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Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Einführung in die Funktionswerkstoffe
Kapitel 3: Martensittransformation
Prof. Dr. F. Mücklich, Dipl.-Ing. K. Trinh
Y´X
Z, Z´
ca. 20% Kontraktion
ca. 12% Expansion
ca. 12% Expansion
Einführung in die Funktionswerkstoffe2
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Lernziele Kapitel 3: Martensittransformation
• Was kennzeichnet martensitische Umwandlungen?
• Was versteht man unter eine Habitusebene?
• Wie funktioniert eine Bain-Transformation?
• Was versteht man unter einer Unterkühlung?
• Wie lässt sich die Martensit-Start-Temperatur beeinflussen?
• Welche Arten von Martensit gibt es?
Einführung in die Funktionswerkstoffe4
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
1. Praktisch diffusionslose strukturelle Umwandlung
2. Korrelierte Atombewegungen
3. Gitterverzerrung durch scherungsähnliche Prozesse
4. Morphologie und Kinetik der Umwandlung werden durch die Verzerrungsenergie bestimmt.
5. Existenz einer invarianten Ebene (Habitusebene). Diese bleibt unverzerrt.
6. Exakte Orientierungsbeziehungen: Geraden werden Geraden und Ebenen in Ebenen transformiert.
Eindeutige Abbildung zwischen kristallographischen Richtungen und Ebenen von Austenit und Martensit (Orientierungsbeziehungen).
Änderung der Kristallstruktur = Kombination aus homogener Verzerrung und wellenförmiger Modulation des Verschiebungsfeldes („Shuffling“).
Mathematische Definition eines Verschiebungsfeldes (besitzt überall gleiche Richtung).
Die MartensittransformationEinleitung und Charakteristika
Einführung in die Funktionswerkstoffe5
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
MartensittranformationSelbstakkommodation
[Quelle: Kaack et al.]
Einführung in die Funktionswerkstoffe6
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Die Kristallographie der MartensittranformationReliefbildung
Oberflächenrelief aufgrund einer martensitischen Tranformation; lichtmikroskopissche Aufnahme von Ni2MnGa
Verzerrung der umgebenden Matrix
Einführung in die Funktionswerkstoffe7
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Habitusebene
• Habitusebene als Grenzfläche zwischen austenitischen und martensitischen Bereichen.
• Habitusebene = invariante Ebene (bleibt unverzerrt!!)
• Ohne Habitusebene kein Phasenübergang. Aus der Formänderung resultierende Grenzflächen- und Verzerrungsenergien würden Umwandlung behindern!
• Habitusebene ist meist hochindizierte kristallogr. Ebene.
Beispiel: FeNi (259), FeC (225) oder (111)
mit Volumenänderung!!
Die Kristallographie der MartensittranformationDie Habitusebene
Einführung in die Funktionswerkstoffe8
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Feste Beziehungen zwischen der räumlichen Ausrichtung der Gitter von Austenit und
Martensit
• Kurdjumov-Sachs: (111) kfz || (110) krz und [-110] kfz || [1-11] krz (für Fe-C Legierungen)
• Nishiyama-Wassermann: (111) kfz || (100) krz und [01-1] kfz || [001] krz (für Fe-Ni Legierungen)
Bedeutung
• Orientierungsbeziehungen geben Aufschluss über Übergangsmechanismus. Verschiedene homogene Gitterverzerrungen sind möglich. Bain-Mechanismus ist nur ein Beispiel!
• Orientierungsbeziehungen schränken mögliche Zahl der Ausrichtungen des Martensits gegenüber dem Austenit ein.
• Mehrere kristallographisch äquivalente Ausrichtungen sind realisierbar (Martensitvarianten)
• Zahl der Varianten hängt ab von Gittersymmetrie und Orientierungsbeziehung
Die Kristallographie der MartensittranformationOrientierungsbeziehungen
Einführung in die Funktionswerkstoffe10
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Die Kristallographie der MartensittranformationDas Bain-Modell
X´
Y
Bain-Transformation (1924):
• Beschreibt Änderung der Gitterstruktur von kfz nach krz, trz (genau: (111) kfz – (110) krz, trz !)
•Kohlenstoff sitzt im kfz-Gitter in Oktaederlücken (C-Atome sind größer als Lücken).
•Nach der Umwandlung: Kohlenstoff sitzt auf c-Achse
Tetragonale VerzerrungY´X
Z, Z´ ca. 20% Kontraktion
ca. 12% Expansionca. 12% Expansion
Einführung in die Funktionswerkstoffe15
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Thermodynamische Aspekte der Martensittransformation
• GC: Chemical contribution due to
transformation Austenite-Martensite
• GSurface: Surface Energy
• GC: Elastic Deformation Energy
The equilibrium temperature is:
• MS: Martensite Start Temperature
• AF: Austenite Finish Temperature
Einführung in die Funktionswerkstoffe16
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Martensitplatte in Form eines Ellipsoids mit Radius r und Dicke c!
Oberfläche: ≈ 2r2
Volumen: 4/3r2c
Elastische Verzerrungsenergie pro Einheitsvolumen: Ac/r mit A =
MartensittranformationKeimbildung
22
4)1(8
)2(
sA
Annahme: Idealer Kristall der Austenitphase!
Freiwerdende Gibbs-Enthalpie:
G = 2rc GcA-M - 4/3rc(Ac/r) + 2r2 (Cohen & Wayman 1981)
: Schubmodul, s,: Schub- und Dehnkomponenten des Deformationstensors
Die Poisson-Konstante und der Schubmodul werden für Austenit und Martensit als identisch angenommen.
Setzt man entsprechende Werte in erste Gleichung ein, so ist G ~ 8* 10-16 J pro Nukleationsereignis oder 5* 103 eV!
Dies entspricht ca. 105 kT!
Thermische Energie für homogene Keimbildung ist also 100000fach zu gering. Präformierte Keime müssen bereits vorhanden sein!!
Einführung in die Funktionswerkstoffe19
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
[Quelle: Thienhaus et al.]
MartensittranformationEntstehung der Hysterese bei der Umwandlung
Innere Reibung aufgrund des Durchlaufs von Austenit/Martensit Phasengrenze durch das Gitter.
Defekte sowie die Inkompatibilität zwischen Martensit- und Austenitgitter sorgen für hohe Grenzflächenenergien und somit erschwerte Keimbildung, also einer breiten Hysteresekurve!!
Einführung in die Funktionswerkstoffe20
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
thermoelastischer Martensit
nicht-thermoelastischer Martensit
• geringe Hysteresebreite
• sehr mobile Grenzfläche zwischen Matrix und Martensitphase
• vollständige Reversibilität bei der Umwandlung
• Charakteristisch für NiTi, AuCd und CuZnAl Legierungen
• große Hysteresebreite
• Grenzflächenbeweglichkeit ist stark eingeschränkt
• Rückumwandlung läuft über Nukleationsprozesse des Austenits.
• Charakteristisch für FeNi-Legierungen!
MartensittranformationThermoelastischer und nicht-thermoelastischer Martensit I
Einführung in die Funktionswerkstoffe21
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
[Quelle: Thienhaus et al.]
MartensittranformationThermoelastischer und nicht-thermoelastischer Martensit II
Einführung in die Funktionswerkstoffe24
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Beispiel: Martensitumwandlung in Co (kfz-hdp)
Es gilt allgemein für die freie Enthalpie unter Berücksichtigung der elastischen Verzerrungsenergie:
Gkfz-hdp = H kfz-hdp-TSkfz-hdp-Vkfzijij
Vkfz: molares Volumen der kubisch-flächenzentrierten Phase.
ij - anliegender Spannungstensor
ij- Verzerrungstensor der Phasenumwandlung
Betrachtung: Änderung von Ms bei Änderung des Spannungszustands
Die martensitische UmwandlungDie Äquivalenz thermischer und mechanischer Energie I
G
[Quelle: Hesemann et al. 2002]
dp/dT = - S/V Äußere mechanische Spannung kann Martensitstarttemperatur Ms erhöhen!
Einführung in die Funktionswerkstoffe26
Lehrstuhl Funktionswerkstoffe
Die martensitische UmwandlungDie Äquivalenz thermischer und mechanischer Energie II
[Quelle: Cahn & Haasen et al.]
Mechanische Triebkraft ist eine Funktion der Spannung und der Martensitorientierung
U: mechanische Triebkraft
: Schubspannung
: Normalspannung (zur Habitusebene)
s: Scherkomponente des Deformationstensors
: Dehnungskomponente
= ½ 1 sin(2)cos()
U = s +
= +/- ½ 1 [1+ cos(2)]
Es wird immer die Martensitvariante betätigt, die U maximiert (siehe Schmid´sches Schubspannungsgesetz) !!
Wenn = 0, dann liefert dU/d das Maximum.
HE: Habitusebene
η – Richtung der Formverzerrung
des Martensits (Orientierung)
εmax – maximale Schubspannung in
der Habitusebene