1
www.drfz.de Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, Programmbereich Epidemiologie DGIM 2013 P260 Funding Die Untersuchung “Fokus Transition – Wie funktioniert der Wechsel von der pädiatrischen in die internistische Rheumatologie” wurde von der Deutschen Rheuma-Liga finanziell unterstützt. Die Kinder-KD erhält finanzielle Förderung durch die Kinder-Rheumastiftung. Hintergrund Anhaltende Krankheitsaktivität aber auch Krankheitsfolgen erfordern bei jugendlichen Rheuma-Patienten eine fachspezifische Weiter- betreuung, d. h. einen Wechsel von der pädiatrischen in die inter- nistische Rheumatologie. Nicht allen Patienten gelingt dieser Wechsel reibungslos. So besteht die Gefahr, dass eine Vorstellung beim internistischen Rheumatologen erst erfolgt, wenn - möglicherweise vermeidbare - Schäden aufgetreten sind. 2. Erreichen der fachspezifischen Betreuung Knapp 2/3 der Teilnehmer hatte zum Befragungsende die fach- gerechte Erwachsenenmedizin erreicht und für den Wechsel im Mittel 3 Monate (median, range 0-22) benötigt. Nur jeder 5. junge Rheumatiker hatte an einer Übergangssprech- stunde (=gemeinsame Sprechstunde eines pädiatrischen und eines internistischen Rheumatologen) teilgenommen, von denen ein Groß- teil den Betreuungswechsel erfolgreich vollzogen hatte (73% vs. 59%). Teilnehmer der Befragung, die ihre Rolle beim Wechsel als sehr aktiv einschätzten, erreichten signifikant häufiger die fachgerechte Betreu- ung als Patienten, die ihre Rolle als passiv beschrieben (67% vs. 46%). 3. Beurteilung des Betreuungswechsels Insgesamt beurteilte nach Erreichen der internistischen Rheuma- tologie nur die Hälfte der Patienten den Übergangsprozess als zufriedenstellend. Knapp 55% von ihnen hätten sich eine bessere Vorbereitung gewünscht. Jeder 3. Patient war der Meinung, dass der Wechsel zu frühzeitig erfolgt war und jeder 10. Patient empfand ihn als zu abrupt. Drei Jahre nach dem Wechsel in die internistische Rheumatologie waren jeder 5. Teilnehmer mit seiner aktuellen Betreuungssituation deutlich unzufrieden. Schlußfolgerungen und Perspektiven Die Befragung verdeutlicht bestehende Defizite an der Schnittstelle zwischen pädiatrischer und internistischer Medizin. Diese Mängel können durch eine strukturierte Vorbereitung, die Teilnahme an einer Übergangssprechstunde und aktive Einbeziehung der Patienten in den Transitionsprozess abgebaut werden. Berücksichtigung finden diese Elemente im Berliner Transitionsprogramm (DRK-Kliniken Westend Berlin), dass aktuell im klinischen Alltag Anwendung findet. Auch liegen standardisierte rheumaspezifische Unterlagen für einen struk- turierten Übergang vor (www.gkjr.de). Erste Finanzierungsmodelle einer standardisierten Transition werden durch die Krankenkassen (z.B. IV-Verträge) ermöglicht. B Methoden In den Jahren 2007/08 wurden über dieses Add-on Projekt der Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendliche (Kinder- KD) Patienten mit chronischer rheumatischer Erkrankung bei letzt- maliger Vorstellung in der Kinderrheumatologie rekrutiert. An- schließend erfolgte über weitere drei Jahre eine postalische Befra- gung. Bei der jährlichen Kontaktaufnahme wurden die Teilnehmer um Beantwortung eines Fragebogens zu ihrem gesundheitlichen Befinden sowie ihrer aktuellen Versorgungssituation gebeten. Durch Zusammen- führung der Daten mit denen der Kinder-KD lagen zusätzlich ärztliche Angaben (z.B. Diagnose, Krankheitsaktivität) zu Baseline vor. Transition in der pädiatrischen Rheumatologie – Erfahrungen junger Rheumatiker beim Wechsel in die Erwachsenmedizin M Niewerth 1 , K Minden 1,2 , R Trauzeddel 3 , G Ganser 4 , A Zink 1 1 Programmbereich Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin; 2 Charité - Universitätsmedizin Berlin, Sozialpädiatrisches Zentrum, Rheumaambulanz, 3 Helios Klinikum Berlin-Buch, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin; 4 St.-Josef-Stift, Abteilung für Kinder- und Jugendrheumatologie, Sendenhorst 79% 6% 6% 3% JIA Patientenmerkmale zu Baseline Anteil Frauen, n (%) 169 (69%) Alter, median (range) 18 Jahre (16-23) Erkrankungsalter, median (range) 12 Jahre (0-16) Krankheitsaktivität (Arzt,11er NRS*), median (range) 1 (0-10) Funktionsstatus (HAQ**) , median (range) 0 (0 – 1,88) Ergebnisse 1. Aktuelle Einschätzung der Krankheitslast und Lebensqualität Wie zu Baseline schätzten auch drei Jahre nach Verlassen der Kinder- rheumatologie wiederum 2/3 der Teilnehmer ihre Erkrankung als aktiv ein. Über die Hälfte fühlte sich funktionell nicht eingeschränkt. Patienten mit inaktiver Erkrankung beurteilten ihre aktuelle Lebensqualität signifikant besser als Patienten mit aktiver Erkrankung. * Numerische Rating Skala (0-10), ** Health Assessment Questionnaire (0-3) Sonstige Arthritiden Systemischer Lupus erythematodes Sonstige Kollagenosen/Vaskulitiden Nicht bakteriell bedingte Osteomyelitis Familiäres Mittelmeerfieber Arthralgien/Schmerzsyndrome 0% 20% 40% 60% 80% 100% stimmt genau stimmt etwas stimmt nicht/kaum Weiterbehandler brachte Interesse auf Weiterbehandler kannte sich mit der Krankheit aus Wechsel ausreichend vorbereitet Wechsel erfolgte gleitend Wechsel erfolgte zur rechten Zeit alles zur Zufriedenheit gelaufen SF 36 –körperliche Summenskala* (SD) SF 36 – psychische Summenskala (SD) insgesamt 48,5 (9,4) 49,1 (10,5) Inaktive Erkrankung 53,9 (6,5) 53,5 (6,9) Aktive Erkrankung 40,2 (11,1) 46,5 (10,7) 37% 63% 35% 59% ja Kein Vorstellungsbedarf Gründe, warum nicht: Werden Sie aktuell durch einen Rheumatologen betreut? Ablehnung medikamentöser Therapie keine Zeit für Arztbesuch/ Betreuung durch Hausarzt nein * Ein Wert über 50 liegt über dem Mittelwert und ein Wert unter 50 unter dem Mittelwert der Normstichprobe. SD = Standardabweichung [email protected] Patienten Insgesamt konnten 246 Patienten aus 16 kinderrheumatologischen Ein- richtungen eingeschlossen werden. Follow-up-Daten über drei Jahre lagen für 224 Teilnehmer (91% Responserate) vor. Die Mehrheit der befragten Patienten hatte eine juvenile idiopathische Arthritis (JIA). Zum Zeitpunkt des Wechsels wurde ärztlicherseits bei einer mittleren Krankheitsdauer von 10 Jahren die Erkrankung bei 69% der Patienten als noch aktiv beurteilt. 6%

Transition in der pädiatrischen Rheumatologie ... · Wie zu Baseline schätzten auch drei Jahre nach Verlassen der Kinder-rheumatologie wiederum 2/3 der Teilnehmer ihre Erkrankung

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

www.drfz.de

Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, Programmbereich Epidemiologie DGIM 2013 P260

Funding Die Untersuchung “Fokus Transition – Wie funktioniert der Wechsel von der pädiatrischen in die internistische Rheumatologie” wurde von der Deutschen Rheuma-Liga finanziell unterstützt. Die Kinder-KD erhält finanzielle Förderung durch die Kinder-Rheumastiftung.

Hintergrund Anhaltende Krankheitsaktivität aber auch Krankheitsfolgen erfordern bei jugendlichen Rheuma-Patienten eine fachspezifische Weiter-betreuung, d. h. einen Wechsel von der pädiatrischen in die inter-nistische Rheumatologie. Nicht allen Patienten gelingt dieser Wechsel reibungslos. So besteht die Gefahr, dass eine Vorstellung beim internistischen Rheumatologen erst erfolgt, wenn - möglicherweise vermeidbare - Schäden aufgetreten sind.

2. Erreichen der fachspezifischen Betreuung

Knapp 2/3 der Teilnehmer hatte zum Befragungsende die fach-gerechte Erwachsenenmedizin erreicht und für den Wechsel im Mittel 3 Monate (median, range 0-22) benötigt. Nur jeder 5. junge Rheumatiker hatte an einer Übergangssprech-stunde (=gemeinsame Sprechstunde eines pädiatrischen und eines internistischen Rheumatologen) teilgenommen, von denen ein Groß-teil den Betreuungswechsel erfolgreich vollzogen hatte (73% vs. 59%). Teilnehmer der Befragung, die ihre Rolle beim Wechsel als sehr aktiv einschätzten, erreichten signifikant häufiger die fachgerechte Betreu-ung als Patienten, die ihre Rolle als passiv beschrieben (67% vs. 46%).

3. Beurteilung des Betreuungswechsels Insgesamt beurteilte nach Erreichen der internistischen Rheuma-tologie nur die Hälfte der Patienten den Übergangsprozess als zufriedenstellend. Knapp 55% von ihnen hätten sich eine bessere Vorbereitung gewünscht. Jeder 3. Patient war der Meinung, dass der Wechsel zu frühzeitig erfolgt war und jeder 10. Patient empfand ihn als zu abrupt.

Drei Jahre nach dem Wechsel in die internistische Rheumatologie waren jeder 5. Teilnehmer mit seiner aktuellen Betreuungssituation deutlich unzufrieden.

Schlußfolgerungen und Perspektiven Die Befragung verdeutlicht bestehende Defizite an der Schnittstelle zwischen pädiatrischer und internistischer Medizin. Diese Mängel können durch eine strukturierte Vorbereitung, die Teilnahme an einer Übergangssprechstunde und aktive Einbeziehung der Patienten in den Transitionsprozess abgebaut werden. Berücksichtigung finden diese Elemente im Berliner Transitionsprogramm (DRK-Kliniken Westend Berlin), dass aktuell im klinischen Alltag Anwendung findet. Auch liegen standardisierte rheumaspezifische Unterlagen für einen struk-turierten Übergang vor (www.gkjr.de). Erste Finanzierungsmodelle einer standardisierten Transition werden durch die Krankenkassen (z.B. IV-Verträge) ermöglicht.

B

D

Methoden In den Jahren 2007/08 wurden über dieses Add-on Projekt der Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendliche (Kinder-KD) Patienten mit chronischer rheumatischer Erkrankung bei letzt-maliger Vorstellung in der Kinderrheumatologie rekrutiert. An-schließend erfolgte über weitere drei Jahre eine postalische Befra-gung. Bei der jährlichen Kontaktaufnahme wurden die Teilnehmer um Beantwortung eines Fragebogens zu ihrem gesundheitlichen Befinden sowie ihrer aktuellen Versorgungssituation gebeten. Durch Zusammen-führung der Daten mit denen der Kinder-KD lagen zusätzlich ärztliche Angaben (z.B. Diagnose, Krankheitsaktivität) zu Baseline vor.

Transition in der pädiatrischen Rheumatologie – Erfahrungen junger Rheumatiker beim Wechsel in die Erwachsenmedizin M Niewerth1, K Minden1,2, R Trauzeddel3, G Ganser4, A Zink1

1 Programmbereich Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin; 2 Charité - Universitätsmedizin Berlin, Sozialpädiatrisches Zentrum, Rheumaambulanz, 3 Helios Klinikum Berlin-Buch, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin; 4 St.-Josef-Stift, Abteilung für Kinder- und Jugendrheumatologie, Sendenhorst

79%

6%

6%

3%

JIA

Patientenmerkmale zu Baseline Anteil Frauen, n (%) 169 (69%) Alter, median (range) 18 Jahre (16-23) Erkrankungsalter, median (range) 12 Jahre (0-16) Krankheitsaktivität (Arzt,11er NRS*), median (range) 1 (0-10) Funktionsstatus (HAQ**) , median (range) 0 (0 – 1,88)

Ergebnisse 1. Aktuelle Einschätzung der Krankheitslast und Lebensqualität

Wie zu Baseline schätzten auch drei Jahre nach Verlassen der Kinder-rheumatologie wiederum 2/3 der Teilnehmer ihre Erkrankung als aktiv ein. Über die Hälfte fühlte sich funktionell nicht eingeschränkt. Patienten mit inaktiver Erkrankung beurteilten ihre aktuelle Lebensqualität signifikant besser als Patienten mit aktiver Erkrankung.

* Numerische Rating Skala (0-10), ** Health Assessment Questionnaire (0-3)

Sonstige Arthritiden Systemischer Lupus erythematodes Sonstige Kollagenosen/Vaskulitiden Nicht bakteriell bedingte Osteomyelitis Familiäres Mittelmeerfieber Arthralgien/Schmerzsyndrome

0% 20% 40% 60% 80% 100%

stimmt genau stimmt etwas stimmt nicht/kaum

Weiterbehandler brachte Interesse auf

Weiterbehandler kannte sich mit der Krankheit aus

Wechsel ausreichend vorbereitet

Wechsel erfolgte gleitend

Wechsel erfolgte zur rechten Zeit

alles zur Zufriedenheit gelaufen

SF 36 –körperliche Summenskala* (SD)

SF 36 – psychische Summenskala (SD)

insgesamt 48,5 (9,4) 49,1 (10,5)

Inaktive Erkrankung 53,9 (6,5) 53,5 (6,9) Aktive Erkrankung 40,2 (11,1) 46,5 (10,7)

37% 63%

35%

59% ja Kein Vorstellungsbedarf

Gründe, warum nicht: Werden Sie aktuell durch einen

Rheumatologen betreut?

Ablehnung medikamentöser Therapie keine Zeit für Arztbesuch/ Betreuung durch Hausarzt

nein

* Ein Wert über 50 liegt über dem Mittelwert und ein Wert unter 50 unter dem Mittelwert der Normstichprobe. SD = Standardabweichung

[email protected]

Patienten Insgesamt konnten 246 Patienten aus 16 kinderrheumatologischen Ein-richtungen eingeschlossen werden. Follow-up-Daten über drei Jahre lagen für 224 Teilnehmer (91% Responserate) vor. Die Mehrheit der befragten Patienten hatte eine juvenile idiopathische Arthritis (JIA).

Zum Zeitpunkt des Wechsels wurde ärztlicherseits bei einer mittleren Krankheitsdauer von 10 Jahren die Erkrankung bei 69% der Patienten als noch aktiv beurteilt.

6%