Elias Weslowski - Die Möbel des Rumänischen Bauernhauses in der Bukowina

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  • 8/17/2019 Elias Weslowski - Die Möbel des Rumänischen Bauernhauses in der Bukowina

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    Die

    M ö b e l d e s r u m ä n i s c h e n B a u e r n h a u s e s

    VonHlias Wcslowski.

    Mit 1') Textabbildungen nach photographischen Aufnahmen des 

    k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie und 

    Tuschzeichnungen von A Morosau und J Georgitä in Kimpolung.

    Aus dein I. III. Heft des XII. Jahrganges der „Zeitschrift für

    österreichische Volkskunde" abgedruckt.

    in der 

    Wien 1906.

    Verlag des Vereines für österreichische Volkskunde.

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    Möbel des rumänischen Bauernhauses sind in Form undg i g g l Herstellungsart wie aucäi in ihrer Verzierung von hoher Alter-

    tümlichkeit. Sie haben:sich, wie das rumänische Bauernhausselbst, im Schutze der Wälder trotz der bewegten historischen Schicksale der Bevölkerung und des Landes im ganzen und großen unverändert bis auf den heutigen Tag erhalten. Immer ist der Zusammenhang derHauseinrichtung mit dem Hause ein fester geblieben. Die Häuserselbst, welche mit der Front stets gegen Süden gekehrt sind, werden

    durch den Hausflur regelmäßig in zwei ungleiche Teile geteilt: derkleinere Raum (casa cea micä) ist der eigentliche Wohnraum, dergrößere (casa cea mare) ist das Parade- und Gastzimmer, das von den

    Fig. 1. Rumänische Truhe aus Siebenbürgen.

    Hausbewohnern nur an Sonn- und Feiertagen oder bei sonstigenfeierlichen Anlässen benützt wird. Hier stehen auch zumeist jeneMöbelstücke, von welchen im folgenden die Rede sein soll.

    Das vorherrschende Baumaterial des rumänischen Bauernhausesist das Holz, wiewohl auch in gewissen Teilen des Landes aus Rutengeflochtene Häuser mit Lehmanwurf Vorkommen. Selbst die Nägel,die beim Decken des Daches verwendet werden, sind aus Eibenholzgefertigt. So ist naturgemäß auch ausschließlich Holz das Material fürdas Mobiliar, das durch seine höchst altertümlichen Gefüge — dasBeil ist fast ausschließliches Arbeitswerkzeug, Messer, Hobel und Leimspielen noch keine oder doch eine sehr geringfügige Rolle — sowiedurch seine uralten Zierweisen unser höchstes Interesse erweckenmuß. In bezug auf seine Ornamentik herrscht Gravierung, dann Kerbschnitt vor; auch Stroheinlage und Einreibung mit farbigem Wachs

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    Weslowski.

    Fig. 3.

          L

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    Die Möbel des rumänischen Bauernhauses in der Bukowina.

    in Flachschnitzereien sowie ßrandtechnik begegnen als Ziertechnik.am seltensten ist Einlagearbeit mit Metallen. Die Ornamentik ist einevorherrschend geometrische (Kreise, Halbkreise. Spiralen. Kreuze.

    Fig. 4. Sitz trübe au« Pojorita.

    daran schließt sich Stilisierung vegetabilischer Motive und insbe-sondere das naturalistisch gestaltete Rankenornament. Die Tierfigurund vollends die Menschenfigur wird nur bei religiösen Darstellungen,

    Fig. 5. Rumänische Hochzeitstruhe.

    und zwar nur im Flachreliefschnitt, äußerst selten verwendet DieErzeugung des Hausmobiliars ruht im Bauernhause in den Händen

    der bäuerlichen Bevölkerung selbst; die abgebildeten Stücke sindsämtlich Erzeugnisse des heimischen Hausfleißes.

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    Weslowski.

    Um die Würdigung und Sammlung dieses alten Hausrates sowieum die entsprechende Weiterbildung des in ihm gegebenen Stils hatsich die k. k. Fachschule für Holzbearbeitung in Kimpolung wirklicheVerdienste erworben.

    D i e T r u h e .

    Die Truhe (lada, lavi^a, sicriu) spielt im rumänischen Volks-

    leben eine bedeutende Rolle, weshalb dieselbe unter dem Hausrat zuallen Zeiten, insbesondere jedoch im 16. und 17. Jahrhundert, den

    Fig. 6. Rumänischer Truhentisch.

    ersten Platz einnahm. Zunächst bestimmt für die Aufnahme der Mit-gift, wurde dieselbe späterhin zur Aufbewahrung der Wäsche, derLeinwand und der sonstigen Kleidungsstücke verwendet. In vielenGegenden der Bukowina ist es noch heutzutage Brauch, daß dieHochzeitskleider in der Truhe aufbewahrt werden, um dereinst wiederals Totenkleider gebraucht zu werden. Die Hinterbliebenen begehendaher eine große Sünde und bereiten den Toten viele Pein, wenn siedieselben nicht mit ihren reinen Hochzeitskleidern bestatten.

    Die Truhe ist oft ein Konkurrent der Ruhebank und ersetztdieselbe häufig. In früheren Zeiten wurde dieses Gerät vom

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    Die Möbel des rumänischen Bauernhauses in der Bukowina.

    Bräutigam mit viel Mühe, Fleiß und Sorgfalt, mitunter mit be-sonderem Geschick ausgeführt und der Braut unmittelbar vor derHochzeit als Geschenk verehrt. In vielen Orten der Bukowina erhieltdie Braut, den Vermögensverhältnissen des Bräutigams entsprechend,auch mehrere Truhen. Jetzt werden die Truhen nicht mehr vomBräutigam erzeugt, sondern auf dem Markte gekauft, weisen daher

    nicht mehr den schönen, eigenartigen Motivenschatz wie früher auf;sie sind nur angestrichen und sonst sehr primitiv gearbeitet. Beidieser Gelegenheit sei erwähnt, daß die Braut als Gegengeschenk für 

    Fig. 7. Kleidertisch aus Boian.

    die erhaltene Truhe dem Bräutigam ein von ihr selbst ausgeführtes,reichgesticktes, aus Reinleinen bestehendes Hochzeitshemd zumGeschenk macht.*)

    *) Selbst die Leinwand für das genannte Hemd mußte von der Braut selbst erzeugt 

    werden. Wehe der Braut, die den Hanf und Flacbs nicht selbst verarbeiten kann, nicht 

    spinnen und weben gelernt hat, nicht selbst das Hemd für den Bräutigam, das am Hochzeitstage getragen wird, nähen und sticken kann, sie wird nicht nur vor der Hochzeit 

    mit Worten und Reimen gehänselt, sie wird auch als verheiratetes Weib durch volle 

    sieben Jahre, und zwar nicht nur im engen Familienkreise, sondern auch bei öffentlichen 

    Anlässen, wie Tänzen, die der Rumäne sogar im Winter bei grimmiger Kälte unter freiem 

    Himmel veranstaltet, durch stichelnde Redensarten und Knittelverse (strigäte) verspottet. 

    Daher werden die Mädchen schon von frühester Jugend an zur Verarbeitung des Hanfs 

    und Flachses, zum Weben, Nähen und Sticken verhalten, und jedes Mädchen muß von 

    ihrem zehnten Jahre angefangen sich ihre Aussteuer selbst besorgen. Die Hochzeits-

    geschenke, und zwar das Hochzeitshemd für den Bräutigam und die Schwiegermutter, 

    die gestickten Taschentücher für die Brautführer und die Handtücher für die naben Ver-

    wandten, werden erst nach der Verlobung ausgeführt. Während der letzten Zeit vor der 

    Hochzeit herrscht im Hause der Braut ein reges Treiben. An den Abenden versammeln

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    Weslowski.

    Es gibt mehrere Arten von Truhen. Truhen, in welchen textileErzeugnisse aufbewahrt werden, sind auch zum Sitzen eingerichtet.Sie heißen Thron (tron) dann, wenn die Braut nach der Hochzeitdas Elternhaus verläßt, um ihre neue Wohnstätte zu beziehen.Die schönste Truhe wird dann auf einen von vier bis sechs Ochsen

     bespannten Wagen aufgeladen, und auf dem noch durch den übrigen

    Teil der Mitgift erhöhten Platz hat das Brautpaar zu sitzen. Sehr oftwurden Truhen zur Aufbewahrung des Geldes benützt und dann

    Fig. 8. Truhentisch aus Vama, 18. Jahrhundert.

    sich die Brautmädchen und die Jugendfreundinnen der Braut, gleichgiltig, ob dieselben  noch ledig oder verheiratet sind, um ihrer Jugendgenossin bei der Ausführung der Hoch-

    zeitsgeschenke behilflich zu sein . Solch nächtliche Zusammenkünfte, „^ezätoare“ genannt, 

    werden in der heitersten Laune zugebracht. Es werden Märchen, Sagen und Anektoden 

    erzählt, Lieder, die auf Braut und Bräutigam, viel m ehr jedoch auf die böse Schwieger-

    mutter Bezug haben, gesungen; dabei wird gekichert und gelacht, aber auch recht fleißig  

    gearbeitet. Verläßt die Braut das Elternhaus und schickt man sich an, die Mitgift auf die  

    am Eingänge harrenden Wagen aufzuladen, dann spielt sich manch bew egte Szene ab. 

    Die Brautführer voran und ihnen nach eine große Schar von Burschen, die Jugendfreunde 

    des Bräutigams, dringen in das große Zimmer ein, um die Mitgift der Braut herauszu-

    holen, die zum größten Teil aus Erzeugnissen der heimischen Textilkunst, ganzen Ballen 

    Leinwand, Handtüchern, Tischtüchern, Teppichen etc., besteht und in Truhen wohl-verpackt vorbereitet steht. Auf den Truhen werden noch Polster, Wandteppiche, Decken,  

    Pelze etc. aufgestapelt.

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    Die Möbel des rumänischen Bauernhauses in der Bukowina. 7

    eigens hierfür erzeugt. Auch jetzt noch spielt die Kirchentruhe la/ia bisercii) eine große Rolle. Ganz kleine Truhen kommen unter dem Namen »ladi^efjoare« vor. Die Konstruktion der Truhen ist einfachunterscheidet sich jedoch wesentlich von den Truhen der übrigen

     Nationen. Sie besitzen entweder keine oder ganz kurze Füße. ZurAnfertigung der Truhen wurde Eibenholz, Eichenholz, Ahorn, größten-

    teils aber Rotbuche verwendet.Die im Bezirk Kimpolung noch vereinzelt erhalten gebliebenen

    Truhen aus früheren Jahrhunderten sind graviert, geritzt (Fig. 1—4,oder mit eigenartigen Kerben versehen, dabei oft polychromiert. jedochselten mit Metallen eingelegt. Zum Färben der Truhen wurden nur 

    lichtechte Pflanzenstoffe benützt. Oft wurden die Schnitzereien mitfarbigem Wachs eingelassen, wodurch schöne gesättigte Farbentöne

    Die Schwestern der Braut, in Ermanglung solcher ledige Mädchen von nahen Ver-

    wandten, stellen sich vor den Truhen zur Wehr und teilen den Brautführern in ge-bundener Rede mit, daß auch sie an der Mitgift der Braut gearbeitet, daher ebenfalls 

    ein gewisses Anrecht darauf haben.

    Das Abwehren und die Neckereien nehmen erst dann ein Ende, bis die Braut-

    mutter (nuna mare) die Mitgift der Braut mit einem blanken Silbergulden (früher einem 

    Taler) von den Mädchen loskauft.

    Ist die Mitgift bereits in den Besitz der Brautführer gelangt und schicken sich diese 

    an, die Truhen aus der Wohnung herauszutragen, dann stellen sich noch die Freundinnen 

    der Braut vor den Eingang der Tür, stecken in die Tü>schwelle kreuzweise zwei lange  

    Messer, so eine Art Maut (rnhatcä) bildend, und wehren die Jünglinge so lange ab, bis 

    sich auch diese auf die besagte Weise loskaufen.

    Sind die Truhen samt der Mitgift leicht, ist somit die Mitgift gering, dann ge-bärden sich die Jünglinge, als wenn sie die Truhen infolge ihrer Schwere niebt tragen 

    könnten und singen dabei Lieder, die mit dem Refrain endigen , daß die Faulheit ein 

    unheilbarts Leiden sei.

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    Weslowski.

    erzielt wurden. Die Ornamentik, die an den Truhen anzutreffen ist, besteht aus eingeritzten Kreisen und Spiralen, aber auch aus typischenKerbschnitzereien, wobei das Kreuz stets eine Hauptrolle spielt. DasFlachornament ist selten anzutreffen. Selten kommt es vor, daß jezwei korrespondierende Seitenteile einer Truhe dieselben Ornamenteaufweisen.

    Manche Truhen (Fig. 5) weisen zwei, ja auch mehrere Töne vonTiefbraun auf, welche durch an manchen Stellen hinzugefügtes Schwarzsehr gehoben werden. Die Beizung durch den Rauch und die Zufälleder verschiedenen Belichtung verleihen endlich manchen Truhen über-raschend schöne und harmonische Farbentöne.

    D e r T i s c h .

    Wie die Völker der Antikeihr Mahl liegend einnahmen, sowar es auch bei den Rumänenin früheren Zeiten üblich, beimEssen eine sitzende Stellung mitunterschlagenen Beinen einzu-nehmen. Nur bei feierlichenAnlässen wurde der Tisch ver-wendet. Gewiß ist, daß der profane Tisch (masä) erst im14. Jahrhundert zur Einführung

    gelangte und seine Entstehungdem kirchlichen Opfertische(jertvelnie) verdankt. Die ältesteForm dieses Hausgerätes wirdvon einem ausgehöhlten Stammgebildet, auf dessen obererÖffnung eine mit der Axt primitiv behauene Platte ruht. Nach denuns aus früheren Zeiten noch erhaltenen Tischen und Tischteilen zufolgern, fand dieses Hausgerät eine mehrfache Verwendung und ist

    zum größten Teile aus einer Truhe durch die Verlängerung der Bohlenentstanden.

    W ir treffen Tische an, die als Speisetische, zugleich aberauch als Speisekästen dienten. Bei dieser Art von Tischen istdie Zarge 28 bis 30 cm breit, die Höhe be trägt 68 bis 75 cm; siewaren stets mit einer abnehmbaren Platte versehen. Der durchdie Zargen und Längswändebohlen gebildete hohle Innenraumist oft in drei Teile, und zwar zwei kleine Seitenteile und einengroßen Mittelteil geschieden. Der Mittelteil diente zur Aufbewahrung

    der Speisereste, die Seitenteile zur Aufnahme des primitiven Eß- besteckes, der Salzdose, des Pfefferfäßchens etc. Die Höhe der Tischeist verschieden und richtet sich hauptsächlich nach der Verwendung

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    Die Möbel des rumänischen Bauernhauses m der Bukowina.

    derselben, ln der Regel sind die Tische, welche nach der Mahlzeitals Speisekästen dienten, viel niedriger als die übrigen Arten vonTischen.

    Die meisten im großen Zimmer aufgestellten Tische wurden wohl bei feierlichen Anlässen als Speisetische (Fig. 6—8) verwendet,dienten jedoch gleichzeitig und größtenteils auch als Kleiderkästen,

    indem in dem sogenannten Zargenkasten, der auch bedeutend umfang-reicher w ar als die beiden vorerwähnten Tische, Wäsche und Kleidungs-stücke auf bewahrt wurden; sie ersetzten demnach die Truhe undkönnen Truhentische genannt werden. Die Höhe dieser Tischevariiert zwischen 78 cm  und 90 cm, die Breite der Zaree beträßrtdurchschnittlich 35 bis 40 cm. Die Länge der Tischplatte war100 bis 125 cm und die Breite 60 bis 80 cm.

    Bei den meisten bisher Vorgefundenen alten Tischen stehen dieFüße (Bohlen) senkrecht, doch werden auch Tischfüße angetroffen,die nach außen ein wenig gespreizt sind. Oft werden die Tischfüßedurch Stege miteinander verbunden. (Fig. 9—10.) Das Holzgefügedieser Tische ist primitiv. Der von zwei Seiten gestemmte vierkantigeBohlen faßt den Zapfen der Zarge. Damit jedoch die Verbindung einedauerhafte sei, wurde der Zapfen mit zwei oder mehreren Holznägelnan den Bohlen befestigt. Die Gravierungen und mitunter farbigenSchnitzereien sind nur an den Zargen und Bohlen wahrzunehmen,während die zumeist abnehmbare Platte gar keine Verzierungen auf-

    zuweisen vermag. Die Bohlen mancher Tische besitzen Profilierungen.Der untere Teil des Tischfußes verbreitert sich ein wenig, wodurchdem Tische dann eine größere Stabilität verliehen wird. Die meistenTische wurden aus Ahorn, Rotbuche, seltener aus Eichenholz gefertigt.Zur Färbung wurden nur Pflanzenfarben verwendet. Die sogenannteRäucherbeize fand vielfache Verwertung. Selten wurden die Bauern-tische mit Metall oder mit verschiedenen Holzsorten eingelegt

    Das Bet t .

    Die natürlichste und früheste Lagerstätte, deren sich dieRumänen bedienten, ist der Erdboden, der vor der Benützung mitBlättern, Stroh, Bast oder Rinde bedeckt wurde. Auch jetzt noch

     benützen die rumänischen Hirten der Karpathen den Boden derSennhütte, der nur mit Baumrinde belegt ist, um die Erdfeuchtigkeitfernzuhalten, als Schlafstätte. Die beliebteste Schlafstätte war bei denRumänen der gemauerte Raum (cuptor) oberhalb des Backofenszwischen dem Herde und der entgegengesetzten Wand. Eine solchegemauerte Schlafstätte war 1'5 bis 1 8 m   lang, 070 bis l'20m breitund 0 75 bis 1T0 m  hoch und wird auch in gegenwärtiger Zeit nochvon alten, schwachen, beziehungsweise kranken Personen und Kindernmit besonderer Vorliebe aufgesucht. Ihr fällt auch im rumänischenMärchen eine bedeutende Rolle zu.

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    10 Weslowski.

    Auch im Mittelalter in der Zeit der Renaissance war der großeHerd und seine Ummauerung im italienischen Bauernhaus in denOrten Florenz, Toskana, Venedig und in der terra Firma insbesonderewährend der kalten und nassen Jahreszeit der Aufenthaltsort der

    Bewohner *)Urkundlich wird dieser Schlafstätte erst im Jahre 1637 vom

    Geschichtsschreiber Paul de Aleppo, der am Hofe der Woiwoden derMoldau lebte, Erwähnung getan. Dieser Schriftsteller führte schondamals dieses Mobiliar auf einige Jahrhunderte zurück.**)

     Neben der gemauerten

    Schlafstätte treffen wir biszum 19. Jahrhunderte, in ganzvereinzelten Fällen auch jetzt

    noch, in den Gemeinden der

    südlichen Karpathen derBukowina stabile hölzerneBettstellen. Ein derartiges

    Bett stand immer in einerZimmerecke, beiläufig 2 in von einer Wand und ungefähr

    0-80 bis 110 in  von deranderen Wand entfernt DenHauptteil eines solchen Bettes

     bildete stets ein vierkantigerPfosten, der in den Lehmfuß boden eingeschlagen wurde,

    10 bis 15 cm breit und 2 bis3 cm dick war und eine Höhevon über 15 m aufwies, sehroft aber auch mit einem F,g-11• KoPfteil eines rumänischen Bettes.

    Balken der Bodendecke in Verbindu ng stand. Dieser Pfosten wurdedann mittels zweier Seitenbretter , wovon das längere 1-80 bis 1*95 m  

    und das kürzere 0’78 bis 1 m lang war, und mit den zwei gegenüberstehenden Wänden verbunden, wodurch ein stabiles Bett hergestelltwurde. Der Bettpfosten besaß, falls er nich t bis zur Zimmerdecke reichte,als obersten Abschluß eine geschnitzte Rosette als Bekrönung. Derübrige Teil war mit Gravierung und Kerbschnitzereien versehen.

    Bei wohlhabenden Bauern treffen wir seit einigen Dezennienneben dem stabilen Bett auch das bewegliche Bett. Die Form einessolchen Bettes war stets eigenartig und weist nur an den beidenHauptteilen typische Schnitzereien oder Gravierungen auf. (Fig. 11.)

    Das Kopfhauptteil ist stets dem Fußhauptteil ähnlich. Die Seitenbretterwaren nicht geschnitzt, sondern nur graviert.

    *) Wilhelm Bode: Italienisches Hausmobiliar der Renaissance.

    **) Xenopol: Istoria Rumänilor.

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    D i e W ie g e .

    Die Wiege (leagänul) in ihren Uranfängen dürfte bei den Rumänen

    dieselbe Form wie bei den übrigen Primitivvölkern aufzuweisen haben.

    Ihre primitivste Form war ein ausgehöhlter Weidenstamm in der

    Länge von beiläufig 90cm. Auch die Molter wird wie früher so auch

     je tz t im Notfälle in ärmlichen Familien als Wiege verw endet Im

    Gebirge, und zwar im südlichen Teil der Bukowina, stand zu Beginndes 12. Jahrhundertes eine Art Lattenwiege Oeagän cu le{urf in Ge

     brauch. Der Kopf- und Fußhauptteil dieser Wiege, die eine gleiche

    Form aufzuweisen hatten, war kreisförmig geformt und mittels Latten

    von 85 cm in der Entfernung von je 5 cm mit den Hauptteilen

    verbunden. Diese Wiege wurde mittels zweier Stricke an

    einem Balken der Hausdecke des kleinen Zimmers befestigt und war

    derar t zum Schaukeln eingerichtet. Sie wurde aber auch oftmals

    durch Gurten am Rücken befestigt und von der Mutter getragen, die

    den Säugling bei ihren Verrichtungen außerhalb des Hauses mitnahm, ja sogar mit ihm meilenweit durch Berge und Täler wandern mußte,

    um ihrem bei Waldarbeiten beschäftigten Mann das Essen für einige

    Tage zu bringen. Aus bis heute erhaltenen alten Wiegenteilen und

    aus den Mitteilungen der ältesten Bauern ist zu entnehmen, daß auch

    andere Arten von Wiegen als die angeführte in Gebrauch waren.

    Einige Wiegen hatten die Form von Truhen, die an halbkreisförmigen

    Bretterteilen befestigt waren. Nicht selten bestand der obere Teil der

    Wiege aus einem aus Weidenruten geflochtenen Korb. Die an denWiegen vorkommenden Verzierungen sind geometrische Ornamente,

    die zum Teil graviert und geschnitzt sind, sehr oft aber auch poly-

    chromiert wurden. (Fig. 12—13.)Seltener werden Verzierungen in Brandtechnik angetroffen. Das

    Augenornament findet hier oft Verwendung, aber auch stilisierte

    Kreuze, Halbkreise und ganze Kreise, Rosetten nebst anderen eigen

    artigen, rhythmisch geordneten Verzierungen sind oft zu sehen.

    Die Wiege wurde früher nur aus Ahorn- oder Fichtenholz, aus

    Haselnuß- oder Weidenruten verfertigt, nie aber aus einer anderenHolzgattung, sei es nun aus Aberglauben oder aus anderen bis nun

    unbekannten Gründen.

    K a s te n , E c k k ä s tc h e n , W a n d b r e t t u n d B i l d e r b r e t t .

    Kleiderkästen kamen früher bei den Rumänen gar nicht vor.Zur Aufbewahrung der Kleidungsstücke diente entweder eine an den

    Balken der Zimmerdecke oder in den Wänden befestigte Stange, dieTruhe oder die sogenannten zuvor beschriebenen Truhentische. Seit

    etwa fünfzig Jahren werden nun auch Kästen verwendet Sie dienen jedoch ausschließlich zur Aufbewahrung des Kochgeschirres, beziehungs

    weise der Speisen, und heißen dementsprechend »Blidare«.Mehr verbreitet und von einem bemerkenswerten Alter sind

    die Wandschränke und die Wandstellbretter. Einige Vorgefundene

    Die Möbel des rumänischen Ba ue m ba um in der Bokowina. l l

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    ISWeslowski.

    Fi*. 12. Seit

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    Exemplare weisen ein Alter von zwei bi* drei Jahrhunderten auf  

    Die Wandschränkchen zeigen al» Grundform ein Rechteck oder ein 

    Dreieck von mei*t geringer Tiefe. Die meisten *ind mH Gravierungen

    Kerbschnitzereien und

    £trob intaraien versehen. 

    Figur 14 zeigt ein Wand' 

    Schränkchen mit Stroh intaraien. Dan Original 

    wurde im Dorfe Stnpea 

    vorgefunden und ist bei 

    400Jahre alt ; da« Vorder-

    teil besitzt Maßwerke 

    und weiat nur Stroh 

    intaraien auf An diesem 

    Gerät sind auch Hälsen 

    vom Weizen dekorativ 

    verwertet und hierbei 

    sehr schöne Effekte er-

    zielt worden. An vielen 

    Eekschränken trifft man 

    Schnitzereien an. die 

    auch mit farbigem 

    Bienenwachs einge-

    lassen wurden: einige 

    sind in Brandtechnik  

    verziert. Die letztere 

    Dekorationstechnik ist 

    bei den Rumänen seit 

    Jahrhunderten bekannt 

    geradeso wie das Biegen 

    des Holzes.

    Die Wandbretter 

    (coltare) waren stets in 

    den Zimmerecken des 

    sogenannten Parade-

    zimmers angebracht und 

    dienten, wie die Eck-

    schränkchen, nur zur 

    Aufnahme von Weib-

    wasserflaschen. Hand-kreuzen, Gebetbüchern 

    etc. Dieselben warenFi*. 13. Sd«tat*ü t ima ramiahe bn   W.e*e.

    durchwegs geschnitzt (Fig. 15) oder graviert.

    Eine Einrichtung, die vielleicht bei keinem anderen Volk anzu 

    treffen ist und seit mehr als zwanzi Jahren der Ver an enheit

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    angehört, sind die Biiderbretter unterhalb der Heiligenbilder. Jedenfalls

    ist die Sitte, Bilderbretter zu dem genannten Zweck zu verwerten,

    sehr alt und hauptsächlich im Gebirge erhalten, wofür auch die bis

    nun erhalten gebliebenen alten Stücke einen Beweis bilden. Da dieHeiligenbilder im rumänischen Bauernzimmer größtenteils an der Ost-

    wand hängen, so war auch nur diese Wand mit Bilderbrettern in der

    Höhe von 15 bis2 m

      versehen. Die Bilderbretter zeigen zum größtenTeile Gravierungen religiöser Symbole.

    Fig. 14. Rumänische» Eckkästchen.

    S c h e m e l u n d S t u hl .

    Der primitive, nur gesägte Baumklotz gilt auch bei den Rumänen

    als eines der ersten Sitzobjekte, welchen wir in seiner Einfachheit

    noch jetzt in den entlegensten Sennhütten der Bukowinaer Wald-

    karpathen antreffen, sodann fand der Vierbeinschemel mit nur ein-

    gezapften Füßen eine ausgedehnte Verwendung. Von den uns nochzum Teile erhaltenen Exemplaren gehören alle der primitivsten Art

    an. Der Platz des Schemels war nie im Prunkzimmer, sondern stets

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    im eigentlichen Wohnzimmer (casa micä), daher weisen die Hehernelkeinen oder nur sehr geringen Dekor auf. In der unmittelbarsten

     Nähe des Herdes treffen wir stets dieses primitive Sitzobjekt an. AnStelle des mobilen Holzschemels war früher sehr oft der stabile Steinoder Lehmschemel in Verwendung.

    Wenngleich der Stuhl durch die Sitztruhe zum Teile ersetzt

    wurde, fand derselbe dennoch schon frühe Verwendung. Es warfrüher Brauch, daß am zweiten Hochzeitstage, unmittelbar nach demEintreffen der Braut im Hause der Schwiegereltern, ein Stuhl, mitvielen bunten Bändern geziert, auf eine Truhe gestellt wurde. BeimTanze einer Hora, an der sich sämtliche Gäste beteiligten, bestieg dieSchwiegermutter den erhöhten Platz Von diesem Ehrensitz aus undvor den im Kreise tanzenden Gästen nahm die Schwiegermutter dasvon der Braut eigens zu diesem Zwecke mitunter mit vielem Kunstsinn angefertigte Hemd in Empfang. Auf diese Weise erkaufte sich

    die Braut den neuen Wohnsitz von der Schwiegermutter.

    Die Möbel de» rumänischen Bauernhause* in der Bukowina. IS

    ^ M Ä /Sjkip W W w w

    Fig. 15. Vorderansicht eines Eckbrette» aus Kimpolung.

    Infolge des alltäglichen Gebrauches und der Unbeständigkeitdes Holzes sind ältere Typen von Stühlen bis auf unsere Zeit nichterhalten worden. Gemäß den Überlieferungen waren die früherenStühle geradeso wie die Bänke natürlich nur als Einzelsitz geformtAuch herrscht die Ansicht, daß aus dem profanen Sessel die eigenartigen, im Süden der Bukowina von Bauern für Kirchenzwecke erzeugten alten Chorstühle (stranej und Bischofstühle f^cannul archierese

    hervorgegangen sind. Indessen dienen die Chorstühle in den griechisch-orthodoxen Kirchen nicht zum Sitzen, sondern nur zum Anlehnen derehrwürdigen alten und schwachen Gläubigen, deshalb ist die Rückenlehne bedeutend erhöht worden. Außer der Rückenlehne sind Arm

    lehnen angebracht.Die Bank.

    Die älteste und zugleich primitivste Form der Bank bancä, lai(äiwar bei den Rumänen die sogenannte Steinbank (prispä), die zwar nicht

    wie die Steinbank der Römer ganz um den Sockel des Gebäudesherumführte, sondern nur an der Frontseite des Hauses noch jetztan vielen alten Häusern anzutreffen ist. An Stelle der Steinbank w irdnoch sehr oft die Lehmbank und die sogenannte Balkenbank 

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    1» Weslowski.

    vorgefunden. Sie diente an arbeitslosen Tagen als Ruhestätte für eineoder mehrere Personen und wurde im Sommer öfters sogar zumSchlafen benützt. In vielen rumänischen Dörfern ist es jetzt nochSitte, die Toten während der warmen Jahreszeiten auf der »Prispa«aufzubahren. Als Vorläufer der im Mittelalter allgemein eingeführtenLehnbank ist die einfache, lehnenlose Pfostenbank mit eingezapftenschemelartigen Füßen zu betrachten, die sogar auch jetzt noch in

    ganz armen Familien anzutreffen ist.Die Lehnbank (lai(ä cu spatariü), welche als Langsitz für mehrere

    Personen, als Lagerstätte jedoch nur für eine Person bestimmt war,entsprach den Sitten und Gebräuchen des 17. Jahrhundertes, inwelcher Zeitperiode dieselbe allgemein eingeführt wurde, ganz. Wieim Mittelalter bei den Bewohnern von Florenz und Toskana*) dieBänke rings um die Wände gereiht wurden so wurde auch bei denRumänen, die zwar in keinem Kontakt mit den früher genanntenBewohnern standen, der Lehnbank im sogenannten großen Zimmer

    (casa mare) an den Wänden der Platz eingeräumt. Die mobile Lehneder Bank hatte einen doppelten Zweck. Sie wurde geradeso wie beiden übrigen Völkern der gotischen und Renaissanceperiode, nämlichzur Aufstellung in der Nähe des Kamins verwendet. Die Lehnbankwurde aber auch als Bettstelle (Lagerstätte) für Kinder gebraucht,indem die der Wand zugewendete Lehne mit der größten Leichtig-keit, ohne daß die Bank ihren ursprünglichen Platz verlassen hätte,umgeklappt wurde, so daß die mit Teppichen stets bedeckte Wandeine zweite Lehne, somit einen sicheren Schutz vor dem Herausfallender Kinder während des Schlafens bot.

    Die bewegliche Lehne besteht aus einem Rahmen, in dessenMitte verschiedenartig profilierte Säulchen sich befinden, ist durchzwei fixe, in der Mitte der Schmalseite eingezapfte Stützformenmit dem starken Sitzbrett knieartig verbunden, wodurch ein ein-armiger Hebel entsteht. Die im Sitzbrett befindliche Stützform besitztam unteren Teile eine Zweiteilung mit ausgesprochener Sattelform(Glockenform). Die Beine der Bank sind schräg und zwar schemelartiggestellt oder zeigen dieselbe Profilierung wie die im Sitzbrett ein-gezapfte Stützform. Die Lehne ist beiderseits reichlich mit eigenartigen

    Kerbschnitzereien versehen und nur die Stützformen weisen schuppen-artige, aneinandergereihte Kerben auf. Diese Form der Lehnbank,welche nicht nur in konstruktiver, sondern auch in dekorativerRichtung typisch ist, weist eine gewisse Verwandtschaft mit der»mährischen (walachischen) Pfostenbank« des 19. Jahrhundertes(Original im Närodopisme Museum Öeskoslovanske in Prag) auf.

    *) Wilhelm Bode: Die italienischen Hausmöbel der Renaissance.