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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 108 (1982) 101 - 112 (Nr. 1753) Zentralbereich Forschung und Entwicklung der Bayer AG, FE-FPP, Q 18, D-5090 Leverkusen Neue Bausteine fur das Diisocyanat-Polyadditionsverfahren, I1 Aminoplastdispersionenin Polyolen - ein Weg zu schwer entflammbaren PUR-Weichschaumstoffen Peter Miiller, Kuno Wagner, Hans Walter Illger, Peter Seifert, Eckehard Weigand, Gunter Hauptmann und Klaus Konig Herrn Prof. Dr. Otto Bayer in memoriam gewidmet (Eingegangen am 14. April 1982) ZUSAMMENFASSUNG: Stabile Aminoplastdispersionen lassen sich nach neuen, technisch interessanten Synthesewegen herstellen. Die Lagerstabilitat, Aushartung, Teilchengrdfie und Teil- chengrafieverteilung der in den Polyetherpolyolen dispergierten Kondensationspro- dukte und damit korrelierend die Endviskositat der Aminoplastdispersionen werden durch die Art und Menge der venvendeten Katalysatoren - die Wasserstoffionen- und Salzkonzentration -, die Anwesenheit und Menge von Wasser und durch die Temperaturfiihrung beeinflufit. Die Aminoplastdispersion ist auf herkdmmlichen Verschaumungsanlagen nach PUR-Kaltschaumrezepturen mit Toluylendiisocyanat (ODesmodur T 80) verarbeitbar. Die resultierenden Kaltschaumstoffe erreichen - neben guten Werten fur die mechanischen Eigenschaften wie Hlrte, Elastizitat und Reififestigkeit - im Brandtest nach DIN 4102 iiberraschenderweise die Brandklasse B 1. Uber die denkbare Abspaltung von Formaldehyd unter den Bedingungen der Anwendung solcher Dispersionen liegen noch keine abschliefienden Ergebnisse vor. SUMMARY: Stable aminoplast dispersions can be obtained by new, commercially interesting syntheses. Nature and quantity of the catalysts used - the concentration of hydrogen ions and salts -, the presence and quantity of water, and the temperature profile have an effect on the storage stability, setting, particle size, and particle size distribu- tion of the condensation products dispersed in the polyether polyols and, in correla- tion, on the ultimate viscosity of the aminoplast dispersions. The aminoplast disper- sion can be manufactured on conventional foaming equipment according to cold curing PUR-foam formulations with toluylene diisocyanate (@Desmodur T 80). 0 1982 Huthig & Wepf Verlag, Base1 OOO3-3146/82/08 0101-12/$03.00/0 101

Neue Bausteine für das Diisocyanat-Polyadditions-Verfahren, II. Aminoplastdispersionen in Polyolen—ein Weg zu schwer entflammbaren PUR-Weichschaumstoffen

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 108 (1982) 101 - 112 (Nr. 1753)

Zentralbereich Forschung und Entwicklung der Bayer AG, FE-FPP, Q 18, D-5090 Leverkusen

Neue Bausteine fur das Diisocyanat-Polyadditionsverfahren, I1

Aminoplastdispersionen in Polyolen - ein Weg zu schwer entflammbaren PUR-Weichschaumstoffen

Peter Miiller, Kuno Wagner, Hans Walter Illger, Peter Seifert, Eckehard Weigand, Gunter Hauptmann und Klaus Konig

Herrn Prof. Dr. Otto Bayer in memoriam gewidmet

(Eingegangen am 14. April 1982)

ZUSAMMENFASSUNG: Stabile Aminoplastdispersionen lassen sich nach neuen, technisch interessanten

Synthesewegen herstellen. Die Lagerstabilitat, Aushartung, Teilchengrdfie und Teil- chengrafieverteilung der in den Polyetherpolyolen dispergierten Kondensationspro- dukte und damit korrelierend die Endviskositat der Aminoplastdispersionen werden durch die Art und Menge der venvendeten Katalysatoren - die Wasserstoffionen- und Salzkonzentration -, die Anwesenheit und Menge von Wasser und durch die Temperaturfiihrung beeinflufit. Die Aminoplastdispersion ist auf herkdmmlichen Verschaumungsanlagen nach PUR-Kaltschaumrezepturen mit Toluylendiisocyanat (ODesmodur T 80) verarbeitbar. Die resultierenden Kaltschaumstoffe erreichen - neben guten Werten fur die mechanischen Eigenschaften wie Hlrte, Elastizitat und Reififestigkeit - im Brandtest nach DIN 4102 iiberraschenderweise die Brandklasse B 1 . Uber die denkbare Abspaltung von Formaldehyd unter den Bedingungen der Anwendung solcher Dispersionen liegen noch keine abschliefienden Ergebnisse vor.

SUMMARY: Stable aminoplast dispersions can be obtained by new, commercially interesting

syntheses. Nature and quantity of the catalysts used - the concentration of hydrogen ions and salts -, the presence and quantity of water, and the temperature profile have an effect on the storage stability, setting, particle size, and particle size distribu- tion of the condensation products dispersed in the polyether polyols and, in correla- tion, on the ultimate viscosity of the aminoplast dispersions. The aminoplast disper- sion can be manufactured on conventional foaming equipment according to cold curing PUR-foam formulations with toluylene diisocyanate (@Desmodur T 80).

0 1982 Huthig & Wepf Verlag, Base1 OOO3-3146/82/08 0101-12/$03.00/0 101

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P. Muller et al.

Besides acceptable values for the physical properties such as rigidity, elasticity, and tensile strength, the resultant cold cured foams give a striking result in the flammabil- ity test acc. to DIN 4102 inasmuch as they reach Flammability Classification B 1. Yet there are no definitive results about a thinkable emanation of formaldehyde out of such dispersions under the conditions of use.

I. Einleitung

Die Addition von Formaldehyd an bestimmte aminofunktionelle Verbin- dungen - die sog. a-Amino-hydroxymethylierung - z. B. an Harnstoff und Melamin ist eine hinreichend bekannte Reaktion. Trotzdem herrscht heute noch Unklarheit uber das qualitative und quantitative Neben- oder Nach- einander der einzelnen Reaktionsstufen -6 . Methoden zur Verfolgung der Herstellung von Melamin-Formaldehydharzen sind kurzlich beschrieben worden'.

Die Bestimmungen beziehen sich auf die Wasser- und Acetonvertraglich- keit zur schnellen Reaktionskontrolle; wegen der starken Abhangigkeit der MeDergebnisse von den Reaktionsbedingungen sind sie aber zur Beschrei- bung von Harzzusammensetzungen nur bedingt geeignet . Auch der Aufbau der fertigen Harze ist schwer analysierbar. Untersuchungen der Molge- wichtsverteilung von Harnstoff-Formaldehyd-Leimharzen8 zeigen, dalj hoherkondensierte UF-Harze Anteile mit sehr hohem Molekulargewicht (M > 1OOOOO g/mol) enthalten.

Im Primarschritt bilden sich bei der a-Amino-hydroxymethylierung am Amino- bzw. Amidstickstoff Methylolgruppen. Diese Reaktion wird bevor- zugt in Gegenwart von Katalysatoren durchgefuhrt (pH 7 - 8). Es entstehen je nach dem NH : CH,O-Angebot und den Reaktionsbedingungen (Tempe- ratur, pH) stets Gemische verschiedener Methylolamine. Dadurch ergibt sich eine Vielfalt von Harzvarianten.

Die wichtigsten Reaktionen, die zur MolekulvergroDerung fuhren und bei saurer Katalyse ablaufen, sind im nachfolgenden Formelschema aufgefiihrt:

(1) \ \ / 0 N-CH2-OH + HN<- / N-CH2-N\ + H20

\ \ /

/ / \ N-CH2-OH + HO-CHp-N< - N-CH2-0-CH2-N + H20 (11)

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Neue Bausteine fur das Dikocyanat-Polyadditionsoerfahren, II

\ \ / / N-CH2-OH + HO-CH2-Nc-/N-CH2-N, + CH2O + H20

\ \

/ /

(111)

(Y N-CH2-OH - N-H + CH20

\ N-CH2-O-CH2-N< 'N-CHz-Nl / -CH20 / \ 01)

Bei der Synthese von Aminoplastfiillstoffen im Polyetherpolyol laufen derartige Kondensationsreaktionen in Gegenwart der Hydroxylgruppen des Polyols ab.

In der vorliegenden Arbeit wird sowohl iiber die Selbstkondensation von Aminoplastharzen in Gegenwart von Cokondensationsfahigen Verbindun- gen - namlich primare hydroxylgruppentragende Polyether - als auch uber deren Verschaumung zu PUR-Weichschaumstoffen der Brandklasse B 1 berichtet.

2. Die Kondensation

Um die Frage zu klaren, wie nun die Kondensationsreaktion in Gegenwart von Polyethern verlauft und welche Reaktionsbedingungen gewahlt werden miissen, um lagerstabile, feinteilige Aminoplastdispersionen in Polyethern zu erzeugen, wurde die Viskositatszunahme verschiedener Harze in Abhangig- keit von der Temperatur, dem pH und der Zeit gemessen. Die Viskositats- Zeitabhangigkeit der Melaminharzlosungen bei Raumtemperatur im schwach sauren und schwach alkalischen Milieu zeigt Abb. 1.

Hierbei handelt es sich um ein Melaminharz, das im wesentlichen zu glei- chen Gewichtsteilen aus Trimethylolmelamin und Monomethylolharnstoff besteht.

Der Vergleich der Kurvenverlaufe macht deutlich, dalj Melaminharzlosun- gen vom pH 6,6 ca. 24 h bei Raumtemperatur lagerstabil sind, wahrend Melaminharzldsungen vom pH 7,9 nach 100 h bei Raumtemperatur kaum eine Viskositatszunahme zeigen.

Abb. 2 zeigt die Viskositatsabhangigkeit saurer Melaminharzlosungen (pH 6,6) von der Temperatur. Bei 40°C ist die Melaminharzldsung nach ca. 4 h vernetzt, wahrend bei 45 "C die Vernetzung schon nach ca. 3 h einsetzt.

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pH 6,6 (25%) mPas mPas 50000 100

40000

pH 7,9 (25%)

A A

50 40- 30-

1 OOOO- 20- 10-

Std.

Abb. 1. Viskositats-Zeitabhlngigkeit wtiBriger Melaminharzl6sungen bei pH 6,6 und pH 7,9.

mPas

Abb. 2. Viskositats-Zeit-Temperaturabhagigkeit einer wBRrigen Melaminharz- b u n g vom pH 6,6.

1 04

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Neue Bausteine fur das Dikocyanat-Polyadditionsrrerfahren, II

Ganz anders verhalten sich wailjrige Melaminharzlosungen in Gegenwart von Polyethern. Mit wasserloslichen Polyethern mischen sich die wailjrigen Melaminharzlosungen ohne merkliche Viskositatszunahme; mit Polypro- pylenglykol-Segment-reicheren linearen Polyethern - im Extremfall z. B. ODesmophen 3600, das nur aus Propylenoxid aufgebaut ist, sind waarige Melaminharze vollig unvertraglich - es bilden sich zwei Schichten. Trifunk- tionelle, primare OH-Gruppen aufweisende Polyether verhalten sich wailjri- gen Melaminharzlosungen gegeniiber wiederum anders: als trifunktioneller Polyether wurde ein aktives Polyol der OH-Zahl35 mit mehr als 80% prima- ren OH-Gruppen gewahlt, dessen Viskositatsverhalten in Wasser zunachst ohne Aminoplastbildner untersucht wurde. In Tab. 1 ist die Viskositatsab- hangigkeit warjriger Losungen dieses Polyols von der Konzentration zusam- mengestellt. Man sieht deutlich den starken Viskositatsanstieg bei 15% Was- ser enthaltendem Polyether. Hohere Wasserkonzentrationen im aktiven Polyol bewirken die Ausbildung von gelformigen Polymerassoziaten. Mischungen aus 40% Polyether und 60% Wasser sind dagegen wiederum vertraglich; bei noch hoherem Wassergehalt entstehen diinnfliissige Losun- gen.

Mit warjrigen Melaminharzlosungen larjt sich der aktive Polyether eben- falls nur in bestimmten Mengenverhaltnissen mischen, ohne dailj Viskositats- anomalien auftreten.

Tab. 1. Viskositatsabhangigkeit wmriger Losungen eines aktiven Polyols von der Konzentration.

(aktives Polyol) 9 2 5 “C (070) (mpa.9

10 20 30 40 50 60 70 80 84 85 90 100

6 77

1 030 403 988

Gel Gel Gel Gel

35 448 5 746 3 182 879

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P. Muller et al.

3000’

2000-

1000-

mPas 30%

+

Abb. 3. Viskositats-Zeitabhangigkeit einer Melaminharz-Polyether-Mischung (PH 6,6; 30°C).

Die Kondensationsreaktion im aktiven Polyether ist gegenuber der bei gleichem pH in rein wafiriger Losung ablaufenden Kondensationsreaktion stark verlangsamt; dies zeigt Abb. 3.

Dieses besondere Viskositatsverhalten des verwendeten Polyethers und die stark verlangsamte Kondensationsreaktion von Polyether/Wasser/Mel- aminharzmischungen gab AnlaB, den waarigen Melaminharzlosungen einen Teil des Dispersionsmittels (aktives Polyol) (kontinuierliche Phase) zuzuset- Zen. Dadurch erhalt man stabile, dunnviskose Reaktivlosungen, die sich leicht in den vorgelegten Polyether einarbeiten lassen. Bei gleichzeitiger destillativer Entfernung von Wasser treten keine Viskositatsanomalien auf. Man erhalt eine homogene Verteilung des Aminoplastharzes im Polyether nach Entfernen der Hauptmenge des Ldsungswassers und vor Beginn der Kondensationsreaktion.

Die Verwendung einer sauren Reaktivlbsung, die aus Harnstoff, Formal- dehyd, Melamin, einem Teil des Dispersionsmittels (aktives Polyol) und Phosphorsaure besteht, bringt einen weiteren Vorteil fur die Synthese von la- gerstabilen, feinteiligen Aminoplastdispersionen.

Durch Cokondensation mit dem verwendeten Polyether bilden sich in der homogenen, wahigen Phase in untergeordnetem MaBe Kondensations- produkte aus dem Polyether und dem Aminoplastharz. Diese sind als Emul- gatoren anzusehen, die die Feststoffdispersion stabilisieren.

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Neue Bausteine fiir das Dikocyanat-Polyadditionsoerfahren, 11

3. Diskussion

Die Funktionalitat der Hydroxylverbindungen bleibt wahrend der Herstel- lung der Aminoplastdispersionen uberraschenderweise fast vollig erhalten. Nach den bisherigen Erfahrungen mufite dagegen erwartet werden, dalj methylolierte NH-Verbindungen unter Wasserabspaltung leicht verethern

R-OH + CH20 - R-0-CH2-OH (W

2 R-OH + CH20 R-0-CH2-0-R + H20 (Polyacetalbild ung)

0 OH HO A OH

U 2 H2N-C-NH-CH2-OH

I 0 II

0 H2N-C-NH-CH2-0 7 O-CH2-NH-C-NH2 + 2 H20 (Ix)

OH

und damit die Funktionalitat der Polyhydroxylverbindungen herabsetzen oder auf den Wert Null vermindern. Die Tatsache, dalj die Funktionalitat und OH-Zahl der Polyole nach Herstellen der Dispersion vollig erhalten bleibt, ist wesentlich fur die nachtraglichen Verschaumungen. Nach Abzen- trifugieren der Fullstoffe konnten in den Polyethern auch keine leicht los- lichen Verbindungen des Typs (X) nachgewiesen werden.

HO HO AO-CH2-NH-C-NH-CH2-O--r-OH II (XI

0 OH

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P. Miiller et al.

Die aus Harnstoff, Formaldehyd und Melamin unter Zugabe von KOH bei 80 "C hergestellte Melaminharzldsung wird nach Abkuhlen auf 30 "C mit einer geringen Menge Polyether und Phosphorsaure versetzt . Die gebrauchs- fertige Reaktivlosung wird anschlienend bei 45 bis max. 50 "C und 40 - 60 mbar in einer Destillationsapparatur in den vorgelegten Polyether unter gleichzeitiger Entfernung des Losungswassers eindosiert. Bei der anschlie- Denden Kondensationsreaktion wird die Temperatur im Kessel nach einem bestimmten Programm bis auf 140 "C gesteigert. Die Tatsache, daD wahrend der Kondensationsreaktion nur Homokondensation des Aminoplastharzes und keine Cokondensation rnit dem Polyether stattfindet, kann nur so er- klart werden, daD das waDrige Aminoplastharz bei erhdhter Temperatur im Polyether bereits emulgiert vorliegt und aus der Emulsion unter Wasser- entzug zur Dispersion aushartet.

4. PUR-Schaumstoffee9~'0

Die beschriebene Aminoplastdispersion im aktiven Polyether besitzt einen Feststoffgehalt von 20% Aminoplastkondensat, eine Viskositat von 3 500 mPas/25"C und eine OH-Zahl von 28. Sie laDt sich auf einer Hennecke Hochdruckanlage vom Typ UBT 63 rnit einem Polyolausstof3 von 14,2 kg/min nach ublichen Kaltschaumrezepturen rnit reinem ODesmodur T 80 (Gemisch aus 80% 2,4- und 20% 2,6-Toluylendiisocyanat) verschaumen. Die mechanischen Eigenschaften der erhaltenen Schaumstoffe werden in Tab. 2 rnit zwei handelsublichen Kaltschaumsystemen verglichen; sie sind im untersuchten Rohdichtebereich (33 - 49 kg/m3) als gut zu bewerten, sowohl nach Zugfestigkeit als auch nach Bruchdehnung, Stauchharte und Druckver- formungsrest. Alle getesteten Aminoplastkaltschaumstoffe erzielen die Klas- sifizierung B 1, schwer entflammbar, im Brandschachttest nach DIN 4102 bis zur maximalen Prufdicke von 8 cm (vgl. Abschnitt 5.3). Die unzerstorte Restlange der untersuchten Probekorper betrggt 26 bis 30 cm und erfullt da- rnit sicher die in der Norm vorgeschriebene Mindestrestlange von 15 cm.

Unter hydrolytischen Bedingungen konnen Aminoplastkaltschaumstoffe Formaldehyd im ppm-Bereich abspalten. Ein praktischer Einsatz derartiger Schaumstoffe wird von den weiteren Untersuchungsergebnissen abhangen.

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Tab.

2.

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P. Mtiller et al.

5. Experimenteller Teil

5. I Herstellung der Reaktivlosung

5 673 g (9435 mol) Harnstoff werden in 7 666 g (9435 mol) 37proz. Formaldehyd- ldsung bei 20°C unter Riihren gel6st. Dabei entsteht eine klare Losung. In die Ldsung werden dann 5 956 g (47,27 mol) Melamin und 11 499 g (141,28 mol) 37proz. Formal- dehydlosung zudosiert. Zur vollstandigen Ldsung des Melamins wird die Mischung auf 60°C erwarmt. Bei dieser Temperatur setzt man der Mischung 92,4 ml I N KOH zu und erwarmt weiter bis auf 80°C. Es entsteht eine klare Losung, die rasch auf 30°C abgekuhlt wird. In die Mischung werden dann 4200 g aktiver Polyether und 174,7 g 85proz. Phosphorsaure zudosiert. Man erhllt eine leicht trube, niedrig vis- kose, stabile Reaktivlosung (PH 6,6).

5.2 Herstellung der Aminoplastdispersion

53 676 g aktiver Polyether werden im Kessel vorgelegt. Der Kessel ist mit Thermo- meter, Riihrer, Dosierbehllter zum Einziehen der ReaktivlBsung und einer Destilla- tionsanlage versehen. Mit einer guten Vakuumanlage wird die Apparatur auf 40 - 60 mbar evakuiert und auf 45 "C aufgeheizt.

Bei 45 - 5OoC und 40 - 60 mbar wird dann mit der Zudosierung der unter 5.1 be- schriebenen Reaktivlosung begonnen. Die Reaktivlosung wird innerhalb von 100 - 110 min zudosiert, wobei gleichzeitig eine ziigige Destillation des Lbsungswas- sers anzustreben ist. Nach vollstandiger Zugabe wird die Mischung 1 h bei 45 - 50°C und 40 mbar geriihrt. AnschlieBend wird innerhalb einer weiteren Stunde die Reak- tionstemperatur von 50 auf 70°C und im Verlauf weiterer 100 min von 70 auf 140°C gesteigert. Die Mischung wird zur Vervollstiindigung der Reaktion 2 h bei 140°C un- ter Vakuum (30 - 40 mbar) nachgeriihrt. Danach werden dem Ansatz 200,5 g 25proz. Ammoniaklosung zugegeben. Nach Zugabe wird erneut 1 h bei 140"C, 30 -40 mbar geruhrt. Danach wird der Ansatz auf 80°C abgekuhlt, und nach Zugabe von 153,5 g 50proz. KOH wird noch 1 h bei 140 "C und 30 mbar geriihrt. Nach dem Abkiihlen er- halt man eine feinteilige, sedimentationsstabile Aminoplastdispersion mit folgenden Kenndaten: Feststoffgehalt: 20%; Ausbeute: quantitativ; Viskositlt: 3 500 mPas/ 25 "C; pH-Wert: 9 - 10; TeilchengrGBe: 0,2 - 0,4 pm. Wassergehalt: < 0,l Vo H20; OH-Zahl ber.: 28.

5.3 Herstellung der Schaumstoffe - Kurzbeschreibung des Brandschachttests nach DIN 4102

Bei der Herstellung der Schaumstoffe wird im allgemeinen so verfahren, da13 die in Tab. 3 angefuhrten Ausgangskomponenten mit Ausnahme des Toluylendiisocyanats

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Tab. 3. Rezepturen zur Herstellung von B 1 Kaltschaumstoffen (Kennzahl 105). ~ ~~

Schaum-Nr. 1 2 3

Aminoplastdispersion HZO Diethanolamin @Dabco 33 LV TCA KS 53 ODesmorapid SO ODesmodur T 80

Gew . -Tle Gew.-Tle Gew. -Tle Gew.-Tle Gew.-Tle Gew.-Tle Gew.-Tle Gew.-Tle

ODabco 33 LV: Diazabicyclooctan, 33% in Dipropylenglykol (Houdry Huls) TCA: Tris-2-chlorethylphosphat Stabilisator KS 53: Kaltschaumstabilisator (Bayer AG)

ODesmodur T 80: Isomerengemisch; 80% 2,4-, 20% 2,6-Toluylendiisocyanat (Bayer

Kennzahl 105: 1,05 Aquivalente-NCO; 1 ,O Aquivalente-OH

Desmorapid SO: Sn(I1)-dioctoat (Rhein-Chemie Rheinau GmbH)

AG)

in den angegebenen Mengenverhdtnissen gut vermischt werden. Nach guter Durch- mischung wird das Diisocyanat unter schnellem Riihren zugesetzt und die schiium- fiihige Mischung in eine offene Form ausgegossen. Bei der maschinellen Verschiiu- mung werden die Komponenten in den angegebenen Mengenverhdtnissen auto- matisch dosiert.

Brandschachttest nach DIN 4102:

Vier Schaumproben der Abmessungen 100 cm x 19 cm x d (d 6 8 cm) werden kaminartig aufgehiingt und 10 min lang an der Basis beflammt. Eine Einstufung in die Baustoffklasse B 1, schwer entflammbar, setzt eine mittlere unzerstdrte Restliinge des Schaumstoffs von mindestens 15 cm bei einer Rauchgastemperatur von nicht mehr als 200°C voraus.

Die in dieser Arbeit erwahnten Verfahren zur Prufung des Brandverhaltens von Polyurethanen und die aufgefuhrten Ergebnisse lassen keinen unmittel- baren RuckschluD auf jedes in der praktischen Anwendung mogliche Brand- risiko zu.

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P. Miiller et al.

H. Staudinger, K. Wagner, Makromol. Chem. 12 (1954) 168 * H. Staudinger, H. Krbsig, G. Welzel, Makromol. Chem. 20 (1956) 1 G. Zigeuner, R. Pitter, Monatsh. Chem. 86 (1955) 57 J. Merz, F. Raschdorf, Textilveredlung 7 (1972) 540 R. Seidler, H. Stolzenbach, Farbe + Lack 81 (1975) 281 W. Schedlbauer, Farbe + Lack 79 (1973) 847 ' D. Braun, P. Gilnther, W. Pandjojo, Angew. Makromol. Chem. 102 (1982) 147

* M. Dunky, K. Lederer, Angew. Makromol. Chem. 102 (1982) 199 DE-PS 2 324 134 (1973) Bayer AG, Erf.: K. Wagner

lo DE-PS 2 512 385 (1975) Bayer AG, Erf.: K. Wagner, I. Ick, G. Balk

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