und Denkmusternnach dem Ablegen der stofichen Hülle wäh-

rend einiger Zeit in einem ür die Sinnesorganeder irdischen Welt unsichtbaren Lebenseldätherischer Art weiterlebt. Doch dieses jensei-tige, nachtodliche Leben ist nicht mehr als einReex des vergangenen Lebens. Es kennt keineneuen Entwicklungsmöglichkeiten, und schließ-lich erlischt es ganz. In der griechischen Mytho-logie erleiden darum die erdgebundenen Seelenim Hades ein gebrochenes, blutloses und immerschattenhateres Dasein.Auch die Rosenkreuzer sprechen von einerWelt, die aus dem sichtbaren Diesseits und demunsichtbaren Jenseits besteht. Dieses zweite je-doch ist genauso endlich wie das sichtbare (Ha-des bedeutet: „er, der nicht sieht“). Zwischenbeiden dreht sich das niemals endende Rad vonGeburt und Tod so lange, bis die höheren An-sichten des Menschen stark genug sind, um ihmEinlass gewähren zu können in die Lebenselder

von Apollo, der Sonnenwelt – dem eigentlichenWohnort unserer Menschheit.Durch die stets wieder neu erolgenden In-karnationen erhält das menschliche System,der Mikrokosmos, jedoch die Möglichkeit, dieLebenserahrungen zu machen, die ihn seinerwahren Bestimmung entgegenühren: Nämlichdas im Menschen verborgene Gotteskind vomRad von Geburt und Tod zu bereien und denMikrokosmos in seine ursprüngliche Lebensdo-mäne heimzubringen.In den universellen Lehren und zweiellos auchin den orphischen Mysterien musste deshalb derKandidat au dem Pad der Bereiung zwei-

mal sterben: Der Erste Tod hat Bezug au dennormalen, uns bekannten Tod, das Ablegen desStokleides inolge von Alter, Krankheit oder

Gewalt. Dieser Tod wurde dort auch ot als ‚un-wesentlicher Tod’ bezeichnet, weil der Menschsich dabei vom dialektischen Lebensrad nichtlöst. Solange er nicht radikal Abschied nimmtvon seiner niederen Natur, wird er den Zyklusvon Geburt zum Tod und vom Tod zu erneuterGeburt weiterhin durchlauen.Der Zweite Tod, der strukturelle Tod, beziehtsich au das Loslösen, das Auheben dessen, dasihn immer wieder zur Geburt zwingt. Darunterkönnen wir den gesamten Komplex von Verlan-gen, Trieben, Lüsten und Neigungen verstehen,die den Menschen stets aus Neue zur Wieder-holung desselben verleiten: Beriedigung. Doch

au diese Weise können wir den Durst nie lö-schen. Jeder Kandidat au dem Pade der Berei-ung strebt deshalb danach, in der Beendigung

dieses komplexen Ganzen unterzugehen.Der Zweite Tod ührt zur Wiedergeburt in derWelt der unsterblichen Seelen.Nach dieser ausührlichen Darstellung kön-nen wir den Mythos von Orpheus nun besserverstehen. Hat doch die Liebe von Orpheuskein anderes Ziel, als Eurydike zu den Portendes Zweiten Todes zu ühren. Das bedeutet, dassEurydike, will sie wirklich die Braut von Or-

 pheus werden, sich von der Beherrschung durchdie Begierdennatur rei machen muss. In einemolgenden Artikel wollen wir betrachten, wieOrpheus - die Wirksamkeit der Bruderschat- an diese Arbeit geht. µ

Orpheus’ Liebe hat sich doch mit der unantastbaren geistigenMitte von Eurydikes Seele verbunden – und so geht er imHades au die Suche nach ihr

1949 schu Jean Cocteau (1889-1963) das flmische Meisterwerk ‚Orée’ (Orpheus) - in der Hauptrolle

der damalige Herzensbrecher Jean Marais (1913-1998).

Das Drama der unmöglichen Liebe

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IPlutosHades–diesemmächtigeBildderalteGrieche,idemwirsogutdasSmboldessiloseLebesspielsgroßerTeilederheutigeMeschheiterkeeke–beadesicharchetpischeBilder,diedeSeelezeigte,wiesiedurchihreigeesBegierdewesegeagegehaltewerde.

Die orphischen Mysterien und die Sirenen

Da war zum Beispiel Tantalus,

gebunden an den Felsen seinernicht zu stillenden irdischen

Verlangen. Als Tantalus seinen Durstmit dem Wasser löschen wollte, das zuseinen Füßen strömte, wich das Wasserzurück. Als er hungrig nach den Trau-ben gri, die über seinem Kop hingen,zogen sich die Reben zurück.Im Hades sah man auch als abschre-ckendes Beispiel Sisyphus, von derIdee besessen, dass die irdische Naturkultiviert werden sollte. So kann manwenigstens die Anstrengungen diesesarmen Mannes deuten, der versuchte,einen Felsblock einen Abhang hin-auzurollen. Er wollte tatsächlich dieniedere Natur, die Materie, die For-menwelt – entgegen den Gesetzender Schwerkrat – au das Niveau der

Gesetze einer höheren Ebene heben.Doch jedesmal, wenn er sein Zielbeinahe erreicht hatte, entglitt ihm derFelsblock und el wieder zurück. FürSisyphus gilt das Gesetz der immer-währenden Wiederholung und ermuss wieder aus Neue beg innen. Dasgleiche Bild sehen wir bei den Dana-iden, die versuchen, ein durchsiebtesFass mit Wasser zu üllen...Alle diese Bilder konrontieren dieSeele mit der absurden Wahrheit:Das Löschen des Durstes der Begier-dennatur und die Durchsetzung des

Selbstbehauptungstriebes des Menschen können

unmöglich zu bleibender Erüllung ühren, alleMühe ist vergebens. Die zur Verügung stehendeEnergie verput und der Durst bleibt.Die Mythe ährt nun damit ort, wie Orpheusbegann, in der Unterwelt nach Eurydike zusuchen. Seine alles durchdringende Musik ließTantalus, Sisyphus und die Danaiden aumerk-sam werden, wodurch sie gleich ihre Qualenvergaßen. Diese wunderbare Bildersprache lässterkennen, wie die göttliche Liebe den berührtenMenschen wie mit einem mächtigen Ruckvon den Ketten, die ihn an die Begierdennaturbinden, bereit. Sie lässt ihn eine ganz andereLebensperspektive sehen. Doch augepasst: dieMusik von Orpheus lädt nur ein, sie zwingtnicht. Die nach dem Geist hungernde Seelebetritt den Pad der Bereiung stets reiwillig.Die Seele lernt selbst, den Durst des Begier-denwesens in der Krat von Orpheus’ Liebe zu

negieren. Doch diese kann dabei nichts orcie-ren. Darum erlaubte Persephone, die Göttin derUnterwelt, Orpheus, nach Eurydike zu suchenund ihr au dem Pade hinau voranzugehen.Aber er durte nicht zurückschauen, um zusehen, ob sie ihm olge. Mit anderen Worten:Der göttliche Geist dar die Seele nur mit einemunpersönlichen Liebesband umasst halten.Als Orpheus Eurydike in der beklemmendenStille der intensiven Dunkelheit des Hades n-det, olgt sie ihm in einem auwärtsührendenSpiralengang entlang tieer Abgründe und kaumbegehbarer Pade. Die Seele, die nach der Verei-nigung mit dem Geist sucht, erlebt intensiv die

Einsamkeit der Gottverlassenheit. In dieser Ein-

samkeit überwindet sie die Ängste des Natur-Egos und den Schrecken vor dem Fall in denbodenlosen Abgrund. Die Seele lernt dabei, sichblindlings dem geistigen Führer anzuvertrauen,dessen Anwesenheit sie wohl ühlt, den sie abernoch nicht sehen kann.Eurydike gelingt es, den Einweihungsweg zugehen – bis zu dem Punkt, wo sie das Lichtder Übernatur durch einen Spalt im Hadesleuchten sieht. Das bedeutet, bis zu dem Punkt,wo ein neues Bewusstsein, das ihren Pad nunerleuchtet, durchbricht.Dann nimmt die Mythe eine ür viele un-begreiiche Wendung: Orpheus, der nie einGeräusch hinter sich hörte, kehrt sich um, umzu sehen, ob Eurydike ihm geolgt ist. Doch indiesem Augenblick sieht er den Schatten seinergeliebten Eurydike mit nach ihm ausgestreckterHand verwehen und in die Dunkelheit zurück

sinken.

In dem dramatischen Paradox der griechischenMysterienweisheit deutet diese Wendung in derErzählung nichtsdestoweniger au die schließ-liche Bereiung der Seele hin. Durch den ErstenTod, den Schlangenbiss, verlor Eurydike ihrestofiche Oenbarungsorm. Indem sie bedin-gungslos Orpheus vertraute, wurde sie aus derFinsternis des Hades Schritt ür Schritt demLicht entgegengeührt. Gleichzeitig verlor dasBegierdenwesen mehr und mehr seinen Gri au sie. Weil ihre Seele jedoch, als das Lichtsich ihr direkt näher te, nicht krätig genug war,

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Pentagramm 5/2011

nahm die Unterwelt sie wieder au. In der Tieelösten sich dann alle ihre alten Hüllen au.In dem Moment, als das Licht der Übernaturunmittelbar mit ihr in Bindung tritt, sehen dieirdischen Augen dies als das Vergehen eineralten Gestalt. Die ganze alte Begierdennaturverschwindet, löst sich in den Nebeln des Hadesau. Vor dem sehenden Auge der Teilhaber anden orphischen Mysterien jedoch erährt Eu-rydike den Zweiten Tod, welcher die wirklicheHochzeit zwischen Eurydike, der bereitenSeele, und Orpheus, dem ewigen Geist, ermög-

licht. In einigen Versionen der Mythe steht dennauch, dass Orpheus und Eurydike sich in derGötterwelt zu einer ewig dauernden Zweiein-heit vereinigten und dass das Sternbild ‚Leier’das bleibende Zeugnis davon ür die Menschheitdarstellt.Die übliche Auslegung der Mythe ist, dassOrpheus Eurydike ür immer verlor und erdeshalb einsam und untröstlich in den dichtenWäldern von Thrakien umherirrt e. Auch dieseVersion hat ihren Sinn: Die Seele, die von derMusik Orpheus’ berührt wird, jedoch nicht au die Suche nach der Herkunt dieser wunder-baren Klangvibrationen geht, die nicht eingehtau die Einladung, sich mit der Welt des Geisteszu vereinigen und die durch Orpheus herunter-gelassenen Tonleitern nicht besteigt, verursachtOrpheus einen tieen Schmerz.Doch dieser Schmerz stieß in den mystischen,

lang vergangenen Zeiten au viel Unverständnis.Die Mythe erzählt deshalb, dass Orpheus hin-ort nur noch schmerzliche Lieder über seineunbeantwortete Liebe sang und sich weigerte,die lichtvolle Tanzmusik darzub ieten, woranman sich so gewöhnt hatte. Die Bacchantinnen(die Naturkräte, die darau aus sind, den Men-schen in einem Rausch irdischer Glückseligkeituntertauchen zu lassen) gerieten deshalb inWut und zerrissen ihn in Stücke.In ihrer eiersüchtigen Raserei waren sie dieLeier und das Haupt von Orpheus ins Wasserund hoten, dass au diese Weise alle Erin-nerung an Orpheus ausgelöscht würde. Wie

nah steht diese Überlieerung der ägyptischenMythe von Osiris und Seth! Seth ermordete ausEiersucht seinen König und Bruder und war dessen Gliedmaßen in den Nil.Weiter erzählt die Mythe über die Leier: Pries-ter schten sie aus dem Wasser und bewahrtensie im Apollo-Tempel au – in Erwartungneuer Botschater des Lichtes, die damit erneutgöttliche Klangwellen über die in Disharmonielebende Menschheit ausgießen würden. Dasgeistige Erbe von Orpheus war bei den Pries-tern jedoch nicht sicher. Als ein gewisser Ne-

anthus die magischen Kräte der Leier ür seineeigenen Zwecke missbrauchen wollte, wussteer einen Priester zur Herausgabe der Leierzu überreden. Im Tempel musste eine Kopieaugehängt werden, so dass niemand etwas vomRaub merken würde.An einem abgelegenen Ort versuchte Nean-thus, das heilige Instrument zum Singen zubringen. Seine ungeübten Finger brachten

 jedoch nur a lsch klingende Akkorde hervor.Unmittelbar tauchte eine Meute wilder Hundeau, welche den übermütigen Neanthus anelund verschlang.

Dass das geistige Erbe von Orpheus ür unhei-lige Hände in jedem Fall unantastbar ist, er-weist sich in der Erzählung über das Haupt vonOrpheus. Nachdem es in das Wasser gewor-en wurde, versank es nämlich nicht, sondern

wiegte sich ortan au den Wellen und hörtenicht au, die erhabenen Hymnen der ewigenWahrheiten zu singen.In vielen mythischen Erzählungen bezieht sichder Begri „Wasser“ au die unsichtbarenKratströme, die Makrokosmos, Kosmos und Mi-krokosmos durchuten und durchdr ingen, unddie Raum und Zeit au spezielle Weise zu einerEinheit verbinden. Wenn man nun vernimmt,dass das Haupt von Orpheus (das Symbol deruniversellen ewigen Weisheit) in diesen leben-den Wassern anwesend i st, dann wird damit aus-gedrückt, dass die geistige Kenntnis immer undüberall, also auch hier und jetzt in ungetrübtem

Therapeuten

DiealteGriechekateieleMsterieschule

(dasWort«Msterium»stammto„mustès“=

„Eigeweihte“;„mus“=„geschlosseeAugeud

Lippe“),odeedieKleieMsterieo

EleusisuddieGroßeMsterieoderDiosi-

ediebekatesteware.Orpheuswurdeals

GrüderderGroßeMsterieagesehe,welche

aulagergageeZeitezurückgehe.Mache

datieresie.000Jahrezurück,idieZeit,dadie

ÜberrestederatlatischeKulturüberdeKauka-

susachThrakiegelagte.

DienacholgeroOrpheusatesich„The-

rapeute“,weilsie,sowieihrLehrer,Heilersei

wollte.„Therapeutai“stehtimGriechischeür

„Betreuer–Dieer–verehrer“:

•„Betreuer“desiUwisseheitirredeud

leidedeMesche;

•„Dieer“derzueuemLebeerweckteSeele;

•„verehrer“desSchpersallerDige.

IhistorischeZeitemussab.000.Chr.mehrals

tausedJahrelagimUtergrudeieBewegug

reiorphischerEiweihugeistierthabe,deim

6.Jahrhudert.Chr.sehewirdieseQuelleereut

iErscheiugtrete.IDelphiwarderTempel

Apollo,demvateroOrpheus,geweiht.Ededes

letzteJahrhudertswurdeiGräberiItalie

udauKretaeieAzahlorphischerHme

geude.DiesesidigoldeeTaeleigraiert

udbeihalteAweisugeürachdemTode

(oderzurEiweihug),alsoürsie,diedie„Treppe

derOrpheus-Leierbesteigewolle“udeiLebe

derReiigug,HigabeudDiestbarkeitühre.I

eierdieserHmesagtdiemeschlicheSeele:

Ich bin ein Kind der Erde und des Sternenhimmels;

doch mein Geschlecht stammt (allein) vom Himmel.

 Wundervoll drückt

Rodin in Marmor 

die Verzweiung

von Orpheus aus,

 während Eurydi-

ke wieder in den

Felsen zurücksinkt,

in die Nacht des

Hades. 1893, New

York. The Metropoli- tan Museum o Art

Die orphischen Msterien und die Sirenen

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Zustand vorhanden ist. Jene, die nach wahrer

Kenntnis dürsten, können das ür sie Essentielleaus diesen Quellen schöpen.Gerne möchten wir zum Schluss noch Gedan-ken über einen weiteren bemerkenswerten As-

 pekt in der Überlieerung von Orpheus äußern.In der griechischen Mythologie ist die Redevon zwei verschiedenen Gesangsstilen, die ein-ander diametral gegenüberstehen.Au der einen Seite bendet sich Orpheus, des-sen Gesang den göttlichen Kern im Menschenerwecken kann. Au der anderen Seite sind esdie Sirenen, die den Menschen von seiner Suchenach Höherem abhalten und ihn mit ihren be-zaubernden Gesängen au Irrwege locken.Die Sirenen waren zu Beginn hoch entwickelteNaturwesen, die sich mit Flügeln bis zu denhöchsten Gipeln der Kunst, die in der Welt derSterblichen erreichbar sind und an die Grenzender Götterwelt stoßen, erheben konnten. Weil

sie selber jedoch nicht dem Göttergeschlechtentstammten, hatten die Sirenen keinen Zugangzur Götterwelt.In der Gesangskunst waren sie jedoch so ge-schickt, ihr musikalisches Talent war so ver-einert, dass sie in einem bestimmten Momentglaubten, mit den Musen wetteiern zu können.Für diesen Übermut wurden sie bestrat. Siewurden in Wesen verwandelt, die halb Frau,halb Vogel waren. Sie wurden mit schareneisernen Federn bekleidet und mussten au ihreFlügel verzichten.Wir sehen in vielen Mythen, wie die Sirenenmit ihrem beinahe göttlichen und daher sehr

heimtückischen Gesang Seeleute (in der my-

thischen Sprache: ‚sie, die wie Odysseus nachHause, nach ihrer wirklichen Bestimmung au-gebrochen sind’) zu geährlichen Wasserwirbelnoder elsigen Küsten locken, wo ihre Schiedann zerbersten.Bekannt ist die Geschichte, wo Odysseus denVerührungen der Sirenen zu widerstehen weiß,indem er die Ohren der Ruderleute mit Wachszustopen und sich selber am Bootsmast est-binden ließ. Auch die Argonauten mussten au ihrer Suche nach dem Goldenen Vlies mit ihremSchi an den Sirenen vorbeiziehen. Als diese

 jedoch wieder ihre Lockgesänge hören ließen,konnte sich einer der Argonauten wegen dermitreißenden Klänge nicht mehr halten, sprangüber Bord und ertrank. An Bord des SchiesArgo beand sich jedoch auch Orpheus. Er gri schnell zu seiner Leier und durchbrach mitseinem Gesang die Verzauberung der Sirenen, so

dass die restliche Mannschat gerettet war.

In dieser ür unser modernes Bewusstsein mög-licherweise nicht leicht zugänglichen Spracheder Mythen ist aber doch eine klare Botschathörbar. Wer innerlich durch die Klangvibrati-onen von Orpheus’ Leier berührt ist, wird voreine Wahl gestellt: Entweder in der göttlichenMusik mitzuschwingen und dadurch schließlichin ein neues Lebenseld einzugehen – oder denverlockenden Sirenengesängen zuzuhören unddamit stets wieder aus neue an den Klippeneiner undamental gebrochenen Bestehenswirk-lichkeit Schibruch zu erleiden.µ

Damit können wir Loki als die Krat be-trachten, die Unterscheidung, Dieren-zierung ermöglicht. Eng verwandt mit

dem griechischen Prometheus, hal er mit bei derErschaung des Menschen. Und wie bei Prome-theus ist sein Geschenk an den Menschen dieAnlage zu logisch-abstraktem Denken – mit des-sen Hile der Mensch einmal den Göttern gleichsein kann. Loki entspricht auch Luzier: unver-zichtbar ür die Weiterentwicklung des Men-schen, jedoch nicht ohne Preis. Drei verschiedeneMythologien, die nordische, griechische und diechristliche, beschreiben au mehr oder weniger

Ragark  Untergangder alten  Welt

Unzählige Mythen aus den unterschiedlichsten Kulturperioden sind uns überliefert. Sie ent-

halten die Vorstellungen der frühen Menschheit über die Entstehung der Welt, die Aktivität der 

Naturkräfte und Götter sowie über das Schicksal nach dem Tod.

EssetiellbeiderMeschwerdug-achderEdda–istdasAutretedesHalbgottesLoki.AmAagderErschaugallerWelteisteres,derdieBrückeBirst,eistdurchHeimdallerbaut,mitdeuterschiedlicheFarbeersiehtudsieieieRegebogeumzaubert.DaistdieWeltbereitudderMeschkadarierscheie(vers7-dervluspa).

Ragnarök – Untergang der alten Welt

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Menschen - verdämmern. Nun muss der Menschlernen, au der Basis seiner eigenen Einsichten

zu handeln – eine äußerst schwache Basis, wennes noch keine Einsicht gibt! Anänglich wirkendie Naturkräte in ihm weiter: vernuntlos, ohneWeisheit und Liebe, oder als einzige Liebe daseigensüchtige Fortbestehen. Und Täuschung,Lüge und Eigennutz, die alle aus Selbstbehaup-tung und Selbstsucht herrühren, bestimmen imeinen Augenblick sein Handeln, im nächstenMoment aber Impulse der Güte, des Beschützensdes Eigentums. Wiederholt verirrt sich die Seelein die unruhige Verwirrung der Äußerlichkeiten,voll von Schein und Täuschung. Das Fühlen wirdegoistisch, das Denken verstandesbestimmt unddas Wollen triebhat.

BALDUR Dem steht Gott Baldur gegenüber,einer der Söhne Odins, die weitgehend im Hin-tergrund geblieben waren. Er ist das Symbol üreine lichte, helle Welt, ein letzter Aspekt des ho-hen geistigen Wesens, von welchem der Menschausging: Odin. Im Menschen kann Baldur alsLichtelement, als Fähigkeit zu göttlicher Liebe

und universeller Schau angesehen werden.Eine besondere Gabe hatete ihm an: solange erlebte, würde er stets aus dem Palast, in dem erwohnte, Licht und Frühlingskräte über die Erdeausstrahlen, und die Menschen würden wahrsprechen und weise sein. Er stand ür Redege-wandtheit und seine wohlgesinnte Gerechtigkeitsorgte daür, dass niemand sich an die dunklenTage von einst erinnerte.Aber, so erzählt der Mythos, in einem Traumwird vorausgesagt, dass jemand Baldur ermor-den wird. Der Tod Baldurs würde zugleich denUntergang der goldenen Weltordnung einläuten,in welcher sich Götter und Menschen eine Son-nenwelt teilen. Die Götter wollten dies abwen-den. Sie beschlossen, jedes Wesen der stofichenund nichtstofichen Welt einen Eid ablegen zulassen, dass Baldur durch sie nichts Böses erleidenwürde. Auch die ärgsten Feinde der Götter, die

Riesen, waren zu diesem Versprechen bereit. Allewollten sie das Licht und die alte harmonischeWeltordnung aurechterhalten.So anden estliche Kampspiele statt, in denendie Götter voll Freude zeigten, dass Baldur nun-mehr unverwundbar war. Selbst Thors Hammerund Odins Speer vermochten ihm nichts anzu-haben. Aber Loki, der Listige verwandelte sich indie Gestalt einer alten Frau und ragte die GöttinFrigg, ob es etwas gäbe, das nicht den Eid au Baldur abgelegt hätte. Frigg antwortete, dass derMistelspross westlich von Walhall zu jung gewe-sen sei, um beragt zu werden. Darauhin schnittLoki diesen Zweig ab und überreichte ihn dem

blinden Gott Hödur während eines erneutenKampspiels der Asen. Er orderte ihn au, denZweig au Baldur abzuschießen. Hödur wolltees zunächst nicht tun, da er Baldur nicht sehenkonnte, aber Loki gab ihm die Richtung an undührte seine Hand - und, von dem Mistelpeilgetroen, el Baldur tot zu Boden.

HEL Die Trauer der Götter und aller Wesen inder Welt war unermesslich, doch nichts konnteBaldur mehr retten. Er gelangte zu Hel, der Re-gentin der Unterwelt. Ein Abgesandter der Göttersollte zu Hel reiten und Baldur aus der Unterweltrei kauen. Hel machte aber zur Bedingung, dassals Beweis ür die große Trauer alle Wesen umihn weinen sollten. So geschah es. Nur Thöck,eine alte Riesin, trauerte nicht um Baldur, imGegenteil. Thöck verkörpert in ihrem Namen die„Tücke“, Falschheit, Gemeinheit. In ihrer Her-zensverhärtung konnte sie im Licht Baldurs kei-nen Nutzen, eher sogar eine Bedrohung ür ihreZwecke (ortschreitende Materialisierung) erken-nen. So musste Baldur im Reich der Hel bleiben.Solange das kosmische Bewusstsein in Über-einstimmung mit der geistigen Welt wirkte, wardie Lichtkrat Baldurs allgegenwärtig. Aber jede

Entwicklung hat ihren Preis. Um die äußerlicheWelt vollkommen wahrnehmen zu können unddadurch Selbstbewusstsein zu erhalten, muss-te der Mensch den direkten Umgang mit denGöttern loslassen – dies geschah dadurch, dassman sich voll und ganz au alles konzentrierte,was im stofichen Bereich vorel. Au dieseWeise wurden im Lau der Entwicklung Baldurslichte, unkelnde Energien immer schwächerund sein Tod – wie in den Mysterien üblich,symbolisch zu deuten - besiegelte das langeangekündigte Ende der unbewusst arbeitendenLichtwirksamkeit im Menschen. Das Geistprin-zip versank vollständig, alles, was stofich und

gleiche Weise den Charakter des Impulses, dendas Feuer des Verstandesdenkens im Menschen

entammt. So wie Luzier steht Loki zugleichür das erste Aufackern von Gut und Böse. Weilder Mensch seitdem er denken kann, die Folgenseines Tuns und Lassens tragen muss, sind es im-mer mehr die Äußerlichkeiten, oder besser gesagt,die äußerlichen und innerlichen Folgen seinerTaten, die sein Bewusstse in bestimmen. Weisheitund göttliche Vernunt, die der Mensch bis dahindirekt innerlich wahrnahm und auch beolgte,rücken ihm in immer weitere Ferne – bis zudem Moment, dass er „die Götter“, die geistigenEnergien, die ihn bis dahin leiteten – nicht mehrschauen kann.Odin und die Seinen - das wahre Selbst im

Asgardsreigen oder Die Wilde Jagd, ein Gemälde

von Peter Nicolai Arbo (1872), basierend au der 

Odinsmythologie. Oslo.

Oslo. Nationalmuseum von Norwegen

Ragnarök – Untergang der alten Welt

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Pentagramm 5/2011

Ich sah Balder,

dem blutenden Gott,

Odins Sohne,

Unheil bestimmt:

ob der Ebne 

stand aufgewachsen

der Zweig der Mistel,

zart und schön.

Ihm ward der Zweig,

der zart erschien,

zum herben Harmpfeil:

Hödur schoss ihn ...

Die Mistel ist eigentlich eine Heilpanze. Sie giltals Symbol des Lichtes und des ewigen Lebens.Aber sie steht zugleich ür die Zauberkrat derMaterie. Wenn Loki diese Zauberkrat anwendet,um Baldur, das Licht, auszuschalten, tut er inWahrheit das Gegenteil – er ermöglicht, dass esau neue Weise wiedergeboren wird! Denn da-durch, dass der Mensch eigenmächtigen Zweckennachstrebt, muss die Gotteskrat im Menschen„sterben“. Die Germanen kannten ür die Mistelnoch einen anderen Namen: Guidhel. Das eng-lische „guide to hell“ hat einen Anklang hieran.Von Hel, der Göttin der Unterwelt, wird Baldur

mit goldenem Glanz erwartet. Tische und Bänkesind geschmückt und strahlen vor Gold. Inmittender Dunkelheit im Menschen ist ein strahlenderOrt bewahrt geblieben. Die Rosenkreuzer spre-chen vom Geistunken in der Tiee des Herzens.Der Loki-Einuss „hat bewirkt, dass Hödurs Na-tur den Sieg über die Baldurnatur davongetragenhat. Das wird ausgedrückt dadurch, dass Loki dieMistel herbeischat, mit der der blinde Hödurden sehenden Baldur tötet“. (Rudol Steiner: Die 

Mission e inzelner Volksseelen, S.167).Der Verstand, der nur „Ja“ oder „Nein“ kennt,ist „blind“ ür Baldurs Atmosphäre aus Licht,

Leben und Frühlingskrat. Im heranwachsendenBewusstsein des Menschen spiegelten sich dieGötter. Das verselbständigte Bewusstsein ührtein die Blindheit, um die Erahrung des Selbsteszu ermöglichen und letztlich auch die Einsam-keit des Selbstbewusstseins erahrbar zu machen.Der Spiegel trübte sich ür das Ursprünglicheund zeigte nur noch die Außenseite der Dinge.Das Zusammenwirken mit den Göttern au diealte Weise war zu Ende. Um den Menschen zueinem Gott zu machen, mussten sich die Götterzurückziehen – und das große Warten begann:würde der Mensch letztlich wieder nach dengöttlichen Lichtkräten suchen? µ

äußerlich ist, nahm seinen Platz ein. Die alteWeltordnung zerbrach. Die Wahrnehmung derlichten, aber auch traumhaten astralen Sphärenverschwand, und nun richteten sich alle Sinneau den unglaublich esselnden Bereich derirdischen Entwicklung. Buchstäblich esselnd, davon diesem Zeitpunkt an der Mensch mehr undmehr selbstverantwortlich wurde ür alles, wasmit ihm geschah. Und die Helden ergr ien indieser Entwicklung als erste die Initiative, wiedie Geschichten der Edda zeigen.Die Welt der Materie und deren Gestaltungwaren die neue Herausorderung ür den Men-

schen. Er erschu sich eine neue Ordnung miteiner scheinbar unendlich ortschreitendenPolarisierung von Ich und Nicht-Ich. Dies istein Prozess, der mit der Freiheit des Handelnsbeginnt und letztlich zur vollkommenen Freiheitür jeden Menschen ührt. Aber so entstand mitder neuen Freiheit gleichzeitig die Unreiheit,die bis heute unser Dasein bestimmt und ein-schränkt – und die Freiheit von einst wird zurGebundenheit an die ast unauösliche Kettevon Ursache und Wirkung, bis die erleuchten-den Kräte des Geistes, des geistigen Schauenserneut hervorbrechen werden, aber nun bewusst!Die latent gewordene Lichtkrat bleibt so lange

in uns verborgen, bis einmal die Er innerung dar-an wieder erwacht und ins Bewusstsein austeigt.Dann können wir uns au den Weg begeben, umBaldur aus seinem versunkenen Zustand zu er-wecken und zu erlösen – weil die ganze Schöp-ung um ihn trauert und der Mensch erahrungs-voll bestätigt, dass es ohne das Licht aktischkein Leben gibt, das dieses Namens würdig ist.Somit ist Baldur eine innerliche Seelengestalt,die durch den göttlichen Aspekt vollkommenerüllt werden und alles durchstrahlen kann.Nach dem Untergang Baldurs jagten die GötterLoki und nahmen ihn geangen. Sie esselten ihn

an einen Felsen, und eine Schlange spie unau-hörlich Git in seinen Körper. Wie tiesinnigstellt sich diese Wiedergabe der Wirklichkeit dar!Es handelt sich um keine Strae, sondern um dieMetapher, dass im Menschen der Verstand nun-mehr an die Materie geesselt war. Unauhörlichbeeinusst der Geist der Dialektik, das Git derSchlange mit der gespaltenen Zunge, das Be-wusstsein. Die direkte Verbindung des Denkensmit der göttlichen Intuition war abgerissen. DerMensch wurde ein schlaender Gott. Der Unter-gang der Götter war mit diesem Ereignis einge-leitet. Ragnarök, die Weltenwende, begann.Vers 25 und 26 lauten:

WeLokiseieZauberkratawedet,umBaldur,dasLicht,auszuschalte,tuteriWahrheitdasGegeteil–erermglicht,dassesaueueWeisewiedergeborewird

Ragnarök – Untergang der alten Welt

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EInnEUESLICHTAUFDERERDEDas Prinzip des

Lebens ist Veränderung. Ot verläut sie sprung-hat. Mit den modernsten wissenschatlichen Me-thoden war es möglich, die erstaunliche Präzisiondes Mayakalenders zu entdecken. Die Periodizitätder Sonnenecken scheint mit den periodischenIntervallen des Mayakalenders überein zu stim-men. Die Mayas sahen ür das Jahr 2012 eine sotiegreiende Veränderung voraus, dass sie es o-enbar ür sinnlos erachteten, den Kalender überdiesen Zeitpunkt hinaus ortzuühren. Die NASAhält es ür möglich, dass 2012 ein Sonnensturmvon erhöhter Stärke in das erdmagnetische Feldeindringt, und zwar zur Zeit des Frühlings- oderHerbstäquinoktiums. Er könnte ein Ausmaß wie

 jener von Carrington 1859 beobachtete Sonnen-sturm erreichen, bei dem das damalige Tele-graphennetz zusammenbrach. Im Jahr 1989 gabes als Folge eines Sonnensturms in Quebec,Kanada, einen spektakulären Stromausall, der

das öentliche Leben lahm legte. Computerunktionierten nicht mehr, Flugzeuge konntennicht starten, Auzüge blieben stecken. Ähnlichesereignete sich auch 2003 in Schweden.Eine der Interpretationen des Mayakalenderskommt zu dem Ergebnis, dass zum Zeitpunktder Tag-und-Nacht-Gleiche am 21.12.2012 einneues Licht au der Erde erscheint und eine neueZeitepoche einleitet. Sollte es sich dabei um diebei Sonnenstürmen ausgestoßenen Plasmawolkenhandeln? Oder betrit es eine eher spirituelleDimension? Broers zitiert Studien, die einenZusammenhang zwischen dem Austieg undNiedergang von Weltreichen und Sonnenzyklen

suggerieren, angeangen vom Babylonischen bis

zum Römischen Reich und zur Mayakultur.

EInEÜBERDOSISGAMMASTRAHLEn Astrophysikererläutern, dass unsere Sonne um eine viel größe-re Sonne, „Sirius“, kreist. Auch die Mayas gingenvon der Existenz einer zentralen Sonne in demSternensystem, zu dem wir gehören, aus. NachBroers handelt es sich dabei um das seit kurzementdeckte schwarze Loch, um das unser Sonnen-system in einem Zeitraum von ca. 225 Mio. Jah-ren kreist. In der letzten Zeit werden von diesemZentrum ausgehende außergewöhnliche Strah-lungseinüsse wahrgenommen, die nicht in dasBild des Universums passen, das wir uns bislanggemacht haben. Es sind besonders energiereicheStrahlen, die sog. Gamma Ray Bursts (GRB),Eruptionen von Gammastrahlung aus demschwarzen Loch. Die Mayas sprachen von einemsynchronisierenden Strahl, der von der zentralen

Sonne zu bestimmten Zeiten ausgesandt wirdund au die Menschen einwirkt. Erde, Sonne undzentrale Sonne werden hierdurch in Gleichklangmiteinander gebracht, sie werden „kalibriert“.Die von der Corona unserer Sonne in den Raumgeschleuderten elektrisch geladenen Gase („Plas-ma“) verursachen au der Erde magnetischeStürme. Wir sehen sie als Polarlicht. Hierdurchwird alles Leben au der Erde bis in die Zell-strukturen hinein beeinusst. Es ist ein aszi-nierender Gedanke in dem Buch, wie sehr wirhierür empänglich sind. Vor allem die DNA inunseren Zellen reagiert wie eine Antenne au Gammastrahlen. Die Kohlenstomoleküle der

DEREInFLUSSDERSOnnEDie Sonnen-aktivität wirkt sich au das elektromag-netische Feld der Erde aus. Im Jahre

2012 wird die derzeit verstärkte Sonnenaktivi-tät voraussichtlich ihren Höhepunkt erreichen.Einzelne Naturwissenschatler erwarten daher ür2012 weltweite Naturkatastrophen wie Erdbeben,Überschwemmungen und Stromausälle. DerAutor sieht indes noch andere Folgen. Bestimmte

elektromagnetische Felder haben eine nachweis-bare Wirkung au das Gehirn. Die Leistung desGehirns, die zu 90 Prozent nicht in Anspruchgenommen wird, verbessert sich, wenn es be-stimmten Feldern oder Frequenzen ausgesetztwird. Die Sonnenaktivität beeinusst die neuro-

 physiologischen und biochemischen Gegeben-heiten des Gehirns und des Körpers insgesamt bishin zu speziellen Erkrankungen. So verursachenkurzzeitige Schwankungen des Erdmagneteldeseinerseits eine Zunahme von Depressionen undHerzinarkten und bewirken andererseits eingesteigertes telepathisches Vermögen und eineerhöhte Kreativität, die sich in musikalischen und

literarischen Spitzenleistungen bemerkbar macht.Unser Sonnensystem nähert sich au seiner Reisedurch die Galaxis einer besonderen Einusssphä-re des galaktischen Zentrums. Es gerät in denEinussbereich einer intensiven, bislang nochnicht erorschten Strahlung. Änderungen desKlimas der Erde, aber auch der Psyche und desVerhaltens der Menschen könnten darau zurück-zuühren sein. Auch insoweit könnte 2012 sich

als ein kritischer Zeitpunkt erweisen. Denn einMaximum an Sonneneruptionen trit mit derzunehmenden kosmischen Strahlung aus demMittelpunkt unserer Galaxis zusammen.Wir können dem hilos gegenüberstehen oderuns dessen bewusst werden, dass wir uns an derSchwelle eines Transormationsprozesses benden.Wir können eine Entscheidung treen – ohneAngst und Hysterie. Daür ist Intuition nötig, denndem Verstand allein wird es nicht gelingen. Broersist der Auassung, dass die Ereignisse in der Zeitum das Jahr 2012 herum zu einem Evolutions-sprung ühren, der eine neue Form des Bewusst-seins und des Zusammenlebens mit sich bringt.

IeierAzahlgutdokumetierterKapitelgehtderAutoraudieveräderugederSoeaktiitätei,audiederzeitzubeobachtedeverschiebugdesmage-tischenordpols,dasAbehmedesschützedeva-Alle-GürtelsumdieErde,ereraudie„Schumaresoaz“,dieverbidugdesMeschemitdemKosmos,das„zeitloseGewebederZeit“udaudeMescheals„kosmischeTräumer“.

(R) Evolution 2012

BUCHBESPRECHUnGDIETERBROERS:WARUMDIEMEnSCHHEITvOREInEMEvOLUTIOnSSPRUnGSTEHT*

(R)Evolution 2012 7

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Pentagramm 5/2011

DNA bilden die Resonanzkörper. Die atomarenBestandteile empangen, ähnlich wie Radioan-tennen, elektro-magnetische Energien. DurchKohlenstokristalle werden sie verstärkt. UnsereZellen können also elektromagnetische Signale

aus dem Kosmos empangen. Die Resonanzre-quenz der GRB stimmt mit der der Elementar-teilchen unserer Atome überein. So kommt es zuMutationen in unserem Körper, speziell in un-serem Gehirn, die uns möglicherweise mit einervollkommen neuen Struktur ausstatten. In einemelektrodynamischen Austausch zwischen denElektronen der Sonne und des Menschen könnendiese Strahlungen die Doppelhelix unserer DNAneu kodieren.

1968 wurde ein direkter Zusammenhang zwi-schen (psychiatrischen) Aekten und dem Kos-mos entdeckt. Man stellte eine zeitliche Überein-

stimmung zwischen dem sprunghaten Ansteigenvon Aunahmen in psychiatrische Kliniken undeiner erhöhten Anzahl intensiver Sonnenerupti-onen est.

ZUMGUTEnODERZUMSCHLECHTEn:WIRWER-DEnUnSvERÄnDERnDie anstehende Transor-mation wird viel umassender sein als ein nor-maler Paradigmenwechsel oder eine Änderung

 politischer Systeme, wie wir es beim Fall desKommunismus erlebten. Eine Dynamik könntesich entwickeln, die das Leben au Erden zutiestverändert. Nach der Sicht der Mayas werdenerwachte Menschen eine heilige Mission erüllen,die eine Reinigung der Erde zur Folge hat. Diearikanischen Dagon aus Ost-Mali sprechen voneinem Übergang, einem Austeigen zum gött-lichen „Nommo“.Die Änderung in den Strahlungsverhältnissen

wird sich allerdings nur dann positiv au dieMenschheit auswirken, wenn viele Menschenaktiv an der Bewusstseinsveränderung arbeiten.In der christlichen Tradition spricht man vom

 Jüngsten Gericht, dem apokalyptische Katastro- phen vorausgehen. Auch bei Nostradamus ndetman Hinweise au einen notwendigen Prozessder Umkehr.

 Jules Romains (1885-1972), Beürworter und

Vorkämper ür brüderlichen Sozialismus undmenschliche Solidarität, Begründer des „Unani-mismus“, sah angesichts der aukommenden Kri-sen die Notwendigkeit, eine neue geistige Dimen-sion zu erschließen. Er stellte est, dass die vomMenschen erzeugten Probleme im Naturhaushaltund in den Wirtschatssystemen nach einer unda-mentalen Änderung des Denkens verlangen.Die Hirnregion, die ür die Intuition, die „Wahr-nehmung des Herzens“, zuständig ist, wurde imLaue der Evolution durch den Verstand über-lagert. Der Mensch hat die Intuition durch diesogenannte Zivilisation verloren und kompensiertden Verlust mit seinem Verstand. Der „Schleier desVergessens“ wurde benötigt, um irdische Erah-rungen machen zu können, aber zugleich wurdeder Mensch blind und taub ür die Intuition.

 Jedoch kann allein von dem „intuitiven Gebiet“im Gehirn aus der Zugang zu unserem geistigen

Selbst, das uns in der Regel verborgen bleibt, ge-önet werden. Hier liegt der Zugang zur viertenDimension, zum „Alles, was ist“, das sich außer-halb der irdischen morphogenetischen Datenbankbendet. Der Sinn der Evolution könnte darinbestehen, dass die Organismen immer komplexereFormen annehmen und so in die Lage versetztwerden, stets weitreichendere Erahrungen anhandder kosmischen Archive zu machen.Der Mensch kann mit seinem Bewusstsein alles,was er wahrnimmt, reektieren und bewerten.Daür war die Entwicklung des Ich notwendig.Das Ich-Zeitalter hat aber ein Ziel. Wir könnennun erkennen, dass wir mehr aueinander bezo-

gen und mit dem Kosmos verbunden sind, alswir denken. Wir sind empänglich ür die vielenunterschiedlichen Einüsse, denen wir ausgesetztsind. Das wird uns helen, die Geschehnisse umdas Jahr 2012 herum ür unsere Entwicklung au 

 positive Weise zu nutzen, so Broers. Das „wahreSelbst“ ist nicht das „Ich“, unser Ego. Es gehörtzu höheren Dimensionen. Die Weisheitslehrenaller Zeiten betrachten das Selbst als Synonym

ür die unsterbliche Seele. Derzeit herrscht inuns das Ego, aber das Geistige will sich in einerHirnregion ausdrücken, die außerhalb des in-tellektuellen Ich-Denkens unktioniert. Das Ichkann wohl seine Energie missbrauchen. Vom Egogeleitete Menschen gleichen geährlichen Waen.Friedrich Schiller sagte, dass unsere Welt erstdann besser wird, wenn der menschliche Verstandvom Herzen geührt wird.

KEInEAnGSTWas jetzt in den evolutionärenWandlungsprozessen geschehen muss, um dieWelt vor dem Untergang zu retten, ist, dasswir die Vorherrschat unseres Ich, unseres Ego,unwiderruich auösen. Jetzt schon erlebenwir einen Inormationsstrom, der vom Ich nichtmehr augenommen werden kann. Innere Um-kehr und spirituelle Einkehr dienen dazu, dasEgo zu transormieren. Bis jetzt gelingt dies nur

wenigen. Aber au lange Sicht wirken inolge derGammastrahlung der Sonnenaktivitäten erdmag-netische Veränderungen au die Menschheit ein,die viele dazu drängen werden, die Entscheidungzu einer inneren Umkehr zu treen. Aber nie-mand braucht sich zu ängstigen. Die äußerenWandlungen bilden die Basis der kosmischenEvolution. Wir müssen nur alten Ballast abwer-en. Das Vorbild sp irituel ler Wahrheitssucher istdabei wichtig. Sie zeigen, wie das Ego überwun-den werden kann. Wenn unser Denken der alten,ego-xierten Weise verhatet bleibt, können wiruns nicht mit der Dimension des neuen Men-schen vereinen. Nur die Wege der Weisheit und

Die Weisheitslehren aller Zeiten betrachten das Selbstals Synonym ür die unsterbliche Seele

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der Transormation können uns durch die Um-

wälzungen hindurch ühren. Bestimmte elek-tromagnetische Felder können Frequenzen derHirnströme auruen, die sonst nur durch tieeMeditation erreicht und angesprochen werden.Broers schreibt in diesem Zusammenhang: „Wirmüssen uns ehrlich ragen, ob wir oen sind üreine weitere Entwicklung.“ Unser Denken, un-sere Gedanken erschaen unsere Realität. Platonnennt das Licht bzw. die Sonne „das Eigentliche“und ührt aus, dass hinter all dem Seienden eine

höhere Idee verborgen liegt. Der Physiker DavidBohm, Bewunderer und Freund von Krishna-murti, war sowohl in der Welt der Geisteswis-senschaten als auch in der der Naturwissen-schaten zu Hause. Er vergleicht das Bild einerneuen Ordnung mit einer Hologrammstruktur. Jedes Teilchen beinhaltet die Inormation desganzen Hologramms. Bohms Sichtweise ist ürdas Verständnis unserer Wirklichkeit in hohemMaße bedeutsam: alle Phänomene aus dem Ätherverändern sich von Energie und Inormationin Materie und werden irgendwann wieder alsreine Energie existieren. Materialisation ist somitimmer ein zeitlich begrenzter Zustand. DiesenZyklus nennt man Holobewegung. In ihm verei-nen sich Materie und Geist zu Einem.Unsere sichtbare Wirklichkeit ist die hologra- phische Projektion einer verborgenen Ordnung.Die explizite Ordnung (unsere Wirklichkeit)

ist unser Blick au die Welt. Aber die impliziteOrdnung ist die primäre Wirklichkeit, also diehöhere, geistige Dimension. Wir erleben in ihrWahrheit, Intelligenz, Einsicht und Barmherzig-

keit – Platons Tugenden –, wenn wir unser Ich

zum Schweigen bringen und au der Basis einerneuen Seelenentwicklung die Filter des Be-wusstseins durchlässiger werden. Die Menschheitnimmt Kurs au eine Bewusstseinsrevolution. Siesteht vor der Entscheidung, ob sie bereit ist, dem,was wir als den Sinn der Evolution erkennenkönnen, zu olgen: der Veränderung zum neuenMenschen. Inaktive DNA-Teile können aktiviertwerden, unser genetisches und geistiges Potentialkann sich weiter entalten. Dieter Broers erhot

dies und erläutert seine Vision vom neuen Men-schen. „Aber“, so sagt er, „eine Transormationwird sich nur vollziehen, wenn wir aktiv daranarbeiten“.Sind also die erwarteten Sonnenstürme und derAnstieg der Gammastrahlung als rettender Ein-gri zu sehen, wie die Mayas es ganz selbstver-ständlich annahmen?Broers ist davon überzeugt, dass der Menschohne die kosmische Unterstützung nicht zurTransormation gelangen kann. Er sagt, je-der möge die Krat in sich reisetzen, die dazuverhilt, zur Wiederentdeckung der Intuition zukommen. In den Mythen der Menschheit wirdstets von der Veränderung des Menschen hin zueinem höheren Seinszustand gesprochen. Dochwenn wir uns nicht darau vorbereiten, sind wirden kosmischen Energien ausgelieert und kön-nen an ihren Impulsen auch zugrunde gehen.µ

*Dieter Broers, (R)evolution 2012. Warum die Menschheit vor einem

Evolutionssprung steht. Berlin 2009.