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Ausbildungsseminar Wetter undKlima

WS 09/08

Luftdruck und Ausgleichsdynamik:Horizontal

Sebastian Pfaller

29. Oktober 2009

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Theorie 4

2.1 Rotierte Bezugssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Kinematik von Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.2.1 Deformationstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2.2 Tensor der Relativbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2.3 Spannungstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2.4 Die Navier-Stokes-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

3 Horizontale Luftbewegungen 10

3.1 Corioliskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103.1.1 Geostrophischer Wind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.1.2 Abschätzung der Windgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 123.1.3 Barokline Winde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.2 Reibungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.2.1 Abschätzung der Reibungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3.3 Divergenz und Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173.4 Turbulenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

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1 Einleitung

In diesem Vortrag soll die durch die vertikalen Druckunterschiede entstehende Aus-gleichsdynamik behandelt werden. Sie sind wichtig für alle in der Atmosphäre herr-schenden vertikalen Winde. Hier wird speziell auf die Erdrotation und der darausfolgenden Eekte eingegangen, vor allem aber auf die Corioliskraft, die für die Ab-lenkung der Winde verantwortlich ist. Des Weiteren wird die Navier-Stokes-Gleichunghergeleitet, deren Lösung die Kinematik von Luft beschreibt. Sie kommt ursprüng-lich aus der Strömungsmechanik von Fluiden, lässt sich aber auch auf Luftströmungenanwenden. Diese Theorie soll als physikalische Basis für die darauf eher schematischbeschriebenen Eekte dienen.

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2 Theorie

2.1 Rotierte Bezugssysteme

Da es sich bei Ausgleichsvorgängen in der Atmosphäre um groÿräumige Vorgängehandelt, kann die Tatsache, dass die Erde ein sich rotierendes Bezugssystem ist, nichtlänger vernachlässigt werden. Die dabei auftretende Corioliskraft spielt eine bedeu-tende Rolle bei horizontalen Luftbewegungen. Deshalb möchte ich nochmal kurz dieallgemeine Theorie sich rotierender Bezugssysteme wiederholen, um sie danach aufAusgleichsphänomene in der Atmosphäre anzuwenden.Möchte man als auÿenstehender Beobachter sich die Bewegung eines Körpers in

einem rotierten Bezugssystem anschauen, so stellt man fest, dass die Bewegung sichin zwei Komponenten zerlegen läÿt:

• körpereigenes Bezugsystem (Index K)

• rotiertes Bezugsystem (Index Rot)

Sei ~G ein beliebiger Vektor, dann lässt sich eine innitesimale Bewegung im Inerti-alsystem (Index I) folgendermaÿen beschreiben:

(d~G)

I=

(d~G)

K+(d~G)

Rot

=(d~G)

K+ d~Ω× ~G︸ ︷︷ ︸

infinitesimale Drehung

Die zeitliche Änderung des Vektors ist dann gegeben als:(d~G

dt

)I

=

(d~G

dt

)K

+ ~ω × ~G (2.1)

Wobei ~ω = d~Ωdt die Winkelgeschwindigkeit ist.

Nun kann man die soeben hergeleitete Gleichung auf einen Ortsvektor (im Bezugs-system der Erde, gekennzeichnet durch den Index E) ~r eines in der Atmosphäre be-wegten Teilvolumens anwenden und erhält den Geschwindigkeitsvektor ~vI im Inertial-system:

~vI = ~vE + ~ω × ~r

Erneute Anwendung der Gleichung 2.1 liefert:

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(d~vI

dt

)I

=(d~vI

dt

)E

+ ~ω × ~vI

Explizites Einsetzen von ~vI liefert die gewünschte Gleichung für die eektive Be-schleunigung, wie wir sie auf der Erde beobachten. Sie setzt sich aus der Beschleuni-gung im Inertialsystem und den beiden auftretenden Scheinkräften zusammen:

effektiv︷ ︸︸ ︷(d~vE

dt

)E

=(d~vI

dt

)I

− 2 (~ω × ~vE)︸ ︷︷ ︸Coriolis−Beschleunigung

Zentrifugalbeschleunigung︷ ︸︸ ︷~ω × (~ω × ~r) (2.2)

Es ist insofern sinvoll an dieser Stelle nicht von Kräften zu sprechen, als die Be-wegung von Luftmassen nicht als die eines Punktteilchens aufgefasst werden kann.Vielmehr muss hier die Kontinuumsmechanik herangezogen werden.

2.2 Kinematik von Flüssigkeiten

Möchte man die Kinematik von Flüssigkeiten beschreiben, kann man nicht mehr al-lein die Mechanik von Punktteilchen verwenden, sondern man geht in die sogenannteKontinuumsmechanik über. An die Stelle des Punktteilchens tritt ein kleines Teilvolu-men, das durch eine sog. "material coordinate" ~ξ = (x0, y0, z0) charakterisiert ist. DieGröÿe eines solchen Volumens ist so gewählt, dass sie im Rahmen der Hydrodynamikals ein Flüssigkeitspunkt gesehen werden kann, aber denoch ist dessen Ausdehnungviel gröÿer als die intermolekularen Abstände der Flüssigkeit. Die zeitliche Entwick-lung des Volumenelements bezeichnet man mit der zeitabhängigen Koordinate ~x(t),deren Zeitableitung ein Vektorfeld ~v(~x, t) repräsentiert. Besser ist es aber von einerGeschwindigkeitsverteilung zu sprechen, da ~v(~x, t) die Geschwindigkeit an einem be-stimmten Raum-Zeit-Punkt beschreibt und nicht etwa die zeitliche Entwicklung desGeschwindigkeitvektors eines Flüssigkeitpunktes. In der Hydrodynamik wird der Be-wegungszustand einer Flüssigkeit durch drei Gröÿen vollständig bestimmt, der Ge-schwindigkeitsverteilung ~v, dem Druck p und einer Dichte ρ. Aber wie bereits erwähntbesitzen die Teilvolumina eine endliche Ausdehnung, d.h. sie können auch Rotationund Deformation erfahren. Diese Eigenschaften können durch einen zweidimensiona-len Tensor Dargestellt werden:

∇~v :=∂vi

∂xji, j = 1, 2, 3 (2.3)

Man kann ihn in einen symmetrischen (eij) und in einen antisymmetrischen (wij)Anteil zerlegen. ~e(~x, t) nennt man auch den Deformationstensor, er beschreibt dieVerformung des betrachteten Voluminas und der Tensor ~w(~x, t) beschreibt die Rela-tivbewegung bzw. die Wirbel des Geschwindigkeitfeldes (wird auch vorticity genannt).

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∇~v = eij + wij

=12

(∂vi

∂xj+∂vj

∂xi

)+

12

(∂vi

∂xj− ∂vj

∂xi

)

2.2.1 Deformationstensor

eij =12

(∂vi

∂xj+∂vj

∂xi

)(2.4)

Im einfachsten Fall besitzt ~e(~x, t) nur Diagonalelemente. Dabei reduziert sich derTensor zu klassischen Divergenz.

~∇ · ~v =3∑

i=1

∂vi

∂xi

Sie beschreibt das Hinein- bzw Herausströmen der Luft aus dem Volumenelement.Das heiÿt der Diagonalanteil des Deformationstensors beschreibt die Volumenänderungrespektive eine Dichteänderung bei konstanten Volumen.Die o-Diagonalelemente (i 6= j) hingegen beschreiben die reine Deformation. Be-

trachte beispielsweise den Eintrag e12:

12

(∂v1

∂x2+∂v2

∂x1

)Er beschreibt die Änderung der ersten Geschwindigkeitskomponente in x2-Richtung

bei gleichzeitiger Änderung der zweiten Geschwindigkeitskomponenten in x1 Richtung.

2.2.2 Tensor der Relativbewegung

Der Tensor ~w(~x, t) beschreibt wie schon oben erwähnt, die Relativbewegung. Dies wirddeutlich, wenn man den Tensor explizit ausschreibt.

wij =12

(∂vi

∂xj− ∂vj

∂xi

)

~w(~x, t) =

0 w12 w13

w21 0 w23

w31 w32 0

=

0 −w21 w13

w21 0 −w32

−w13 w32 0

Dank der Asymmetrie reduzieren sich die Einträge auf drei unabhängige Kompo-

nenten. Man sieht, dass der Tensor die representative Matrixdarstellung der Rotationist. Also in Operatordarstellung:

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w(~x, t) =

w32

w13

w21

× = ~w×

Auÿerdem kann kann ~w noch anders geschrieben werden:

(~w)i =12εijk∂jvk

Damit erhält w(~x, t) folgende Operatordarstellung mit bel. Vektor ~A:

w(~x, t) ~A =12

(~∇× ~v

)× ~A (2.5)

2.2.3 Spannungstensor

Der Spannungstensor oder auch stress tensor τ beschreibt die Kraft pro Einheitsä-che auf der Oberäche eines deformierbaren Körpers, mit einer auf Eins normiertenOberächennormalen. Für Luft ist der stress tensor symmetrisch.Die Diagonaleinträge des Tensors wirken orthogonal zur Oberäche und beschreiben

dadurch den Druck pro Einheitsäche. O-Diagonalelemente beschreiben die Scher-spannung, d.h. Kräfte die tangential zur Oberäche wirken. Für Luft1 ist τ von derForm:

−p2µeij

−p2µeji

−p

(2.6)

Dabei ist eij der Deformationstensor in 2.4. µ der Viskositätskoezient.

2.2.4 Die Navier-Stokes-Gleichung

Die Navier-Stokes-Gleichungen sind die Grundgleichungen der Strömungsmechanik.Mit ihnen kann die Strömung in Flüssigkeiten und Gasen beschrieben werden, wassie für die Meteorologie interesant machen. Sie sind partielle Dierentialgleichungen2. Ordnung für die nur in Spezialfällen eine analytische Lösung existiert. Die globaleanalytische Lösung der Navier-Stokes-Gleichung ist eines der Millenium-Probleme undbisher ungelöst. Man versucht daher mit numerischen Methoden die Lösungen zu ap-proximieren. Zur Herleitung dieser Gleichung ist das sogenannte Reynold's transport

theorem von fundamentaler Bedeutung. Für ein beliebiges Feld ψ(x, y, z, t) und einendliches Volumen V (t) gilt:

1Eigentlich gilt diese Form in einer inkompressiblen Flüssigkeit, ist aber auch für Luft in weitenTemperaturbereichen gültig.

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d

dt

∫V (t)

ψ dV =∫

V (t)

dtdV +

∫A

ψ ~v n dA (2.7)

Wobei n die Oberächennormale der durchströmten Fläche A ist.Mit dem Satz von Gauÿ wird 2.7 zu:

d

dt

∫V (t)

ψ dV =∫

V (t)

(dψ

dt+ ψ ∇~v

)dV (2.8)

Diese Gleichung kann nun auf eine Dichteverteilung ρ(~x, t) angewandt werden. Mit∫V (t)

ρ(~x, t) dV = M

und der MassenerhaltungdM

dt

!= 0

∫V (t)

(dρ

dt+ ρ ∇~v

)dV = 0

Folgt eine Kontinuitätsgleichung:

dt+ ρ ∇~v = 0 (2.9)

Verwendet man in 2.7 für ψ die Gröÿe ρf , so lässt sich mit Hilfe der Kontinuitäts-gleichung 2.9 folgende Beziehung herleiten:

d

dt

∫V (t)

ρ f dV =∫ρdf

dtdV (2.10)

Damit man die Navier Stokes Gleichungen für Luft erhält, fehlt noch eine wichtigeGleichung die sog. Cauchy Bewegungsgleichung, die man aus dem Impulserhaltungs-satz erhält:

d

dt

∫V (t)

ρ ~v dV =∫

V (t)

ρ~fdV +∫

A(t)

τ n dA (2.11)

Mit 2.10 in 2.11 eingesetzt und dem Satz von Gauÿ, erhält man die gewünschteGleichung:

ρ~f +∇τ = ρd~v

dt(2.12)

wobei ~f für beliebige Kräfte pro Einheitsmasse steht. In der Atmosphäre ist dies dieGravitationskraft, die Corioliskraft oder die Zentrifugalkraft.Verwendet man für den Spannungstensor τ die explizite Form 2.6 so vereinfacht sich

2.12 zu einer einfachen Form der Navier-Stokes-Gleichung :

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d~v

dt= ~f − 1

ρ∇p+

1ρµ∇2~v (2.13)

µ ist der Koezient der Viskosität. Oft wird der letzte Term mit ~D abgekürzt die(engl.) specic drag force oder auf deutsch die Reibungskraft:

~D = −1ρ∇τ = −1

ρµ∇2~v

Der zweite Term der Gleichung ist die sog. Luftdruckgradientenkraft, sie ist für dieLuftbewegung verantwortlich. Sie zeigt immer in die Richtung des gröÿten Druckge-fälles. Möchte man die genaue Bewegung der Luft berechnen, so muss die inhomogenepartielle Dierentialgleichung 2.13 in ~v gelöst werden, was analytisch nur für Spezi-alfälle möglich ist. Doch ist es mit numerischen Ansätzen möglich die Lösungen zuapproximieren. Kleine Änderungen der Anfangsbedingungen können aber schon groÿeAuswirkungen auf den zeitlichen Verlauf der Lösungen haben. Das ist unter anderemauch der Grund dafür, weshalb Wettervorhersagen nicht über einen längeren Zeitraumgemacht werden können.

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3 Horizontale Luftbewegungen

Der Motor horizontaler Luftströmungen ist immer ein Luftdruckunterschied der inWetterkarten durch Hoch-, Tiefdruckgebieten und dazwischenliegenden Isobaren dar-gestellt wird. Der Luftstrom ist ein Ausgleichsmechanismus, der bestrebt ist die Energiezu minimieren, indem er den Druckunterschied ausgleicht. Die Kraft die diese Strö-mungen antreibt nennt man auch Luftdruckgradientenkraft(vgl.2.13). Ein Wind der nurdurch die Luftdruckgradientenkraft bewirkt wird, nennt man auch Eulerwind. Dochin Wirklichkeit hat dieser eher eine geringe Lebensdauer. Vielmehr spielen bei realenWinden zunehmend die Corioliskraft und die Reibungskraft eine wichtige Rolle.

3.1 Corioliskraft

Wie bereits schon in der Theorie hergeleitet, bewirkt die Corioliskraft eine Ablenkungder Luftströmungen auf der Erde. Also auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf derSüdhalbkugel nach links. Betrachtet man die Strömung von Hoch- zum Tiefdruckge-biet wird man feststellen, dass die Ablenkung der Winde nach Rechts bewirkt, dassTiefdruckgebiete im Uhrzeigersinn umströmt werden.Die Corioliskraft pro Einheitsmasse ist

~fc = 2 ~ω × ~v (3.1)

Da die Geschwindigkeitsvektoren immer parallel zur Erdoberäche sind, lassen siesich in eine zur Winkelgeschwindigkeit parallele und eine dazu senkrechte Komponentezerlegen. In die Gleichung 3.1 geht also nur die senkrechte Komponente ein. Im Fol-genden sei die Erde als Kugel genähert und es werden Kugelkoordinaten verwendet(~x = (r, ϑ, ϕ)). Also wird 3.1 zu1:

~fc = 2 ~ω × ~v⊥ = 2|~ω||~v⊥| (3.2)

Mit|~v⊥| = |~v| cosϑ

folgt schlieÿlich:

~fc = 2 |~ω||~v| cosϑ (3.3)

Möchte man statt dem Winkel ϑ die Geogarphische Breite θ einsetzen, so wird derCosinus zum Sinus2:1~Ω und ~v stehen aufeinander senkrecht2Die Breitengrade werden vom Äquator aus gemessen: θ = 90 − ϑ

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Breiteθ fC in [10 − 3 ms2 ]

49 3.7410 010 0.86075220 1.6953530 2.4784440 3.1862250 3.7971960 4.2927870 4.6579480 4.8815790 4.95687

Abbildung 3.1: Corioliskraft in Abhängigkeit von der geographischen Breite

~fc = 2 |~ω||~v| sin θ (3.4)

Die Tabelle 3.1soll einen Überblick geben, wie sich die Corioliskraft mit dem Breiten-grad entwickelt. Für die Geschwindigkeit wurde der Wert v = 214.137km

h verwendet3:Am Äquator spielt laut 3.3 diese Kraft keine Rolle, da der Cosinus Null wird. Am

stärksten ist sie an den Polen, hier ist der Cosinus 1.

3Dies ist die Abschätzung eines Isobarenabstandes von 600 km vgl. unten 3.3

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3.1.1 Geostrophischer Wind

Eine der Konsequenzen der Corioliskraft ist der sog. geostrophische Wind. Wie schonerwähnt ieÿt die Luft von Bereichen hohen Lufdrucks zu denen niedrigeren Luft-drucks angetrieben von der Luftdruckgradientenkraft oder kurz nur Gradientenkraft.Linien gleichen Drucks nennt man Isobaren. Im Fall des geostrophischen Windes sol-len geradlinige Isobaren zwischen Hoch und Tief liegen. Die Luft die nun vom Hochzum Tief ieÿt wird, auf der Nordhalbkugel solange von der Corioliskraft nach rechtsabgelenkt, bis sich ein Gleichgewicht zwischen Gradienten- und Corioliskraft einstellt.In diesem stationären Zustand ieÿt die Luft schlieÿlich parallel zu den Isobaren. Derso resultierende Wind wird geostrophischer Wind genannt.

3.1.2 Abschätzung der Windgeschwindigkeit

Aus dem Kräftegleichgewicht zwischen Coriolis- und Gradientenkraft

~FC = ~FG (3.5)

lässt sich die Windgeschwindigkeit abschätzen. Dabei wird der Druckgradient aus2.13 linear genähert:

⇒ |~v| = 1ρ

∆p∆x

(2 sin θ|~ω|)−1

In folgender Tabelle wurde, wie in Abb. 3.2 zu sehen ist, die Druckdierenz ∆p konstant(∆p = 5mbar) gehalten und ∆x als einziger Parameter varriert. Die restlichen Beiträgesind Konstanten.In den Tabellen 3.3 und 3.1.2 wurde die Geschwindigkeit für verschiedene Abstände

berechnet:

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Abbildung 3.2: Wetterkarte von Europa

Spezialfall

Hier sieht man den Fall bei dem parallele Isobaren ihren Abstand vergröÿern, bzw.den Abstand zu den Isobaren p1 und p2 verkleinern. Im Falle paralleler Isobaren weht

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Abstand [km] |~v| [kmh ]

150 856.548200 642.411250 513.929300 428.274350 367.092400 321.205450 285.516500 256.964550 233.604600 214.137650 197.665700 183.546

Abbildung 3.3: Geschwindigkeit in Abhängigkeit vom Abstand der Isobaren

der Gradientenwind, bei dem Gradientenkraft und Corioliskraft im Gleichgewicht ste-hen. Ändert sich nun der Abstand der Isobaren wird die Gradientenkraft reduziert,bei gleichbleibender Corioliskraft. Dies führt zu einer Störung des Gleichgewichtes unddie Luft ieÿt plötzlich entgegen dem Druckgefälle, also vom hohen zum tiefen Druck.Dieser Wind wird auch supergradient wind genannt. In der Grak ist dieser Wind anden mittleren Isobaren durch Pfeile verdeutlicht. Der entgegengesetzte Fall ist an denbeiden Isobaren p1 und p2 zu sehen. Hier verringert sich der Abstand der Isobaren,was eine stärkere Druckgradientenkraft zur Folge hat, die nun stärker als die Corio-liskraft ist. Auch in diesem Fall ist das Gleichgewicht wieder gestört und man kanneinen Luftstrom hin zum Tiefendruck beobachten.

3.1.3 Barokline Winde

Der Fall geradliniger Isobaren tritt in Wirklichkeit eher selten auf. Vielmehr ha-

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Abstand [km] |~v| [kmh ]

750 171.31800 160.603850 151.155900 142.758950 135.2441000 128.4821050 122.3641100 116.8021150 111.7241200 107.0681250 102.7861300 98.8324

Abbildung 3.4: Geschwindigkeit in Abhängigkeit vom Abstand der Isobaren

ben die Isobaren eher einen krummlinigen Verlauf, was bedeutet, dass eine weitereKraft berücksichtigt werden muss: die Zentrifugalkraft. Sie steht senkrecht auf demGeschwindigkeitsvektor und zeigt radial nach auÿen. Wieder ieÿt der Wind von Hoch-zum Tiefdruck, doch um nun einen stationären Zustand zu erreichen, muss sich einGleichgewicht aus Garadientenkraft, Coriolis- und Zentrifugalkraft einstellen.Im Fall eines Tiefdruckgebietes ist die Zentrifugalkraft der Gradientenkraft entgegen-

gesetzt, sie vermindert solange die Windgeschwindigkeit bis der Wind wieder parallelzu den Isobaren weht. Die Corioliskraft hat keinen Einuss auf die Beschleunigung derLuftmassen da sie senkrecht zur Bewegungsrichtung ist. Beim Hochdruckgebiet ndetman jedoch genau den entgegengesetzten Fall. Hier ist die Garadientenkraft vom Zen-trum weggerichtet, das heiÿt sie ist parallel zur Zentrifugalkraft, was wiederum eineVerstärkung der Windgeschwindigkeit zur Folge hat.

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3.2 Reibungskraft

Die bisherigen Betrachtungen sind so nur in hohen Schichten der Atmosphäre gültig.Je näher man sich an der Erdoberäche bendet, um so mehr spielt die Reibung eineRolle, die je nach Bodenbeschaenheit gröÿer oder kleiner ist. Die Grenze zu Gebietenin denen man die Reibung vernachlässigen kann ist von mehren Parametern abhängig,wie zum Beispiel von der thermischen Schichtung, der Windgeschwindigkeit und derBodenrauhigkeit. Sie schwankt ungefähr zwischen 500 bis 1000 Meter. Würde keineReibung in Bodennähe auftreten, dann würden sich die im vorigen Abschnitt darge-stellten stationären Zustände einstellen und einen Druckausgleich unmöglich machen.Die Reibungskraft ist dem Geschwindigkeitsvektor entgegengerichtet, steht also auch

senkrecht auf dem Vektor der Corioliskraft. Dies lässt sich am Beispiel des Geostro-phischen Windes schön verdeutlichen. Wirkt nun zusätzlich die Reibungskraft, wirdsich ein neuer stationärer Zustand einstellen. Der Wind der ohne Reibung parallel zuden Isobaren wehen würde, wird nun Richtung Tiefdruckgebiet abgelenkt.

~FG + ~FC + ~FR = 0 (3.6)

Die Ablenkung des Windes beträgt über See ca. 10 bis 20, über Land sogar zwi-schen 30 und 50 Grad. Das führt dazu, dass sich Tiefdruckgebiete über Land schnellerAuösen als über dem Meer.

3.2.1 Abschätzung der Reibungskraft

Betrachtet man die obig Grak, dann lässt sich die Reibungskraft ~FR durch ~FG aus-drücken. Der Winkel zwischen Reibungswind und Gradientenwind wird im folgendenmit β bezeichnet. Dann ist:

|~FR| = |~FG| sinβAuÿerdem lässt sich die Reibungskraft allgemein als "Reibungskonstante α"mal dieGeschwindigkeit schreiben:

~FR = α~v

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Man bekommt schlieÿlich für α folgenden Ausdruck:

α =|~FG|

sinβ|~v|(3.7)

Um nun eine Abschätzung für die Reibungskonstante zu bekommen, kann |~FG| durchden geostrophischen Wind 3.5 abgeschätz werden:

α =f

sinβ(3.8)

mit dem Coriolisparameterf = 2 sin θω

Über Land ergibt das schlieÿlich, mit β = 15 und einer typischen Windgeschwin-digkeit von |~v| ≈ 10km

h :

α = 6, 75 · 10−4 1s

FR = 1, 87 · 10−3m

s2

3.3 Divergenz und Konvergenz

Im Strömungsbild der Atmosphäre treten gewisse Unregelmäÿigkeiten auf, Punkteoder Linien, von denen Luft auseinander strömt bzw. zusammenieÿt. Den sogen-anten Divergenz- bzw. Konvergenzpunkte (-/linien). Sie lassen sich den, bereits imZusammenhang des Kräftegleichgewichts besprochenen Hoch-, und Tiefdruckgebietenzuordnen. Doch zuvor wurde noch nicht beachtet, dass im Falle eines Hochdruckgebietsnicht unbegrenzt Luft abieÿen kann, ohne dass Luft nachströmt. Dies wird jedoch inder Vertikalen sichergestellt. Luft die in Bodennähe abieÿt, strömt von höheren Luft-schichten nach. Auch bei Tiefdruckgebieten ist die Situation ähnlich. So würde ein Tieftrotz des Corioliseekts doch recht schnell ausgeglichen werden, würde die Luft hiernicht nach oben abieÿen. Diese Eekte führen zu einer Vertikalzirkulation.

3.4 Turbulenzen

Strömungen jedlicher Art lassen sich in zwei Kategorien einteilen:

laminare Strömungen

turbulente Strömungen

Sie lassen sich durch eine dimensionlose Gröÿe der Reynold's Zahl charakrisieren:

Re =ρvL

µ(3.9)

ρ ist die Dichte der Luft

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v die Flieÿgeschwindigkeit

L die Länge des Betrachteten Ausschnittes

µ dynamische Viskosität

Übertritt eine Strömung einen kritischen Wert der Reynoldszahl, so wird sie tur-bulent. Da wir es in der Atmosphäre mit groÿen Längenskalen L zu tun haben, wird(vgl 3.9) die Reynold's Zahl sehr groÿ und überschreitet fast immer den kritischenWert. Deshalb haben wir es in der Atmosphäre fast ausschlieÿlich mit turbulentenStrömungen zu tun. In Bodennähe werden diese noch durch Vegetation und Bebau-ung verstärkt. Die Turbulenz bewirkt die Bildung sogenannter (engl.) Eddies, d.h. dieBildung von Wirbeln, die auch bald wieder zerfallen. Sie bewirken eine Schwankungder Windrichtung wie auch der Windgeschwindigkeit, sind also die Ursache für böigenWind.

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