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Feldflurprojekte in Hessen – Ein neuer Ansatz zum Schutz von Feldhamster, Rebhuhn, Frauenspiegel & Co. von Matthias Kuprian und Fabian Kern, Wiesbaden, Martin Hormann, Frankfurt am Main, Dieter Selzer, Bad Homburg, John Barz, Kassel und Sibylle Winkel, Offenbach am Main Keywords: Biodiversität, Leitarten der Feldflur, Schwerpunkträume, neue Schutzmaßnahmen, Hessen Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen . Vogel und Umwelt 23: 27– 42 (2018) possible. An exclusive fund for preparation, organization and implementation of new protective measures is also available. 1 Einleitung Mehr als die Hälfte der Landesfläche Deutschlands wird landwirtschaftlich ge- nutzt. Ein erheblicher Teil davon ist Acker- land. Kein anderer Lebensraum wurde so stark vom Menschen geprägt und hat gleich- zeitig so große Verluste an Biodiversität hinnehmen müssen wie unsere Äcker (Hof- meister & Garve 1986). Äcker waren über viele Jahrtausende reich an Pflanzen und Tieren, die die Kultur- arten begleiteten (Abb. 1). Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert waren die Schläge für den Ackerbau von den Weiden streng getrennt (HMUELV 2009). Hecken, Zäune, Gräben und Wälle grenzten die Schläge voneinander ab. Auf den Äckern wurde die Dreifelderwirtschaft mit einem Wechsel von Wintergetreide, Som- mergetreide und einem folgenden Brache- Jahr betrieben. Der anfallende Dünger wur- de auf den Ackerflächen gebraucht, wäh- rend Wiesen und Weiden vor 1850 meist nicht oder nur sehr gering gedüngt wurden (HMUELV 2009). Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Industrialisierung auch die Landwirtschaft und mit Justus von Liebig als Wegbereiter der Synthetischen Düngung brach auch bei der Landbewirtschaftung eine Zeitenwende an. Doch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahmen Be- und Entwässe- Zusammenfassung Durch die Intensivierung der Land- wirtschaft ist es in der ackerbaulich genutz- ten Agrarlandschaft zu einem erheblichen Verlust der Biodiversität gekommen. Diese Entwicklung ließ sich bislang auch nicht mit dem Einsatz vorhandener Mittel des amtlichen Naturschutzes aufhalten. Aus dieser Notwendigkeit heraus wurde durch das Hessische Umweltministerium das Son- derprogramm „Förderung von Leitarten der Feldflur“ konzipiert. Ziel des Programms ist es, in bis zu 10 ausgewählten Schwer- punkträumen eine Verbesserung der Erhal- tungszustände der Zielarten zu erreichen. Hierfür stehen, neben einer Konzentration bestehender Instrumente, auch gesondert Mittel für die Vorbereitung, Organisation und Umsetzung von neuen Schutzmaß- nahmen zur Verfügung. Summary The intensification of agriculture has led to a substantial loss of biodiversity in agricultural landscapes which are used for crop farming. This development could not been stopped by regular instruments of official nature protection. For this reason the Hessian ministry for environment initia- ted the special program “support of charac- terizing species of open fields”. The objec- tive of the program is to improve the con- servation status of the characterizing spe- cies in up to ten selected areas. Therefore a concentration of regular instruments is 27

FeldflurprojekteinHessen–EinneuerAnsatzzumSchutz … · 2020. 7. 20. · 2 Wiesbaden-Ost inUmsetzung 6000ha 08.05.2018 3 Schwalm-Eder-Kreis, inUmsetzung 2700ha 29.08.2018 BadZwesten

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  • Feldflurprojekte in Hessen – Ein neuer Ansatz zum Schutzvon Feldhamster, Rebhuhn, Frauenspiegel & Co.vonMatthias Kuprian und Fabian Kern,Wiesbaden,Martin Hormann, FrankfurtamMain,Dieter Selzer, Bad Homburg, John Barz, Kassel und Sibylle Winkel,Offenbach amMain

    Keywords: Biodiversität, Leitarten der Feldflur, Schwerpunkträume, neue Schutzmaßnahmen, Hessen

    Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen . Vogel und Umwelt 23: 27– 42 (2018)

    possible. An exclusive fund for preparation,organization and implementation of newprotective measures is also available.

    1 Einleitung

    Mehr als die Hälfte der LandesflächeDeutschlands wird landwirtschaftlich ge-nutzt. Ein erheblicher Teil davon ist Acker-land. Kein anderer Lebensraum wurde sostark vomMenschen geprägt und hat gleich-zeitig so große Verluste an Biodiversitäthinnehmenmüssen wie unsere Äcker (Hof-meister & Garve 1986).

    Äcker waren über viele Jahrtausendereich an Pflanzen und Tieren, die die Kultur-arten begleiteten (Abb. 1). Vom Mittelalterbis ins 19. Jahrhundert waren die Schlägefür den Ackerbau von den Weiden strenggetrennt (HMUELV 2009).

    Hecken, Zäune, Gräben und Wällegrenzten die Schläge voneinander ab. Aufden Äckern wurde die Dreifelderwirtschaftmit einemWechsel vonWintergetreide, Som-mergetreide und einem folgenden Brache-Jahr betrieben. Der anfallende Dünger wur-de auf den Ackerflächen gebraucht, wäh-rend Wiesen und Weiden vor 1850 meistnicht oder nur sehr gering gedüngt wurden(HMUELV 2009).

    Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte dieIndustrialisierung auch die Landwirtschaftund mit Justus von Liebig als Wegbereiterder Synthetischen Düngung brach auch beider Landbewirtschaftung eine Zeitenwendean. Doch erst in der zweiten Hälfte des20. Jahrhunderts nahmenBe- undEntwässe-

    Zusammenfassung

    Durch die Intensivierung der Land-wirtschaft ist es in der ackerbaulich genutz-ten Agrarlandschaft zu einem erheblichenVerlust der Biodiversität gekommen. DieseEntwicklung ließ sich bislang auch nichtmit dem Einsatz vorhandener Mittel desamtlichen Naturschutzes aufhalten. Ausdieser Notwendigkeit heraus wurde durchdas Hessische Umweltministerium das Son-derprogramm „Förderung von Leitarten derFeldflur“ konzipiert. Ziel des Programmsist es, in bis zu 10 ausgewählten Schwer-punkträumen eine Verbesserung der Erhal-tungszustände der Zielarten zu erreichen.Hierfür stehen, neben einer Konzentrationbestehender Instrumente, auch gesondertMittel für die Vorbereitung, Organisationund Umsetzung von neuen Schutzmaß-nahmen zur Verfügung.

    Summary

    The intensification of agriculture hasled to a substantial loss of biodiversity inagricultural landscapes which are used forcrop farming. This development could notbeen stopped by regular instruments ofofficial nature protection. For this reasontheHessian ministry for environment initia-ted the special program “support of charac-terizing species of open fields”. The objec-tive of the program is to improve the con-servation status of the characterizing spe-cies in up to ten selected areas. Thereforea concentration of regular instruments is

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    rung, Entsteinung, Umbruch, Tiefenlocke-rung, der Einsatz vonGroßmaschinen sowieKalkung und Düngung ein Ausmaß an, daszu einer flächenhaften Artenverarmungführte (HMUELV 2009).

    So gelang es nach dem Zweiten Welt-krieg mit dem raschen Fortschritt derpflanzenbaulichen und agrartechnischenForschung, der ertragsmindernden Konkur-renz durchWildkräuter undWildgräser unddem Fraß von Insekten auf unseren ÄckernHerr zu werden, zunächst vor allem durchmechanische Unkrautbekämpfung, späterdurch flächendeckenden Einsatz von Pesti-ziden (Meyer & Leuschner 2015). Demsukzessiven Niedergang der Ackerwild-kraut-Flora folgte der Schwund an Tierarten(Ackervögel, Schmetterlinge, Wildbienenetc.), die auf Acker-Habitate angewiesensind. Eingeengte Fruchtfolgen, hoheErntegeschwindigkeiten und ertragsorien-tierte Techniken passen heute nicht mehr inden biologischen Rhythmus von Pflanzenund Tieren des Offenlandes.

    2 Verlust an Biodiversitätin der Feldflur

    Der Siegeszug gegen die „wildenAckerarten“ wird eindrucksvoll sichtbar imdokumentierten Rückgang der Wildkraut-deckung von etwa 40% in den 1950/60er-Jahren auf heute weniger als 4% (Meyer &Leuschner 2015). Das zeigen vegetations-kundliche Wiederholungsaufnahmen auffast 400 Äckern nach 50 und 60 Jahren. Dendramatischen Artenschwund belegen diemittleren Artenzahlen pro Aufnahmefläche,die um 71% seit den 1950/60er-Jahren zu-rückgingen. Im Inneren intensiv bewirt-schafteter Äcker kommen heute nur noch5 bis 7, teils herbizidresistente „Allerwelts-pflanzen“ vor (Meyer & Leuschner 2015).

    Nicht geringer war der Schwund anTierarten. Betroffen waren und sind alleTiergruppen, von Käfern und Schmetter-lingen bis zu Säugetieren und Vögeln. SeitMitte der 1980er Jahre nahm die Biomassean Insekten um 70%–80% ab. Gleichzeitig

    Abb. 1: Farbenfrohe Wildkräuter haben ehemals das Landschaftsbild vieler Landstriche ge-prägt (Foto: Sibylle Winkel).

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    verschwanden wichtige Strukturelementewie Säume, erdgebundene, grüne Feldwegeund Brachen aus unserer Landschaft (Abb.2). Diese katastrophale Gesamtentwicklungspiegelt sich wider im Trendverlauf derentsprechenden Naturschutzindizes (Feld-vogel-Index und High Nature Value Farm-land-Indikator bzw. HNV-Index) (Abb. 3).Exemplarisch für die „Verlierer“ der Feldflurstehen die beiden Naturschutz-ZielartenFeldhamster und Rebhuhn. Beide Artenwaren noch vor einigen Jahrzehnten bei-nahe in allen hessischen Ackerlandschaftenvertreten. Heute befinden sich die traurigenRestbestände unter Schutz.

    Bezeichnend ist auch die Situation derZielart Grauammer. Noch im Jahr 1952schreibt H.-J. Müller in seinem Buch„Vögel der freien Fluren“ über die Art:„Dort aber, wo die Landstraße durch eineeintönige Ackerebene läuft oder in einsa-

    men Wiesen und Ödländereien nur verein-zelt Büsche stehen, wird die Gattung derAmmern von der größeren und viel plumperwirkenden Grauammer vertreten, die des-halb ein besonders typischer Landstraßen-vogel ist. Von der Spitze eines Straßen-baumes, einer Telegraphenstange, notfallsvon einem größeren Stein oder einem an-deren erhöhten Punkte läßt das Männchenunermüdlich sein rauh klirrendes Lied er-schallen. Außerhalb der Brutzeit begegnetman ihr in kleineren oder größeren Scha-ren, oft mit Goldammern vergesellschaftet,auf Straßen, an Gräben und Brachfeldern“.

    Heute, gut sechs Jahrzehnte später,müssen interessierte Ornithologen und Na-turfreunde viel Geduld aufbringen und oftweite Strecken zurücklegen, um eines derletzten Exemplare der ehemaligen „Aller-weltsart“ einmal aus der Nähe beobachtenzu können.

    Abb. 2: Äcker werden bis zum Straßenrand genutzt, Säume sind schmal oder fehlen, Feld-wege sind asphaltiert. Die typische Flora und Fauna der Feldflur kann hier nichtmehr überleben (Foto: Gerd Bauschmann).

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    Doch wie kann man Ackerarten wieGrauammer, Feldhamster oder Frauen-spiegel wirkungsvoll schützen?

    3 Bisherige Instrumente des Natur-schutzes oft wirkungslos

    Die Arten der Äcker und Feldflurwaren lange Zeit eher die Stiefkinder desNaturschutzes (Abb. 4). Das hatte vieleGründe. Der vielleicht wichtigste Grunddafür ist, dass die traditionellen Schutzin-strumente wie Schutzgebietsausweisungenbei Acker-Habitaten kaum Anwendungfanden und daher auch kaum Wirkungzeigten, weil eine bestimmte Ackernut-zung nur schwerlich hoheitlich vorgegebenwerden kann.

    Außerdem ist und bleibt es sehrschwierig, Landwirte in Agrarumweltpro-gramme einzubinden, wenn die Gelder ausden Förderprogrammen nur bedingt mitden Deckungsbeiträgen auf sehr ertrag-reichen Ackerstandorten konkurrierenkönnen. Vor diesem Hintergrund ist eseine große Herausforderung, die letztenVorkommen von Feldhamster, Grauammerund Rebhuhn, z. B. in der Wetterau, demHessischen Ried und in der Feldflur beiLimburg wirkungsvoll und dauerhaft zuschützen.

    Der in anderen Bereichen durchaussinnvolle Flächenerwerb ist aufgrund starkgestiegener Grundstückspreise nur seltenrealisierbar. Und selbst bei Äckern in„Naturschutzhand“ stellt sich dann wiederdie Frage der artgerechten Bewirtschaftung.

    Abb. 3: Der Teilindikator Agrarlandschaft des Nachhaltigkeitsindexes für Artenvielfaltweicht immer stärker vom Zielwert ab. Zur Berechnung des Indexes werden dieBestandsentwicklungen folgender Vogelarten herangezogen: Braunkehlchen, Bekas-sine, Feldlerche, Goldammer, Kiebitz, Neuntöter, Rebhuhn, Rotmilan und Stein-kauz.

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    Hinzu kommt, dass die bereits aus demJahr 1992 stammende Fauna-Flora-Habi-tat-Richtlinie (FFH-RL) als Kind ihrerZeit nur wenige Ackerarten (Ausnahmen:Feldhamster, Kugelhornmoos und wenigeandere) kennt, während die Arten desGrün-landes, der Wälder und Gewässer reichlichrepräsentiert sind.

    Ein interessanter und gleichzeitig er-folgreicher Ansatz, zumindest die Restewertvoller Segetalflora zu sichern, ist dieSchutzacker-Initiative „100 Äcker für dieVielfalt“, die seit dem Jahr 2007 bundesweitund auch mit einigen Beispielen in Hessenvertreten ist (Meyer & Leuschner 2015).Allerdings ist dieser Schutzansatz in derPraxis nur sehr kleinflächig realisierbar undbietet zudem Wirbeltieren wie Rebhuhnoder Feldhamster nur in geringem Maßegeeignete Habitate.

    Es ist daher eines der Ziele der Hes-sischen Biodiversitätsstrategie, die Artender Acker-Landschaften stärker als bisherin den Fokus des Naturschutzhandelns zurücken.

    4 Die Hessische Biodiversitätsstrategie

    Ein wichtiges Anliegen der HessischenBiodiversitätsstrategie (s. Abb. 5) ist es, dieArten und Lebensräume zu fördern, fürdie auf Landesebene eine besondere Verant-wortung besteht. Dieses Ziel wurde v. a. mitder sogenannten „Hessen-Liste“ verfolgt.Die Liste der fürHessen bedeutsamenArtenund Lebensräume beinhaltet daher auchzahlreiche Ackerarten. Das gilt besondersfür die bereits genannten Leitarten Feld-hamster, Grauammer und Rebhuhn, aberauch für weniger bekannte Spezies, daruntervom Aussterben bedrohte Arten der Acker-begleit-Flora, wie das Sommer-Adonis-röschen, der Venuskamm oder auch dasAcker-Leinkraut.

    5 HMUKLV-Initiative fürAckerprojekte

    Auf Initiative des Hessischen Ministe-riums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirt-

    Abb. 4: Viele Ackerwildkräuter wie der Venus-Frauenspiegel (Legousia speculum-veneris)können nur in einer extensiv genutzten Feldflur überleben (Foto: Sibylle Winkel).

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    schaft und Verbraucherschutz (HMUKLV)wurde ein Pilotprojekt zur Förderungder besonders bedrohten Arten der Feld-flur konzipiert (s. Abb. 6). Realisiertwerden soll dieses Sonderprogramm„Förderung von Leitarten der Feldflur“in bis zu zehn Schwerpunkträumen inHessen (s. Tab.1).

    Auf Grundlage von Fachdaten sowievorliegender Artenhilfskonzepte, Maßnah-menblätter und Gebietsstammblätter wur-den dazu Projektvorschläge erarbeitet. Be-sonders berücksichtigt wurden Regionen, indenen bereits Initiativen zum Schutz vonAckerarten existieren und in denen aufvorhandenen Aktivitäten und Erfahrungenaufgebaut werden konnte. Die jeweilige Pro-jektdauer wurde zunächst auf fünf Jahreangesetzt. Im Erfolgsfall besteht die Optioneiner Verlängerung

    5.1 Z ie l - und Le i t a r t en( ink l . Grund lagen)

    Von den Schutzmaßnahmen für dieZiel- und Leitarten Feldhamster, Rebhuhn,Grauammer und Ackerwildkräuter profi-tieren auch zahlreiche andere Bewohnerdes landwirtschaftlich geprägten Offenlan-des. Zu nennen sind bodenbrütende Vogel-arten wie Feldlerche, Schafstelze undWachtel sowie regional die Weihen. Aberauch Schmetterlinge, Wildbienen und an-dere Insektengruppen haben großen Nut-zen durch ein erweitertes Nektarangebot,durch die Anlage von Blühflächen und-streifen und den verringerten Einsatzvon Glyphosat, Insektiziden, Nagergiftenund sonstigen Pestiziden. Auch der Feld-hase findet in den Ackerschutzprojekteneine strukturreichere Landschaft vor. Letzt-

    Abb. 5: Mit der Hessischen Biodiversitäts-strategie sollen Arten und Lebens-räume gefördert werden, für dieauf Landesebene eine besondereVer-antwortung besteht(Foto: HMUELV).

    Abb. 6: Ein auch optisch attraktiver Blüh-streifen mit verschiedenen Acker-wildkräutern (Foto: SibylleWinkel).

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    lich profitieren auch Greifvögel wie Rot-milan, Turmfalke und einige Eulenartenvom größeren Nahrungsangebot an Klein-säugern in den extensivierten Ackerschlägen.

    Da einigederAcker-Arten eine eher kon-tinentale Verbreitung haben (z. B. Feldham-ster und einige Ackerwildkräuter) und vomKlimawandel negativ betroffen sind, dürftendie Maßnahmen auch vor diesem Hinter-grund eine stabilisierendeWirkung entfalten.

    Es stehen derzeit folgende naturschutz-fachliche Grundlagen zur Verfügung:� Artenhilfskonzept Feldhamster mit Maß-

    nahmenblatt (Auftraggeber: HessischesLandesamt für Naturschutz, Umweltund Geologie, HLNUG; Stand 2017/18).Das Konzept liegt vor und wird derzeitüberarbeitet.

    � Artenhilfskonzept Rebhuhn mit Maß-nahmenblatt und Gebietsstammblättern

    (Auftraggeber: Staatliche Vogelschutz-warte für Hessen, Rheinland-Pfalz undSaarland, VSW) (Laux et al. 2017).

    � Artenhilfskonzept Grauammer mit Maß-nahmenblatt (Auftraggeber: VSW, 2011)(Sacher & Bauschmann 2011).

    � FENA-Skripte „Von Venuskamm, Fin-kensame und Hasenohr“ – Verbreitung,Bestandssituation und Gefährdung vomAussterben bedrohter Ackerarten inHessen (Auftraggeber: LandesbetriebHessen-Forst – Servicezentrum Forst-einrichtung und Naturschutz, FENAbzw. HLNUG 2014).

    � Naturschutzskripte „Guter Heinrich,Pfingst-Nelke, Färber-Scharte & Co. –Hessische Verantwortungsarten Teil 1(HLNUG 2018).

    � Diverse Maßnahmenblätter zu weiterenArten des Offenlandes.

    Tabelle 1: Umsetzungsstand und kalkulierte Flächengröße der geplanten und in Umsetzungbefindlichen Feldflurprojekte in Hessen. Stand: November 2018.

    Feldflurprojekte in Hessen

    Nr. Bezeichnung / Status Projektfläche Start-TerminArbeitstitel

    1 Main-Kinzig-West in Umsetzung 6000 ha 27.09.2018

    2 Wiesbaden-Ost in Umsetzung 6000 ha 08.05.2018

    3 Schwalm-Eder-Kreis, in Umsetzung 2700 ha 29.08.2018Bad Zwesten

    4a Hochtaunus (Teilprojekt teilweise 4400 ha 1. Quartal 2019Vordertaunus) in Umsetzung

    4b Hochtaunus (Teilprojekt teilweise 4000 ha 1. Quartal 2019Usinger Becken) in Umsetzung

    5 Wetterau in Umsetzung 12000 ha ohne

    6 Feldflur bei Limburg in Umsetzung >1000 ha 10.10.2018

    7 Gießen-Süd in Planung 2000 ha 2019

    8 Main-Kinzig Mitte/Ost früher noch offen noch offenPlanungsstand

    9 Fulda noch keine noch offen noch offenPlanung

    10 noch offen

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    5.2 Fe ld f lurpro j ek te – Schwer-punktku l i s s e für Schutzmaß-nahmen

    Tab. 1 zeigt die aktuellen Feldflurpro-jekte inHessen, derenUmsetzungsstand so-wie die Projektfläche zu Beginn der Planung.

    ZumJahreswechsel 2018/2019waren achtkonkrete Flächenprojekte bzw. Teilprojektein einer fortgeschrittenen Planungsphase oderbereits in der Umsetzungsphase. Für zweiweiteremöglicheFlächenkulissen (Main-Kin-zig-Kreis Mitte/Ost und Fulda) gab es ersteIdeen und räumliche Vorstellungen.

    Die Flächenkulisse aller bis jetzt kon-kretisierten Feldflurprojekte beträgt rund38000 Hektar. Mit der weiteren Konkreti-sierung der Flächenprojekte vor allem inOsthessen erscheint eine Gesamt-Flächen-kulisse von bis zu 50000 Hektar realistisch.

    5.3 Ver fügbare Schutz ins t rumente

    Für die Organisation und die Umset-zung von Maßnahmen in den Feldflurpro-jekten stehen zunächst Mittel (SondermittelFeldflurprojekte) in Höhe von 300000,– €im Jahr 2018 und 400000,– € im Jahr 2019zur Verfügung (s. Tab. 2).

    Sofern es die künftigen politischen Rah-menbedingungen zulassen, sollen die Son-dermittel auch in den Folgejahren zurVerfügung gestellt und dem Bedarf entspre-chend angepasst werden.

    Die Mittel stehen für die Vorbereitung,Organisation und Umsetzung von Schutz-maßnahmen und deren fachliche Begleitung

    sowie für damit verbundene Sachausgabenzur Verfügung (Kuprian 2018).

    Daneben sollen Mittel aus dem Ver-tragsnaturschutz für investive MaßnahmenderGemeinschaftsaufgabe Agrarumwelt- undKüstenschutz (kurz GAK) wie ggf. auchMittel aus der hessischen UmweltlotterieGENAU (Gemeinsam für Natur und Um-welt) in die Projektkulissen einfließen.

    Darüber hinaus stehen für die Feldflur-projekte je nach Region in jeweils unter-schiedlichemAusmaß und unterschiedlicherZusammensetzung weitere Instrumente zurVerfügung (Hessisches Programm für Agrar-umwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen–HALM, künftig stärkere Fokussierung aufFeldflurprojekte), teilweise (tlw.) Maßnah-men und Mittel der Landkreise bzw. Kreis-freien Städte, tlw. Greening-Flächen (abernur in wenigen Fällen geeignet), tlw. Maß-nahmen aus Ausgleichsverpflichtungen (inkl.Ökokonten), tlw. Maßnahmen der Natur-schutzverbände und der Hegeringe, tlw.freiwillige Maßnahmen der Landbewirt-schafter und Flächeneigentümer, Drittmittelaus Stiftungen o.ä.) (Kuprian 2018).

    Ziel ist es, die verschiedenen Instru-mente so einzusetzen und zu konzentrieren,dass günstige Erhaltungszustände der Ziel-arten erreicht werden (Kuprian 2018). Fürdie Umsetzung der einzelnen Feldflurpro-jekte ist auch die Funktion und rechtlicheStellung der jagdausübungsberichtigten Re-vierpächter zu berücksichtigen. Ihnen wei-sen die Jagdgesetze eine Schlüsselrolle beider Hege des jagdbaren Wildes zu. In die-sem Zusammenhang ist es erforderlich, sichüber die Bedeutung der Prädation der Ziel-

    Tabelle 2: Verteilung der „Sondermittel Feldflurprojekte“ auf die hessischen Regierungs-bezirke in den Jahren 2018 und 2019.

    Sondermittel Feldflurprojekte

    2018 2019

    Regierungsbezirk Darmstadt 180000 €

    Regierungsbezirk Gießen 60000 €

    Regierungsbezirk Kassel 60000 €

    gesamt 300000 € 400000 €

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    arten Feldhamster, Feldhase, bodenbrütendeVögel usw. klar zu sein. Die erfolgreicheMitwirkung der Jägerschaft bei den Projek-ten ist davon abhängig, dass eine Bejagungvon Arten wie z. B. Fuchs und Waschbärinkl. des Einsatzes von Fanggeräten durch-geführt wird.

    5.4 Kurzbeschreibung der Projekte

    Projekt 1 „Main-Kinzig-West“Der westliche Main-Kinzig-Kreis weist

    eine der größten hessischen Feldhamster-Populationen auf. Die Population reicht, sozeigen es aktuelle Kartierungen, bis in denFrankfurter Osten und denNordenHanaushinein. Im dicht besiedelten Ballungsraumführt das zu Konflikten mit geplanten Bau-gebieten.Unter Federführung desAmtes fürden ländlichen Raum in Gelnhausen sollenauf etwa 6000 Hektar Fläche Maßnahmenfür die Leitarten Feldhamster, Rebhuhn undGrauammer, aber auch für seltene Acker-wildkräuter undweitere „Hessen-Arten“kon-zipiert und umgesetzt werden. Vertrags-naturschutzmaßnahmen für den Feldham-ster finden in der Projektkulisse bereits seitvielen Jahren mit wachsender Tendenz statt(Kuprian et al. 2016). Die Schutzmaßnah-men müssen aber intensiviert, optimiert undauf andere Arten erweitert werden. Der offi-zielle Start-Terminwar der 27.September 2018.

    Projekt 2 „Wiesbaden-Ost“Die Äcker rund um Wiesbaden, insbe-

    sondere im Norden und im Übergang zumMain-Taunus-Kreis, waren in der Vergan-genheit dicht mit den Ackerarten Feldham-ster und Rebhuhn besiedelt. Die Rebhuhn-Bestände haben zwischenzeitlich stark ab-genommen, der Feldhamster galt sogar inden letzten Jahren als verschollen. 2017wurden wieder ein Bau und ein lebendesTier nachgewiesen. Unter Federführung derStadt Wiesbaden (Untere Naturschutzbe-hörde) und in enger Zusammenarbeit mitdemHegeringWiesbaden-Ost, der einKon-zept mit Maßnahmenvorschlägen erstellthat, wurde eine rund 6000 Hektar große

    Projektkulisse grob abgegrenzt. Ein Pla-nungsbüro wird 2019 das Konzept weiterkonkretisieren und verdichten. Zielartensind neben Rebhuhn, Feldhamster undGrauammer, Feldlerche, Feldhase sowieseltene Ackerwildkräuter und ggf. weitere„Hessen-Arten“. Im Projektgebiet gibt esseit mehreren Jahren Aktivitäten der StadtWiesbaden (Feldhamster-Kompensations-verpflichtungen). Ebenso werden bereitsMaßnahmen durch den Hegering umge-setzt. Parallel dazu wird in der WiesbadenerFasanerie auf Betreiben des ArbeitskreisesFeldhamsterschutz der HGON eine Feld-hamster-Station aufgebaut, die aus Mittelnder Umweltlotterie GENAU gefördert wird.Der offizielle Start des Feldflurprojektes fandunter Beteiligung von UmweltministerinPriska Hinz bereits am 08. Mai 2018 statt.

    Projekt 3 „BadZwesten“ im Schwalm-Eder-Kreis

    Das nordhessische Projekt (Schwer-punkt: Rebhuhn) im Schwalm-Eder-Kreisgeht auf die Initiative eines Öko-Landwirtesund der HGON zurück. Das Projekt wirdvom Regierungspräsidium Kassel begleitet.Die Projektfläche beträgt 2700 Hektar. Alsfachliche Grundlage liegt ein sogenanntes„Gebietsstammblatt“ als Teil des Artenhilfs-konzeptes Rebhuhn vor, das von der Staat-lichen Vogelschutzwarte in Frankfurt amMain in Auftrag gegeben wurde. Der Auf-takttermin fand mit regionaler Pressebe-richterstattung am 29. August 2018 statt.

    Projekt 4 „Hochtaunus“Der Hochtaunuskreis wird aktuell nur

    noch spärlich vom Rebhuhn besiedelt (Sel-zer & Ebner 2018). Auch der Feldhamsterist aus dem Kreisgebiet weitgehend ver-schwunden. Gleichwohl bildet der Hoch-taunuskreis mit seinen Ackergebieten einwichtiges Bindeglied im Biotop/Habitat-Verbund zwischen Wetterau und west-lichem Rhein-Main-Gebiet. Zwei Teilge-biete (Vordertaunus zwischen Steinbach undFriedrichsdorf undUsinger Becken)mit ins-gesamt 8400 Hektar Größe wurden alsProjektkulisse identifiziert. Unter Federfüh-

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    rung des Landschaftspflegeverbands Hoch-taunus und der Unteren Naturschutzbe-hörde sollen gemeinsam mit dem Amt fürden ländlichen Raum, den Landwirten, derJägerschaft und den NaturschutzverbändenSchutzmaßnahmen für Rebhuhn, Feldham-ster, Feldhase und weitere Arten der Feld-flur auf den Weg gebracht werden. Ein-zelne Schutzmaßnahmen (u. a. Blühstreifen,Luzerne-Flächen, HALM) wurden bereitsrealisiert. Die Maßnahmen sollen weiter in-tensiviert und optimiert werden.

    Flankierend zu den Maßnahmen in derFeldflur hat der Opel-Zoo in Kronberg inKooperation mit der Unteren Naturschutz-behörde des Hochtaunuskreises eine Feld-hamster-Station aufgebaut (s. Abb. 7 und 8).Tiere aus kontrollierter Nachzucht sollenbei Bedarf im Projektgebiet selbst oder inanderen Feldflur-Projektgebieten für Be-standsstützungen und Wiederansiedlungenaufgezogen werden. Die fachliche Beglei-tung erfolgt sowohl durch die UntereNaturschutzbehörde des Hochtaunuskrei-ses als auch durch den Arbeitskreis Wild-biologie der Justus-Liebig-Universität Gie-

    ßen. Der Opel-Zoo und die Fasanerie inWiesbaden kooperieren bei der Nachzuchtvon Feldhamstern mit dem Land Hessenauf Grundlage eines sogenannten „Letterof Intend“. Diese Absichtserklärung wurdeam 11. Juni 2018 unterzeichnet.

    Projekt 5 „Wetterau“Die Wetterau mit ihren sehr guten

    Ackerböden bietet traditionell gute Lebens-räume für Grauammer (Abb. 9), Feldham-ster, Rebhuhn & Co., allerdings müssenauch hier die negativen Auswirkungen deslandwirtschaftlichen Strukturwandels drin-gend mit einem großflächigen Feldflurpro-jekt abgepuffert werden, um für diese Spe-zies nachhaltig „Quellpopulationen“ zu er-zeugen. Unter Federführung des Land-schaftspflegeverbands „NaturschutzfondsWetterau“ soll eine Projektkulisse von rund12000 Hektar bearbeitet werden. Der Land-kreis zeichnet sich durch eine langjährig guteKooperation von amtlichem & ehrenamt-lichem Naturschutz, Jägerschaft und Land-wirtschaft aus. Im Kreis liegen Erfahrungenzu erfolgreichen Rebhuhn-Schutzmaßnah-

    Abb. 7: Nagelneu und tierschutzgerecht: Die Feldhamster-Aufzuchtstation im Opel-Zoobei Kronberg (Foto: Sibylle Winkel).

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    men vor. Vertragsnaturschutz (HessischesLandschaftspflegeprogramm HELP, Hessi-sches Integriertes Agrarprogramm HIAP,HALM) findet seit 2003 mit wachsenderTendenz statt, muss aber weiter intensiviertund auf zusätzliche Ziel-Arten ausgedehntwerden.

    Projekt 6 „Feldflur bei Limburg“Die Feldflur bei Limburg ist eine als

    EU-Vogelschutzgebiet insbesondere fürRastvögel ausgewiesene Ackerlandschaft,die eine kleine Feldhamster-Population inungünstigem Erhaltungszustand aufweist.Unter Federführung des Regierungspräsi-diums Gießen und des Amtes für den länd-lichen Raum in Limburg sowie mit Unter-stützung der Naturschutzverbände sollenhier neben dem Feldhamster auch Vogel-arten wie Wachtel, Rebhuhn, Kornweiheund Mornellregenpfeifer gefördert werden.

    Projekt 7 „Gießen Süd“Ausgehend vom geplanten „Mittelfri-

    stigen Maßnahmenplan“ für die FFH-ArtFeldhamster im Bereich des Gießener Hügel-

    landes bei Langgöns-Holzheim (Kreis Gie-ßen, Teile der nördlichen Wetterau) sollenin einem Feldflurprojekt auch die ArtenRebhuhn, Grauammer, Feldlerche und ver-schiedene „Hessen-Arten“ in den Fokus desamtlichenNaturschutzhandelns gerücktwer-den. Federführend ist im 2000 Hektargroßen Flächenprojekt das Regierungspräsi-dium Gießen.

    Projekt 8 „Main-Kinzig Mitte/Ost“Für den mittleren Main-Kinzig-Kreis

    existiert ein Projektvorschlag der Kreisver-waltung. Für den östlichen Kreis gibt esähnliche Überlegungen der Jägerschaft, dievom regionalen NABU befürwortet wer-den. Die Konzepte sollen zunächst konkre-tisiert werden. Eine Realisierung ist daherfrühestens ab 2019 möglich.

    Projekt 9 „Fulda“Die Fuldaer Senke und deren Rand-

    bereiche waren ehemals Lebensraum desFeldhamsters. Eine Wiederansiedlung er-scheint zumindest mittelfristig unrealistisch.Sinnvoller wäre, sich ab 2019 hier auf die Ar-

    Abb. 8: Das Laufrad macht die Junghamster der Aufzuchtstation fit für die Freiheit(Foto: Sibylle Winkel).

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    ten Rebhuhn (Abb. 10), Feldlerche, Gold-ammer und Neuntöter zu fokussieren.

    Da bis zu 10 Feldflurprojekte in Hes-sen gefördert werden sollen, könnte inden kommenden Jahren noch ein weite-res Projekt gefördert werden (Abb. 11).Sinnvoll wäre sicher ein Ansatz im bisherunterrepräsentierten Norden oder Südendes Landes.

    5.5 Die wicht ig s t en Schutz-maßnahmen in den Fe ld f lur-Pro jek ten

    Tab. 3 führt ohne Anspruch auf Voll-ständigkeit die wichtigsten Schutzmaßnah-men für die Zielarten der Feldflurprojekteauf. Weitergehende Informationen könnenden jeweiligen Artenhilfskonzepten undMaßnahmenblättern, die im Netz verfügbarsind, entnommen werden.

    Die Maßnahmen wurden zwar jeweilseiner Leitart der Feldflur zugeordnet. Im

    Regelfall kommen sie aber mehreren Artenzugute. So werden ein- oder zweijährigeBlühstreifen nicht nur von Rebhühnern undFeldhamstern gerne genutzt. Sie bieten auchzahlreichen anderen Wirbeltieren Deckungund Nahrung und dienen auch Insekten alsLebensraum.

    6 Ausblick

    Nach Jahren des ungebremsten Nie-dergangs der Feldflurarten bietet sich erst-malig die Chance, auf größeren Flächendiese Entwicklung aufzuhalten. Für einennachhaltigen Erfolg der Feldflurprojektewird entscheidend sein, ob fachlich geeig-nete Maßnahmen für die Zielarten in aus-reichend großer Dichte, an den richtigenStandortenmit großerKontinuität und ohneUnterbrechungen durchgeführt und ge-währleistet werden können. Wichtig ist indiesem Zusammenhang auch ein zielgerich-tetes Monitoring mit einer Erfolgskontrolleder Schutzmaßnahmen.

    Abb. 9: Die Grauammer ist eine der Zielarten im Feldflurprojekt „Wetterau“(Foto: Alfred Limbrunner).

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    Abb.10: Das Rebhuhn dürfte in allen Feldflurprojekten von den Maßnahmen profitieren(Foto: Christian Gelpke).

    Abb.11: Der Schutzbedarf für die Arten der Feldflur ist groß (Foto: Sibylle Winkel).

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    Tabelle 3: Auswahl der wichtigsten und häufigsten Schutzmaßnahmen für die Leitarten derFeldflur.

    Die wichtigsten SchutzmaßnahmenZielarten Schutzmaßnahme BemerkungFeldhamster Nacherntestreifen Streifen ohne Getreideernte (HALM),

    Mindestbreite 2 m, keine Nager-Gifte

    Feldhamster Nacherntestreifen Streifen ohne Getreideerntemit anschließender (HALM) mit parallelemStoppelbrache Stoppelbrachestreifen

    Feldhamster Hamster-Mutterzelle Zelle ohne Getreideernte, Regelgröße1600 m2, keine Nager-Gifte

    Feldhamster Blühstreifen Blühstreifen nach HALM, einjährigmit spätem Umbruch

    Feldhamster Anbau von Luzerne Luzerneanbau als Futterpflanze

    Rebhuhn Blühflächen und -streifen, gemäß Maßnahmenblatt derBunt- und Schwarzbrachen Staatlichen Vogelschutzwarte (VSW)

    Rebhuhn größere Drillabständeim Getreide

    Rebhuhn artenreiche Segetalflora Nahrungsgrundlage

    Rebhuhn späte Heumahd Versteckmöglichkeiten undNahrungshabitate

    Grauammer Feldvogelfenster und Zwei bis drei Fenster je Hektar (20 m2)Anlage von Sitzwarten gemäß Maßnahmenblatt der VSW

    Grauammer reduzierte Saatstärke gemäß Maßnahmenblatt der VSWund weite Reihe

    Grauammer Anbau von Ackerbohneund Futtererbse

    Grauammer Stoppeläcker, Stehenlassen von Stoppeläckernspäter Umbruch über den Winter

    Ackerwildkräuter keine Pestizide, insbesondere Totalherbizide wieHalm-Stabilisatoren, Glyphosat sind problematischWachstumsregulatoren

    Ackerwildkräuter Einschränkung der Düngung, Eine mäßige Düngung mit Festmistwendende Bodenbearbeitung ist i.d.R. unproblematisch

    Ackerwildkräuter an die jeweiligen Zielartenangepasste Fruchtfolge

    Ackermoose (z. B. später Stoppelumbruch Ackermoose entwickeln sich i.d.R.Kugelhornmoos) im Herbst oder Winter erst nach der Getreideernte

    alle Arten Erhalt von Wegrainen Wegraine bieten Futter und Deckung

    alle Arten Revitalisierung vonerdgebundenen Feldwegen

    Tiere der Feldflur Prädation verringern v. a. Fuchs, Waschbär und örtlichWildschwein

    Tiere der Feldflur Störungen minimieren ggf. Besucherlenkungsmaßnahmendurchführen

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    Der Schutz der Lebensgemeinschaftender offenenKulturlandschaft bedarf erhebli-cher Anstrengungen. Landwirte müssen dieMöglichkeit haben, die Produktion gesun-der heimischer Lebensmittel mit dem Erhaltder Artenvielfalt in Einklang zu bringen.Die hessischen Feldflurprojekte bieteneinen neuen Ansatz zum Schutz von Feld-hamster, Rebhuhn, Frauenspiegel &Co.Dieersten Erfahrungen und Rückmeldungenaus den anlaufenden Projekten zeigen, dassder eingeschlagene Weg erfolgversprechendist (Abb. 12).

    Die konsequente Fortführung der be-gonnenen Aktivitäten, der gezielte undverdichtete Einsatz von HALM und derweiteren Schutzinstrumente und nicht zu-letzt das Zusammenwirken von amtlichenund ehrenamtlichen Naturschützern, Hege-gemeinschaften, Landwirten und Kommu-nen haben das Potenzial, in relevantenAnteilen unserer hessischen Feldflur eineTrendwende herbeizuführen.

    7 Literatur

    Hofmeister, H. & E. Garve (1986):Lebensraum Acker – Pflanzen derÄcker und ihre Ökologie. – VerlagPaul Parey, Hamburg und Berlin.

    Kuprian, M., K. Preusche, S. Jokisch,M. Gall & J. Katz (2016): Hamster,Halm und HBS – Zahlen und Faktenzum amtlichen Feldhamsterschutzin Hessen. – Jahrbuch Naturschutz inHessen 16: 92 – 98.

    Kuprian, M. (2018): Feldflurprojekte fürbedrohte Ackerarten in Hessen. –Unveröffentlichtes Konzeptpapier,7 Seiten, Stand: Juni 2018; HMUKLV,Wiesbaden.

    Laux, D., M. Herold, F. Bernshausen &M. Hormann (2017): Artenhilfskon-zept Rebhuhn (Perdix perdix) inHessen. – Gutachten der StaatlichenVogelschutzwarte für Hessen, Rhein-land-Pfalz und Saarland; Hungen, 85 S.

    Meyer, S. & C. Leuschner (2015):100 Äcker für die Artenvielfalt.Initiativen zur Förderung der Acker-wildkrautflora in Deutschland. –Universitätsverlag Göttingen.

    Müller, H.-J. (1952): Vögel der freienFluren. – Kinderbuchverlag; Berlin,95 Seiten.

    HMUELV (2009): NATURA 2000 prak-tisch in Hessen – Artenschutz in Feldund Flur. – Broschüre des HessischenMinisteriums für Umwelt, Energie,Landwirtschaft und Verbraucher-schutz, 2. Auflage, 250 Seiten.

    Abb.12: „Blühende Landschaften“ (Foto: Sibylle Winkel).

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    Sacher, T. & G. Bauschmann (2011):Artenhilfskonzept für die Grauammer(Miliaria calandra) in Hessen. – Gut-achten der Staatlichen Vogelschutz-warte für Hessen, Rheinland-Pfalzund Saarland, Reichelsheim. 144 S. +9 S. Anhang.

    Selzer, D. & L. Ebner (2018): Quo vadisFeldhamster, Rebhuhn, Feldlerche undCo.? Haben Offenlandarten eineChance zu überleben? – ModellregionHochtaunuskreis. JahrbuchHochtaunuskreis 2018: 169 – 184.

    Manuskript eingereicht am 14.11.2018,angenommen am 26.11.2018

    Anschriften der Verfasser:

    Dr. Matthias Kuprian & Fabian Kern,Hessisches Ministerium für Umwelt,Klimaschutz, Landwirtschaft undVerbraucherschutz,Referat IV 3 Schutzgebiets- und Arten-management, Naturschutzfinanzierung,Mainzer Straße 80,D-65189 Wiesbaden,E-Mail:[email protected]

    Martin Hormann,Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen,Rheinland-Pfalz und Saarland,Steinauer Straße 44,D-60386 Frankfurt amMain,E-Mail: [email protected]

    Dr. Dr. Dieter Selzer,Untere Naturschutzbehörde des Hoch-taunuskreises/LandschaftspflegeverbandHochtaunus,Ludwig-Erhard-Anlage 1–5,D-61352 Bad Homburg v. d. Höhe,E-Mail: [email protected]

    John Barz,Regierungspräsidium Kassel,Obere Naturschutzbehörde,Am alten Stadtschloss 1,D-34117 Kassel,E-Mail: [email protected]

    Sibylle Winkel,Pommernstraße 7,D-63069 Offenbach amMain,E-Mail: [email protected]

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