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Klinische Chemie u. Pathobiochemie
für Studenten der Biochemie
Stoffwechselprodukte und Substrate
Markus Thaler/Peter B. Luppa
Die Metabolit-Kenngrößen, die klinisch
relevant sind, haben eine relativ hohe
Serumkonzentration und können daher
mittels spektralphotometrischer Verfahren
quantifiziert werden.
Der optische Test (Spektralphotometrie)
E = Extinktion
e = Extinktionskoeff.
c = Konzentration
d = Schichtdicke
e = charakteristische
Stoffkonstante
abhängig von:
Wellenlänge
Temperatur
pH-Wert
Lambert-Beer'sches Gesetz: E = e
x c x d
Eichkurve
(mind. 2 bekannte
Substratkonz.)
Standard
Extinktionskoeff.
l
l
l
Auswertung:
Störeinflüsse in der Spektralphotometrie
Definition
Der optisch-enzymatische Test ist
ein photometrisches Messverfahren,
das der Aktivitätsbestimmung von
Enzymen oder der Bestimmung von
Substratkonzentrationen unter
Zuhilfenahme von Enzymen dient.
Voraussetzungen
Um die Aktivität eines Enzyms zu
messen, müssen alle an der Reaktion
beteiligten Stoffe im Überschuss vor-
liegen, die Messung im pH-Optimum
erfolgen sowie auf eine standardisierte
Temperatur geachtet werden.
Man unterscheidet den einfachen optisch-enzymatischen Test
und den zusammengesetzten optisch-enzymatischen Test.
Einfach optisch-enzymatischer Test
Die Aktivität von Enzymen, die NAD+ oder NADP+ als Kofaktor benötigen, wird mittels des
einfach optisch-enzymatischen Tests gemessen. Solche Tests sind auf NAD- bzw. NADP
abhängige Dehydrogenasen beschränkt, z. B. Lactat-Dehydrogenase, Malat-
Dehydrogenase, Glucose-6P-Dehydrogenase.
Grundlage ist dabei die Änderung des Absorptionsmaximums des Cofaktors. In der
reduzier-ten Form als NADH bzw. NADPH liegt das Absorptionsmaximum der
Cofaktoren bei 340 nm; kommt es zur Oxidation liegt es bei 260 nm. Diese Änderung
wird mittels eines Photometers gemessen und anschließend mittels des Lambert-
Beer’schen Gesetzes die Konzentration des Substrates berechnet, die in einer
bestimmten Zeit umgesetzt wurde.
Zusammengesetzter optisch-enzymatischer Test
Zusammengesetzte optische Tests müssen stets dann angewandt werden, wenn die
Test-reaktion selbst nicht von einer NAD- bzw. NADP-abhängigen Dehydrogenase
katalysiert wird. In diesem Fall muss der Testreaktion eine Indikatorreaktion nach-
geschaltet werden, in der ein Produkt der Testreaktion in einer NAD- bzw. NADP-ab-
hängigen Reaktion oder einer anderen photometrisch quantifizierbaren (Farb-)Reaktion
weiter umgesetzt wird.
Beispiel: Triglyceridbestimmung im Serum (GPO-PAP-Methode)
Methode nach Wahlefeld: Lipoproteinlipase hydrolysiert TG zu Glycerin + freien
FS. Das Glycerin wird durch die Glycerokinase zu Glycerin-3-phosphat
umgesetzt, welches dann mittels der Glycerin-Phosphat-Oxidase zu Dihydroxy-
acetonphosphat und H2O2 oxidiert wird. H2O2 wird in einer Endpunktsreaktion
unter der Katalyse einer Peroxidase mit 4-Aminophenazon zu einem roten
Farbstoff umgesetzt.
Klinisch-chemisch relevante
Stoffwechselprodukte
und Substrate
1. Bilirubin
Portalfeld mit Glisson-Trias
Zentralvene
Gallengang
Leberarterien-
Kapillare
Ast A. hepatica
Zentralvene
Lobulus
Gallengang
Pfortaderast
Schema des Leber-Lobulus
Pfortaderast
Bilirubin ist ein gelbbrauner Gallenfarbstoff, der dem Serum die
gelbe Farbe verleiht.
Der Metabolit wird zu etwa
•90%
als albumingebundenes Bilirubin bei dem im retikulohistiozytären System (Milz,
Leber) erfolgenden oxidativen Abbau des Hb`s über seine Vorstufe Biliverdin
gebildet, sowie bei der Hämoglobin-Synthese aus Protoporphyrin IX freigesetzt,
10%
katabolisch aus anderen Hämoproteinen (Myoglobin, Cytochrome u.a.) gebildet.
Bilirubin IXa wird durch Oxidation von Häm und Reduktion des
resultierenden Biliverdin IXa produziert
Bilirubinstoffwechsel in der Leber
Gallengang Hepatozyt
Bestimmungsmethode für Gesamt-Bilirubin im Serum:
Kupplung mit Diazoniumsalzen
mittlere Methylengruppe
des unkonjugierten
Bilirubins reagiert bei
Azokupplung erst in
Anwesenheit sog.
Akzeleratoren (Coffein,
Methanol o.ä.) →
„indirektes“ Bilirubin
Bt = Bu + Bc + Bd
Konjugiertes Bilirubin: reagiert sofort bei Azokupplung → „direktes“
Bilirubin
Unkonjugiertes Bilirubin: intramolekulare Wasserstoffbrücken
Die verschiedenen Methoden zur Best. der Bilirubins (z.B. Jendras-
sik-Grof, DPD-Methode, DCA-Methode) unterscheiden sich nur in der
Art des Diazoniumsalzes und in den verwendeten Akzeleratoren.
Bilirubin-Bestimmung: Endpunktmessung mit Probenleerwert
Extinktion x 10000 Bichromatische Messung:
Durch Messen bei zwei
Wellenlängen werden
störende Einflüsse wie
Partikel oder Luftblasen
im Strahlengang eliminiert.
Prähepatischer Ikterus:
Hämolyse, ineffektive Hämatopoese
hoher Hb-Abbau Bilirubin indirektes
Bilirubin erhöht:
¨ korpuskuläre hämolytische Anämie
¨ extrakorpuskuläre hämolytische Anämie
(Transfusionsreaktion, Medikamente)
¨ Icterus neonatorum / Morbus hämolyticus
neonatorum
¨ große Hämatome
¨ primäre Shunt-Hyperbilirubinämie (selten)
¨ Rhabdomyolyse
¨ Verbrennungen
Posthepatischer Ikterus:
extrahepatische Cholestase
direktes Bilirubin erhöht
¨ Choledocholithiasis
¨ Gallengangskarzinom
¨ Pankreas(kopf-)karzinom
¨ Gallengangsatresie
¨ Abstoßungsreaktion nach Leber-
transplantation
¨ Ascaris-Infektion
Intrahepatischer Ikterus (I):
gestörter Bilirubin-Stoffwechsel der Leber (Aufnahme, Konjugation, Sekretion) oder gestörter Galle-
abfluss in der Leber (intrahepatische Cholestase) je nachdem ob Störung vor oder nach der
Konjugation liegt, ist indirekets oder direktes Bilirubin erhöht:
¨ primäre Störungen des Bilirubinstoffwechsels:
¨ Morbus Gilbert = Morbus Meulengracht (häufig!):
autosomal-dominant vererbt
Störung der Aufnahme unkonjugierten Bilirubins, Verminderung der UDP-Glukuronyltransferase
Manifestation zw. 20. und 40. Lj.
intermittierender Ikterus
indirektes Bilirubin erhöht
gute Prognose
¨ Criggler-Najjar-Syndrom:
Typ I: aut.-rez. vererbt, fehlende UDP-Glukuronyltransferase, Prognose schlecht
Typ II: aut.-dom. vererbt, Aktivitätsminderung der UDP-Glucoronyl-Transferase, Prognose gut
indirektes Bilirubin erhöht
Intrahepatischer Ikterus (II)
primäre Störungen des Bilirubinstoffwechsels (Fortsetzung):
¨ Dubin-Johnson-Syndrom:
autosomal-rezessiv
Exkretionsstörung von Bili in den Gallengängen
direktes Bilirubin erhöht
Prognose gut
¨ Rotor-Syndrom:
autosomal-rezessiv
gestörte Aufnahme und Ausscheidung des Bilirubins in die Leberzelle
chronischer Ikterus
direktes Bilirubin erhöht
Prognose gut
Intrahepatischer Ikterus (III)
Sekundäre Störungen des Bilirubinstoffwechsels (Leberparenchym-Schäden):
¨ intrahepatische Cholestase
¨ (Virus-)Hepatitis
¨ Leberzirrhose
¨ Fettleber
¨ Leberzellkarzinom, -metastasen
¨ Intoxikationen, z.B.:
¨ Alkohol
¨ Drogen
¨ Pilzvergiftungen
¨ Lösungsmittel
¨ Sepsis (Endotoxine)
¨ Cholangitis
¨ Salmonellen
¨ Leptospirose
¨ Icterus neonatorum (u.a.)
Klinisch-chemisch relevante
Stoffwechselprodukte
und Substrate
2. Creatinin
Creatinin ist ein Ausscheidungsprodukt, das durch spontane Dehydratation des
körpereigenen Creatins gebildet wird.
Creatin ist vor allem im Muskelgewebe vorhanden, und zwar als Creatin-P, wo
es als wichtiger Energiespeicher für die Bildung von ATP dient.
Die Creatininbildungsrate ist annähernd konstant: innerhalb von 24 Stunden
werden 1 bis 2 % des körpereigenen Creatins in Creatinin umgewandelt.
spontan
- H20
NH
CH3
CH2
COOH
NH
NH2
NH
CH3
CH2
COOH
NH
O4P-NH
N
NH
NHO
CH3
+ ATP/-ADP
CK
Creatin
Creatinphosphat Creatinin
-PO4
Als Bestimmungsmethoden für das Creatinin im Serum
stehen die Jaffe-Methode, verschiedene enzymatische
Methoden und die Hochdruckflüssigkeitschromatogra-
phie (HPLC) zur Verfügung. In der Routine wird häufig
die relativ unspezifische, aber kostengünstige Jaffe-
Methode eingesetzt, aber auch enzymatische Methoden
wie der Creatinin-PAP-Farbtest (mit Creatininase +
Creatinase + Sarkosinoxidase) werden angewandt.
Richtwerte im Serum:
Männer: 0,6 – 1,2 mg/dl (53 - 106 µmol/l)
Frauen: 0,5 – 1,0 mg/dl (44 - 89 µmol/l)
Enzymatische Creatininbestimmung
Creatinin ist zur Abschätzung der glomerulären Filtra-
tionsrate (GFR) geeignet, da:
Es frei glomerulär filtriert und
Konstant tubulär rückresorbiert wird.
Es wird tubulär nicht sezerniert!
Es sind also Bildungs- und Eliminationsraten gleich!
Ein Anstieg des Creatinin-Spiegels im Blut spricht für eine
Verschlechterung der Nierenfunktion!
Problem: „Creatinin-blinder“ Bereich
Creatinin-Konz. im Serum steigt erst an, wenn die
GFR auf 50% oder weniger reduziert ist!
obere Referenzbereichsgrenze
für Serum-Creatinin
Die Creatinin-Clearance bezeichnet das pro Zeiteinheit durch die Niere von
Creatinin (theoretisch) befreite Plasmavolumen.
Sie wird herangezogen zur Abklärung
eines grenzwertigen oder pathologischen Creatininwertes im Serum
bei pathol. Harnwerten, z. B. pos. Urinsediment bei normalem Creatinin
Erfassung einer möglichen Nierenfunktionsstörung
Diese erlaubt nicht die direkte Messung der GFR, sondern nur eine
Abschätzung deren Größenordnung. Zur klinischen Klärung der folgenden
Fragestellungen ist dies jedoch zumeist ausreichend:
Feststellung einer reduzierten Creatinin-Clearance im sog. Creatinin-
blinden Bereich (60 < GFR < 150 ml/min)
Verlaufsüberwachung einer Therapie mit potentiell nephrotoxischen
Medikamenten
Festlegung des Zeitpunktes einer Dialyse (als Grenzwert gilt eine
Creatinin-Clearance von 5 ml/min/1.73 m²)
Die Creatinin-Clearance lässt sich folgendermaßen bestimmen:
Beginn der 24-h-Urin Sammlung mit dem zweiten Morgenurin.
Mit Sammlung des ersten Morgenurins am zweiten Tag Beendigung der
Urinsammlung. Abnahme einer Serumprobe.
Bestimmung des Urin-Creatinins im 24-h-Sammelurin und des Serum-Creatinins.
Berechnung der Creatinin-Clearance C (ml/min/1.73 m²): Dazu müssen neben den
Werten des Creatinins im Serum und im 24-h-Sammelurin auch die Körpergröße
und das Körpergewicht des Patienten bekannt sein:
U x Uvol x 1.73
C (ml/min/1.73 m²) =
S x t x KO
U × Uvol = S × Svol
C Creatinin-Clearance
U Creatininkonzentration im Urin (mg/dl)
Uvol Urinsammelmenge (ml)
S Creatininkonzentration im Serum (mg/dl)
Svol theoretisch von Creatinin gereinigtes
Plasmavolumen
t Sammelzeit (min)
KO Körperoberfläche des Patienten
(aus Nomogramm ersichtlich)
1.73 Körperoberfläche eines 75 kg schweren
Erwachsenen (m²), auf diesen Wert
werden die Referenzwerte bezogen
Adjustierung auf
•Sammelzeit
•KO „Standardmensch“
n (Urin) = n (Serum)
Klinisch-chemisch relevante
Stoffwechselprodukte
und Substrate
3. Harnstoff
Harnstoff
Die Begriffe Harnstoff und Harnstoff-N (engl. BUN) werden in der
medizinischen Diagnostik nebeneinander benutzt. Der Harnstoff-N-Gehalt
wird aus dem Harnstoff durch Multiplikation mit dem Faktor 0,46 berechnet.
Harnstoff ist das wichtigste Endprodukt des Protein-Stickstoff-Stoffwechsels.
Die Synthese erfolgt über den Harnstoffzyklus in der Leber via Ammoniak,
das durch Desaminierung von Aminosäuren gebildet wird. Harnstoff wird
hauptsächlich über die Nieren, in geringen Mengen auch über den Schweiß
ausgeschieden und im Darm durch Bakterien abgebaut.
Höhe des Harnstoffspiegels hängt ab von:
•Proteinzufuhr
•Proteinkatabolismus
•Nierenfunktion
Für die Azotämie (= Harnstofferhöhung im Blut) lassen sich drei
grundsätzliche Ursachen unterscheiden:
•prärenal: verminderte Durchblutung der Niere, z. B. Herzinsuffizienz
Schock, vermindertes Blutvolumen
•renal: GFR mind. 50% eingeschränkt, z. B. chronische Nephritis,
Nephrosklerose, Tubulusnekrose, Glomerulonephritis
•postrenal: Harnwegsobstruktion, z. B. Steine, Tumore
Bei starker Proteinaufnahme können vorübergehende Erhöhungen
auftreten. Bei Lebererkrankungen kommt es zu nicht vorhersagbaren
Konzentrationen.
Referenzbereiche für Harnstoff im Serum:
Männer: 23 - 44 mg/dl; Frauen: 10 – 40 mg/dl; Kinder: bis 45 mg/dl;
Funktionsparameter der Niere, dem Creatinin jedoch
deutlich unterlegen!
Klinisch-chemisch relevante
Stoffwechselprodukte
und Substrate
4. Harnsäure
Harnsäure
Harnsäure ist das wichtigste Endprodukt des Purinstoffwechsels und
einer der Bestandteile der nichtproteinhaltigen Stickstoff-Fraktion im
Plasma.
Der Großteil der Harnsäure wird in der Leber aus endogenen oder mit der
Nahrung aufgenommenen Nucleoproteinen gebildet.
Etwa die Hälfte der im Organismus vorhandenen Gesamtharnsäure wird
täglich über den Urin (2/3) ausgeschieden oder im Darmtrakt (1/3)
abgebaut.
Der Harnsäurespiegel im Blut wird enzymatisch bestimmt.
Harnsäure wird mittels der Uricase oxidativ zu Allantoin und H2O2 umgesetzt.
Diese Reaktion kann bei 293 nm direkt photometrisch verfolgt werden.
Alternativ kann das entstehende H2O2 mit verschiedenen Techniken
(amperometrisch, photometrisch via Farbstoff) erfasst werden.
Uricase
Uricase
Katalase
Aldehyd-DH
Ein erniedrigter Harnsäurespiegel wird beobachtet bei
•Nierentubulusresorptionsstörungen
•Hodgkin-Krankheit
•Bronchialkarzinom
•schweren Leberzellerkrankungen und
•Xanthinurie
Erhöhte Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) sind mit der Gicht
assoziiert:
Gelenkentzündung (v.a. Großzehengrundgelenk) durch
Ausfallen von Harnsäurekristallen in der Gelenkflüssigkeit.
Referenzwerte Harnsäure im Serum:
Männer: 3,0 – 7,0 mg/dl
Frauen: 2,5 – 5,5 mg/dl
Hyperurikämie = Harnsäure im Serum > 7,0 mg/dl
Für die Behandlung der Gicht kommen
•neben diätetischen Maßnahmen
•vor allem Medikamente wie
•Probenecid in Frage, die die renale
Harnsäureausscheidung beschleunigen oder
•Substanzen wie Allopurinol, die durch die
Hemmung der Xanthinoxidase die
Harnsäuresynthese bremsen.
N
N NH
N
OH
OH
OHN
N NH
N
OH
N
N NH
N
OH
OH
N
N
OH
NH
NN
N
OH
NH
N
OH
HypoxanthinXanthinHarnsäure
Xanthinoxidase Xanthinoxidase
Xanthinoxidase
Allopurinol Oxipurinol
Hemmung der Xanthinoxidase durch das Gichttherapeutikum
Allopurinol führt zu einer Erniedrigung der
Harnsäurespiegel im Blut