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Trainingaktuell | Juni 2019 3
Die Personalentwicklung wandelt sich – und damit auch das Training. Zum einen hat Lernen in Unternehmen einen immer höheren Stellenwert, zum anderen steigen damit auch die Ansprüche an die Weiterbildung.
LinkedIn ist nicht bloß ein Business-Netzwerk,
auf dem sich Fach- und Führungskräfte weltweit
vernetzen. Einmal im Jahr wirft das Digitalunter-
nehmen aus dem Silicon Valley einen Blick aufs
große Ganze: den Stand der Personalentwicklung
global. Rund 3.300 Personalentwickler und Lerner
in Unternehmen haben sich dieses Mal am „Work-
place Learning Report“ beteiligt. Die Ergebnisse
sind nicht nur für Unternehmen interessant, son-
dern auch für Trainerinnen, Berater und Coachs.
Personalentwicklung am Wendepunkt
Zentrales Ergebnis: Die Personalentwicklung be-
findet sich derzeit an einem Wendepunkt. Erst-
mals hat dieser Bereich laut Studie genug Bud-
get, Mitarbeiter und Unterstützung seitens der
Führungskräfte, um nicht bloß das Tagesgeschäft
abzuarbeiten, sondern auch eine strategische Rolle
zu spielen und proaktiv zu agieren. Als „breakout year“ be-
zeichnet die Studie daher das Jahr 2019 vollmundig.
Auch wenn man derart euphorischen Verheißungen mit einer
gesunden Skepsis begegnen sollte, belegt der Report doch: Die
finanzielle Ausstattung der PE hat sich in den vergangenen Jahren
verbessert. Vielleicht genauso wichtig ist, dass Führungskräfte
dem Corporate Learning gegenüber sehr positiv eingestellt sind.
So geben 82 Prozent der Befragten an, dass die Führungskräfte
in ihrem Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv
dabei unterstützen, sich weiterzubilden.
Mehr Budget, hohe Wertschätzung seitens der
Führungskräfte – für Weiterbildner sind das gute Nachrichten.
Doch darauf ausruhen können sich Trainer, Beraterinnen
und Coachs nicht. Denn der Workplace Learning Report
offenbart auch, dass sich die Weiterbildung wandelt – etwa
von klassischen Präsenztrainings hin zu Online-Lernen.
Weitere Trends und Ergebnisse liefert der Beitrag ab S. 6.
Seminare für die VUKA-Welt
Mit der Frage, wie sich Weiterbildung wandeln muss, beschäf-
tigt sich auch der Beitrag von Nadja Petranovskaja. Denn vor-
gefertigte Seminare zu vorgefertigten Themen funktionieren
in der VUKA-Welt nicht mehr, ist die Trainerin und Beraterin
überzeugt. Sie geht daher einen neuen Weg: Trainings ohne
Agenda. Was zunächst einmal befremdlich klingt, erscheint
auf den zweiten Blick einleuchtend – schließlich wissen die
Teilnehmenden in der Regel selbst viel besser als die Trainerin
oder der Trainer, welche Themen ihnen unter den Nägeln
brennen. Wie Weiterbildner einen co-kreativen Prozess mo-
derieren, in dem die Teilnehmenden ihre eigenen Themen
bearbeiten können, erfahren Sie im Beitrag ab S. 10.
Miriam WagnerRedakteurin
EDITORIAL
Training, wechsel dich!
6 Trainingaktuell | Juni 2019
WORKPLACE LEARNING REPORT 2019
Personalentwicklung am Wendepunkt
Das Budget wächst, ebenso wie die Unterstützung seitens der Führungskräfte: Der Personalentwicklung geht es gut, wie eine aktuelle Studie belegt. Damit spielt sie zunehmend eine strategische Rolle in Unternehmen. Auch Weiterbil-dungsanbieter müssen sich an diesen Wandel anpassen.
Information
Foto: gerenme/iStock.com
Laut Workplace Learning Report ist die Personalent-wicklung erstmals in der Lage, über das Tagesgeschäft hinaus proaktiv zu agieren.
Einen Blick auf den aktuellen Stand der
Personalentwicklung weltweit wirft
LinkedIn in seiner Studie „Workplace
Learning Report 2019“. Dafür hat das
Business-Netzwerk 1.200 Personalent-
wickler sowie 2.100 Lerner in Unter-
nehmen befragt.
Das zentrale Ergebnis ist nicht nur
für PEler, sondern auch für Trainerin-
nen, Berater und Coachs interessant:
Die Personalentwicklung befindet sich
an einem Wendepunkt. Erstmals hat
dieser Bereich laut Studie genug Bud-
get, Mitarbeiter und Unterstützung von
den Führungskräften, um nicht bloß
Das PE-Budget wächst
Insbesondere die finanzielle Ausstattung hat sich
in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. So
gibt von den Befragten nur noch rund ein Viertel
an, dass ein limitiertes Budget die größte Heraus-
forderung für die Personalentwicklung ist – 2017
fand das noch fast die Hälfte. 43 Prozent rechnen
damit, dass die PE-Budgets in Zukunft weiter stei-
gen, 2017 waren es lediglich 27 Prozent. Dieser
Trend belegt laut Studie, dass Lernen in Unterneh-
men eine immer wichtigere Rolle spielt.
Neben den Budgets entwickelt sich auch die
personelle Ausstattung positiv. 87 Prozent der Be-
fragten denken, dass die Zahl der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter in der Personalentwicklung
2019 zumindest konstant bleibt oder sogar wächst.
Der größere Spielraum bei Budget und Perso-
nal geht mit einer hohen Wertschätzung für das
Lernen im Unternehmen seitens der Vorgesetzten
einher. 82 Prozent der Befragten geben an, dass die
Führungskräfte in ihrem Unternehmen Mitarbei-
ter und Mitarbeiterinnen aktiv dabei unterstützen,
sich weiterzubilden – laut Workplace Learning
Report ein entscheidender Schritt, um eine Lern-
kultur zu entwickeln.
Die Weiterbildung wird digitalisiert
Die Studie zeigt auch, wie sich die Personalentwick-
lung durch die Digitalisierung wandelt (siehe Grafik).
So geben im Vergleich zu 2016 heute rund 60 Prozent
der Unternehmen einen größeren Teil ihres Budgets
für das Online-Lernen aus, bei klassischen Präsenz-
trainings ist es nur knapp ein Viertel. Und auch der
Blick aufs Gegenteil bestätigt diesen Trend: Seit 2016
verwenden zwar zehn Prozent der Unternehmen
weniger Budget für digitale Weiterbildung, bei Prä-
senztrainings sind es aber fast 40 Prozent von ihnen.
Der Workplace Learning Report belegt also einmal
mehr, dass klassische Seminare an Bedeutung ver-
lieren, während digitale Formate immer wichtiger
werden – auch wenn sie Präsenztrainings niemals
vollkommen ersetzen werden, wie die Studie betont.
Aus dem Trend zum Online-Lernen ergibt sich
auch eine Chance für Weiterbildungsanbieter,
denn die digitalen Inhalte erstellen sich schließ-
lich nicht von selbst. Zwar geben 85 Prozent der
Befragten an, dass sie in ihrem Unternehmen auf
das Tagesgeschäft abzuar-
beiten, sondern auch eine
strategische Rolle zu spielen
und proaktiv zu agieren. Als
wichtigste Aufgaben der PE
sehen die Befragten aktu-
ell, zu analysieren, welche
Fähig keiten im Unterneh-
men noch fehlen, und Maß-
nahmen zu entwickeln, die
diese Lücke schließen, so-
wie gezielt Marketing für
PE-Programme zu betrei-
ben, um das Engagement
der Lerner zu steigern.
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Danach befragt, welche
Aufgaben für sie dieses Jahr
in der Personalentwicklung
Priorität haben, nennen die
Studienteilnehmer an erster
wichtigsten Aufgaben: das Entwickeln von Soft
Skills. Hier sehen die Befragten vor allem folgende
Themen als wichtig an:
A Kreativität,
A Verhandlung,
A logisches Denken,
A Kollaboration,
A Agilität.
Bei den Hard Skills sind vor allem Fähigkeiten
aus dem technischen und IT-Bereich gefragt, z.B.
Cloud Computing, Künstliche Intelligenz, mobile
Anwendungen, Video- und Audioproduktion. Aller-
dings landen auch hier zwei Themen in den Top
10, bei deren Entwicklung externe Weiterbildner
unterstützen können: Mitarbeiter- und Verkaufs-
führung. Miriam Wagner C
Stelle, zu analysieren, welche Skills im
Unternehmen noch fehlen und wie die-
se Lücken geschlossen werden können.
Auf Platz zwei landet, das Engagement
der Lerner zu erhöhen – zwei Punkte, bei
denen Trainer und Beraterinnen unter-
stützen können.
Außerdem landet auch ein klassi-
sches Trainingsthema in den Top 5 der
ENTWICKLUNG ONLINE- UND PRÄSENZTRAINING
Quelle: LinkedIn: Workplace Learning Report 2019
weniger ausgegeben
weniger ausgegeben
mehr ausgegeben
mehr ausgegeben
9%
59%Online- Lernen
Präsenz-training
39%
24%
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10 Trainingaktuell | Juni 2019
SEMINARE FÜR DIE VUKA-WELT
Training ohne Agenda
Vorgefertigte Seminare zu vorgefertigten Themen – das funktioniert in Zeiten des steten Wandels immer weniger. Anstatt den Teilneh-menden Wissen zu vermitteln, sollten Trainerinnen und Trainer ihnen ermöglichen, ihre eigenen Themen auf die Agenda zu setzen. Wie es funktioniert, Seminare für die neuen Anforderungen der VUKA-Welt fit zu machen, erklärt die Trainerin Nadja Petranovskaja.
Inspiration
Foto: comzeal/iStock.com
Beim Training ohne Agenda entscheiden die Teilnehmenden in einem co-kreativen Prozess selbst, welche Themen angesprochen werden.
Präsenzform zu planen und anzubie-
ten? Wie kann der Mehrwert des Mitei-
nanders noch stärker genutzt werden?
Und was ist dann die Rolle des Trainers
oder der Trainerin?
Warum Trainings in der Zukunft keine Agenda haben sollten
Früher konnte die Trainerin / der Trai-
ner in Absprache mit dem Kunden ein
Programm oder ein einzelnes Seminar
systematisch planen, entwickeln und
anschließend evaluieren. Es wurden
Lernmaterialien entwickelt und genaue
Ablaufpläne erstellt.
Heute sitzen in Seminaren meist Teil-
nehmende
A mit unterschiedlichen Erfahrungen,
A aus unterschiedlichen Kulturen,
A mit unterschiedlichen sprachlichen
Fähigkeiten,
A mit verschiedenen Aufmerksamkeits-
spannen und Interessen.
Eine feste, im Voraus geplante und
durchdachte Agenda macht für den
Großteil so diverser Teilnehmenden
wenig Sinn. Als Folge ziehen sich viele
mental zurück, nehmen nicht aktiv an
Diskussionen und Übungen teil oder
erledigen parallel ihr Tagesgeschäft vom
Smartphone aus.
In einem Training ohne festgelegte
Agenda hingegen gestalten die Teilneh-
menden den Ablauf mit. Dadurch, dass
sie ihre Themen auf die Agenda setzen
können, bekommt die gemeinsame
In der VUKA-Welt brauchen Unternehmen mehr
denn je das richtige Wissen und Können am rich-
tigen Ort zum richtigen Zeitpunkt. Angesichts
dessen ist die bisherige Struktur und Ordnung
der internen Weiterbildung immer schwieriger auf-
rechtzuerhalten. Als Konsequenz versuchen immer
mehr Unternehmen, flexible Konzepte zu stricken
– und denken dabei vor allem an digitale, jederzeit
verfügbare Lernpakete. Die Wissenschaft vermit-
telt jedoch, dass Lernen viel nachhaltiger ist, wenn
Menschen miteinander interagieren (Unterschie-
de zwischen Standard- und Beziehungslernen
siehe Tabelle rechts). Für
bestimmte Themen ist ein
Präsenztraining um ein Viel-
faches wirksamer, als wenn
sich ein Teilnehmer etwa al-
leine durch eine E-Learning-
Einheit durchklickt.
Wie kann eine Trainerin
bzw. ein Trainer also den
Kunden davon überzeu-
gen, weiterhin Programme
zu bestimmten Themen in
Trainingaktuell | Juni 2019 11
Inspiration
Zeit im Seminarraum einen
höheren Stellenwert. Der
Pluspunkt für die Trainerin
bzw. den Trainer: Die Teil-
nehmenden übernehmen
auch die Verantwortung für
das Abarbeiten der Agenda
und sorgen damit für gegen-
seitige Verantwortlichkeit.
Die so gewonnene Selbstor-
ganisation sorgt für weni-
ger Störungen, die Gruppe
diszipliniert sich oft selbst
– Beispiel Vielredner – und
„zieht“ sich die Inhalte (Pull-
Prinzip).
Wie ein Training ohne Agenda abläuft
Zum Einstieg in das für
Teilnehmende zunächst un-
gewöhnliche Format bietet
es sich an, die Hintergründe
genauer zu erläutern. Hier ist
eine Verknüpfung mit dem
„Warum“ des Seminars hilf-
reich, z.B. mit der Strategie
des Unternehmens oder den
aktuellen Veränderungen.
Der Trainer oder die Traine-
rin sollte erläutern, warum
die gemeinsame Zeit eine
wichtige Investition ist. Hier
kann der Trainer / die Traine-
rin auch auf die VUKA-Welt
eingehen oder auf den Fakt,
dass wir als Menschen alle unterschied-
lich sind. Um diesen Faktoren gerecht
zu werden, hat das Seminar zwar ein
Ziel, aber keine festgelegte Agenda.
Damit die Teilnehmenden mit dieser
Nachricht etwas beruhigter umgehen
können, kann der Trainer oder die Trai-
nerin fragen, wer schon mal eine Ar-
beitswoche exakt so verbracht hat, wie
er sich diese vorher ausgemalt hat. Das
kommt in der Realität eher selten vor.
Hier kann nun eine Parallele zum Se-
minar gezogen werden: Auch dieses soll
der aktuellen Realität gerecht werden,
statt zu versuchen, einen theoretischen
Plan zu erfüllen.
Um gemeinsam die Agenda zu erstellen, bietet sich
ein Kanban-Board (siehe Beispiel S. 12) an. Dieses
kann drei Spalten erhalten (z.B. „zu tun“, „jetzt“
und „erledigt“) oder bei längeren Trainings auch
noch zusätzlich eine Spalte für die Priorisierung
(„als Nächstes“). Weil das Kanban-Board als Tool
nicht allen vertraut ist, erklärt die Trainerin/der
Trainer, wie dieses der gemeinsamen Visualisie-
rung dient und dafür sorgt, dass die gesamte Grup-
pe einen Überblick behält. Falls Teilnehmende
mit dem Kanban-Board vertraut sind, kann man
fragen, wie sie dieses nutzen und wer gute Erfah-
rungen damit hat.
Wenn die Teilnehmenden keine Fragen zum
Kanban-Board haben, geht es an die Formulie-
rung der Agendapunkte. Diese können für kürzere
Standardlernprozess (Industriezeitalter)
Beziehungslernen (neues Zeitalter)
Trainer/in plant und entwickelt das Trainings design in der Expertenrolle
Trainer/in stellt Rahmen und Metho-den zur Verfügung, um aus Teilneh-menden Experten zu machen
Lernende als Teilnehmende oder Nutz-nießer des Trainings
Lernende als Teilgeber und Mitver-antwortliche für den Inhalt und das Ergebnis
reine Wissensvermittlung Aufbau von Fähigkeiten und Potenzial-entfaltung
vordefinierte Aufgaben, Ziele und festgelegte Inhalte
gemeinsam vereinbarte Agenda mit Zielen und Lernumfang
Qualität des Trainings hängt von Ver-anstalter und Trainer/in ab
Qualität des Trainings ist gemeinsame Verantwortung aller Teilnehmenden
UNTERSCHIED STANDARD- VS. BEZIEHUNGSLERNEN
Quelle: In Anlehnung an C. Cipolla & E. Manzini: Relational Services, 2009.
26 Trainingaktuell | Juni 2019
...
PRAXISTEST „INTERACTUM“
Komm, wir spielenTransaktionsanalyse!
Organisation
Die Transaktionsanalyse ist eine vielschichtige psychologische Theorie, die helfen kann, sich selbst, sein Gegenüber und auch schwierige Kommu-nikationssituationen besser zu verstehen. Mit INTERACTUM soll es spielerisch gelingen, zumindest das zentrale Konzept der Ich-Zustände auch Laien verständlich zu machen. Auf den Petersberger Trainer-tagen 2019 wurde der Prototyp angespielt.
Das Angebot
Wer verstehen will, wie
schwierige Gesprächssitu-
ationen entstehen oder
warum vielleicht die
Verständigung mit einem
bestimmten Gesprächs-
partner partout nicht
gelingen will, kann die
Transaktionsanalyse zurate
ziehen. Dieses Modell wurde
Fotos: Lucas Heinz/managerSeminare
Unter Anleitung des Mitentwicklers Henning Schulze (links im Bild) wur-de INTERACTUM auf den PTT 2019 Probe gespielt.
Im Fokus des Spiels stehen die Kommuni-kationsmuster in der Familie Schubert, de-ren Mitglieder auf einem Handout (hier im Bild) vorge-stellt werden.
in den 1950er Jahren von Eric Berne
begründet mit dem Ziel, Denkanstöße für
gelingende Kommunikation zu liefern.
Einer davon ist die Theorie der Ich-Zu -
stände (siehe Kasten rechts). Sie will die
Wechselwirkungen zwischen mensch-
licher Kommunikation verdeut lichen,
indem sie erklärt, aus welcher Haltung
heraus und mit welcher Absicht eine
Aussage gemacht wird. Für diese Theorie
will nun das Planspiel INTERACTUM
einen spielerischen Einstieg bieten.
Die Testsituation
Auf den PTT 2019 wurde der Prototyp
von INTERACTUM vorgestellt und in
Gruppen mit jeweils knapp 20 Personen
praktisch getestet. Grundsätzlich sollte
das Spiel mit vier bis 16 Menschen in
zwei bis vier Teams gespielt werden, die
im Wettbewerb zueinander stehen. Ziel
ist es, durch die Lösung von Aufgaben
die meisten Siegpunkte zu sammeln.
An drei großen Tischgruppen ist das
Planspiel zu Beginn des Workshops
schon aufgebaut: in der Mitte der
zusammengeschobenen Tische ein
quadratischer Spielplan mit einer
Spielfigur aus Holz, einem zwölfseitigen
Würfel und einer Sanduhr. Auf
jeder der vier Seiten liegt zudem das
Arbeitsmaterial für die Teams:
A eine DIN-A4-Übersichtskarte, auf der
die Hauptpersonen des Spiels – Fami-
lie Schubert mit Vater, Mutter, studie-
render Tochter und volljährigem Sohn –
charakterisiert werden (siehe Bild links
Trainingaktuell | Juni 2019 27
Organisation
Die sechs Ich-Zustände
Die Transaktionsanalyse ist ein psychologisches
Modell, das von dem kanadisch-amerikanischen
Sozialpsychiater Eric Berne ab etwa 1950 ent-
wickelt wurde. Eine ihrer zentralen Aussagen
über menschliches Verhalten und menschliche
Kommunikation ist, dass Menschen immer aus
einem „Ich“ heraus kommunizieren, das sechs
Zustände einehmen kann, die sich in einem un-
terschiedlichen Verhalten niederschlagen:
Der Eltern-Ich-Zustand (EL) in zwei verschiede-
ne Ausprägungen:
1. fürsorglich und um den anderen bemüht (fEL)
2. kritisch und den anderen bewertend (kEL)
3. der Erwachsenen-Ich-Zustand (ER), in dem wir
uns unserem Alter, Geschlecht und sozialen Hin-
tergrund entsprechend angemessen verhalten
Der Kind-Ich-Zustand (K) auf drei verschiedene
Arten:
4. angepasst und ängstlich (aK)
5. trotzig und rebellisch (rK)
6. unbefangen und spontan (freies Kind, fK)
unten). Auf der Rückseite ein Trans-
aktionsdiagramm mit einer Übersicht
über die möglichen Ich-Zustände,
A eine Übersichtskarte mit den
verschiedenen Aufgaben; ingesamt
sind es zwölf verschiedene Heraus-
forderungen,
A sechs Spielkarten, die jeweils für einen
der sechs möglichen Ich-Zustände der
Transaktionsanalyse stehen (siehe
Kasten rechts).
Auf einem Stapel in der Mitte befinden
sich zudem 15 Spielphasen-Karten.
Insgesamt gibt es 60 Karten für vier
Phasen, getestet wird auf dem Petersberg
allerdings nur die erste, die sich auf
einfache Aussagen konzentriert. In
den Phasen zwei bis vier werden auch
Dialoge sowie parallele, gekreuzte und
doppelbödige Transaktionen bearbeitet.
Will man alle in einer Sitzung absol-
vieren, wären drei bis vier Stunden nötig
– deutlich mehr als für das Testspiel zur
Verfügung stehen. Zusätzlich gibt es noch
Joker- und Booster-Karten sowie acht
Transaktionspfeile aus Pappe, die hier
ebenfalls nicht zum Einsatz kommen.
TA-Check
Phase 1 beginnt, nachdem alle An wesenden
eine knappe Einführung in die Theorie
der Ich-Zustände bekommen haben. Die
Spielleitung, die hier die Entwickler
selbst übernehmen – die Gründer der
Planspielmanufaktur Sibylle und Uwe
Schirrmacher und Henning Schulze,
Transaktionsanalytiker und Kommuni-
kationswissenschaftler, –
stellt zunächst die Familie
Schubert vor und erklärt kurz
den Ablauf des Spiels. Dann
geht‘s los.
Zuerst ziehen Spielleiter
oder Spielleiterin eine Karte
vom Stapel in der Mitte.
Sie enthält eine szenische
Beschreibung, die einen der
vier Schuberts involviert. In
unserem Fall ist es der Sohn,
der im dritten Lehrjahr in
einem Industriebetrieb tätig
ist. Er sagt zu einem neuen
Azubi, der zu spät kommt:
„Echt, das hätten wir uns als
Anfänger nicht getraut!“
Nun hat Henning Schulze,
der die Karte für uns gezogen
hat, die Wahl: Er kann
die Aussage einfach selbst
möglichst lebendig vorlesen.
Allerdings besteht dann die
Gefahr, dass er die Spielenden
zu sehr beeinflusst.
Deshalb haben die Spiele-
entwickler Audio-Dateien
vorbereitet: Scannt man
den QR-Code auf der Karte
per Smartphone oder Tablet,
kann man sich jede gezogene
Szene auch von einem Profi-
Sprecher vorlesen lassen.
Dadurch ist garantiert, dass
nonverbale Informationen,
wie z.B. der Tonfall, so
übermittelt werden, wie sie
bei der Entwicklung des Spiels beabsichtigt wurden.
Zudem lassen sich die Sequenzen beliebig oft
wiederholen, ohne dass sich der Tonfall verändert.
Das ist wichtig, wie sich schnell zeigt, denn
nun wird diskutiert. Grundaufgabe für alle
Teams in Spielphase 1 ist es, zu analysieren, aus
welchem Ich-Zustand heraus sich die Person aus
der Schubert-Familie äußert. Dabei wird Schulze
36 Trainingaktuell | Juni 2019
GROSSGRUPPENFORMAT CONGRESS IN MOTION
Viel Raum fürDynamik
Die Zeiten, in denen Change von oben verordnet wur-de, sind weitgehend vorbei. Heute wird eher auf Betei-ligung gesetzt. Ein gutes Format dafür ist „congress in motion“. Elena Singer und Carmen Windisch erklären, was ihr Großgruppenformat ausmacht.
Interaktion
Erntete man vor einigen Jahren noch ungläubige
Blicke, wenn man als Berater oder Beraterin vor-
schlug, im Rahmen eines Change-Prozesses ein
Großgruppenevent zu planen, so ist das heute fast
Standard. Und das ist gut so. Schließlich haben
Großgruppenveranstaltungen viele Vorteile.
Der wohl zentralste ist, dass sie auf einen
Schlag Transparenz schaffen: Informationen und
Impulse werden gleichzeitig an alle Anwesenden
– aus unterschiedlichen Interessengruppen, Hie-
rarchieebenen und Bereichen – vermittelt. Das
verhindert Verzerrungen und Gerüchtebildung.
Konflikte, divergierende Interessen, unterschied-
liche Sichtweisen werden sofort offenkundig
und können gemeinsam bearbeitet werden.
Interaktion verbindet
Zudem sind Großgruppen effizient: Da viele si-
multan an dem Veranstaltungsthema arbeiten,
entsteht eine Fülle von Ideen, Planungen und
Verabredungen, erhalten die Verantwortlichen
eine geballte Resonanz zu Vorhaben und Zu-
kunftsplänen.
Drittens fördern sie die Entstehung eines
Wir-Gefühls, da in der Großgruppe vielfältige
Kontakte geknüpft, persönliche Beziehungen
aufgefrischt und bereichsübergreifende Netzwer-
ke gestärkt werden. Letzteres gelingt besonders
dann gut, wenn durch interaktives Miteinander
in einem Raum eine mitreißende Arbeitsatmo-
sphäre entsteht, in der jeder und jede Einzelne
die Energie der großen Gruppe erlebt.
Gerade Großgruppenmethoden mit einer leben-
digen Dramaturgie unterstützen so sinnvoll Lern-
und Veränderungsprozesse: Sie stimulieren durch
die Vielfältigkeit ihres Designs unterschiedliche
Lerntypen. Gleichzeitig regen sie die Teilnehmer
Fotos: PfO-Beratungsgesellschaft
Auch sehr gro-ße Gruppen lassen sich durch Inter-ventionen aktivieren: z.B. durch De-sign-Thinking-Materialien (Bild links) ...
SchreibealleDingehier
auf, dieDu nichtmagst!
Mitmachbuch
dislike
... ebenso wie durch individuelle Beteili-gungsmöglichkeiten – z.B. ein Mitmach-buch für jeden Teilnehmer (Auszug im Bild rechts).
Trainingaktuell | Juni 2019 37
Interaktion
an, sich mit differenzierten inhaltli-
chen Aspekten auseinanderzusetzen,
ohne sich selbst gleich schon endgül-
tig festlegen zu müssen. Durch soziale
Kontakte wird das Erlebte und Erfah-
rene zudem stärker emotional gean-
kert. Das wiederum motiviert dazu,
bestimmte Vorhaben im Alltag auch
verantwortlich umzusetzen.
Wenn all dies mit einer sorgfältigen
Prozessplanung kombiniert wird, ist
Großgruppenarbeit zudem sehr nach-
haltig: Gerade interaktive und dyna-
mische Großgruppenveranstaltungen
sind dann keine einmaligen „Events“,
sondern unterstützen – sofern sie auf
die jeweiligen Ziele, Rahmenbedin-
gungen und Entscheidungsspielräume
der Beteiligten abgestimmt wurden
– die Verbindlichkeit und Seriosität:
Entscheidungen und Maßnahmenplä-
ne haben höhere Umsetzungschancen,
wenn sie vor einer großen „Öffent-
lichkeit“ besprochen und festgelegt
wurden.
Kongresse in Bewegung: Großgruppe plus X
Vor diesem Hintergrund hat die PfO
Beratungsgesellschaft eine besonders
interaktive und dynamische Form der
Großgruppenveranstaltung entwi-
ckelt: „congress in motion“. Sie lässt
sich als Start wie als Abschluss von
Veränderungsprozessen einsetzen,
aber auch für die Strategieentwick-
lung, die gemeinsame Arbeit an der
Unternehmenskultur, die
Teamentwicklung oder für
die Informationsvermitt-
lung.
Das Veranstaltungsformat
kombiniert vier zentrale
Elemente zu einem gemein-
samen Ansatz:
A Die Organisationsent-
wicklung, da eine sinn-
volle Einbettung in den
Veränderungsprozess ent-
scheidend ist.
A Traditionelle Großgrup-
penverfahren, wie Open
Space oder World Café.
A Die Erlebnispädagogik,
mit der sich die Veran-
staltungen besonders gut
beleben lassen.
A Das Theater, das in Dra-
maturgie wie auch den
Interventionen zu spüren
ist.
Wie die klassischen Groß-
gruppen kann das Format
für die Arbeit mit bis zu
1 .000 Teilnehmerinnen
und Teilnehmern einge-
setzt werden. Dabei lässt
sich auf eine breite Palette
an Methoden und Tools (sie-
he Kasten rechts und S. 39)
zurückgreifen, die ständig
um neue Ansätze erweitert
wird – zuletzt beispielswei-
se durch Online-Tools und
Design-Thinking-Elemente.
„in motion“-Tools (Teil I)
Es gibt unzählige Interventionen, die bei einem
„congress in motion“ eingesetzt werden. Ein Vor-
schlag zu jedem Schritt:
Schritt 1: SYMBOLE MITBRINGEN
Alle Eingeladenen werden zwei Wochen vor der
Veranstaltung gebeten, einen Gegenstand mitzu-
bringen, der symbolisch für das Thema der Veran-
staltung steht. Das löst meist Neugier, manchmal
Unruhe und oft auch einen angeregten Austausch
vorab aus: Alle beschäftigen sich also mit dem an-
stehenden Projekt. Vor Ort stellen sich die Teilneh-
merinnen und Teilnehmer dann – in vorbereiteten
Runden mit vier bis sechs Stühlen – ihre Symbole
gegenseitig vor. Wer sein Symbol vergessen hat,
muss im Foyer bei der Begrüßung schnell improvi-
sieren und z.B. etwas malen.
Schritt 2: GROSSGRUPPENBINGO
Alle erhalten beim Eintreten einen Stift und eine
Bingo-Karte. Auf der Karte stehen unterschiedliche
Aussagen zu persönlichen Eigenschaften, Hob-
bys, usw. Als Warm-up erhalten alle die Aufgabe,
jemanden zu finden auf den oder auf die eine der
Aussagen zutrifft. Wurde ein Kollege oder eine Kol-
legin gefunden, lässt man sich das entsprechende
Feld auf der Bingo-Karte unterschreiben. Sobald
alle Felder unterschrieben sind, wird die Karte
abgegeben. Die schnellsten Drei haben gewonnen
und erhalten ein kleines Präsent.
Schritt 3: POSTEN. LIKEN. VERNETZEN
Online-Eventtools, also webbasierte Applikati-
onen, die sich über den Webbrowser aufrufen
lassen, ermöglichen die interative Informations-
vermittlung. Per Smartphone oder Tablet können
die Teilnehmer z.B. an Live-Abstimmungen teil-
nehmen, Fragen an die Redner stellen und ihre
Gedanken zur Veranstaltung mit anderen teilen.
Schritt 4: WALK AND TALK
Hier machen sich drei bis fünf Personen gemeinsam
auf den Weg. Ausgerüstet mit Post-its und Stiften
diskutieren sie auf einem Spaziergang die Fragen
aus dem Plenum. Die Ergebnisse werden dann an
den Wänden des Seminarraums aufgehängt.
44 Trainingaktuell | Juni 2019
WEITERBILDUNGSMARKT
Trainer oder Evangelist?
Viele Akteure in der Weiterbildungsbranche bezeichnen sich heute als Speaker oder gar als Evangelist. Nur Trainer will niemand mehr sein. Marketingexperte Bernhard Kuntz plädiert für mehr Realismus: Lieber ein guter Trainer sein, als bloß davon zu träumen, als Vordenker wahrgenommen zu werden.
Reflexion
wie er früher hieß, der sich heute nach mehreren
Umbenennungen „Berufsverband für Training,
Beratung und Coaching“ nennt.
Aus „Nur“-Trainern werden Trainer, Berater, Coachs
Doch um das Jahr 1995 wollten viele Trainer plötz-
lich keine „Nur“-Trainer mehr sein. Auf ihrer Visi-
tenkarte fügten sie den Begriff Berater hinzu, weil
ihr Selbstanspruch nun lautete: Künftig wollen
wir nicht nur die Mitarbeiter der Unternehmen
trainieren, sondern die Unternehmen und deren
HR-Bereiche auch ganzheitlich und konzeptionell
beraten. Faktisch änderte sich hierdurch zwar oft-
mals wenig. Doch fortan stand auf den Visitenkar-
ten der meisten Akteure im Weiterbildungsmarkt
eben „Trainer und Berater“.
Dabei blieb es, bis um das Jahr 2000 der Begriff
Coaching in Mode kam und das allgemeine Credo
lautete: Künftig werden in der Weiterbildung
und Personalentwicklung individuelle
Fördermaßnahmen eine größere Rolle spielen.
Also fügten immer mehr Akteure im Bildungs-
und Beratungsmarkt auf ihrer Visitenkarte zu
den bereits vorhandenen Begriffen noch das Wort
„Coach“ hinzu, sodass dort nun „Trainer, Berater,
Coach“ stand – obwohl es sich bei den unter dem
Begriff Coaching angebotenen Leistungen oft um
Trainings-on-the-Job handelte.
Niemand will mehr Trainer sein
Danach war im Markt erneut einige Jahre
weitgehend Ruhe, bis ungefähr zur Finanzkrise
2008. Plötzlich träumten viele Trainer, Berater
und Coachs davon, Speaker zu sein – ein Traum,
Keynote Spea-ker, Vordenker, Evangelist – viele Weiterbildner träu-men davon, groß rauszukommen. Nur für wenige wird der Traum aber wahr.
Foto: BrianAJackson/istockphoto.com
Ein Vorzug einer langjährigen Berufs-
erfahrung ist: Man registriert im Laufe
der Jahre gewisse Trends und Entwick-
lungslinien. So hat sich nach meiner
eigenen Beobachtung das Selbstver-
ständnis der Akteure im Weiterbil-
dungsmarkt in den vergangenen Jahren
und Jahrzehnten stark gewandelt.
Vor fast 30 Jahren, also um das
Jahr 1990, waren in diesem Markt
vorwiegend Einzeltrainer und einige
Trainingsinstitute aktiv, deren Namen
fast jeder Marktteilnehmer kannte, z.B.
das Horst Rückle Team, das Team Connex,
das Machwürth Team, die VA-
Akademie ... Und viele dieser
Trainer und Institute waren
Mitglieder in den beiden
Verbänden
A deGefest – Verband der
Kongress und Semi-
nar wirtschaft e.V., der
heute fast nur noch
Tagungshotels und Kon-
gresshallen angehören,
und
A BDVT, dem Berufsverband
Deutscher Verkaufstrainer,
Trainingaktuell | Juni 2019 45
Reflexion
der von der German Speakers
Association (GSA) befeuert wurde, die
sich sehr gekonnt und professionell
vermarktete. Also fügten immer
mehr Berater auf ihren Visitenkarten
bei ihrer Berufsbezeichnung noch
„Vortragsredner“ bzw. „Keynote Speaker“
hinzu. Derselbe Wandel vollzog sich auf
den Webseiten, über die inzwischen
alle Weiterbildner verfügten. Zudem
erschienen die ersten Speaker-Videos im
Netz.
Zugleich verschwand zunehmend
das Wort Trainer von den Visitenkarten
und Webseiten vieler Akteure im
Bildungs- und Beratungsmarkt – nicht
nur, weil vielen Möchtegern-Speakern
das Trainingsgeschäft zu mühsam
wurde, sondern auch, weil ihnen einige
Marketingagenturen ins Ohr flüsterten:
„Wenn du ein Speaker sein möchtest,
dann darfst du dich auf deiner Webseite
nicht zugleich als Trainer präsentieren!“
Als Folge davon preisen heute viele
Weiterbildner auf ihrer Webseite gar
keine Seminare und Trainings mehr an
– zumindest nicht in der Form konkret
entwickelter Produkte. Und wenn dort
vereinzelt doch noch zwei, drei offene
Seminare angeboten werden, dann
primär zu Marketingzwecken. Faktisch
finden von diesen Seminaren etwa 90
Prozent nie statt. Ihr Trainingsgeschäft
promoten immer weniger Anbieter im
Weiterbildungsmarkt ernsthaft.
Kaum ein Anbieter versteht sich noch explizit als Trainingsinstitut
Die Zahl der Weiterbildner, die sich
explizit bzw. primär als Trainer verstehen
und offensiv Seminare anbieten, hat
in den vergangenen Jahren sukzessive
abgenommen. Das heißt nicht, dass es im
Markt keine Anbieter mehr gibt, die dies
können. Doch weil sich inzwischen fast
alle als Speaker/Evangelisten/Vordenker
präsentieren, ist diese Kernkompetenz –
sofern sie existiert – bei den meisten von
ihnen für Außenstehende kaum noch
wahrnehmbar.
Für Unternehmen bedeutet dies nicht
selten: Wenn sie gewisse Skills bei
ihren Mitarbeiter trainieren möchten,
fällt es ihnen schwer, einen passenden
Trainingsanbieter zu finden. Denn
inzwischen lautet die Kernbotschaft
von fast allen Anbietern :„Führung
muss sich verändern“ oder „Verkaufen
muss sich ändern“ oder „Die Kultur der
Unternehmen und das Mindset ihrer
Mitarbeiter müssen sich ändern“. Mag ja
sein. Dass man aber – egal wie das Mindset
aussieht – zum Führen, Verkaufen,
effektiven Zusammenarbeiten auch
gewisse Skills braucht, scheinen viele
Anbieter vergessen zu haben.
Lieber ein guter Trainer sein, als vom Keynote Speaking träumen
Daran tragen oft auch Marke-
tingagenturen eine Mitschuld, die
Weiterbildner beraten. Denn sie
suggerieren ihren Klienten nicht selten,
dass diese, um ihre Ziele zu erreichen
– z.B. wie gewünscht zu wachsen –,
ihr Unternehmen auf das „Next Level“
heben müssen. Viel sinnvoller wäre es
oft, ihnen zu sagen: „Schuster, bleib‘
bei deinen Leisten“ oder – auf die
Weiterbildungsbranche umgemünzt –
„Trainer, bleib bei deinem Flipchart“.
Trainingsanbieter sollten sich besser
auf das konzentrieren, was sie aufgrund
ihrer Biografie und Historie richtig gut
können, und das dann konsequent
vermarkten – sei es, Vertriebler darin zu
trainieren, eine höhere Abschlussquote zu
erzielen, oder Nachwuchsführungskräfte
in Sachen Soft Skills fit zu machen. Oft
bringt das Trainer wesentlich weiter, als
bloß davon zu träumen, ein gefragter
Speaker oder Evangelist zu werden.
Bernhard Kuntz C
Der Autor: Bernhard Kuntz ist Inhaber und Geschäfts führer der Darmstädter PRofilBerater GmbH. Als Marketingexperte ist er auf die Unterstützung von Bildungs- und Beratungsanbietern spezialisiert. Er begleitet seine Kunden in Sachen Marketing und führt ihre Pressearbeit durch. Kontakt: www.die-profilberater.de
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