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Prof. Dr. Weckbach, Würzburg Die dorsale Spondylodese ist – aus mei- ner Sicht – nach wie vor aktuell. Wir setzen sie immer bei vorwiegend liga- mentären dorsalen Verletzungen ein und versuchen auf jeden Fall, irgendwie eine Stabilisierung durchzuführen, in Form einer interlaminären Spongiosa- plastik oder Spondylodese der kleinen Wirbelgelenke, wobei natürlich weiter- hin fraglich oder letztendlich nicht ge- klärt ist, was diese zur dauerhaften Sta- bilität beiträgt. Soweit ich mich erinnern kann, ist in Hannover eine Untersu- chung bezüglich der Spondylodese der kleinen Wirbelgelenke durchgeführt worden, welche, wenn ich mich nicht täusche, nur zu 60% erfolgreich war.Wir streben jedoch bei den ligamentären dorsalen Verletzungen auf jeden Fall ei- ne Stabilisierung durch Spongiosaplas- tik an. Prof. Dr. Blauth, Hannover Dies wurde bei unseren CT nach trans- pedikulärer Spongiosaplastik im Neben- schluss nachuntersucht. In einem Teil der Fälle führte die zur Korrektur durch- geführte dorsale Spondylodese nicht zur Durchheilung, was aber möglicherweise auf technische Probleme zurückzufüh- ren ist. Normalerweise, wenn die Spon- dylodese vernünftig durchgeführt wird, heilt der Defekt durch. Es muss auch der Fairness halber erwähnt werden, dass Danioux sehr großen Wert auf diese dorsale Sondylodese legt und ein Teil seiner vielleicht etwas besseren Ergeb- nisse möglicherweise darauf zurückzu- führen ist. Welche Wirkung die dorsale Sondylodese auf die Schmerzen hat, ist nicht genau bekannt.Wir setzen sie eher großzügiger als früher ein, die Zukunft wird zeigen,ob sich dieses Vorgehen be- währt. Prof. Dr. Weckbach, Würzburg Ich glaube, es muss unterschieden wer- den,ob es sich um eine ligamentäre Ver- letzung, die ein solches Vorgehen ein- fach notwendig macht, oder eine äußere Verletzung handelt. Wenn die Fraktur gut auseinander gestellt wurde, heilt sie irgendwie, womit der Fall geklärt wäre. Bei Durchführung einer Laminektomie dagegen muss dieser Defekt wieder über- brückt werden. Prof. Dr. Mutschler, München Darf ich vielleicht noch etwas anführen? Durch die Entwicklung dieser minima- linvasiven ventralen Verfahren ist natür- lich ein Schub Richtung ventrale Stabi- lisierungsverfahren erfolgt. Es darf nicht vergessen werden, dass noch vor weni- gen Jahren das ventrale Verfahren ein sehr aufwendiges Verfahren mit einer hohen Morbidität allein aufgrund des großen Zugangs war. Deshalb war natür- lich die Idee, minimalinvasiv Spongiosa von hinten einzubringen, eigentlich der Trauma und Berufskrankheit · Supplement 2 · 2000 S249 Trauma Berufskrankh 2000 · 2 [Suppl 2]: S249–S250 © Springer-Verlag 2000 Wirbelsäulenverletzungen Wolf Mutschler 1 · Volker Bühren 2 1 Chirurgische Universitätsklinik Innenstadt, München 2 Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Aktuelle Entwicklungen in der Behandlung der Wirbelsäulenverletzungen (ohne HWS und RMV) Diskussion mit dem Auditorium Prof. Dr.W. Mutschler Chirurgische Universitätsklinik Innenstadt, Nussbaumstraße 20, 80336 München Prof. Dr. Bühren, Murnau Schönen Dank. Das war ein mutiges Sta- tement. Die zitierte Studie der Arbeits- gemeinschaft Wirbelsäulenchirurgie hat gezeigt, dass das alleinige dorsale Ver- fahren auf die Gesamtheit bezogen land- auf, landab bevorzugt wird. Ich denke, dass dies in der Gegenwart auch weiter- hin so geübt wird. Die hier vorgestell- ten Ergebnisse mit einem Nachgeben der Fraktur letztendlich bis in den Ur- sprungszustand hinein sind von ver- schiedensten Gruppen erhoben worden, z. B. in Murnau, Hannover und Lud- wigshafen. Die ursprüngliche optimisti- sche Darstellung zur Technik von Herrn Daniaux hat sich in der Praxis flächen- deckend nicht verwirklichen lassen. Ein wichtiger Hinweis ist, dass das Ergebnis bei der Metallentfernung nicht als ei- gentliches Endergebnis zu betrachten ist.Wird der Patient 6 Monate nach der Metallentfernung nochmals untersucht, zeigt sich, dass die Fraktur erneut gesin- tert ist. Ich kann daher eigentlich nur da- zu auffordern, die sehr aufwendige Ope- ration mit dorsaler Spongiosaplastik zu überdenken und vielleicht doch nach anderen Möglichkeiten der Behandlung zu suchen. Gibt es Fragen oder Bemerkungen? Eine habe ich vermisst. Es gibt den Einwand aus Augsburg, eine dorsale Spongiosaplastik anzulegen. Ist diese Technik nicht mehr aktuell?

Aktuelle Entwicklungen in der Behandlung der Wirbelsäulenverletzungen (ohne HWS und RMV)

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Page 1: Aktuelle Entwicklungen in der Behandlung der Wirbelsäulenverletzungen (ohne HWS und RMV)

Prof. Dr. Weckbach, Würzburg

Die dorsale Spondylodese ist – aus mei-ner Sicht – nach wie vor aktuell. Wir setzen sie immer bei vorwiegend liga-mentären dorsalen Verletzungen einund versuchen auf jeden Fall, irgendwieeine Stabilisierung durchzuführen, inForm einer interlaminären Spongiosa-plastik oder Spondylodese der kleinenWirbelgelenke, wobei natürlich weiter-hin fraglich oder letztendlich nicht ge-klärt ist, was diese zur dauerhaften Sta-bilität beiträgt.Soweit ich mich erinnernkann, ist in Hannover eine Untersu-chung bezüglich der Spondylodese derkleinen Wirbelgelenke durchgeführtworden, welche, wenn ich mich nichttäusche, nur zu 60% erfolgreich war.Wirstreben jedoch bei den ligamentärendorsalen Verletzungen auf jeden Fall ei-ne Stabilisierung durch Spongiosaplas-tik an.

Prof. Dr. Blauth, Hannover

Dies wurde bei unseren CT nach trans-pedikulärer Spongiosaplastik im Neben-schluss nachuntersucht. In einem Teilder Fälle führte die zur Korrektur durch-geführte dorsale Spondylodese nicht zurDurchheilung, was aber möglicherweiseauf technische Probleme zurückzufüh-ren ist. Normalerweise, wenn die Spon-dylodese vernünftig durchgeführt wird,heilt der Defekt durch. Es muss auch derFairness halber erwähnt werden, dassDanioux sehr großen Wert auf diesedorsale Sondylodese legt und ein Teilseiner vielleicht etwas besseren Ergeb-

nisse möglicherweise darauf zurückzu-führen ist. Welche Wirkung die dorsaleSondylodese auf die Schmerzen hat, istnicht genau bekannt.Wir setzen sie ehergroßzügiger als früher ein, die Zukunftwird zeigen, ob sich dieses Vorgehen be-währt.

Prof. Dr. Weckbach, Würzburg

Ich glaube, es muss unterschieden wer-den, ob es sich um eine ligamentäre Ver-letzung, die ein solches Vorgehen ein-fach notwendig macht, oder eine äußereVerletzung handelt. Wenn die Frakturgut auseinander gestellt wurde, heilt sieirgendwie, womit der Fall geklärt wäre.Bei Durchführung einer Laminektomiedagegen muss dieser Defekt wieder über-brückt werden.

Prof. Dr. Mutschler, München

Darf ich vielleicht noch etwas anführen?Durch die Entwicklung dieser minima-linvasiven ventralen Verfahren ist natür-lich ein Schub Richtung ventrale Stabi-lisierungsverfahren erfolgt.Es darf nichtvergessen werden, dass noch vor weni-gen Jahren das ventrale Verfahren einsehr aufwendiges Verfahren mit einerhohen Morbidität allein aufgrund desgroßen Zugangs war.Deshalb war natür-lich die Idee, minimalinvasiv Spongiosavon hinten einzubringen, eigentlich der

Trauma und Berufskrankheit · Supplement 2 · 2000 S249

Trauma Berufskrankh2000 · 2 [Suppl 2]: S249–S250 © Springer-Verlag 2000 Wirbelsäulenverletzungen

Wolf Mutschler1 · Volker Bühren2

1Chirurgische Universitätsklinik Innenstadt, München2Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

Aktuelle Entwicklungen in der Behandlung der Wirbelsäulenverletzungen(ohne HWS und RMV)Diskussion mit dem Auditorium

Prof. Dr.W. MutschlerChirurgische Universitätsklinik Innenstadt,Nussbaumstraße 20, 80336 München

Prof. Dr. Bühren, Murnau

Schönen Dank. Das war ein mutiges Sta-tement. Die zitierte Studie der Arbeits-gemeinschaft Wirbelsäulenchirurgie hatgezeigt, dass das alleinige dorsale Ver-fahren auf die Gesamtheit bezogen land-auf, landab bevorzugt wird. Ich denke,dass dies in der Gegenwart auch weiter-hin so geübt wird. Die hier vorgestell-ten Ergebnisse mit einem Nachgebender Fraktur letztendlich bis in den Ur-sprungszustand hinein sind von ver-schiedensten Gruppen erhoben worden,z. B. in Murnau, Hannover und Lud-wigshafen. Die ursprüngliche optimisti-sche Darstellung zur Technik von HerrnDaniaux hat sich in der Praxis flächen-deckend nicht verwirklichen lassen. Einwichtiger Hinweis ist, dass das Ergebnisbei der Metallentfernung nicht als ei-gentliches Endergebnis zu betrachtenist. Wird der Patient 6 Monate nach derMetallentfernung nochmals untersucht,zeigt sich, dass die Fraktur erneut gesin-tert ist. Ich kann daher eigentlich nur da-zu auffordern, die sehr aufwendige Ope-ration mit dorsaler Spongiosaplastik zuüberdenken und vielleicht doch nachanderen Möglichkeiten der Behandlungzu suchen.

Gibt es Fragen oder Bemerkungen?Eine habe ich vermisst. Es gibt den

Einwand aus Augsburg, eine dorsaleSpongiosaplastik anzulegen. Ist dieseTechnik nicht mehr aktuell?

Page 2: Aktuelle Entwicklungen in der Behandlung der Wirbelsäulenverletzungen (ohne HWS und RMV)

wortet ist. Ein Korrekturverlust, der ei-nige Grad beträgt, bedeuted noch langenicht, dass in 20 Jahren klinische Ergeb-nisse vorliegen, die die erwarteten Wir-belsäulenstenosen, Knickungen, sekun-dären Rückenmarkschädigungen usw.bestätigen. Das ist bisher noch nichtnachgewiesen. Ich denke, in dieser Hin-sicht ist noch sehr sehr viel im Fluss.

Prof. Dr. Weckbach, Würzburg

Wir konnten eigentlich auch bislang beiuns im Krankengut nachweisen, dasskeine Korrelation zwischen dem Kor-rekturverlust und den subjektiven Be-schwerden des Patienten besteht. Eswurde auch in der großen Studie vonGertzbein mit über 1000 Patienten fest-gestellt, dass bis 30° Kyphose keine Kor-relation zwischen subjektiven Be-schwerden und der Fehlstellung festzu-

stellen ist. Aber das sind alles Ergebnis-se, die auf relativ kurzen Zeiträumen be-ruhen, 5 Jahren, möglicherweise auch 10Jahren, aber es ist nicht bekannt, wasnach 20 Jahren bei diesen immer jungenPatienten auftritt. Deswegen glaube ichschon, dass das Ziel sein muss – undworauf wir eigentlich hinarbeiten soll-ten – dass möglichst die anatomischeForm wieder hergestellt werden muss.

Prof. Dr. Mutschler, München

Gut, machen wir so weiter. Ich darfHerrn Dr. Beisse aus Murnau bitten, deruns die vorher angesprochene interes-sante Variante des minimalinvasiven, indiesem Fall thorakoskopisch gesteu-erten Instrumentierens der verletztenWirbelsäule sowie BWS und LWS dar-stellt.

S250 Trauma und Berufskrankheit · Supplement 2 · 2000

Wirbelsäulenverletzungen

Versuch, die Morbidität zu verringern.Die 2. Bemerkung, die ich anführenmöchte, ist, dass wir vielleicht noch zuwenig über den Korrekturverlust nach-denken.Auch bei den kombinierten Ver-fahren treten Korrekturverluste auf.

Ich denke, dass sehr viel damit zu-sammenhängt, dass die wichtigen dor-salen Zuggurtungsstrukturen, v. a. dieFascia thoracolumbalis, durch das dor-sale Verfahren in einem größeren Aus-maß geschwächt und erhebliche Vernar-bungen gesetzt werden. Dies bereitetdann Probleme, wenn der Fixateur her-ausgenommen wird, da nach der Metal-lentfernung die eben angeführten ge-setzten Defekte zum Korrekturverlustführen.

Schließlich ist noch zu bemerken,dass die Frage,was den Korrekturverlusteigentlich bewirkt, noch nicht beant-