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in Bayern ViErtELJÄhrLich ErSchEiNENdE FAchzEitSchriFt Für PFLEGE Nr. 26 02.2013 Pflege www.PFLEGEiNbAyErN.dE Freiheit oder Sicherheit? Verantwortungsvoller Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege Prof. Dr. Andrea Berzlanovich Jürgen Hollick Freiheitsentziehende Maß- nahmen – Schutz oder Gewalt Rüdiger Erling Psychopharmaka – ein vergessenes Thema Armin Leibig Pflegetherapeuten – im Auftrag der Wunde

Pflege in Bayern Ausgabe 26

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Pflege in Bayern Ausgabe 26

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Page 1: Pflege in Bayern Ausgabe 26

in BayernViErtELJÄhrLich ErSchEiNENdE FAchzEitSchriFt Für PFLEGE Nr. 26 02.2013

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Freiheit oder Sicherheit?Verantwortungsvoller Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pfl ege

Prof. Dr. Andrea Berzlanovich

Jürgen Hollick

Freiheitsentziehende Maß-nahmen – Schutz oder Gewalt

Rüdiger Erling

Psychopharmaka – einvergessenes Thema

Armin Leibig

Pfl egetherapeuten – im Auftrag der Wunde

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3Pflege in Bayern 02.2013Editorial

D arüber wird viel diskutiert und ge-schrieben. Auch einige Studien wurden

über freiheitsentziehende Maßnahmen durchgeführt und es hat bereits eine Sensi-biliserung stattgefunden, aber trotzdem besteht immer noch eine gewisse Unsicher-heit beim Pflegepersonal, den Betroffenen und Angehörigen. In dieser Ausgabe gehen die Autoren nochmals ausführlich auf die-ses Thema ein.

Doch auch andere wichtige Informatio-nen kommen nicht zu kurz. Das Bett und das Liegen sowie die Versorgung von chro-nischen Wunden werden anschaulich be-schrieben.

Von einer Neuerung wollen wir Sie auch unterrichten: Pflege in Bayern und die Bür-gerinitiative Pro Altenpflege e. V. werden in Zukunft im Sinne der Pflege eng zusam-menarbeiten, aber lesen Sie selbst!

IhreJohanna Pleyer

5 PFLEGEFreiheitsentziehende Maßnah-men – Schutz oder Gewalt

7 PFLEGEFreiheit oder Sicherheit? VerantwortungsvollerUmgang mit FEM in der Pflege

11 PFLEGEPsychopharmaka – ein vergessenes Thema

12 PFLEGEDas Bett und das Liegen

17 SymPoSiumHier lag wohl jemand falsch

18 PFLEGEPflegetherapeuten – im Auftrag der Wunde

20 SymPoSiumFlora und Fauna der Wund-behandlung

21 rEchtGestärkte Patientenrechte? Der neue Vertragstypus »Behandlungsvertrag« im BGB

24 PFLEGEEiNrichtuNGViel mehr als Wassertreten

26 PiLotProJEKtCare for Care

29 VErANStALtuNGENBildungsmanager Mai–Juli

Freiheit oder Sicherheit

Inhalt

ImpressumhErAuSGEbEr uNd rEdAKtioNSLEituNGJohanna PleyerHeinrich-Heine-Straße 1094060 PockingTelefon: (0 85 31) 13 46 73E-Mail: [email protected]

JAhrES-Abo€ 35,00 (€ 20,00 für Schüler/Mitglieder unserer Kooperationspartner gegen Nachweis)zzgl. MwSt. und Versandkosten

ErSchEiNuNG 4x jährlich

Foto: M. Kreuzer

KooPErAtioNSPArtNErBayer. Hospiz- und Palliativverbandbpa-Landesgruppe BayernBürgerinitiative Pro Altenpflege e. V.Deutsche Alzheimergesellschaft, Landesverband Bayern

GrAFiSchE GEStALtuNGManuel KreuzerBüro für visuelle GestaltungTelefon: (0 85 86) 97 54 46www.mkreuzer.de

ANzEiGEN Luxx Medien Verlagsdienstleistungen Bickert & Brumloop GbRTelefon: (0228) 68 83 14 11www.luxx-medien.de

drucK Tutte Druckerei & Verlagsservice GmbHTelefon: (0851) 410 45www.tutte.de

hAFtuNGFür Inhalte und Gestaltung kann keine Gewähr übernommen werden. Haftung ist ausgeschlossen. Alle Rechte sind dem Herausgeber vorbehalten.

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4 Pflege in Bayern 02.2013 Kooperation

»Pflege in Bayern« und die

»Bürgerinitiative Pro Altenpflege e. V.«

Enge Zusammenarbeit:

Die Redaktion »Pflege in Bayern« konnte die Bürgerinitiative Pro Altenpflege e. V. als Kooperationspartner gewinnen. Gemeinsam wurde für die Zukunft eine

enge Zusammenarbeit beschlossen.

D ie erste Ausgabe der Bundesland bezo-genen Fachzeitschrift »Pflege in Bay-

ern« erschien im Jahre 2006. In den letzten Jahren konnte die Auflage durch interes-sante Themen immer weiter gesteigert wer-den und liegt aktuell bei über 4 000 Exem-plaren. Die Fachzeitschrift berichtet über die allgemeine Pflegesituation, Neuerschei-nungen aus dem Bayerischen Sozialmini-sterium, Fördermittel für bayerische Pflege-einrichtungen und über verschiedene Rechts-fragen in der Pflege. Die Leser können jederzeit mitreden und mitgestalten.

Die »Bürgerinitiative Pro Altenpflege e. V.« stellt sich vorIn der noch jungen »Bürgerinitiative Pro Altenpflege e. V.« haben sich Menschen und Unternehmen zusammengetan, die profes-sionell in der Altenpflege arbeiten oder ge-arbeitet haben und die der meist sehr ein-seitigen, negativen Darstellung in der Öf-fentlichkeit etwas entgegensetzen wollen. »Wir als Profis und Verantwortliche müssen aktiv werden, um mehr Objektivität zu erreichen und das Bild der Altenpflege in der Öffentlichkeit nachhaltig zu verän-dern«, mit dieser Einsicht des ehemaligen Heimleiters und Betreiber einer Einrich-tung für psychisch kranke Menschen, Friedrich Schmidt, fiel der Startschuss.

Im Dezember 2012 fand in Landshut die Gründungsversammlung der »Bürgerinitia-tive Pro Altenpflege e. V.« statt, auf der Friedrich Schmidt zum Vorsitzenden und die beiden Pflegedienstleiterinnen Petra

Lorenzen-Ried zu seiner Stellvertreterin und Gabi von der Mühlen zur Schatzmeiste-rin gewählt wurden. Bereits im Februar 2013 folgte die Anerkennung als gemein-nütziger Verein, so dass nun alle Weichen gestellt sind, um mit der praktischen Arbeit durchzustarten.

In wenigen Wochen stieg die Zahl der Mitglieder bereits auf mehr als 50 an, da-runter auch immer mehr Unterstützer, die nicht selbst in der Altenpflege arbeiten, aber die Ziele der Organisation trotzdem mittragen. Mit Barbara Stamm, der Präsi-dentin im Bayerischen Landtag, kann der Verein auch schon eine sehr prominente Unterstützerin vorweisen.

Eine Mitgliedschaft in der Bürgerinitia-tive ist natürlich nicht nur für betroffene Einzelpersonen interessant. Gerade Unter-nehmen, die in der Altenpflege oder in ähn-lichen Bereichen tätig sind und mehr für das positive Bild der Pflege in der Öffent-lichkeit tun möchten, sind hier gut aufge-hoben.

Wichtigste Aufgabe der Bürgerinitiative ist es, das Bild der Altenpflege und der in der Altenpflege tätigen Menschen und Un-ternehmen im Bewusstsein der Öffentlich-keit langfristig positiv zu verändern und eine wünschenswerte, objektive Informati-onspolitik zu fördern. »Wir sehen unsere Aufgabe darin, der überwiegend negativen öffentlichen Mediendiskussion auf Augen-höhe entgegenzuwirken«, erklärt Friedrich Schmidt, »denn die in der Pflege aktiven Unternehmen – und besonders die Pflege-

kräfte – haben für ihre anspruchsvolle Ar-beit und ihr Engagement hohe Anerken-nung verdient und keine dauerhafte Pau-schalverurteilung.«

Um das Negativ-Image zu verändern will die Bürgerinitiative Pro Altenpflege e. V. mit Tatsachen, konkreten Informationen und Hilfestellungen in allen Bereichen der Al-tenpflege überzeugen. Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und Interessierte werden zu regionalen Informationsveranstaltungen vor ihrer Haustür eingeladen und bekom-men dort ehrliche Antworten auf ihre Fra-gen. Dabei will die Bürgerinitiative Fach-leute, Dienstleister und Betroffene zusam-menbringen.

Darüber hinaus hat es sich die neue Or-ganisation zum Ziel gesetzt, dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzutreten. Des-halb sollen in der Öffentlichkeit, in Schulen und bei den Arbeitsagenturen die Attrakti-vität, Zukunftssicherheit und Vielfalt der Pflegeberufe bewusst gemacht werden.

Zum Treffpunkt und lebendigem Infor-mationsportal zu allen relevanten Themen rund um die Altenpflege wird sich zukünf-tig die neu gestaltete Internetpräsenz ent-wickeln. Hier ist die Organisation für Ideen und Anregungen offen und dankbar. Erste Informationen finden Sie bereits jetzt unter www.bpa-ev.de.

In den kommenden Ausgaben der »Pflege in Bayern« werden wir die weitere Entwick-lung der Bürgerinitiative begleiten.

Fotos: F. Schmidt

v. l.:Gabi von der MühlenFriedrich SchmidtPetra Lorzenz-Ried

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5Pflege in Bayern 02.2013Pflege

Freiheitsentziehende Maßnahmen – Schutz oder Gewalt Ein Diskussionsbeitrag

von Jürgen Hollick

M it der Einrichtung der »1. schwäbischen Kreisirrenanstalt« im Jahr 1849 war man bestrebt, im vormaligen Benediktinerklo-

ster Irsee bei Kaufbeuren eine hochmoderne Vorzeigepsychiatrie zu schaffen. Im Jahr 1868 wurde aus der englischen Psychiatrie das Konzept des »No Restraint« übernommen und umgesetzt (vgl. Dob-ler, 2013:76). Damit war der Verzicht auf alle jene Zwangsmittel ge-meint, die heute unter dem Begriff »Freiheitsentziehende Maßnah-men« zusammengefasst werden. Wie aus alten Unterlagen der Ein-richtung zu ersehen ist, war dieses Konzept auch weitgehend erfolgreich. Es sollte zumindest nachdenklich stimmen, dass dieses Problem heute erneut auftritt und Ansätze zur Lösung noch nicht den Grad an Umsetzung erreicht haben, wie es wünschenswert wäre.

Nachstehender Beitrag will das Thema aus verschiedenen Blick-winkeln durchleuchten und dort wo möglich neu bewerten.

DefinitionEine Definition des MDK Bayern legt klar fest, wovon im folgenden gesprochen wird, wenn sie den Begriff der Freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM) wie folgt differenziert:

Mechanische Fixierungsmaßnahmen: Jede Maßnahme oder jede Vorrichtung an oder in der Nähe des Körpers einer Person, die nicht von der Person kontrolliert oder einfach entfernt werden kann und die die Bewegungsfreiheit und die freie Wahl der Positi-on des Körpers einschränkt (Joanna Briggs Institute 2002).

Psychopharmaka mit sedierender Wirkung (Hypnotika, Neuro-leptika, Anxiolytika, Sedativa), die mit dem Ziel gegeben werden, die Person an der Fortbewegung, am Verlassen des Zimmers oder des Hauses zu hindern.

Sensortechnik und Ortungssysteme, die ein-gesetzt werden, um die Person an der Fortbewe-gung, am Verlassen des Zimmers oder des Hauses zu hindern. Sensortechnik und Ortungs-systeme, die eingesetzt werden, um der Person einen größeren Bewegungsradius zu ermögli-chen oder die Begleitung in die von ihr ge-wünschte Richtung anzubieten, greifen zwar in das Persönlichkeitsrecht ein, können jedoch als sinnvolle Alternative zu restriktiven Formen der FEM (z. B. verschlossener Wohnbereich, körper-nahe Fixierung) eingesetzt werden.

Sonstige, teilweise nicht offensichtliche Maßnahmen, die ein-gesetzt werden, um die Person an der freien Wahl der Position des Körpers, der Fortbewegung, am Verlassen des Zimmers oder des Hauses zu hindern, z. B. Trickverschluss, Türe mit Drehknauf, der nicht mehr bedient werden kann, Wegstellen von Gehhilfen, An-drohen von Gewalt.

Die DatenlageDie Datenlage bei solchen Maßnahmen ist mangels bundesweiter Statistik nicht sehr eindeutig. Bezogen auf Bayern stellt die Studie »Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege« (Randzio

et.al) fest: »Bislang existieren in Deutschland keine belastbaren Daten zu Umfang und Art von FEM in der Pflege« und berichtet aus einer eigenen kleinen Studie:

› Im ambulanten Bereich wurden 9 % der untersuchten Pflegebe-dürftigen fixiert.

› Im stationären Bereich wurden 38 % der untersuchten Pflegebedürftigen fixiert.Die meisten Fixierungen (67 %) wurden mit Bettgitter vorge-

nommen, 18 % auch mit Gurtsystemen. Als häufigste Gründe für bewegungseinschränkende Maßnahmen nennt z. B. Bredthauer:

› Psychomotorische Unruhe / Umtriebigkeit / Rastlosigkeit › Sturzgefährdung Gang / Transferunsicherheit › Verbale und /oder körperliche Aggressivität / forderndes

Verhalten › Sonde / Infusion › Suizidalität › Andere ärztliche Begründungen der Fixierung bei dementen

alten Menschen in der GerontopsychiatrieDiese Daten ermöglichen eine Diskussion zu grundlegenden

Fragestellungen und den zentralen Problemstellungen.

ProblemstellungDie o. g. Gründe für die Anwendungen von FEM scheinen vorder-gründig stichhaltig. Doch dringt man tiefer in die Materie ein, wird deutlich, dass dies nur selten tatsächlich zutrifft.

So lag die Motivation während der Irseer Psychiatrie zum »No Restraint« in der Erkenntnis, dass erhöhter Bewegungsdrang kei-

neswegs mit dessen mechanischem Unterbinden zu behandeln ist, dies vielmehr eher als paradox betrachtet werden muss. Es ist anzunehmen, dass FEM die Problemlage eher verstärken. Schon da-mals schien es sinnvoller, den Bewegungsdrang ausleben zu lassen statt zu unterbinden. Dies wird auch von Weglauftendenzen und der Befürch-tung, Betroffene würden nicht mehr zurück fin-den, nicht widerlegt.

Auch für die Sturzprophylaxe gilt lt. Natio-nalem Expertenstandard, dass »freiheitsentzie-hende Maßnahmen nicht mehr zur Sturzprophyla-xe geführt« werden (Balzer, 2013:81). Fixierungen, insbesondere dann, wenn sie länger andauernd

sind, führen ganz im Gegenteil eher zu vermehrter Gangunsicher-heit und verstärken die Sturzgefahr.

Die häufig genannte Aggressivität von Bewohnern gegen sich selbst oder andere wird durch FEM eher verstärkt, da Angst oder Verwirrung als Ursache für Aggressivität durch FEM verstärkt wer-den. Es dürfte weit zielführender sein die Ursachen von Angst und Verwirrung zu reduzieren, als sie durch eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit weiter zu verstärken. Auch kann die Hilflosig-keit, die ein Mensch in der Fixierung spürt, eher ein Auslöser für Unruhe und Aggressivität sein. Somit ist davon auszugehen, dass FEM das Problem von Aggressivität alter Menschen nicht lösen.

JürGEN hoLLicK Bildungswerk des Verbandes

der bayerischen BezirkeKlosterring 4, 87660 Irsee

E-Mail: [email protected]

Foto: J. Hollick

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6 Pflege in Bayern 02.2013 Pflege

FEM werden gelegentlich zur Disziplinierung, zur Sicherung vor Störung bei anderen Arbeiten oder als Entlastung bei personeller Unterbesetzung eingesetzt. Dies ist weder aus pflegerischen, ethi-schen noch juristischen Gründen zu rechtfertigen. Gleiches gilt für die Gabe von Psychopharmaka zu anderen als den vorgesehenen medizinischen Zwecken oder gar Androhung von Gewalt. Dabei handelt es sich schlicht um kriminelle Akte.

GefahrenlageKeinesfalls kann Freiheitsberaubung in irgendeiner Form als thera-peutische Maßnahme betrachtet werden. Vielmehr geht es darum, pflegebedürftige Menschen mit dem geringstmöglichen Eingriff in ihre Entscheidungsfreiheit und Autonomie vor Schaden zu bewah-ren. Dass FEM manchmal die einzige greifbare Möglichkeit bieten, mit allen Beteiligten unbeschadet eine Schicht zu überstehen, mag gelegentlich zutreffen. Doch sind sie auch dann nur als Notbehelf zu betrachten und entsprechend zurückhaltend einzusetzen.

FEM müssen oft als Verschärfung des Problems betrachtet wer-den, da die in ihrem Bewegungsdrang behinderten Personen kaum in der Lage sind, die Maßnahmen zu verstehen. Sie können weder zeitliche noch verhaltensabhängige Perspektiven entwickeln und versinken immer tiefer in der Problemlage. Auch nimmt man alten Menschen die Möglichkeit, die Situation zu handhaben und ver-stärkt dadurch Symptome wie Angst oder Hilflosigkeit. Durch FEM ausgelöste Reizarmut und Deprivation fördern zusätzlich den Ab-bau noch vorhandener kognitiver Fähigkeiten und verstärken die Demenz.

Zusätzlich zur psychischen Belastung kommt eine enorme kör-perliche Gefährdung. Bei Berzlanovich (2010, 2012) wurden 28 Fäl-le gelistet, bei denen sich mit Gurte an ihr Bett fixierte Menschen strangulierten oder durch Brustkorbkompression erheblich gefähr-det waren. Zusätzlich bei längeren Fixierungszeiten droht neben Druckgeschwüren ein Abbau von Muskelmasse. Betroffene werden dadurch schwächer und die Sturzgefahr steigt. Daher sind FEM nicht mehr als Prävention im Nationalen Expertenstandard »Sturz-prophylaxe« aufgeführt.

Neben psychischen und körperlichen Aspekten sprechen mitt-lerweile auch juristische Überlegungen gegen FEM. Freiheitsberau-bung und Behandlungsmaßnahmen gegen den Willen des Pati-enten sind erhebliche Eingriffe in verfassungsgemäße Grundrech-te. Deutsche Gerichte haben in den letzten Jahren die Möglichkeit solcher Maßnahmen wiederholt strenger reglementiert und einge-schränkt (vgl. Entscheidung des BGH vom 27. Juni 2012 zum Akten-zeichen – III ZB 24/12).

AlternativenManche Maßnahmen wie nicht bedienbare Türen, Bettgitter oder Gurtsysteme mögen gelegentlich gefährdende Situationen vermei-den helfen. Doch gibt es vielfach alternative, wirksamere und men-schenwürdigere Maßnahmen zur Sturzprophylaxe, dem Unterbin-den von Weglauftendenzen oder der Reduzierung aggressiver Handlungen, zur Fixierung eines Bewohners im Bett oder dem Ein-schluss im Zimmer. Weiträumig wurden erstmals mit einer Informa-tions-CD des bayerischen Sozialministeriums solche Möglichkeiten gezeigt.

Zur Sturzprophylaxe Niederflurbetten können so weit abgesenkt werden, dass ein di-rekter Übergang vom Bett zum Boden besteht. Eine mit Matratzen abgepolsterte Umgebung ist dann hervorragend geeignet, die ge-fürchteten Stürze aus dem Bett zu vermeiden.

Ähnlich wirken Pflegenester als ein nestartig bereitetes Bett ohne weiteres Gestell direkt am Boden. Die Nutzer erhalten dabei

ein Gefühl von Geborgenheit, die direkte Auflage der Matratze auf dem Boden reduziert ebenfalls die Sturzgefahr.

Neben diesen Maßnahmen gibt es noch eine Reihe von Schutz-maßnahmen am und mit den Pflegebedürftigen, z. B. Wollsocken mit Gumminoppen, um Stürze durch falsches Schuhwerk zu ver-meiden oder Hüftprotektoren zur Minimierung von Sturzfolgen.

Generell sind zur Sturzprophylaxe allerdings ausreichend und qualifizierte Mitarbeiter nötig, die die alten Menschen betreuen, durch Bewegungsübungen ihre Muskulatur und Beweglichkeit stärken, bei der Fortbewegung behilflich sind und im Gefährdungs-fall stützend eingreifen können.

Bei WeglauftendenzenEin Mittel der Wahl ist die Schaffung von Bewegungsräumen durch eine Architektur, die Rundläufe aufweist und Orte, an denen der unruhige Mensch verweilen kann. Gänge enden nicht vor Türen, sondern führen zum Ausgangspunkt zurück, sie sind von Sitzgele-genheiten und markanten Aufenthaltsorten unterbrochen (exem-plarisch z. B. eine Bushaltestelle, die in einem Garten demente, unruhige Menschen zum Verweilen einlädt). Ähnlich wirkt der ge-eignete Zugang zum Gartenbereich, der auch Erkennungspunkte wie Vogelhäuschen, Sonnenuhr oder einen Hühnerstall aufweist.

Gezielte Biographiearbeit kann Weglauftendenzen vermindern. Bekanntes Mobiliar, das alte Wohnzimmerbild oder eigene Bettwä-sche reduzieren für den alten Menschen den Drang nach zuhause und sorgen in der stationären Einrichtung für ein heimisches Gefühl.

Hilfreich sind auch weitere Besonderheiten des Stationsde- signs, die diese erkennbar machen und einen gewissen Wiederer-kennungsfaktor mitbringen. Spezielles Mobiliar das Bewegung bie-tet wie z. B. Schaukelstühle erweisen sich oft als Anziehungspunkt.

Mahlzeiten schaffen eine Tagstruktur und sind ein ebenso pro-bates Mittel wie tagesstrukturierende Maßnahmen, die Spaß ma-chen und Langeweile vermeiden. Realitätsorientierungstraining (ROT) hilft dem dementen Menschen, die Umgebung als bekannt zu identifizieren.

Hohe Priorität hat die personale Kontinuität durch Pflegende, die persönlich (statt räumlich) zugeordnet sind. Ein Bezugsperso-nensystem mit einer dem Menschen zugeordneten Pflegeperson anstatt Bereichspflege sichert bei dementen Menschen mit der Zeit einen Wiedererkennungsfaktor und vermindert durch menschliche Bindung den Wunsch, die Institution zu verlassen.

Erneut wird die Bedeutung ausreichend qualifizierter Mitarbei-ter deutlich, die mit den alten Menschen neben den genannten Pflegemaßnahmen eine intensive pflegerische Beziehung aufbau-en und damit das Gefühl von Sicherheit und Daheim schaffen.

Bei Aggression»Nicht Gedächtnisstörungen, sondern Aggressionen … belasten Demenzpatienten und ihre Angehörigen am stärksten« (Müller, 2010), was in der stationären Pflege auch für Mitbewohner und Pflegende gilt. Dabei ist Aggression bei dementen Menschen nur selten Teil der elementaren Persönlichkeitsstruktur, als Auslöser wirken eher Angst, Hilflosigkeit oder Verkennung von Situationen und Personen. Nur der Abbau dieser Auslöser wird aggressives Ver-halten vermindern.

Immer gilt es Ruhe zu bewahren, aggressives Verhalten nie per-sönlich zu nehmen und jeden Streit zu vermeiden. Dem Betroffenen ruhig zureden, ihm geschätzte Aktivitäten vorschlagen, versuchen seine Wünsche zu verstehen und diese erfüllen, notfalls aber auch die Situation zunächst zu verlassen, mag alles zur Deeskalation führen.

Gründe für aggressionsfördernde Ängste finden sich oft in der Biographie. Die Generation derer, die heute in den Institutionen

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7Pflege in Bayern 02.2013Pflege

der Altenpflege leben, hat oft ein feines Gespür für unangemessene Hierarchien, legt Wert auf Umgangsformen und Tonfall. Dem Be-troffenen »Ordnung« beibringen zu wollen, ihn in sein Zimmer oder aus dem Büro zu verweisen oder an den Esstisch zu schicken, wird die Problematik eher verstärken. Es muss klar sein, dass man solche Auseinandersetzungen nie gewinnen, aber leicht deeskalieren kann.

Auch können im Langzeitgedächtnis gespeicherte Kriegserleb-nisse Ängste aufrühren, z. B. wenn die Betroffenen unvermittelt mit Kollegen osteuropäischer Sprachfärbung konfrontiert werden. Es ist daher unverantwortlich, Sprachanforderungen an Pflegende anderer Nationalität abzusenken. Anforderungen an Pflegende im-mer mehr abzusenken, mag den Zeitgeist der Heimträger spiegeln, in diesem Fall sind hohe Sprachkenntnisse aber nötig, um auch fei-ne Nuancen in den Äußerungen der Bewohner zu verstehen und entsprechend sensibel und angstlösend reagieren zu können.

Nicht selten ist Hilflosigkeit ein Auslöser für Aggressionen, die vom Betroffenen nicht mehr geäußert werden kann. Oft finden sich in der Biographie nützliche Hinweise, um diese zu verstehen. Ein ehemaliger Arzt wird kaum Freude an Laubsägearbeiten in der Be-schäftigungstherapie haben, ein Bauer oder ein Jäger sich eher nicht an Computerspielen erfreuen. Das Selbstwertgefühl durch den Rückgriff auf Erleben aus der Vergangenheit zu stärken und den Betroffenen gleichzeitig daran zu beteiligen, dürfte eher wirk-sam sein. Hier ist daran zu denken, den Akademiker in der Biblio-thek der Einrichtung zu beschäftigen oder dem Bauern die Betreu-ung evtl. angeschaffter Nutztiere zu übertragen, auch wenn dabei das Arbeitsergebnis nicht mehr perfekt sein wird.

Auch Langeweile, Reizüberflutung durch ständig laufende Ra-dio- oder Fernsehgeräte oder zu wenig Ausweichmöglichkeiten ge-genüber anderen Bewohnern können zu Reaktionen der Hilflosig-keit in Form von Aggressionen führen. Hier kann eine großzügige Architektur des Hauses mit verschiedenen Zimmern für unter-schiedliche Vorlieben schon viel Entspannung schaffen.

Strenge Rahmen, in die Bewohner eingebunden werden, ohne dass sie den Sinn dahinter verstehen, führen ebenso zu Aggressi-onen wie zu geringe Aufmerksamkeit oder der Hinweis einer Pflege-person, sie habe gerade keine Zeit. Da den Bewohnern oft das Zeit-gefühl abhanden gekommen ist, kann eine solche Zurückweisung, auch wenn es sich nur um wenige Minuten handelt, einer gefühls-mäßigen Katastrophe gleichkommen.

Demenzkranke brauchen Zeit, Zuwendung, personale Kontinui-tät und viel Geduld. Dennoch werden gelegentlich psychotische Zustände wie Verkennungen von Situationen oder Personen auftre-ten, die einer medikamentösen Behandlung bedürfen. Falsch wäre es dabei, engmaschige Betreuung durch Psychopharmaka zu erset-zen. Die pflegerische Beobachtung ist hier von großer Bedeutung, um Wirkungen, auch unerwünschter Natur, zu erkennen und ärzt-liche Behandlung zu unterstützen. Mit Psychopharmaka behandel-te pflegebedürftige Menschen brauchen aufgrund deren Wirkung eine intensive Begleitung, um Stürze zu vermeiden und Verwirrt-heitszustände absichern zu können.

Und erneut wird die Bedeutung ausreichend qualifizierter Mit-arbeiter deutlich, die neben Empathie und der Fähigkeit zu inten-siver und kontinuierlicher pflegerischer Beziehung hohes Fachwis-sen in Psychopharmakologie und geschulte Beobachtungsgabe aufweisen.

MöglichkeitenBei Berücksichtigung der beschriebenen Alternativen dürfte die Anwendung FEM bereits deutlich zurückgehen. Zusätzlich wird die intensive Diskussion um Sinn oder Unsinn von FEM im Kollegenkreis die Maßnahmen reduzieren. Doch ist wider allen Idealen zuzuge-ben, dass in manch schwierigen Situationen die FEM oft als letzte Lösung erscheinen. Dies insbesondere dann, wenn sich die Pflege-person als einzige Fachkraft einem Dilemma ausgesetzt sieht. Hier empfiehlt sich als zentrales Instrument im Umgang mit FEM die in-tensive Nachbesprechung jeder Anwendung im Team. Die Maßnah-me nach einer Cool-down-Phase zeitnah ohne Schuldzuweisungen und strikt lösungsorientiert zu analysieren, wirkt für die Pfle-genden entspannend und stärkt Kompetenzen im Umgang mit schwierigen Situationen. So diskutiert das Team neben den Auslö-sern immer auch alternative Möglichkeiten und warum diese im konkreten Einzelfall nicht angewandt wurden.

Diesem Lösungsansatz der Mikroebene entspricht auf der Ma-kroebene der »Werdenfelser Weg«. Die Einbeziehung eines Verfah-renspflegers zur Vermeidung von FEM stellt die Genehmigungsver-fahren auf eine neue Ebene. Dieser Verfahrenspfleger diskutiert im gerichtlichen Auftrag jeden Fixierungsfall individuell und geht über den Zeitraum mehrerer Wochen Alternativüberlegungen ge-meinsam mit dem Heim und den Angehörigen durch, im Einzelfall regt er auch Erprobungen von Alternativmaßnahmen an. Das bis-lang vorliegende Ergebnis zeigt eine signifikant gefallene Anzahl von Anträgen auf Genehmigung von FEM, interessanterweise oft auch ohne die Einbeziehung eines Verfahrenspflegers.

Doch alle Bemühungen FEM zu vermeiden, können nur wirken, wenn den Pflegenden die grundlegende Problematik des Freiheits-entzugs klar ist. Bereits in der Ausbildung ist eine entsprechende ethische und staatsbürgerliche Haltung zu fördern, Fort- und Wei-terbildung müssen sich dieser Prägung anschließen und sie weiter vertiefen. Es gilt, bei Pflegenden ein tiefes Verständnis für die kör-perliche, seelische und staatsbürgerliche Problematik zu wecken und wach zu halten.

Dass dies intensive Bildungsbemühungen benötigt, ist folge-richtig. Bei der Bildung im Pflegebereich zu kürzen oder sie auf Dauer auf dem niedrigen deutschen Niveau zu halten, ist ebenso fragwürdig wie der zunehmende Ersatz von Fachkräften durch min-der- oder nichtqualifizierte Mitarbeiter. Die oben beschriebenen alternativen Methoden zu FEM sollten hinreichend sichtbar ge-macht haben, dass heute noch die Erkenntnis der »1. schwäbischen Kreisirrenanstalt« gilt: No Restraint steht und fällt mit Bildungs-grad und Anzahl der Mitarbeiter sowie der Bereitschaft der Heim-trägerschaften, diesem Problem die entsprechende Priorität einzu-räumen.

QuellenBalzer, K. et Al. (2013): Literaturanalyse Expertenstandard Sturzprophylaxe. 1. Aktualisierung 2013. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. OsnabrückBayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Frauen: Eure Sorge fesselt mich. Informations-CD, München 2010Berzlanovich, Andrea et. al. (2010): »Die Alten warten niedergebunden auf den Tod«. Süddeutsche Zeitung München,19.05.2010Berzlanovich, Andrea et. al. (2012): Todesfälle bei Gurtfixierungen. Deutsches Ärzteblatt Nr. 109(3)Bredthauer, Doris (2002): Bewegungseinschränkende Maßnahmen bei dementen alten Menschen in der Psychiatrie; Gewalt gegen alte Menschen. ErlangenBundesgerichtshof-Entscheidung vom 27. Juni 2012 zum Aktenzeichen – III ZB 24/12, siehe auch 20. Juni 2012 (AZ XII ZB 99/12 und 130/12)Dobler, Gerald (2013) Hrsg.; Stefan Raueiser: Von Irsee nach Kaufbeuren. Grizeto Verlag, IrseeKirsch, Sebastian: Der Werdenfelser Weg http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/amtsgerichte/garmisch-partenkirchen/kurzbeschreibung_werdenfelser_weg.pdf abgerufen am 20.03.2013Martina Böhmer (2011): »Erfahrungen sexualisierter Gewalt in der Lebensgeschichte alter Frauen. Ansätze für eine frauenorientierte Altenarbeit«, Mabuse Verlag GmbH, Frankfurt/M.Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern. http://www.mdk-bayern.de/clients/ mdk-bayern/webcms/CMS2Content.nsf/content/startseite_mdk_bayern_mdk_bayern_aktuell_mdk_bayern_news_

freiheitsentziehende_massnahmen.html?Open, abgerufen am 20.02.2013Müller, Thomas (2010): Aggressionen haben oft simple Ursachen. Ärztezeitung vom 21.09.2010, Springer Medizin, Frankfurt/MainRandzio, O. (2008): Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege Stichtagserhebung zum Annual World Elder Abuse Awareness Day am 15. Juni 2008 http://www.mdk2008bayern.de/clients/mdk_bayern/webcms/

CMS2Content.nsf/res/Plakat_FEM_Studie_v5.pdf/$FILE/Plakat_FEM_Studie_v5.pdf, abgerufen am 20.03.2013

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8 Pflege in Bayern 02.2013 Pflege

Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) umfassen alle Mittel, welche … … die körperliche Bewegungsfreiheit ein-schränken und nicht von den Betroffenen selbst entfernt werden können und/oder den Zugriff auf den eigenen Körper verhin-dern. Juristisch wird unter dem Begriff »Bewegungsfreiheit« verstanden, dass Per-sonen mit natürlichem Willen zur Fortbewe-gung auch körperlich – gegebenenfalls mit Hilfsmitteln – in der Lage sind, diesen Wil-len auszuüben, bzw. trotz objektiv feh-lenden Fortbewegungsmöglichkeiten den Willen zur Fortbewegung haben und diesen umzusetzen versuchen.

Die Einschränkung des Bewegungsspiel-raums von pflegebedürftigen Personen erfolgt …… meist durch mechanische Fixierungen. Am häufigsten werden dazu Bettgitter ver-wendet, die ebenso wie Gurtsysteme, Ban-dagen, Schutzdecken, Vorsatztische, etc. zu Fixierungen im engeren Sinne zählen. Ebenso gehört das Einsperren von Betrof-fenen auf Stationen und in ihren Zimmern zu den FEM. Darüber hinaus existieren »ver-steckte« oder »verdeckte« Methoden wie die Wegnahme von Schuhen, Kleidung,

Freiheit oder Sicherheit?Verantwortungsvoller Umgang mit freiheits-entziehenden Maßnahmen in der Pflege

Seh- und Gehhilfen und das Anbringen von speziellen Türschlössern, welche die Pflege-bedürftigen in ihrer Fortbewegung einen-gen sollen. Schlafmittel und Psychophar-maka sind freiheitsentziehend, wenn sie mit dem vorrangigen Ziel verabreicht wer-den, den Bewegungsdrang der zu Pfle-genden so weit zu reduzieren, dass sich die-se weder aus ihren Räumlichkeiten noch aus der gesamten Einrichtung entfernen können. Die Gabe von Medikamenten zu therapeutischen Zwecken gilt nicht als FEM, auch wenn dabei als Nebenwirkung die Be-wegungsfreiheit eingeschränkt wird.

FEM werden eingesetzt, bei …… Bewohner/in/nen und Patient/in/nen mit hohem Sturzrisiko, herausforderndem Verhalten, motorischer Unruhe, aber auch zur Sicherung von medizinischen Behand-lungen, Vermeidung von Selbstbeschädi-gungen und suizidalen Handlungen.

Gesundheitliche Komplikationen und psychosoziale Folgen regelmäßiger und dauerhaft eingesetzter mechanischer Fixierungen sind …… Muskelschwund, Kontrakturen, Lungen-entzündungen, Aufliegegeschwüre, Throm-

bosen, Verdauungsstörungen, Stuhl- und Harninkontinenz. Die Immobilisation ver-ursacht vielfach Stress und Angst und hat mitunter auch negative Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten. Außerdem füh-ren FEM zur Einschränkung der Wahrneh-mungsfähigkeit, zum Verlust des Selbst-wertgefühls, der -wirksamkeit und der -ach-tung. Nicht fach- und sachgerecht ange- wandte Fixierungen können Verletzungen unterschiedlicher Schweregrade, gelegent-lich sogar den Tod der betroffenen Personen zur Folge haben. Selbst bei korrektem Anle-gen von Gurtsystemen, jedoch nicht ausrei-chender Beobachtung und Betreuung der zu Pflegenden sind tödliche Unfallgesche-hen möglich.

FEM, die gegen/ohne Willen der Betrof-fenen angewendet werden, müssen gerichtlich genehmigt werden, weil … … sie schwerwiegende Eingriffe in die Men-schenrechte¹ darstellen. Auch wenn FEM häufig als vermeintliche präventive Vorkeh-rungen zum Schutz bzw. zur Sicherheit der zu Pflegenden eingesetzt werden, haben sie gravierende Auswirkungen auf die Würde, Lebensqualität und Gesundheit der Betrof-fenen.

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1 Unantastbarkeit der Menschenwürde, Art. 1 Grundgesetz; persönliche Freiheitsrechte, Art. 2 Grundgesetz.

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Anze

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Eigene Initiativen zur Reduzierung von FEM sind …

› … Der »Werdenfelser Weg«²: Dieser effiziente Ansatz im Rahmen des geltenden Betreuungs- und Verfahrens-recht stärkt den Gedanken der Vermei-dung von FEM in Alten-/Pflegeeinrich-tungen. Nach § 317 FamFG6 hat das Betreuungsgericht (in der Regel zu Beginn jedes Genehmigungsverfahrens) einen Verfahrenspfleger – quasi als Pflichtverteidiger – zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen erforderlich ist. Dabei wurden in der Vergangenheit zumeist Rechtsanwälte beauftragt. Beim »Werdenfelser Weg« fällt die Wahl bewusst auf in der Pflege versierte Fürsprecher mit rechtlichen Verfahrens-kenntnissen, die jedoch nicht aktiv in die Pflege der betroffenen Personen eingebunden sind. Dadurch wird sichergestellt, dass diese Fachkräfte im gerichtlichen Auftrag jeden Fixierungs-fall individuell sowohl auf fachlicher Augenhöhe als auch unparteiisch mit den Pflegeverantwortlichen in den Altenpflegeeinrichtungen diskutieren können. Zusammen mit den Betrof-fenen, Betreuer/innen, Angehörigen sowie dem bestehenden multiprofessio-nellen Team (Pflege- und Bezugsper-sonen, Ärzteschaft, usw.) werden individuell Vorgehensweisen erarbeitet, die sowohl höchstmögliche Sicherheit bieten als auch psychisches Wohlbefin-den, Lebensqualität und Bewegungs-freiheit gewähren. Damit sind alle am Verfahren Beteiligten in den Meinungs-findungsprozess Pro und Kontra FEM einbezogen und sie übernehmen auch gemeinsam die Verantwortung.

Durch die praktische Umsetzung des »Wer-denfelser Wegs« ist die Anzahl der Fixie-rungsanträge im Landkreis Garmisch-Par-tenkirchen seit 2010 um mehr als 70 % ge-sunken. Die Verfahrensprozedur ist neben vielen Regionen Südbayerns, Niedersach-sens und Nordrhein-Westfalens gleichfalls in Großstädten wie Nürnberg, München, Bonn, Bochum, Kiel und Essen übernom-men worden. Hamburg und Berlin befassen sich mit der Einführung.

› … Das Aktionsprogramm »Verantwor-tungsvoller Umgang mit FEM in der Pflege«³: Um valide Informationen über Anzahl und Art der jeweils eingesetzten Maßnahmen im Zusammenhang mit FEM zu erhalten, wurden Fragebogen- und internetbasierte Stichtagserhebungen mit Unterstützung der jeweils zuständi-gen Ministerien in allen bayerischen, baden-württembergischen, hessischen und rheinland-pfälzischen Heimen durchgeführt. Die Umfragen erfolgten zeitnah zum »World Elder Abuse Awareness Day« (15.Juni), mit dem auf die Gewalt gegen ältere Mitmenschen aufmerksam gemacht werden soll. Durch diese Terminwahl soll aufgezeigt werden, dass die Anwendung von FEM potenziell eine Form von Gewalt gegen pflegebedürftige, meist ältere Men-schen darstellt.

Was die Anwendung von FEM betrifft hat in Bayern, wo die Befragung erstmals 2008 und dann noch in den beiden Folgejahren stattfand, inzwischen ein Umdenken einge-setzt. So wurde im Jahr 2008 zum Stichtag jede/r vierte Heimbewohner/in fixiert, während es 2010 »nur« noch jede/r fünfte war. Ausschlaggebend dafür sind u. a. viel-

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2 Konzept: Dr. Sebastian Kirsch, Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen; Josef Wassermann, Betreuungsstelle am Landratsamt3 Das Aktionsprogramm „Verantwortungsvoller Umgang mit FEM in der Pflege“ wurde am Department für Gerichtsmedizin der Medizinischen

Universität Wien konzipiert (Leitung: Univ.-Prof. Dr.med. Andrea Berzlanovich) und vom Generation Research Programm (GRP) des Humanwissenschaftlichen Zentrums der Ludwig Maximilians-Universität München mit finanzieller Förderung des Peter-Schilffarth-Instituts für Soziotechnologie umgesetzt (Ausführung: PD Dr.phil. Dr.habil. med. Niko Kohls, Dipl.-Psych. Janosch Rieß, Dr.phil. Sebastian Sauer, Agnieszka Horsonek, Thomas Maier, Dr.med. Dipl-Ing. Herbert Plischke). Das Projekt wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (Ltd. MR Sigrid König, Christian Müller), das Bayerische Ministerium für Justiz, das Rheinland-Pfälzische Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen (Birgit Husak-Lohest, Marion Hilden-Ahanda, Ingeborg Germann) sowie das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz (Irmgard Böhm, Dr.iur. Elisabeth Volk) unterstützt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern hat das Programm arbeitsteilig begleitet und war fachlich beratend tätig (Dr.med. Ottilie Randzio, Prof. Dr.rer.medic. Astrid Herold-Majumdar, Reiner Kasperbauer).

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10 Pflege in Bayern 02.2013 Pflege

fältige zielgerichtete Schritte des Baye-rischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Dazu gehört die Implementierung des Leitfadens »Verantwortungsvoller Umgang mit FEM in der Pflege« (http://www.verwaltung.bayern. de/egov-portlets/xview/Anlage/3361591/), wodurch bereits im Jahr 2006 ein bedeu-tender Beitrag zur Reduktion von FEM in Bayern geleistet wurde. Als weitere Infor-mationsquelle dient eine Lehr-DVD, die im Jahr 2011 herausgegeben worden ist (http://www.eure-sorge-fesselt-mich.de).

Damit die Richterschaft an den Betreu-ungsgerichten stärker für die Problematik der FEM sensibilisiert wird und um aussage-kräftige Daten über die genehmigten, ange-wendeten sowie auch abgelehnten FEM zu erhalten, wurden Umfragen in allen baye-rischen und rheinland-pfälzischen Betreu-ungsgerichten vorgenommen. Die vorlie-genden Studienergebnisse weisen darauf hin, dass die gängige gerichtliche Geneh-migungspraxis bei FEM sich noch nicht aus-reichend genug am aktuellen medizinischen

und pflegewissenschaftlichen Forschungs-stand orientiert und Ablehnungen von FEM daher nur selten erfolgen.

› … Retrospektive Studien am Institut für Rechtsmedizin der LMU München, wo von 1997–2010 über 27 000 Obduktionen vorgenommen wurden. Alle 39 Todesfälle, die sich bei mecha-nischen Fixierungen (Bettgitter, Gurtsysteme) ereignet hatten, wurden rekonstruiert und analysiert (n=39). Bei insgesamt 34 Pflegebedürftigen war der Tod als direkte Folge der jeweiligen Fixierung durch Strangulation, Kompression des Brustkorbs oder in Kopftieflage eingetreten. Bei fast allen Bewohner/in/nen und Patient/in/nen lagen unsachgemäße Anwendungen von Bettgittern oder Gurtsystemen vor. Trotz korrektem Einsatz eines Bauch-gurts kam es bei einer Heimbewohnerin aufgrund ihrer Gelenkigkeit und begünstigt durch ihre körperliche Konstitution zur Strangulation.

Zur Verhinderung derartiger Todesfälle wird daher auch aus rechtsmedizinischer Sicht dringend empfohlen, alle Möglichkeiten von Alternativen zu FEM auszuschöpfen. Falls mechanische Fixierungen dennoch unvermeidbar sind, müssen diese vor-schriftsmäßig durchgeführt und die Betrof-fenen verstärkt überwacht werden.

Fazit für die Praxis ist, dass …… das Problembewusstsein in Bezug auf FEM als eine Form der Gewalt gegen pflege-bedürftige Menschen bei allen Beteiligten weiter entwickelt und parallel dazu der Fo-kus darauf gelegt werden muss, gewaltfreie Alternativen zur Anwendung zu bringen. Nur durch sorgsame Mitverantwortung und stetige Reflexionsbereitschaft aller am Ein-satz von FEM Beteiligten wird es gelingen, diese Vorkehrungen auf ein unvermeid-bares Mindestmaß zu beschränken und die Lebensqualität vieler Betroffener dauerhaft zu verbessern.

Autoren:1 Univ.-Prof. Dr.med. Andrea Berzlanovich, Department für Gerichtsmedizin, Forensische Gerontologie, Medizinische Universität, Wien 2 Dr.iur. Sebastian Kirsch, Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen3 PD Dr. phil. Dr.habil.med. Niko Kohls, Generation Research Program, Ludwig-Maximilians-Universität, Bad Tölz & Brain, Mind & Healing Program, Samueli Institute, USA

Literatur:Bei der Erstautorin

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11Pflege in Bayern 02.2013Pflege

E ine freiheitsentziehende Maßnahme (FEM) ist keine pflegerische Maßnahme.

Ein relativ einsichtiger Gedanke, der auch durch pflegerische Standardwerke bestä-tigt wird. »Thiemes Altenpflege« (vgl. Köther 2008) verwendet noch nicht einmal in irgend einem Zusammenhang den Be-griff freiheitsentziehende Maßnahme. Die Literatur formuliert einstimmig diesen ka-tegorischen Imperativ. Dennoch haben FEM in den letzten Jahrzehnten massiv in den Alltag der Pflege Einzug gehalten. Dies al-lein ist schon ein eindeutiger Hinweis auf die knappen Personalressourcen, mit denen in der stationären Altenhilfe hochkomplexe Phänomene bewältigt werden sollen.

Positiv ist zunächst, dass dieses Feld mitt-lerweile durch intensive Forschungsbemü-hungen beleuchtet worden ist. Es gibt eine Reihe von Veröffentlichungen, die ein we-nig Licht in ein mit vielen Ängsten besetztes Feld gebracht haben. Gemäß den Erhe-bungen der Studie ReduFix sind ca. 26 bis 42 % der Bewohnerinnen und Bewohner von FEM betroffen. Ungefähr in 5 bis 10 % der Fälle kommen Gurtfixierungen zur An-wendung (vgl. Klie 2009). Laut Meyer wer-den bei ca. 25 % der Bewohnerinnen und Bewohner mechanische Maßnahmen ange-wendet (vgl. Meyer 2008). Kohls ermittelte einen diesbezüglichen Wert in bayerischen Einrichtungen von 18,5 % (vgl. Kohls 2011).

Weiterhin ist positiv anzumerken, dass eine Sensibilisierung stattgefunden hat und die Anzahl der Maßnahmen sinkt, wo-bei diese Aussage überregional nicht beleg-bar ist. Die Entwicklung kann jedoch an den 56 stationären Einrichtungen innerhalb der Landeshauptstadt München aufgezeigt werden. Seit 2008 erfasst die Münchner Heimaufsicht die konkrete Anzahl der Be-wohnerinnen und Bewohner, die von bewe-gungseinschränkenden und freiheitsent-ziehenden Maßnahmen betroffen sind. Seither kann die positive Entwicklung mit konkreten Zahlen belegt werden. Lag der Wert 2008 in München noch bei 19 %, fiel die Anzahl der zur Anwendung kommenden Maßnahmen seither konstant bis auf 7 % im Jahre 2012. Dieser Erfolg ist kein Produkt einer einzelnen Maßnahme. Hier hat eine

über 10-jährige massive Thematisierung durch unterschiedlichste Stellen einen Bei-trag zur Verbesserung der Pflegequalität geführt bzw. geholfen, einen annähernden Normalzustand herzustellen. Es gilt immer noch der einleitend formulierte Grundge-danke: Freiheitsentziehende Maßnahmen sind keine pflegerischen Maßnahmen.

Zu wenig beleuchtet ist jedoch das The-ma Psychopharmaka als FEM. Auch hier gibt es interessante Forschungserkenntnisse. »Thiemes Altenpflege« formuliert zunächst sehr unspezifisch, dass 32 bis 76 % der Be-wohnerinnen und Bewohner Psychophar-maka erhalten (vgl. Köther 2008). Molter-Bock wird konkreter: Mehr als die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner erhalten Psychopharmaka (vgl. Molter-Bock 2006). Verschiedene Erfassungen der Münchner Heimaufsicht aus den Jahren 2010 bis 2011 zeigten, dass für ca. 51 % der Bewohne-rinnen und Bewohner Psychopharmakaver-ordnungen vorliegen, die mit einer Sedie-rung einhergehen können. Hierfür wurden die Verordnungen von 6 300 Bewohne-rinnen und Bewohner ausgewertet.

Problematisch ist dabei, dass die Anzahl der Verordnungen und Vergaben für die Abend- und Nachtstunden deutlich höher als zu den Morgen- und Mittagszeiten sind, was mit einer Reduzierung von Personal und Betreuungskonzepten zu diesen Uhr-zeiten einhergeht. Hier findet eine che-mische Kompensation ungenügender Per-sonalschlüssel statt. Vor allem die unspezi-fischen Indikationen vieler Bedarfsgaben

sowie die Vielzahl unreflektierter Vergaben der Bedarfsmedikamente zur Nachtzeit fin-den immer wieder mit freiheitsentziehender Wirkung statt. Die Thematik ist nicht im Be-wusstsein der Akteure präsent. Die Verab-reichung von Psychopharmaka ist zu einer Durchführungsmaßnahme verkommen (»Es ist ja angeordnet«). Insgesamt fehlt es an einer guten Zusammenarbeit zwischen Be-treuern, Ärzten, Apotheken und Einrich-tungen sowie an Betreuungskonzeptionen für die Abend- und Nachtstunden.

Grundsätzlich ist die Vergabe von Psy-chopharmaka nicht als »schlecht« zu be-werten. Vor allem im Kontext der Versor-gung von Menschen mit Demenzerkran-kung und erhöhtem Erregungspotential können bestimmte Wirkstoffe unterstüt-zend und zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner eingesetzt werden. Psycho-pharmaka stellen auch nicht zwingend ru-hig oder entziehen die Freiheit. Sie sind durch den Volksmund mit Merkmalen wie Ruhigstellung oder »Niederbügeln« be-setzt. Dies hemmt einen offenen Umgang.

Als Herausforderung gestaltet sich je-doch die Erkennung des Übergangs der the-rapeutischen Wirkung hin zur sedierenden oder gar Freiheit entziehenden Wirkung. Hier wird der Austausch zwischen Betreu-ern, Haus- und Fachärzten sowie dem Pfle-gepersonal zum zentralen Qualitätsmerk-mal zur Vermeidung chemischen Freiheits-entzugs. Dies erzeugt in der Praxis jedoch häufig Bürokratie oder scheitert an struk-turellen Bedingungen. Angehörige sind diesbezüglich überfordert, Berufsbetreu-ern steht kaum Zeit zur Verfügung und die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Ein-richtung ist ein ewig währendes Diskussi-onsfeld. Somit kann der »Schwarze Peter« problemlos zwischen den Beteiligten wei-tergereicht werden.

Es gibt dennoch Aktionen, die Mut ma-chen. Die Sozial Holding GmbH in Mönchen-Gladbach analysierte im Jahr 2011 die Medikamentenverabreichung der Bewoh-nerinnen und Bewohner ihrer sechs Ein-richtungen und veröffentlichte die Ergeb-nisse (vgl. CAREkonkret 05/2012). Diese waren zunächst erst einmal erschreckend, da ein hoher Anteil der Bewohnerinnen und Bewohner schlicht zu viele Medikamente und Psychopharmaka erhielt. Besonders viele Medikamente stehen sogar auf der Priscus-Liste (www.priscus.net), d. h. es handelt sich um Medikamente, die als un-zweckmäßig für ältere Menschen einge-schätzt werden. Dennoch ist die Maßnahme der Sozial-Holding GmbH wichtig gewesen, um interne Veränderungen anzustoßen. Ohne diese Art der Offenheit und Aufge-schlossenheit wird sich wenig ändern.

Über freiheitsentziehende Maßnahmen:

Psychopharmaka – ein vergessenes Thema

rüdiGEr ErLiNGKreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München

Fachstelle Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht

(FQA; früher: Heimaufsicht)Ruppertstraße 11, 80337 München

Tel.: (089) 233 44335E-Mail: [email protected]

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Page 12: Pflege in Bayern Ausgabe 26

12 Pflege in Bayern 02.2013 Pflege

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und symbolisiert Anfang und Ende des Le-bens, deswegen ist uns die Bettstatt heilig. Diesen Kreislauf wiederholen wir jedes Mal beim Einschlafen und Aufwachen (Selle 1993: 121). Im Bett kommt der Mensch im tiefsten Sinne zur Ruhe. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes als Schlafgrube ist: »In den Boden eingewühlte Lagestätte«.¹ Interessant ist auch der Vergleich mit der

Urbedeutung von Wohnen als eine Rodung: Eine aus dem Waldesdickicht herausgeschla-gene Lagerstätte. Ob nun aus dem Wald oder aus dem Boden, hier wiederholt sich im Bett im Kleinen, was in der Wohnung im Großen gegeben ist: Der umschließende

Das Bett als Möbel und Wohnstatt

Im Bett zu liegen ist in unseren Breiten-graden ein allgemein bekanntes Phäno-men. Das eigene Bett ist uns zum Inbegriff der Privatheit und Intimität geworden (Jansen 1997). Daher nennt man es auch nicht gerne direkt beim Namen, sondern umschreibt es mehr oder weniger poetisch als Kiste, Falle, Koje oder man umschreibt die Tätigkeit: schlafen gehen, sich aufs Ohr legen, auf den Federball gehen, in die Feder gehen, in die Heia gehen … Wir kennen das wohlige Gefühl, wenn wir uns nach einem anstrengenden Arbeitstag abends zurück-ziehen und in einem kuscheligen Bett »alle Viere« von uns strecken und dann langsam wegdämmern. Gerade weil wir Menschen in der Vertikalen leben (aufrechter Gang) ist die Horizontale eine willkommene Erleich-terung und wiederkehrende Notwendig-keit. Das Bett ist ein besonderer Gefühls-raum, ein Aufenthaltsort, in dem wir woh-nen (Flusser 1993). In einer sich sin- gularisierenden Welt bildet das Bett die Mit-te, »denn das Bett ist der Ort, von dem sich der Mensch am Morgen zu seinem Tagewerk erhebt und an den er abends nach getaner Arbeit wieder zurückkehrt. Jeder Tageslauf beginnt (…) im Bett und endet wieder im Bett« (Bollnow 2000: 165). Das Bett ist der Ort des Geborenwerdens und des Sterbens

Das Bett und das Liegen spielen in unserem Gesundheitswesen eine zentrale Rolle. Wir rechnen nach Bettenzahlen, sprechen vom Bettenabbau, die Ausbildungsplätze richten sich an der Zahl der Betten aus, das Geschehen im Krankenhaus wird von der Belegung, Verlegung, den Liegezeiten bestimmt (Zegelin 2006: 37). Das ist für mich Grund genug, über das Bett nachzudenken und einen immanenten Widerspruch zu thematisieren: Das Bett als Arbeitsplatz des Pflegepersonals und gleichzeitig als privatester und intimster Rückzugsort eines Menschen.

Raum, der Geborgenheit gibt (Bollnow 2000: 166). Auch das Wort Weile hängt da-mit zusammen. Das Bett ist die Stätte, in der man verweilt.² Es ist der gewohnte Auf-enthaltsort, zu dem man zurückkehrt, wenn man fortgegangen ist. Das Bett gibt uner-schütterlichen Halt. Früher baute man das Bett als Schrank in die Wand oder zumin-dest als feststehendes Möbel, als Immobilie in der Wohnung oder dem Haus. Wer es ver-rückt, ist verrückt! Das Bett gibt uns die Geborgenheit, die wir in dieser Welt brau-chen. Kummer, Trauer, plötzlichem Schreck kann man am besten mit einem Tag Bettru-he begegnen. Die Decke über den Kopf zie-hen, nichts mehr vom Draußen wissen wol-len, ist Zeichen äußersten Rückzuges. Wer dann kommt und die Decke wegreißt, tut demjenigen Gewalt an, der da liegt. »Das Bett wird (…) zu innerst als der Ort empfun-den, in dem sich die verlässliche Festigkeit des Lebens verdichtet« (Bollnow 2000: 169). So hat auch heute noch das Bett sei-nen festen Platz im der Wohnung. Wir stel-len es nicht regelmäßig um wie z. B. die Möbel im Wohnzimmer (Selle 1993: 126). Diese Unbeweglichkeit korrespondiert viel-leicht mit der Beweglichkeit im Schlaf, wir wälzen uns umher, ohne es zu merken. Wenn wir mehrere Bettstätten haben (in der berufsmobilen Welt keine Ausnahme) ach-ten wir darauf, dass diese in unserem Koor-

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Foto: Ch. Uzarewicz

1 Deswegen sprechen wir z.B. heute auch noch von einem Flussbett.2 Vgl. auch Weiler als kleine in sich abgeschlossene Wohnsiedlung.

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13Pflege in Bayern 02.2013Pflege

dinatensystem gleich aufgestellt sind. Wenn nicht, kommt es zu Irritationen. Und so kommt es auch zu Irritationen, zu Ver-wirrtheiten, wenn bettlägerige Menschen in ihren Betten hin- und hergeschoben wer-den oder das Bett umgestellt wird.

Von der Bettruhe zur Bettlägerigkeit – Über die Ambivalenz des Liegens

Bettlägerigkeit und -ruhe sind zwei grund-verschiedene Angelegenheiten zwischen de-nen sich die gesamte Ambivalenz des Bettes aufspannt, letztlich die des Wohnens.

Üblicher Weise verbringt der Mensch sein Leben im Wachzustand in der Verti-kalen. Um Schlafen zu können, muss sich Geborgenheit schon eingestellt haben, das beginnt mit dem Liegen. Mit dem Wechsel der Haltung verändert sich das Verhältnis zum Raum als Ganzes. Stehen erfordert eine dauerhafte Anspannung gegen die Schwer-kraft. Die aufrechte Haltung ist ein bestän-diges Sichaufrichten. In der aufrechten Haltung löst sich der Mensch von der Um-weltgebundenheit, strebt nach höherem und verbindet sich auch gleichzeitig mit dem Übermenschlichen. Das ist Freiheit (ganz anders als beim Kauern oder Bü-cken). Man hat einen Überblick, man hat Distanz. Damit wird die Welt zum Gegen-stand, dem gegenüber sich der Mensch ver-halten kann. Die äußere Haltung hängt mit der inneren Haltung zusammen (Bollnow 2000, Gahlings 2006, Zegelin 2006). Ver-gleichbar ist der Unterschied zwischen dem aufrechten Sitzen und dem Lümmeln in einem Sessel. Beim Liegen geht das Span-nungsverhältnis zur Welt verloren. Damit wird auch die Einschätzungs- und Urteilsfä-higkeit verändert. Flusser (1997) beschreibt in seinen Gedanken »vom Bett aus« das In-different werden. Wir geben es auf, uns der Welt gegenüber zu behaupten. Im Liegen ist der Mensch wehrlos, weil er keinen Über-blick, keine Freiheiten mehr hat. Daher muss der Liegeplatz ein sehr geschützter sein. Diese Wehrlosigkeit ist nicht nur phi-losophisch zu betrachten. Es gibt ausrei-chend Studien, die nachweisen, wie schnell sich die physiologischen Prozesse verän-dern, verlangsamen, wie schnell der Mensch physisch und kognitiv »abbaut«, wenn er zum Liegen kommt (Zegelin 2006: 31 ff.). Was beim Einschlafen alles geschieht, das gilt erst recht für das Bettlägerig sein: »Die

Entgegenstellung von Person und Welt, das Aufrichten und das Greifen nach dem, was über uns ist, der Zugang zur Ferne, die greifbare Nähe der Dinge um uns herum, Übersichtlichkeit des Raumes, in dem wir uns befinden, die freie Ortswahl (…) wird (…) preisgegeben« (Linschoten in Bollnow 2000: 173). Der Raum im Liegen ist ein an-derer Raum als in der Aufrichtung, auch wenn es das gleiche Zimmer ist.

Das Pflegebett verdeutlicht die Ambiva-lenz des Liegens: Vom sich Niederlegen zur Niederlage! Ein Pflegebett lädt zur Bettlä-gerigkeit ein, nicht zur Bettruhe. Es deakti-viert den Menschen und seinen Lebenswil-len! Bettlägerig werden hat Zegelin (2006: 107) als »allmähliche Ortsfixierung« be-zeichnet, wobei die Möblierung auf diesen Prozess einen Einfluss hat. Bettlägerig wer-den geht in Phasen vor: Instabilität, Ereig-nis, Immobilität im Raum, Ortsfixierung, Bettlägerigkeit (Zegelin 2006: 107). Damit verbunden ist die Veränderung der Verhält-nisse zwischen Gefühlsraum, Leibraum, Ortsraum (Uzarewicz 2012).

Was aber ist nun genau Bettlägerigkeit? Wenn wir die Alternative des Wechsels zwi-schen senkrecht und waagerecht nicht (mehr) haben? Wenn wir – aus welchen Gründen auch immer – »ans Bett gefesselt« sind? Diese Metapher drückt sehr deutlich aus, was mit uns leiblich passiert³. Ans Bett gefesselt zu sein heißt, nicht mehr aufste-hen können, macht hilflos4. Infusions-schläuche und diverse Kabel, mit denen ein Mensch an Überwachungsgeräte ange-schlossen ist, können das Gefühl der Hilflo-sigkeit noch verstärken, ganz zu schweigen von den tatsächlichen Fixierungen an Hand- und/oder Fußgelenken. Sich dann nicht mehr wehren können bedeutet, Un-bilden und Widerfahrnissen ausgesetzt zu sein, z. B. das Angewiesensein auf Andere und deren guten Willen (zumindest für eine bestimmte Zeit). Im Vergleich zu dem Spiel-raum, den ein Mensch vor der Bettlägerig-keit kennengelernt hat, ist diese Situation nun eine eingeengte. Diese Enge hat Aus-wirkungen auf die Ökonomie der Leiblich-keit: Sie macht Angst5 und früher oder spä-ter will man weg! Mit dem Drang »Weg!« ist nicht unbedingt ein Ortswechsel gemeint, sondern man will grundsätzlich aus der »Umklammerung der Enge« ausbrechen (Schmitz 1998 a: 194), man will nur raus aus der bedrückenden Situation. Dieses Weg-wollen und nicht Wegkönnen treibt die Breitenweg 29-33

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3 Spätestens an dieser Stelle soll deutlich werden, dass der Aspekt des homo patiens genauso zum Menschsein gehört wie der des homo activans. Leider wird er in den normativen Diskursen als unerwünschter Zustand oder gar als »Stigma« (Abt-Zegelin 2004: 195) vorschnell verurteilt, dem man mit allen Mitteln der aktivierenden Pflege zu Leibe rücken möchte, noch bevor man begriffen hat, was in diesem »Zustand« alles geschieht.

4 »Der bettlägerige Patient wird als der hilfsbedürftigste gesehen, der zu allen Verrichtungen des täglichen Lebens fremder Hilfe bedarf.« (Gößling 1978: 254 zit. in: Abt-Zegelin, 2004: 194)

5 Etymologisch hängen die Begriffe Enge und Angst zusammen. Anze

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14 Pflege in Bayern 02.2013 Pflege

Angst weiter an (Schmitz 1998a: 180). Das eingangs beschriebene Gefühl des wohligen Geborgenseins, des Sich-fallen-lassen-Kön-nens in der Privatsphäre des eigenen Bettes kehrt sich nun in sein krasses Gegenteil. Dabei gibt es kein Entrinnen, keinen Spiel-raum, wohin sich der in die Enge Getrie-bene, der sich Ängstigende flüchten könnte. Man kann einer Bedrohung eventu-ell entfliehen, aber nicht seiner Angst. So mischt sich in die allgemeine Atmosphäre eine ängstliche Note.

Es macht daher auch keinen Sinn, die Anklammerung eines bettlägerigen Bewoh-ners (z. B. beim Betten oder Lagern) lösen zu wollen. Das kann den Drang zum Klam-mern seitens des Bewohners noch verstär-ken. Denn die Anklammerung, das Sich-steif-Machen ist physischer Ausdruck des eigenleiblichen Spürens der Enge. Da hel-fen auch keine rationalen Erklärungen. Sinnvoller erscheint es z. B. als Pflegender dem Betroffenen »Asyl« zu gewähren und eine Atmosphäre im Raum zu schaffen, die

aus der Enge hinausführt und dem Drang des »Weg!« entgegen kommt: Durch eine beruhigende Stimme (Stimmung), durch langsamere Bewegungen oder andere ihn unterstützende Handlungen wie etwa den (leiblichen) Raum zu öffnen und zu erwei-tern und alles zu vermeiden, was ihn been-gen könnte. Das häufig beobachtete Sich-dicht-ans-Bett-Stellen seitens der Pflegen-den und dem Bewohner sagen, er könne nicht hinausfallen, weil man ja davor stehe und ihn halte, wirkt u. U. eher noch been-gender, verstärkt die Klammerung seitens des Bewohners nur noch mehr. Ähnlich ver-heerende Wirkung für die leibliche Ökono-mie können Bettgitter6 haben, die als ver-meintlicher Schutz und zur Sicherheit an-gebracht werden.

So wie bei der Bettruhe eine therapeu-tische Kraft vermutet wird, so wandelt sich diese Kraft bei Bettlägerigkeit in eine Zer-störung: »Der Anfang vom Ende ist die Bett-ruhe für Greise« (Birke 1965: 2089 zit. in Zegelin 2006: 34). »Ein Krankenbett ist ein

Grab. Dort liegt der Kopf auf gleicher Höhe mit den Füßen – eine jämmerliche und (ob-gleich allen gemeinsame) unmenschliche Lage! (…) Ich vermag nicht, mich von meinem Lager zu erheben, bevor der Arzt mich dazu in Stand setzt, ja ich vermag nicht einmal zu sagen, dass ich in der Lage bin, mich zu erheben, bevor er es mir nicht sagt. Ich tue nichts, ich weiß nichts aus ei-gener Kraft.« (Sacks 1991: 35; zit. in. Zege-lin 2006: 40). Zegelin (2006: 55 ff.) hat die negativen Wertungen der Bettlägerigkeit von Pflegenden aufgeschlüsselt. Bettläge-rigkeit wird mit Unselbständigkeit, Schwä-che, Verfall, Chronizität, Ausgeliefertsein, Passivität assoziiert. Nur im Kontext von Akutphänomenen gibt es positive Wertig-keiten wie Rückzugsort, Erholung, Gebor-genheit. In diesem Sinne ist auch angeord-nete Bettruhe zu unterscheiden von Bettlä-gerigkeit (Zegelin 2006: 57).

»Scham und Angst fördern die Bettläge-rigkeit deutlich. Dabei ist erstaunlich, dass oft eine bewusste Entscheidung der Betrof-

6 Die früheren Bettgitter waren Gitter im Wortsinn. Man konnte zwischen den Gitterstäben hindurch sehen und das Gitter bot die Möglichkeit, einzelne Gitterstäbe zu umfassen, zu ergreifen und daran zu rütteln etc. Die modernen Bett»gitter« sind flächig, hell, gepolstert und abwaschbar. Sie bieten also, da es keine Stäbe/Strohhalme mehr gibt, an die man sich klammern könnte, keine Angriffsfläche mehr, vielmehr wirken sie als Mauer, die keinen Durchblick mehr gewähren.

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15Pflege in Bayern 02.2013Pflege

fenen zugrunde liegt oder daraus resul-tiert« (Zegelin 2996: 132), z. B. wenn auf-grund von Inkontinenz ein Dauerkatheter gelegt wird. Derartige Schläuche fesseln ans Bett! Man sieht keine Notwendigkeit mehr, wenigstens zum Toilettengang aufzu-stehen. Und mit einem Beutel in der Hand, der die eigenen Ausscheidungen demons-triert, die in unserer Kultur ja eher versteckt und unsichtbar gemacht werden, geht man nicht spazieren oder in den Aufenthalts-raum, um andere Menschen zu treffen.

Das Zimmer im Altenheim oder im Kran-kenhaus ist der Arbeitsort der Pflegenden, das Bett der Wohnort des Menschen, der aber veröffentlicht wird durch die perma-nenten Über- und Eingriffe der Pflegenden, wenn sie »am Bett« arbeiten. Es gibt nichts mehr, wohin man sich zurückziehen könnte. Selbst in sich hinein kann man sich nicht mehr zurückziehen, denn symbolisch ge-sprochen wird diese Grenze mit Sonden und Schläuchen auch noch durchbrochen. So verliert sich der Mensch, er ist nicht(s) mehr (wert)! Dieses Ausgesetztsein spielt für die Scham eine zentrale Rolle. Dabei be-günstigen die Blicke (der Anderen) sowie die Akustik (z. B. von intimen Geräuschen, die man nicht mehr vor Fremden verheim-lichen kann) die Schamhaftigkeit und Schüchternheit der Betroffenen und för-dern den Rückzug und die Selbstaufgabe. Denn man kann einer solchen Situation nicht entkommen und man kann sie auch nicht lange aushalten.

Durch die Bettlägerigkeit wird die Bett-ruhe zur Ruhigstellung: »Alle Sinne neh-men ab – Eindrücke des Fallens oder Flie-ßens stellen sich ein« (Zegelin 2006:33). Sensorische, motorische und psychische De-privation sind die Folgen (Zegelin 2006:34). Mit anderen Worten: Man ist leiblich deran-giert, der vitale Antrieb wird fundamental gestört. Vom Gefühl her triftet man in die privative Weitung ab, der leibliche Rhyth-mus geht auf Standby. Dann bekommen die selbstverständlichen Anhaltspunkte, die »Bewegungskorridore« wie Zegelin (2006: 124) sie nennt, besondere Bedeutung.

Das Bett als möglicher Wohnort und als Arbeitsplatz

Hat das Bett nicht eine bestimmte Anzie-hungskraft, wenn man es ständig sieht? In Einzimmerappartements in Wohnheimen ist es Sitte, sich aufs Bett zu kuscheln, um zu lesen, zu essen, Freunden Platz anzubieten, wenn man Besuch bekommt. Wenn man al-

leine ist, kuschelt man sich aufs Bett, um lesend zu arbeiten. Warum soll ich mich auf den Stuhl setzen, wenn es im Bett bequemer ist, hier verspricht es mehr Bewegungsmög-lichkeiten (sitzen, liegen, fläzen, lümmeln, hin und her drehen), es scheint also flexib-ler zu sein, als im Sessel oder auf dem Stuhl zu sitzen. Dies ändert sich radikal, wenn man bettlägerig ist, wenn man alleine nicht mehr hoch kommt! Wenn der Raum die Be-wegung einschränkt, wird auch die Orien-tierung vermindert, das führt zur Orientie-rungsarmut bis zur Orientierungslosigkeit. Denn »Orientierung ist Bewegung im Raum. Der umgebende Raum wird zu einer Erfah-rung des Körpers« (Selle 1993: 57). »Wahr-nehmende Bewegung ist der erste Grund-satz jeder Orientierung, es gibt keine Sinnesarbeit im Stillstand. Die »Verschrän-kung« von Wahrnehmen und Bewegen ist seit Viktor von Weizsäcker elementarer Be-stand jeder Wahrnehmungstheorie« (Selle 1993: 58). Wird also jemand still gestellt, verringert bzw. versiegt die Wahrnehmung, gibt es keine Orientierung mehr, wird man verwirrt bzw. verrückt.

Während jeder Mensch ein Bett kennt und sich in seinem Bett meist auch wohl fühlt, so ist ein Pflegebett etwas ganz an-deres. Es unterscheidet sich vom gewöhn-lichen, vom wohnlichen und gemütlichen Bett durch seine Höhe und seine Verstell-barkeiten, durch die Materialien. »Das Pfle-gebett ist eher ein öffentlicher Arbeitsort für die Pflegenden, sie sind zuständig für die Ordnung im Bett« (Zegelin 2006: 123). Die Höhenverstellbarkeit orientiert sich an der optimalen Arbeitshöhe des Personals, nicht an der Ausstiegshöhe für Menschen. Auch in der häuslichen Situation wird das Pflegebett meist auch so in einem Raum platziert, dass man von allen Seiten gut am Bett arbeiten kann. Legt man sich einmal selbst in ein Bett, welches frei im Raum steht, so spürt man sehr leicht, die Ausge-setztheit, das Ausgeliefertsein für Angriffe von allen Seiten. Das ist der Arbeitsplatz der Pflege. Zum Schutz für die Patienten/Be-wohner können – nach getaner Arbeit – Bettgitter angebracht werden. Die Aussicht aus dem Bett (meist auf Pflegeutensilien, medizinische Geräte oder das Nachbarbett) ist auch nicht gerade anregend. Bett als Ar-beitsplatz soll möglichst ergonomisch für die Pflegenden sein. Tatsächlich ist es aber der Wohn- und Lebensort des Menschen, der aus eigener Kraft nicht mehr aufstehen kann und hier sein Leben verbringt.

»… Für manche Pflegebedürftigen (mar-kiert) die Anschaffung eines Pflegebettes

eine Abwärtsentwicklung« (Zegelin 2006: 123). »Ich liege ja nun im Pflegebett, seit-dem stehe ich weniger auf« (Zegelin 2006: 123). Man fügt sich in sein Schicksal und macht sich selbst zum Gegenstand der Be-handlung. Die Aufstellung eines Pflege-bettes (scheint) die Einstellungen zu beein-flussen. Die Anschaffung eines Pflegebettes gehört offensichtlich in die Kategorie der Bettlägerigkeitsförderung. Paradoxerweise antworten einige Befragte auf die Frage, seit wann sie nicht mehr oder weniger auf-stehen: »Seit ich im Pflegebett liege« (Ze-gelin 2006: 132).

Wo soll ein Pflegebett aufgestellt wer-den, wenn jemand pflegebedürftig wird? Im häuslichen Bereich ist es prekär, dieses in einem Schlafzimmer aufzustellen, da dies als privatester Raum gilt. Im Schlafzimmer empfängt man keinen Besuch und arbeitet dort auch nicht. Die Worte »Arbeit« und »Schlafzimmer« passen nicht zusammen, wenn sie nicht anrüchig sein sollen. Darü-ber hinaus fühlt man sich abgeschoben, denn niemand verbringt freiwillig seinen gesamten (All)Tag im Schlafzimmer. Steht das Pflegebett im Wohnzimmer der pfle-genden Angehörigen, so gibt es Interes-senskonflikte. Das Wohnen (der Familie) wird durch das Bett, das funktional gesehen nicht dorthin gehört, gestört. Zwar kann sich der Pflegebedürftige dann wohler füh-len, wenn er ins wohnliche Geschehen ein-gebettet ist. Allerdings entstehen auch oft Schuldgefühle, weil ja nun »sein« Bett die gesamte Wohnatmosphäre zerstört hat. Das Wohnen tritt allemal hinter das Pflegen in einem solchen Fall.

Auch in Heimen, in denen das Pflegebett zum Einsatz kommt, hat es eine ähnliche Wirkung auf die Bewohner des Bettes. Man kann sich nicht heimisch fühlen an einem Arbeitsplatz von fremden Menschen. Auch dann nicht, wenn es sich um »wohnliche Liegemöbel mit Sanatoriumscharakter« handelt (Zegelin 2006: 124). In den meist kleinen Zimmern ist das Bett eine dominan-te Erscheinung, auch wenn es das eigene mitgebrachte ist und bezeugt damit das Ausgesetztsein, man kann sich dem Blick aufs Bett bzw. ins Bett nicht entziehen.

Selbst Räume, die etwas größer sind, weil sie behindertengerechten Standards genügen müssen, wirken nicht wohnlicher. Behindertentoiletten oder –bäder zeigen in ihrer Größe, dass man sich darin nicht allei-ne aufhalten kann/soll. Damit wird einer-seits auf ein Defizit hingewiesen (»ich kann das nicht alleine«), andererseits wird Inti-mität gar nicht erst zugelassen, denn für

Page 16: Pflege in Bayern Ausgabe 26

16 Pflege in Bayern 02.2013 Pflege

Intimität ist eine gewisse Abgeschirmtheit notwendig.7

Nur wenn Rückzug im Bett und/oder ins Bett gewährleistet ist, dann kann »Bettlä-gerigkeit strategisch auch dazu dienen (…), überhaupt weiterzuleben. Möglicher-weise sammeln Menschen durch das Liegen Kraft für andere Dinge…« (Zegelin 2006: 168). Solche Rückzugsmöglichkeiten bie-ten die Umfriedungen, die eine grundle-gende Voraussetzung für Wohnen können überhaupt sind.8 Weil Umfriedungen eben nichts Feststehendes, sondern vielfach in-einander verschachtelt sind, suchen sich die Menschen auf verschiedenen Ebenen Ein- und Ausschlussbereiche. Das beginnt schon mit dem Augenschluss (Schmitz 1995: 207 ff). Wenn man die Augen schließt, dann schaltet man die Außenwelt weitge-hend ab, man besinnt sich auf sich, wendet sich einem Inneren zu, ist bei sich. »Mein leibliches Befinden macht mich, wenn ich so die Augen geschlossen habe, mehr als sonst auf mich aufmerksam und zeigt mir, wie es gerade um mich steht« (Schmitz 1995: 208). Der Ohrensessel mit seiner Rü-ckenlehne, seiner Sitzfläche und den Arm-lehnen »umhegen den Rumpf nach allen Seiten« (Schmitz 1995: 211); die Abschlie-ßung nach vorn kommt dann durch den Au-genschluss zustande. Der »Vorhang« fällt, man ist ganz bei sich, in seinem Erlebnis-strom. Selbst das Bett kann als Wohnung in der Wohnung betrachtet werden, wo auf besondere Art die Kultur der Gefühle im um-friedeten Raum möglich werden soll. Die Umfriedung ist hier kulturell unterschied-lich ausgestaltet. Man muss gar nicht so weit in die Geschichte zurückgehen, um Al-koven, Bettvorhänge und Rundum-Begren-zungen zu finden. Auch die Bettvorleger, die an drei Seiten in den klassischen Schlaf-zimmern der 1960er Jahre noch üblich ge-wesen sind, das Kopfteil als vierte Seite an der Wand, stellen derartige Umfriedungen dar, die vor den ergreifenden Erregungen schützen. Die heutige Möbelmode kennt derartige Bett-Grenzen nicht mehr9. Dafür sind es die Schlafzimmer als solche, die in

der Wohnung »verhältnismäßig sorgfältig abgesondert« und fremden Blicken entzo-gen sind (Schmitz 1995: 271).

Ob im Heim, im Krankenhaus oder zu Hause – das Liegen, das Bett, ist Zone oder Ort der personalen Regression. Die auf-rechte Haltung, das Stehen, Sitzen, etc. ist die Zone der personalen Emanzipation. Mensch sein und Leben bedeutet zwischen diesen beiden Zonen wechseln zu können in einem eigenen Rhythmus. Wenn das nicht mehr geht, muss man entweder sich ganz aufgeben, in die Regression fallen (und sterben – sozial oder/und physisch) oder man muss sich Orte der Emanzipation im Bett schaffen (besser Zonen, die auch zeitliche Zonen sein können, z. B. im tages-zeitlichen Rhythmus aufrecht im Bett sit-zen, schauen, die Arme bewegen).

Wenn das Wohnen also nur noch im Bett stattfinden kann, muss dieses ebenso ein-gerichtet werden wie eine Wohnung, wenn man sie neu bezieht. Damit ist auch das nä-here Umfeld gemeint. Es geht darum,

› sich die für die täglichen Tätigkeiten wichtigen und notwendigen Dinge in Reichweite zu platzieren;

› sich von dem, was man nun nicht mehr brauchen kann, zu verabschieden;10

› die Außenkontakte zu organisieren (Telefon, Internet, Fernseher);

› schließlich das Heim (das Bett) gemütlich bzw. wohnlich zu gestalten, ästhetische Aspekte sind neben den funktionalen genauso wichtig;

› die äußeren Rhythmen mit den eigenen abzustimmen. Tag- und Nachtrhythmus zeigen sich bei nichtbettlägerigen Menschen z. B. in unterschiedlicher Kleidung für den Tag und für die Nacht. Im Falle der Bettlägerigkeit ist es ein leichtes, diese Differenzierung aufrecht zu erhalten (entweder mit der entspre-chenden Kleidung oder auch mit verschiedenen Tagesdecken und Bettzeug für die Nacht, so bekommt auch das Bett für den Tag ein anders Gesicht als für die Nacht). Zu den Mahlzeiten werden bestimmte Handlun-

gen ausgeführt wie z. B. das Händewa-schen vor dem Essen. Eine genaue biografische Analyse wäre hilfreich, um die Ge-Wohn-heiten zuerkennen und so das Wohnen im Bett zu ermöglichen.

Damit das Heimisch werden, das Wohnen-können im Bett klappen kann, muss man sich im fundamentalen Sinn des Wohnens orientieren: »Kultur der Gefühle im umfrie-deten Raum«. Zegelin (2006:144) zitiert Herrn Dr. Müller auf die Frage, was er am meisten vermisse: »… dass ich keine Höhle habe, in diesem Sinne: Ich war ein aktiver Mensch, aber ich brauchte meine stille Ecke. Irgendwo, wo ich mich zurückziehen konnte, meinen Gedanken nachgehen konnte, lesen konnte (…). Hier bin ich wie auf dem Präsentierteller, alle laufen durch, es ist alles öffentlich (…). Mein Bettnach-bar ist verwirrt, er stöhnt und hustet. Die Akustik ist sehr stark, ich höre alles aus dem Nebenzimmer, ich wünsche mir so sehr ein Einzelzimmer. Ich musste plötzlich alles aufgeben und mich in der Realität einfin-den.« Schaffen wir es in der Pflege, die Um-friedungen zu erkennen, zu gestalten und überhaupt aufrecht zu erhalten, so kann für jeden Menschen das Bett auch zur Höhle werden, zu einem geborgenen Rückzug, auch wenn es zeitweise ein Arbeitsplatz sein muss.

Literatur:Bollnow, O. F. (2000): Mensch und Raum. Stuttgart, KohlhammerFlusser, V. (1997): Das Denken vom Bett aus. Homepagetext unter www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2144/1.hztml

(download am 12.02.2011)Gahlings, U. (2006): Phänomenologie der weiblichen Leiberfahrung. München/ Freiburg, Karl AlberGennep, A. van (1986): Übergangsriten. Les rites de Passage. Campus Verlag, Frankfurt/Main Jansen, B. (1997): Lebensweltorientierung und Häuslichkeit. In: Braun, U./ R. Schmidt (Hrsg.): Entwicklung einer

lebensweltlichen Pflegekultur. Regensburg, Transfer Verlag, S. 77-96Schmitz, H. (1998a): System der Philosophie. Bd. III. Der Raum. Teil 2. Der Gefühlsraum. BonnSchmitz, H. (1995): System der Philosophie. Bd. III. Der Raum. Teil 4. Das Göttliche und der Raum. BonnSelle, G. (1993): Die eigenen vier Wände. Zur verborgenen Geschichte des Wohnens. Frankfurt am Main, Campus

Uzarewicz, Ch. (2012): Wohnen und Entwohnen – zur Räumlichkeit des Sterbens. Eine phänomenologische Perspektive. In: Fuchs, Ch./ H. Gabriel/ J. Taischl/ H. Steil, U. Wohlleben (Hg.): Palliative Geriatrie. Ein Handbuch für die interprofessionelle Praxis. Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 32–38

Uzarewicz, Ch. (2012): Neophänomenologische Betrachtungen über das Altenheim. In: Pflege & Gesellschaft. Zeitschrift für Pflegewissenschaft; 17. Jg., Heft 2: 120–134

Uzarewicz, Ch. (2009): Kann man in einem Altenheim wohnen? Internetpublikation: www.gnp-online.de/ Anwendungen/Pflegewissenschaft

Uzarewicz, Ch./ Uzarewicz, M. (2005): Das Weite suchen – Einführung in eine phänomenologische Anthropologie für Pflege. Lucius + Lucius Verlag

Zegelin, A. (2006): Festgenagelt sein: Der Prozess des Bettlägerigwerdens durch allmähliche Ortsfixierung. Bern, Hans Huber

7 Dadurch, dass potentiell immer noch ein anderer Mensch mit dabei sein kann bzw. bei der Raumgröße implizit mitgedacht ist, wird Intimität oder Privatheit unterbunden. Diese Aspekte begründen auch das Verhalten von Menschen in öffentlichen Bereichen, die sich zieren, eine Behindertentoilette aufzusuchen, wenn man ein dringendes Bedürfnis hat, selbst wenn diese frei ist, während sich vor der anderen eine Warteschlange gebildet hat. Es dauert immer eine Weile, bis sich jemand überwindet und dahinein geht – und zwar alleine. Aber es ist ein anderes Gefühl, als in einer »normalen« Toilette.

8 Wenn der geneigte Leser sich einmal selbst überlegt, wo und wie er in seinem Umfeld überall reale und imaginäre Grenzen zieht, um »seinen Bereich« kenntlich zu machen, wird die Idee der Umfriedung selbst erklärend. Ansonsten vgl. hierzu: Schmitz (1995), Uzarewicz 2009.

9 »Die Schlafcouch ist das Sinnbild der Heimatlosigkeit unserer Zeit.« (Schmitz 1995: 269 ff)10 Bei jedem Umzug fällt eine Menge für die Müllabfuhr an, von dem man sich nach kürzerer oder längerer Überlegung trennen kann.

Page 17: Pflege in Bayern Ausgabe 26

17Pflege in Bayern 02.2013Symposium

Ein Dekubitus ist eine schlecht und langsam heilende Wunde infolge einer Minderdurchblutung der Haut und/oder des Subkutangewebes. Die für den Dekubitus typischen Ulcera sind die Folge von kompressiv-ischämischen Gewebsläsionen, deren Ursache in einer unphysiologisch hohen Druckeinwirkung auf alle Gewebsschichten einschließlich der Blutgefäße liegt. Der Dekubitus gilt nicht als eigenständige Krankheit, sondern wird im Allgemeinen durch Immobilität verursacht.

D as Wundliegen eines Patienten, der Dekubitus, ist in der pflegerisch-medizinischen Versorgung immer

noch ein großes Problem. Das beweisen die Zahlen aus verschiedenen veröffentlichten Studien. Danach haben Stichproben ergeben, dass ca. 14 % aller im Krankenhaus behandelten Patienten ein oder mehrere Druckgeschwüre verschiedener Schweregrade davontragen. Im Bereich der älteren und alten Patienten steigt diese Zahl sprunghaft auf bis zu 30 % und mehr an, weil diese Patientengruppe besonders gefährdet ist. Die Angaben der durchschnitt-lichen Kosten für die Therapie eines Dekubitus können auf bis zu 50 000 Euro beziffert werden. Der daraus resul-tierende volkswirtschaftliche Schaden beläuft sich auf 1–2 Milliarden Euro pro Jahr.

Am häufigsten tritt ein Dekubitus bei Bettlägerigkeit auf. Dekubitusgefahr besteht vor allem an Körperstellen, an denen sich zwischen Haut und darunter liegenden Knochen keine bzw. nur wenig Muskulatur befindet. Zu nennen sind hauptsächlich Fersen, Knöchel, Beckenkäm-me, Steißbein, Hinterkopf, Beckenschaufeln. Letztend-lich kann aber an allen Stellen ein Dekubitus auftreten. Ein Dekubitus kann auch unter schlecht sitzenden Pro-thesen oder zu engen Gipsverbänden auftreten.

Bei der Dekubitus-Entstehung spielen drei Faktoren eine entscheidende Rolle:

› Druck (Auflagedruck) › Zeit (Druckverweildauer) › Disposition (Risikofaktoren)

Hier lag wohl jemand falsch – das drückende Problem Dekubitus

Erst wenn ein gewisser Druck über eine längere Zeit (zwei Stunden) bei einer bestehenden Disposition des Pati-enten besteht, kommt es zu einer Schädigung der Haut. Ein Faktor für sich alleine führt nicht zum Dekubitus. Die Durchblutung der Hautkapillaren, der feinsten Blutge-fäße, die für die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der einzelnen Organe sorgen, wird behindert, sobald der Druck auf die Kapillaren ein bestimmtes Maß überschrei-tet. Entscheidend ist, wie lange der Druck auf bestimmten Hautbezirken lastet. Wenn die Ernährung der Hautzellen weniger als zwei Stunden unterbrochen wurde, können sie sich wieder erholen. Bei länger anhaltendem Sauer-stoffmangel sterben einzelne Zellen ab, es bildet sich eine Nekrose.

»Das Ziel der Patienten, der Angehörigen und aller an der Versorgung des Patienten teilhabenden Berufsgrup-pen muss die Vermeidung eines solchen Druckgeschwürs sein. Dazu müssen verschiedene aufeinander abge-stimmte, aktivierende und rehabilitierende Maßnahmen durchgeführt werden«, erläutert Thomas Bonkowski, Or-ganisator der Abendsymposien und 1. Vorsitzender des VFFP. »Die wichtigsten sind die Mobilisierung, die rich-tigen Lagerungen und die Druckentlastung des Patienten. Als Standardwerk hierfür gilt der Expertenstandard ›De-kubitusprophylaxe in der Pflege‹, was natürlich in den Veranstaltungen auch ein Thema sein wird. Die Dekubi-tusprophylaxe ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung dieser schwerwiegenden Komplikation. Eine wirkungsvolle Vorbeugung setzt voraus, dass die Ein-schränkung der persönlichen Risiken eines Patienten und Kenntnisse der Dekubitusstörung vorhanden sind.«

Mit all den spannenden Fragen und vielen Praxistipps zu dem Thema »Hier lag wohl jemand falsch – das drü-ckende Problem Dekubitus« wird sich der VFFP an drei ver-schiedenen Terminen – erstmalig am 18. Juni 2013 – be-schäftigen und versuchen durchaus Brauchbares für die tägliche Praxis zu vermitteln.

chriStiAN biErSAcKSchriftführer VFFP

Kontakt: Verein der Freunde und Förderer der Pflege am Universitätsklinikum Regensburg e. V.

Thomas Bonkowski, 1. Vorsitzender Franz-Josef-Strauß-Allee 11

93042 RegensburgTel.: (0941) 944 6933 oder 4478

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Page 18: Pflege in Bayern Ausgabe 26

18 PflegePflege in Bayern 02.2013

D ie Versorgung von Menschen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich wird zu einem großen Teil von Pfle-

genden und Ärzten getragen. Die Zusammenarbeit dieser beiden Berufsgruppen hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich entwi-ckelt. Für die Versorgungspraxis haben sich interprofessionelle Teams als zukunftsträchtig erwiesen. Erste Anstöße in diese Rich-tung haben sich nicht ganz freiwillig ergeben. So hat bereits 1975 der Bundesgerichtshof empfohlen, »daß diesen [nicht-ärztlichen] Hilfspersonen ein hohes Maß an Verantwortung zufällt. … Ein per-sönliches Eingreifen des Arztes ist vielmehr grundsätzlich nur zu fordern, wo die Tätigkeit gerade beim Arzt eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten voraussetzt« (BGH vom 24.06.1975 – VI ZR 72/74). In der Folgezeit hat sich eine Ausdifferenzierung der beruflichen Weiterbildung in Form der für Bayern zutreffenden Richtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für die Bereiche Inten-sivpflege/Anästhesie, Operationsdienst, Pädiatrische Intensivpfle-ge, Psychiatrie, Onkologie und Rehabilitation ergeben. Darüber hi-naus sind in vielen Einrichtungen innerbetriebliche Fortbildungs-angebote entstanden, um die Kompetenzen der Pflegenden zu entwickeln und zu erweitern. Doch leider konnten, aus unter-schiedlichen Gründen, mit der Kompetenzentwicklung der Pfle-genden nicht die entsprechenden Versorgungsbereiche übernom-men werden. Die Diskussion um Übernahme oder Delegation von Tätigkeiten in den Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege ist immer noch allgegenwärtig und heute noch nicht endgültig ge-klärt. Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Bundesgerichtshof findet sich im Gutachten des Sachverständigenrates im Gesundheitswe-sen von 2007 folgende Verlautbarung:

»Die Empfehlung einer stärkeren Einbeziehung nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe und die Forderung nach einer verbesserten Ko-operation … die Bereitschaft … im Rahmen neuer, team-orien-tierter Arbeitsformen zu einer Neuaufteilung der Tätigkeitsfelder entsprechend der Qualifikation zu kommen und die entsprechende Verantwortung zu übernehmen« (vgl. S. 11 – Kurzfassung).

Die Neuaufteilung der Tätigkeitsfelder hat mit dem § 63 Absatz 3c des Sozialgesetzbuch V eine weitere Dynamisierung für die Pfle-genden erfahren. Dieser § 63 Abs. 3 c sagt »eine Übertragung der ärztlichen Tätigkeiten, bei denen es sich um … Angehörige der im

Initiative Chronischer Wunden Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung

Erstqualifizierung Wundexperte® (48 Stunden) Wundassistent - WAcert® (84 Stunden)

Folgequalifizierung Pflegetherapeut Wunde® (168 Stunden) Wundtherapeut - WTcert® (236 Stunden)

Pflegetherapeuten – im Auftrag der Wunde

Was brauchen Menschen mit chronischen Wunden und wer hat das »how-to-know« für Qualität

Krankenpflegegesetz geregelten Berufe qualifiziert sind, vorse-hen.« Als potentielle Tätigkeitsfelder sind im Rahmen von Modell-vorhaben folgende Bereiche vorgesehen:

› Chronische Wunden › Diabetes mellitus Typ II › Hypertonus › Geriatrie

Was bedeutet dies nun konkret für den Bereich der Chronischen Wunden bzw. für Menschen mit einer chronischen Wunde. Der Ex-pertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden führt folgende Wundbereiche auf:

› Dekubitus › Ulcus cruris venosum/arteriosum/mixtum › Diabetisches Fußsyndrom

Zur Versorgungskompetenz äußert sich der Expertenstandard da-hingehend, dass »jede Einrichtung über wenigstens eine fachspe-zifisch weitergebildete Pflegefachkraft (= Pflegeperson mit dreijäh-riger Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege, der Ge-sundheits- und Kinderkrankenpflege oder der Altenpflege plus «fachspezifische weitergebildete Pflegefachkraft») verfügen sollte. Dies ist einmal mehr verständlich, da die Krankenpflegeausbil-dung, die vom Standard geforderten Qualifikationen bzw. Kompe-tenzen (vgl. DNQP, S. 18) wie z.B. fachliche Supervision der Pflege-fachkräfte, differenzierte Erfassung und Dokumentation der Wun-de nicht vermittelt. Eine zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme im Spezialgebiet (hier: Wundmanagement) ist zur Patientensicherheit und Qualitätsmanagement daher angebracht. Dazu haben sich in Deutschland einige Fachgesellschaften wie z.B. die Initiative Chro-nischer Wunden e.V. (ICW) oder die Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e.V. (DGfW) etabliert. Beide Organisationen bieten entsprechende Bildungsprogramme an, die gestuft sind (siehe Tab. 1).

Ziel ist es letztendlich einen Menschen mit chronischen Wunden beraten und anleiten zu können, damit dieser und deren Angehöri-

Tab. 1 - Bildungsangebote im Vergleich

Page 19: Pflege in Bayern Ausgabe 26

19Pflege Pflege in Bayern 02.2013

ge einen Zugewinn an Lebensqualität erlangen. Die Betroffenen sollen in ihrem gesundheitsbezogenen Selbstmanagement gestärkt werden, um darüber einen positiven Effekt für die Wundheilung zu erhalten.

Die Pflegenden verbessern für sich selbst die sachgerechte Beur-teilung der Wunde und deren phasengerechte Versorgung sowie darüber hinaus die regelmäßige Dokumentation. Diese Lernziele sind u. a. Gegenstand des Pflegetherapeuten Wunde und des Wund-therapeuten – WTcert.

Die »Folgequalifizierungen« entwickeln noch weitere Kompe-tenzen bei den Pflegenden. So sind es beim Pflegetherapeuten Wunde® die Pflegeforschung, das Projektmanagement oder die Pfle-gegutachten.

Die Bildungsmaßnahme wird durch eine mehrtägige Hospitati-on, eine Hausarbeit und ein Colloquium abgerundet. Gerade der Mix aus formellem Lernen (in Seminarform) und informellem Ler-nen (Hospitation) bietet den Teilnehmern ein Mindestmaß an Selbststeuerung im Lernprozess.

Betrachtet man die möglichen und erreichbaren Kompetenzen für Pflegende, so stellt eine spezifische Qualifikation wie der Wund-therapeut eine zukünftige und notwendige Perspektive dar. Gerade unter dem Aspekt des lebenlangen Lernens bieten sich hier Mög-lichkeiten in Spezialgebiete einzudringen an, die eine persönliche Weiterentwicklung (=Bildungsbedürfnis) ermöglichen. Für die Ein-richtungen bedeutet dies den Gewinn eines Experten (=Bildungs-bedarf) für künftige Versorgungsschwerpunkte. Dies alles sollte unter dem Aspekt stehen, Patienten mit chronischen Wunden eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen.

Pflegetherapeuten – im Auftrag der Wunde

ArmiN LEibiGDipl. Pflegepädagoge M. A.

(Erwachsenenbildung)

Hertleinstr. 1691052 Erlangen

E-Mail: [email protected]

Foto: A. Leibig

Quellennachweis:Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP); (2008): Expertenstandard Pflege von

Menschen mit chronischen Wunden, Osnabrück.

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Page 20: Pflege in Bayern Ausgabe 26

20 SymposiumPflege in Bayern 02.2013

Auch wenn Ärzte und Pflegekräfte eine Wunde optimal behandeln, heilt sie mitunter nur sehr langsam. Der Patient und das an der Wundversorgung betei-ligte Personal sind verständlicherweise frustriert: Die Wunde ist unangenehm, verursacht möglicherweise Schmerzen und die regelmäßigen Verbandswechsel kosten Zeit. Viele fragen sich daher, ob es neben der klassischen Behandlung mit Reinigung der Wunde und medizini-schen Wundauflagen alternative Thera-piemethoden gibt.

B ereits im Laufe der Jahrhunderte schmierten Wund-heiler alle möglichen Lebensmittel auf Wunden. So

zum Beispiel Quark oder rohe Eier. Sie probierten Kohl- oder Walnussblätter als Wundauflage aus und setzten Heilerde oder Ochsenblut ein. Nicht selten fanden auch Zeitungspapier, Glyzerin oder Benzin ihren Weg auf ver-letztes Gewebe. Bereits vor Jahrtausenden wurde Honig zur Wundbehandlung verwendet und zählt unter anderem zu den Positivbeispielen der alternativen Therapie. Später hielt man das Naturprodukt nicht mehr für zeitgemäß und riet davon ab. Wissenschaftler aus Neuseeland zeigten nun, dass Honig einigen Wunden möglicherweise doch nützen kann. Es wurden dabei die Ergebnisse von 19 Stu-dien mit insgesamt rund 2 500 Patienten ausgewertet. Akute Brandwunden heilten mit Honig etwas schneller als mit herkömmlichen Wundauflagen. Leider verbesserte Honig bei chronischen Beingeschwüren die Heilung ge-nerell nicht. Erklären lässt sich die Förderung der Wund-heilung durch den im Honig enthaltenen Zucker. Er ent-zieht den Bakterien Flüssigkeit, sodass diese austrocknen und sterben. Außerdem helfen bestimmte Eiweiße (En-zyme), die Wunde zu reinigen. Speziell für medizinische Zwecke hergestellter Honig enthält mehr Enzyme als na-türlicher Honig, ist steril und wurde nicht erhitzt.

Sogar Maden werden inzwischen bei allen gängigen Ar-ten von chronischen Wunden genutzt. Das sind neben di-abetischen Ulcera ebenso Wunden, welche auf chronische

Flora und Fauna der Wund-behandlung – Therapieoptionen der Natur

Stauungen der Venen oder auf Durchblutungsstörungen der Arterien zurückgehen. Schließlich säubern Maden auch Druckgeschwüre und können ebenso zur Säuberung von Brandwunden und bei infizierten Operationswunden hilfreich sein. Von Australien bis Zentralamerika, von den Aborigines bis zu den Maya werden Maden zur Wundreini-gung benutzt. Die ersten europäischen Berichte über ihre heilsame Wirkung stammen aus dem Krieg. Die Maden-therapie dient in allererster Linie dem Debridement. Damit bezeichnet man die Reinigung einer Wunde von abgestorbenem Gewebe, Wundsekreten und allen Aufla-gerungen wie Schorf, inklusive Bakterien, die den Hei-lungsprozess behindern. Ein ähnliches Prinzip gibt es in der »Ichthyotherapie« zum Beispiel bei den Erkran-kungen der Schuppenflechte oder der Neurodermitis. Fi-sche knabbern dabei die abgestorbenen Hautpartikel des Patienten ab. »Dies fühlt sich weder unangenehm an noch ist es schmerzhaft. Das Ergebnis ist eine anhaltende Linderung der Beschwerden, insbesondere des unange-nehmen Juckreizes, der meist nach wenigen Anwen-dungen völlig verschwindet«, berichtet PD Dr. Dr. M. Grassberger aus der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien und Referent beim nächsten Abendsymposium des VFFP. »Das Gefühl ist wie eine Massage nur viel feiner, ein natürliches Ganzkörperpeeling, das die Haut ganz zart macht«, erläutert Grassberger die Vorteile der Behand-lung, die angeblich auch für Gesunde eine Wonne in der Wanne ist.

Mit den zahlreichen Möglichkeiten der sogenannten natürlichen Therapieoptionen in der Wundbehandlung wird sich der VFFP im Rahmen eines Abendsymposiums am 8. Mai 2013 beschäftigen und dabei versuchen den Teil-nehmern das Themengebiet aus mehreren Blickwinkeln näherzubringen.

chriStiAN biErSAcKSchriftführer VFFP

Kontakt: Verein der Freunde und Förderer der Pflege am Universitätsklinikum Regensburg e. V.

Thomas Bonkowski, 1. Vorsitzender Franz-Josef-Strauß-Allee 11

93042 RegensburgTel.: (0941) 944 6933 oder 4478

Fax: (0941) 944 6952E-Mail: [email protected]

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Page 21: Pflege in Bayern Ausgabe 26

21Pflege in Bayern 02.2013Recht

Mit dem Inkrafttreten des neuen Patienten-rechtegesetzes (PatRG) in den §§ 630a – 630h

BGB ist am 26.2.2013 eine jahrzehntelange Diskussion zu Ende gegangen.

Noch im Jahr 2003 hatten sich das Bundesministerium der Ju-stiz und das Bundesministerium für Gesundheit bewusst ge-

gen eine gesetzliche Regelung entschieden und stattdessen die Broschüre »Patientenrechte in Deutschland – Ein Leitfaden für Pa-tienten und Ärzte« herausgegeben.

Gestärkte Patientenrechte?

Der neue Vertragstypus »Behandlungsvertrag« im BGB

Damit sollte die gegenseitige Verantwortungsbereitschaft zwi-schen Arzt und Patient gestärkt und eine partnerschaftliche Bezie-hung zwischen diesen aufgebaut werden. Rechtsverbindlich war diese Broschüre jedoch nicht.

Der wichtigste Regelungsgegenstand des neuen PatRG ist daher nunmehr die gesetzliche Regelung des Behandlungsvertrages.

Dabei ist der Begriff der »medizinischen Behandlung« bewusst nicht näher definiert, damit nicht nur die Tätigkeit von Ärzten da-von erfasst wird, sondern auch die anderer Heilberufe wie z. B. Psy-chotherapeuten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Masseure und Heilpraktiker.

Der Behandlungsvertrag wird gleichwohl, wie bisher auch, als Dienstvertrag eingeordnet, da der Arzt keinen Heilungserfolg, son-dern nur eine ordnungsgemäße Behandlung unter Beachtung der jeweils geltenden allgemein anerkannten fachlichen Standards schuldet.

Will der Arzt von diesen geltenden fachlichen Standards abwei-chen, muss mit dem Patienten künftig eine Vereinbarung hierüber getroffen werden, d. h. der Patient muss genau darüber aufgeklärt werden, weshalb von den geltenden Standards in seinem Falle ab-gewichen werden soll. Die Abweichung ist nicht mehr von der bis-her geltenden Therapiefreiheit des Arztes gedeckt.

Der Behandelnde muss den Patienten künftig auch gemäß § 630 c BGB in einer für ihn verständlichen Weise und grundsätzlich zu Beginn der Behandlung über die wesentlichen Dinge informie-ren, z. B. Diagnose, Therapie und zur und nach der Therapie zu er-greifende Maßnahmen sowie auch gegebenenfalls sich bietende Alternativen für die Behandlung.

Inhaltlich entspricht diese Verpflichtung damit der von der Rechtsprechung entwickelten Informationspflicht, die als »thera-peutische Aufklärung« bezeichnet wird. Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht stellt einen Behandlungsfehler dar. Der behan-delnde Arzt hat daher den Patienten über eingetretene Komplikati-onen bei der Behandlung aufzuklären. Für den Patienten besteht sodann die Möglichkeit zum einen Anspruch auf Schadenersatz wegen des begangenen Behandlungsfehlers geltend zu machen. Darüber hinaus hat der Patient sodann auch noch einen weiteren Anspruch wegen Verletzung der Informationspflicht. Insgesamt führt dies aber nicht zu einer Verdoppelung der Haftung des Arztes, sondern stellt dessen Haftung damit lediglich eindeutig klar.

Davon zu unterscheiden ist die nunmehr in § 630 e BGB geregelte Aufklärungspflicht. Die Aufklärung soll für den Patienten die Ent-scheidungsgrundlage für die Ausübung seines Selbstbestimmungs-rechts darstellen.

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Pflegedienstleitung Basiskurs (460 Stunden) vom 01.07.2013 - 09.07.2014

Pflegedienstleitung Aufbaukurs (264 Stunden)vom 17.06.2013 - 12.02.2014

Fortbildung zum/zur Dokumentationsbeauftragten (40 Stunden)vom 22.07.2013 - 26.07.2013

Gerontopsychiatrische Pflege und Betreuung (560 Stunden)vom 14.10.2013 - 08.12.2014

Praxisanleitung in der Alten- und Krankenpflege (200 Stunden)vom 21.10.2013 - 28.03.2014

Weiterbildungen in der Pflege

Verschiedene Förderungen möglich!

SAbiNE mühLiNG-wEchSLErRechtsanwältin

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Page 22: Pflege in Bayern Ausgabe 26

22 Pfl ege in Bayern 02.2013 Recht

Die Aufklärung muss durch den behandelnden Arzt selbst oder eine Person, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwen-dige Ausbildung verfügt, in einem persönlichen Gespräch stattfi n-den. Formulare, die an Patienten ausgegeben werden, können die-ses Gespräch zwar ergänzen, grundsätzlich aber nicht ersetzen. Der Patient muss Zeit haben, sich für oder gegen die mit ihm bespro-chene Maßnahme zu entscheiden. Ausnahmen von der Aufklä-rungspfl icht sind nach wie vor möglich, z. B. wenn es sich um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt oder der Patient ausdrücklich auf die Aufklärung verzichtet hat.

Vor der Durchführung jeder medizinischen Maßnahme ist ge-mäß § 630 d BGB die Einwilligung des Patienten einzuholen.

Dies gilt immer dann, wenn Eingriffe in den Körper oder die Ge-sundheit vorgenommen werden sollen. Dieser Einwilligungsvorbe-halt entfällt aber selbstverständlich, wenn es sich um eine unauf-schiebbare Maßnahme handelt und diese dem mutmaßlichen Wil-len des Patienten entspricht.

Der Patient kann seine Einwilligung jederzeit widerrufen. Ist der Patient in der aktuellen Situation nicht dazu im Stande, selbst in die Behandlung einzuwilligen, muss die Einwilligung z. B. der El-tern, eines Bevollmächtigten oder des Betreuers eingeholt werden, soweit nicht bereits eine Patientenverfügung diese Maßnahme ge-stattet oder untersagt.

§ 630 f BGB regelt schließlich die nunmehr gesetzlich angeord-nete Argumentationspfl icht. Die Dokumentation ist seit langem nicht mehr als reine Gedankenstütze des Arztes zu verstehen, son-dern ist eine vertragliche Pfl icht.

Sie hat Gewähr dafür zu leisten, dass die Behandlung insgesamt ordnungsgemäß erfolgt ist, insbesondere muss sie aus Beweissi-cherungsgründen, aber auch nachträgliche Änderungen nach In-halt und Zeitpunkt erkennen lassen.

Aus dieser Dokumentationspfl icht des Arztes ergibt sich auf Sei-ten des Patienten nämlich gemäß § 630 g BGB ein Einsichtnah-merecht in die Patientenakten. Obwohl dieser Anspruch auch schon bisher in § 810 BGB gesetzlich normiert war, kam es häufi g zur Ver-weigerungshaltung auf Seiten der Ärzte, die nunmehr mit der Rege-lung des § 630 g BGB beseitigt werden soll. Der Patient hat entspre-chend dieser Regelung jetzt ein unverzügliches Einsichtnah-merecht in die vollständige Patientenakte, soweit nicht erhebliche therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte Dritter entgegen-stehen. Jede Ablehnung ist seitens der Ärzte zu begründen.

Insgesamt kann zu dem neuen Patientenrechtegesetz gesagt werden, dass mit der gesetzlichen Regelung gleichwohl das Rad nicht neu erfunden wurde. Es ist zwar richtig, dass mit einer ge-setzlichen Regelung beispielsweise Schadensersatzansprüche klar gesetzlich defi niert werden können. Andererseits sollte jedoch auch angemerkt werden, dass Gesetze wie dieses grundsätzlich we-sentlich weniger fl exibel sind als Richterrecht. Ob dieses Gesetz daher nachhaltig ist oder ob es angesichts der stetigen Fortschritte in der Medizin immer wieder angepasst und erneuert werden muss, kann nur die Zukunft zeigen.

Die Entscheidung darüber, ob eine deliktische Haftung eines Arztes greift oder nicht, wird jedenfalls nach wie vor Aufgabe der Rechtsprechung bleiben.

Wir geben ImpulseDas Bildungswerk Irsee ist das zentrale Fort- und Weiterbildungsinstitut des Verbandes der bayerischen Bezirke. Schwerpunkte des an der Praxis orientierten und wissenschaftlich fundierten Kurs- und Seminarangebots liegen in der Psychiatrie, der Neurologie und der Sozialverwaltungen.

Renommierte Dozenten, aktuelle Themen und die konsequente Anwendung des Prinzips „von der Pflege – für die Pflege“ sichern einen nachhaltigen Fortbildungserfolg.

Bildungswerk Irsee

www.bildungswerk-irsee.de

Klosterring 4 · D-87660 Irsee

Bildungswerk des Verbandesder bayerischen Bezirke

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Alzheimer/Demenz als PflegeaufgabeEine Kooperationsveranstaltung des

Bildungswerkes des Verbandes der bayerischen Bezirke mit der Deutschen Alzheimergesellschaft LV Bayern

19. bis 21. September 2012 in Kloster Irsee

www.bildungswerk-irsee.de

Nach einem Kursprogramm der Deutschen Alzheimerge-sellschaft werden die zentralen Fragen der Pflege dementiell erkrankter Menschen bearbeitet:

• Welche Grundlagen beinhaltet gerontopsychiatrischer Pflege?

• Gibt es neue Erkenntnisse für die Pflege demenzkranker Menschen?

• Was brauchen demenzkranke Menschen in welcher Situation?

• Wie gestaltet sich ein würdiger Alltag für demenzkranke Menschen?

Der Dozent Gerhard Wagner ist als Vorsitzender des Landesverbandes

Bayern der Deutschen Alzheimergesellschaft ausgewiesener Spezialist

für diese Fragestellungen.

Weitere Informationen und Programmanforderung:

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Alzheimer/Demenz als PflegeaufgabeEine Kooperationsveranstaltung des

Bildungswerkes des Verbandes der bayerischen Bezirke mit der Deutschen Alzheimergesellschaft LV Bayern

19. bis 21. September 2012 in Kloster Irsee

www.bildungswerk-irsee.de

Nach einem Kursprogramm der Deutschen Alzheimerge-sellschaft werden die zentralen Fragen der Pflege dementiell erkrankter Menschen bearbeitet:

• Welche Grundlagen beinhaltet gerontopsychiatrischer Pflege?

• Gibt es neue Erkenntnisse für die Pflege demenzkranker Menschen?

• Was brauchen demenzkranke Menschen in welcher Situation?

• Wie gestaltet sich ein würdiger Alltag für demenzkranke Menschen?

Der Dozent Gerhard Wagner ist als Vorsitzender des Landesverbandes

Bayern der Deutschen Alzheimergesellschaft ausgewiesener Spezialist

für diese Fragestellungen.

Weitere Informationen und Programmanforderung:

Workshop

Weiterbildung in der PflegeAm 18. Juli 2013 in Kloster Irsee

www.bildungswerk-irsee.de

Wie ist der Stand der Weiterbildung zum jetzigen Zeitpunkt?Welche Fragen und Wünsche bewegen die Bildungsanbieter?Was zeichnet besondere Stärken und Schwächen der AV aus? Was Sie den Beteiligten immer schon einmal sagen wollten?

Mit der Ausführungsverordnung zum Pflege- und Wohnqualitätsgesetz

ist in Bayern die Weiterbildung für die Pflege im Zuständigkeitsbereich

des SGB XI auf eine gesetzliche Basis gestellt und umfassend geregelt

worden.

Im Workshop sollen Verantwortliche, Mitwirkende und Ausführende

zu Wort kommen und Grundlagen für Weiterentwicklungen anregen.

Begleitend werden Sie von informativen und kulturellen Angeboten

rund um die Pflege.

Weitere Informationen und Programmanforderung:

der clevere weg fernlehrgänge für Pflegekräfte

WIR BILDEN ERFOLG | DIE DEB-GRUPPE

mEhR InfoRmatIonEn UntER

+49(0)951|91555-0 www.clevere-zukunft.de

Im Bereich altenpflege z.B. Gestaltung und Beschäftigung

als Gruppenarbeit allgemeine und spezielle medikamentenlehre

Im Bereich gerontopsychiatrische Pflege z.B. Sozial- und Beziehungskompetenz Gerontopsychiatrische fachpflege

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Wir bieten auch Inhouse Seminare im Bereich Pflege an!

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Page 23: Pflege in Bayern Ausgabe 26

23Pflege in Bayern 02.2013PR-Bericht

W elches Pflegeheim? Welcher Pflegedienst? Die Entscheidung zählt zu den schwierigsten im Leben: Die eigenen Eltern un-

ter neue Obhut zu geben. Es ist immer eine Entscheidung mit Fol-gen, besonders für die, die ihren Lebensabend fortan in einem Heim verbringen sollen. Nicht selten ist die Verunsicherung groß; Fragen gibt es viele, Antworten noch immer viel zu wenige.

Und genau hier will das neue WebTV- Portal im Internet ansetzen und Abhilfe schaffen: www.seniorenheim-tv.de – hier findet man nun das neue WebTV Portal, auf der sich Heime und Pflegedienste aus ganz Bayern und bundesweit präsentieren können. Das Einma-lige daran: Die Macher von SENIORENHEIM-TV setzen dabei bewusst auf das Medium Film, auf bewegte Bil-der, die quasi einen virtuellen Rund-gang durch das jeweilige Pflegeheim ermöglichen.

»Wenn ein Bild mehr als 1 000 Worte sagt, was erzählt dann erst ein Film!«, schwärmt Werner-Johannes Müller vom Projekt SENIORENHEIM-TV. Der gelernte Journalist verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Fernsehen und Internet und weiß da-her, wie wichtig Bewegtbild inzwi-schen auch im Netz ist: Für die Heim-betreiber selbst, die sich und ihr Haus auf diese Weise umfassend präsentie-ren und dadurch nachgewiesenerma-ßen zusätzliche neue Platzanfragen erhalten, ebenso wie für ihre poten-ziellen Kunden, die dank der Filme viel mehr vom künftigen Zuhause er-fahren als ihnen Zahlen, Statistiken und Pflegeberichte jemals vermitteln könnten. Müller ist Initiator von SENIORENHEIM-TV zusammen mit Volker Waschk, der ebenfalls seit über einem Jahrzehnt als Journa-list und Fernsehmacher über viel Erfahrung für ein solches Projekt verfügt.

Da gerade das Thema »Pflege« ein hochsensibles ist, ist Finger-spitzengefühl gefragt und fachliches Know-How, das aus der Bran-che kommt. Von Anfang an mit dabei bei SENIORENHEIM-TV ist Fried-rich Schmidt, der langjährige Vizepräsident des bpa, der noch heu-te im Vorstand des Bayern-bpa sitzt. Er engagiert sich ehrenamtlich für das Projekt. »Viel besser als jeder Prospekt«, schwärmt der Pfle-ge-Experte vom neuen SENIORENHEIM-TV.

Die Online-Plattform könne maßgeblich dazu beitragen, Pflege in der Öffentlichkeit auch positiv darzustellen, denn abseits von

»Erstmal anschauen!« In aller Ruhe – von Zuhause aus. Mit dem neuen WebTV-Internetportal SENIORENHEIM-TV (www.seniorenheim-tv.de) bieten Werner-Johannes Müller und Volker Waschk nicht nur Pflegeheimen und -diensten eine besondere Plattform. Auf der Seite können sich auch künftige Bewohner und ihre Angehörigen über Angebote erstmals ausführlich branchen- und bayernweit in Bewegtbildern informieren.

Redaktion › Produktion › VetriebWerner-Johannes Müller

Volker WaschkMiethal 1, 84149 VeldenTel.: (0 80 86) 94 91 200Fax: (0 80 86) 94 91 202

E-Mail: [email protected]

Weitere Infos und Videoswww.seniorenheim-tv.de

tVWeil ein Film mehr erzählt als 1 000 Worte sagen können

Skandalen wird eben sonst viel zu selten über die guten Seiten oder über Vorzeige-Betriebe unter den Heimen berichtet. »So kann SE-NIORENHEIM-TV auch zu einer Image-Verbesserung unseres Berufs und unserer gesamten Branche beitragen«, ist Schmidt überzeugt und hofft gleich noch, eine weitere Fliege mit derselben Klappe schlagen zu können: Qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen! Denn wer einen Job in der Pflege sucht, kann sich auf SENIORENHEIM-TV seinen potenziellen neuen Arbeitgeber ja schon einmal aus näch-ster Nähe anschauen.

Aufgebaut ist SENIORENHEIM-TV übersichtlich und ansprechend. Das Design frisch und lebendig in hellem Grün und positivem Oran-

ge, sieht der Seitenbesucher zunächst einen großen Videoplayer in der Mitte und links daneben die einzelnen Ka-näle. Hier gibt es einen für Aktuelles, einen für Interviews und je einen für jeden bayerischen Regierungsbezirk. Die einzelnen Heime und Pflege-dienste sollen schließlich schnell und effizient gefunden werden können, erklären die Initiatoren Waschk und Müller den Vorteil von SENIORENHEIM-TV gegenüber Megaportalen wie You-tube und Co. Doch ganz ohne die Großen im Bereich von Online-Video soll es dann doch nicht gehen: Denn den Upload auf Google, Youtube und weitere Portale bieten die Macher von SENIORENHEIM-TV ihren Partnern und Kunden gleich noch mit dazu an – und das kostenlos.

Finanziert wird SENIORENHEIM-TV durch Abonnements der Heimbetrei-

ber oder Pflegedienstleister, die sich auf der Seite präsentieren. Die Kosten? »Vergleichbar einer üblichen Zeitungsanzeige«, sagt Waschk. Und wer noch keinen eigenen Imagefilm hat, den er auf dem neuen Portal präsentieren kann, der kann einen solchen bei SENIORENHEIM-TV auch gleich noch – ebenfalls sehr kostengün-stig – produzieren lassen.

Eben alles aus einer Hand, um bereits vor der schwierigsten Ent-scheidung für das weitere Leben eines geschätzten Familienange-hörigen wirklich alle wichtigen Informationen und Eindrücke zu bekommen.

Motto: »Anschauen!« Von Zuhause aus. Sich einen ersten, aber aussagekräftigen persönlichen Eindruck machen. Dann das Rich-tige tun. Mit den richtigen Anbietern und Betreibern.

SENiorENhEim

Volker Waschk Werner-Johannes Müller

Fotos: V. Waschk

Page 24: Pflege in Bayern Ausgabe 26

24 Pflege in Bayern 02.2013 Pflegeeinrichtung

Sowohl Bewohner wie auch Pflegekräfte profitieren davon, wenn in der Alten-pflege erfolgreich Elemente der Gesund-heitsförderung nach Pfarrer Sebastian Kneipp eingeführt werden – das haben Wissenschaftler der Universität Bern und der Berliner Charité in einer gemeinsa-men Studie herausgefunden.

E inige Ergebnisse der Studie: Die pflege-bedürftigen Bewohner in den nach

Kneipp zertifizierten Einrichtungen, die für die Studie befragt wurden, hatten gegen-über einer Kontrollgruppe einen über-durchschnittlich guten Gesundheitszu-stand. 90 Prozent der Pflegekräfte dort ga-ben an, dass sich ihr Verhältnis zu den Bewohnern durch die therapeutischen Maßnahmen nach Kneipp verbessert hät-

Die Gesundheitslehre von Pfarrer Sebastian Kneipp hält Einzug in die Altenpflege

Viel mehr als Wassertreten

ten. Und mehr als 93 Prozent der beteiligten Pflegekräfte gaben an, dass sie auch selbst die naturheilkundlichen Verfahren anwen-den würden.

Noch ist die Einführung der Gesund-heitslehre des Allgäuer Pfarrers Kneipp im Seniorenheim eher ein Geheimtipp. Erst zwölf Heime gibt es in Deutschland, die das Gütesiegel »Vom Kneipp-Bund e. V. aner-kannt« vorweisen können. Drei davon sind in Bayern. »Wir gehen davon aus, dass es bald deutlich mehr sein werden, denn unse-re Wartelisten füllen sich zunehmend« meint Ingrid Pongratz, die Bayerische Lan-desvorsitzende im Kneipp-Bund, »gerade in der stationären Altenpflege lässt sich das ganzheitliche Modell von Sebastian Kneipp ja auch besonders gut umsetzen«. Viele Bausteine seiner Lehre wie die Forderung nach möglichst viel Bewegung, klaren Ta-

gesstrukturen oder der Nutzung von Heil-pflanzen würden in den meisten Heimen ohnehin bereits gelebt. Die besonderen An-gebote – wie die speziellen Wasseranwen-dungen, die natürlich bei keinem Kneipp-Konzept fehlen dürfen – könnten recht leicht ergänzt werden.

Damit aus den einzelnen Elementen dann ein umfassendes Konzept mit Aner-kennung durch den Kneipp-Bund wird, müssen die Einrichtungen allerdings schon ein wenig mehr tun als ein zusätzliches Massageangebot oder einen ungewöhn-lichen Kräutertee anzubieten. Vorausset-zung für die Zertifizierung ist die Erstellung eines individuell angepassten Gesamtkon-zeptes, das dann in einer 18-monatigen Umsetzungsphase zu einem ganzheitlichen Bewusstsein für die Lehren von Kneipp bei allen Mitarbeitern führen soll.

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Page 25: Pflege in Bayern Ausgabe 26

25Pfl ege in Bayern 02.2013Pfl egeeinrichtung

Insgesamt sind für die Zertifi zierung fol-gende Voraussetzungen zu erfüllen:

› Mitgliedschaft im Kneipp-Bund oder dem örtlichen Kneipp-Verein

› Qualifi zierung von mindestens drei Mitarbeitern zum »Kneipp-Gesundheits-trainer SKA« bzw. dem »Gesundheits-Mentor«

› Mindestanforderungen bei der Einrichtungs- und Angebotsqualität, es sind allerdings keine baulichen Anforderungen wie z. B. eine Wasser-tretanlage nötig

› Konzepterstellung und -fortschreibung, Maßnahmendokumentation als Arbeitsgrundlage für alle Gruppen, Personalneuzugänge zur Refl exion und zum Transfer.

› 18 Monate Erfahrung im Bereich ganzheitlicher Gesundheitsförderung. Diese Phase kann erst beginnen, wenn mindestens ein Mitarbeiter die Qualifi zierung zum Kneipp-Gesund-heitstrainer abgeschlossen hat

Die fünf Bausteine der Kneipp-Lehre und ihre Anwendung in der Altenhilfe:

Lebensordnung › Beschäftigungsangebote (kreativ,

musisch, spielerisch) › Vorrang der Selbst- und Mitbestimmung › Meditations- und Entspannungs-

übungen › Gedächtnistraining › Förderung des sozialen Miteinanders

Natürliche Reize/Wasser › Jede Anwendung ist Zuwendung › Waschungen, Bürstungen › Bäder, Güsse, Wickel und Aufl agen › Barfußerfahrungen

Bewegung › Gymnastische Übungen › Bewegungstraining › Singen und Tanzen › Ausfl üge, Spaziergänge › Basale Stimulation

Ernährung › Gesunde und ausgewogene Ernährung › Positive Essatmosphäre › bedarfsangepasste Getränke

Heilpfl anzen/Kräuter › Heilpfl anzen- und Kräutergarten › Sinneserfahrungen › Gebrauch von Öls, Tees und Salben › Beobachtungsgänge › Projekte und Vorträge zum Heilkräuter-

wissen

Peter Pilkowski leitet den »Senioren-Wohnpark Landshut«, eine vollstationäre Einrichtung mit 156 Betten. Er hat sich vor einigen Wochen auf den Weg der Kneipp-Zertifi zierung gemacht. Wir haben nachgefragt, wie es ihm und seinen Mitarbeitern damit bisher ergangen ist.

Herr Pilkowski, Sie haben kürzlich das erste Ausbildungsseminar zum Kneipp-Gesundheitstrainer absolviert. Was haben Sie gelernt?Vor allem eines: Dass Kneipp hochmodern ist und dass es eigent-lich gar keine Alternative zu seinem ganzheitlichen Blick auf den Menschen gibt. In dem Kurs ging es zum Einstieg vor allem darum, ein Bewusstsein für das neue Pfl ege- und Betreuungskonzept zu schaffen. Kneipp ist ja viel mehr als Wassertreten, es gehören auch eine klare Lebensordnung, viel Bewegung, gesunde Ernährung und die Nutzung von Heilpfl anzen und Kräutern dazu. Ich und meine drei Mitarbeiterinnen, die den Kurs gemacht haben, sind jedenfalls inzwischen vollkommen infi ziert. Ich gehe zum Beispiel inzwischen fast täglich ein Stück weit barfuß und fühle mich da-durch richtiggehend befreit.

Können Sie sich schon konkret vorstellen, wie diese Befreiung auch bei Ihren Bewohnern ankommen könnte?Es wird darum gehen, jedem Bewohner individuelle Angebote zu machen. Die Kneipp-Lehre hat zum Beispiel tolle Antworten da-rauf, wie unruhigen und schlafl osen Menschen geholfen werden kann – ganz ohne Medikamente. Da gibt es beruhigende Anwen-dungen und Massagen, die wunderbar in den Alltag integriert werden können. Sehr gut gefällt mir auch die Idee, an verschie-denen Stellen der Einrichtung Kräuter anzupfl anzen, damit die alten Menschen sie anschauen, riechen und schmecken können. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten.

Ist der Aufwand nicht sehr groß, das alles umzusetzen?Nein, gar nicht. Viele Dinge machen wir ja heute auch schon, aber halt ohne das Bewusstsein für die Zusammenhänge. Natürlich gibt es bei uns auch heute schon Bewegungsangebote und eine klare Tagesstruktur, ebenso wie gebadet und ge-duscht wird. Da ist es ein Leichtes, den Senioren zusätzlich kleine Wasseranwendungen angedeihen zu lassen oder den Spaziergang auch mal barfuß stattfi nden zu lassen. Es geht immer auch darum, zurück zu den Wurzeln zu fi nden. Das ist gerade für die alten Men-schen sehr wichtig und schön.

Wie sehen Ihre Mitarbeiterinnen die Hinwendung zu Kneipp?Ich hatte von der ersten Sekunde an das Gefühl: Das wird ein Selbstläufer! Wir sind alle mit Begeisterung dabei. Was man auch nicht vergessen sollte: Die Zertifi zierung ist eine große Chance, gleichzeitig ein betriebliches Gesundheitsmanagement für die Mitarbeiter einzurichten. Das ist auch so eine Erkenntnis nach dem ersten Seminarblock: Ich kann hier meinem Personal sehr praktisch etwas Gutes tun, indem ich ihnen zum einen Methoden der Gesundheitsvorsorge an die Hand gebe und zum anderen die Arbeitsbedingungen verbessere, weil die Atmosphäre insgesamt entspannter und ruhiger wird. Ich bin jedenfalls sicher, dass die Zertifi zierung genau die richtige Entscheidung war.

PEtEr PiLKowSKiSenioren Wohnpark Landshut

Prof.-Schmidtmüller-Str. 1, 84034 LandshutTel.: (0871) 1437-0

Fax: (0871) 1437-544

Nein, gar nicht. Viele Dinge machen wir ja heute auch schon, aber halt ohne das Bewusstsein für

Fotos: P. Pilkowski

Page 26: Pflege in Bayern Ausgabe 26

26 Pfl ege in Bayern 02.2013 Pilotprojekt

Pfl egeheime, Krankenhäuser und ambu-lante Pfl egedienste in Deutschland be-

klagen den Mangel an Fachkräften und Aus-zubildenden für den Pfl egebereich. Darun-ter leiden nicht nur Qualität und Patienten, sondern auch überdurchschnittlich bela-stete Mitarbeiter. Um diese Missstände zu beheben, suchen die Projektpartner moti-vierte junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren aus der EU, die sich für den Beruf des Alten- oder Krankenpfl egers begeistern.

Eine individuelle und persönliche Förde-rung in Kleinstgruppen ermöglicht es die-

Ein zukunftsweisendes Pilotprojekt zur Fachkräfte-Gewinnung in der Pfl ege von europcare (Kirchheim b. München) und Berufsakademie Passau (BAP) in Zusammenarbeit mit IES Santa Bárbara (Berufl iche Ausbildungseinrichtung für Pfl egehelfer) Málaga

Care for Care

sen jungen Menschen – fi nanziell abgesi-chert, kulturell integriert und fachlich hochgebildet – in Deutschland als Fach-kraft zu arbeiten oder eine Ausbildung er-folgreich abzuschließen. Durch das Förder-programm der Bundesregierung »Mobi-Pro-EU« (The Job of My Life) ist es europcare möglich, Fachkräften und ausbildungsinte-ressierten jungen Menschen auf ihrem Weg zum Altenpfl eger in Deutschland erfolg-reich unter die Arme zu greifen.

Die Teilnehmer des Projekts haben min-destens mittlere Reife bzw. ein abgeschlos-senes Studium (Fachkräfte) und werden durch einen Sprachkurs erst in ihrem Hei-matland und anschließend in Deutschland fi t gemacht bevor sie ein Praktikum oder eine Anstellung in Deutschland beginnen.

Vor Ort übernimmt europcare in Zusam-menarbeit mit dem zuständigen Ausbil-dungsbetrieb die Verantwortung, die jun-gen Menschen in Deutschland zu unterstüt-zen, zu integrieren und auch längerfristig einen Ansprechpartner (»Kümmerer«) zur Seite zu stellen. Diese Person ist Ansprech-partner in Notfällen und allen Problemen im berufl ichen und privaten Bereich.

Mit sieben Teilnehmern aus Spanien und drei aus Ungarn für die Ausbildung und

zehn Fachkräften aus Spanien geht das Pro-jekt im Mai 2013 in Passau in die nächste Phase. europcare und BAP holen die Teil-nehmer nach Passau und diese starten mit einem Intensiv- oder einem berufsbegleiten-den Sprachkurs. Anschließend geht es für die Auszubildenden mit einem Praktikum in ihren zukünftigen Ausbildungsbetrieben weiter, während die Fachkräfte bis zum Er-reichen des Deutsch-Levels B2 als Pfl ege-helfer arbeiten und anschließend als exa-minierte Fachkräfte übernommen werden.

Die Berufsakademie Passau übernimmt die fachliche und sprachliche Qualifi zie-rung. europcare ist dabei für die Projektko-ordination, die Betreuung und die Akqui-rierung der Fachkräfte und Auszubildenden im In- und Ausland zuständig. Wolfgang Schellenberger von europcare betont, dass die Betreuung der 20 Teilnehmer ein ganz wichtiger Bestandteil an dem Projekt ist, denn nur dadurch lassen sich langfristig Fachkräfte in Deutschland gewinnen und halten.

Eine Wiederholung zur Akquirierung von Fachkräften im Auftrag von interessier-ten Arbeitgebern ist jederzeit möglich und nicht auf Altenpfl eger beschränkt. Im An-schluss an das Pilot-Projekt gemeinsam mit der Berufsakademie »Care for Care« für Aus-zubildende 2013 in Passau startet europca-re ein weiteres Projekt zur Gewinnung von Fachkräften in Landshut. Für beide Städte (Passau und Landshut) werden noch inte-ressierte Betriebe gesucht (Für Auszubil-dende und Fachkräfte).

Sollten Sie Interesse haben, an dem Projekt Care for Care teilzunehmen, weil Sie Auszu-bildende oder Fachkräfte benötigen oder in Ihrer Region ein komplett eigenes Projekt starten möchten, können Sie sich von Frau Friederike Schellenberger oder Frau Barba-ra Brauckmann gerne unverbindlich bera-ten lassen:

Friederike SchellenbergerTel.: (089) 66 53 90 75E-Mail: [email protected]

Barbara BrauckmannTel.: (0851) 72 088-20E-Mail: [email protected]

Wir haben LösungenHebe- und Pflegehilfen für Menschen mit Handicap

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Foto: F. Schellenberger

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Page 27: Pflege in Bayern Ausgabe 26

27Pflege in Bayern 02.2013PR-Berichte

D ie gesetzliche Unfallversicherung für Gesundheits- und Sozial-berufe (BGW) führte zusammen mit Betriebsärzten bei über

1 300 Altenpflegekräften eine Untersuchung durch, bei der festge-stellt wurde, dass rund 40 Prozent unter Rückenproblemen leiden, besonders bei über 50 Jahre alten Personen steigen diese Beschwer-den stark an. Der Grund ist häufig, dass viele in den Heimen vor-handene Hilfsmittel wenig oder gar nicht genutzt werden oder sol-che Hilfsmittel nicht vorhanden sind. Hier kann Handi-Move Abhil-fe schaffen.

Bei Handi-Move steht das Streben nach Lebensqualität des Be-nutzers an erster Stelle. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, innovative und zuverlässige Hebe- und Betreuungssy-steme zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben, bei denen die Bedürfnisse des jeweiligen Nutzers im Mittelpunkt stehen.

Handi-Move bietet nicht nur hervorragende Lösungen für Men-schen mit eingeschränkter Mobilität. Es werden auch in ihrem di-rekten Umfeld und beim Pflegepersonal Rücken-, Schulter- und Ge-lenkverletzungen vermieden.

Die Handi-Move-Baureihe (Lifter-systeme) gewährleistet der Pflegeper-son einen gesunden Rücken.

MOBILE LIFTER – nach Bedarf aus-rüstbar mit Hebebügel, Hebesitz oder Hebetuch – eignen sich vor allem für Personen, die noch über eine gewisse Restmobilität verfügen und z. B. mit Hilfe des Lifters aufstehen können. Der Tuchlifter ist für die Aufnahme als auch für den Transfer in liegender Hal-tung geeignet. Der Grundpreis für den Mobilen Lifter beträgt 2 000 bis 3 000 EURO.

Das Einsatzgebiet von stationären Liftern (WANDLIFTER) ist begrenzt, es sei denn, es handelt sich um einen auf-gesteckten Tragarm, der an einem an-deren Ort wieder in eine passende Auf-nahmevorrichtung eingesteckt wer-den kann. Das System eignet sich vor allem für solche Fälle, wo es nicht auch an andere Orte eingesetzt werden muss. Der Grundpreis für diesen Lifter be-trägt ca. 2 500 EURO und ist eine preis-werte Lösung für enge Räume.

Die Entlastung durch Liftersysteme wird zu wenig genutzt

D ie Dienstplanentwickler der GeoCon Software GmbH blicken auf ein erfolgreiches Jahr 2012 zurück. So wurde nach Unterneh-

mensangaben der Umsatz allein in Deutschland und Frankreich auf mehr als 2,5 Mio Euro gesteigert. Mit über 3 000 Lizenzen der Geo-Con Dienstpläne 8 und Pro2 werden mehr als 360 000 Mitarbeiter in Einrichtungen der Pflege und in Krankenhäusern verwaltet.

Auf der Altenpflege 2013 stellen die Berliner ihren neuen Geo-Con Dienstplan 8.4 vor. Neben der kontinuierlichen Optimierung der bekannten Features wurde ein besonderes Augenmerk auf die Terminverwaltung für Mitarbeiter gelegt. Einer möglichst weitge-

GeoCon mit neuer Dienstplanung 8.4

Rückenprobleme in der Pflege

henden Automatisierung mit vielfältigen und individuellen Zuord-nungsvarianten kommt dabei eine ganz spezifische Rolle zu. Für den GeoCon Dienstplan Pro2 werden ebenfalls Neuerungen ange-kündigt.

Geblieben ist bei der bewährten Standardsoftware für Pflegeein-richtungen die bekannte Nutzerfreundlichkeit. Die umfangreiche Anzahl statistischer Auswertungsvarianten orientiert sich an der Optimierung des Controllings in einzelnen Häusern und der gesam-ten Trägerstrukturen, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus, da GeoCon zunehmend in Europa Ansprüche erfüllt. Jedenfalls ent-sprechen Komplexität und intuitive Bedienbarkeit den internatio-nalen Anforderungen.

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Page 28: Pflege in Bayern Ausgabe 26

28 Pflege in Bayern 02.2013 Fortbildung

Die Schmerzambulanz des Klinikums der Universität München-Innenstadt veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Christo-phorus Hospiz Verein e. V. und dem Zentrum für Akutgeriatrie und Rehabilitation des Klinikums Neuperlach eine Schmerzthe-rapiefortbildung für Mitarbeiter in der Altenpflege/-hilfe.

S chmerzen beim alten Menschen sind ein tägliches Problem im Alltag von Wohn- und Betreuungseinrichtungen. 2/3 der Be-

wohner leiden intermittierend, 1/3 dauerhaft an Schmerzen (Bas-ler 2007). Der Bedarf einer verbesserten schmerztherapeutischen Versorgung der alten Menschen ist erkannt.

Die Durchführung einer guten Schmerztherapie erfordert spezi-fisches Fachwissen und Kompetenz sowohl im ärztlichen Bereich als auch im Bereich des Pflege- und Betreuungspersonals. Die Pfle-genden haben den engsten Kontakt zum betreuten Menschen und bekommen hautnah mit wie es ihm geht. Mit Wissen auf der Seite des betreuenden Hausarztes ist eine angemessene schmerzthera-

Schmerztherapiefortbildung für Mitarbeiter in der Altenpflege/ -hilfe10. – 12.06. und 09. – 11.07.2013

peutische Versorgung der oft kognitiv eingeschränkten alten Men-schen alleine kaum zu erreichen. Eine gute Schmerztherapie be-darf einer regelmäßigen und guten Beobachtung durch die betreu-enden Pflegekräfte mit viel Hintergrundwissen zu den vielfältigen medikamentösen und nichtmedikamentösen Möglichkeiten zur Schmerztherapie in enger Zusammenarbeit mit den betreuenden Ärzten.

Die Schmerzambulanz des Klinikums der Universität München veranstaltet seit 2011 in Zusammenarbeit mit dem Christophorus Hospiz Verein e. V. München und dem Zentrum für Akutgeriatrie und Rehabilitation des Klinikums Neuperlach München eine 6-tä-gige Pflegefortbildung speziell für Mitarbeiter in der Altenpflege/-hilfe. In dieser Fortbildung werden neben Grundlagen zum Thema Schmerz intensiv die medikamentösen und vielfältigen nichtmedi-kamentösen Schmerztherapieverfahren beleuchtet. Auch werden geriatrietypische Syndrome und chronische Schmerzsyndrome der alten Menschen praxisorientiert vorgestellt und wichtige palliativ-medizinische und -pflegerische Aspekte in der Betreuung alter Menschen thematisiert. Finanziell wird diese Fortbildungsinitiati-ve durch die Charlotte und Herrmann Schober Stiftung unterstützt.

Gute Schmerztherapie kann wesentlich zur Verbesserung der Le-bensqualität der Bewohner in Altenpflegeeinrichtungen beitragen. Wir wissen aus den Rückmeldungen der Kursteilnehmer, dass mehr Wissen und Kompetenz rund um das Thema Schmerztherapie auch dazu beitragen kann, dass der einzelne Mitarbeiter sich selbstbe-wußter für die wahrgenommenen Beeinträchtigungen der be-treuten Personen einsetzen kann, was seine Arbeitszufriedenheit fördert. Nähere Informationen zum ausführlichen Fortbildungs-plan unter www.klinikum.uni.muenchen.de/veranstaltungen/Zu den wissenschaftlichen_Veranstaltungen und ärztlichen Fortbil-dungen.

Verfasser und Leiterin der Fortbildung:

Dr. Anna-Maria StumvollInterdisziplinäre Schmerzambulanz

Campus Innenstadt (Leitung: PD Dr. Irnich)Klinik für Anästhesiologie

LMU München (Direktor: Prof. B. Zwißler)

Pflegetherapeut Wunde ICW e.V.15.05.2013–14.01.2014

Am Aufbauseminar können Pflegefachkräfte mit einem gültigen Zertifikat „Wundexperte ICW“ teilnehmen. Die Bildungsmaßnahme vermittelt die erforderlichen

handlungsbezogenen Kompetenzen (Sozial-, Methoden- und Fachkompetenz) des pflegeri-schen Fachexperten, die der Expertenstandard „Pflege

von Menschen mit chronischen Wunden“ (DNQP) fordert. Die Qualifizierung umfasst 168 Stunden Lehre

(à 45 Minuten) plus 40 Stunden (à 60 Minuten) Hospitation und endet mit einer Prüfung. Grundlage

ist das Curriculum der ICW e.V. sowie die Prüfungsordnung.

Gebühren: H1.940,– plus H60,– Prüfungsgebühr

Nähere Informationen und Anmeldeunterlagen können unter Tel: 089 850 13 11 oder [email protected]

angefordert werden.

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Page 29: Pflege in Bayern Ausgabe 26

29Pflege in Bayern 02.2013Bildungsmanager / Veranstaltungen

13.05.–19.07.2013 in PassauSchulung für zusätzliche Betreuungskräfte nach $87b (160 UE)

Berufsakademie PassauNeuburger Straße 60, 94032 PassauTel.: 0851/72 [email protected]

16.05.2013 in AschaffenburgTagesstrukturierte Pflegeplanung – eine normale Alternative!

bpa LandesgeschäftsstelleWestendstr. 179, 80686 MünchenTel.: 089/89 04 48 320Fax: 089/89 04 48 [email protected]

06.06.2013 in StraubingEthisch reflektiert führen: Kommunikation undvorbeugendes Konfliktmanagement

Kath. Pflegeverband e. V. Adolf-Schmetzer-Str. 2–4, 93055 RegensburgTel.: 0941/60 48 77 0Fax: 0941/60 48 77 [email protected]

10.–2.06. und 09.–11.07.2013 in MünchenSchmerztherapie für Mitarbeiter in der Altenpflege/AltenhilfeInterdisziplinäre Schmerzambulanz

Klinikum der LMU München-InnenstadtPettenkoferstr. 8a, 80336 MünchenTel.: 089/51 60 37 54adelheid.wanninger@med.uni-muenchen.dewww.klinikum.uni-muenchen.de

10.–14.06. und 04.11.2013 in MünchenAusbildung zum Hygienebeauftragten

bpa LandesgeschäftsstelleWestendstr. 179, 80686 MünchenTel.: 089/89 04 48 320Fax: 089/89 04 48 [email protected]

17.06.2013 in MünchenFachtagung Pflege DENKEN

Institut aufschwungaltAuenstraße 60, 80469 MünchenTel.: 089/500 80 [email protected]

20.06.2013 in MünchenWorkshop »Haltung organisieren« (13 N-11)

Christophorus Akademie für Palliativmedizin,Palliativpflege und HospizarbeitMarchioninistr. 15, 81377 MünchenTel.: 089/70 95 79 30christophorus-akademie@med.uni-muenchen.dewww.christophorus-akademie.de

20.06.2013 in MünchenJe älter desto besser – wie Erkenntnisse aus derHirnforschung in die Pflegepraxis einfließen können

Caritas-Gemeinschaft für Pflege und Sozialberufe Bayern e. V. Nymphenburger Str. 94, 80636 MünchenTel.: 089/18 95 18 90caritasgemeinschaft-bayern@t-online.dewww.caritas-gemeinschaft-bayern.de

21.06.2013 in ErlangenAktuelles Recht in der Arbeitszeitgestaltung

Kath. Pflegeverband e. V. Adolf-Schmetzer-Str. 2–4, 93055 RegensburgTel.: 0941/60 48 77 0Fax: 0941/60 48 77 [email protected]

26.06.2013 in PassauTagesfortbildung: Mobbing & Burnout

Berufsakademie PassauNeuburger Straße 60, 94032 PassauTel.: 0851/72 [email protected]

26.06.2013 in BambergMRSA – Aktuelle Hygienevorschriften und der»richtige« Umgang mit betroffenen Menschen

Caritas-Gemeinschaft für Pflege und Sozialberufe Bayern e. V. Nymphenburger Str. 94, 80636 MünchenTel.: 089/18 95 18 [email protected] www.caritas-gemeinschaft-bayern.de

10.07.2013 in StraubingPflege aktiv gestalten

Kath. Pflegeverband e. V. Adolf-Schmetzer-Str. 2–4, 93055 RegensburgTel.: 0941/60 48 77 0Fax: 0941/60 48 77 [email protected]

15.–17.07.2013 in MünchenNetzwerke in der Palliativversorgung (13 V-2 M40)

Christophorus Akademie für Palliativmedizin,Palliativpflege und HospizarbeitMarchioninistr. 15, 81377 MünchenTel.: 089/70 95 79 30christophorus-akademie@med.uni-muenchen.dewww.christophorus-akademie.de

Bildungsmanager Mai

–Juli

Page 30: Pflege in Bayern Ausgabe 26

30 Pflege in Bayern 02.2013 Vorschau

Vorschau auf Heft 27Die Ausgabe 03.2013 erscheint am 19. Juli

Hospizarbeit, Abschied- und Trauerbewältigung

Haben auch Sie Vorschläge zu diesen oder anderen Theman, dann schreiben Sie unsgerne per Post an die Redaktion oder per Mail an [email protected].

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Page 31: Pflege in Bayern Ausgabe 26

31Pflege in Bayern 02.2013Vorschau

Page 32: Pflege in Bayern Ausgabe 26

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chiatrie, der sozialpsychiatrischen Dienste, der Altenhilfe-, Suchthilfe-

und Rehabilitationseinrichtungen sowie der Sozialstationen und der

Krankenhäuser profitieren von den praxisnahen, wissenschaftlich

fundierten Veranstaltungen.

Nehmen Sie die Herausforderung an und genießen auch Sie das

einmalige Ambiente in den beiden Tagungshäusern Kloster Irsee

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Bildungswerk des Verbandesder bayerischen Bezirke

Klosterring 4 – 87660 IrseeTelefon: 08341 906-604