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SCOTT HENDERSON 13 Jahre hat der Fusion- Visionär aus Los Angeles gebraucht, um einen Nachfolger für sein 2003 erschienenes Album ‚Well To The Bone‘ aufzunehmen. Das Warten hat sich gelohnt: ,Vibe Station‘ glänzt mit wilden Sounds, verrückten Themen und jeder Menge Spielfreude. Warum es so lange gedauert hat und was er sonst noch in den letzten Jahren getrieben hat, verrät ein gut gelaunter Scott Henderson im folgenden ausführlichen Gespräch. Star Wars Fusion STORY & FOTOS: MARTIN SCHMIDT

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S C O T T H E N D E R S O N

13 Jahre hat der Fusion-Visionär aus Los Angelesgebraucht, um einenNachfolger für sein 2003erschienenes Album‚Well To The Bone‘aufzunehmen. DasWarten hat sichgelohnt: ,Vibe Station‘glänzt mit wildenSounds, verrücktenThemen und jederMenge Spielfreude.Warum es so langegedauert hat undwas er sonst nochin den letztenJahren getriebenhat, verrät ein gutgelaunter ScottHenderson imfolgenden ausführlichenGespräch.

Star Wars Fusion

STORY & FOTOS: MARTIN SCHMIDT

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Obwohl der Mann aus LosAngeles schon die Sechzigüberschritten und einspieltechnisches und har-monisches Niveau erreichthat, das für die meistenGitarristen in weiter Ferneliegen dürfte, ist ein Inter-view mit Scott Hendersonimmer eher wie ein Ge-spräch mit einem interes-santen Kollegen. Star-Allüren oder Selbstüber-schätzung sind ihm völligfremd und seine eigeneArbeit sieht er von jeherkritisch. Immer auf derSuche nach besseren Sounds, interessan-ten Melodien und guten Kompositionen,ist Scott im positiven Sinne besessen vonseiner Arbeit, über die er ehrlich und ohneZurückhaltung von Details spricht.

InterviewScott, warum hast du 13 Jahre ge-braucht, um ein neues Studio-Albuman den Start zu bekommen?Ich habe die meiste Zeit in Disneyland ver-bracht, mit meiner Tochter! (lacht). Ja, ichhabe spät im Leben noch eine Tochter be-kommen, und ich dachte, es ist Zeit füreine Pause, damit ich den wichtigen Sa-chen Aufmerksamkeit schenken kann. Ichhab nicht viel geschrieben, weil ich wäh-rend der entscheidenden Jahre mit ihr Zeitverbringen wollte. Jetzt ist sie etwas älterund unabhängiger und ich kann mich wie-der in meinem Zimmer einschließen undMusik schreiben.Steckt eine Geschichte hinter demTitel ,Vibe Station‘?Nein. Ich dachte nur die Platte ist so ab-wechslungsreich wie ein Radio, bei demdu die Kanäle wechselst.Lass uns genauer über ein paar Songsreden. ,Church Of Xotic Dance‘ hat einsehr exotisch klingendes Thema. In-spiriert dich die Musik nicht-west-licher Kulturen?Definitiv. Die Liste von Musik, die ich miranhöre, die nichts mit der amerikanischenKultur zu tun hat, ist sehr lang. MeineFrau ist klassische Pianistin, also höre ichDebussy und all diese anderen großarti-gen Komponisten. Ich höre auch indischeoder fernöstliche Musik.Wie baust du solche Sachen in deineMusik ein? Lernst du spezielle Melo-dien oder hörst du einfach die Musikund versuchst das Gefühl und dieSounds in deine Musik zu integrieren?Es ist eher eine unbewusste Sache, ichklaue von niemandem Melodien. Du bist

was du hörst. Wenn dunur eine Art Musikhörst, schreibst du auchdiese Art von Musik. Ichversuche, mein Musik-hören so abwechs-lungsreich wie möglichzu gestalten, sodassbeim Schreiben alles ineiner Stimme zu-sammenkommt, diemehr nach mir klingtals nach einem be-stimmten Künstler, denich mir oft anhöre.Du lernst demnachkeine indischen Ska-

len oder Licks?Nein, nicht so viel. Aber ich hab dieseSounds im Kopf und weiß, wann ich indiese Richtung gehe. Kleine Sekundenund Sexten klingen eher ethnisch und na-türlich, während große Sekunden undSexten mehr nach Jazz, Amerika und Eu-ropa klingen. Mit dieser Viertelton-Ge-schichte hab ich mich noch nie beschäf-tigt, aber ich spiele oft „out of tune“. Ichweiß nicht, ob das zählt? (lacht)In Songs wie ,Sphinx‘ oder ,Dew Wut‘kombinierst du straighte Blues-Riffsmit sehr abgefahrenen Gitarren-Sounds und komplexer Harmonik. Ar-beitest du bewusst mit solchen

Kontrasten oder hörst du die Songs sobeim Schreiben?Ich höre das, weil ich von Natur aus einBlues-Player bin. Blues schleicht sich inalles ein, was ich mache, selbst wenn ich esnicht will. Ich höre die Blues-Scale in mei-nem Kopf. Ich bin mit Jimi Hendrix undDeep Purple aufgewachsen und das wirdfür mich immer die wichtigste Musik blei-ben, weil ich damit mein Instrument ge-lernt habe. Egal wie weit du dich in dei-nem Lernprozess von deinen Wurzelnwegbewegst, sie bleiben immer ein Teilvon dir! Und ich denke, das ist eine guteSache, denn man sollte seinen Wurzeln

treu bleiben, die machen uns zu dem, waswir sind!Viele Jazz-Musiker würden nie solchesimplen Riffs in einem Song verwen-den.Ich bin Rock-Musiker!!! (lacht) Ich be-zeichne mich nicht als Jazz-Musiker, ichwürde mich nie darauf reduzieren lassen,eine bestimmte Art von Musiker zu sein.Ich bin einfach Musiker und beeinflusstvon vielen Arten von Musik. Es wäre eineBeleidigung für mich, wenn mich jemandals Jazz-Musiker bezeichnen würde, dasist so ein eingeschränktes Ding, das binnicht ich. Ich hab nichts gegen puren Jazz,er inspiriert mich, aber das ist nicht was ichbin oder jemals sein wollte.Macht es dir Spaß, quasi den Rock-Typen rauszukehren und damit denJazz-Typen zu sagen: nehmt euch nichtso ernst, wenn du einfache Sachenmit komplexen Harmonien kombi-nierst?Ich finde ernst nehmen ist nicht das rich-tige Wort, denn Led Zeppelin haben daswas sie taten auch sehr ernst genommen.Nur weil es Rock ist, heißt das nicht, dasses nicht ernsthaft ist. Led Zeppelin und diemeisten Rock-Musiker legen genauso ihrHerz und ihre Seele in die Musik wie esJazz-Musiker machen. Nur weil Jazz einkomplexeres Vokabular hat, ist er nichtwichtiger als Rock oder Pop oder Country

oder klassische Musik. Auf jedenFall nicht für mich.Mit was hast du den verrück-ten Zerrsound in der Mitte,Sphinx‘-Solos erzeugt?Mit dem Octafuzz von Fulltone.Ein toller Sound, schönes Pedal.In ,Manic Carpet‘ hört man einpaar Sitar-Sounds. Wie hast dudie hinbekommen? Das ist eine Jerry Jones ElectricSitar, mit 20 oder 30 zusätzlichenResonanz-Saiten. Ein sehr schwie-riges Instrument, wenn es umsStimmen geht, aber dann machtes richtig Spaß!

Zwei Songs gehen in die straighteJazz-Richtung. ,Covered Head‘ hat einwildes Thema und geht beim Solo ineinen typischen Swing-Groove. Möch-test du dann manchmal typische Jazz-Lines spielen oder sind die nicht Teildeines Vokabulars?Es gibt viele Straight-Ahead-Lines. Ichhabe Jazz lange studiert und liebe ihn. EinTeil von mir ist ja auch Jazz-Musiker ... Ichkann über Changes spielen, ich will nurnicht darauf festgelegt sein, nur das zumachen. Ich stehe nicht auf diese ganzenBezeichnungen. Mir wäre es lieber, manwürde mich als Musiker sehen, der von

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Die Suhr Strat

Das Recording Setup

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vielen Sachen beeinflusst ist. Ich machedas, was ich mache und ich hoffe, dieLeute haben Spaß beim Zuhören!Im Billy Strayhorn Song ,ChelseaBridge‘ verzichtest du auf Verzerrungund typische Rock-Licks. Findest du,dass diese Art Song anders gespieltwerden muss?Ich dachte es wäre nett, einen Song zuhaben, der kein verrücktes HeadbangingFusion-Stück ist (lacht). Ich mochte dasStück schon immer. Bruce Foreman hat mirseine Sontec-Gitarre dafür geliehen, eineHollowbody wie eine Gibson L5, aber mitSinglecoils, sodass sie nicht wie eine typi-sche Jazz-Archtop klingt. Ich mag diesenHollowbody-Klang, aber er passt nicht zuvielen meiner Ideen, die eher Bläser-artigsind, mit langen Noten. Ich wollte einenSong haben, bei dem ich Straight-Ahead-Jazz spiele und dafür brauchst du einenStraight-Ahead-Ton!Viele deiner Akkord-Begleitungenklingen nach Keyboard. Ist das derSound, den du für deine Akkord-Ar-rangements im Kopf hast?Nun, wir spielen all diese Songs im Triound daher gibt es immer einen Haupt-Partim Song, den du hören würdest, wenn duuns live siehst. Sobald der aufgenommenist, höre ich all diese kleinen Parts, die denSong erweitern könnten. Ich füge gerneTexturen hinzu, die sehr leise im Mix plat-ziert werden und den Song geheimnisvol-ler machen, etwas das ich von Joe Zawinulgelernt habe. Er hatte immer Sachen imMix, die kaum zu hören waren, aber denHörer unterschwellig in ihren Bann gezo-gen haben. Wie bei einem Star-Wars-Film,wo es unmöglich ist, beim ersten Mal alleDetails zu sehen, du musst ihn dir mehr-mals anschauen, um Dinge zu sehen, diedir vorher nicht aufgefallen sind.Erzeugst du Effekt-Sounds mit Peda-len oder mit PlugIns?Beides. Ich habe eine Menge seltsam klin-gender Pedale und manchmal macht das

Pedal schon alleine, was ich brauche.Manchmal nutze ich PlugIns, wie EchoBoy, die Wave-PlugIns oder Enigma.Versuchst du bewusst, dich von typi-schen Gitarren-Akkorden und Rhyth-mus-Patterns fernzuhalten?Ich versuche, das nicht zu technisch zusehen und Sachen nur zu spielen, weil sieabgefahren klingen. Manchmal klingendie einfachsten Sachen am besten. Es istmir egal, ob ein Part simpel oder komplexist. Wichtig ist, dass er zum Song passt.Für mich klingt es selten nach einemzweiten Gitarren-Part, sondern eherwie ein Synth-Pad.Ich versuche, die Texturen gut auszubalan-cieren. Wenn du zu viele Gitarren auf ein-mal hast, klingt es schnell matschig. Wenndir die Haupt-Melodie direkt ins Gesichtspringt, ist es besser im Hintergrund etwasVerwaschenes oder entfernt Klingendeszu spielen, sodass es nicht im Weg ist.Wie habt ihr das Album aufgenom-men? Live im Trio und dann Overdubsfür die Akkord-Flächen?Wir haben zu dritt live eingespielt, da-durch kommt viel Interplay zustande.Dann mach ich zu Hause weiter. Ich versu-che, möglichst viel von den Basic-Tracks zubehalten, aber das klappt nicht immer. Ichbin ziemlich wählerisch bei meinen Soliund wenn ich einen Fehler höre, repariereich den. Ich bin kein First-Take-Typ. Wennmir der Gitarren-Ton nicht gefällt, ich aberdie Ideen mag, lerne ich sie und nehme siemit einem besseren Sound neu auf, weilich sehr akribisch bin was Sound angeht.Ich mache kein Theater, sondern einenKino-Film! (lacht) Theater interessiertmich nicht, wenn ich eine Platte mache.

Viele Jazzmusiker sitzen im Theater fest.Es ist mir egal wie viele Takes ich brauche,ich bin kein Purist. Dafür mache ich Live-Alben und habe einen YouTube-Kanal.Du nimmst also viel zu Hause auf?Ja, ich bekomme in meinem Home-Studioeinen besseren Sound hin, der Raum istentsprechend gedämmt und ich habemeine Mics und Preamps. Ich fühle michwohler, wenn ich zu Hause spiele. Es istwie malen, du bist alleine, hast nicht denDruck, Studiozeit und Geld zu verschwen-den und alles zu einem bestimmten Zeit-punkt hinzubekommen.Hast du eine Isolation-Box oder einenspeziellen Raum in deinem Haus?Ich habe einen Raum ohne Fenster, in demich sehr laut spielen kann, ohne dass je-mand die Polizei ruft – so bis 10 oder 11abends jedenfalls.Machst du auch den Job als Engineerselbst?Ich mache alles, was vor dem Mix passiert.Ich kann schneiden und Gitarren aufneh-men, aber wenn es darum geht Bass undDrums zu EQen, brauche ich einen Engi-neer und glücklicherweise ist unser Drum-mer Alan Hertz einer. Wegen ihm klingtdas Album so gut!Du bist sehr engagiert, was die Kon-trolle über Live-Videos bei YouTubeund Facebook angeht. Warum küm-merst du dich so sehr um Videos vondeinen Auftritten? Vielen Leuten istdas egal und sie sehen das eher alskostenlose Werbung.Ich brauche die Werbung nicht, jederweiß, wer ich bin – diese Art Publicity hilftmir nicht. Für Kids, die Arbeit suchen,macht das Sinn, aber ich habe einen

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Scotts Liveboard mit Xotic RC Booster, Maxon SD 9, Fulltone Octafuzz,Arion Stereo Chorus, Z Vex Fuzz factory und Boss Loop Station

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Agent, der mir Arbeit auf der ganzen Weltbesorgt und ich toure soviel wie ichmöchte. Ich will keine mies klingenden Vi-deos meiner Band sehen und meine Musikauf eine schlechte Art präsentieren. Ichlasse nicht jedes Video sperren, nur dieschlechten und das sind ungefähr 90 %.D.h. du möchtest die Kontrolle darü-ber behalten, wie du im Internet prä-sentiert wirst?Ich finde, jeder Musiker sollte diese Kon-trolle haben. Keiner will, dass jemand eingrässliches Video seiner Band postet.Vor 13 Jahren haben wir schon mal einInterview gemacht. Seitdem hat sichdas Musik-Business komplett verän-dert – durch die neuen Wege, Musiküber das Internet zu verkaufen und zupromoten. Wie findest du die aktuelleMedien-Situation mit Streaming undSocial Media? Ist es eine gute odereher schwierige Zeit für Musiker?Für junge Musiker wird es immer schwie-riger. Konzerte sind die Haupteinnahme-quelle für Musiker, nicht wegen derGagen, sondern auch wegen des Merch-Verkaufs, T-Shirts und CDs. Wenn du keineKonzerte hast, hast du nicht viel. Als Wor-king Musician musst du rausgehen undvor Leuten spielen so viel wie du kannst.Ich sage nicht, dass YouTube keine guteWerbung ist, aber wenn du alles, was dumachst auf YouTube stellst und den Leu-ten zu viel gibst, warum sollte jemandGeld bezahlen, um dich spielen zu sehen?Ein Film-Trailer ist ja auch nur ein kurzerClip, der die Leute dazu bringen soll, Gelddafür zu bezahlen, einen Film zu sehen.Warum sollte man den kompletten Film ineinen Trailer packen, das macht keinenSinn.Hat der direkte Kontakt zu deinenFans über dein Message-Board oderFacebook einen positiven Effekt aufVerkäufe und deine musikalische Kar-riere? Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das dieVerkäufe beeinflusst, aber ich finde, es isteine gute Art sich mit den Fans zu verbin-den. In meiner Jugend hätte ich mir ge-wünscht, dass mir Richie Blackmore einpaar Fragen per eMail beantwortet. Ichdenke, ich habe auch viel Wissen, als Mu-siker und Lehrer. Wenn ich also jemandemmit meinen ganzen Erfahrungen helfenkann, schneller sein Ziel zu erreichen,einen guten Ton hinzubekommen, richtigzu üben oder Geld zu sparen, mache ichdas gerne – und zwar umsonst. Das istmeine Art, der Gitarren-Community etwaszurückzugeben.Über deine Website bietest du auchSkype-Unterricht und Gast-Solos an.

Das kommt nur ab und zu vor. ich gebenur alle paar Wochen eine Skype-Stunde.Ich habe ein paar Schüler, die alle zweioder drei Monate eine Stunde nehmen.Ich habe vielleicht 5000 Dollar damit ver-dient bis jetzt, aber es ist kein wichtigerTeil meines Einkommens. Ich mache es nur,weil es manche Leute wollen und ich nichtzu Hause unterrichte.Denkst du, diese neuen Arten vonMarketing und Verkauf hätten dir amAnfang deiner Karriere auch geholfen,oder bist du froh, dass du noch dieanaloge Welt erlebt hast, mit Vinyl-Alben, Plattenfirmen usw.?Ich bin froh, dass es sich so entwickelt hat,wie es passiert ist. Ich denke, früher hätteich nicht die Zeit und Geduld gehabt, es sozu machen, wie ich es heute tue, so invol-viert in den Verkaufsprozess zu sein. Da-mals war es angenehm, ein Label zuhaben, das sich um alles gekümmert hat,obwohl ich nicht so viel Geld verdienthabe, wie ich hätte verdienen können.Jetzt brauche ich kein Label mehr. ,VibeStation‘ ist nicht bei einem Label erschie-nen und verkauft sich sehr gut, was vorallem an CDbaby liegt. Die kaufen einebestimmte Anzahl an CDs, vertreiben sieauf der ganzen Welt, stellen sie bei Ama-zon und iTunes und den ganzen digitalen

Shops ein. Durch CDbaby und iTunes kannich weltweit verkaufen und habe eine ArtLabel, obwohl es nicht das traditionelleLabel-Modell ist. Aber es funktioniert unddaher will ich mich nicht beschweren.Du managst dich also heute selbst?Na ja, ich habe einen Agenten, der ist soeine Art Manager. Er verdient zwar nichtsan den Plattenverkäufen, aber er be-kommt seine Prozente von den Gigs, dieer bucht und der Hauptanteil meines Ein-kommens kommt vom Touren. Das ist alsodie wichtigste Beziehung in meiner Kar-riere, weil er sagt: Steig in dieses Flugzeugund spiele dort! (lacht)Unterrichtest du noch am GIT in LosAngeles, oder kannst du von den Ver-käufen und Tantiemen deines Back-Katalogs leben?Wenn ich Single wäre, könnte ich wahr-scheinlich nur von meiner Musik leben,aber ich habe eine Familie und die Schulebezahlt meine Krankenversicherung, wassehr hilfreich ist. Von daher bin ich immerMontags und Dienstags da, wenn ich inder Stadt bin.Komponierst du mit der Gitarre oderim Kopf bzw. auf dem Papier?Ich schreibe auf der Gitarre. Ich bin ein Fanvom Schreiben in Echtzeit geworden,Musik passiert ja auch in Echtzeit. Erst

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überlege ich mir, was für eine Art Grooveund Tempo es sein soll – ein Rock- oderFunksong oder eine Ballade. Dann nehmeich einen Drum-Loop auf und jamme aufder Gitarre. Ich nehme alles auf und höremir dann an, was ich gespielt habe. Diebesten Ideen kommen oft beim Improvi-sieren. Dann nehme ich die eine Idee undverbinde sie mit einer anderen, bis ich dieEckpunkte eines Songs habe. Später sucheich die Akkorde dazu, überleg mir: soll dasein Bbmaj7 sein oder ein D7#9 und muss eineEntscheidung treffen, welcher Akkord derrichtige ist. Das ist der härteste Part amKomponieren, weil du den Prozess des Eli-minierens benutzen musst, was nie Spaßmacht. Das frustriert viele Leute bis zumAufgeben, weil sie einen ganzen Tagdamit verbringen, eine Akkordfolge zufinden, die ihnen gefällt. Ich finde, wenndu Beharrlichkeit zeigst und die Dinge eli-minierst, die dir nicht gefallen, kommst dufrüher oder später auf Dinge die dir gefal-len. An einem guten Tag passiert das sehrschnell und ich habe direkten Zugriff aufdie Sachen die ich höre. An einem schlech-ten Tag muss ich raten: „Wie wärs mit demAkkord? Nein? Dieser? Nein!", bis ichschließlich einen finde, den ich mag. Un-begabte Komponisten wie ich müssen dasso machen im Gegensatz zu begabten wieJoe Zawinul, der sich hinsetzt, fünf Minu-ten improvisiert und dann ,Birdland‘ hat.Komponisten wie ich müssen die Geduldhaben, zu warten bis es passiert, selbstwenn es eine Woche dauert.Und wie zeigst du die Songs deinenBand Kollegen?Ich mache ein einfaches Demo, bei demich nicht viel Zeit mit den Drums ver-schwende, weil dem Drummer sowieso so-fort etwas einfällt, was zehnmal besser istals das, was ich programmieren könnte. Esist mehr wie eine Blaupause eines Songs.Ich weiß, dass meinen Musikern Sacheneinfallen, an die ich nicht mal in meinenwildesten Träumen denken würde.Manchmal schreibe ich Bass-Parts, die ge-nauso gespielt werden müssen, damit dieMelodie richtig klingt, aber das versucheich dann damit auszugleichen, dass ichdem Bass an anderen Stellen im SongRaum zum Improvisieren gebe.Wie sieht die technische Seite zurzeitaus? Live spiele ich meine Suhr-E-Gitarre, einStrat-Typ, über ein Suhr SH Model odereinen OD100 Amp. Diese Verstärker sindJon Suhrs Clones eines alten Marshalls. Dieklingen super! Das Album habe ich miteinem 1971er Marshall und einem altenFender Bandmaster eingespielt, die beidevon Jon modifiziert wurden.

Spielst du die Amps eher clean miteinem Pedal für die Verzerrung odersetzt du die Amp-Zerre ein?Es ist kein Clean-Sound, eher crunchy. Ichbin einer dieser Typen, die glauben, dassdu mit einem Pedal und einem völlig clea-nen Amp keinen guten Sound hinbe-kommst. Das Pedal reicht nicht aus, um eswirklich fett klingen zu lassen. Dubrauchst Verzerrung vom Amp und fürden Rest pushst du ihn mit einem Pedal.Das gibt den besten Sound!Und die Akkorde über die wir gespro-chen haben? Nimmst du die direkt aufoder mit einem Amp oder Pedal?Beides. Manche Sounds müssen so cleansein, dass jedes Pedal zu viel wäre. Anderehaben einen Hauch von Verzerrung, dannnehme ich ein Pedal und drehe Gain run-ter. Für diese Holdsworth-artigen Pads mitSweep-Delay gehe ich direkt in den Amp,weil alles klar und offen klingen muss.Hast du ein festes Pedalboard zumAufnehmen oder probierst du Unmen-gen von Effekten aus?Ich würde nie eine Pedalkette im Studiobenutzen. Meistens ist es nur ein Pedal aufeinmal. Ich nehme den Part mit einemPedal auf, hör mir an wie es klingt, dannmache ich eine weitere Spur mit einem an-deren, hör mir die verschiedenen Versio-nen an und entscheide mich, welcherSound am besten ist.Du nimmst dir also viel Zeit, um amTon zu arbeiten?Oh my god! Glaub mir, ich verbringe mehrZeit damit nach Sounds zu suchen alsechte Noten zu spielen. Deswegen dauertes auch so lange! ... Wenn es ganz schlimmkommt, fange ich an den Song zu mixenund denke: Oh Gott, dieser Sound funk-tioniert nicht und muss ihn neu aufneh-men. Aber das passiert nicht sehr oft.Wenn ich mir Zeit nehme, die richtigeWahl zu treffen, werde ich auf fündig undnehme den Sound auf der funktioniert. n

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