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Jahresbericht Kantonsratsfraktion 2012/2013 1 Kollegial und geschlossen für freisinnige Werte Jahresbericht der FDP-Kantonsratsfraktion 2012/2013 Sehr geehrte Delegierte Einleitung Wenn ich mit einer Zeitmaschine 10 Jahre zurückreisen könnte und den Leuten erzählen wür- de, dass im Jahr 2013 a) Oskar Freysinger in der Walliser Regierung sässe, b) ein Linksaktivist der alternativen Liste Zürcher Polizeivorstand, und c) Ueli Maurer Bundespräsident sein würde: Ich würde Gelächter, Kopfschütteln oder zumindest ungläubiges Staunen auslösen. Wir politisieren als Freisinnige zurzeit in einem spannenden Umfeld. Um mit dem Slogan eines Autobauers zu reden: "Nichts ist unmöglich". Und dies gilt nicht nur für Wahlen, es gilt auch für Sachabstimmungen: Ich denke an eine Kulturlandinitiative, an die Zweitwohnungsinitiative oder aber die Minderinitiative. Initiativen, die früher gescheitert wären, können heute gegen das sog. Establishment gewonnen werden. Und ich nehme an, Sie wie ich orten zurzeit gelegentlich in persönlichen Gesprächen eine gewisse Wachstums- und Wirtschaftsfeindlichkeit und wundern sich gelegentlich über eine seltsame Geringschätzung des Eigentums und diffuse Neidgefühle. Insbesondere das öffentliche Verständnis der "Wirtschaft" hat sich klar verändert. Galt sie in der Schweiz jahrzehntelang als Garant für Arbeitsplätze und Wohlstand, war das Bild geprägt von sozial eingestellten Patrons, die Risiken übernahmen und eigenes Geld investierten, dann ist heute das Bild ein anderes. Die Menschen haben anonyme, geldgierige, möglicherweise aus- ländische Manager vor Augen, die selbst dann, wenn sie ihre Aufgabe miserabel erfüllen, per- sönlich noch profitieren, ohne selber ein Risiko zu tragen. Unzählige Firmen und KMU leiden - unverschuldet - imagemässig unter dem Fehlverhalten einzelner. Aber auch für eine Partei, die eine Wirtschaftspartei ist und sein will, ist dieses negative öffentlichen Bild der "Wirtschaft" eine Herausforderung. Die FDP ist aktuell so notwendig wie noch nie, davon bin ich felsenfest überzeugt. Der Tagi schrieb am 27. Mai 2013 mit Blick auf die Situation der Stadt Zürich von einem (Zitat) "perver- sen Paradox: Die Stadt Zürich lebt zwar von den Grundlagen, die eine wirtschaftsliberale, "bür- gerliche" Werteordnung in der Schweiz geschaffen hat. Aber im Blickwinkel der Stadtbewohner dominieren die für sie negativen Nebenfolgen dieser "bürgerlichen" Grundlagen. Wer also in Zürich den Wahlerfolg will, nutzt das Unbehagen an den negativen Nebenfolgen. Die "bürgerli- chen" Werte scheinen da sekundär zu sein. Mit ihnen gewinnt man hier keine Mehrheit." (Schuler) In diesem Umfeld politisieren wir zurzeit. Wir sind diese Herausforderung in der FDP- Kantonsratsfraktion kollegial und geschlossen angegangen. Eine Studie des Instituts für Poli- tikwissenschaft der Universität Zürich bescheinigt uns sogar, die Fraktion mit der grössten Frak- tionsdisziplin zu sein! Das ist nicht selbstverständlich und war nicht immer so. Wir sind mit Elan ins zweite Amtsjahr der laufenden Legislatur gestartet und kämpfen täglich an vorderster Front für unsere liberale Grundhaltung und unser Verständnis eines schlanken Staatsapparats. Mit Hilfe von Vorstössen, Fraktionserklärungen und nicht zuletzt auch Medienmitteilungen gehen wir unsere politischen Aufgaben an:

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Jahresbericht Kantonsratsfraktion 2012/2013 1

Kollegial und geschlossen für freisinnige Werte Jahresbericht der FDP-Kantonsratsfraktion 2012/2013 Sehr geehrte Delegierte Einleitung Wenn ich mit einer Zeitmaschine 10 Jahre zurückreisen könnte und den Leuten erzählen wür-de, dass im Jahr 2013 a) Oskar Freysinger in der Walliser Regierung sässe, b) ein Linksaktivist der alternativen Liste Zürcher Polizeivorstand, und c) Ueli Maurer Bundespräsident sein würde: Ich würde Gelächter, Kopfschütteln oder zumindest ungläubiges Staunen auslösen. Wir politisieren als Freisinnige zurzeit in einem spannenden Umfeld. Um mit dem Slogan eines Autobauers zu reden: "Nichts ist unmöglich". Und dies gilt nicht nur für Wahlen, es gilt auch für Sachabstimmungen: Ich denke an eine Kulturlandinitiative, an die Zweitwohnungsinitiative oder aber die Minderinitiative. Initiativen, die früher gescheitert wären, können heute gegen das sog. Establishment gewonnen werden. Und ich nehme an, Sie wie ich orten zurzeit gelegentlich in persönlichen Gesprächen eine gewisse Wachstums- und Wirtschaftsfeindlichkeit und wundern sich gelegentlich über eine seltsame Geringschätzung des Eigentums und diffuse Neidgefühle. Insbesondere das öffentliche Verständnis der "Wirtschaft" hat sich klar verändert. Galt sie in der Schweiz jahrzehntelang als Garant für Arbeitsplätze und Wohlstand, war das Bild geprägt von sozial eingestellten Patrons, die Risiken übernahmen und eigenes Geld investierten, dann ist heute das Bild ein anderes. Die Menschen haben anonyme, geldgierige, möglicherweise aus-ländische Manager vor Augen, die selbst dann, wenn sie ihre Aufgabe miserabel erfüllen, per-sönlich noch profitieren, ohne selber ein Risiko zu tragen. Unzählige Firmen und KMU leiden - unverschuldet - imagemässig unter dem Fehlverhalten einzelner. Aber auch für eine Partei, die eine Wirtschaftspartei ist und sein will, ist dieses negative öffentlichen Bild der "Wirtschaft" eine Herausforderung. Die FDP ist aktuell so notwendig wie noch nie, davon bin ich felsenfest überzeugt. Der Tagi schrieb am 27. Mai 2013 mit Blick auf die Situation der Stadt Zürich von einem (Zitat) "perver-sen Paradox: Die Stadt Zürich lebt zwar von den Grundlagen, die eine wirtschaftsliberale, "bür-gerliche" Werteordnung in der Schweiz geschaffen hat. Aber im Blickwinkel der Stadtbewohner dominieren die für sie negativen Nebenfolgen dieser "bürgerlichen" Grundlagen. Wer also in Zürich den Wahlerfolg will, nutzt das Unbehagen an den negativen Nebenfolgen. Die "bürgerli-chen" Werte scheinen da sekundär zu sein. Mit ihnen gewinnt man hier keine Mehrheit." (Schuler) In diesem Umfeld politisieren wir zurzeit. Wir sind diese Herausforderung in der FDP-Kantonsratsfraktion kollegial und geschlossen angegangen. Eine Studie des Instituts für Poli-tikwissenschaft der Universität Zürich bescheinigt uns sogar, die Fraktion mit der grössten Frak-tionsdisziplin zu sein! Das ist nicht selbstverständlich und war nicht immer so. Wir sind mit Elan ins zweite Amtsjahr der laufenden Legislatur gestartet und kämpfen täglich an vorderster Front für unsere liberale Grundhaltung und unser Verständnis eines schlanken Staatsapparats. Mit Hilfe von Vorstössen, Fraktionserklärungen und nicht zuletzt auch Medienmitteilungen gehen wir unsere politischen Aufgaben an:

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Sachgeschäfte Bereits Monate vor der heute wieder besonders intensiven Diskussion rund um den Finanzplatz prognostizierte das BAK Basel1 einen möglichen Rückgang dessen volkswirtschaftlicher Leis-tungsfähigkeit. Um dem entgegenzuwirken, lancierten wir letzten Herbst zwei konkrete Postula-te, in denen wir zum einen Entwicklungsmassnahmen für den Ausbau des Finanzplatzes und zum anderen ein internationales Hochschulzentrum für Finanz- und Bankenwissenschaften am Standort Zürich forderten. Auch unsere jahrelangen Forderungen bez. der Staatsbank unseres Kantons sollten sich, rück-blickend betrachtet, als vorausschauend erweisen. Die Brisanz durch die Anschuldigungen Amerikas zeigt uns nun deutlich, wie dringend eine Umgestaltung der ZKB nötig ist. Wir erwar-ten, dass eine Rechtsformumwandlung in eine Aktiengesellschaft und eine Teilprivatisierung geprüft werden. Und ja, die Staatsgarantie muss in Frage gestellt und zumindest auf Einlagen im Kanton Zürich limitiert werden, wobei die damit verbundenen Risiken für die Steuerzahler genauer geprüft werden müssen. Die von der Bankleitung diesen Winter geforderte Erhöhung des Eigenkapitals soll nicht auf Staatskosten geschehen. Wir hielten stets ein kritisches Auge auf den Rechnungsabschluss des Kantons und insbeson-dere auf die Aufwandentwicklung im Personalbereich. Vor allem dank unserer beharrlichen Po-sition im Kantonsrat ist ein ausgeglichenes Budget 2013 zustande gekommen. Die KEF-Debatte, also die Steuerung der steuerlichen Entwicklung über die Finanzplanung, haben wir, das darf ich ganz bescheiden anmerken, mit unseren Vorschlägen und Ideen dominiert. Als weiteren Erfolg des letzten Jahres erwähne ich gerne den - schussendlich vom Volk mitge-tragenen - Beschluss für die Sanierung der BVK sowie die Aufarbeitung des PUK-Berichts. Das war enorm zeitintensiv, standen wir Freisinnige doch mit im Fokus. In der Folge machten wir uns stark für die schnelle Verselbständigung und die notwendige Sanierung der BVK, lehnten eine Staatshaftung aus der kantonalen Kasse dagegen klar ab. Weitere Akzente hat die Fraktion mit ihren Fraktionserklärungen gesetzt, z.B. zur kaum sichtba-ren Immobilienstrategie des Regierungsrates oder in der Gesundheitspolitik im Bereich der zu viel bezahlten Krankenkassenprämien der Zürcherinnen und Zürcher. Auch die leidige Causa Mörgeli erforderte im Rat einen klaren Positionsbezug der Fraktion. Eine dringende Anfrage zum Innovationspark Dübendorf gab unserem Willen Ausdruck, auf dem Areal des ehemaligen Militärflugplatzes eine einmalige Forschungs- und Innovationslandschaft erschaffen zu wollen. Personalien Im letzten Dezember gab es die einzige Mutation in unserer Fraktion zu verzeichnen: Der selb-ständige Treuhänder Daniel Schwab rückte im Wahlkreis VI, das sind die stadtzürcher Kreise Seebach und Schwamendingen, für unseren seit 2007 im Rat tätigen Kollegen, Rechtsanwalt Beat Badertscher, nach und wurde letzte Woche, das darf ich dem nächsten Jahresbericht vor-wegnehmen, in die Geschäftsprüfungskommission des Kantonsrats gewählt. Fraktionsaktivitäten Die Annahme der Kulturlandinitiative war Ausdruck davon, dass der Raumplanung allergrösstes Gewicht beigemessen werden muss. Die Fraktion gestaltete ihr Fraktionsseminar auf dem wunderschönen Feusisberg entlang dem Thema „Raumplanung“ und einer weiteren Herkules-aufgabe der kommenden Zeit: der Energiepolitik. So zäh unser politischer Alltag auch immer wieder sein mag, zwischendurch gelingt uns eine kleine Flucht ins Schöne – so zum Beispiel während unseres Fraktionsausflugs mit dem bemer-kenswerten Titel „Schoggi, Schiff und Schlemmen“. Bei Lindt & Sprüngli übten wir uns als 1 BAK Basel Economics AG: unabhängiges Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut.

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Maîtres Chocolatiers, gefolgt von einer schönen Schifffahrt auf dem Zürisee und einem wun-derbaren Apéro und Nachtessen auf der Halbinsel Au. Dank Meinen persönlichen Dank richte ich, wie könnte es anders sein, an meine 22 Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion für die loyale und konstruktive Suche nach Lösungen für die wirklichen Probleme unseres Kantons. Ich danke unseren beiden Regierungsräten, Ursula Gut und Thomas Heiniger, für die stets kollegiale Zusammenarbeit, und speziell meinem Fraktionsvor-stand, wobei ich hier meiner Vizepräsidentin Regine Sauter und Parteipräsident Beat Walti ganz besonders für die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit danken möchte. Ein herzliches Dankeschön der Geschäftsstelle und Geschäftsführer David Müller für die hohe Qualität der Dienstleistung, und - last but not least - meiner Fraktionssekretärin Prisca Koller, die nach ei-nem Jahr im Amt die erhoffte Schaltstelle der Fraktion und eine bereichernde Sparringpartnerin für mich geworden ist. Wie einleitend ausgeführt: Die Arbeit geht uns nicht aus: Die ZKB als Parlamentsbank, die Richtplanung im Kanton und das neue Gemeindegesetz sind Politthemen von allergrösster Be-deutung, von denen ich Ihnen dann in einem Jahr mehr werde berichten können. Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, für Ihre Unterstützung, Ihr Wohlwollen, Ihre konstruktive Kritik, aber auch dafür, dass Sie alle - wie Ihre FDP-Vertreter/innen im Zürcher Kantonsrat - unermüdlich für unsere gemeinsamen Werte kämpfen.

Kantonsrat Thomas Vogel Präsident der FDP-Kantonsratsfraktion