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Eine Bestandsaufnahme in Deutschland STAHL UND NACHHALTIGKEIT

STAHL UND NACHHALTIGKEIT · Stahl und Nachhaltigkeit 5 nen, wenn keine erneuerbaren Energien oder sons-tige Minderungstechniken zur Verfügung stehen. Verminderte Abwasserkonzentrationen

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Eine Bestandsaufnahme in Deutschland

STAHL UND NACHHALTIGKEIT

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4 Unser Nachhaltigkeitsansatz

4 Stahl und Nachhaltigkeit

6 Rohstahlerzeugung in Deutschland7 Mitarbeiter und Gesellschaft

9 Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

12 Rohstoff effi zienz und Rohstoff produktivität13 Logistik der Stahlindustrie14 Schrotteinsatz, Im-/Exporte15 Schlackenerzeugung/-nutzung16 Industrieemissionen17 Wassermanagement

18 Energieeffi zienz

19 Spezifi scher Energieeinsatz/Energieeffi zienz20 Ressourceneffi ziente Nutzung der Kuppelgase und

Energieerzeugung22 Stahlindustrie in Deutschland unterstützt

„Initiative Energieeffi zienz-Netzwerke“23 Reduktionsmitteleinsatz

24 Produkte und Wertschöpfung

25 Stahl als Basis der Wertschöpfungsketten in Deutschland26 F& E in Kooperation mit den Wertschöpfungspartnern28 Potenziale zu Ressourcen-, Klima- und Umweltschutz durch neue

Stahlwerkstoff e29 Beitrag der Stahlindustrie zur Nachhaltigkeit in der

Wertschöpfung und in Produkten aus Stahl ‒ Klimaschutz mit Faktor 6

30 Gesamtbeurteilung

November 2015 | 13. Aufl age

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VORWORT

Nachhaltigkeit und nachhaltiges Wirtschaften sind als Leitlinien für unterneh-merisches wie auch gesellschaftliches Handeln anerkannt. Auch in konjunkturell schwierigen Zeiten bleibt die Orientierung an der Nachhaltigkeit Anspruch und Verpfl ichtung für die Stahlindustrie in Deutschland.

Aus diesem Grund veröff entlicht das Stahl-Zentrum in Düsseldorf diesen unter-nehmensübergreifenden Nachhaltigkeitsbericht für die Stahlindustrie in Deutsch-land. Diesem liegt die Überzeugung zu Grunde, dass in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit ‒ Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft ‒ Fortschritte zu erzie-len sind. Der erste Nachhaltigkeitsbericht für die Branche wurde 2001 erstellt, dies ist mittlerweile die dreizehnte Berichterstattung. Mit ausgewählten Indikatoren bzw. Kennzahlen zur Arbeit der Stahlunternehmen in Deutschland möchten wir die nachhaltige Entwicklung der Stahlindustrie aufzeigen.

Die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit und die zukünftige Verbesserung der Kenngrößen werden auch zukünftig im Fokus der Stahlindustrie stehen.

Hans Jürgen Kerkhoff Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl, Vorsitzender Stahlinstitut VDEh

Dr. Peter DahlmannGeschäftsführendes Vorstandsmitglied Stahlinstitut VDEh

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4 Stahl und Nachhaltigkeit

UNSER NACHHALTIGKEITSANSATZ Am Beginn einer solchen Broschüre, die Rechenschaft ablegt über die Erfolge der Stahlindustrie in Deutsch-land beim stetigen Streben nach zunehmendem nachhaltigen Wirtschaften, steht die Festlegung, nach welchem Ansatz die Erfolge bewertet werden. Selbst-redend ist die Balance zwischen den drei Aspekten der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und Gesell-schaft. Daneben ist der Ansatz gleichermaßen histo-risch und integriert:

• Historisch ist die Betrachtung der Entwicklung ein-zelner Parameter auf der Zeitschiene. Ziel ist es, in jedem beleuchteten Zeitraum im Vergleich zur Vorberichterstattung besser zu werden.

• Integriert ist der Ansatz insofern, als dass automa-tisch Zielkonfl ikte unvermeidbar sind. Grundsätz-lich sollte die Entwicklung in einem Bereich einen

Fortschritt in einem anderen Feld nicht behindern. (Beispiel: Weitere Reduzierung von Emissionen sollte nicht zu höherem Energieverbrauch führen).

• Für eine Branche im weltweiten Wettbewerb muss auch die Wettbewerbsfähigkeit und damit Pro-fi tabilität als relevante Größe Berücksichtigung fi nden. Eine angestrebte internationale Vorreiter-rolle beim nachhaltigen Wirtschaften setzt auch eine starke Wettbewerbsposition auf den globalen Märk-ten voraus. Staatliche Regulierung kann auch eine Wettbewerbsposition schwächen und den Unter-nehmen damit Mittel für Investitionen zu neuer Nachhaltigkeit in Produktion und Produkt entziehen.

Im Sinne dieses Ansatzes fi nden Sie am Ende dieser Broschüre eine Gesamtbeurteilung der Position der Stahlindustrie in Deutschland.

STAHL UND NACHHALTIGKEITIn Deutschland werden rund 43 Millionen Tonnen Stahl nach dem neusten Stand der Technik für Pro-duktion und Umwelt unter Einhaltung der weltweit strengsten gesetzlichen Vorschriften hergestellt.

Nachhaltige Entwicklung ist nach der Brundlandt-Kommission1) so zu verstehen, dass sie „die Lebens-qualität der gegenwärtigen Generation sichert und gleichzeitig zukünftigen Generationen die Wahlmög-lichkeit zur Gestaltung ihres Lebens erhält.“ Hierzu muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den drei Säulen der Nachhaltigkeit bestehen2) : Bei ganzheitli-cher Betrachtung sind Wechselwirkungen zwischen Ökologie, Gesellschaft und Ökonomie zu berücksich-tigen. Die volkswirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass gerade eine starke Industrie unverzichtbar für die Erhaltung von

Lebensqualität und gesellschaftlichem Wohlstand ist.

Die ausschließliche Betrachtung von Einzelparame-tern, wie CO2-Emissionen oder Arbeitsplätze, ist in der Gesamtbetrachtung kontraproduktiv. So führt ein höherer Automatisierungsgrad in der Produk-tion zwar zu Erleichterungen für die Arbeitnehmer, hat aber auch Auswirkungen auf Beschäftigung und Qualifi kation. Auch innerhalb eines Nachhaltigkeits-bereichs bestehen enge Zusammenhänge. Bezogen auf den Umgang mit natürlichen Ressourcen führt beispielsweise die Senkung von Staubemissionen in der Luft durch neue und bessere Filteranlagen unwei-gerlich zum Anstieg der Abfallmenge (Staub) sowie zu höheren Energieverbräuchen aufgrund erhöhter Erfassungsmengen und größerer Druckdiff erenzen im Filter. Indirekt bewirkt dies höhere CO2-Emissio-

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5Stahl und Nachhaltigkeit

nen, wenn keine erneuerbaren Energien oder sons-tige Minderungstechniken zur Verfügung stehen. Verminderte Abwasserkonzentrationen sind meist automatisch mit höheren Schlammmengen verbun-den, die dann als Abfall einer Verwertung oder Ent-sorgung zugeführt werden müssen. Auch ist „leich-ter“ nicht immer besser. So können leichtere und damit im Gebrauch energiesparendere Produkte in der Gesamtbilanz doch zu größeren Umwelteinfl üs-sen führen, wenn z. B. deren Erzeugung einen höhe-ren Ressourceneinsatz bedingt. Nachhaltigkeit erfor-dert somit immer ein ganzheitliches Konzept, das die komplexen Parameter und ihre jeweiligen Wechsel-wirkungen berücksichtigt.

Die Stahlindustrie ist sich Ihrer Verantwortung für eine nachhaltige Gesellschaft bewusst. Aufgrund der hohen Material- und Energieintensität ist nach-haltiges Wirtschaften eine zentrale Aufgabe der Stahl unternehmen. Stahlhersteller in Deutschland nehmen dabei im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein. Das Stahlrecycling in Deutschland ist mustergültig. Schon seit jeher, wird Stahlschrott zu neuem Stahl eingeschmolzen.

Nie darf die Frage isoliert nach Umweltschutz, Res-sourceneffi zienz, Arbeitsplätzen „oder“ Investitionen

gestellt werden. Einzeln sind sie nur Teilbereiche des Ganzen. Immer ist deshalb ein integrierender Ansatz zu wählen, der für eine ausgewogene Balance Sorge trägt. Im Einzelfall müssen widersprüchliche Eff ekte gegeneinander abgewogen werden. Bei einer Abwä-gung ist auch immer die Belastbarkeit der Industrie im internationalen Wettbewerb zu berücksichtigen.

Wird ein Stoff nicht verbraucht, sondern am Ende sei-nes Produktlebenszyklus nahezu vollständig zurück-gewonnen, ist dem ein besonderer Stellenwert zuzumessen. Eine funktionierende Kreislauf- und Energiewirtschaft ist eine der wesentlichen Grund-voraussetzungen eines nachhaltigen Umgangs mit natürlichen Ressourcen. Stahl wird dem wie kein anderer Konstruktionswerkstoff gerecht.

Die größten Potentiale zur nachhaltigen Ressourcen-verwendung in unserer Gesellschaft bietet jedoch die Anwendung von Stahl. Mit neuen Stählen und innovativen Stahlanwendungen ermöglicht die Stahl-industrie Innovationen in anderen Branchen und leis-tet damit einen unverzichtbaren Beitrag für Wachs-tum und Wohlstand in Deutschland.

Balance der drei Bereiche der Nachhaltigkeit

„Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge

hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.“

Rat für Nachhaltige Entwicklung

Ökonomie

Ökologie Gesellschaft

Nach-haltig-

keit

1) http://www.un-documents.net/wced-ocf.htm2) http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nachhaltigkeit_1398.htm

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6 Stahl und Nachhaltigkeit

ROHSTAHLERZEUGUNG IN DEUTSCHLAND

Deutschland ist mit einer jährlichen Produktion von knapp 43 Millionen Tonnen Rohstahl (2014) der siebt-größte Stahlhersteller weltweit (hinter China, Japan, USA, Indien, Russland und Südkorea) bzw. der größte in der EU 28 (vor Italien, Frankreich und Spanien). Etwa zwei Drittel des Stahls werden in Deutschland in integrierten Hüttenwerken (Hochofen, Stahl- und Walzwerk) erschmolzen, das verbleibende Drittel wird über die Elektrostahlroute hergestellt.

Quelle: Statistisches Bundesamt, WV Stahl

Rohstahlproduktion und Kapazitätsauslastung

44,8 45,0 44,8

46,4

44,5

47,248,5

45,8

43,8 44,3

42,742,7 42,642,6

32,7

42,942,9

91 92 9294

90

9497

91

66

87 88

84 83

86

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

30

35

40

45

50 | Mio. t

Auslastung (%)

Hamburg

Brandenburg

Hennigsdorf

Peine

Freital

Riesa

Gröditz

Unterwellenborn

Herbertshofen

Kehl

Bous

Völklingen

BochumWittenSiegen

Wetzlar

Lingen

Georgsmarienhütte

Duisburg

Dillingen

Salzgitter

BremenEisenhütten-

stadt

Integriertes Hüttenwerk(Hochofen, Stahl- und Walzwerk)

Elektrostahlwerk

Quelle: WV Stahl

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7Stahl und Nachhaltigkeit

MITARBEITER UND GESELLSCHAFT

Die Unternehmen der Stahlindustrie in Deutsch-land erzielten im Jahr 2014 ein insgesamt sehr gutes Ergebnis beim Arbeitsschutz. Die Unfallhäufi gkeit lag um die Hälfte niedriger als fünfzehn Jahre zuvor. Bis Anfang der achtziger Jahre wurden Verbesserungen beim Arbeitsschutz durch vielfältige technische und organisatorische Veränderungen an den Arbeitsplät-zen möglich. Neue Technologien bei der Stahlerzeu-gung in Verbindung mit einer verstärkten Automa-tisierung der Produktionsanlagen reduzierten die Belastungen bei der Arbeit. Seit Mitte der neunziger Jahre sank die Unfallhäufi gkeit vor allem durch geän-derte Mitarbeiterführung und besondere Qualifi zie-rungsmaßnahmen nochmals deutlich. Die weitere Reduzierung der Unfallhäufi gkeit mit dem Ziel einer unfallfreien Stahlproduktion gehört zu den obersten Prioritäten der Unternehmen.

Der rasche technische und organisatorische Wan-del stellt hohe Anforderungen an die Qualifi kation der Ausbilder und die Qualität der Ausbildung. In

den Unternehmen wird weiterhin über den eigenen Bedarf hinaus ausgebildet. Knapp 4.650 Jugendliche erhalten zurzeit eine qualifi zierte Ausbildung in der Stahlindustrie in Deutschland. Die Ausbildungsquote betrug 5,3 Prozent im Jahr 2014. Das Spektrum der Ausbildungsberufe in der Stahlindustrie in Deutsch-land ist im Vergleich zu anderen Industriezweigen besonders groß.

Der Frauenanteil in der traditionell eher männer-dominierten Stahlindustrie steigt kontinuierlich und liegt mit 8,9 Prozent zurzeit auf einem Höchstwert ‒ und das bei sinkenden Gesamtbelegschaftszah-len. Noch nie waren in den letzten zwanzig Jahren so viele Frauen (7.882) in der Stahlindustrie in Deutsch-land beschäftigt. Im Vergleich zu anderen Technik-branchen in Deutschland ist der Frauenanteil bei den Auszubildenden (2014: 11,1 Prozent) und bei den Ingenieuren (2014: 11,5 Prozent, 2010: 8,9 Prozent) in der Stahlindustrie sehr hoch. Der demografi sche Wandel und die veränderten Einstellungen bei den

Quelle: WV Stahl

Entwicklung der Unfallhäufi gkeit der Stahlindustrie in Deutschland

31,6

23

13,711,8

9,3 9,6 9,3 9,19,1

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006

2008

2010

2012

2014

| meldepflichtige Betriebsunfälle je 1 Mio. geleisteter Arbeitsstunden

0

10

20

30

50

40 38,51

18,9

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8 Stahl und Nachhaltigkeit

weiblichen Arbeitskräften schaff en Perspektiven für eine verstärkte Beschäftigung von Frauen. Der Anteil von gut ausgebildeten und hoch motivierten jungen Frauen auf dem Arbeitsmarkt steigt. Die Unterneh-men setzen im Rahmen des „Employer Brandings“

darüber hinaus immer mehr auf Karrieremöglich-keiten für Frauen und bieten verstärkt betriebliche Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Work-Life-Balance), z. B. durch die Einrichtung von betrieblichen Kindergärten.

Auch aus Sicht der Beschäftigten hat die Stahlindus-trie in den vergangenen Jahrzehnten ein verändertes Gesicht erhalten. Sie präsentiert sich heute als eine wissensintensive High-Tech-Branche und ist Grund-lage der industriellen Wertschöpfungsketten. Ent-wicklungen in der Fertigungstechnik und zunehmend optimierte Fertigungsabläufe haben dazu geführt, dass sich die Menge erzeugten Stahls pro Mitarbeiter seit 1980 mehr als verdreifacht hat. Mit der zuneh-menden Automatisierung hat sich das Arbeitsumfeld deutlich gewandelt. Anspruchsvolle Ingenieuraufga-ben liegen in der Gewährleistung eines sicheren Anla-genbetriebs und hoher Produktivität. Eigeninitiative und Ideen sind mehr denn je gefragt, wenn es gilt, die verschiedenen Verfahren weiterzuentwickeln und Eigenschaften des Werkstoff s zu verbessern. Hinzu kommt, dass sich nicht nur die Produktivität jedes Einzelnen deutlich erhöht hat. Die Werthaltigkeit des Stahls steigt dank verbesserter Technologien. Stahl wird mit jedem Innovationsschritt „intelligenter“. Ein-satzmöglichkeiten und Leistungsfähigkeit des Stahls steigen kontinuierlich. Stahlunternehmen wandeln

Quelle: WV Stahl

Mitarbeiter und Ausbildungsquote in der Stahlindustrie in Deutschland

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

0

20

40

60

80

10092,4 89,792,0 90,6 88,2 88,3 87,0

95,4

5,0 5,1 5,3 5,35,5 5,2 5,0 5,3

Beschäftigte in 1000 Ausbildungsquote in %

Quelle: ArcelorMittal Duisburg

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9Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

sich vom Werkstoff - zum Systemanbieter. Endogene Innovationen aus den Wertschöpfungsnetzwerken heraus sind unverwechselbare Leistungsmerkmale des Stahlstandorts Deutschland.

Die digitale Transformation der Wirtschaft ist auch für die Stahlindustrie eine bedeutsame Heraus-forderung. Das Thema Industrie 4.0 verspricht dra-matische Veränderungen in der automatisierten Fertigung, der Produktionsorganisation und den Prozessen. Die Unternehmen müssen sich rechtzei-tig diesen Herausforderungen stellen. Dabei stehen die Fortentwicklung der Daten- und Kommunikati-onsnetze, die Entwicklung geeigneter Konzepte zur Einführung von Industrie 4.0 und vor allem die Quali-fi zierung der Mitarbeiter im Vordergrund. Mit zuneh-mender Komplexität der Arbeit und wachsender Ver-netzung bzw. Automatisierung von Produktion sowie Verwaltung sind die Stahlunternehmen bestrebt, den Anteil hoch qualifi zierter Mitarbeiter ihrer Belegschaf-

ten zu erhöhen. Die Facharbeiterquote hat nunmehr rund 70 Prozent erreicht. Sie ist damit seit 1988 um 20 Prozent gestiegen. Die Bedeutung qualifi zierter Mitarbeiter für die Zukunftsfähigkeit der Stahlindus-trie in Deutschland im globalen Umfeld wird anhand solcher Zahlen mehr als deutlich. So sind Hinweise auf Fachkräftemangel, fehlenden Ingenieurnach-wuchs und den demografi schen Wandel sehr ernst zu nehmen. Hinzu kommt, dass auch die Arbeit im Rahmen von Industrie 4.0 an alle Beschäftigten deut-lich erhöhte Komplexitäts-, Abstraktions- und Pro-blemlösungsanforderungen stellen wird. Darüber hinaus wird den Arbeitnehmern ein sehr hohes Maß an selbstgesteuertem Handeln, kommunikativen Kompetenzen und Fähigkeiten zur Selbstorganisa-tion abverlangt, so dass die subjektiven Fähigkeiten und Potenziale der Beschäftigten noch stärker gefor-dert sein werden. Das bietet Chancen auf qualitative Anreicherung, interessante Arbeitszusammenhänge und zunehmende Eigenverantwortung.

RESSOURCENEFFIZIENZ UND UMWELTSCHUTZObwohl die Stahlindustrie mit großen Stoff mengen umgeht, sind die aus den Prozessen resultierenden Abfallmengen gering. Dies liegt daran, dass anstelle von Abfällen heute hochwertige Nebenprodukte erzeugt werden, die genau wie das Hauptprodukt einem Qualitätsmanagement unterliegen und ver-marktet werden. Das spart Ressourcen und mindert Umwelteinfl üsse. Nur geringe Mengen an Reststoff en werden nach Möglichkeit im Kreislauf gefahren oder extern verwertet und nur im Ausnahmefall deponiert. So stellen z. B. Schlacken aus der Eisen- und Stahl-industrie ein wichtiges Baumaterial dar, das wert-volle natürliche Ressourcen spart. Mit der Bereitstel-lung von Schlacken zur Verarbeitung als Düngemittel leistet die Stahlindustrie einen wichtigen Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung. Schwe-fel, Eisenoxid oder auch organische Nebenprodukte

sind wichtige Rohstoff e im Chemiebereich. Das in den Prozessen benötigte Wasser wird in Wasserkreisläufen wieder genutzt, so dass nur die geringen, unvermeid-baren Verluste ersetzt werden müssen. Luftreinhal tung wird in der Stahlindustrie ebenfalls groß geschrieben. Nicht zuletzt deshalb ist der Himmel über der Ruhr und in anderen Industrieregionen wieder blau.

Eine nachhaltige Ressourcenpolitik zielt auf den Erhalt der Ressourcen für zukünftige Generationen. Der effi ziente Umgang mit Ressourcen ist eines der Hauptthemen unserer Gesellschaft, nicht zuletzt ver-stärkt seit der Nachhaltigkeitskonferenz Rio+20 im Jahr 2012. Auch hier stellt sich die Stahlindustrie in Deutschland ihrer Verantwortung und nimmt im inter-nationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein, der auch durch weitere Anstrengungen gehalten werden soll.

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10 Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

Die primäre Stahlerzeugung ist ressourceninten-siv. Schon immer wurden deshalb Stahlprodukte am Ende ihrer Nutzung wiederverwertet. Stahl- und Eisenschrott ist der weltweit am meisten recycelte Werkstoff und hilft, jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen an Primärrohstoff en einzusparen. Jedes Stahlwerk hat gleichzeitig die Funktion einer Recycling anlage. Stahlprodukte können nach Ende ihres Lebenszyklus überall wiederverwertet werden und müssen nicht zum Ort der ursprünglichen Her-stellung zurückgeführt werden. Über den Eisen- und Stahlschrottpool geht es erneut in den Stahlkreislauf. Da beim Recycling keine Qualitätsverluste auftre-ten, lässt sich Stahl immer wieder recyceln. Durch so genanntes „Multi-Recycling“ lassen sich bereits bei sechs Recyclingzyklen aus einer Tonne Stahl in der Summe mehr als vier Tonnen Stahlprodukte herstel-len. Dies hat Prof. Finkbeiner, TU Berlin, in einer Stu-die nachgewiesen. Neben der vielfachen Nutzung des Stahls zeigt die Multi-Recyclingstudie, dass paral lel zur Materialeinsparung auch Emissionen von Treibhausgasen und sonstige negative Auswir-kungen auf die Umwelt vermieden werden.

Ressourceneinsparung durch das Recycling ist nur ein Teilaspekt. Das zeigen Ökobilanzen, die neben den Grundstoff en der Stahlherstellung viele weitere Parameter umfassen, also im Gegensatz zu den soge-nannten „Footprint-Ansätzen“ den Umweltbereich ganzheitlich betrachten. Stahlrecycling führt auch zu Emissionsverringerungen, Energieeinsparungen und Umweltentlastungen in vielen anderen Bereichen wie z. B. Wasser oder der Abfallvermeidung.

Ökobilanzstudien helfen auch bei der Bewertung von Verbesserungen von Prozessen und Produk-ten und bieten ein geeignetes Mittel, die optimale Lösung zu fi nden. So lässt sich nachweisen, dass neue Stahlqualitäten wie höherfeste Stähle bei glei-cher Leistung und deutlich verringerter Einsatzmasse die Umwelt zusätzlich entlasten. Gerade höher-feste Stähle beweisen, dass Leichtbau und Stahl kein Widerspruch sind. Auch im Verpackungsbereich zei-gen sich die Möglichkeiten von Stahl zur Verbesse-rung der Ressourceneffi zienz. So sind Lebensmittel- oder Getränkeverpackungen sowie Verpackungen für chemisch-technische Füllgüter heute deutlich leich-ter als noch vor wenigen Jahren ‒ und das bei glei-cher Funktionalität. Alle diese Eigenschaften müssen in der Ökobilanzierung und der Politik berücksichtigt werden.

Quelle: WV Stahl

Schematische Darstellung der unend lichen Stahlkreisläufe

Kurze Lebensdauer

Mittlere Lebensdauer

Lange Lebensdauer

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11Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

Quelle: Prof. Finkbeiner TU Berlin

Materialmanagement in der Stahlindustrie

Betrachtung Multi-Recycling-Ansatz über LZ für GWP

Das Treibhausgaspotential der Stahlerzeugung sinkt mit jedem Lebenszyklus (LZ).

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Hochofen-gas-

reinigung

Konverter-gas-

reinigung

SchlammZwischenlagerDeponieStaub Staub

Zunder ölhaltigerFeinzunder

Sinter

Koks

TeerRohbenzolSchwefel/-säure

HüttensandHüttenschlacke

Roheisen Rohstahl

StoffströmeProduktströmeProdukte

Rohstahlfest

Staub

Kokerei

Stahlwerks-schlacke

HochofenSinteranlage StranggussKonverterStaub

Gießhallenstaub

| kg CO2-Äqv.

0

500

1000

1500

2000

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Reales Treibhausgaspotential: <1 t CO2-Äq. / t Stahl

Selbst bei konservativer Rechnung mit nur 6 Lebenszyklen

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12 Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

ROHSTOFFEFFIZIENZ UND ROHSTOFFPRODUKTIVITÄT

Eine leistungsfähige, wirtschaftliche und damit kon-kurrenzfähige Stahlerzeugung ist nur mit einer nach-haltigen und effi zienten Produktion möglich. Immer schon sind die Stahlproduzenten in Deutschland darum bemüht, die Effi zienz zu steigern und die Erzeugungskosten zu senken. Zahlreiche anlagen- und verfahrenstechnische Entwicklungen haben dazu geführt, dass kontinuierlich der Rohstoff einsatz ver-ringert und der Umweltschutz verbessert wurden.

Ein Beispiel für die stetig gesteigerte Effi zienz ist die Erhöhung der „Eisenausbringung“ bei der Stahl-erzeugung. So wurde der Output von Walzstahl im

Verhältnis zum Eisen-Einsatz seit 1960 um 26 Pro-zentpunkte von 65 Prozent auf über 90 Prozent gesteigert.

Gleichzeitig konnte die Rohstoff produktivität gestei-gert werden, die sich in der gewachsenen Wertschöp-fung je Tonne eingesetzten Rohstoff s zeigt. Dies ist durch kontinuierliche Verbesserung der Qualität und zunehmende Konzentration auf Produkte mit höherer Produktionstiefe erreicht worden (Veredelung). Der Umsatz stieg im Verhältnis zum Rohstoff einsatz um das 2,5-fache.

Quelle: WV Stahl

Eiseneffi zienzindikator (Walzstahl)

1960

1970

1980

1990

2000

2006

2005

2004

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

60

65

70

75

80

85

90

95

100 | in %

Eiseneffi zienz = Walzstahl (einschl. Halbzeug zum Versand) / Eisenträger Schrott und Eisenerz (in t Fe)

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13Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

LOGISTIK DER STAHLINDUSTRIE

Die Produktion von Stahl ist sehr transportintensiv und setzt eine leistungsfähige und kosteneffi ziente Logistikkette voraus. Die Stahlindustrie in Deutsch-land setzt hierbei gezielt auf ökologisch vorteilhafte Verkehrsträger: 2014 wurden 80 Prozent der Trans-portmengen der Stahlindustrie mit Bahn oder Bin-nenschiff befördert. Dies ist nur möglich, weil die Stahlunternehmen mit großem Aufwand komplexe eigene Werksbahnnetze und leistungsfähige Werks-häfen unterhalten.

Quelle: WV Stahl

Quelle: WV Stahl

Anteile der Verkehrsträger am Transportvolumen

Rohstoff produktivität bei der Stahlerzeugung in Deutschland

Rohstoffproduktivität = Umsatz / Eisenträger in t; Eisenerz in t Fe

1960

1970

1980

1990

2000

2006

2005

2004

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

0

100

200

300

400

500 | in %

Umsatz pro t Eisenträger (Index)Umsatz (Index)Verwendung Eisenträger Erz + Schrott (Index)

Bahn: 51 %

Binnenschiff: 29 %

LKW: 20 %

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14 Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

SCHROTTEINSATZ, IM-/EXPORTE

Die Stahlindustrie sorgt bereits aus Kostengründen dafür, Rohstoff e effi zient einzusetzen. Vergleicht man etwa die aktuelle Situation mit der vor zwanzig Jah-ren, so braucht sie heute 10 Millionen Tonnen weni-ger Einsatzstoff e, und das bei gestiegener Produktion. Einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung leistet das Recycling von Stahlschrott. In Deutsch-land wird knapp die Hälfte des Stahls aus Schrott hergestellt. Durch das Recycling von ca. 20 Millionen Tonnen Stahlschrott in Deutschland (das sind ca. 8 Eiff eltürme pro Tag) werden z. B. der Abbau von 1,5 Millionen Tonnen Eisenerz und 0,65 Millionen Tonnen Kohle eingespart.

Allerdings stößt diese Rohstoff quelle an Grenzen. Die effi zienten Sammelsysteme und optimierte Auf-bereitungstechniken in der EU bieten kaum Steige-rungspotential. So führt der hohe Materialwert von Schrott dazu, dass bereits heute nahezu jede Tonne gesammelten Materials in den Kreislauf zurückfl ießt. Zudem wird der wachsende Abfl uss von Stahlschrott über den Exportmarkt zunehmend zu einem Problem. Forderungen der Politik nach einer weiteren Steige-rung des Recyclinganteils sind somit kaum realisier-bar. Stattdessen sollte alles dafür getan werden, um umweltpolitische Vorgaben so auszugestalten, dass keine Einbußen bei der stoffl ichen Verwertung in Deutschland und der EU entstehen.

Quelle: WV Stahl

Ressourcenschonung durch Schrotteinsatz

1983

1985

1987

1989

1991

1993

1995

1997

1999

2001

2003

2005

2007

2009

2011

2013

2014

30

32

34

36

38

40

42

44

46

48 | in %

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15Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

SCHLACKENERZEUGUNG/-NUTZUNG

Seit den 50er Jahren wurden in Deutschland etwa 1 Milliarde Tonnen Eisenhüttenschlacke erzeugt und verwertet. Aufgehäuft wäre das ein Berg ‒ fast doppelt so hoch wie der Eiff elturm. Die verschiedenen Arten der Eisenhüttenschlacken stellen hochwertige Produkte dar, die vor dem Hintergrund guter technischer und öko-logischer Eignung, basierend auf einer umfangreichen regelmäßigen Qualitätssicherung, eingesetzt werden. Forschung und Entwicklung werden stetig vorange-trieben. Schlackequalitäten werden gezielt eingestellt, z. B. durch die Auswahl der Einsatzstoff e und die Pro-zessführung, mittels Behandlung im fl üssigen Zustand oder gezielte Wärmebehandlung/Abkühlung. Konse-quenterweise wurden die verschiedenen Schlackenar-ten im Rahmen der REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) registriert. Alle Untersuchungen bestätigen, dass bei sachgemäßer Verwendung von Schlacke in den ent-sprechenden Anwendungsgebieten keine negativen Einfl üsse auf Umwelt und Menschen zu erwarten sind.

Die verschiedenen Schlackenarten weisen ähnliche bautechnische Kennwerte auf wie natürliche Gesteine. In den vergangenen Jahren wurden in Deutschland im Durchschnitt jeweils etwa 13 bis 14 Millionen Ton-nen Eisenhüttenschlacken hergestellt. Davon waren

2014 rund 7,8 Millionen Tonnen Hochofenschlacke und 5,5 Millionen Tonnen Stahlwerksschlacke.

85 Prozent der erzeugten Hochofenschlacke wer-den nach Granulation als Hüttensand in der Zement-herstellung eingesetzt. Rund 11 Prozent werden als Mineralstoff gemische z. B. im Straßenbau verwendet.

Über 60 Prozent der Stahlwerksschlacke werden übli-cherweise als Baustoff e im Straßen- bzw. Wegebau sowie im straßenbegleitenden Erd- und Wasserbau verwendet. Zwischen 10 und 20 Prozent der erzeugten Schlacken werden typischerweise als Kalk- und Eisen-träger in den metallurgischen Kreislauf zurückgeführt. 8 Prozent wurden 2014 als Kalkdüngemittel vermarktet.

Wenn auch morgen noch in Standorte in Deutschland investiert werden soll, benötigt die Industrie geeig-nete Rahmenbedingungen. Seit jeher hat die Stahl-industrie große Anstrengungen unternommen, ihre Nebenprodukte möglichst vollständig zu nutzen. Die derzeitigen Entwicklungen bei Abfallrahmenrichtlinie, Kreislaufwirtschaftsgesetz und Ersatzbaustoff verord-nung führen aber in die falsche Richtung und drohen etablierte Verwendungsmöglichkeiten bei gleichzei-tig fehlenden Deponiekapazitäten zu zerstören.

Quelle: FEhS, Stahlinstitut VDEh

Verwendung von Hochofenschlacke, 2014

Verwendung von Stahlwerksschlacke, 2014

Hüttensand: 85 %

Mineralstoffgemische: 11 %

Eigenverbrauch: 2 %

Lieferkörnungen: < 1 %

Hüttensand für Sonstiges: 2 %

Baustoffe: 64 %

Deponie: 14 %

Düngemittel: 8 %

Kreislaufstoffe: 14 %

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16 Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

INDUSTRIEEMISSIONEN

Die Bedingungen für die Genehmigung und den Betrieb der verschiedenen Produktionsanlagen der Stahlindustrie in Deutschland sind durch das Bun-desimmissionsschutzgesetz mit seinen Verordnungen und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft), vorgegeben. Hierdurch wird ein nach dem Stand der Technik bestmöglicher Schutz der Umwelt gewährleistet. Hierauf aufbauend wurden in Deutschland erhebliche Verbesserungen der Umwelt-situation und vor allem auch der Luftqualität erreicht.

Die Stahlindustrie in Deutschland ist hieran maßgeb-lich beteiligt. Zum Beispiel hat sie ihre Staubemissio-nen kontinuierlich gemindert und seit 1980 um 92 Prozent gesenkt. Durch weitere geplante Moder-nisierungen der Anlagen und den Einsatz noch eff ek-tiverer Filtertechnologien sind zukünftig weitere Emissionsminderungen zu erwarten.

Einen wesentlichen Einfl uss auf europaweite Maß-nahmen zur Emissionsminderung der Stahlindustrie hat die europäische Richtlinie über Industrieemissio-

nen, die seit Mai 2013 in das deutsche Recht umgesetzt ist. Sie ver-langt in einem inte-grierten Ansatz zur Berücksichtigung aller Umwelteinfl üsse, dass der Stand der Tech-nik in einem regelmä-ßigen europaweiten Informationsaus-tausch unter Beteili-gung von Behörden und Industrie fortge-schrieben wird. Für die Stahlindustrie ist dieser Stand der Tech-nik im BVT-Merkblatt (Beste Verfügbare Techniken) zur Eisen- und Stahlher-stellung niedergeschrieben, das im März 2012 veröf-fentlicht wurde. Die Vorgaben werden in Deutschland bereits überwiegend eingehalten.

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Spezifi sche Staubemissionen der Stahlindustrie in Deutschland

BVT-Merkblatt zur Eisen- und Stahlher-stellung

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0 | in kg/t Rohstahl

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17Ressourceneffi zienz und Umweltschutz

WASSERMANAGEMENT

Große Bedeutung hinsichtlich Ressourcenschonung ist auch dem nahezu geschlossenen Wasserkreis-lauf in der Stahlproduktion beizumessen. Denn für den Fertigungsprozess werden in den verschiede-nen Herstellungsstufen vor allem zur Kühlung große Mengen Wasser unterschiedlicher Qualität benötigt. Der Wasserbedarf der Unternehmen wird dabei nur zu 5,5 Prozent über Frischwasser gedeckt (2,7 Prozent Abwasserableitung / 2,8 Prozent Dampfverluste). Der Rest (94,5 Prozent) wird im geschlossenen System bis zu 40-mal entsprechend seinem jeweiligen Verwen-dungszweck aufbereitet. Auch wenn der Wasserver-brauch keinen Umweltqualitätsindikator darstellt, sondern nur Indiz für die Wasserverfügbarkeit ist, wurde dennoch der spezifi sche Wassereinsatz bei der Stahlerzeugung in Deutschland durch Kreislauff üh-rung und Kaskadennutzung seit 1983 um 75 Prozent gesenkt.

Ergänzend zu der Schonung der Wasserressourcen, der sicheren Abwasserbeseitigung und der Mini-mierung der Abwassermengen kommt dem sorgfäl-tigen Umgang mit wassergefährdenden Stoff en in den Anlagen große Bedeutung zu. Neben beträchtli-chen Aufwendungen für Schutzvorkehrungen an den Anlagen wie z. B. Auff angräumen oder doppelwan-digen Anlagenteilen spielt auch die Intensive Schu-lung aller Mitarbeiter, die mit wassergefährdenden Stoff en umgehen, eine zentrale Rolle. Die Erhaltungs-betriebe der Stahlunternehmen in Deutschland sind in der Regel Fachbetriebe gemäß § 62 des Wasser-haushaltsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoff en und über Fachbetriebe. Darüber hinaus sind sämtliche größeren Stahlproduzenten Mitglieder der Überwachungsgemeinschaft der Metallanlagenbe-treiber (Ü-Met), die von der Stahlindustrie und dem Stahlinstitut VDEh gegründet wurde.

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Spezifi scher Wassereinsatz bei der Stahlerzeugung in Deutschland

1983

1987

1991

1995

1998

2001

2004

2007

2010

2014

| in m3 / t Rohstahl

0

5

10

15

20

25

30

35

40

35,47

30,58

27,06

22,96

14,1412,04

10,60 10,40 10,108,27

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18 Energieeffi zienz

ENERGIEEFFIZIENZIn der Stahlindustrie in Deutschland spielt die klassi-sche Hochofenroute mit der Erzeugung von Roheisen eine wichtige Rolle. Es ist das wichtigste Zwischen-produkt für die Erzeugung von rund 2500 Stahlquali-täten, bedingt aber einen hohen Kohlenstoff einsatz, vor allem zur Reduktion von Eisenerz. Die Hochtem-peraturprozesse sowie die nachgeschaltete Warm-formgebung, Veredelung und die Stahlweiterverar-beitung erfordern zusätzliche Energie.

Der anlagentechnische Strukturwandel, technologi-sche Innovationen in der Verfahrenstechnik sowie Energiepreise und -verfügbarkeiten haben den Ener-gieverbrauch und die Einsatzstruktur stark beein-fl usst. Hiermit verbunden waren die energetische Weiterentwicklung der Prozesse und die Verbesse-

rung der Energieverbundwirtschaft zur effi zienten Nutzung der Kuppelenergieträger Hochofen-, Koks-ofen- und Konvertergas sowie Prozessdampf und -wärme aus Abhitze. Durch Nutzung dieser Kuppel-energiearten kann der Bedarf an gasförmigen Brenn-stoff en der einzelnen Produktionsstufen in einem integrierten Hüttenwerk sogar fast komplett abge-deckt werden. Die Kuppelgase werden in Winderhit-zern, Koks- und Walzwerksöfen sowie für die Strom-erzeugung verwendet. Zusätzlich wird Abwärme aus Prozessanlagen zur Dampf- und Heißwasser-erzeugung genutzt. Damit werden in einem energie-effi zienten integrierten Hüttenwerk die Mengen von Strom und Erdgas, die zugekauft werden müssen, soweit verringert, dass im Prinzip nahezu eine autarke Stromerzeugung und Brenngasnutzung möglich ist.

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Beispiel einer Energieverbundwirtschaft in der Stahlindustrie

Energie mehrfach genutzt: So schonen Stahlunterneh-men das Klima. Das Schema zeigt, wofür die Kuppelgase aus Koks-, Roheisen- und Rohstahlerzeugung verwen-det werden.

Kokerei

Sinteranlage

Hochofen

Winderhitzer

Konverter Walzwerke

Warmöfen

Kraftwerk

Kokereigas

HochofengasKonvertergas

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19

10

15

20

25

30

24,38

20,56

bezogen auf Stahlfertigerzeugnisse*

bezogen auf Rohstahlerzeugung

| Gigajoule/Tonne

ΔPEV** spez. = -4,88 GJ/t FSt(-20 %)

19,5

17,56ΔPEV** spez. = -3 GJ/t RSt (-14,5 %)

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Energieeffi zienz

SPEZIFISCHER ENERGIEEINSATZ

Der spezifi sche Primärenergieverbrauch bei der Rohstahlerzeugung ist in den letzten 20 Jahren um 15 Prozent von 20,56 Gigajoule pro Tonne im Jahr 1990 auf 17,56 t Gigajoule pro Tonne Rohstahl im Jahr 2014 gesunken. Dabei sind die nachfolgenden Fertigungsschritte noch nicht berücksichtigt. Bei Ein-beziehung von warmgewalzten Stahlfertigerzeug-nissen, nahtlosen Stahlrohren und Schmiedefertiger-zeugnissen muss neben dem Reduktionsmittel- und Energieeinsatz für die Rohstahlerzeugung auch die Effi zienzsteigerung für den Bereich der Weiterver-arbeitung berücksichtigt werden. In Bezug auf die Stahlfertigprodukte verringerte sich der spezifi sche Primärenergieverbrauch somit um rund 20 Prozent von 24,38 Gigajoule pro Tonne im Jahr 1990 auf 19,5 Gigajoule pro Tonne Stahl im Jahr 2014.

Hieraus ergibt sich eine Verminderung der spezifi -schen CO2-Emissionen der Stahlindustrie bezogen auf die Rohstahlerzeugung gegenüber 1990 um 16,5 Prozent von 1,594 t CO2 / t Rohstahl auf 1,332 t CO2 / t

Rohstahl in 2014. Die spezifi schen CO2-Emissionen bei den Stahlfertigprodukten verringern sich folg-lich um rund 22 Prozent von 1,891 t CO2 / t im Jahr 1990 auf 1,479 t CO2 / t Stahl im Jahr 2014.

Erfolge wurden nicht nur auf der integrierten Route mit Hochofen- und Oxygenstahlwerk, sondern auch auf der Elektrostahlroute erzielt. Beispiele für die Wei-terentwicklung sind die Einführung des Pfannen-ofens, durch den der Lichtbogenofen die installierte Leistung voll für das Schrotteinschmelzen nutzen kann und von metallurgischen Aufgaben entlastet wird, des Gleichstromofens und das Bodenrühren. Die technischen Änderungen führten in den letzten 40 Jahren zur Senkung des Energie- und Elektroden-verbrauchs um 45 Prozent bzw. 83 Prozent. Die Tap-to-tap-Zeit (Zeit zwischen zwei Abstichen) wurde im gleichen Zeitraum um über 80 Prozent verkürzt, was deutlich höhere Produktionszahlen mit einhergehen-der Ressourceneinsparung ermöglicht.

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Spezifi scher Primärenergieverbrauch

* Stahlfertigerzeugnisse = warmgewalzte Lang-, Flach-erzeugnisse, nahtlose Stahlrohre und Schmiedefertigerzeugnisse

** PEV = Primärenergieverbrauch

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20 Energieeffi zienz

RESSOURCENEFFIZIENTE NUTZUNG DER KUPPELGASE UND ENERGIE ERZEUGUNG

In der Energie- und Stoff wirtschaft integrierter Hüt-tenwerke spielen die sogenannten Kuppelgase (Koks-ofen-, Hochofen- und Konvertergas) eine herausra-gende Rolle. Werden diese als Brennstoff e in Öfen verwendet, verringern sie die Erdgasmengen, die zugekauft werden müssen. Werden sie in Gaskraft-werken verstromt, verringert der selbstproduzierte Strom den Bedarf an Fremdstrom. Der Eigenstroman-teil ist in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen. Bei gleichzeitiger Erzeugung von Sekun-därdampf kann zusätzlich Energie eingespart werden.

Die Stromerzeugung aus Kuppelgasen stellt praktisch eine CO2-neutrale Form der Stromerzeugung dar, da die Emissionen auch anfi elen, wenn die Kuppelgase ungenutzt nach Abfackelung in die Atmosphäre ent-lassen würden. Da die energetische Nutzung dieser Gase den Einsatz von Primärbrennstoff en spart, leis-tet sie einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Durch die Eigenstromerzeugung aus Kuppelgasen werden ca. 6 Millionen Tonnen CO2 im Jahr einge-spart im Vergleich zum Strombezug aus dem öff ent-lichen Netz.

Durch kontinuierliche Optimierung der Prozess- und Erdgaswirtschaft konnte von 1990 bis 2014 insge-samt eine spezifi sche Einsparung von 1,645 Gigajoule pro Tonne Rohstahl und damit für diesen Zeitraum eine spezifi sche Minderung von 23,2 Prozent erreicht werden. Die Einsatzstruktur der Brenngase, beispiels-weise für 2014 mit 50,1 Prozent Hochofengas (ein-schließlich Konvertergas), 18,6 Prozent Koksofengas und 31,3 Prozent Erdgas, macht die große Bedeutung der Prozessgasnutzung in der Stahlindustrie deut-lich. Entsprechend haben sich auch die Anteile der Eigenstromerzeugung und des Fremdstrombezugs am Gesamtstromverbrauch der Stahlindustrie verän-dert. 2014 lag der Eigenstromanteil bei rund 44 Pro-zent und der Anteil des zugekauften Fremdstroms bei knapp 56 Prozent. Aufgrund der in den letzten Jahren gestiegenen Kuppelgasverfügbarkeit wurde immer mehr Eigenstrom erzeugt. Dementsprechend nahm der Eigenstromanteil am Gesamtstromverbrauch der Stahlindustrie zu.

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21Energieeffi zienz

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Quelle: Stahlinstitut VDEh

Spezifi scher Brenngasverbrauch der Stahlindustrie

Anteile von Eigenstromerzeugung und Fremdstrombezug am Gesamt-stromverbrauch

100

80

60

40

20

0

| in %

32,7 %11,448 TWh

6,596 TWh

13,568 TWh 13,769 TWh

Eigenstrom: Kuppelenergieverstromung in Verbundkraftwerken, Hochofengas-Entspannungsturbinen, Abhitzedampfnutzung von Kühlsystemen zur Stromerzeugung

Fremdstrom: Bezüge aus dem öffentlichen Netz

44,5 %

1991

1993

1995

1997

1999

2001

2003

2005

2007

2009 20

1120

1320

14

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

| GJ / t RSt

0

2

4

6

8

10

Erdgas Sonst. Gas Koksofengas Hochofengas Konvertergas

50,1 %

18,6 %

31,3 %37,7 %

22,7 %

36,9 %

Einsparung = 1,645 Gigajoule / t Rohstahlerzeugung (-23,2 %)

7,089

4,280

2,671

5,444

1,706

2,718

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22 Energieeffi zienz

STAHLINDUSTRIE IN DEUTSCHLAND UNTER-STÜTZT „INITIATIVE ENERGIEEFFIZIENZ-NETZWERKE“

Die Stahlindustrie in Deutschland ist sich ihrer Ver-antwortung für Ressourcenschonung und Umwelt-schutz bewusst und hat daher im Dezember 2014, zusammen mit weiteren Branchen- und Spitzenver-bänden, eine „Vereinbarung über die Einführung von Energieeffi zienz-Netzwerken“ zwischen der Industrie und der Bundesregierung unterzeichnet. Gesamtziel ist es, 500 neue Energieeffi zienz-Netzwerke zu initi-ieren. Die Stahlindustrie in Deutschland unterstützt die Netzwerkinitiative indem sie eigene Netzwerke gründet oder sich an bereits bestehenden Netzwer-ken beteiligt.

Auf einer Internetplattform www.effi zienz-mit-stahl.de informieren Wirtschaftsvereinigung Stahl und Stahl institut VDEh über die Netzwerktätigkeiten ihrer Mitglieder und einzelne Effi zienz-Projekte in Produkt und Prozess.

Page 23: STAHL UND NACHHALTIGKEIT · Stahl und Nachhaltigkeit 5 nen, wenn keine erneuerbaren Energien oder sons-tige Minderungstechniken zur Verfügung stehen. Verminderte Abwasserkonzentrationen

23Energieeffi zienz

REDUKTIONSMITTELEINSATZ

Der Betrieb eines Hochofens erfordert den Einsatz von Reduktionsmitteln. Die Absenkung der Redukti-onsmittelverbräuche erfolgt immer aus wirtschaftli-chen und umwelttechnischen Gründen, mit dem Ziel, die Roheisenkosten zu senken und die Konkurrenz-fähigkeit zu verbessern sowie die Emissionen zu ver-mindern.

Das Bild zeigt die Entwicklung des durchschnittli-chen Reduktionsmittelverbrauches der Hochöfen

Deutschlands, die zu der Absenkung von 900 bis 1000 kg/t Roheisen in den 60er Jahren auf heute nur noch 505 kg beigetragen haben. Dabei ist deut-lich zu erkennen, dass die Kurve für die letzten Jahre asymptotisch verläuft und keine Verringerungen im Gesamtreduktionsmittelverbrauch ausweist. Mit 505 kg/t Roheisen ist das verfahrenstechnische Mini-mum unter den gegebenen Rohstoff bedingungen erreicht. Dies ist im internationalen Vergleich ein Spitzenwert.

Quelle: VDEh Hochofenausschuss

Durchschnittlicher Reduktionsmittelverbrauch der Hochöfen in der Bundes-republik Deutschland 2014

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

2014

| kg / t RE

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

Koks Öl Kohle Ab 1991 inkl. den neuen Bundesländern

334,2

12,6

158,2

505,0

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24 Produkte und Wertschöpfung

PRODUKTE UND WERTSCHÖPFUNGDas Produzierende Gewerbe in Deutschland hat mit über einer halben Billion Euro Wertschöpfung auch im internationalen Vergleich ein starkes Gewicht. Die Stahlindustrie spielt hier eine wichtige Rolle in der deutschen Wirtschaft. Dabei charakterisieren die Anteile der Stahlindustrie am gesamtwirtschaftlichen Produktionswert (1,2 Prozent) oder an der Beschäfti-gung im Verarbeitenden Gewerbe (0,3 Prozent) die Bedeutung der Branche nur unzu reichend, weil sie den Verbund mit den vor- und nachgelagerten Pro-duktionsstufen ausblenden.

Die Stahlbranche hat als Basisindustrie eine beson-dere Bedeutung für das Produzierende Gewerbe in Deutschland. Die zahlreichen Innovationen die-ses Wirtschaftszweiges und seine enge Verfl echtung mit anderen Industriebranchen tragen zum Beispiel zu den Erfolgen der Automobilindustrie oder des Maschinen- und Anlagenbaus bei. Innovative Stähle sind ebenso unverzichtbar für die deutsche Wirt-schaft wie die Einbindung von Stahlherstellern in exportorientierte Industriecluster.

Quelle: Oxford Economics

Wertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes in Europa 2014

Deutsc

hland

Italie

n

Frank

reich

Groß-

britan

nien

Span

ienPo

len

Deutsc

hland

Italie

n

Frank

reich

Groß-

britan

nien

Span

ienPo

len

| in Mrd. Euro | in Mrd. Euro

0

100

200

300

400

500

600

0

2

4

6

8

10

12

10,6

7,1

4,43,9

1,91,3

568

220 210171

126

70

EU: 1,9 Bill. Euro EU: 40,6 Mrd. Euro

Wertschöpfung der Stahlindustrie in Europa 2014

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25Produkte und Wertschöpfung

STAHL ALS BASIS DER WERTSCHÖPFUNGS-KETTEN IN DEUTSCHLAND

Für nahezu alle Schlüsselindustrien in Deutschland ist Stahl der wichtigste Basiswerkstoff . In der Automobil-industrie liegt der Stahlanteil an den Vorleistungen bei 12 Prozent, im Maschinenbau bei 20 Prozent und der mittelständisch geprägten Stahl- und Metall-verarbeitung sogar bei knapp 60 Prozent. Die stahl-intensiven Branchen stehen insgesamt für knapp 4 Millionen Beschäftigte und damit für mehr als die Hälfte der Industriearbeitsplätze in Deutschland. Die Stahlindustrie hat eine hohe lokale Wertschöpfung und wirkt daher als wirtschaftlicher Multiplika-tor für Beschäftigung und Einkommen bei Zuliefe-rern und Dienstleistern in Deutschland. Sie hat die höchste wirtschaftliche Hebelwirkung aller Branchen

in Deutschland1) ‒ auf einen zusätzlichen € Nachfrage nach Produkten der Stahlindustrie kommen weitere 3,1 € Nachfrage in nachgelagerten Bereichen (2007 waren es noch 2,7 €). Der Beschäftigungsmultiplikator liegt mit 6,5 sogar noch deutlich darüber. Die Stahl-industrie in Deutschland ist eng in die Wertschöp-fungsketten der zentralen Industrien in Deutschland eingebunden. Durch die Zusammenarbeit in System-partnerschaften und die Versorgung der Lieferketten auf einem hohen Servicelevel trägt die Stahlindustrie zur Stabilität dieser Wertschöpfungsketten bei.

1) strategy& RWI

Quelle: RWI, Stat. Bundesamt, eigene Berechnungen

Umsatz der größten Industriebranchen in Deutschland 2014

Die Industrie in Deutschland ist stahlintensiv.

Automobilindustrie

Maschinenbau

Ernährungsgewerbe

Elektrotechnik

Chemische Industrie

Bauhauptgewerbe

Stahl- & Metallverarbeitung

Verarbeitendes Gewerbe insgesamt (einschl. Bau)

368

220

150

154

137

97

97

1741

stahlintensiv nicht stahlintensiv

12 %

20 %

8 %

10 %

59 %

1 %

1 %

Stahlanteil an Vorleistungen

| Mrd. Euro

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26 Produkte und Wertschöpfung

F & E IN KOOPERATION MIT DEN WERT-SCHÖPFUNGSPARTNERN

Stahl ist das „Grundnahrungsmittel“ der Industrie. Forschung, Entwicklung und Innovation sind für die Stahlindustrie wichtige strategische Bausteine zum Erhalt und Ausbau der internationalen Wettbewerbs-fähigkeit. Dies gilt sowohl auf der Prozess- als auch auf der Produkt- bzw. Anwendungsseite. Ohne inno-vative Stähle sind Innovationen in anderen Branchen nicht möglich.

Hier sind gerade die Stahlunternehmen in Deutsch-land sehr erfolgreich und in vielen Bereichen inter-nationale Technologieführer. Kooperationen spie-len in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle: Sowohl mit wissenschaftlichen Institutionen als auch mit der Zuliefererindustrie und den Kun-den verfügt die Stahlindustrie über ein einzigar-tiges Netzwerk. Auf wissenschaftlicher Ebene sind hier insbesondere die forschungsstarken Einrichtun-gen der Universitäten/Hochschulen, der Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft sowie der Helmholtz-Gemeinschaft hervorzuheben. Im Stahl-Zentrum wird darüber hinaus die Gemeinschaftsforschung für die Branche koordiniert sowie die Werkstoff -Grundlagen-forschung im Max-Planck-Institut für Eisenforschung und die anwendungsnahe Prozessentwicklung im VDEh-Betriebsforschungsinstitut vorangetrieben.

Eine Schlüsselrolle spielt die Zusammenarbeit mit den Kundenbranchen, die die Forschungsabteilungen der Unternehmen frühzeitig in ihre Entwicklungsprozesse einbinden. Die intensive und etablierte Kooperation zwischen Grundlagenforschung, Werkstoff herstellung und Stahlverarbeitung ist ein entscheidender Erfolgs-faktor der hohen Innovationskraft in Deutschland.

Als Systemlieferanten haben sich die Stahlunterneh-men optimal in den verschiedenen Wertschöpfungs-ketten strategisch ausgerichtet. So fi nden sich in Deutschland globale Player und europäische Cham-pions sowie nationale Spitzenreiter und leistungs-fähige Mittelständler, die mit qualitativ hochwerti-gen Spezial- und Edelstählen ihre Nische gefunden haben: Nichtrostende und legierte Stähle haben in Deutschland einen höheren Stellenwert (über 50 Prozent der Gesamtproduktion) als im internatio-nalen Vergleich (ca. 30 Prozent). In Europa werden rund 2.500 genormte Stähle hergestellt. Jedes Jahr werden ca. 150 Stähle in ihren Eigenschaften ver-bessert und neu entwickelt. Stahl ist als weltweit wichtigster Konstruktionswerkstoff in seiner Ent-wicklung noch lange nicht ausgereizt. Neue Lösun-gen ergeben sich dabei auch durch die Forderungen nach „Multi-Material-Design“, z. B. um neue Funktio-nen oder Leichtbauanforderungen zu erfüllen. Auch die Patent aktivtäten rund um den Werkstoff Stahl untermauern die hohe Forschungs- und Anwen-dungsintensität. Die neue Innovationsdynamik zeigt sich unter anderem an den Anmeldungen von Paten-ten in der Stahlindus trie beim deutschen, europä-ischen und Weltpatentamt. Im Jahr 2014 wurden rund 4.300 für Deutschland relevante Patente veröf-fentlicht, verglichen mit knapp 2.000 zu Beginn der neunziger Jahre. Zudem hat sich seit 2010 das jährli-che Wachstum der Patent anmeldungen von durch-schnittlich drei auf mittlerweile sechs Prozent ver-doppelt. Die Komplexität der Patente nimmt stetig zu, d. h. Patente werden immer häufi ger für mehrere Fertigungs- oder sogar Wertschöpfungsstufen ange-meldet.

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27Produkte und Wertschöpfung

Quelle: Strategy&, Deutsches Patentamt (DPMA), Europäisches Patentamt (EPO), Weltpatentamt (WIPO)IPC Klassen: B21B, C21B, C21C, C21D, C22B, C22C (simaltan zu Strategy& Studio aus dem Jahr 2011)

Quelle: Strategy &

Das Forschungsnetzwerk „Stahl“ in Deutschland

Anteil jährlicher Patentneuanmeldungen zur Stahlherstellung

1990

1994

1998

2002

2006

2010

2014

| Patente

0

1000

2000

3000

4000

5000

17932062

2299

32273393 3345

4295

3 %

6 %

38 Institute an Universitäten

Stahlforschung, Stahlverarbeitung und Stahlanwendung

Forschung im Bereich Stahlverarbeitung und Stahlanwendung

Forschung im Bereich Stahlanwendung

Stahlbezogene Forschung

28 Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

FhI Frauenhofer-Institute

HI Helmholtz-Institut

MPI Max-Planck-Institute

FhI

FhI

FhI

FhI

FhI

FhI

HI

HIHI

HI

HI

FhIFhI

FhI

Rostock

Hamburg

HannoverMagdeburg

Halle-Wittenberg

Jena

Chemnitz

Freiberg

FhIFhI

Dresden

Ilmenau

Weimar

Braunschweig

GöttingenKassel

MPI

MPI

DüsseldorfDortmund

BochumDuisburg-Essen

Aachen Siegen

FhI Darmstadt

Kaiserslautern

KarlsruheStuttgart

UlmAugsburg

Erlangen

Bayreuth

MünchenFhI Freiburg

Saarbrücken

Paderborn

Münster

Clausthal-Zellerfeld

FhI Bremen

BerlinPotsdam

Cottbus

HI

MPI

MPI HI HI KölnJülich

HI

MPI

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28 Produkte und Wertschöpfung

POTENTIALE ZU RESSOURCEN-, KLIMA- UND UMWELTSCHUTZ DURCH NEUE STAHL-WERKSTOFFE

Den größten Beitrag zu einer nachhaltigen Entwick-lung leistet die Stahlindustrie durch die perma-nente Verbesserung der Eigenschaften des Werk-stoff s Stahl. Treiber sind dabei auch die Kunden, die mit ihren individuellen Lösungsansätzen immer neue Werkstoff e fordern. Durch Anwendung der besten verfügbaren Technik entstehen z. B. neue hochfeste Stähle für den Leichtbau in der Automobilindustrie, höchsteffi ziente Elektrobleche für Transformatoren oder neue Stähle für 700 °C-Kraftwerke.

Produktwertmaximierungen führen z. B. zu neuen Walztechnologien, die geringere Materialstärken ermöglichen, zu Verbundwerkstoff en oder neuen Beschichtungssystemen. Neue Werkstoff e und Techno-logien senken den Stahl- und damit auch den Ressour-cenbedarf genauso wie Energieverbrauch und CO2-Ausstoß. Mit der stetig voranschreitenden Entwicklung von immer umweltfreundlicheren Produkten für den Endanwender trägt Stahl dazu bei, Energie zu sparen.

Beim Karosseriebau kommt es nicht nur auf leichte Werkstoff e an, hinzu kommen Anforderungen an die passive Sicherheit, an das Vibrationsverhalten, an das Korrosionsverhalten und an Konstruktions- und Verbindungsmöglichkeiten. In modernen Fahrzeu-gen werden hierzu höherfeste Stähle eingesetzt, aus denen leichtere Bauteile aufgrund reduzierter Blech-dicke gefertigt werden können, die dennoch hervor-ragende Crashsicherheit bei Unfällen bieten.

Stahl in der Energieerzeugung schont Ressourcen, denn hochwarmfeste Stähle ermöglichen Wirkungs-grade von Kraftwerken, die früher undenkbar waren. Für elektrische Systeme wurden Stähle entwickelt, die die Effi zienz steigern und Verluste bei Umwand-lung und Weiterleitung minimieren. Ob Wind, Wasser oder Solar, keine erneuerbare Energie kann auf Stahl verzichten. So bestehen in modernen Windenergie-anlagen Turm, Maschinenhaus und Getriebe überwie-gend aus Stahl.

Im Baubereich ermöglicht der Einsatz von höherfes-ten Stählen schlanke und leichte Profi le und Bau-elemente mit hoher Tragfähigkeit, die darüber hinaus aufgrund ihrer Demontierbarkeit wieder verwendet werden können. Dies bedeutet weniger Ressourcen- und Energieverbrauch und weniger Emissionen bei Herstellung und Transport. Gewichtseinsparungen bei Gebäuden aus Stahl erlauben einfachere Funda-mente.

Quelle: Siemens AG

Quelle: Volkswagen AG

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29Produkte und Wertschöpfung

BEITRAG DER STAHLINDUSTRIE ZUR NACH-HALTIGKEIT IN DER WERTSCHÖPFUNG UND IN PRODUKTEN AUS STAHL ‒ KLIMASCHUTZ MIT FAKTOR 6

Wenn Metalle aus Erz oder Schrott erschmolzen wer-den, entstehen immer Emissionen. The Boston Con-sulting Group hat anhand von acht innovativen Stahl-anwendungen zusammen mit dem Stahlinstitut VDEh untersucht, wie viel CO2 bei der Erzeugung der hierfür benötigten Stahlmengen entsteht. Umgelegt auf den gesamten Lebenszyklus der jeweiligen Stahlanwen-dungen, werden bei der Produktion des Stahls für diese acht Produkte rund 12 Millionen Tonnen CO2 im Jahr freigesetzt. Die aus dem Einsatz dieser Stähle

gewonnenen Einsparungen belaufen sich dagegen auf 74 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020. Die Bilanz der Beispiele zeigt: Im Durchschnitt spart der inno-vative Stahleinsatz sechsmal so viel CO2 ein, wie bei der dafür erforderlichen Stahlproduktion verursacht wird.

Im Einzelfall kann der Faktor deutlich höher liegen. So werden durch die Erneuerung fossiler Kraftwerke 29,5 Millionen Tonnen CO2 vermieden, während bei

Quelle: BCG, Stahl-Zentrum

Innovative Stähle sparen sechsmal so viel CO2 ein, wie ihre Produktion verursacht

Effizienz foss. Kraftwerke

Windkraftwerke

Kraft-Wärme-Kopplung

Gewichtsreduktion PKW

Weitere regen. Energien

Effizientere Trafos

Effiziente E-Motoren

Gewichtsreduktion LKW

29,5

14,2

11,2

9,2

5,0

2,1

1,9

1,0

0,1

0,4

8,4

1,0

0,03

0,1

0,7

0,9

| Mio. t CO2 / Jahr

Emissionen ~ 12 Mio. t Faktor 6

Einsparpotenzial ~ 74 Mio. t

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30 Gesamtbeurteilung

der Erzeugung des für den Bau erforderlichen Stahls jährlich weniger als 100.000 Tonnen CO2 anfallen. Das Verhältnis beträgt dort ca. 400 zu 1. Die Erklä-rung: Neue hochwarmfeste Stahlsorten in Kesseln, Dampfl eitungen und Turbinen ermöglichen deutlich höhere Dampftemperaturen und -drücke, wodurch die Wirkungsgrade dieser Kraftwerke enorm wachsen. Durch den Bau von Windenergieanlagen, bei denen Turm, Gondel und Getriebe zum größten Teil aus Stahl bestehen, entstehen jährliche Emissionen von unter 0,4 Millionen Tonnen CO2. Ihnen stehen jedoch Einsparungen von 14,2 Millionen Tonnen gegenüber, so dass hier das Verhältnis zwischen Belastung und Einsparung bei 1 zu 32 liegt. Insgesamt wird die bei der gesamten Stahlerzeugung in Deutschland jährlich emittierte Menge von 67 Millionen Tonnen CO2 allein

durch die anhand der acht Beispiele ermittelten CO2-Einsparung von 74 Millionen Tonnen mehr als kompensiert.

Klimaschutz ist nicht ohne Stahl möglich. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass bei den untersuchten Fallbeispielen rund 80 Prozent der Reduktionspoten-tiale nur durch die Verwendung von Stahl zu realisie-ren sind. Zu der von der Politik genannten Reduk-tion von 220 Millionen Tonnen CO2 bis zum Jahr 2020 kann der Werkstoff Stahl somit einen Beitrag in Höhe von 74 Millionen Tonnen leisten. Eine leistungsfähige Stahlindustrie ist demnach auch aus klimapolitischer Sicht notwendig. Denn ohne moderne Stähle und innovative Stahlanwendungen lassen sich die ambi-tionierten klimapolitischen Ziele nicht erreichen.

GESAMTBEURTEILUNGStahl ist ein unverzichtbarer Werkstoff bzw. ein Grundnahrungsmittel für die Industrie. Keine andere Industriebranche ist so eng in die Wertschöpfungs-ketten eingebunden. Die Stahlindustrie ist zum einen ein Motor für lokale Beschäftigung und Wertschöp-fung in vorgelagerten Branchen, etwa im Bereich Handel und Transport. Zum anderen ist die Stahlin-dustrie Basiswerkstoff für die wichtigsten Schlüsselin-dustrien in Deutschland und damit Teil eines Clusters, der für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entscheidend ist. Eine starke, lokale Stahlindustrie trägt zur Robustheit einer Viel-zahl der Wertschöpfungsketten am Standort bei und ist auch in Zukunft ein Schlüssel für die Leistungsfä-higkeit der Industrie.

In der nachhaltigen Entwicklung der Stahlindustrie wurden in den vergangenen Jahren ‒ was im ureige-nen Interesse einer energieintensiven Branche liegt ‒ Potenziale zur Effi zienzsteigerung weiter ausge-schöpft und gewaltige Erfolge erzielt. Denn der ver-antwortungsvolle Umgang mit begrenzten Ressour-cen über den gesamten Lebenszyklus ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung. Im Mittelpunkt

stehen Energie- und Materialeffi zienz. Effi zienz bedeutet hierbei eine fortlaufende Steigerung des Output-lnput-Verhältnisses beim Einsatz der für die Herstellungsprozesse erforderlichen materiellen Res-sourcen. Die Stahlindustrie in Deutschland operiert inzwischen nahe am physikalisch-technisch mach-baren Optimum und ist damit weltweit führend. Ihre Bemühungen, letzte verbleibende Effi zienzspielräume zu nutzen, verfolgt die Branche weiter. Schließlich dient die Minimierung des Ressourceneinsatzes nicht nur dem Umweltschutz, sondern auch einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

Nachhaltigkeitspotenziale erschließen sich, wenn man den kompletten Lebenszyklus betrachtet: Stahl ist der einzige Industriewerkstoff , der beliebig oft recycelt werden kann ‒ ohne Abstriche bei den ihn auszeichnenden Eigenschaften. Das wird in Ökobi-lanzen bisher noch unzureichend berücksichtigt. Der ökologische Fußabdruck von Stahl verringert sich mit jedem neuen Kreislauf. Die Emissionen fallen lang-fristig im Vergleich zur Primärproduktion zwischen 35 und 75 Prozent geringer aus. Stahlschrott ist ein hochwertiger Rohstoff und belastet keine Deponien.

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31Gesamtbeurteilung

Das Konzept der Nachhaltigkeit ist untrennbar mit einer Analyse der Stoff kreisläufe und Lebenszyklen der Produkte verbunden. Stahl hat dabei herausgeho-bene Eigenschaften.

Die Stahlindustrie präsentiert sich heute als eine wis-sensintensive Hightech-Branche mit bemerkenswer-ter Innovationskraft. Sie ist Grundlage der industri-ellen Wertschöpfungsketten und eine der starken Säulen der deutschen Wirtschaft. Erst die Stahlin-dustrie ermöglicht Innovationen in Branchen wie der Automobilindustrie oder dem Energieanlagen-bau und leistet damit einen unverzichtbaren Beitrag für Wachstum und Wohlstand in Deutschland. Denn ohne den Werkstoff Stahl sind Umwelt- und Klima-schutz nicht zu bewältigen. In interdisziplinären Netz-werken aus Forschung, Produktion und Anwendung werden Innovationspotenziale gehoben. Die gemein-sam entwickelten innovativen Stahlwerkstoff e und die anschließende erfolgreiche Vermarktung von Pro-dukten, Technologien und Verfahren befl ügeln den technischen Fortschritt. Mit modernen Prozesstech-niken werden hoch- und höher-feste Leichtbaustähle gefertigt, die in Kombination mit neuen Verarbei-tungstechnologien Gewicht einsparen. Diese Stähle zeichnen sich durch hervorragende mechanische, technologische und physikalische Eigenschaften aus und kosten deutlich weniger als andere Werkstoff e.

Hochqualifi ziertes Personal ist der Schlüssel für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Mit großen Anstrengungen und innovativen Ideen ist es der

Stahlindustrie gelungen, hochqualifi ziertes Personal zu rekrutieren und bisher Fachkräftemangel abseh-bar zu vermeiden. Die Stahlproduktion von heute ist global organisiert, hochtechnologisiert und umwelt-verträglich. Sie übersteht ‒ das hat die Finanz- und Wirtschaftskrise gezeigt ‒ auch konjunkturelle und ökonomische Krisen. Für die Sicherung dieses Wohl-stands ist der intensive Wissensaustausch zwischen Forschung, Produktion und Anwendung ebenso erfolgsentscheidend wie das enge Zusammenspiel entlang der komplexen Wertschöpfungsketten. Die Stahlindustrie bündelt seit Langem ihre Kräfte in stra-tegischen Kooperationen. Der Forschungs- und Inno-vationsstandort Deutschland besitzt alle Vorausset-zungen, um auch in Zukunft international Maßstäbe zu setzen. In Systempartnerschaften mit Lieferanten, wissenschaftlichen Instituten und mit den Kunden nutzen die Kooperationspartner gemeinsames Wis-sen sowie unterschiedliche Kompetenzen und bauen ihr Know-how stetig weiter aus. Die Bundesrepublik verfügt über ein einzigartiges Netzwerk im Bereich der Stahlforschung und -entwicklung. Dabei spielen Hochschulen und Universitäten eine ebenso wichtige Rolle wie Institute.

Das wirtschaftliche Handeln der Stahlindustrie sichert nachhaltiges Wachstum und hat Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf die Umwelt. Der Verantwor-tung hierfür ist sich die Branche bewusst. Sie ist über-zeugt, dass Ökonomie, Soziales und Ökologie eine Einheit bilden. Nachhaltiges Wirtschaften ist eine Ver-pfl ichtung für die Zukunft.

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STAHLINSTITUT VDEh WIRTSCHAFTSVEREINIGUNG STAHL

POSTFACH 1051 45 40042 DÜSSELDORFSOHNSTRASSE 65 40237 DÜSSELDORF TELEFON: 0211 6707-0 FAX: 0211 [email protected]