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BIEDERMEIERZEIT BAND I

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BIEDERMEIERZEIT

BAND I

FRIEDRICH SENGLE

Biedermeierzeit DEUTSCHE LITERATUR

1M SPANNUNGSFELD ZWISCHEN RESTAURATION

UND REVOLUTION 1815-1848

BAND I

Allgemeine

Voraussetzungen

Richtungen

Darstellungsmittel

J. B. METZLER STUTTGART

MCMLXXI

ISBN 978-3-476-00182-5 ISBN 978-3-476-02980-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-02980-5

~ 1971 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprunglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung

und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1971

MEINER FRAU

VORWORT

Diese Epochendarstellung ist der erste Versuch, das Zeitalter der Metternichschen Restauration (1815-48) in sich selhst, als eine relativ selhstandige GroSe, nicht nur als Dhergangs- oder Epigonenzeit zu hegreifen und aus den verschiedensten Per­spektiven literarhistorisch zu erkunden - auch an Stellen, die hisher noch keines Forschers FuS hetrat. Die Biedermeierzeit gleicht einem fremden, ziemlich weit ent­fernten Land, dessen Hohen ofters, zur Zeit sogar immer haufiger, angeflogen wer­den, das aher in seiner gesamten Ausdehnung noch nicht vermessen und fur den Ver­kehr erschlossen wurde. Der Verfasser sieht sich als Pionier, der viele Wege - auch durch die unhekannten Taler und scheinhar unfruchtharen Ehenen - anlegte, der zahlreiche Vermessungen durchfuhrte und eine vorlaufige Landkarte anfertigte. Er widmete dieser Aufgahe in zwanzig Jahren jede Zeit, die er zu Hause, als geplagter Massenfachprofessor, ahkommlich war, hemerkte aher, daS er sich etwas vorge­nommen hatte, was, trotz mancher Hilfe, fast uher die Kraft eines einzelnen Mannes ging. Ein Forscher der jungeren Generation hatte ein derartiges Unternehmen wahr­scheinlich nur in Gemeinschaft mit andern, in einem Expeditionskorps mit einer Reihe von Spezialisten hegonnen.

Ohne Gleichnis gesagt: Diese Epochendarstellung ist keine im Teamwork erarhei­tete Enzyklopadie, sondern ein personliches Werk. Ich denke aber, daS sie eben damit die mit Skepsis hetrachtete und daher so oft durch Essay oder Interpretation oder durch Interpretationssammlungen ersetzte Literaturgeschichtsschreibung wie­der aufnimmt und weiterfuhrt, - ahnlich wie mein Wieland nach dem zweiten Weltkrieg, in einer erhaulichen oder kunstschmusenden Zeit, die in Verruf geratene Dichterhiographie rehahilitieren wollte.

Die heute herrschende Vorstellung, die Literaturgeschichte und die ihr zuzuord­nende akademische Vorlesung lasse sich durch Nachschlagewerke ersetzen, igno­riert naiv die Tatsache, daS die Geisteswissenschaft ohne das Suhjekt unfruchthar wird, daS sich geschichtliche Strukturen, ahnlich wie Werkstrukturen, nur durch Interpretation erschlieSen lassen. Diese historische Interpretation kann der Wahr­heit nahekommen, ja, wie ich hoffe, stellenweise heweiskraftig sein, aher nie im Sinne der klassischen Naturwissenschaft Ohjektivitat heanspruchen. Eine Kollektiv­arheit konnte im positivistischen Sinne sicherlich manchen Vorzug vor diesem Buch hahen; aher sie ware viel starker der Gefahr ausgesetzt, ein strukturloses Sam mel­surium von Stoffen und Ideen zu hieten und so die Moglichkeit einer klaren Anschau-

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Vorwort

ung der Epoche, wie auch einer entsprechend klaren Auseinandersetzung mit dem entworfenen Bilde zu versaumen.

Die heutige Tendenz zur Enzyklopadie, zur Dokumentation, zur Edition verschol­lener T exte u. dgl. hat auch nach meiner Auffassung einen guten Sinn, insofern, als die bisherige Literaturgeschichte auf einer viel zu schmalen, ;ede Deutungswillkur gestattenden Materialbasis aufgebaut war. Dies gilt bei uns in Deutschland vor allem fur die Geschichte der Poetik und Rhetorik, die im Zeichen des Geniebegriffs und anderer poetologischer Luftschlosser miBachtet und vergessen wurde, obwohl die Literaturgeschichte ohne diese Grundlage der Spekulation oder, wie neuerdings ublich, der schrankenlosen Modernisierung anheimfallen muK Ich habe der heuti­gen enzyklopadischen Tendenz aus diesem Grund mit einem sehr guten Gewissen nachgegeben. Diese Epochendarstellung enthalt mehr Zitate, uberhaupt mehr Mate­rial, als der literarhistorischen Tradition entspricht. Sie basiert sogar auf der ketze­rischen Vorstellung, daB die ubliche Methode, mehr oder weniger zufallige Einzel­heiten zu betonen und damit zum Symbol zu erhohen, uber eine geistreiche, viel­leicht halb und halb kunstlerische Essayistik nie hinausfiihren kann. Auch in der Geisteswissenschaft lassen sich, wie mir scheint, ohne methodische »Reihenbildung« keine verliiplichen Ergebnisse erzielen; denn geschichtliche Strukturen sind nie voll­kommen eindeutig, sondern immer nur Dominanten innerhalb zahlreicher wider­spruchlicher Tendenzen und Traditionen. Da es fur jedes Einzelzitat ein Gegenzitat gibt, bleibt man ohne eine quantitative Erfassung der historischen Tendenzen im Vorhof der Geschichte. Aber zu einem lebendigen Bilde gelangt man durch die bloBe Entfaltung der Stoffmassen, ohne aktive, dem Irrtum ausgesetzte Rekonstruktion nicht. Mein Ziel war es ;edenfalls, einen moglichst breiten historischen Stoff mog­lichst tief, d.h. konstruktiv zu erfassen.

Man mag schon dem Ziel der Rekonstruktion miBtrauen. Es ist in der heutigen Literaturgeschichte eine gebrauchliche, wenn nicht die herrschende Methode, den Epochen, die uns vermeintlich naheliegen, und so auch der Biedermeierzeit, in der Weise zu begegnen, daB man nach dem Modernen in ihnen Ausschau halt und es daher uberall findet. Das nachstliegende Beispiel dafur ist Walter Hollerers Buch Zwischen Klassik und Moderne (11958), das uber die ursprungliche Absicht einer Spezialarbeit (»Lachen und Weinen in der Dichtung einer Dbergangszeit«) durch geistreiche Interpretation und kuhne Modernisierung weit hinausgewachsen ist. Der Zweck dieses essayistischen, urn nicht zu sagen didaktischen Verfahrens ist es wohl, uns die Vergangenheit »nahezubringen« und dadurch interessanter zu machen. Hollerer hat denn auch ein dankbares Publikum fur sein Buch ge­funden, vor allem in der auslandischen Germanistik, fur die der Zugang zur deut­schen Literatur naturgemaB schwieriger ist. Wozu aber uberhaupt Geschichte, wenn wir nicht bereit sind, den magischen Kreis des Modernen zu durchbrechen, zu rela­tivieren und, ohne Angst vor der notigen Umstellung, in ein anderes, fremdes Land zu gehen?

Ich sagte schon, daB ich die Biedermeierzeit fur ein »ziemlich weit entferntes Land« halte. Vielleicht war zu Beginn unseres Jahrhunderts, als das Interesse am Bieder-

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Vorwort

meier erwachte - in der Zeit des Jugendstils und der Wandervogel! -, diese vor­demokratische, wirtschaftlich hochst bescheidene und im wesentlichen vortech­nische Epoche noch durch eine starke Tradition gegenwartig. Heute ist die »gute alte Zeit« in Deutschland selbst aus den guten Familien, aus den Lesebiichern und aus der Literatursprache verschwunden. Dnd die Antiquitatenfachleute machen es wie die erwahnten Literarhistoriker. Sie bauen aus einem Stiickchen Biedermeier­kommode ein ganzes, altaussehendes, in Wirklichkeit aber modernes Mobelstiick. Wir sind, zum mindesten in Deutschland, von Heines Lorelei so weit entfernt wie unsere modernen Flugzeuge von der ersten Eisenbahn. Man sollte sich also endlich gestehen, daB wir mit der Biedermeierzeit keine direkte Verbindung mehr haben, daB sie endgiiltig historisch geworden ist. Wenn wir dies nicht tun, verhalten wir uns wie der Neureiche, der vornehme Ahnen durch gefalschte Antiquitaten vortau­schen will, oder gar wie der bekannte deutsche Italienreisende, der sich dariiber argert, daB die Leute in Florenz nicht einmal deutsch konnen. Nein, die Biedermeier­zeit spricht nicht unsere Sprache; man mup sie ubersetzen. Aber solI sie deshalb schon uninteressant fiir uns sein?

Winckelmann hat in Homer nicht die Aufklarung und Herder in Shakespeare nicht das Rokoko gesucht; sondern sie bemiihten sich, die fremden Dichter, so gut sie konnten, zu begreifen und durch sie die Moglichkeiten der Dichtung, - des Men­schen besser zu verstehen. Wenn ich versuche, die Biedermeierzeit, so gut ich kann, wiederherzustellen - wie der Archaologe eine antike Stadt in der Wiiste - so bekenne ich mich damit nicht zu einem absoluten Historismus, sondern ich glaube, eben da­durch auch der Gegenwart den besten Dienst zu erweisen. Oder meint man, daB unserem herrlichen Jahrhundert die Konfrontation mit anderen Epochen weniger nottut als dem achtzehnten? Vielleicht denkt man auch nur, die Biedermeierzeit speziell sei solcher Aufmerksamkeit nicht wert. Doch eben diese traditionelle Lehr­meinung will mein Buch berichtigen. Nicht nur der einzelne Dichter, den der Heine-, Biichner-, Grillparzer- und Morikeverehrer in seiner Modernitat oder Oberzeitlich­keit zu wiirdigen versucht, sondern die ganze Epoche, eine auBerlich wenig glor­reiche Nachkriegszeit wie die unsrige, ist ohne den absterbenden Mythos von der »zweiten deutschen Bliitezeit« besser als ihr Ruf. Ihr Anblick wird manchen, der sich iiber unseren eigenen historischen Standort keine Illusionen macht, vielleicht doch ein wenig nachdenklich stimmen. Oberdies ist ja zur Geniige bekannt, daB auch eine Geschichtsschreibung, die sich jede bewuBt verfalschende Modernisierung versagt, deutliche Spuren der Zeit tragt, in welcher der Verfasser lebte.

Eine Voraussetzung meiner Epochendarstellung - das sei nicht verschwiegen - ist die Erfahrung der Adenauerschen Restauration, die sich dem etwa vierzigjahrigen Verfasser nach der Wielandbiographie aufdrangte. Diese hatte er, in der Hoffnung auf eine maBvollere Zukunft, etwas pathetisch »einem anspruchsvollen, von seinen Leidenschaften oder Meinungen besessenen Zeitalter« entgegengesetzt (Vorwort), ohne noch zu wissen, wieviel falscher Anspruch, wieviel aggressive Leidenschaft und wieviel Dogmatismus die Zukunft in sich barg, nicht nur in fernen Kontinenten, sondern gerade auch in seiner akademischen Dmwelt, von der man Geduld und

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Vorwort

AugenmaR erwarten durfte. Was ihn sogleich beschaftigte, war das gegen seine Er­wartung auftauchende Phanomen der Restauration. Ihm glaubte er durch eine Inter­pretation der von Metternich gefiihrten Restaurationszeit naher zu kommen. DaR das Jahr 1848 (Metternichs Sturz) ein Einschnitt von groSer geschichtlicher Tiefe war, wurde ihm aus dem Studium der QueUen rasch dcutlich. So gab er die nach dem ersten deutschen Revolutionsversuch einsetzende Epoche an Fritz Martini ab (Deut­sche Literatur im biirgerlichen Realismus 1848-1898, 1962).

Der fiir meine EpochendarsteUung gewahlte schlichte Obertitel Biedermeierzeit meint alle Richtungen der Restaurationsperiode. Ich kenne auSer dem konservativen Biedermeier und dem liberalistischen Jungen Deutschland noch eine ganze Reihe anderer Richtungen oder Traditionen (vgl. 1. Band, 3. Kapitel). Ich entspreche konse­quent der friiher von mir begriindeten Einsicht in die (hochstens formal zu begren­zen de) Verschiedenheit des Gleichzeitigen. Die Beschreibung der Biedermeier-Rich­tung, in Fortfiihrung und Abwandlung der alteren Biedermeierforschung, war also nur eine von vielen Aufgaben, die ich mir stellte. Der Leser muS, urn den Titel zu verstehen, Biedermeierzeit, als den umfassendcren Begriff, von dem engeren Begriff des Biedermeiers streng unterscheiden. Biedermeierzeit ist nichts weiter als ein Sam­melbegriff, des sen Inhalt erst geklart werden muS (vgl. 1. Band, 1. und 2. Kapitel). Ich wahlte das Wort statt des zunachst von mir beniitzten, scheinbar scharferen Be­griffs Restaurationszeit (DVjs 1956) vor aHem deshalb, wei I ich, nach eingehender Priifung des Phanomens, nicht mehr leugnen konnte, daf? Restauration so gut wie Revolution ein allgemeiner geschichtsphilosophischer Begriff ist. Restaurationen hat es oft gegeben und wird es immer wieder geben, wahrend der Kulturhistoriker auch in tausend Jahren noch ohne Zusatz wissen wird, daS mit der Bicdermeierzeit die Epoche der Metternichschen Restauration gemeint ist. Der Leser soUte sich an diesem relativ gleichgiiltigen Begriff - es ist eigentlich nur ein Name! - nicht stoSen, auch wenn dies im Augenblick noch der herrschenden Mode in unserer Wissenschaft widersprechen mag. Mir ging es nie urn die zeitgemaSe Verpackung, sondern urn den dauerhaften Inhalt meiner Publikationen. Der vorurteilslose Leser wird zunachst fragen, was der Verfasser unter der Biedermeierzeit versteht und wie etwa seine ver­schiedenen Thesen in der Einzelforschung anzuwenden oder fortzuentwickeln waren.

Die Biedermeierzeit ist bekanntlich eine Epoche, die auSerlich friedlich, sonst aber ziemlich zerstritten, ja schlieSlich explosiv war und aus deren Arsenal die Parteien leider immer noch ihr Pulver holen. Da es immer ehrlicher ist, Voraussetzungen, die nicht ohne wei teres beweisbar sind, offenzulegen, gestehe ich, daS ich als ein Gegner der Restaurationen von 1815 und 1945 an meine Aufgabe herangegangen bin. 1n­dem ich die Restauration zu einem Gegenstand meines Nachdenkcns machtc und prinzipieU zu verstehen versuchte, entfernte ich mich zwar von den en, die sich ein­bilden, eine Progression ohne Riickschlage sei bei gutem Willen moglich. Ich er­kannte die Restauration als die gesetzmaSige Folge jeder Revolution. Ais kritischer Literarhistoriker konnte ich auch nicht leugnen, daS dem seit 1815 zuriickgewonne­nen konservativen Terrain beachtliche Dichter entsprossen, denen die Fortschritts­partei auf manchem Gebiet - man denke an die Erzahlprosa! - nichts gegeniiberzu-

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Vorwort

stellen hatte. Aber personlieh stand ieh eher auf der Seite der Metterniehgegner, und dies hatte moglieherweise zur Folge, daB ieh das konservative Biedermeier nieht mehr so innig liebte wie die Biedermeierforsehung von 1910 oder 1930.

Trotzdem gehore ieh nieht zu denen, die behaupten, der ungemein komplizierte Heine sei ein strammer Demokrat gewesen oder Weerth ein genialerer Dichter als Stifter oder Morike habe sieh aus Protest gegen Metternieh in die Idylle zuriiek­gezogen. Ich weiB, daB ieh einfaeh als ein Historiker, der die Parteiliehkeit ablehnt, also wissentlieh niehts Falsehes sagt, die sogenannten Linksintellektuellen genauso enttiiusehe wie diejenigen, die glauben, es lasse sieh im Zeitalter der einen Welt die Politik, die ganze Kultur am Christentum orientieren - wie vielleieht (gerade noeh!) in Metterniehs Mitteleuropa. Wenn die Links- und Reehtsideologen, die gerade diese Epoehe gerne ausbeuten, unzufrieden sind, habe ieh das beste Gewissen; denn aueh dieser Gegensatz geht nieht zuletzt auf Metterniehs Zeit zuriiek und ist, genau be­sehen, so fern wie diese, ein Naehhall des dogmatisehen, in jeder Weise absolutisti­sehen Abendlands, das schon im Zeitalter des Realismus todlieh getroffen wurde und des sen Untergang bis heute mehrere Parteien in Ost und West noeh nieht bemerkt haben.

Soviel zur Klarung meiner Voraussetzungen und meines Ausgangspunktes, urn keine unmogliehe Art von Objektivitat zu beanspruehen. Der Leser wird im iibrigen gut daran tun, sieh auf ein Werk einzustellen, das von Anfang an im bewuBten Widersprueh gegen das Zeitalter der Interpretationssammlungen, Vortragsreisen und Tasehenbiieher gesehrieben wurde, das also den Vorwurf altmodiseher Gelehr­samkeit nieht seheut. Besonders die ersten beiden Bande riehten sieh an die Faeh­welt. Sie wollen die literarhistorische Grundlage fur die Stil-, Werk- und Personal­interpretationen schaffen. Diese Grundlage gibt es, naeh der Meinung des Verfas­sers, fiir die Biedermeierzeit noeh nirgends, weshalb denn aueh die Einzelinterpreta­tionen so oft die individuelle Leistung ihres Diehters an der falsehen Stelle suehen und liberhaupt verkehrte oder sehiefe Akzente setzen. Dies gilt auch flir die kriti­sehen Akzente, die ohne Kenntnis der Epoehenstruktur willklirlieh bleiben mlissen.

Buehhandleriseh gesehen war das Bueh schon vor zehn Jahren, naeh der Nieder­sehrift einer kulturgesehiehtlichen Einleitung und der Diehteressays (in erster Fas­sung), jetzt Band III, abgesehlossen. Aber ieh muBte mir in diesem Stadium zu mei­nem Leidwesen gestehen, daB die wiehtigsten Punkte meiner Disposition noeh fehl­ten. Konnte der Leser dieses Buchs - etwa ein Student, der Atta Troll interpretie­ren wollte - nieht erwarten, einen Absehnitt iiber das komisehe Epos zu finden? MuBte dem Gotthelfdoktoranden nieht naehgewiesen werden, daB die Erzahlprosa damals noeh tief in der Rhetoriktradition steekte, daB er es also nieht notig hatte, den Pfarrerdiehter wegen der Predigteinlagen zu entsehuldigen? Verlangte der Stu­dent, der Biiehners Stil (mit den naehdriiekliehen kurzen Satzen) interpretierte, zu viel, wenn er sieh in diesem Bueh einen Absehnitt iiber die Theorie und Praxis der Syntax wahrend der Biedermeierzeit erwartete? Und konnte der Immermann-Dok­torand nieht hoffen, eine gesehiehtliehe Erklarung fiir das merkwiirdige Ineinander von Dorfgesehiehte und satirischem Roman im Munchhausen vorzufinden? Ich

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Vorwort

muBte aIle vier Fragen und tausend andere dieser Art als berechtigt anerkennen und daraus, aus dem legitimen modernen Anspruch an die Literaturgeschichte ergab sich der groBe Umfang des Werks. Man hatte ihn natiirlich bedeutend kleiner halten konnen, wenn es auf die Schulung von linken oder rechten Orthodoxen angekom­men ware. Sobald ich aber der speziellliterarhistorischen, das heiBt der stil- und gat­tungsgeschichtlichen Seite meiner Aufgabe genauso gerecht werden woIIte wie der sozial-, personal- und religionsgeschichtlichen, war eine groBe Vermehrung des Um­fangs nicht zu vermeiden.

Ich leugne gewiB nicht, daB man dies und jenes hatte anders machen konnen. Es gibt in der Geisteswissenschaft immer einen gewissen individuellen Spielraum. Trotz­dem bin ich davon iiberzeugt, dap jeder, der die Gattung der literarhistorischen Epochendarstellung an die moderne, m.E. unausweichliche Methodenvielfalt und Methodenkombination anpassen will, iihnliche Wege gehen mup. Wenn meine Generation viele Aufgaben, deren Losung die Jiingeren von ihr erwarten durften, z.B. die notwendigen Erneuerungen der Barock- und Romantikdarstellungen, nicht in Angriff nahm, wenn sie das Werk der Giinther Miiller und Korff kaum fortfiihrte, so lag dies wohl auch daran, daB man vor der konsequenten Verfolgung des beschrie­benen, gewiB nicht leichten Weges zuriickschreckte. Mein Bestreben war es jeden­falls, die Tradition der deutschen Literaturgeschichtsschreibung, die noch im Zeit­alter der Weimarer Republik, als ich studierte, bemerkenswert war, fortzufuhren und das Beispiel einer neuen Art von Epochendarstellung zur Diskussion zu stellen.

Mein Buch hat gewiB manche Nachteile einer Pionierarbeit. Trotzdem wird es in der Zukunft kaum als erratischer Block erscheinen - als Unikum, wie man mir sagte -; sondern man wird es in unserer literaturwissenschaftlichen und literarischen Land­schaft ebenso selbstverstandlich £lnden wie meine Vorschliige zur Reform der litera­rischen Formenlehre, die nicht wenige akzeptierten. Die kIeine Schrift war ein Nebenzweig der groBen, und beide Schriften beanspruchen, wie dies der Wissen­schaft entspricht, nur, an der Zeit, vielen hilfreich und notwendig, nicht etwa einzig­artig zu sein.

Meine Biedermeierzeit ist, zusammen mit Martinis Realismusdarstellung, auBer­lich ein Ersatz fiir Hugo Biebers Kampf um die Tradition (Epochen der deutschen Literatur, Bd. 5, 1928). Dieses Werk, dem es gewiB an Geist nicht fehlte, fand ich unpraktisch und nicht so wirksam, wie es zu sein verdiente. Ich bemiihte mich daher, mein Buch auch fiir diejenigen zuganglich zu machen, die es nicht ganz lesen wollen. Damit meine ich nicht, daB diese EpochendarsteIIung in erster Linie als Nachschlagewerk gedacht ist. Sie hat zwar ein Register, will aber, wie gesagt, keine Enzyklopadie sein. Wichtig dagegen erscheint mir ihre Kleinteiligkeit, die starke Gliederung und Untergliederung des Buches. Diese vor aIIem soIl die Teillektiire er­moglichen. So werden z. B. die einleitenden, iiberwiegend theoriegeschichtlichen Abschnitte in den Gattungskapiteln des zweiten Bandes und die entsprechenden Teile im Kapitel Literatursprache (I. Band) gewiB auch solche Beniitzer interessieren, die in den angrenzenden Epochen arbeiten; denn ich greife fortlaufend auf die Ro­mantik oder das 18. Jahrhundert zuriick und fiihre die Probleme, iiber den Ein-

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Vorwort

schnitt von 1848, bis in die durch den programmatischen Realismus heraufgefiihrte Epoche weiter. Das von mir vorgelegte Material zur Rhetorik-, Poetik- und Stil­geschichte ist zum groBeren Teil unbekannt. Die Notwendigkeit, auf die Quellen selbst zuriickzugreifen, wurde im Lauf der Arbeit immer groBer; denn fiir Band 1 und II lieB mich die Fachliteratur auf weiten Strecken im Stich. Urn so fleiBiger zog ich die Theorie, Kritik und Publizistik der Biedermeierzeit heran. Diese bietet nam­lich sogar an den Punkten, die relativ gut erforscht sind, fiir die erwahnte Rekon­struktion manchmal bessere Hilfe als moderne Interpretationen, die historisch schlecht fundi crt sind.

Die Freunde meiner Wielandbiographie bitte ich bei der Priifung dieses Werks zu bedenken, daB ich nicht nur alter und ein strengerer Forscher geworden bin, son­dern auch einer ganz anderen wissenschaftlichen Gattung entsprechen muBte. Der Stil der Epochendarstellung fordert, im Vergleich zu dem der Biographie, cine viel groBere Entsagung. Ich hielt es jedenfalls fiir meine Pflicht, die etwa vorhandenen essayistischen Moglichkeiten meiner Feder in die Randschicht des Werks abzudran­gen; denn fiir ein immer erneut der Essayistik und der Gegenwart verfallendes Fach - ich meine die Geschichte der neueren deutschen Literatur - sind Rationalisten un­entbehrlicher als Belletristen. Die Gefahr einer dichtungsfremden Soziologisierung unseres Faches mag heute die traditionelle asthetisierende Essayistik als die gediege­nere Alternative erscheinen lassen. Trotzdem sollte das noch recht ferne Ziel, die neuere Germanistik zu einer unumstrittenen und stetigen Wissenschaft zu entwik­keln, nicht mehr aus den Augen gelassen werden. Man kann sicherlich, nach wie vor, iiber Nutzen und Nachteil der Historie streiten; die verstarkte Beriicksichtigung der literatursystematischen Fragen, die jedem Beniitzer dieser Epochendarstellung auf­fallen wird, versucht der Historismuskritik, soweit sie berechtigt war, zu entspre­chen. Auch die Anmerkungen unter dem Text haben ofters den Zweck, die histori­sche Deutung systematisch zu unterbauen. Ich bemiihe mich, die langst in Gang ge­kommene Wiedervereinigung von Literaturgeschichte und Literaturtheorie weiter­zufiihren. Aber die aktualisierende Pseudohistorie, die den Antihistorismus abzu­losen scheint, ist keine diskutable Entwicklungsmoglichkeit.

Ich gestehe, daB mich trotz des klaren Ziels, das mir vor Augen stand, wahrend des langen Weges und auch an seinem Ende manchmal das Gefiihl des Mannes, der iiber den Bodensee ritt, heimsuchte: Warum sind die StraBen, die mir so selbstver­standlich erscheinen, nicht beschildert und befahren? Warum sind gerade die Wege, die zu den wissenschaftlich wichtigsten Zielen fiihren, so menschenleer?

Das soli nicht heiBen, daB ich ganz allein unterwegs war. 1m Gegenteil, ich habe sehr viel fiir Hil£e zu danken. Ohne diese hatte die Epochendarstellung nicht in der vorliegenden Gestalt fertiggestellt und veroffentlicht werden konnen. An erster Stelle danke ich clem Verleger Hermann Leins dafiir, daB er das sozusagen gegen den Buchhandel geschriebene Buch zu verlegen wagte. Offenbar wollte er am soge­nannten »schwabischen Eigensinn« seines alten Verlagsautors und Landsmanns teil­haben. An zweiter Stelle danke ich, obwohl dies nicht iiblich ist, meinen Kollegen in den Philosophischen Fakultaten Marburgs, Heidelbergs und Miinchens dafiir, dag

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Vorwort

sie es mir durch eine gewisse Dispensierung von der akademischen Selbstverwaltung ermoglicht haben, entschiedener, als dies in Massenfachem he ute noch Usus ist, der Lehre und Forschung den Vorzug zu geben. Ich hoffe, mit meiner Arbeit, wie sie, gegen den drohenden Untergang der wissenschaftlichen Universitat in Deutschland Widerstand geleistet zu haben. An dritter Stelle danke ich der Deutschen Forschungs­gemeinschaft und ihren Fachreferenten dafur, daB sie mich, durch die Bewilligung einer Forschungshilfskraft, jahrelang und bis zur SchluBredaktion entia stet und da­durch die Konzentration auf die wichtigsten Arbeiten, besonders auf die Quellen­lekture, ermoglicht haben. Die Namen meiner Mitarbeiter sind in der Reihenfolge ihrer Tatigkeit: Rolf Schroder, Udo Kretzschmar, Werner Weiland, Georg Jager und Jutta Bus. Verges sen darf ich auch nicht die zahlreichen Doktoranden, Staatsexa­mens- und Magisterkandidaten, die auf dem Felde der Biedermeierzeit - manchmal sehr eng! - mit mir zusammengearbeitet haben. Besonders die Dissertationen sind eine unentbehrliche Erganzung dieser Epochendarstellung. Ich widme ihnen am SchluB des Gesamtwerks eine besondere Seite. Die ungedruckten Magister- und Staatsexamensarbeiten, denen ich Dank schul de, nenne ich in den Quellennach­weisen. Hinweisen mochte ich auch auf die mir gewidmete Festschrift Zur Litera­tur der Restaurationsepoche 1815-1848, die Jost Hermand und Manfred Windfuhr 1970 herausgaben und die auBer interessanten Einzelaufsatzen entsagungsvolle For­schungsberichte zur Biedermeierzeit enthalt. Fur besonders wertvolle kritische Hilfe bei der Redaktion und Kontrolle des Rohmanuskripts - diese war nach langjahriger Arbeit nicht immer leicht - habe ich schlieBlich Herm Manfred Windfuhr und sei­nem linguistischen Kollegen Georg Stotzel in Dusseldorf, dem Doktorandenkreis Windfuhrs, Herm Gunter Hantzschel, Frau Marlies Schindler, Munchen, und noch einmal meinen Forschungsassistenten Georg Jiiger und Jutta Bus zu danken.

Munchcn, im September 1970 FRIEDRICH SENGLE

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INHAL TSVERZEI CHNIS

1. Kapitel

GRUNDSTIMMUNG. FUNDAMENTALGESCHICHTLICHE SITUATION.

DIE FORM DER \'Y'ELTDEUTUNG 1

Der Weltschmerz und seine Hintergriinde 1

Die weite Verbreitung des Weltschmerzes 2 Geschichtliche Hintergriinde des Welt­schmerzes 8 Die nationale Enttauschung 9 Unfreiheit 12 Allgemeine Armut 13 Restauration des Adels 17 Der verstarkte Kollektivismus 20 Der religionsge­schichtliche Grund des Weltschmerzes 26 Die Romantik und die junge Genera­tion 31

Erneuerung und Erweiterung des Empirismus 34

Garten, Alpinismus, Korperkultur, Psychologie, Hygiene 36 Die wissenschaftliche Spezialisierung und ihre Grenze 40 Historienmalerei und Historiendichtung 44 Von der Historie zur Alltagsmalerei und -dichtung 46

Vorliebe fiir die kleinen politischen und gesellschaftlichen Formen 48

Der Heimatstaat 50 Der kirchliche Partikularismus 52 Der unheimliche Eros und die heilige Familie 56 Der Mutterkult 59 Lob des Hauses 61

Der allgemeine Ordnungsbegriff trotz verschiedener Inhalte 64

Ablehnung des konsequenten Individualismus 68 Das iibernationale Ordnungs­denken 72 Weitverbreitetes Festhalten am Unsterblichkeitsglauben 74 Das Nach­wirken der christlichen Eschatologie 77 Der prinzipielle »Harmonismus« und die objektive Duplizitat 78

2. Kapitel

AUFFASSUNG UND GEBRAUCH DER DICHTUNG 83

Man migtraut der Asthetik 84 Die Kunst ist nicht autonom 85 Herbarts anti­idealistische Asthetik 86 Die neue Naivitat 88 Absage an den Kultus der Form 89

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Inhaltsverzeichnis

Das Vorbild Aristophanes 90 Dichtung und empirische Wissenschaft 91 Zum Epigonenproblem 93 Die gedruckte Dilettantenliteratur 98 500 Schrift­stellerinnen 102 Die Meister und der Dilettantismus 103 Die prinzipielle Hoch­schatzung der Dichtung erhalt sich 104 Die falsche Genialitat und ihre Kritiker 106

3. Kapitel

DIE LITERARISCHEN RICHTUNGEN 110

Das Wiederaufleben vorromantischer Traditionen 110

Einteilung nach literaturgeographischen Gesichtspunkten? 110 Das Obergewicht Osterreich-Ungarns 112 Erneuerung der Barock- und AU£klarungstradition 114

Die Formen des Biedermeiers und die militante geistliche Restauration 118

Das weltliche Biedermeier. Allgemeine Kennzeichen 118 Zur These vom »biirger­lichen Biedermeier« 119 Die Tendenz der alteren Biedermeierforschung 120 Die Entstehung des Biedermeierbegriffs 121 Die zwei Phasen der alteren Bieder­meierforschung 122 Biedermeier als nicht programmatische Richtung 123 Die landschaftliche Auspragung der Biedermeierkultur 124 Erfahrungsdenken und religiose Transparenz 125 Die Spannung von Alltag und Festlichkeit 126 Natura­lismus und Supranaturalismus 128 Keine autonome Idylle 128 Stilistische Diskontinuitat (Rhetorik) 129 Die Formenwelt der Biedermeierliteratur 132 Hofisches Biedermeier? 135 Das geistliche Biedermeier 137

Die militante geistliche Restauration 144

Zum publizistischen Kampf gegen Jungdeutsche und Junghegelianer 151

Die Opposition: Jungdeutsche, Vormarzdichter, Junghegelianer 155

Das junge Deutschland 155

Die weltanschaulichen und literaturgeographischen Voraussetzungen 156 Varn­hagens Denkschrift als Interpretationshilfe 157 Zur personellen Abgrenzung der jungdeutschen Richtung 159 Konsequenzen der jungdeutschen Berufsschriftstel­lerei 162 Sind die Jungdeutschen realistisch? 165 Der religionsgeschichtliche Hintergrund 167 »Universaler Protestantismus« 169 Die friihe Produktion Lau­bes, Mundts und Gutzkows 171 Das Verbot der jungdeutschen Literatur 177 Zur literarischen Bewertung der Jungdeutschen 179 Die Lage nach dem Verbot 180 Die gattungsgeschichtliche Bedeutung des Jungen Deutschland 182 Die erfolg-

XVI

Inhaltsverzeichnis

reichen Theaterschriftsteller Gutzkow und Laube 184 Der stilgeschichtliche Ort der Jungdeutschen 190 Sozialgeschichtliche Konsequenzen 192 Die eingebiirger­ten Begriffe Biedermeier und Junges Deutschland geniigen nicht 196 Jost Hermands zeitliche Gliederung der Biedermeierzeit 198

Die Vormarzdichter 201

Die Junghegelianer 208

Die Polemik gegen die Jungdeutschen 209 Prinzipielle Ablehnung des Weltschmer­zes und der Witzkultur 211 Amusische Prinzipienreiterei 213 Abhangigkeit von der klassizistischen Asthetik Hegels 214 Zur junghegelianischen Gattungspoetik 218

Weltschmerzpoeten und die Traditionen der Empfindsamkeit, der Romantik, des Klassizismus 221

Die Romantik endet weder 1815 noch 1830 221 Byronismus in Deutschland 222

Die Weltschmerzpoeten 225

Weltschmerz und Asthetizismus 228 Zwiespaltige Beurteilung des Weltschmer­zes 230 Verschiedene Folgen der Zerrissenheit 234 Der dichtungsgeschichtliche Ort der Weltschmerzpoeten 235

Die Empfindsamkeitstradition 238

Die Romantiktradition 243

Der literarhistorische Ort des alten Tieck 246 Abgrenzung Eichendorffs vom Bieder­meier 248 "Die schwabische Romantik« 250

Die klassizistische Tradition 251

Zur niiheren Bestimmung des programmatischen Realismus und zu seiner Abgrenzung von den Richtungen der Biedermeierzeit 257

Das Vorbild Frankreichs und Englands 259 Zur Vorgeschichte des Realismus­Begriffs 260 Die Personal- und Datierungsfrage 263 Der programmatische Realis­mus will biirgerlich sein 264 Ablehnung des Provinzialismus 267 Der Biirger kau£t die Gartenlaube, nicht Keller 268 Vermittlung zwischen Konservativismus und Massenherrschaft 269 Literarische Spezialisierung 270 Die dichterische Subjek­tivitat ist an den »Zusammenhang des Ganzen« gebunden 272 Das einzelne Ding und der einzelne Charakter muB asthetisch integriert werden 274 Leidenscha£t, GroBe, Tragik werden nicht abgeIehnt 274 Strenge Einheit der »Komposition« 275

XVII

Inhaltsverzeichnis

Der mittlere Stil setzt sich gegen die rhetorischen genera dicendi durch 276 Aus­wirkungen auf die Gattungspoetik. Bevorzugung der Erzahlprosa 279

Die Beurteilung der einzelnen vorrealistischen Richtungen 284

Zur schwierigen Abgrenzung von den Junghegelianern 285 Scharfe Kritik der Romantik und des christlichen Naturalismus 286 Klare Abgrenzung von den biedermeierlichen »Dichtern des Detail« 287 Die scharfste Kritik trifft die Jung­deutschen 289 Gutzkows Antikritik: »Niichternster Zigarrenrealismus« 290

4. Kapitel

SYMBOL. BEGRIFFSALLEGORIE. NATURPERSONIFIKATION. MYTHOLOGIE 292

Bilderkult 292 Bilderstiirmer 297 Die Koexistenz von Symbol und Allegorie 301 Ausblick auf die Zeit nach 1848 307 Ausgedeutete Symbole 308 Traditionelle Symbolik 311 Geschichtssymbolik 317 Landschaftssymbolik 318 Abgrenzung von der Symbolik des Realismus 322 Die Starke der allegorischen Tradition 323 Erweiterung des allegorischen Begriffsbereichs 326 Die beliebtesten Allegorien der Zeit 331 Allegorie und psychologische Analyse 333 Sinkt die Allegorie zum nie­deren Stil ab? 334 Die Naturpersonifikation 338 Mythologie 348 Mythologie mit komischer Funktion 349 Die Dbergangszone zwischen Allegorie und My tho­logie 350 Verwendung des Volksaberglaubens 352 Weiterleben der antiken Mythologie 353 Blasphemie und Erneuerung der christlichen Mythologie 359 Die Macht Satans 365

5. Kapitel

DIE LITERATURSPRACHE 368

Gesteigertes Sprachbewu[5tsein. Funktionen, Breite und Abstufung des W ortschatzes 370

Alte Rhetorik, Sprachskepsis und neue Sprachwissenschaft 370 Das Fremdwort 379 Archaismen 386 Literatur und Volkssprache 391 Traditionelle Sprachbestande 397 Wortgut vor der modernen Spezialisierung (Bedeutungsverengung) 400 Die Er­weiterung des Wortschatzes in stilgeschichtlicher Sicht 404 Naive Behandlung der Verssprache 410 Wenig Respekt vor dem reinen Reim 414 Seltene Reime -mit MaR 416 Sprache der Lyrik 417 Sprache der Versepik 423 Tragodien­sprache 427 Sprache der Erzahlprosa 432 Gibt es die »rein asthetische« Zweck­prosa? 435 Stilistische Kennzeichen der einzelnen Jahrzehnte 439 Fortbildung des romantischen Wortschatzes 441 Der Biedermeier-Wortschatz 443 Die jung­deutsche Sprache 449 Zum Wortschatz der Hegelianer 452 Das Problem der Gebildeten- und Salonsprache 454

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Wortbildung und Sprachbildlichkeit 459

W ortbildung 459

Der Widerstand gegen Jacob Grimms falschen Historismus 459 Zahlreiche Neu­bildungen 462 Die Wortbildung durch Suffixe und Prafixe 467 Die Wortbildung durch Komposita 476 Drei- und mehrgliedrige Zusammensetzungen 484

Sprachbildlichkeit 487

Zum Streit urn die Bildersprache 490 Fortbildung der »ersten notwendigen Ur­tropen« 493 Formen der Sprachbildlichkeit 498 Unterstutzende Funktion und Abschwachung der Vergleiche 499 Die Bilderkette 502 Begriffsbilder (punktuelle Allegorien) 504 Die Metaphorik als Kernzone 505 Gesuchte oder traditionelle Metaphern? 505 Metaphorische Priignanz 507 Einflusse der Bildung und Rhe­torik 508 Mythologische oder mythische Metaphorik? 510 Ironische Anspielun­gen auf die metaphorische Technik 512 Komische und satirische Metaphern 513 Neigung zur Bilderhaufung 515 MiBlungene metaphorische Experimente 518 Die Ablehnung des »Geblumsels« in der realistischen Kritik 520

Sonstige Mittel sprachlicher Intensivierung. Der gro{5e Spielraum grammatischer und klangliche1"Art( die fehlende »Korrektheit«).

Theorie und Praxis der Syntax 523

Typische Mittel der rhetorischen Intensivierung 523 Die abnehmende »Sprach­richtigkeit« und ihre Kritiker 532 Der grammatische Spielraum 535 Verstech­nisch begrundete Unkorrektheiten 542

Probleme der Syntax 545

Syntax-Theorie in der Schulrhetorik 548 Theodor Mundts zwiespaltiges Syntax­programm 549 Theorie und Norm der Syntax bei K.F.Becker 552 Die Praxis der Syntax 556 Der syntaktische Spielraum bei den Jungdeutschen 557 Neue Freunde des Periodenstils 559 Syntax im Drama 560 Syntax in der Lyrik 564 Der Stro­phensprung 565 Die Hypotaxe in Sonett und Ottaverime 567 Satzgruppe und Vers 570 Der lange Satz in der Erzahlprosa 571 Das Ansehen der Satzin­version 574 Die Partizipialmode 578 Zur Begrundung der Nominalisierung 579 Anakoluth, Aposiopese, Ellipse 583 Der beliebte kurze Satz und seine Funk­tionen 587

Tone (generelle Stillagen) 594

Zur Theorie literarischer »Tone« 595 Auseinandersetzung mit der Rhetorikkritik 598 Grunde fur die Restauration der Tonerhetorik 600 Der hohe Ton 603 Be­grenzte Dampfung des hohen Stils 608 Punktuelle Empfindsamkeit und Kritik der

XIX

Inhaltsverzeichnis

restaurierten Rhetorik 611 Der Mischsti! wird anerkannt 613 Das »Nachtstiick« (der schaurige Ton) 615 Der grelle Ton 617 Das Phantastische 618 Der kurze Ton 619 Der Volkston 621 Der Salonton 622 Die umstrittene Ironie 625 Der Add des Humors 635 Der komische Ton 636 Fortbestehen der Lehre von den drei genera dicendi 638 »Dbergange« zwischen den Schreibarten 641 Der mitt­lere Sti! gewinnt allmahlich Raum 643 Das Ideal der Vieltonigkeit erhalt sich bis 1848 645 Realistische Kritik 646

ANMERKUNGEN 648

REGISTER 693