MUNDANO mag
MUNDANO mag SP
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BRASILIANISCHES MAGAZIN AUF DEUTSCH
KINO
MUSIK
POLITIIK
MASSAGE
INTERNET
UND BRASILIEN
WIR
SIND C
HARLIE
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Wir wollen eine freie und friedliche Welt für alle
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Text: Marcelo Bicalho
MUNDANO Mundano = Weltlich
Weltlich des Wortes, die erste Bedeutung wird in deinem Geist geschaffen?
Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie man dieses Wort interpretiert, werden wir es erklären, und in der
Tat, beginnen wir diese Erklärung aus der Bibel - mit einem anderen Konzept in einer anderen Zeit. Die
anachronistischen Sinne, die Weltlich in der Bibel offenbart:
1. Johannes 2, 15-17 .. "Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt, wenn jemand die Welt liebt, ist die
Liebe des Vaters nicht in ihm für alles, was in der Welt, die Begierde des Fleisches, die Begierde die
Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt und die Welt vergeht mit
ihrer Lust davon .:, sondern die den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit. "Deshalb: Weltlich für ältere
und die Bibel, bezieht sich auf diejenigen, die in der Welt leben, außer seinem Glauben, Spiritualität und
Tugend. Ein weltlicher Mensch würde nie in der Lage sein, allein für die Kirche und die Religion zu leben.
Auch heute noch hören wir einige Leute sagen "so und so ist Weltlich". Wir sind materialistische
Menschen und für keiner Religion gemacht? FALSCH!
Weltlich ist auch ein Wort, das in der folgenden Weise interpretiert werden könnte:
- Erfahrene Person mit Kenntnisen über die Welt.
- Jemand, der das Wissen über die Welt hat.
- Jemand, der mehr über jedes Thema wissen will.
- Wer keine Angst hat, Risiken einzugehen.
Das Wort Weltlich zeigt eine positive Seite an uns alle, das sind Teil dieser Gruppe von Menschen, die
keine Angst haben zu lernen, zu suchen, neue Erfahrungen zu sammeln, und Risiken einzugehen.
Das Mundano Mag erwartet Sie, unsere Leser, Sie sind so weltlich wie wir, und wir hoffen, dass Sie in
diesem Abenteuer etwas Neues lernen, finden, Erfahrungen und Wissen sammeln können: Lesen Sie,
was wir zu informieren haben.
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MUNDANO
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Cover: Dvyio
MUNDANO
Chefredakteur
Anderson Leal
Aufsicht
Caroline Nogueira
Mitarbeiter dieser Ausgabe
Marcelo Bicalho
Marcia Valentim
Markus Triltsch
Special Ausgabe
Online und kostenlos
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MUNDANO 03 MUSIK 10 TECNOBREGA KINO 12 HERZ AUS STAHL RELAX 14 INTEGRATIVE MASSAGE INTERNET 16 INTERNET OF EVERTHING SEI MUNDANO 22 SCHÖNE BRASILIANISCHE PLÄTZE POLITIK 30 BRASILIENS AUFSTIEG
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FÜR VORSCHLÄGE, FRAGEN UND KRITISCH, KONTAKTIEREN
SIE UNS: [email protected]
ZUSAMMENFASSUNG
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MUNDANO mag
Musikgruppe Gang do Eletro
Stellte sich die Frage: Wer schreibt dieTheorie der Open Source Economy ? Der Ökonomie
des Teilens und Kopierens. Die Theorie eines offenen und zukunftsfähigen Umgangs mit den
Wissensallmenden.
Wer immer das tun wird, sollte diebrasilianischen tecnobrega Musiker nach ihren Erfahrungen fragen. Von der kreativen Nutzung schon vorhandener Musik ( remix ) und dem Verzicht auf ein starkes Urheberrecht leben die Musiker in Belém, im brasilianischen Bundesstaat Pará, seit ein paar Jahren besser als anderswo. Auf fairsharing.de finden sich ein paar Zahlen: “In Belem ist tecnobrega mit einem Verdienst von 5 Millionen Dollar inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsfak-tor”.
Wer den Originalton des brasilianischen Soziologen Hermano Vianna bevorzugt: Viannas Punkt
ist ähnlich dem von Courtney Love (die freie Downloads im Internet begrüßt): der Umbruch kam,
als sich die Musiker mit den sogenannten “Raubkopierern”, dh. den Straßenhändlern verbünde-
ten und auf deren Vertriebswege statt auf die der Rechteverwerter der klassischen Musikindustrie
setzten. Die Straßenhändler sind näher am Kunden (an den Massen) als die ProduzentInnen der
in Brasilien sündhaft teuren CDs, die in Läden verkauft werden, die ein Großteil der KundInnen
der Straßenhändler ohnehin nie betritt. Die tecnobrega Musiker haben die Mittelsmänner der “old
economy” rausgeschmissen. Sie haben das Nadelöhr zwischen Produzenten und Konsumenten
umschifft und sich eine bequemere und erfolgreichere Transmissionsplattform gesucht. Jetzt
müßte der Staat nur noch so klug sein, dass ganze so zu flankieren, dass auch für das
Steuersäckel was rausspringt. Kreative Vorschläge dazu gibt es durchaus.
Text: Silke Helfrich
Tecnobrega: eine brasilianische
Erfolgsgeschichte MU
SIK
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Besuchen Sie das ,
wo sind Sie
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KIN
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© 2000-2014 Sony Pictures Releasing GmbH
HERZ AUS STAHL
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April, 1945. Während die Alliierten ihren letzten und entscheiden-den Vorstoß in den Kriegsschauplatz von Europa wagen, kommandi-ert ein kampferprobter Army Sergeant namens Wardaddy (Brad Pitt) einen Sherman Panzer und dessen fünfköpfige Besatzung auf einer tödlichen Mission hinter den Feindeslinien. Zahlen- und waf-fenmäßig weit unterlegen, müssen sich Wardaddy und seine Männer gegen überwältigend große Widerstände behaupten, während sie versuchen, mitten im Herzen von Nazi-Deutschland zuzuschlagen.
HERZ AUS STAHL
Unter der Regie von David Ayer („Sabotage“), der auch das Drehbuch schrieb und den Film produzierte, spielen Brad Pitt („Inglourious Basterds“), Shia LaBeouf („Transformers“), Lo-gan Lerman („Noah“), Jon Bern-thal („The Wolf of Wall Street“) und Michael Peña („American Hustle“) die Hauptrollen in die-sem aufsehenerregenden, ebenso spannenden wie emo-tionsgeladenen Action-Drama.
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INTEGRATIVE MASSAGE
Foto: Yoel
Text: Marcia Valentim
REL
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Der menschliche Körper ist nicht nur eine Sammlung von Teilen. Es gibt einen Standard, eine Bestellung,
ich würde sogar sagen, ein "Gesetz". Und dieses Muster, die Art, wie die Teile zusammen passen und
zusammen arbeiten, bilden eine mobile Struktur, die wenn es nicht gut organisiert ist,elementarer Faktor
für körperliche Beschwerden ist.
Die integrative Massage organisiert diese Körper-Muster, Förderung von Wohlbefinden und Beseitigung
von körperlichen Beschwerden. Ausbalanciert den Körper in die Schwerkraft, ermöglichen den Betrieb in
höheren Grad an Effizienz, Flüssigkeit und Plastizität. Der alle Kräfte auf den menschlichen Körper sind die
mächtigsten, die schwersten und auch die Konstantesten. Ein falsch ausgerichteter Körper ihr gegenüber
zeigt Spannungen, verminderte Vitalität Chroniken, biologische und emotionale Störung.
Die körpereigene Integration passiert trägt zur Entwicklung der Selbsterkenntnis des Volkes in dem Maße,
des Kontaktes, erforscht und fördert größeres Potenziale der einzelnen. Richtet und integriert den
Körper, löst Spannungen und chronischen Muskelschmerzen. Entspannt und befreit die Bewegung der
Gelenke, die mehr Platz für das gesamte Skelett brauchen. Verbessert die Durchblutung und Atmung,
entwässert den Körper, erhöht das Körperbewusstsein und bringt größere Vitalität .
Gefunden und verstanden, was ist ein Meister des Lebens. Mit diesem Meister gelernt, dass zwischen
Geist-Körper-Seele- keine Trennung vorhanden ist, das dass ganze Leben mit Harmonie und
Gleichgewicht verbunden ist. Durch Meditationstechniken kann man eine innere Disziplin erwerben.
Lernen den Körper zu berühren, Selbsterkenntnis ist unerlässlich, und wir müssen die blockirten
Muskeln abzubauen, so dass der Körper ohne Einmischung des Geistes meditieren kann, um uns der
Außenwelt zu stellen. Wir werden nie erfahren, wir schauen ohne Spiegel und, wer nicht weiss, wird nie
wissen, wie andere bedingunslose Liebe sehen. Nun lassen Sie uns wissen, schauen Sie einanden durch
den Geistigenmüll und danach, haben wir eine immense Verwirrung und Hass um uns herum.
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Text: Susanne Klaar
Foto: Dvyio
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Ob in Bussen und Bahnen, an Bahnhöfen oder Flughäfen – nahezu jede zweite Person starrt mi-
nutenlang konzentriert, den Kopf verkrampft nach unten geneigt, auf den kleinen Bildschirm des
eigenen Smartphones. Zugegeben, niemand würde sich das Gerät in Augenhöhe vor die Nase
halten. Was hat das nun mit dem Thema Reduktion zu tun? Ganz einfach. Unsere visuelle Umge-
bung schrumpft. Der Raum für Gestaltung wird kleiner. Nicht nur unsere Körperhaltung passt sich
dieser Miniaturisierung an, auch unsere Lernkultur. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung? >
KOMMUNIKATIONSKOMPETENZEN ALS BNE-
HERAUSFORDERUNG: WIE DAS „INTERNET OF
EVERYTHING“ NACHHALTIG UNSERE LEBENS-
GRUNDLAGEN VERÄNDERN WIRD
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Digital Natives integrieren technische Möglichkeiten wie sel-bstverständlich in ihren Lebensalltag und damit Lernall-tag. Hierbei geht es um eine Veränderung der Lernkultur.
Schule von Athen: Nachhaltige Lektionen über ein ausgeglichenes Leben – ganz ohne Smartphone. Die Schule von Athen ( ital . La scuola di Atene) ist ein Fresko des Malers Raffael , das dieser von 1510 bis 1511 in der Stanza della Segnatu-ra des Vatikans (ursprünglich der Saal für die Unterschriftsleistung in den Privaträumen des Papstes) für Papst Julius II . anfertigte. Das Bild ist Teil eines Zyklus, der neben der „Schule von Athen“, den „Parnass“, die „Disputatio“ (Erläuterung des Altarssakraments) und die „Kardinal- und die göttlichen Tugenden und das Gesetz“ dars-tellt. Der Titel des Bilds verweist auf die herausragen-de philosophische Denkschule desantiken Griechenlands , verkör-pert von ihren Vorläufern, Hauptvertretern und Nachfolgern. Im Zentrum stehen die PhilosophenPlaton und Aristoteles . Das Fresko verherrlicht im Sinne derRenaissance das antike Denken als Urs-prung der europäischen Kultur, ihrer Philosophie
Lernprozesse werden conve-nient
Der Sekundentakt, in dem Texte, Bilder und
Videos im Internet verbreitet werden, nimmt
rasant zu. Die Absender und das Publikum
agiert lokal, die Auswirkungen sind glo-
bal. Viel Content auf kleinstem Raum.Es ist
interessant zu beobachten, dass mit
wachsenden Datenmengen die Monitore
der Empfangs- und Lesegeräte immer klei-
ner werden. Demnach müssen Informatio-
nen so aufbereitet und gestaltet sein, dass
sie auf kleinsten Displays zu erfassen
sind. Webseiten zum Beispiel müssen
„responsiv“, also an die jeweiligen Eigens-
chaften der Endgeräte angepasst sein. Das
betrifft den Funktionsumfang und die Ges-
taltung. Diese Entwicklung hat jedoch nur
bedingt mit kleineren Displays, einer ver-
besserten Programmierung, schnellerer
Hardware oder funktionalerer Software zu
tun. Ausschlaggebend ist der Mensch und
sein Verhalten. So rastlos unser Alltag vo-
ranschreitet und so „convenient“ alle Le-
benslagen für uns sein müssen, so schnell
wollen wir auch die vorhandenen Kommu-
nikationskanäle mit Inhalten füllen und uns
darüber austauschen. Ein Naturgesetz, das
für Privatpersonen und Unternehmen glei-
chermaßen gilt.
IDiese veränderte Lernkultur macht sich
durch folgende Kriterien bemerkbar:
Vernetztes Lernen, sowohl im Tages-
geschäft, im Haus als auch ex-
tern. Räumliche und zeitliche Grenzen
verschwimmen.
Kollaborative Tools gehören zum Ler-
nalltag, vom Chat bis hin zum E-
Learning.
Suchen statt merken. Die Informations-
dichte ist viel zu hoch, um sich alles zu mer-
ken.
Probieren statt studieren. Hemmungen
gegenüber neuen Möglichkeiten sind gering.
Soziale Netzwerke haben einen hohen
Vertrauensbonus
Sammeln von Lösungskomponenten,
anstatt das Rad neu zu erfinden
schnelle, spontane und
persönliche Kommunikation statt
langer Meetings
Multitasking und Kommu-
nikation auf mehreren
Kanälen parallel Hoher Vertrauensvorschuss durch schnelles Agieren im Netz >
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Digital Natives integrieren technische Möglichkeiten wie sel-bstverständlich in ihren Lebensalltag und damit Lernall-tag. Hierbei geht es um eine Veränderung der Lernkultur.
Schule von Athen: Nachhaltige Lektionen über ein ausgeglichenes Leben – ganz ohne Smartphone. Die Schule von Athen ( ital . La scuola di Atene) ist ein Fresko des Malers Raffael , das dieser von 1510 bis 1511 in der Stanza della Segnatu-ra des Vatikans (ursprünglich der Saal für die Unterschriftsleistung in den Privaträumen des Papstes) für Papst Julius II . anfertigte. Das Bild ist Teil eines Zyklus, der neben der „Schule von Athen“, den „Parnass“, die „Disputatio“ (Erläuterung des Altarssakraments) und die „Kardinal- und die göttlichen Tugenden und das Gesetz“ dars-tellt. Der Titel des Bilds verweist auf die herausragen-de philosophische Denkschule desantiken Griechenlands , verkör-pert von ihren Vorläufern, Hauptvertretern und Nachfolgern. Im Zentrum stehen die PhilosophenPlaton und Aristoteles . Das Fresko verherrlicht im Sinne derRenaissance das antike Denken als Urs-prung der europäischen Kultur, ihrer Philosophie
Lernprozesse werden conve-nient
Der Sekundentakt, in dem Texte, Bilder und
Videos im Internet verbreitet werden, nimmt
rasant zu. Die Absender und das Publikum
agiert lokal, die Auswirkungen sind glo-
bal. Viel Content auf kleinstem Raum.Es ist
interessant zu beobachten, dass mit
wachsenden Datenmengen die Monitore
der Empfangs- und Lesegeräte immer klei-
ner werden. Demnach müssen Informatio-
nen so aufbereitet und gestaltet sein, dass
sie auf kleinsten Displays zu erfassen
sind. Webseiten zum Beispiel müssen
„responsiv“, also an die jeweiligen Eigens-
chaften der Endgeräte angepasst sein. Das
betrifft den Funktionsumfang und die Ges-
taltung. Diese Entwicklung hat jedoch nur
bedingt mit kleineren Displays, einer ver-
besserten Programmierung, schnellerer
Hardware oder funktionalerer Software zu
tun. Ausschlaggebend ist der Mensch und
sein Verhalten. So rastlos unser Alltag vo-
ranschreitet und so „convenient“ alle Le-
benslagen für uns sein müssen, so schnell
wollen wir auch die vorhandenen Kommu-
nikationskanäle mit Inhalten füllen und uns
darüber austauschen. Ein Naturgesetz, das
für Privatpersonen und Unternehmen glei-
chermaßen gilt.
IDiese veränderte Lernkultur macht sich
durch folgende Kriterien bemerkbar:
Vernetztes Lernen, sowohl im Tages-
geschäft, im Haus als auch ex-
tern. Räumliche und zeitliche Grenzen
verschwimmen.
Kollaborative Tools gehören zum Ler-
nalltag, vom Chat bis hin zum E-
Learning.
Suchen statt merken. Die Informations-
dichte ist viel zu hoch, um sich alles zu mer-
ken.
Probieren statt studieren. Hemmungen
gegenüber neuen Möglichkeiten sind gering.
Soziale Netzwerke haben einen hohen
Vertrauensbonus
Sammeln von Lösungskomponenten,
anstatt das Rad neu zu erfinden
schnelle, spontane und
persönliche Kommunikation statt
langer Meetings
Multitasking und Kommu-
nikation auf mehreren
Kanälen parallel Hoher Vertrauensvorschuss durch schnelles Agieren im Netz >
Foto: Startupstockphotos
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MUNDANO mag
Ich lerne heute anders
Der Bildungsbegriff verändert sich ra-
sant. Bücher sind in der Regel mehrere Jahre
im Einsatz. Lehrer, Ausbilder und Professoren
nutzen sie für ihren Frontalunterricht. Heute
werden diese Bücher durch aktuelles, ver-
netztes und interaktives Lernen am Rechner
ersetzt. Wir recherchieren online und internatio-
nale Interessengruppen und Commmunities bil-
den sich um hoch spezialisierte Themen und
motivieren sich gegenseitig. Wissen wird zur
Sucht, denn uns ist bewusst, wie schnell Wis-
sen veraltet.Grundsätzlich gibt es zwei Lernmo-
di: offen/ansprechbar und geschlossen/
konzentriert. Der „offene“ Modus ist unser Ins-
tant-Messenger-Status „verfügbar“. Lernen als
Aktion per Multitasking, offen für Unterbrechun-
gen und Zufälliges. Der „geschlossene“ Modus
zeigt einen ausgeschalteten Instant-Messenger:
keine Mails, „ein“ geöffnetes Computerfenster
und konzentriertes Lernen.
Icons und Symbole – die (Zeichen-)Sprache der Lernzu-kunft
Reduzierter Raum zieht auch eine neue Form
der (Zeichen-)Sprache im Bildungswesen nach
sich. Die jüngeren Generationen wachsen ganz
natürlich damit auf. Nicht nur das, sie prägen
diese Zeichensprache auch. Botschaften wer-
den auf ein Minimum reduziert und in „Chat-
Sprache“ verfasst. Begriffe werden durch Icons
ersetzt, denn der Mensch orientiert sich zuneh-
mend an Piktogrammen und Bildmarken. Auch
visuell steht das Bildungswesen vor fundamen-
talen Veränderungen. Im Moment lebt es von
seiner Substanz. Das Bildungswesen ist intel-
lektuell und gemessen an seinem Ideenrei-
chtum an einem Wendepunkt. Es darf nicht in
die Vergangenheit schauen, sondern in die Zu-
kunft. Lernen ist kollaborativ und öffentlich. Das
setzt lebenslanges Lernen voraus. Durch Coa-
ching oder E-Learning ist der Mensch ve-
rantwortlich, in seine persönliche Weiterentwic-
klung zu investieren.
Im Netz auffindbar sein ist mittlerweile „State Of
The Art“. Den ersten Eindruck, den wir von ei-
nem anderen Menschen bekommen, findet
meist im Internet statt. Ob Facebook, Twitter,
Xing, Pinterest oder Blog: das ist sehr unters-
chiedlich und hängt von der Zielgruppe ab. Was
wird erwartet, wo wird gesucht.Die visuelle
Kommunikation hat bereits die Lernstrukturen
verändert und eine Prozess im Hinblick auf die
Lernen in Netzwerken beeinflusst. Einerseits
hat sich die Welt der Kommunikation verändert,
andererseits entstanden neue Zugänge zum
Wissen, neue „nachhaltige“ Möglichkeiten des
Lernens. Wie kann ich den Umgang mit diesem
digitalen Angebot optimal für mich gestal-
ten? Wie kann ich mich als Individuum in der
digitalen Gesellschaft entfalten? Und: Wie kann
mir die Gesellschaft dabei helfen, sowohl mein
eigenes Potential in dieser Welt zu erkennen,
als auch auf möglichst menschliche Weise mit
anderen zusammen lernen? Das „Ich“ im Zu-
sammenhang damit, welches Wissen ich mit
anderen teile ist der Katalysator des Lernens
und zeigt die Identität der digitalen Technolo-
gie. Sie kann Austausch bieten, als Bücherei
dienen, Wissensdurst stillen, Freund, Verführer
oder auch Gefängnis sein. Das Konzept Eudai-
monie, welches Aristoteles vor über zweitau-
send Jahren entwickelt wurde, steht für eine
möglichst tugendhafte Lebensführung: Eine Ei-
genschaft, die den Menschen unter allen Ges-
chöpfen einzigartig macht. Weniger konsumie-
ren – mehr denken.
Let´s Disco!
Foto: Startupstockphotos
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MUNDANO mag
Lesen Sie auch unsere Ausgaben auf Portugiesisch
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Sei MUNDANO Brasilien
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Rio de Janeiro by Ryan Bevan Ouro Preto by C. Silva
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MUNDANO mag
Sei MUNDANO Brasilien
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Peruíbe by Anderson Leal
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MUNDANO mag
Sei MUNDANO Brasilien
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Fortaleza by Anderson Leal
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MUNDANO mag Das Magazin Mundano Mag will wissen, was Sie
denken, wie Sie auf die Welt um sie herum
reagieren. Senden Sie Ihren Text, ihre Geschichte,
wie Sie ihre Gefühle interpretieren. Wir wollen
sehen, wie Sie sich ausdrücken. Wir Veröffentlichen
in der nächsten Ausgabe einen Text von einen Leser
des Magazins, das Thema ist egal, was zählt ist, was
Sie denken: [email protected]
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MUNDANO mag
Mundano Mag
auch auf Facebook
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Text: Wolf Grabendorff / Foto Ryan Bevan
BRASILIENS AUFSTIEG Möglichkeiten und Grenzen regionaler und globaler Politik
Brasilien tritt verstärkt als regionale Führungsmacht auf – und ist dabei in Lateinamerika nicht unumstritten. Dies führt auch zu
zunehmender Distanz und Konflikten mit den USA und der EU. >
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BRASILIENS AUFSTIEG Möglichkeiten und Grenzen regionaler und globaler Politik
Brasilien tritt verstärkt als regionale Führungsmacht auf – und ist dabei in Lateinamerika nicht unumstritten. Dies führt auch zu
zunehmender Distanz und Konflikten mit den USA und der EU. >
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Es gibt wenige Länder die ein so ausgeprägtes Verständnis von ihrer Rolle als Großmacht haben wie Brasilien. Interne Reformen und externe En-twicklungen seit Ende der 1970er- Jahre wie das Ende des Kalten Krieges haben Brasiliens Aufsti-eg zur Führungsmacht erheblich erleichtert. Da-zu gehörten vor allem eine ganze Reihe wichti-ger wirtschafts- und sozialpolitischer Reformen unter den letzten drei Präsidenten, Fernando Henrique Cardoso (1995-2002), Lula da Silva (2003-2010) und Dilma Rousseff (seit 2011). Vor allem aber der Erfolg eines demokratisch veran-kerten Entwicklungsmodells, sowie auch die ständig wachsenden Energiereserven, eine dras-tisch veränderte geopolitische Situation in Latei-namerika und politisch wie wirtschaftlich ständig intensivere Süd-Süd-Beziehungen auf Grund Bra-siliens ungewöhnlich erfolgreicher Diplomatie. Seit Goldman Sachs 2003 das BRIC Konzept der 4 aufstrebenden Wirtschaftsmächte (Brasilien, Russland, Indien und China) vorstellte, ist Brasili-ens Aufsteigerrolle aus der internationalen Dis-kussion nicht mehr wegzudenken. Brasiliens Außenpolitik beruht vor allem auf vier Grundvorstellungen, die ideologisch durchaus unterschiedliche Regierungen den jeweiligen internationalen Rahmenbedingungen anzupas-sen wussten: Die Vorstellung von einem großen Land, dessen
Ressourcen nicht nur eine Grundlage für die ei-
gene Entwicklung, sondern auch für seinen inter-
nationalen Einfluss bieten.
Die Vorstellung von einer multirassischen tropis-
chen Kultur, die in der Lage ist, die Gegensätze
zwischen schwarz und weiß, arm und reich, en-
twickelt und unterentwickelt zu überwinden.
Die Vorstellung vom langfristigen Erfolg eines
marktwirtschaftlichen Entwicklungsmodells mit
einer bedeutenden staatlichen Komponente, die
vor allem für den sozialen Fortschritt verantwor-
tlich ist.
Die Vorstellung von einem pragmatischen Natio-
nalismus, der nur an den jeweiligen nationalen
politischen Interessen orientiert ist.
Diese Selbsteinschätzung lässt sich auch an den vier derzeitigen Zielvorstellungen der brasilianischen Außenpolitik ablesen:
Die Teilnahme an den Entscheidungen aller
wichtigen internationalen Organisationen
Die Anerkennung durch die Führungsmächte
USA, EU, Russland, China und Indien als gleich-
berechtigter Partner in einer multipolaren Wel-
tordnung
Die Akzeptanz als regionale Führungsmacht in
Südamerika
Die Aufnahme des Landes als ständiges Mitglied
in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
(VN)
Die beiden letzten Pra sidenten Brasiliens – beson-ders Lula da Silva – sind in ihren Bemu hungen um diese Ziele sehr aktiv gewesen und haben dabei gegenu ber den Nachbarstaaten und anderen außenpolitischen Partnern vor allem auf Konsens gesetzt und sich außerdem bei verschiedenen in-ternationalen Konflikten auch als Vermittler bewa hrt. Der internationale Aufstieg Brasiliens hat nicht nur zum nationalen Stolz beigetragen, sondern auch interne und externe Kosten verur-sacht, die in Zukunft noch zunehmen du rften, weil die zentrale Entscheidung Brasiliens, sich gegebe-nenfalls um die Aufnahme in die "Erste Welt" – etwa durch den OECD-Beitritt – zu bemu hen oder aber seine Rolle als eine Fu hrungsmacht des Su dens auszubauen, immer noch aussteht.
Interne Voraussetzungen fu r den internationalen Aufstieg
Außenpolitik ist in Brasilien traditionell Staatsaufga-
be und war bis zu Beginn dieses Jahrhunderts kaum
innenpolitischen Diskussionen ausgesetzt. Brasiliens
Diplomaten gelten weltweit als besonders kompe-
tent und einflussreich und spielen bei zahlreichen
multilateralen Verhandlungen eine herausragende
Rolle. Unter Lula da Silvas Präsidentschaft wurden
insgesamt 36 neue diplomatische Vertretungen
eröffnet, die meisten davon in Afrika. Präsident Lula
da Silva betonte dabei die historische Verpflichtung
Brasiliens mit seinen 76 Millionen Einwohnern afri-
kanischer Herkunft, die vorranginge Beziehungen
mit Afrika nach sich zögen.Unter seiner Präsiden-
tschaft hat allerdings auch der parteipolitische Ein-
fluss auf die Außenpolitik erheblich zugenommen
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und dadurch zu einer Verringerung des Itamaraty –
wie das brasilianische Außenministerium genannt
wird – dominierten innenpolitischen Konsens über
das Profil der brasilianischen Außenpolitik beigetra-
gen. Durch die Vertiefung des demokratischen Pro-
zesses nahmen auch andere Akteure zu regionalen
und globalen Fragen Stellung und tragen dazu bei,
dass in Brasilien die Außenpolitik seit Beginn dieses
Jahrhunderts zu einem immer wiederkehrenden
Streitobjekt in der Innenpolitik geworden ist. Anlass
dafür waren außerdem die heftigen Reaktionen der
Opposition und der Medien in Brasilien auf die Vers-
taatlichung von Petrobras-Fördereinrichtungen in
Bolivien 2006, auf den Staatsstreich in Honduras
2009 und besonders auf die Unterstützung von
Präsident Nikolás Maduro während der innenpolitis-
chen Auseinandersetzungen in Venezuela 2014. Die
hohe politische Sensibilität in Brasilien hinsichtlich
einer außerdemokratischen Rolle der Militärs in der
Lateinamerika ist nicht nur auf die Erfahrungen im
eigenen Land zurückzuführen, sondern muss auch
im Zusammenhang mit Brasiliens Bestrebungen zur
Schaffung und Erhaltung der regionalen politischen
Stabilität gesehen werden.
Zugunsten dieses Ziels hat Präsident Lula da Silva
das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren An-
gelegenheiten eines anderen Staates hinter sich ge-
lassen. Das ist ihm umso leichter gefallen, da sein
eigenes demokratisch weitgehend stabiles und ideo-
logisch weniger festgelegtes Entwicklungsmodell
weder wirtschaftlich noch sozial den Vergleich mit
anderen Modellen in der Region zu scheuen brau-
cht. Dieser interne Entwicklungserfolg Brasiliens in-
nerhalb der letzten zwanzig Jahre trägt vermutlich
mehr zu seiner regionalen Führungsrolle bei, als sei-
ne zukünftige Rolle als Erdölexporteur mit den der-
zeit sechst größten Erdölvorräten der Welt. Ande-
rerseits spiegeln die weiterhin bestehenden Defizite
in der Infrastruktur, der Industrieproduktion und
dem Bildungssystems, aber auch bei der Einkom-
mensverteilung eher die Schattenseiten des brasilia-
nischen Modells wider. Die generelle Stabilität der
demokratischen, wirtschaftlichen und sozialen En-
twicklung in dem fünftgrößten Land der Erde mit
der siebtgrößten Volkswirtschaft, aber nur dem
zehntgrößten Militärhaushalt und knapp 200 Millio-
nen Einwohnern bildet aber sicherlich die entschei-
dende Voraussetzung für den weiteren Aufstieg Bra-
siliens zu einer globalen Führungsmacht.
Nachbarschaftsbeziehungen: Integra-tion oder regionale Kooperation in Su damerika?
Dem "Vater" der brasilianischen Außenpolitik , Ba-
ron Rio Branco, gelang es während seiner Amtszeit
als Außenminister (1902-1912) ohne eine einzige
Kriegshandlung, aber durch sechs verschiedene
Schlichtungsverfahren mit den Nachbarstaaten, das
Territorium Brasiliens um ein Gebiet von der Größe
Frankreichs zu erweitern. Friedliche Konfliktlösun-
gen ist seither Brasiliens Modell für seine Regional-
politik in Südamerika. Die Aussöhnung mit dem
"Erzrivalen" Argentinien wurde zum außenpolitis-
chen Leitmotiv beider Staaten in den ersten Jahren
ihrer Redemokratisierung in den 1980er-Jahren. Ein
bilaterales Abkommen über die gegenseitige Ins-
pektion der Nuklearanlagen wurde zur Keimzelle für
die Gründung des Mercosur, ein gemeinsamer
Markt Südamerikas, 1991. Auf Grund der asymme-
trischen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den
Mitgliedsstaaten blieb jedoch dessen dauerhafter
Erfolg aus. Dennoch ist der Mercosur in den zwanzig
Jahren seines Bestehens zu einem wichtigen Faktor
der politischen Stabilität im Cono Sur Südamerikas
geworden. Durch politische Assoziation zunächst
mit Chile und Bolivien sowie später mit Ecuador,
Kolumbien, Peru und Venezuela wurde der Merco-
sur von Brasilien auch als Instrument für die Verbes-
serung der Nachbarschaftsbeziehungen genutzt. Die
politische – aber noch nicht vollzogene wirtschaftli-
che – Aufnahme Venezuelas sowie die Beitrittsab-
sicht Boliviens stellen, angesichts der unterschiedli-
chen Entwicklungsmodelle und politischen Allian-
zen, allerdings Brasiliens Nachbarschaftspolitik vor
neue Herausforderungen. >
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Brasilien hat sich schon seit 1994, als es als Antwort auf die von den USA geplante Gesamtamerikanis-che Freihandelszone (FTAA) seinen Nachbarn eine südamerikanische Freihandelszone (SAFTA) vorschlug, um eine regionale Institutionenbildung bemüht, in deren Mittelpunkt aber immer eher die regionale Kooperation als die regionale Integration stand. So wurde auf seine Initiative 2004 die Süda-merikanische Gemeinschaft der Nationen (CSN) ge-gründet, die alle Staaten des Halbkontinents einbe-zieht. Damit wurde Brasiliens geopolitische Ents-cheidung für eine südamerikanische Identität for-malisiert. Dabei ging es vor allem darum, in Zukunft eine doppelte strategische Rivalität mit anderen Führungsansprüchen in der Region wie der USA oder Mexiko auszuschließen. Diese Strategie konnte Brasilien aber nicht in vollen Umfange durchsetzen, weil es kaum bereit war – wie die Beispiele Kuba und Honduras gezeigt haben – diese Regelung sel-bst einzuhalten, und weil verschiedene südamerika-nische Staaten – vor allem Kolumbien und Venezue-la eigene Konzepte entwickelt haben. Dennoch hat Brasilien seinen Führungsanspruch in der Region keineswegs aufgegeben sondern eher ausgebaut. So hat es verschiedene Unterorganisationen des Unasur ins Leben gerufen, von denen der Südameri-kanische Verteidigungsrat (CDS) das politisch wich-tigste institutionelle Kooperationsinstrument dars-tellt, weil hier zum ersten Male die Verteidigungs- und Außenminister Südamerikas, unter Ausschluss der USA, gemeinsam an der Etablierung einer regio-nalen Sicherheitsarchitektur arbeiten. Dies zeigt, dass Brasilien bereit ist, Süd-Süd Kooperationen den Vorrang vor der bis dahin weitgehend reibungslo-sen Zusammenarbeit mit den USA in Sicherheitsfra-gen einzuräumen. Brasiliens Bereitschaft zu größerer sicherheitspoli-tischer Verantwortung lässt sich auch an seiner Führungsrolle bei der VN-Stabilisierungsmission (MINUSTHA) in Haiti ablesen. Brasilien war 2004, nachdem Haitis Präsident Jean-Bertrand Aristide ins Exil gegangen war, nicht nur bereit, die militärische Führung mit einem großen Kontingent eigener Tru-ppen zu übernehmen sondern konnte auch acht weitere lateinamerikanische Länder überzeugen hier international Flagge zu zeigen. Die dabei ge-sammelten logistischen Erfahrungen dürften die regionale Sicherheitskooperation im Südamerika-nischen Verteidigungsrat erleichtern und Brasilien in Zukunft auch für andere internationale Krisen-missionen prädestinieren. Auf der bilateralen Ebene hat Brasilien Anstrengun-
gen zur Stabilisierung der Region unternommen. Dies war sowohl bei innenpolitisch riskanten En-twicklungen in Paraguay, Bolivien und zuletzt in Honduras der Fall, wie auch bei Vermittlungsversu-chen zwischen Präsident Chávez und der Opposition in Venezuela 2003 und mit Hilfe von Unasur erneut 2014, sowie zwischen Kolumbien und Venezuela 2009. Das ehrliche Bemühen demokratische Regeln im innerstaatlichen wie zwischenstaatlichen Verhal-ten zu stärken, wird man Brasiliens Regierung dabei nicht absprechen können. Wenn eigene wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen wa-ren, wie im Falle der Beziehungen zu Argentinien, Bolivien, Ecuador, Paraguay und Venezuela, ließ sich allerdings oft ein Konflikt mit den politischen Stabilisierungsbemühungen kaum vermeiden, denn positive Wirtschaftsbeziehungen garantieren kei-neswegs immer harmonische Nachbarschaftsbezi-ehungen und die angestrebte regionale Führungs-rolle Brasiliens wird in Südamerika durchaus auch als Hegemonieanspruch kritisiert.
Brasilien als "Anti-Status-quo-Macht" im Internationalen System
Die Grundlage von Brasiliens vielfachen diplomatis-chen Anstrengungen liegt in der Rolle des Landes als "Anti-Status-quo-Macht" innerhalb der internati-onalen Staatenhierarchie. Seit der Gründung der VN, zu deren Gründungsmitgliedern Brasilien zählt, hat sich das Land gegen die Festschreibung einer internationalen Machtkonstellation am Ende des II. Weltkrieges gewandt und sich in allen multilatera-len Gremien immer wieder für eine "gerechtere" Weltordnung eingesetzt, an deren Gestaltung der "Süden" ausreichend beteiligt werden müsse.
Das Bemühen, mit Hilfe der G4-Staaten (Japan, Deutschland, Brasilien und Indien) die Reform des Sicherheitsrats der VN voranzutreiben und selbst als Vertreter Lateinamerikas dort einen ständigen Sitz zu erhalten, ist vermutlich die bekannteste Form seines Einsatzes für eine neue Weltordnung. Es lag weniger an der lautstarken Opposition von Argentinien und Mexiko, sondern eher an der gene-rell ablehnenden Haltung der ständigen Mitglieder gegenüber der G4-Initiative, dass es hier bisher nicht zu Reformen gekommen ist. Erfolgreicher war der Versuch Brasiliens innerhalb der Verhandlungen der Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WHO) eine "Gegenmacht" gegen die aus seiner
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Sicht "unheilige Allianz" von USA und EU in Fragen der Agrarsubventionen zu organisieren. Während des Verhandlungsprozesses in Cancún 2003 rief Bra-silien mit tatkräftiger Unterstützung Chinas und ver-schiedener Staaten des Südens die G20-Staaten in-nerhalb der WHO ins Leben, deren strikte Ablehnung des "westlichen" Verhandlungsangebots zum Scheitern der Verhandlungen beitrug. Seitdem sind sich auch die USA und die EU einig darin, dass ohne eine Zustimmung Brasiliens kein Erfolg mehr in den Verhandlungen der WHO zu erreichen sein dürfte. Dies ist 2013 mit der Wahl eines Brasilianers, Roberto Azevodo, zum Generalsekretär der WHO nur noch offensichtlicher geworden Auch andere multilaterale Initiativen haben dazu beigetragen das Profil Brasiliens als Führungsmacht des Südens zu schärfen. Gleich zu Beginn der Am-tszeit Lula da Silva wurde 2003 die trikontinentale IBSA-Gruppe (Indien, Brasilien. Südafrika) ins Leben zu rufen. Obwohl Brasilien innerhalb der BRICS Staa-ten keineswegs eine herausragende Rolle spielt, war es Lula da Silva gelungen, Präsidententreffen dieser sehr heterogenen Gruppe zu organisieren, und da-mit ihre Position im internationalen System zu stär-ken. Zu dieser Betonung der gemeinsamen Interes-sen des Südens müssen auch die periodische Aus-richtung von Präsidententreffen mit den arabischen und afrikanischen Staaten im Rahmen von Unasur gezählt werden. Alle diese diplomatischen Anstren-gungen haben nicht nur die Diversifizierung der bra-silianischen Außen- und Wirtschaftsbeziehungen zum Ziel gehabt, sondern zweifelsohne auch die Rolle des Landes als Führungsmacht des Südens ge-festigt. Mit der Etablierung dieser internationalen Netzwerke ist auch der globale Einfluss Brasiliens gestiegen, zumal seine Fähigkeiten, Brücken auch über politische und wirtschaftliche Interessenun-terschiede hinweg zu schlagen, immer mehr gefragt sind und teilweise schon als die spezifische "soft po-wer" des Landes angesehen werden. Seine Führungsrolle im Geflecht "neuer Mächte" hat verständlicher Weise das Profil Brasiliens in seinen stärker traditionellen bilateralen Beziehungen mit den USA und der EU erheblich verändert. Der er-kennbare Rückgang des Einflusses der USA in Latei-namerika seit Ende des Kalten Krieges – und noch verstärkt nach den Anschlägen des 11. September 2001 – hat ebenfalls zur Ausweitung der regionalen Rolle Brasiliens beigetragen. Aber vor allem die Ablehnung Brasiliens des wichtigsten US Vorhabens in der Region, die Etablierung einer Gesamtamerika-nischen Freihandelszone (FTAA) 2003 war eine Zäsur
in den bilateralen Beziehungen. Damals hatten in Lateinamerika nur die Mercosur-Mitgliedsstaaten und Venezuela Brasilien in seiner ablehnenden Hal-tung unterstützt und damit zwar die Regionalstrate-gie der USA zu Fall gebracht aber gleichzeitig den Weg für die neue US Strategie bilateraler Freihan-delsabkommen mit den "willigen" Staaten Latei-namerikas freigemacht. Die weltwirtschaftlichen Veränderungen im letzten Jahrzehnt haben Brasili-ens Handelsbeziehungen auf der Süd-Südschiene, vor allem mit Asien aber auch innerhalb Lateiname-rikas auf Kosten des Handels mit den USA deutlich anwachsen lassen. So hat China längst den ersten Platz unter den Handels- und Investitionspartnern Brasiliens eingenommen, während die Wirtschaft-sinteressen der USA gegenüber Brasilien – vor allem hinsichtlich seiner zukünftigen Position als Erdölex-porteur – auch in diesem Bereich mit denen Chinas in Konkurrenz stehen. Zusätzliche bilaterale Konfliktpunkte ergaben sich immer dort, wo die USA Entscheidungen in Latei-namerika getroffen haben, die mit den Interessen Brasiliens nicht übereinstimmten. Kuba war in die-sem Zusammenhang schon immer ein besonderer Zankapfel, zumal die bilateralen Beziehungen zwis-chen Brasilien und Kuba seit der Präsidentschaft Lu-la da Silvas erheblich ausgebaut worden sind. Die Krise in Honduras 2009 und das zunächst geplante erweiterte Militärbasennutzungsabkommen der USA mit Kolumbien führten zu heftiger Kritik Brasili-ens an der US Politik, während in Washington Brasi-liens gute Beziehungen zu Kuba, Venezuela und zum Iran immer wieder beanstandet wurden. Ausgelöst durch die weltweiten Spionageaktivitäten der USA sanken dann 2013 die bilateralen Beziehungen fast auf den Gefrierpunkt als die "abgehörte" Präsidentin Dilma Rousseff den lange geplanten Staatsbesuch in den USA kurzfristig absagte und dann auch noch ei-nen Milliarden schwerer Rüstungsauftrag nicht an das US-amerikanische Unternehmen Boeing son-dern an Saab in Schweden vergeben wurde. Die offene Austragung dieser bilateralen Konfliktpunkte zeugt einerseits von dem gestiegenen Selbstbewus-stsein Brasiliens und anderseits von der Unfähigkeit in Washington mit der Machtkonkurrenz in der Westlichen Hemisphäre angemessen umzugehen. Gerade angesichts der bestehenden geopolitischen Instabilitäten in Lateinamerika und dem weiter zu-nehmenden Gewicht des Landes in den Süd-Südbeziehungen können die USA immer weniger auf eine außenpolitische Kooperation mit Brasilien zäh-len. >
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Brasiliens Beziehungen zur EU sind weniger kon-
fliktreich als mit den USA aber auch weniger inten-
siv. Erst 2007 hat die EU als letztem Land der BRIC
Staaten, den Status einer "Strategischen
Partnerschaft" angeboten. Sieben Jahre später ist
nur ein geringes Maß an gegenseitigem Vertrauen
zu erkennen, das aber als Grundlage für die beab-
sichtigte enge Zusammenarbeit in multilateralen
Fragen unverzichtbar wäre, nicht zuletzt weil die
Machtverschiebungen in der multipolaren Welt von
Brasilien eher als vorteilhaft und von der EU eher
als nachteilig angesehen werden. Trotz der sehr
engen und weit gefächerten bilateralen Beziehun-
gen mit einzelnen Mitgliedsstaaten wie Deu-
tschland, Spanien und Frankreich – hier sogar im
sicherheitspolitischen Bereich – scheint die EU Bra-
silien bisher noch nicht in gleichen Masse als globa-
len Akteur einzuschätzen wie andere BRICS-
Staaten, obwohl es in Fragen des Klimawandels si-
cherlich eine zentrale Rolle spielen kannund auch
bei den weltwirtschaftlichen Reformdebatten in der
G-20 ein wichtiger Allianzpartner sein könnte. Aber
auch hinsichtlich der EU Beziehungen zu Südameri-
ka könnte die "strategische Partnerschaft" mit Bra-
silien eine solide Basis für eine realistischere Regio-
nalstrategie bieten, nachdem die langjährigen
Bemühungen um biregionale Assoziierung zwischen
den regionalen Integrationsprozessen weitgehend
gescheitert sind. Zu dem Realismus auf europäis-
cher Seite müsste freilich auch die Einsicht gehören,
mit Brasilien gegebenenfalls ein bilaterales Freihan-
delabkommen auszuhandeln dem das Land derzeit
– vor allem wenn es jetzt auch im dritten Anlauf
nicht zu dem seit Jahren angekündigten biregiona-
len Abkommen mit dem Mercosur kommen sollte –
aufgeschlossener gegenübersteht. Dass Brasilien als
"Anti-Status-quo-Macht" und Führungsmacht des
Südens keineswegs immer die gleiche Weltsicht mit
der EU teilt, wird sich in jeder bilateralen Bezi-
ehungsform kaum vermeiden lassen. Freilich haben
gerade einige der innovativen Beiträge Brasiliens
zur den sicherheitspolitischen Debatten im VN-
Rahmen – wie das Konzept "responsibility while
protecting" – eher zur Verärgerung der Europäer
als zu einer verstärkten Zusammenarbeit beigetra-
gen. Das Bemühen Brasiliens als
"Normunternehmer" aufzutreten, verstärkt einer-
seits seinen Führungsanspruch in zentralen Fragen
der internationalen Zusammenarbeit und beunru-
higt anderseits seine traditionellen außenpolitis-
chen Partner. Gerade auf Grund der außerorden-
tlich aktiven und innovativen internationalen Rolle
Brasiliens muss sich die EU wohl auf eine zuneh-
mende Nord-Süd-Distanzierung in der
"strategischen Partnerschaft" einstellen weil Brasili-
en als pragmatische Führungsmacht in Zukunft
ohnehin mit keinem allzu großen globalen Gewicht
der EU rechnet.
Eine noch nicht konsolidierte Fu hrungsmacht Brasilien teilt mit der EU das Schicksal, sich als Fu hrungsmacht noch nicht konsolidiert zu ha-ben, was angesichts der grundlegenden und kei-neswegs abgeschlossenen Vera nderungen im in-ternationalen System nicht anders zu erwarten ist, zumal die internationale Anerkennung als Fu hrungsmacht nicht ursa chlich von der eigenen Wirtschaftskraft oder gar der Kapazita t zur Dur-chsetzung der eigenen Interessen abha ngt, son-dern vor allem auch von der Fa higkeit in der ei-genen Region Krisenmanagement zu betreiben und von den etablierten beziehungsweise sich etablierenden Fu hrungsma chten als solche aner-kannt zu werden. Hier lassen sich bei Brasilien vier – nicht unbedingt selbst verschuldete – Defi-zite erkennen: Seine Rolle als Führungsmacht ist in der eige-nen Region – selbst in Südamerika und erst recht in Lateinamerika umstritten.
Von Seiten der etablierten Weltmacht USA ist eine eindeutige Anerkennung der neuen internationalen Rolle Brasiliens bisher ausgeblieben.
Unter den sich etablierenden Führungsmächten ist die Akzeptanz Brasili-ens bei China und Indien ausgeprägter als bei Russland und der EU.
Seine Rolle als weltwirtschaftlicher Akteur in Handel, Dienstleistungen und Investitio
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nen bleibt ebenso wie seine militärische Stärke weit hinter der "hard power" der übrigen Führungsmächte zurück.
In Zukunft muss sicherlich noch mit einem weiteren
Defizit gerechnet werden, weil sich in Brasilien bis-
her kein innenpolitischer Konsens über die mit einer
Führungsmachtrolle verbundenen politischen und
wirtschaftlichen Kosten erzielen lässt. Die Kalkulier-
barkeit des außenpolitischen Engagements Brasili-
ens wird vom zügigen Abbau beziehungsweise der
Überwindung dieser Defizite ebenso abhängen wie
von den zukünftigen Veränderungen eines durch
zunehmende Multipolarität gekennzeichneten in-
ternationalen Systems. Die zentralen Vorstellungen
Brasiliens liegen dabei in der Durchsetzung seiner
nationalen Interessen und seiner Rolle bei der Re-
form der internationalen Ordnung. Während des
Konsolidierungsprozesses Brasiliens als
Führungsmacht können weder die USA noch die EU
mit einer umfassenden und belastbaren Alli-
anzfähigkeit Brasiliens rechnen, weil das Land zwar
gute Beziehungen zu "dem Westen" pflegen, aber
die entscheidende Unterstützung für seinen weite-
ren internationalen Aufstieg zur Führungsmacht vor
allem aus dem "globalen Süden" erhalten dürfte.
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