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Vernetzung von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik · 2013. 5. 17. · Schellingstr. 155 80797 München Tel.: 089 2170-2374 Fax: 089 2170-2813 ... DVD/CD-ROM/Video, Internetadressen

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STAATSINSTITUT FÜR SCHULQUALITÄT

UND BILDUNGSFORSCHUNG MÜNCHEN

Vernetzung von Gesellschaft, Wirtschaft

und Politik

Eine Handreichung für die Umsetzung des Fachlehrplans Sozialkunde

in der Realschule

München 2005

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Erarbeitet im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus Leitung des Arbeitskreises und Redaktion: Gudrun Pfab, ISB Mitglieder des Arbeitskreises: Ulrich Exinger, Staatliche Realschule Passau Reinhard Geißler, Staatliche Realschule Abensberg Michael Lisczyk, Staatliche Realschule Alzenau Alexander Ohgke, Staatliche Realschule Krumbach (beratende Funktion) Michaela Reitberger, Staatliche Realschule Alzenau (beratende Funktion) Otto Rüger, Staatliche Realschule Würzburg II Herausgeber: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung Anschrift: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung Abteilung Realschule Schellingstr. 155 80797 München Tel.: 089 2170-2374 Fax: 089 2170-2813 Internet: www.isb.bayern.de E-Mail: [email protected] Herstellung und Vertrieb: Auer Verlag GmbH Postfach 1152 86601 Donauwörth Tel: 0906/73-2 40 oder -2 41 Fax: 0906/73-177 Das Staatsinstitut hat sich bemüht, sämtliche Abdruckrechte einzuholen. Wo dies nicht gelungen ist, können berechtigte Ansprüche im üblichen Umfang auch nachträglich geltend gemacht werden. 1. Auflage 2005 Umschlaggestaltung: Word Wide KG, München

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Inhaltsverzeichnis

Seite Vorbemerkung

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1 Bildungs- und Erziehungsziele im Fach Sozialkunde 5 1.1 Historischer Rückblick und derzeitige Diskussion 5 1.2 Inhalte und Zielsetzungen des Fachlehrplans Sozialkunde

6

2 Didaktisch-methodische Zielsetzungen des Fachlehrplans Sozialkunde in der Realschule

7

2.1 Aktualitätsprinzip 7 2.2 Vernetztes Denken als Prinzip 8 2.3 Kooperation von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik als Prinzip 9 2.4 Prinzip der Kontroversität 11 2.5 Prinzip des learning by doing und des exemplarischen Lernens 12 2.6 Prinzip des handlungsorientierten Lernens 13 2.7 Prinzip des problemorientierten Lernens 14 2.8 Prinzip des Lernens durch Methodenvielfalt

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3 Komponenten einer Unterrichtsqualität, die im Fach Sozialkunde eingefordert werden

20

3.1 Strukturiertheit und Klarheit 20 3.2 Kognitive Aktivierung der Schülerinnen und Schüler 20 3.3 Effiziente Klassenführung 23 3.4 Schülerorientierung 25 3.5 Rahmenbedingungen für einen schülerzentrierten, handlungs- und

problemorientierten Sozialkundeunterricht

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4 Umsetzung des Fachlehrplans Sozialkunde in der Realschule 27 4.1 Alte und neue, bekannte und unbekannte Lernorte 27 4.2 Unterrichtsbeispiele 29 4.2.1 Sozialstaatliche Prinzipien - Abschied vom Sozialstaat? 30 4.2.2 Europa als Wirtschaftsraum 34 4.2.3 Parteien und Wahlkampf 39 4.2.4 Soziale Marktwirtschaft - soziale Gerechtigkeit 43 4.2.5 Gender Mainstreaming - Gibt es die Gleichberechtigung? 52 4.2.6 Stichwort: Globalisierung 59 4.2.7 Globalisierung gestalten - Verantwortung übernehmen 76 4.2.8 Politik und Wirtschaft auf kommunaler Ebene 84 4.2.9 Stichwort: Reformen 92 4.2.10 Erweiterter Wirtschaftskreislauf – Theorie und Praxis 95 4.2.11 Filme im Sozialkundeunterricht 107 4.2.12 Projekt Schülercafé 118 4.2.13 Gründung eines Miniunternehmens

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5 Literatur, DVD/CD-ROM/Video, Internetadressen 123 5.1 Literatur 123 5.2 DVD/CD-ROM/Video 128 5.3 Internetadressen 129

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Vorbemerkung Interessanten Unterricht zu halten kann man lernen, meint Hartmut von Hentig in seiner Schrift über Werteerziehung im 21. Jahrhundert. Gerade in einer Welt, die sich immer kom-plexer und medialer gestaltet, wird es für Lehrende aber immer schwieriger, den Unterricht nicht nur interessant zu gestalten1, sondern Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Zu-sammenhang zwischen einzelnen Dingen und Beziehungen auf eine zeit- und altersgemäße Art und Weise aufzuzeigen, sie Verknüpfungen erkennen und Hintergründe durchschauen zu lassen, sie kritikfähiger werden und weniger zu Vorurteilen neigen zu lassen. Im Wesentlichen hängt dies natürlich von den kognitiven Fähigkeiten des einzelnen Schü-lers2 ab - von seinem politischen Wissen und von seiner Urteilsfähigkeit - sowie von der Per-sönlichkeit des Lehrers,3 aber auch vom Zusammenhang zwischen gelebter Schulkultur und politischer Bildung als Unterrichtsfach. Den Zusammenhang zwischen gelebter Schulkultur und politischer Bildung als Unterrichts-fach belegen inzwischen mehrere internationale Studien über Civic Education.4 „Traditionally the schools are supposed to teach the students about democracy and politics. This involves democracy-relates knowledge, skills, attitudes and concepts. Over the last years the task is intended to train the students for democratic citizenship. The last task is conducted through students participation and real influence in the schools society and through a democratic and activity-oriented teaching and learning climate in the classroom.”5 Trotz aller Veränderungen - auch was die in der vorliegenden Handreichung abgedruckten Unterrichtsbeispiele anbelangt - werden sich nicht alle Absichten einlösen lassen, bei jedem Schüler das zu erreichen, was man sich als Lehrer erhofft, aber vielleicht werden manche Schüler im Unterricht etwas entdecken, das sie persönlich berührt oder begeistert. Und viel-leicht wird der Unterricht zwar nicht immer Spaß machen, aber doch von Zeit zu Zeit aufre-gend und faszinierend und höchst befriedigend sein, wenn es einem Schüler gelingt, selbst etwas herauszufinden6 und ein Lehrer das Gefühl hat, etwas in den Köpfen der Schüler „be-wegt“ und einen nachhaltigen Lernprozess in Gang gesetzt zu haben. 1 „A few Years ago we were involved in a lot of projects. Now rather we concentrate on the improvement of every day teaching.” (Motto einer englischen Schule) 2 Der Kürze halber ist im Text von Lehrern und Schülern die Rede, gelegentlich auch im Singular. Dass das Kol-legium einer Schule aus Frauen und Männern, die Schülerschaft aus Mädchen und Jungen besteht, wurde über-all mit bedacht. 3„Fächer wie Sozialkunde, die im mittleren Bereich der Beliebtheitsskala rangieren, haben kein stabiles positives oder negatives Image; das Schülerinteresse ist in diesen Fächern in besonders hohem Maße lehrerabhängig.“ Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung. Schwalbach/Ts. 1999, S. 313 4 Vgl. hierzu auch den Vortrag von Peter Henkenborg im Rahmen des Kolloquiums “Demokratiepädagogik” am 18. Juni 2004 in Stuttgart zum Thema „Elemente einer demokratiepädagogischen Topik“ und die Tatsache, dass das Jahr 2005 zum „European Year of Citizenship through Education“ ausgerufen worden ist (mehr dazu unter: www.coe.int/T/E/com/Files/Themes/ECD/). 5 In: Rolf Mikkelsen: Conditions for high civic knowledge and participation in Norwegian schools. In: sowi-onlinejournal 1/2003 6 Vgl. Enja Riegel: Schule kann gelingen! Wie unsere Kinder wirklich fürs Leben lernen. Die Helene-Lange-Schule in Wiesbaden, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 446, Bonn 2004, S. 33

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1 Bildungs- und Erziehungsziele im Fach Sozialkunde 1.1 Historischer Rückblick und derzeitige Diskussion Die intensiven Bemühungen der Besatzungsmächte in dem sich nach Beendigung des Zwei-ten Weltkriegs wieder im Aufbau befindlichen Deutschland nach 1945 zu einer demokrati-schen Re-education legten den Grundstein zu Sozialkunde als einem neuen Unterrichtsfach für die politische Bildung. Vor allem „die US-Politik strebte eine groß angelegte demokrati-sche Erneuerung der Schule an, bei der ein neuer Unterrichtsstil, Mitbestimmung der Schü-ler, [und die] Einführung […] eines neuen Unterrichtsfaches für die politische Bildung Hand in Hand gehen sollten.“7 Die Vermittlung politischer Bildung in der Schule sollte dafür Sorge tragen, dass sich so etwas wie die NS-Schreckensherrschaft nie wieder ereignen würde. „Dass politische Bildung im Moment keine Konjunktur hat, hängt damit zusammen, dass die Antriebskraft des „Nie wieder!“, die nach dem Zweiten Weltkrieg eine starke Motivation ge-wesen ist, erlahmt ist. Der starke zeitliche Abstand und der erfolgreiche Aufbau einer demo-kratischen Gesellschaft scheinen die politische Bildung in den Hintergrund zu drängen. […] [Aber genau das] könnte sich bitter rächen, [denn] nach wie vor fallen Demokraten nicht vom Himmel und noch immer ist es möglich, dass man die Demokratie auch wieder verspielen kann. Demokratie bedarf der ständigen Pflege. Und politische Bildung ist nichts als Demo-kratie-Pflege. Und diese ist heute so wichtig wie gestern und morgen“8- vor allem in den Zeiten gewaltiger Umbrüche und Veränderungen, die wir zurzeit erleben, in denen sich die Welt in rasantem Tempo verändert: Weltweit werden alle Völker und Nationen in einen glo-balen wirtschaftlichen Wettbewerb hineingezogen, die bisher von den Menschen gewohnte Stabilität gerät mehr und mehr ins Wanken, Orientierungen und Sicherheiten gehen zuse-hends verloren und das soziale Netz beginnt brüchig zu werden. Allein schon die Komplexität dieser Probleme verstehen zu können, scheint nicht nur Schüle-rinnen und Schüler vor nahezu unlösbare Aufgaben zu stellen. Da Demokratie davon lebt, dass sich alle aktiv an ihr beteiligen, ist es heute wichtiger denn je, den jugendlichen und jungen Erwachsenen solide Grundkenntnisse über das Funktionieren des demokratischen Systems, über das Zusammenspiel der Kräfte und Gegenkräfte mit auf den Weg ins Leben mitzugeben.9 Parallelen zum derzeitigen Stand der fachlichen Diskussion im Bereich politischer Bildung an den Schulen sind bei dieser Forderung durchaus erkennbar.10

7 Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Sander im Rahmen des Kolloquiums „Demokratiepädagogik – Lernen für die Zivilgesellschaft“ am 18. Juni 2004 in Stuttgart zum Thema „Demokratie-Lernen und politische Bildung. Fachliche, überfachliche und schulpädagogische Aspekte“ 8 Siegfried Schiele: Demokratie braucht politische Bildung. In: Gotthard Breit/Siegfried Schiele (Hrsg.): Demokra-tie braucht politische Bildung, Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 2004; Lizenzausgabe für die Bundeszentra-le für politische Bildung, Bonn 2004, S. 2 ff. 9 „Geschichte ist die geronnene Politik von gestern, Politik die noch fließende Geschichte von morgen.“ In: Sebas-tian Haffner: Politik und Vernunft. In: Historische Variationen, München 2. Auflage 2003 (dtv) 10 Die GPJE hat in ihrem Textentwurf für nationale Bildungsstandards für den Fachunterricht in der politischen Bildung feststellt, dass die „Entwicklung politischer Mündigkeit […] nicht allein die Aufgabe und das Ergebnis eines spezifischen schulischen Unterrichtsfaches [ist, sondern] auch die anderen Fächer […] im Rahmen ihrer fachlichen Möglichkeiten aufgefordert [sind], Verständnis für politische, gesellschaftliche, ökonomische und recht-liche Zusammenhänge zu wecken.“ In: GPJE (Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwach-senenbildung): Nationale Bildungsstandards für den Fachunterricht in der Politischen Bildung an Schulen. Ein Entwurf, Schwalbach/Ts. 2004, S. 9

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1.2 Inhalte und Zielsetzungen des Fachlehrplans Sozialkunde Politik ist über Medien und Gespräche in der Familie in der Lebenswelt der Schüler bereits auf vielfältige Weise präsent, bevor sie im Sozialkundeunterricht in der 10. Jahrgangsstufe thematisiert wird. Man kann also davon ausgehen, dass Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstel-lungen bei den Jugendlichen bereits in gewissem Maße vorhanden sind, die durch den Un-terricht dann erweitert und qualitativ verbessert werden müssen, wozu vor allem politische Urteils- und Handlungsfähigkeit sowie methodische Fähigkeiten zählen, worunter auch eine den Schülern angemessene, für ihre spätere Berufsausbildung/-tätigkeit notwendige Kom-munikationsfähigkeit bzw. Gesprächskompetenz zu subsumieren ist. Die Erziehung der jungen Menschen zu selbstständig und verantwortungsbewusst han-delnden Staatsbürgern setzt voraus, dass sie in der Schule

- grundlegende fachspezifische Kenntnisse über die normativ-institutionelle politische

Ordnung und die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bedingungen gegenwärtiger Politik erwerben (auch über deren historische Grundlegung),

- grundlegende fachspezifische Fähigkeiten (z. B. Grundzüge politischen Handelns

zu erfassen, sachgerecht einzuordnen und zu bewerten) und Fertigkeiten (z. B. Sachtexte, Grafiken und Schaubilder auszuwerten und ggf. auch im Team zu bearbei-ten) entwickeln sowie

- grundlegende Einstellungen und Haltungen sich aneignen, die es ihnen ermögli-

chen, auch unter veränderten wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Be-dingungen flexibel zu reagieren und sich erfolgreich auf die neuen Strukturen einzustel-len (z. B. ethisch-moralisches Handeln, Solidarität in der Gemeinschaft, Einsatzbereit-schaft, gewaltfreies Zusammenleben, Verantwortungsbewusstsein/-bereitschaft, Kom-munikations- und Entscheidungsfähigkeit, Teamfähigkeit, Selbstständigkeit).11

Dass Klassen, in denen ein methodisch vielfältiger, offener und die Schüler aktivierender Arbeitsstil gepflegt wird, - im Gegensatz zum vielerorts dominierenden lehrerzentrierten und darbietenden Unterrichtsstil - ein deutlich verbessertes Verständnis von Politik, ein höheres politisches Interesse und eine weitaus größere Zufriedenheit mit dem Politikunterricht zeigen, belegt mittlerweile eine Vielzahl von Vergleichsstudien.12 Da der Erwerb von Wissen und Kenntnissen, von Fähigkeiten und Fertigkeiten eng gekop-pelt ist an emotionale Beteiligung und persönliche Betroffenheit, ergibt sich daraus die Er-kenntnis, dass die Thematik interessiert, wenn sie die Schüler unmittelbar etwas angeht, weil sie (im doppelten Sinn des Wortes) davon betroffen sind.13

11 „Die dafür erforderlichen Denkprozesse werden [insbesondere] durch einen Unterricht ermöglicht, der ein Höchstmaß an Selbstständigkeit und Eigentätigkeit der Schüler beim Lernen fördert sowie von ihnen Eigenstän-digkeit und Kreativität bei den Lösungswegen verlangt und angemessen honoriert.“ Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 15 12 Vgl. Wolfgang Sander: Politik in der Schule. Kleine Geschichte der politischen Bildung, Band 429 der Schriften-reihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003, S. 154 f.; Catrin Kötters-König: Handlungsorientie-rung und Kontroversität. Wege zur Wirksamkeit der politischen Bildung im Sozialkundeunterricht, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 50/2001 13 Vgl. dazu Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg/Berlin 2002, S.160

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2 Didaktisch-methodische Zielsetzungen des Fachlehr-plans Sozialkunde in der sechsstufigen Realschule (R6)

2.1 Aktualitätsprinzip Sozialkundeunterricht wird lebendig und konkret, wenn die politische Wirklichkeit Eingang ins Klassenzimmer findet, was aktuellen Themen grundsätzlich einen hohen Stellenwert ver-schafft. Politische Wirklichkeit darf aber nicht verwechselt werden mit tagespolitisch aktuellen Ereig-nissen, auch wenn ihre Berücksichtigung in bestimmten politischen Situationen (z. B. dem Beginn des Irak-Kriegs 2003) manchmal unvermeidbar ist:

- Sozialkundeunterricht soll aktuelle Politik nur zum Anlass nehmen, beispielhaft das zu verdeutlichen, was - ausgehend von dem jeweiligen konkreten Fall - verallgemeinerbar ist.

- Aktuelle Ereignisse und erworbene allgemeine Kenntnisse sollen einander von den Schülern sinnvoll zugeordnet werden, was in Folge einer permanenten und bewussten Auseinandersetzung mit dem aktuellen Tagesgeschehen einerseits und dem möglichst realitäts-/interessensnahen Bezug dessen zur Lebenswelt des Schülers andererseits möglich ist.14

Didaktisch gesehen sprechen dafür auch die Prinzipien des exemplarischen, problem- und handlungsorientierten Lernens. Im Aufgreifen aktueller Themen liegt eine große Chance für die Motivation der Schüler, doch darf ein am Aktualitätsprinzip ausgerichteter Sozialkundeunterricht nicht ohne ausreichendes Informationsmaterial und eine entsprechende Vorbereitung durch die unterrichtende Lehr-kraft gehalten werden. Der Lehrplan gibt keine Reihenfolge vor Zu beachten ist, dass der Lehrplan keine Reihenfolge vorgibt, so dass die zeitliche Abfolge der Themenschwerpunkte des Fachlehrplans Sozialkunde von jeder Lehrkraft selbst festge-legt werden kann. Grundlegende Themen aus den Bereichen Politik und Wirtschaft sollen exemplarisch vermit-telt werden - und zwar nicht dann, wenn das Thema bei Beachtung der Reihenfolge im Fach-lehrplan „an der Reihe“ ist, sondern am aktuellen Tagesgeschehen sich orientierend, aber nicht als singuläre „aktuelle Stunde“. Fächerübergreifender Unterricht Fächerübergreifender Unterricht gilt vor allem für das Fach Sozialkunde als Prinzip und sollte - wann immer er sich anbietet - genutzt werden. Desto unterschiedlichere Zugänge zur selben Thematik von verschiedenen Fächern aus ge-sucht werden, umso wahrscheinlicher ist eine sichere Abspeicherung des Gelernten auf der menschlichen Festplatte, dem Gehirn.15

14 Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 74 f. 15 „Aus der kognitiven Psychologie ist seit Jahrzehnten bekannt, dass die besten Lernerfolge dann erzeugt wer-den, wenn man täglich […] wiederholt. Wichtige Inhalte müssen immer wieder gelernt werden! […] Das Begriffene muss […] immer wieder angewendet werden. Nur so wird man sicher.“ Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg/Berlin 2002, S. 410

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2.2 Vernetztes Denken als Prinzip Wiederholen, Vertiefen, Verknüpfen als Prinzip Auf die ausdrückliche Aufnahme des Bereichs „Wiederholen, Vertiefen, Verknüpfen“ in den Fachlehrplan Sozialkunde ist bei der Lehrplanerstellung verzichtet worden, denn das Wie-derholen von Begriffen aus dem Grundwissenbereich verwandter Fächer - auch aus früheren Jahrgangsstufen - wird selbstverständlich auch im Fach Sozialkunde stattfinden, da sich hierzu diverse Anknüpfungspunkte bieten (z. B. Demokratiebegriff aus dem Fachbereich Ge-schichte in der 6. Jahrgangsstufe). Eng mit dem Unterrichtsprinzip der ständigen Wiederholung grundlegender Begriffe und Fak-ten verbunden ist das Vertiefen ausgewählter und bereits an anderer Stelle thematisierter Inhalte in neuen Zusammenhängen (nicht nur die Konkretisierung dieser Inhalte anhand von beliebigen Beispielen) und das Verknüpfen unterschiedlicher Themenbereiche anhand einer Zusammenschau beziehungsweise anhand eines Quer- oder Längsschnittes im Sinne ver-netzten Denkens (z. B. „Macht und Ohnmacht der Demokratie“, „Kontrolle der Macht – wer übt sie wirklich aus?“). Prinzip des kumulativen Lernens Das Prinzip des kumulativen Lernens, das ständige und systematische Vernetzen von Unter-richtsinhalten als notwendige Voraussetzung für erfolgreiches Lernen, ist mittlerweile unum-stritten, auch wenn die Schüler anfangs meist wenig begeistert sind, weil die Anforderungen kurzfristig steigen, wenn auf weiter zurückliegende Lerninhalte zugegriffen wird. In einem klar strukturierten und schülerorientierten Unterricht werden die Schüler schnell erkennen, „dass das, womit sie sich gerade im Unterricht beschäftigen, nicht isoliert betrach-tet werden darf, sondern immer auch in einem größeren Zusammenhang gesehen werden muss“.16 16 Schülerinnen und Schüler müssen in der Lage sein, Gelerntes „langfristig behalten und in unterschiedlichen Zusammenhängen anwenden [zu] können, [wozu sie allerdings ein engmaschig][…] vernetztes System von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen“ ebenso brauchen wie einen klar strukturierten und schülerorientier-ten Unterricht. In: Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 16

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2.3 Kooperation von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik als Prinzip Durch die Einführung des neuen Lehrplans für die sechsstufige Realschule im Jahre 2001 ist es notwendig geworden, die bisher eher (zeit)geschichtlich und (soziologisch-)politisch orien-tierten Inhalte und Ziele des Faches Sozialkunde mit ausgewählten ökonomischen Inhalten zu verknüpfen.17 Vorrangig soll das eine Vernetzung der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereiche zu einer fachlichen Einheit sein, deren Inhalt sowohl im Zusammenhang als auch unter dem Aspekt der wechselseitigen Beeinflussung betrachtet werden muss: Der Mensch ist ein soziales, politisches Wesen, ein zoon politicon und nicht ein sozial isolierter homo oeconomicus. Zusammenlegung zweier Fächer Der enge Zusammenhang politisch-wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verflechtungen soll den Schülern aufgezeigt werden, indem man die in der vierstufigen Realschule in der 10. Jahrgangsstufe praktizierte Trennung der beiden Fächer Sozialkunde (1-stündig) und Wirt-schaft und Recht (1-stündig) aufgibt und das Fach Sozialkunde (mit gesamtwirtschaftlichen und ordnungspolitischen Fragestellungen der sozialen Marktwirtschaft ergänzt)18 von nun an in der sechsstufigen Realschule zweistündig unterrichtet.19 Kooperation ökonomischer und politischer Themenbereiche Im Fachlehrplan Sozialkunde gibt es Themenbereiche, denen u. U. eine singuläre Behand-lung zuzugestehen ist, da ihr Inhalt ansonsten nicht eindeutig zu verstehen und zu begreifen ist (z. B. Struktur der politischen Ordnung in der BRD, Aufbau von Organisationen und Insti-tutionen). Nicht vergessen werden darf dabei aber, dass vor allem nicht „trockene“ Zahlen und Fakten zum Lernen motivieren, sondern die Geschichten20, die hinter diesen Fakten ste-hen.21 Doch selbst die Institutionenkunde, unter der man im engeren Sinn gemeinhin (nur) die be-wusste Vermittlung von Kenntnissen über gesellschaftliche und politische Institutionen ver-steht, kann äußerst lebendig gestaltet werden, indem man

- einen Brückenschlag zur Alltagswelt der Schüler vornimmt, - die Institutionen vor ihrem historischen und ideengeschichtlichen Hintergrund behan-

delt, - die Betrachtung der Institutionen in den derzeitigen politischen Prozess einbindet.

17 Die wirtschaftlichen Elemente enthält der Fachlehrplan Sozialkunde seit der Einführung des Lehrplans für die sechsstufige Realschule in Bayern, genehmigt mit Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 15. Juni 2001, Nr. V/1-S6410-5/28432 18 Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 537 19 Damit wird auf die Tatsache reagiert, dass das ökonomische Prinzip ein Teil des gesamten Wertehorizonts der Gesellschaft ist und dass „deshalb dieses ökonomische Prinzip nicht ohne den gesellschaftlichen Kontext unter-richtet werden kann, in den dieses eingebettet bleibt, nicht als Fremdkörper, wie eine Perle in der Muschel, son-dern als fester Bestandteil eines Netzes gesellschaftlicher Einbettung jedes einzelnen Bürgers.“ Roland Sturm in „Gegenwartskunde Heft 4/2000, S. 410 20 „Ein guter Lehrer wird Geschichten erzählen. […] Jahreszahlen büffeln […] („333 bei Issus Keilerei“ etc.) ist sinnlos, solange man die Hintergründe nicht kennt. Erst die Geschichte des von einem Philosophen erzogenen Griechen, der mit einem kleinen Heer ein riesiges Reich bezwang und beherrschte, macht das Datum lebendig.“ Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg/Berlin 2002, korr. Nachdr. 2003, S. 35 21 „Geschichten enthalten Fakten, aber diese Fakten verhalten sich zu den Geschichten wie das Skelett zum ganzen Menschen. Wer glaubt, beim Lernen gehe es darum Fakten zu büffeln, der liegt völlig falsch; Einzelheiten machen nur im Zusammenhang Sinn, und es ist dieser Zusammenhang […], der die Einzelheiten interessant macht. Und nur dann, wenn die Fakten in diesem Sinn interessant sind, werden sie auch behalten.“ Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg/Berlin 2002, korr. Nachdr. 2003, S. 35

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Weitere Hilfestellung können in diesem Bereich diverse Analyseinstrumente (Abgrenzung von Polity, Policy und Politics)22 beziehungsweise Analysemodelle (z. B. Politikzyklus)23 ge-ben. Ziel des Sozialkundeunterrichts ist also in jeglicher Hinsicht - unter Einbeziehung soziologi-scher Aspekte - die Kooperation und die wechselseitige Ergänzung der politischen und öko-nomischen Bereiche und nicht die singuläre Betrachtungsweise (z. B. eines theoretischen Wirtschaftsmodells). Der Zusammenhang zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft - im Allgemeinen und an konkreten Beispielen - soll den jungen Menschen so besser als bisher verdeutlicht werden und die Schule an Bedeutung für die lebenspraktische Grundbildung der Jugendlichen ge-winnen.24 Wer unterrichtet das Fach Sozialkunde? Wer als Unterrichtender von einer Konzeption des Faches Sozialkunde herkommt, die sich primär als politisch-(zeit)geschichtliche Bildung versteht, und bisher Sozialkunde mehr als hervorragende Ergänzung zu Geschichte denn als ein eigenständiges Fach angesehen hat, kann politische Prozesse zweifellos ohne Mühe in den historischen Kontext einordnen und daraus sich ergebende Handlungs- und Orientierungsstrategien für seinen Unterricht ablei-ten. Er wird sich aber noch schwer tun mit Begriffen wie Wirtschaftskreislauf, magisches Vieleck oder Zahlungsbilanz. Und die aus dem Bereich Wirtschaft kommenden Lehrerinnen und Lehrer werden bemerken, dass im Fach Sozialkunde vorrangig das Verständnis von Zusammenhängen und Prozessen im Mittelpunkt steht und nicht allein theoriebetontes ökonomisches Denken25 - auch wenn die mit vielen Pfeilen als kausal und folgerichtig dargestellten, angeblichen Eindeutigkeiten in den Tafelbildern ihrer Geschichtskollegen sie zunächst sicher ebenfalls überzeugen konnten (z. B. bei der Legislative oder bei der Konfliktregelung). Beide Seiten werden also dazulernen, wenn es darum geht, wirtschaftliche und politische Beziehungen und Prozesse im Zusammenhang darzustellen, ihre vielfältigen Verflechtungen und Verbindungen offen zu legen und den Schülern plausibel zu machen.

22 Vgl. dazu: Dimensionen des Politischen als Analyseinstrument. Aus: Bundeszentrale für politische Bildung: Politikdidaktik kurz gefasst. Planungsfragen für den politischen Unterricht, Bonn 1994, S. 31 f. 23 Vgl. dazu: Der Politikzyklus als Analysemodell. Aus: P. Massing: Wege zum Politischen, in: P. Massing/G. Weißeno (Hrsg.): Politik als Kern der politischen Bildung. Wege zur Überwindung unpolitischen Politikunterrichts, Opladen 1995, S. 87 24 Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 537 25 Im Mittelpunkt steht vor allem nicht das auf kostengünstigen und gewinnbringenden Nutzen allein ausgerichtete Handeln eines - allein auf die Besonderheiten des Wirtschaftens zielenden - Wirtschaftsmodells, auch deshalb nicht, „weil ein Modell stets die Vorstellung suggeriert, dass etwas in sich beweisbar sei, es aber […] die Wirklich-keit überhaupt nicht […] erfasst.“ Hans-Hermann Hartwich: Politische Bildung und ökonomische Bildung gehören in der Schule zusammen. In: sowi-onlinejournal 1/2001

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2.4 Prinzip der Kontroversität Die einzige Möglichkeit, vernünftig und sinnvoll mit der Komplexität und Widersprüchlichkeit umzugehen, ist, das Kontroverse auch als kontrovers darzustellen, Vieldeutigkeiten als sol-che zu akzeptieren, zu eigenen Urteilen aufzufordern und dies immer wieder zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren, wie dies im Beutelsbacher Konsens gefordert wird.26 Das klingt - wenn man dabei an unsere Schüler denkt - ziemlich anspruchsvoll, kann aber durchaus geleistet werden, ohne die Jugendlichen dabei zu überfordern. „Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr“ - um Martin Walser zu zitieren - und diese Einsicht muss den jungen Menschen vermittelt werden, denn nur dann wird es ihnen eines Tages möglich sein, Politik und Wirtschaft als einen Prozess zu verstehen, der aufmerksam und kritisch zu verfolgen ist.27 Die Erziehung zum kontroversen Denken sollte im Sozialkundeunterricht eigentlich Unter-richtsprinzip sein, denn nur so gelangt man zum Denken von Alternativen und zur Entwick-lung einer Urteilsfähigkeit. Dafür besonders geeignet scheint die Fallstudie, aber auch der Konflikt zu sein. Damit trägt das Fach Sozialkunde dann nicht nur unmittelbar zum Aufbau eines individuellen Wertesystems bei den Schülern bei, sondern durch die Einsicht in die Notwendigkeit von Kompromissen und die Lösung von Konflikten nach demokratischen Spielregeln auch zum Erwerb einer Sozial- und Konfliktlösekompetenz.28 Da politisches Interesse auf der Seite der Schüler bei der Unterrichtsplanung nicht zwingend vorausgesetzt werden kann, kommt der Stoffauswahl und der Auswahl der Fallbeispiele eine entscheidende Funktion beim Wecken von Interesse und Neugier zu. Der politische Fall soll-te nicht allein der Einstieg in eine Thematik sein, sondern Gegenstand der Analyse im Sozi-alkundeunterricht, in dessen Verlauf die Hintergründe des Falls und der gesellschaftliche Kontext erarbeitet und beurteilt werden.29 26 Vgl. dazu den noch immer gültigen Beutelsbacher Konsens aus dem Jahre 1976, das Credo der politischen Bildung, in dem das eindeutig verankert ist: - Überwältigungsverbot (auch Indoktrinationsverbot genannt): „Es ist nicht erlaubt, den Schüler – mit welchen Mitteln auch immer – im Sinn erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der Gewinnung eines selbst-ständigen Urteils zu hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrina-tion. Indoktrination aber ist unvereinbar mit der Rolle des Lehrers in einer demokratischen Gesellschaft und der – rundum akzeptierten – Zielvorstellung von der Mündigkeit des Schülers.“ - Kontroversitätsgebot: „Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers er-scheinen. Diese Forderung ist mit der vorgenannten aufs engste verknüpft, denn wenn unterschiedliche Stand-punkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschlagen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten.“ - Analysefähigkeit/“Interessenlage“ der Schüler: „Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorge-fundene Lage im Sinne seiner Interessen zu beeinflussen." In: H. G. Wehling: Konsens à la Beutelsbach. In: Schiele S./ Schneider H. (Hrsg.): Das Konsensproblem in der politischen Bildung, Stuttgart 1977, S. 179 27 Schwierigkeiten sind eher dann zu befürchten, wenn angestrebt wird, lern- und abprüfbare Eindeutigkeiten festzuhalten. 28 Der Schüler selbst „erlebt die Diskrepanz zwischen dem […] Bestreben, seine Persönlichkeit zu entwickeln und seine Individualität behaupten zu wollen, und der sozialen Notwendigkeit, persönliche Verhaltensweisen an ge-samtgesellschaftliche Belange anpassen zu müssen. […] Er spürt das Vorhandensein von politischen und wirt-schaftlichen Machtstrukturen und empfindet diese teils als hinderlich für die Verwirklichung der eigenen Entfal-tungsmöglichkeiten, teils aber auch beruhigend als Ausdruck eines vorhandenen Ordnungssystems.“ Aus: Lehr-plan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 74 29 Beim Fallprinzip, das die Besonderheit des Exemplarischen verkörpert und das einen Ausschnitt aus der ge-sellschaftlichen Wirklichkeit darstellt, ist es besonders gut machbar, die Bereiche Politik, Gesellschaft und Wirt-schaft im Verbund zu betrachten.

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2.5 Prinzip des learning by doing und des exemplarischen Lernens „Man kann sich Vorstellungen und Begriffe nicht in fertiger Form einverleiben. Man muss sie nachschaffen, konstruieren. Nur dann sind sie etwas wert. Dem Begriff geht das Begreifen voraus, der Einsicht das Einsehen.“30 Erreichen lassen sich die inhaltlich-didaktischen Zielsetzungen mithilfe eines praxis- und er-fahrungsorientierten, eines problem- und handlungsorientierten Unterrichts, der den Schüle-rinnen und Schülern (direkte) Bezüge zu ihrer eigenen Lebenswirklichkeit ermöglicht. Gerade ein exemplarisches Lernen ermöglicht ein Lernen nicht durch das Tun allein (learn-ing by doing), sondern „ein Lernen aus und durch Erfahrung“: weniger, aber das gründlicher, um wirkliches Verstehen zu fördern und nicht nur angelerntes Wissen beim Abfragen relativ unreflektiert wiederzugeben. „Wer einmal erlebt hat, dass es möglich ist, selbst etwas herauszufinden, zumindest vorläufi-ge Antworten auf solche Fragen an die […] [Politik] zu erhalten [z. B. Wie versuchen politi-sche Machthaber bzw. Wirtschaftskonzerne ihre Macht zu sichern? Woran können diese Bemühungen scheitern? Welchen Einfluss haben geografische Lage, Klima, Technik oder Religion auf die derzeitigen Entwicklungen in den einzelnen Staaten?], der wird sie hoffent-lich nicht mehr als etwas Langweiliges empfinden, das man eben notgedrungen auswendig lernen muss. Der wird hoffentlich neugierig werden, ob man nicht auch vieles, was einem bis dahin nur wie ein unabwendbares Schicksal erschienen ist, sich durch seine Vorgeschichte oder seine Begleitumstände besser verstehen ließe.“31 Sozialkundeunterricht, der parallel zum wirklichen Geschehen aktuelle Fälle in den Mittel-punkt seiner Betrachtung rückt und aus dem besonderen Fall das Verallgemeinerbare her-ausarbeitet, sollte nicht nur im Sinne des Aktualitätsprinzips der Vorzug gegeben werden, sondern auch deshalb, weil hier die Lebenswelt der Schüler bei der Themenwahl maximal berücksichtigt werden kann.

30 H. Aebli: Zwölf Grundformen des Lehrens, Stuttgart 1983, S. 182 31 Enja Riegel: Schule kann gelingen! Wie unsere Kinder wirklich fürs Leben lernen. Die Helene-Lange-Schule Wiesbaden, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 446, Bonn 2004, S. 32 f.

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2.6 Prinzip des handlungsorientierten Lernens Schülerinnen und Schüler lernen weniger nur durch die Vermittlung theoretischen Fakten-wissens, sondern vielmehr durch Beispiele und eigenes Handeln. Handlungsorientiertes Lernen bedeutet immer einen offenen, schülerzentrierten Unterricht des Lehrenden, sollte aber keinesfalls in einseitige, fragwürdige Geschäftigkeit und Bastelei der Schüler ausarten und dort verharren.32 Den Sozialkundeunterricht am Handeln auszurichten ist eine große Chance, die Schüler von Anfang an bei der Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts zu beteiligen so-wie Kopf- und Handarbeit in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen. Voraus-setzung ist, dass nicht jede Stunde handlungsorientiert sein kann, da Schüler sich z. B. vor Beginn eines Konferenzspiels erst einmal grundlegende und umfassende Kenntnisse über das dort zu behandelnde Problem angeeignet haben müssen, u. U. auch in einem lehrer-zentrierten Unterricht.33 Auch für die Problemorientierung sind schüler-/handlungszentrierte Arbeitsformen von gro-ßem Vorteil (z. B. Brainstorming anhand einer „Placemat“34 in Partner-/Gruppenarbeit oder die Erarbeitung einer neuen Unterrichtseinheit mithilfe von Stamm-/Expertengruppen). „Nur 20% behalten wir von dem, was wir hören, und nur wenig mehr, nämlich 30% von dem, was wir sehen. Von dem, was wir selber sagen/formulieren können, behalten wir dagegen 80% und gar 90% von dem, was wir selbst tun.“35 Formen handlungsorientierten Lernens Reales Handeln

Simulatives Handeln

Produktives Gestalten

Erkundungen, Praktika; Expertenbefragungen; Straßeninterviews; Projektinitiativen; Fall-/Sozialstudien; Schulsprecherwahl; Schülerzeitung; Partizipation im Unterricht;

Rollenspiele; Planspiele; Entscheidungsspiele; Konferenzspiele; Pro-und-Kontra-Debatten; Hearing; Tribunal; Zukunftswerkstatt;

Tabelle, Schaubild, Tafelbild; Flugblatt, Plakat; Wandzeitung; Ausstellung; Reportage, Hörspiel, Diareihe, Video; Fotodokumentation; Referate, Wochen- bzw. Monatsberichte; Rätsel, Quiz, Lernspiele;

Methodentraining mit Schülern36

als notwendige Grundlage handlungsorientierten Lernens

32 Die handlungsorientierte Projektarbeit im Sozialkundeunterricht muss einen Lerngewinn der Schüler garantie-ren können und darf nicht nur oberflächlicher Aktionismus oder bloße Spaßveranstaltung sein. 33 Vgl. dazu ein Konferenzspiel zum Thema „Arbeitslosigkeit – Die Soziale Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand“ in Hans-Jürgen Smula: Ansätze für einen handlungsorientierten Sozialwissen-schaftsunterricht in der Realschule, in: PÄD Forum Nr. 1/2003, S. 6 - 9 34 Die „Placemat Activity“ (engl. Placemat = Platzset, Tischdeckchen) ist eine Form der Gruppenarbeit, ein Be-standteil des Kooperativen Lernens, der auch der Civic Education angehört. Die Klasse wird dabei in Gruppen von je 4 Schülern aufgeteilt, die alle denselben Auftrag zu einem bestimmten Thema bekommen (z. B. Was ver-steht ihr unter Demokratie?) und pro Gruppe ein vorbereitetes Placemat erhalten (vier freie Felder außen + ein freies Feld in der Mitte des Blattes zum Beschriften): Jeder Schüler schreibt in einer vorher genau festgelegten Zeit (5-10 Minuten) seine Gedanken zum gegebenen Thema auf seinem freien Feld des Placemat auf; erst da-nach bekommen die Gruppen den Auftrag, ihre Antworten in dem mittleren Feld jedes Placemat innerhalb weni-ger Minuten zusammenzufassen und abschließend als Arbeitsergebnis ihrer Gruppe der ganzen Klasse zu prä-sentieren. 35 K. Witzenbacher: Handlungsorientiertes Lernen in der Hauptschule, Ansbach 1985, S. 17 36 Vgl. Heinz Klippert: Handlungsorientierter Politikunterricht, in: BpB (Hrsg.): Methoden in der politischen Bildung – Handlungsorientierung, Bonn 1991, S. 13

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2.7 Prinzip des problemorientierten Lernens Die Welt als Aufgabe?! Probleme lösen und selbstbestimmt lernen können sind Schlüsselkompetenzen, die in der Schule erworben werden sollten.37 Da bekannt ist, dass schulische Aufgaben von den Lernen-den nur angenommen werden, wenn sie einen Bezug zu ihrer Welt haben, sollten in der Schule gestellte Aufgaben also den Aufgaben im Leben abgeschaut werden. Auswahl relevanter problemorientierter Themen-/Aufgabenstellungen Ein Problem wird generell von Menschen dann gesehen, wenn Theorie und Praxis, Absicht und Wirkung, Wunsch und Wirklichkeit nicht übereinstimmen, was eigentlich immer der Fall ist - nur manchmal eben mehr oder weniger offensichtlich. Damit nicht alles zum Problem gemacht wird (und damit nicht auch noch künstliche Proble-me geschaffen werden, wie z. B. Eheprobleme prominenter Politiker, mit denen sich die Re-genbogenpresse nur allzu gern beschäftigt, und damit von den eigentlichen gesellschaftli-chen, wirtschaftlichen und politischen Problemen nur ablenkt), können Probleme ausgewählt werden nach ihrer

- Unerträglichkeit (für Betroffene), - Dringlichkeit (Gefährdungspotentiale, Relevanz) und - Ungewissheit (ausstehende Problemlösung).38

Für den Sozialkundeunterricht stellt sich damit weiter die Frage, was Kinder und Jugendliche lernen sollen, um die heutige Situation begreifen und ihre Lebensbedingungen in solidari-scher Kooperation mit anderen verbessern zu können?39 Problemorientierte Themen-/Aufgabenstellungen in Sozialkunde sind z. B.

- Sozialisation und Medien - Gefahr oder Chance? - Geschlechterrollen - traditionell oder liberal? - Wertesysteme in der Gesellschaft - kann es mehrere nebeneinander geben? - Spielregeln des Zusammenlebens - gibt es sie wirklich? - Gewalt und Extremismus - eine Gefahr für Menschenwürde und Demokratie? - Werteorientiertes Handeln in Wirtschaft und Politik - Ökonomie kontra Werte? - Pressefreiheit und Wahrung der Menschenwürde - machbar oder nicht vereinbar? - Sozialstaat - funktioniert er in Deutschland (bzw. Europa)? - Standortfrage/Standortwettbewerb vor dem Hintergrund eines sich erweiternden Euro-

pa (bzw. der Globalisierung) - wohin? - Digitaler Graben - Zugang zu den neuen Medien als Ausgangspunkt für die Teilhabe an

der Welt? Problemfindung, Problemlösung, Reflexion Bei der Problemorientierung geht es nicht allein um die Klärung der einfachen W-Fragen (Wer, Was, Wo?), sondern um

- eine neue Sicht der Dinge, indem vermeintlich Selbstverständliches als fragwürdig er-scheint,

- ein Einfordern befriedigender Antworten auf die gestellten Fragen, um eigenes Handeln danach ausrichten zu können, und um

- die Manifestierung des Übergangs vom bloßen Fragen zum Problembewusstsein.

37 Vgl. Der Rat für Forschung, Technologie und Innovation: Kompetenz im globalen Wettbewerb – Perspektiven für Bildung, Wirtschaft und Wissenschaft; Feststellungen und Empfehlungen, Bonn 38 Tilmann Grammes: Problemorientiertes Lernen. In: Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung. Grundlagen, Methoden, Aktionsformen. Wochenschau Verlag, Schwalbach/Taunus 1999, S. 209 39 Siehe Tilman Grammes: Problemorientiertes Lernen. In: Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung. Grundlagen, Methoden, Aktionsformen. Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Taunus 1999, S. 209

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Die drei Schritte der Problemfindung, der Problemlösung und der Reflexion40 über die daraus resultierenden Meinungen oder Handlungskonsequenzen zwingen nicht nur den Unterrich-tenden zum wiederholten Reflektieren über die Verknüpfung seiner Lebens- und Erfah-rungswelt mit politischen oder wirtschaftlichen Sachverhalten, sondern auch den Schüler.41 Und weil man die Lernenden damit herausfordern kann, selbst nach einem Weg für die Lö-sung eines Problems zu suchen oder eine Antwort auf die gestellte Frage zu finden, sollte das Prinzip des problemorientierten Lernens im Sozialkundeunterricht fest verankert sein. Was zeichnet problemorientierte Lernangebote gegenüber anderen aus? Da problemreduzierende Aufgaben vom Lehrenden gefunden werden müssen, die geeignet sind, zur Lösung eines (meist komplexen) Problems beizutragen, zeigt sich hier ein eher an-spruchsvoller Aufgabentyp (Welche Aufgaben müssen be-/erarbeitet werden, um zur Prob-lemlösung beitragen zu können?). Durch das annähernde Lösen einer solchen Aufgabe be-kommt der Lernende einen ganz speziellen Blick auf die Welt, der in einem Ausschnitt das Allgemeine darstellt, und gewinnt im Kontext damit auch eine besondere Einstel-lung/Werthaltung. Durch das Problemlöselernen entsteht eine anspruchsvolle Aufgabenkultur, die eine ent-scheidende Funktion im Lernprozess hat: Anspruchsvolle Aufgaben

- motivieren durch ihre Komplexität, - verlangen eigenständiges Denken und Strukturieren eines Problems und fordern den

Lernenden damit kognitiv heraus, - sind offen gestaltet und lassen damit unterschiedliche Lösungswege zu - auch auf un-

terschiedlichen Anforderungsstufen. Zu große Kleinschrittigkeit und reduzierte Komplexität bei den Lösungen sind im Gegensatz dazu oft kontraproduktiv fürs Lernen. Allerdings darf man bei den Aufgabenstellungen nicht als gegeben annehmen: „je offener, desto besser“. Die Aufgaben müssen auf jeden Fall zielgerichtet sein und sie müssen auch der Lerngruppe und dem in der jeweiligen Phase zu erarbeitenden Unterrichtsstoff ange-passt werden. Die Schüler machen also aufgrund ihrer Beschäftigung mit der problemorientierten Aufga-benstellung im Sozialkundeunterricht bestimmte Grunderfahrungen mit sich und der Welt:

- Sie entwickeln Interesse für die bestehende Welt und erschließen sich diese zuneh-mend (sie erkennen Phänomene und Gesetzmäßigkeiten, sie begreifen Verhältnisse und Zusammenhänge, sie versuchen die Menschen und ihre Geschichten zu verste-hen).

- Sie werden aktiv tätig in der Auseinandersetzung mit den Bedingungen, die das Leben auf der Erde den Menschen auferlegt (sie gestalten ihre Umwelt, sie schaffen und pro-duzieren „Dinge“, sie kommunizieren und interagieren mit ihren Mitmenschen).

- Sie werden sich der Vielfalt an Orientierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bewusst, die das Leben heute bietet, beurteilen diese und suchen eine Entscheidung für ihren eigenen Lebensweg zu finden.

Mit problemorientierten Aufgabenstellungen kann man das Leben in Ausschnitten in die Schule holen. Man kann den Schülern dadurch Anreiz bieten und Gelegenheit schaffen, in

40 Portfolio bzw. Lerntagebuch spielen im Zusammenhang mit der Reflexion eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Lernenden lernen dabei sich selbst und ihre Leistung realistisch einzuschätzen, sich während des Arbeitspro-zesses verändernde Einstellungen und Wertehaltungen bei sich selbst wahrzunehmen und so eine Reflexionsfä-higkeit für ihr eigenes Handeln zu entwickeln. 41 Vgl. dazu Uwe Uffelmann: Problemfindung, Problemlösung, Reflexion. Problemorientierter Geschichtsunterricht in der Praxis, in: Praxis Geschichte, Heft 5/1998, S. 4-8

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einem solcherart vorgestellten „Leben“ mögliche Aufgaben für sich zu entdecken, sie zu for-mulieren und ihnen nachzugehen.42 Gestellt werden dürfen aber keinesfalls triviale, unzweckmäßige und entmutigende problem-orientierte Aufgaben, sondern ausschließlich für die geistige Entwicklung der Lernenden re-levante, angemessene und ermutigende Lernaufgaben. 43 Doch diese anspruchsvollen Aufgaben erfordern beim Lehrenden

- eine große Sensibilität für die Wahrnehmung der Welt durch die Lernenden (zeigt sich z. B. in einer entsprechenden Materialwahl),

- erfordern Geschick (z. B. für eine klare Strukturierung und Zielgerichtetheit) und - benötigen Kreativität (z. B. bei der Umsetzung einer Lernaufgabe in passende sinnvolle

Schüleraktivitäten). Wo liegt der Unterschied zwischen Aufgaben im herkömmlichen Sinn und problemori-entierten Aufgabenstellungen? Bei den in Schulbüchern und Leistungskontrollen verwendeten Aufgaben im herkömmlichen Sinn, die nur reproduzierendes Wissen oder beschreibende Fähigkeiten verlangen, liegt der Schwerpunkt häufig noch immer auf dem Aspekt „Aneignung von Wissen und Fertigkeiten“. Aufgabenstellungen im herkömmlichen Sinn sind zwar im Stande, reproduktives Wissen zu vermitteln (z. B. Wiedergeben von Sachverhalten, Kennen von Arbeitstechniken44), was durchaus notwendig ist, sie dringen darüber hinaus aber kaum in höhere Anforderungsberei-che vor (z. B. selbstständiges Erklären/Anwenden des Gelernten/Verstandenen bzw. An-wenden von fach- und sachadäquaten Methoden und Arbeitstechniken45, problembezoge-nes/-lösendes Denken/Urteilen/Begründen bzw. Beurteilen von Methoden46). Problemorientierte Aufgabenstellungen dagegen fordern vom Schüler

- eine permanente aktive und selbstständige Erarbeitung des Problems ein, - bieten die Möglichkeit einer Vernetzung mit zurückliegenden Stoffgebieten, - fördern die Entwicklung von allgemeinen/adäquaten Grundvorstellungen und - schaffen meist auch noch die Möglichkeit einer Differenzierung innerhalb der Lerngrup-

pe. Reproduktionsaufgabe

Problemorientierte Aufgabenstellung

z. B. Beschreibung und einfache Auswer-tung eines Schaubildes zum demografischen Wandel als alleinige Aufgabenstellung.

z. B. Beschreibung und Auswertung eines Schaubildes zum demografischen Wandel als Grundlage für eine weiterführende prob-lemorientierte Aufgabenstellung, z. B. um den damit zusammenhängenden Wandel arbeitsteilig erarbeiten zu können, der sich am Arbeitsmarkt, bei den Rentenbeiträgen, bei der Berufsfindung und der Lebens-/Familienplanung der Jugendlichen usw. abspielt, und ihn in den größeren Zusam-menhang des derzeitigen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umbruchs stellen zu können.

42 Vgl. dazu auch das Friedrich Jahresheft 2003: Aufgaben. Lernen fördern - Selbstständigkeit entwickeln, Seelze 2003 (Friedrich Verlag) 43 Vgl. dazu Manfred Spitzers Aussage zur Lernleistung/Merkfähigkeit des Gehirns, die umso größer ausfällt, desto positiver die „Lernumgebung“ gestaltet wird. 44 Vgl. Anforderungsstufe I für die Leistungsmessung 45 Vgl. Anforderungsstufe II für die Leistungsmessung 46 Vgl. Anforderungsstufe III für die Leistungsmessung

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Wie entwickelt man problemorientierte Aufgabenstellungen? Relativ schnell ergeben sich Veränderungen in der Aufgabenkultur eines Unterrichtenden, wenn er z. B. Schulbuchaufgaben oder die letzten Leistungsnachweise bewusst dahinge-hend untersucht, ob sich Vernetzungsmöglichkeiten zu einem bereits behandelten Themen-bereich ergeben, ob sich Argumentationsanlässe finden lassen (z. B. für eine Pro-Kontra-Debatte), ob die Aufgaben noch zu stark auf Wissen und Fertigkeiten abzielen oder ob be-reits Argumentationen (Warum ist das so?) und Verallgemeinerungen (Ist das immer so?) eingefordert werden können. Lehrer versteht sich als Moderator Problemorientiertes Denken und Arbeiten ermöglicht den Schülern bei der Bewältigung ihrer Aufgaben in der Schule wie zu Hause eine größtmögliche Selbstständigkeit: Die unterrich-tende Lehrkraft gibt ihnen das methodische Werkzeug an die Hand, das Recherchieren, Er-arbeiten und Präsentieren verläuft dann im Idealfall relativ eigenständig. Eine erweiterte Internetrecherche der Schüler zu einer Problemstellung erweist sich hier als vorteilhaft, weil sie sowohl die Erarbeitung zahlreicher inhaltlicher Aspekte ermöglicht als auch das Kennenlernen unterschiedlicher politischer und ökonomischer Positionen, Haltun-gen und Lösungsvorschläge - aufgrund der vernetzten Struktur des Internet ist der Blick über den „Tellerrand“ quasi inbegriffen. Der Lehrer übernimmt in diesem schülerzentrierten Unterricht mehr und mehr die Rolle eines Moderators und eines Beraters als die eines Dozenten - nicht die Lehrenden stehen im Mit-telpunkt, sondern die Lernenden. Die im Falle problemorientierten Arbeitens eingeforderten offenen Lernformen verlangen vom Lehrenden allerdings ein hohes Maß an inhaltlicher und methodischer Vorbereitung. Situations-, Fall- und Problemorientierung, exemplarische Fallanalysen und das Aktualitäts-prinzip ermöglichen bei den Lernenden den Transfer und die Verknüpfung erworbenen Wis-sens mit neuen Sachverhalten.47 Variieren von Aufgaben durch die Lernenden selbst Ganz neue Aspekte eröffnet das Variieren von Aufgaben durch die Lernenden selbst (z. B. als Vorbereitung auf eine Leistungserhebung). Wenn man in der Lage ist, selbstständig eine Aufgabe umzuformulieren - z. B. einen ande-ren Aspekt in die Fragestellung einzubringen -, dann gibt es auch weniger Probleme mit un-gewohnten Fragestellungen bei Lernzielkontrollen und Leistungserhebungen. Viele Schüler sind mittlerweile auf bestimmte Arten von Fragestellungen fixiert und fühlen sich dement-sprechend hilflos, wenn selbst kleine Formulierungsänderungen vorgenommen werden.

47 Vgl. Edgar Weick: Exemplarisches Lernen, in: Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 1999, S. 274

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2.8 Prinzip des Lernens durch Methodenvielfalt Eigenaktivität und Selbsttätigkeit der Schüler, die durch Methodenvielfalt und offene Lernsi-tuationen gefördert werden sollen, tragen dazu bei, der derzeit spürbaren Gleichgültigkeit vieler Jugendlicher gegenüber Gesellschaft und Politik entgegen zu wirken. Methoden, die im sonstigen Unterricht eine eher untergeordnete Rolle spielen, übernehmen im Sozialkundeunterricht eine führende Rolle (z. B. Brainstorming und Mindmap, Zettelwand, Blitzlicht, Plan- und Simulationsspiele, Rollenspiele, Debatten, Umfragen und ihre Auswer-tung). Da nicht alle Methoden an dieser Stelle genannt und beschrieben werden können, sei statt-dessen auf die Handbücher zur politischen Bildung und allgemeines Methodentraining ver-wiesen, die sich umfassend mit ihrer Darstellung befassen.48 Welche Methode eignet sich wofür? Wichtige, bei der Planung des Sozialkundeunterrichts zu berücksichtigende methodische Aspekte sind u. a.,

- dass komplexes Geschehen in kleinere Einheiten gegliedert werden muss, die sich durchaus in vielen Bereichen gegenseitig durchdringen,

- dass sowohl Lern- als auch Kommunikationsprozesse anhand der entsprechenden Me-thodenauswahl strukturiert und deshalb genau geplant werden müssen,

- dass jedes systematische Vorgehen auch immer geprägt ist vom Thema, dem Interes-se und den Vorkenntnissen der Schüler und etlichen anderen Variablen.

Methoden des Faches Sozialkunde – eine Auswahl Es gibt sie nicht, die allgemeingültige Methode des Sozialkundeunterrichts. Als besonders geeignete methodische Möglichkeiten stellen sich aber die folgenden dar:

- Das handlungsorientierte und projektbezogene Arbeiten eignet sich insbesondere beim

Durchführen eigener Untersuchungen und Fallanalysen (mit Lernpartnern und in Teams, u. a. auf der Basis von Erhebungen und Umfragen, der Auswertung von Quel-len und Statistiken).

- Die Begegnung mit Experten, Entscheidungsträgern und Betroffenen auf außerschuli-

scher Ebene hilft den Kontakt zur Realität unmittelbar herbeizuführen (z. B. zu aktuel-len gesellschaftspolitischen, wirtschaftlichen oder kommunalpolitischen Themen).

- Das Einbeziehen und Nutzen neuer Kommunikations- und Informationstechnologien,

um Medienkompetenz im Sinne einer zunehmend wichtiger werdenden Basiskompe-tenz vermitteln zu können, soll den Schülern den Stellenwert der Medien und deren Einfluss auf ihr eigenes Leben klar machen (Mediennutzung u. a. zur eigenständigen Recherche, zum Erfahrungsaustausch untereinander, zur Kommunikation mit politi-schen Akteuren oder Experten, zur Präsentation ihrer Arbeitsergebnisse) und hand-lungsorientierten Unterricht einmal anders als bisher umsetzen helfen. Zu verweisen wäre auch auf die besonderen methodischen Zugänge, die Medien bieten (z. B. Bilder und Karikaturen, Zeitung, TV-Nachrichtensendungen, Film, Internet) und die Schülerin-nen und Schüler aufgrund ihrer sonstigen Medienerfahrungen und ihres Medienkon-

48 Vgl. Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 1999; S. Frech, H.-W. Kuhn, P. Massing (Hrsg.): Methodentrainer für den Politikunterricht, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2003; Wolfgang Sander (Hrsg.): Handbuch politische Bildung, Reihe: Politik und Bildung, Wo-chenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2004³ in Vorbereitung; Heinz Klippert: Kommunikationstraining. Übungsbau-steine für den Unterricht, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1995, 9. Auflage 2002 u.a.m.

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sums heute mehr denn je ansprechen.49 Digitale Medien können gesehen werden als Instrumente politischer Partizipation, als (interaktive) Lernumgebung oder einfach nur als Möglichkeit der Auseinandersetzung mit der politischen Relevanz der (neuen) Me-dien. Gerade wegen der Aktualität, Breite, Pluralität und Authentizität des dort zur Ver-fügung stehenden Materials ist das Internet mittlerweile zu einem unverzichtbaren Me-dium für die politische Bildung geworden.50

- Durch das Initiieren und Durchführen von Rollen-, Plan- bzw. Simulationsspielen lernen

die Schüler als handelnde Persönlichkeiten zu agieren, die an der Lösung dringlicher Probleme interessiert sind (u. a. gehört hierzu das interaktive Lernen von Politik bei POL&IS als einer Simulation von Politik und Internationaler Sicherheit, aber auch das Erstellen von Wahlprognosen, eine Wahlsimulation im Klassenzimmer, das abschlie-ßende Vergleichen eigener Wahlergebnisse mit den offiziellen Wahlergebnissen einer gleichzeitig stattfindenden Bundes-, Landtags- oder Europawahl).51

- Die Beteiligung an Wettbewerben zur politischen Bildung (z. B. Bundeswettbewerb „Ju-

gend debattiert“, Schülerwettbewerb „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn“) er-möglicht optimal die Kombination von theoretischem Wissen und praktischer Anwen-dung.

- Das Entwickeln und Mitgestalten eines Schüleraustauschs (z. B. im Rahmen der euro-

päischen Osterweiterung zum besseren Verständnis der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lage der neuen EU-Beitrittsländer u. U. mit einer Schule in einem osteuropäischen Land) erweitert nicht nur den geistigen Horizont der Schüler, sondern hilft auch Vorurteile gegenüber anderen Rassen und Nationen abzubauen und Hemm-schwellen bei der Aufnahme zwischenmenschlicher, nachbarschaftlicher Beziehungen zu verringern.

- Das gemeinsame Erarbeiten eines Ausstellungs-/Dokumentationskonzepts zu einem

gesellschaftlichen, politischen und/oder wirtschaftlichen Themenbereich, dessen Inhal-te im Anschluss daran während des Sozialkundeunterrichts erarbeitet werden, und das anschließende Präsentieren der Ergebnisse im Rahmen einer Ausstellung/Dokumen-tation (Erarbeitung z. B. auch denkbar im Rahmen eines längerfristigen Projekts) erlau-ben den Schülern eine weitgehend selbstständige und selbsttätige Arbeitsweise, die sie auf die im späteren Berufsleben unverzichtbare Team- und Projektarbeit vorbereitet.

- Dasselbe gilt für das Erstellen von Untersuchungsberichten und Dokumentationen (als

Wandzeitung z. B. zu aktuellen politischen Ereignissen) sowie für das Vorbereiten und Durchführen von Diskussionsveranstaltungen (z. B. mit außerschulischen Partnern aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu aktuellen Themen).

- Das Verfassen von Artikeln für die Schülerzeitung und den Jahresbericht der Schule er-

laubt ein Nachdenken über den Pausenverkauf an der eigenen Schule (z. B. die Zu-sammensetzung des Angebots bei Essen und Getränken, den Preisvergleich mit dem Supermarkt, besondere Aktionstage) ebenso wie eine Reflexion über größere gesell-schaftspolitische und ökonomische Zusammenhänge im Umfeld der Schule oder des Wohnortes (z. B. der Wunsch nach der Einrichtung einer Skateranlage für Jugendliche kollidiert mit den Wünschen älterer Mitbürger nach mehr Grünanlagen, Parkbänken und Ruhezonen).

49 Vgl. Klaus-J. Engelien, Rainer Kohlhaas, Bernd Rückwardt, Thomas Simon: Medien als Schlüssel für didakti-sche und methodische Zugänge in der politischen Bildungsarbeit, in: Multiplikatorenpaket „Einmischen“, Wochen-schau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2001, Kap. 6, S. 1 ff. 50 Wolfgang Sander: Politik in der Schule. Kleine Geschichte der politischen Bildung, Ausgabe der Bundeszentra-le für politische Bildung, Bonn 2003, S. 155 51 Eine Testversion des vom 4. bis 21. September 2003 bei der Landtagswahl in Bayern eingesetzten Wahl-O-Mat, der auch die Europawahl 2004 begleitet hat, ist inklusive dazu erstellter Unterrichtsbausteine bei der Bun-deszentrale für politische Bildung abrufbar unter: http://www.bpb.de/methodik/TXWXL5,0,0,Wahl-O-Mat.html

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3 Komponenten einer Unterrichtsqualität, die im Fach Sozialkunde eingefordert werden52

3.1 Strukturiertheit und Klarheit Lehrplaninhalte und Lehrplanziele Lehrplaninhalte zu Schuljahresbeginn mit den Schülern besprechen und Begriffe definieren:

- Worum geht es im Fach Sozialkunde in der 10. Jahrgangsstufe? Was versteht man un-ter dem Schulfach „Sozialkunde“?

- Welche Inhalte fachlicher und methodischer Art werden während des Schuljahres ver-mittelt?

- Warum behandelt man gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Inhalte in einem Fach? usw.

Lehrplanziele mit den Schülern zu Schuljahresbeginn besprechen, auch wie man diese ge-meinsam mit den Schülern während des Schuljahres erreichen will:

- Hierzu zählt das Erreichen einer sozialen Kompetenz durch Kommunikationstraining in Pro-Kontra-Debatten, Rollenspielen, Referaten bei arbeitsteiliger Gruppen-/Teamarbeit ebenso wie

- das Erreichen politischen Interesses und eigener politischer Handlungsfähigkeit/-kompetenz durch praxisnahe Beispiele aus dem Umfeld der Schüler, anhand derer man politische Einflussnahme/Willensbildung ausprobieren, nachvollziehen oder expe-rimentell nutzen kann.53

3.2 Kognitive Aktivierung der Schülerinnen und Schüler Gemeint sind hierbei u. a. anspruchsvolle Aufgabenstellungen, die sinnvolle Nutzung von Hausaufgaben und der konstruktive Umgang mit Fehlern. „Schule ist langweilig, weil Schüler nicht gefordert werden […] bis an ihre Grenzen zu ge-

hen, und keiner von ihnen erlebt, wie sie selbst oder andere Mitschüler viel mehr können, als normalerweise von ihnen verlangt wird. […] Formeln auswendig lernen, ab und zu ab-gefragt werden - das sind, auch in den Augen der Jugendlichen, keine Herausforderun-gen. Wenn das alles ist, was Schule zu bieten hat, braucht sich niemand zu wundern, wenn Jugendliche der Schule überdrüssig werden.“54

52 Entwickelt in Anlehnung an den Beitrag von Prof. Dr. Eckhard Klieme „Der Beitrag der Bildungsstandards zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung an Schulen - Implementation, Weiterentwicklung und Nutzung der Standards“ auf der KMK-Fachtagung am 02.04.2004 in Berlin. 53 Vgl. dazu auch H. Roth, zit. nach: W. Mickel: Methodik des politischen Unterrichts, Frankfurt/Main, 4. Auflage 1980, S. 183: „Alle Lehr- und Erziehungshandlungen, die mit Lernprozessen arbeiten, die festlegen, konditionie-ren, dressieren, kanalisieren, die Lernziele für gesetzt und vorgegeben annehmen, ohne die kritische Einsicht in die Ziele zu eröffnen, ohne die Reflexion und Antizipation von Zielen selbst zu Lernprozessen zu machen, die keine Erarbeitung möglicher Alternativen zulassen und keine zunehmende Einsicht in die Lernwege und ihre Technik, in Strategie und Taktik, lassen die eigene Lernfähigkeit nicht zu einem autonomen Werkzeug der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung werden, sondern belassen sie auf einer Vorstufe, bei der die Fremd-bestimmung überwiegt.“ 54 Enja Riegel: Schule kann gelingen! Wie unsere Kinder wirklich fürs Leben lernen. Die Helene-Lange-Schule Wiesbaden, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2004, S. 80

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Diagnostische Kompetenz der Lehrkraft Voraussetzung für die kognitive Aktivierung der Schüler ist die diagnostische Kompetenz der Lehrkraft, denn sie muss einfachere von anspruchsvollen Aufgaben nicht nur unterscheiden, sondern auch bewusst stellen können. Durch die Verwendung unterschiedlicher Operatoren in den Aufgabenstellungen (z. B. nenne, erläutere, beurteile) kann man sich auf den einzel-nen Anforderungsstufen relativ sicher bewegen, sowohl als Lehrer als auch als Schüler - man muss aber sinnvollerweise wissen, was man als Lehrer bei den einzelnen Operatoren verlangt, was man als Schüler bei den einzelnen Aufgabenstellungen leisten muss. Anforderungsstufen I - III für die Aufgabenerstellung bzw. Leistungserhebung55 Anforderungsstufe I 1. Wiedergeben von Sachverhalten (Reproduktionsaufgaben) 2. Kennen von Quellenarten, Darstellungsformen, Arbeitstechniken und methodischen Schritten bei der Bearbeitung von Aufgaben nennen, angeben, auf-zählen, wiedergeben

Informationen entnehmen und richtig benannt aus Vorlage oder Wissen aufzählen

zusammenstellen Informationen (meist anhand einer Vorlage) nach bestimmtem System/Prinzip aufreihen

zitieren, belegen aus Material einzelne Stellen wörtlich und mit Zeilenangabe wiedergeben

ein-/zuordnen, abgrenzen vorgegebene Einzelelemente in gelernten (und erkannten) situa-tiven Zusammenhang (logisch, ideologisch, argumentativ) einfü-gen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede erfassen

Anforderungsstufe II 1. Selbstständiges Erklären und Anwenden des Gelernten und Verstandenen 2. Anwenden von fach- und sachadäquaten Methoden und Arbeitstechniken gegenüberstellen, ver-gleichen

Informationen, Sachverhalte, Argumente oder Urteile beschrei-bend einander gegenüberstellen; vergleichen, gewichten

erklären, erläutern Informationen durch eigenes Wissen, eigene Einsichten in einen Zusammenhang (Theorie, Modell, Regel, Gesetz, Funktionszu-sammenhang) einordnen und so kausal begründen

skizzieren, charakteri-sieren

einen Sachverhalt (Ereignis, Ablauf, Zustand) oder ein Fallbei-spiel unter einem leitenden Gesichtspunkt in seinen Grundzügen beschreiben

darstellen, beschreiben einen Sachverhalt umfassend und ausführlich wiedergeben; zusammenhängende Darstellung in einer angemessenen Spra-che

Zusammenhang herstel-len, einordnen

einordnen in einen größeren Zusammenhang – systematisch, chronologisch, thematisch

55 u. a. nach den Einheitlichen Prüfungsanforderungen 1990, S. 13-16 (KMK); ursprünglich für das Abitur konzi-piert, aber auch für die Arbeit an den Standards für den mittleren Bildungsabschluss verwendet.

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Anforderungsstufe III 1. Problembezogenes Denken, Urteilen, Begründen (problemlösendes Denken) 2. Beurteilen von Methoden untersuchen, analysieren an Material oder Information gezielte Fragen stellen, diese be-

antworten und die Antworten begründen

prüfen, überprüfen vorgegebene These oder Hypothese, Erklärung an Fakten oder innerer Logik messen; eventuell Widerspruch erkennen

begründen, argumentie-ren

in zusammenhängender Darstellung komplexen Grundgedanken argumentativ entwickeln (auch unter Verwendung von Material unter Berücksichtigung verschiedener Standpunkte); entschei-dend ist der schlüssige, folgerichtige Gedankengang

beurteilen aufgrund überprüfter Sachverhalte und Zusammenhänge zu einem Urteil kommen

bewerten, deuten

fordert über „beurteilen“ hinaus persönlichen Wertebezug; da eine solche Entscheidung nicht immer verbindlich und allgemein sein kann, müssen Pluralität und Toleranz gewährleistet sein

Bewältigung anspruchsvoller Aufgaben Die Bewältigung anspruchsvoller Aufgaben ist möglich durch andere Lehr-/Lernmethoden, wie z. B. dem kooperativen Lernen nach Norm Green, in dem Teamarbeit - und nicht nur die herkömmliche Gruppenarbeit - eine herausragende Rolle spielt: Durch Teamarbeit (als Partner-/Gruppenarbeit) können schwierigere Aufgabenstellungen bewältigt werden als in sog. Einzelarbeit; zudem geschieht das im Team in wesentlich kürze-rer Zeit, ist also auch zeitlich effektiver. Hierzu muss aber der Unterricht entsprechend um-strukturiert, auf die Verhältnisse vor Ort in der Klasse eingegangen werden. Wesentlich mehr als bei Frontalunterricht/Lehrervortrag muss es hier ein Miteinander und nicht bloß ein Ne-beneinander oder vielleicht sogar ein Gegeneinander geben. Konstruktiver Umgang mit Fehlern Es muss einen konstruktiven Umgang mit Fehlern geben, d. h., aus den Fehlern muss man lernen können. Dazu ist es aber notwendig, dass die Lehrkraft eine Fehlerdiagnose erstellen kann:

- Was war bei der Stoffvermittlung eventuell schief gelaufen? - Kann das Aufnehmen und Sichern des Lernstoffes den Schülern in irgendeiner Weise

erleichtert/effizienter möglich gemacht werden? - Wie kann der einzelne Schüler aus seinen (individuellen) Fehlern lernen? - Wie können bestimmte Fehler vermieden werden (z. B. bei der Erarbeitung von Wissen

aus vorgegebenen Materialien/Texten/Statistiken, bei der Wissensaneignung im Unter-richt/zu Hause, während der Team-/Einzelarbeit, beim Lehrervortrag oder während der Projektarbeit)?

Absolut notwendig ist die Fehlerdiagnose auch aus anderen Gründen:

- Spielen außerschulische/private Gründe für das fehlerhafte Lernen eines Schülers eine Rolle?

- Ist die Motivation des Schülers für die Beschäftigung mit der Unterrichtseinheit gege-ben?

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3.3 Effiziente Klassenführung Ohne an die Methode der Vorlesung zu denken, ist hier

- das Vermitteln möglichst vieler Unterrichtsinhalte - auf einem möglichst hohen Niveau - in möglichst kurzer Zeit gemeint.

Effiziente Klassenführung meint eine möglichst wirksame Steuerung der in jeder Stunde ablaufenden Unterrichtsaktivitäten sowie ihre kontinuierliche Verzahnung mit den individuel-len Lernhandlungen, die jeder Schüler ganz individuell für sich leisten muss.

Kommunikation und kooperatives Lernen „Zu den anderen oder mit anderen überlegt, gezielt und intendiert zu sprechen, zu reden, zu diskutieren, zu debattieren, zu verhandeln, ist keine Kunst, sondern die Notwendigkeit, In-formationen zu empfangen und weiterzugeben, Probleme kooperativ zu lösen, sich mit ande-ren zu verständigen, zwischenmenschliche Beziehungen herzustellen und zu erhalten.“56 - alles in allem eigentlich selbstverständliche Dinge, deren wir aber derzeit mehr und mehr verlustig zu gehen scheinen. Angesichts der zunehmend aggressiver und schwieriger werdenden Schüler, angesichts der einerseits apolitischer und andererseits politisch radikaler werdenden Jugendlichen darf das Thema Kommunikation gerade im Sozialkundeunterricht weder ignoriert noch „nur am Ran-de“ behandelt werden. Vielmehr sollte der gesamte Unterricht dementsprechend konzipiert und durchgeführt werden. Ein kommunikationszentrierter Unterricht und kooperatives Lernen und Arbeiten im Team, auch im Lehrerteam, sind unter bestimmten Voraussetzungen - zu denen z. B. bereits eine veränderte Sitzordnung im Klassenraum gehört - gut durchführbar, wenn auch die schuli-schen Rahmenbedingungen entsprechend sind (offenes und helles Schulgebäude, genü-gend große Klassenräume, überschaubare Schülerzahl usw.). Um Kooperation und Kommunikation im Unterricht verbessern und einüben zu können, müsste Folgendes - vielleicht nicht nur im Sozialkundeunterricht - verändert werden:

- Es müssen vielfältige Kommunikationsanlässe geschaffen werden, in denen die Schü-ler ihr Interesse an der Thematik mit themenzentriertem Sprechen, Argumentieren und Diskutieren unter Beweis stellen können (Debatte, Diskussion).57

- Wenn die Sitzordnung im Klassenraum verändert wird, sollte der Blickkontakt unter den Schülern jederzeit ungehindert möglich sein, Lernplakate (auch z. B. mit den Regeln des demokratischen Zusammenlebens im Schulalltag) oder thematisch gestaltete Pinnwände sollten über eine längere Zeitspanne im Raum verbleiben.

- Vor allem Team-/Partnerarbeit müsste ausgeweitet werden, wobei die Gruppenbildung nicht nach dem Zufallsprinzip ablaufen, sondern geplant und nach bestimmten Regeln gestaltet werden sollte (z. B. im Sinne von Teamübungen aus dem Bereich des sozia-len Lernens).

- Gerade die Einführung und Einhaltung von Regeln spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für kooperatives Lernen und Kommunikati-onstraining.

Auch wenn soziales Lernen (Face-to-face-Interaktionen und dabei erworbene Handlungs-kompetenzen betreffend) und politische Bildung (Fragen des gesamt- und zwischengesell-schaftlichen Zusammenlebens betreffend) zunächst zwei verschiedene Aufgaben der Schule zu sein scheinen, so gibt es doch Überschneidungen, wie die Kompetenzentwicklung im Be-reich des persönlichen Auftretens oder soziale Interaktionen, die gesamtgesellschaftlich prä-

56 D.-W. Allhof, W. Allhof: Rhetorik & Kommunikation, Regensburg 1993, S. 15 57 „Der schnellste Weg, um über eine Sache klar zu werden, ist das Gespräch.“ (Friedrich Dürrenmatt)

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gende Strukturen und Probleme spiegeln (vgl. das Einfordern von Rechten versus das Ein-halten von Regeln/Pflichten im schulischen Alltag genauso wie in der Gesamtgesellschaft). Demokratisches Denken, Lernen und Handeln Da eine weitere wesentliche Aufgabe einer Erziehung zur Demokratie darin besteht, die Schüler zu befähigen, ihre Rollen als Staatsbürger wahrzunehmen, werden „das Wissen und die demokratischen Gewohnheiten, die wir für unsere Schülerinnen und Schüler heute bereit halten, […] darüber bestimmen, ob wir als Demokratie erfolgreich sein werden oder versa-gen, wenn diese Schülerinnen und Schüler beginnen, unsere Zukunft zu planen. Wie [aber] können wir Schülerinnen und Schüler vorbereiten, zu Entscheidungen zu gelangen, die auf den Bedürfnissen aller basieren, wenn wir Unterrichtsmethoden benutzen, bei denen der Lehrer alleine entscheidet, was und wie gelernt wird, wie bewertet wird und welche Regeln für das Verhalten in der Klasse gelten? […] Mit traditionellen Methoden verschenken wir die Gelegenheit, unsere Klassenzimmer zu aktiven Laboratorien zu machen, in denen demokra-tisches Handeln praktiziert werden kann.“58 Wichtig ist deshalb die Förderung demokratischen Denkens und Handelns innerhalb der Klasse und innerhalb der Schulgemeinschaft (z. B. passt der Gedanke einer Klasse/Schule als Polis durchaus zum Sozialkundeunterricht), nicht nur als einzuübende Grundlage unserer demokratischen Gesellschaft, sondern auch als Vorübung für das spätere Erwachsenenle-ben der jetzigen Schüler (z. B. Klassensprecherwahlen als Beispiel demokratischer Wahlen, Schulverfassungen/Klassenregeln als Beispiele demokratischer Regeln/Normen) - vom Klei-nen zum Großen, vom Speziellen zum Allgemeinen. Vor allem soll damit auch eine gewisse Disziplin im Klassenzimmer erreicht werden. Es soll klar werden,

- dass Rechte auch Pflichten bedeuten und umgekehrt, - dass eine gewisse Ordnung vorhanden sein muss, wenn man ein hochgestecktes ge-

meinsames Ziel (in diesem Fall z. B. die Abschlussprüfung am Ende der 10. Jahr-gangsstufe) in angemessener Zeit erreichen will.

Erst eine funktionierende Klassengemeinschaft gewährleistet eine effiziente Klassenführung und damit funktionierendes Lernen. Auch in einer Klasse müssen immer wieder Kooperation (= Zusammenarbeit verschiedener Partner), Konsens (= Übereinstimmung der Meinungen) und Kohärenz (= gleiche Wellenlän-ge und Schwingungsart) verortet und eingeübt werden. Konflikte erkennen, problematisieren und lösen Auch Konflikte müssen als solche erkannt und problematisiert werden, z. B. in einer Pro-Kontra-Debatte im demokratischen Sinne, bei der eine endgültige Lösung unter Umständen als derzeit nicht vorhanden oder derzeit unmöglich von allen akzeptiert werden muss. In der Schule gelerntes Aushalten von Widersprüchen/Konflikten wirkt sich positiv auf das weitere Leben der Schüler aus - sie werden konfliktfähiger, eine wesentliche sozia-le/personale Kompetenz. Gerade angesichts der sich aus dem Erziehungsprozess immer weiter zurückziehenden El-ternhäuser wird das Einüben sozialer Tugenden ebenso wie eine wertorientierte Erziehung im Sinne des Grundgesetzes immer wichtiger.

58 Norm and Kathy Green: Cooperative Learning and Democracy (www.learn-line.nrw.de/angebote/greenline/lernen/grund/demokratie.htm)

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3.4 Schülerorientierung Gemeint ist hier die notwendige Individualisierung, d. h. individuelles Fordern und Fördern, aber auch die inhaltliche didaktische Reduktion und eine entsprechend schülerorientier-te/schülerzentrierte methodische Vermittlung des Unterrichtsstoffes.

Was versteht man unter Schülerorientierung? Schülerorientierung heißt u. a.

- ein individuelles Lerntempo ermöglichen (z. B. durch Differenzierung bei der Aufgaben-/Hausaufgabenstellung) und individuelle Lernmöglichkeiten zugänglich machen (z. B. Internetrecherche oder Bibliotheks-/Archivsuche),

- den Lerninhalt den individuell möglichen Schülerleistungen anpassen (z. B. sowohl durch das Zusammenarbeiten in heterogenen, leistungsmäßig durchmischten Teams als auch in homogenen, leistungsmäßig etwa gleich starken Teams),

- sich thematisch am Schüler und an seinem Interesse zu orientieren, um schwierige Sachverhalte/Themenkomplexe verständlich erklären zu können (z. B. durch problem-orientierte Themen-/Aufgabenstellungen).

Zudem ist die Stimulation von geistigen Schüleraktivitäten gefordert. Lernende sollen nicht über weite Strecken des Unterrichts geistig passiv sein können, weil sie ihr Wissen nur in der aktiven geistigen Auseinandersetzung selbst konstruieren können. Das Verlagern des Unter-richtsgeschehens in Gruppen- und Einzelarbeitsphasen, in denen jeder Schüler zur aktiven Auseinandersetzung aufgefordert ist, hat sich hier bewährt. Schülerorientierung durch problemorientierte Themen-/Aufgabenstellungen Problemorientierte Themenstellungen sollen so oft wie möglich Ausgangspunkt für heteroge-ne Lösungsansätze sein, die von den Schülern selbst entwickelt und anschließend in Dis-kussionen, Gesprächszirkeln (z. B. mit vier illustrativen Gesprächsimpulsen in den Ecken des Klassenzimmers), Pro-Kontra-Debatten (mit einem kontrovers zu diskutierenden Thema) oder einem Planspiel (mit einem mehrstufigen Planungs-/Verhandlungsprozess, in dem sich die Schüler auch im Argumentieren, Verhandeln und Kompromisseschließen üben können) erprobt werden - wobei auch methodisch das demokratische Prinzip in den Mittelpunkt des Unterrichts rückt. Da die „Problemorientierung versucht, das Alltagsdenken durch neue Fragen und Betrach-tungsweisen zu erweitern“,59 sollte, wann und wo immer das möglich ist,

- der Realitätsbezug durch ein Verknüpfen der Alltagswelt des Schülers mit dem Lern-stoff hergestellt werden,

- ein alltäglicher Interessenskonflikt/Interessensschwerpunkt der Schüler mit den über-greifenden gegenwärtigen Entwicklungen, Prozessen und Handlungen in Politik, Wirt-schaft und Gesellschaft verknüpft werden (z. B bei der Problemfrage „Krieg im Kongo – was geht das mich und mein Handy an?“ oder beim direkten Vergleich der Klassen-sprecherwahl mit einer Bundes-/Landtagswahl),

- die gesamte Komplexität eines Themas erarbeitet werden, wobei auch Perspektiven-wechsel und unterschiedliche Problemdefinitionen eine entscheidende Rolle spielen.60

59 Tilmann Grammes: Problemorientiertes Lernen. In: Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung. Grundlagen, Methoden, Aktionsformen. Wochenschau Verlag, Schwalbach/Taunus 1999, S. 207 60 Um mit Goethe zu sprechen: „Das Gleiche lässt uns in Ruhe; aber der Widerspruch ist es, der uns produktiv macht.“

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3.5 Rahmenbedingungen für einen schülerzentrierten, handlungs- und problemorientierten Sozialkundeunterricht Ziel des gesamten Wissenserwerbs im Fach Sozialkunde ist vor allem der Aufbau intelligen-ten Wissens, bei dem jede neue Information mit bereits bestehendem und strukturiertem Wissen verknüpft werden kann. Funktionieren kann dieser Wissenserwerb aber nur, wenn auch

- die emotionale Beteiligung des Lernenden am Lernprozess gegeben ist - wenn er be-troffen ist, d. h., wenn die Verbindung des Lernstoffs zu seiner Welt nicht gegeben ist61 und neu hinzukommender Stoff mit bereits abgespeichertem Wissen verknüpft werden kann,

- und wenn die Atmosphäre im Klassenzimmer insgesamt stimmt. Orientierung an der Wahlpflichtfächergruppe Wichtig ist für die unterrichtende Lehrkraft vor allem eine Orientierung an der von der im Fach Sozialkunde unterrichteten Klasse gewählten Wahlpflichtfächergruppe I, II, IIIa oder IIIb gerade für die Wirtschaftsthemen, da die Wahlpflichtfächergruppe II seit der 7. Jahrgangsstu-fe im Fach Wirtschaft/Recht unterrichtet wird, die Wahlpflichtfächergruppen I und III dagegen erst seit der 9. Jahrgangsstufe. Schüler der Wahlpflichtfächergruppe II kommen mit einem wesentlich umfangreicheren fach-spezifischen Vorwissen im Bereich der Ökonomie in die 10. Jahrgangsstufe als Schüler der Wahlpflichtfächergruppe IIIa (Französisch), die über wenig spezifisches Hintergrundwissen verfügen, oder Schüler der Wahlpflichtfächergruppe IIIb (Sozialwesen), die zumindest über die sozialen Komponenten der Marktwirtschaft oder die sozialstaatliche Prinzipien bereits Bescheid wissen. Zusammensetzung der Klasse Berücksichtigung finden sollte daneben auch die Zusammensetzung der unterrichteten Klas-se,

- geschlechtsspezifisch bezogen auf den Anteil von Jungen und Mädchen in der Klasse62 - oder bezogen auf den Anteil von ausländischen und deutschen Jugendlichen in der Klas-

se/Schule insgesamt - oder bezogen auf den Anteil von bereits 18-Jährigen und den noch Minderjährigen im

Klassenverband u. a. m. Technische Ausstattung der Schule Weiter muss die technische Ausstattung der Schule und des Klassenzimmers beachtet wer-den, bevor man z. B. über eine Internet-Recherche zu einem bestimmten Themenbereich nachdenkt:

- Ist ein Klassenzimmer mit Beamer/DVD/Video ausgestattet? - Ist ein frei zugänglicher PC-Raum vorhanden oder muss man sich schon Tage vorher in

eine Liste eintragen, wenn man den Raum nutzen will? Fazit Auch die Rahmenbedingungen spielen eine entscheidende Rolle für eine effiziente Unter-richtsgestaltung und nachhaltiges Lernen. Nicht vergessen werden darf dabei die Größe der Klasse, die allerdings nicht als Begründung dafür herangezogen werden sollte, ausschließ-lich Frontalunterricht abzuhalten. 61 Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg/Berlin 2002, S. 160 62 Vgl. geschlechtsbezogene Partizipation im Sozialkundeunterricht, im Heft Polis 2/2004

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4 Umsetzung des Fachlehrplans Sozialkunde 4.1 Alte und neue, bekannte und unbekannte Lernorte Lernort Klassenzimmer und Schule Mitgestaltungs- und Partizipationsmöglichkeiten von Jugendlichen ergeben sich vorrangig in der Schule als dem exemplarischen Lernort der Heranwachsenden. Hier können sie selbsttä-tig an der Gestaltung schulischen Lebens mitwirken, Veränderungen anstoßen und zu ihrer Umsetzung beitragen (z. B. bei Klassen-/Schülersprecherwahlen, bei der Schülermitverwal-tung, beim Tutoren- und Streitschlichtersystem, in der Schülerzeitungsredaktion, bei der Er-arbeitung einer Schulverfassung und der Mitarbeit bei der Schulhomepage).

- Insbesondere im Rahmen der Schülermitverwaltung haben alle Schüler die Möglichkeit, „Leben und Unterricht ihrer Schule ihrem Alter und ihrer Verantwortungsfähigkeit ent-sprechend mit zu gestalten“ (Art. 62 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erzie-hungs- und Unterrichtswesen). Verantwortungsbereitschaft, Eigeninitiative, Hilfsbereit-schaft, Toleranz und Entscheidungsfähigkeit als in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Verhaltensweisen werden durch das Engagement eines Schülers bei der SMV herausgefordert und gefördert. Soziales Handeln und die Bereitschaft der Schüle-rinnen und Schüler zur Mitgestaltung ihrer Schule üben darüber hinaus einen bedeu-tenden Einfluss auf das Klima der Schule und damit auf deren erzieherische Wirksam-keit aus.

- Mit großem Erfolg läuft an Bayerns Schulen das Projekt „Zeitung in der Schule“

63, wobei den beteiligten Schülern ein Klassensatz der Tageszeitung über mehrere Wo-chen hinweg zur Verfügung gestellt wird, damit sie sowohl einen sachgerechten und kritischen Umgang mit der Zeitung einüben als auch den politischen Willensbildungs-prozess in unserer Demokratie besser verstehen können64.

- Im bundesweiten, unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten stattfindenden

Wettbewerb „Jugend debattiert“65 werden sprachliche Bildung durch Ausbildung in Re-de, Gegenrede und Debatte (Trainingseinheiten für Schüler und Lehrer) und politische Bildung durch praktisches demokratisches Handeln miteinander verknüpft.

Lernorte außerhalb der Schule Über den eigentlichen Sozialkundeunterricht an der Schule hinaus ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler im Bereich der politischen Bildung zu vertiefen. Der Forderung einer zunehmenden Öffnung der Schule nach außen entsprechen vor allem Projektunterricht, Kontakte mit außerschuli-schen Partnern und die Nutzung außerschulischer „Lernorte“.

Das Spektrum der Möglichkeiten umfasst Unterrichtsgänge in den Nahraum der Schule ebenso wie Lehr- und Studienfahrten:

- Besuch bei Amtsgerichten oder Kommunalverwaltungen, im Rathaus oder beim Bür-germeister; Teilnahme an einer Stadt-/Gemeinderatssitzung oder Jugendgerichtsver-handlung;

63 Das Projekt „Zeitung in der Schule“ wurde vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V. und dem IZOP-Institut zur Objektivierung von Lern- und Prüfungsverfahren initiiert und wird vom Verband bayerischer Verleger gefördert. 64 Seit 1994 gibt es z. B. das Projekt „Zeitung in der Schule“ mit der Süddeutschen Zeitung, andere Zeitungen verfolgen ähnliche Ziele mit eigenen Vorhaben. 65 Vgl. dazu: http://www.jugend-debattiert.ghst.de

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- Besuche beim Bayerischen Landtag („Lernort Landtag“) und bei verschiedenen Mini-sterien („Lernort Staatsregierung“);

- Veranstaltungen der Bundeswehr zu aktuellen Themen der Sicherheitspolitik (Ju-

gendoffiziere des Wehrbereichskommandos IV);66

- Schüleraustausch (mit Partnerschulen in anderen Ländern, aber auch als Austausch von Jugendgruppen und Begegnungen von Jugendlichen aus Ost und West im verein-ten Deutschland);

- Fahrten nach Berlin (Bundesrat/Bundestag, Bayerische Landesvertretung in Berlin)67

und zu den europäischen Institutionen (Europaparlament in Straßburg/Brüssel/Luxem- burg, Europarat und Europäische Kommission in Brüssel, Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main, Europäischer Gerichtshof in Luxemburg, Deutsches und Europäi-sches Patentamt in München)68.

Diverse Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler ergeben sich im Bereich sozialen au-ßerschulischen Engagements, das angesichts der steigenden Fallzahlen von Jugendlichen mit deviantem Verhalten und sozialen Schwierigkeiten zunehmend auch an (therapeutischer) Bedeutung für die Heranwachsenden gewinnt und zu dem die Anstöße vielleicht während des Unterrichts gegeben worden sind (z. B. ehrenamtliches soziales Engagement der Schü-lerinnen und Schüler in Jugendzentren, Behinderteneinrichtungen oder Altenheimen).

66 Vgl. dazu die Angebote der Jugendoffiziere der Bundeswehr für Schulleiter, Lehrer und Schüler sowie das politische, ökonomische und ökologische Aspekte berücksichtigende Plan- und Rollenspiel POL&IS, das die Ju-gendoffiziere für Schulklassen ab Jahrgangsstufe 10 anbieten: www.bundeswehr.de/jugend/jugendoffizier/index.php 67 Die Bedeutung der Bundeshauptstadt als Ziel von Schulfahrten zur politisch-historischen Bildung nimmt zu, weshalb die Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen immer wieder Lehrgänge in Berlin anbietet. Mittlerweile ist an der ALP auch eine Liste erarbeitet worden, die in der Hauptsache Institutionen bein-haltet, die als außerschulische Lernorte der historischen und politischen Bildung dienen können (genannt werden zu diesen Institutionen z. B. thematische Schwerpunkte, (Internet-)Adressen, Kontaktmöglichkeiten, pädagogi-sche Angebote) und die per E-Mail angefordert werden kann ([email protected]). 68 Für Studienfahrten zu Einrichtungen der EU gibt es kaum mehr finanzielle Unterstützungen, aber organisatori-sche Hilfe, z. B. über die Europäische Akademie in München (www.europaeische-akademie.de/index.hph) oder den Europaabgeordneten einer Partei in seinem Wahlbezirk. Direkter Zugang zu den Websites der europäischen Institutionen über www.europarl.eu.int/ (Europaparlament), www.europa-web.de/europa/03euinf/09eugh/aa09gh00.htm (Europäischer Gerichtshof Luxemburg), www.ecb.int/home/html/index.en.html (Europäische Zentralbank Frankfurt/Main), http://europa.eu.int/comm.index_de.htm (Europäische Kommission Brüssel), www.european-patent-office.org/index.de.php (Europäisches Patentamt München).

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4.2 Unterrichtsbeispiele Vorbemerkung Da jeder Unterricht ein einmaliges und nicht reproduzierbares Ereignis darstellt, jede Klasse vom Wissensstand und ihrer Zusammensetzung her unterschiedlich und jeder Lehrer vom anderen verschieden ist, spricht alles gegen die starren Schemata von 1:1 übernommenen Unterrichtsbeispielen. Es spricht aber nichts gegen eine Auswahl an Unterrichtsbeispielen, die - indem sie dem Lehrer Informationen zu einem bestimmten Themen-/Problemkomplex an die Hand geben - nur aufzeigen wollen, wie man ein Problem im Sozialkundeunterricht behandeln kann, aber nicht muss. Unter dieser Prämisse wurden die hier vorgestellten Unterrichtsbeispiele ausgewählt. Um den Lehrern möglichst viel Handlungs- und Gestaltungsspielraum für eigene Unterrichts-ideen zu lassen, wurden die Beispiele so offen und flexibel wie möglich gestaltet. Zusätzliche Anmerkungen der Autoren zur jeweiligen Unterrichtseinheit sowie weiterführende Literatur- und Linktipps runden die vorgestellten Unterrichtseinheiten ab.

Insbesondere sollen die Unterrichtsbeispiele Anregungen sein, wie ein auf die Kooperation von Wirtschaft und Politik ausgerichteter Sozialkundeunterricht nach dem neuen Lehrplan der R6 aussehen könnte.

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4.2.1 Sozialstaatliche Prinzipien - Abschied vom Sozialstaat?

Lehrplanbe-zug

Die soziale Marktwirtschaft mit ihren vielfältigen Teilaspekten und Verknüpfun-gen ist ein zentraler Lerninhalt der 9. und 10. Jahrgangsstufe. Während sich die folgende Thematik auf den Inhalt Sozialkunde 10.5 Maßnahmen/Ziele der Wirtschaftspolitik in der sozialen Marktwirtschaft bezieht, finden sich darüber hinaus weitere Bezüge zu Sozialkunde 10.1 Wir-Gefühl und soziale Rollen, zu Geschichte 9.4, Sozialwesen 9.3, Wirtschaft/Recht 9.2 und 9.4.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

„In einer sozialen Marktwirtschaft hat der Staat die Aufgabe, die marktbedingte Einkommensverteilung zugunsten benachteiligter Gruppen zu korrigieren“. Oder: „Die verfassungsmäßige Festlegung auf den Sozialstaat verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland dazu, soziale Gerechtigkeit in den gesellschaftli-chen Verhältnissen anzustreben“.69 Mit solchen Sätzen (z. B. auf OHP-Folie zum Stundenbeginn) kann ein erster Zusammenhang zwischen den Begriffen „Soziale Marktwirtschaft“, „Sozialstaat“ und „sozialstaatliche Grundsätze“ her-gestellt werden70. Die Thematik sollte dabei mit Karikaturen, Grafiken und pro-vokanten Einstiegsfragen71 aufgelockert werden. Die Frage nach der Notwendigkeit der heutigen Sozialversicherungen darf bei den Schülerinnen und Schülern durchaus zu Kontroversen führen: Die Span-nung zwischen der notwendigen Hilfe für unverschuldet Hilfsbedürftige und der Wunsch nach Selbstbestimmung bei der Daseinsvorsorge spiegelt nicht nur die parteipolitische Diskussion in Deutschland wider, sondern bildet auch eine hervorragende Grundlage für eine kontrovers geführte Diskussion oder eine Pro- und Kontra-Debatte.72 Eine Alternative bietet das Sammeln diverser Zeitungsüberschriften, Zeitschrif-tenartikel oder Website-Inhalte, die von den Schülern in Gruppenarbeit ausge-wertet werden. Die Präsentation der Ergebnisse beziehungsweise eine Ge-genüberstellung der Aussagen kann auf Plakaten erfolgen.73 Bei regem Interesse der Schüler und entsprechender Kompetenz bietet sich als Abrundung der Thematik ein Expertengespräch an, auch um einen Aus-blick in die Zukunft des Sozialstaates zu tun (z. B. Grundrente, Bürgerversiche-rung).

Theoreti-sche Grund-lagen

„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundes-staat.“ (Art. 20 Abs. 1 GG) Das Prinzip der Sozialstaatlichkeit entwickelte sich in Deutschland bereits zwi-schen 1883 und 1889, als das Deutsche Reich als erster Staat der Welt die gesetzliche Sozialversicherung einführte. Nach der Gründung der Bundesre-

69 Steinbügl/Martin: Bürger und Politik, Darmstadt 1995, S. 113 70 Verknüpfung und Wiederholung siehe: Lehrplanbezug des Unterrichtsbeispiels „Sozialstaatliche Prinzipien“ 71 Je nach Lehrerpersönlichkeit und Klasse können z. B. die Fragen an die Schülerinnen und Schüler lauten: „Was stellt ihr euch für eure Zukunft vor?“, „Wollt ihr Kinder?“, „Wer bezahlt dann meine/eure Rente?“ 72 Kontroversität ganz im Sinne des Beutelsbacher Prinzips: Was in Wirklichkeit kontrovers (diskutiert) wird, muss auch so im Unterricht der politischen Bildung dargestellt werden. 73 Auch die Methode der „Zukunftswerkstatt“ könnte hier Anwendung finden.

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publik Deutschland waren besondere sozialpolitische Anstrengungen notwen-dig, um die Folgen des Zweiten Weltkriegs zu beseitigen. Der moderne Sozial-staat steht heute angesichts verschiedenster Problemfelder vor großen Her-ausforderungen. Dabei hat das Fach Sozialkunde die Aufgabe, die Grundlagen sowie die sozialpolitischen und wirtschaftswissenschaftlichen Aspekte der Thematik darzustellen. Die anhaltenden Diskussionen in Politik und Gesellschaft sowie die Fragen bezüglich der Zukunft des Sozialstaats (z. B. Individualversorgung/-sicherung) bedürfen dabei einer genauen Untersuchung. Dabei muss aber im Verständ-nishorizont der Schüler ganz deutlich eine Abgrenzung zwischen tagespoliti-scher Medienberichterstattung und langfristiger Entwicklungsaussicht ange-strebt werden.

Erklärung der Begriffe

Sozialpolitik Sozialpolitik umfasst alle politischen Maßnahmen der Regierung zur Verbesse-rung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitglieder der Gesellschaft, wobei als vorrangiges Ziel die Gewährleistung sozialer Sicherheit angesehen wird. Sozialstaat Im Gegensatz zum Rechtsstaat wird der Auftrag des Staates zur Sozialstaat-lichkeit nur an wenigen Stellen im Grundgesetz konkretisiert. Während das Rechtsstaatprinzip auf die Gewährleistung der Freiheitsrechte des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft gerichtet ist, ergibt sich aus dem Sozialstaats-prinzip die Forderung nach staatlichen Eingriffen in die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung. Der Sozialstaat zielt gemäß seiner Verfassung bei der Gestaltung seiner ge-sellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ordnung auf die Verwirkli-chung von - sozialer Sicherheit (z. B. durch Versicherungen und monetäre Hilfe), - sozialer Gleichheit (z. B. soziale Absicherung des Einzelnen) und - sozialer Gerechtigkeit (Wettbewerbsfreiheiten/-grenzen, juristische Gren-

zen und politische Eingriffe).74 Der Sozialstaat als demokratischer und auf soziale Staatsziele verpflichteter Verfassungsstaat versucht, die Nachteile der kapitalistischen Wirtschaftsweise durch politische, wirtschaftliche und soziale Reformen zu überwinden. Sozialstaatliche Prinzipien Aus historischer und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht kennt man mehrere Prinzipien, die der Staat zur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit verfol-gen soll: - das Prinzip der Selbstverantwortung (Art. 20 und 28 GG), - das Subsidiaritätsprinzip (das Prinzip entstammt der katholischen Soziallehre

und wünscht grundsätzlich die staatliche Aktivität nur als Unterstützung und Ergänzung; der Staat wird nur dann helfend tätig, wenn die Kräfte des Ein-zelnen und der Gesellschaft überfordert sind)75 und

- das Solidaritätsprinzip (der Staat verpflichtet seine Bürger zur Daseinsvor-

sorge für sich und die Allgemeinheit, z. B. geteilte Sozialversicherung zwi- 74 Vgl. dazu Art. 14 Abs.1 und 2 GG; Art. 15 GG; Art. 20 Abs. 1 GG; Art. 28 Abs. 1 GG; Bundesverfassungsge-richt-Urteil vom 20.07.1954. 75 Nicht zu verwechseln mit dem Subsidiaritätsprinzip in der Interaktion zwischen der supranationalen Institution EU und ihren Mitgliedstaaten.

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Umsetzung im Unter-richt

schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer; die Leistungen sind für alle Mitglieder gleich, so dass Schwächere von der Solidarität der Stärkeren gestützt wer-den).

Mittlerweile wird der Staat immer mehr für soziale Aufgaben in Anspruch ge-nommen, die er ursprünglich nur subsidiär oder gar nicht wahrnehmen sollte (z. B. Sozialhilfe, Wohngeld, Aussiedlerunterstützung, Subventionen nach Ka-tastrophen). Sind zudem Konjunktur oder die Einnahmen des Bundeshaushaltes rückläufig, z. B. durch sinkende Steuereinnahmen oder steigende Arbeitslosigkeit, ver-größern sich die finanziellen Probleme und die gesellschaftspolitische Diskus-sion wird vielfach unseriös, angefacht durch Einzelfälle, Stammtischparolen und Problemvereinfachungen. Für konkrete Stundeninhalte soll die folgende Aufzählung möglicher Unterstüt-zungsmaßnahmen - über deren Berechtigung und Finanzierbarkeit man nach-denken kann - helfen, die Gesamtproblematik und ihre Komplexität widerzu-spiegeln: - Pflegeversicherung: Mit dem Anstieg der Lebenserwartung, dem Anstieg der

Pflegekosten und der damit verbundenen hohen finanziellen Belastungen (bei Beitragszahlern oder Betroffenen) ist die Pflegeversicherung schon we-nige Jahre nach ihrer Einführung 1995 reformbedürftig.

- Rentenversicherung: Mit dem Zuzug von rentenberechtigten Spätaussiedlern

und dem damit verbundenen Griff in die Rentenkasse entstanden die ersten Finanzierungslücken. Mit dem Anstieg der Lebenserwartung und dem Rückgang der Geburten (der sog. demografische Faktor als Ausgleich dafür wurde abgeschafft) steht die Rentenversicherung fast vor dem Aus. Die Dy-namisierung der Rente, die eventuelle Versteuerung der Renteneinkünfte oder die Heraufsetzung der Altersgrenze sind weitere diskussionswürdige, aber hoch komplexe Themenaspekte.

- Gesundheitswesen: Steigende Beiträge zur gesetzlichen Krankenversiche-

rung, eine allgemeine Kostenexplosion, sinkende Personalzahlen, die Über-schuldung der gesetzlichen Krankenkassen tragen zu den Problemen in diesem Bereich bei; darüber hinaus ist z. B. die Lobbypolitik der Pharmain-dustrie und Ärzteschaft eine politische Sisyphusaufgabe.

Ernsthaftes problemorientiertes Denken setzt im Sozialkundeunterricht aber erst dann ein, wenn politisch gesehen z. B. ein Vergleich mit den USA gesucht wird.

Material M1 Globus-Infografik 9633 Die soziale Höchstlast 76 M2 Globus-Infografik 9352 Wer finanziert den Sozialstaat? M3 Globus-Infografik 9287 Das soziale Netz M4 Globus-Infografik 8389 Der Haushalt der Nation

76 Die Materialien M1 bis M4 sowie weitere zum Themenbereich relevante Infografiken sind im Internet zu finden unter: www.globus-infografik.de/ (2005) beziehungsweise unter: http://www.picture-alliance.com/globus.html (2012)

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Fächer-übergrei-fende Mög-lichkeiten

Fächerübergreifende Möglichkeiten ergeben sich vor allem mit den Fächern Sozialwesen und Erziehungskunde. Inhalte des Faches Wirtschaft und Recht aus der 9. Jahrgangsstufe können ebenfalls herangezogen werden, da die Soziale Marktwirtschaft dort in allen Wahlpflichtfächergruppen thematisiert wird.

Tipp Fast zu jedem Unterrichtszeitpunkt wird die tagespolitisch aktuelle Diskussion - Tages- und Wochenzeitung, Fernsehen oder Schulfunk - Beispiele für eine problemorientierte Behandlung der sozialstaatlichen Grundsätze bieten, an-hand derer Möglichkeiten und Grenzen unseres Sozialstaats aufgezeigt wer-den können (z. B. „Müssen wir uns von unserem Sozialstaat verabschieden?“). Unbedingt ist dabei jedoch darauf zu achten, dass die Tagespolitik nicht um ihrer selbst willen diskutiert wird („Plauderstunden“) und das Ziel des Sozial-kundeunterrichts nicht aus den Augen verloren wird.

Literatur, Links

Beywl, W.: Soziale Sicherung, Reihe Kontrovers der Bundeszentrale für politi-sche Bildung, Bonn 1994 Dilberowic/Eding u.a.: Netzwerk Politik, Neusäß 4. Auflage 1997, S. 60-80 Lampert, H.: Lehrbuch der Sozialpolitik, Berlin 3. Auflage 1994 Gesetzestexte: Grundgesetz (GG), Bayerische Verfassung (BV), Sozialge-setzbuch (SGB) www.globus-infografik.de/ [aktuelle, kostenpflichtige Grafiken; hier gibt es die unter „Material“ erwähnten Globus-Grafiken] www.unics.uni-hannover.de/bollm/wandel/s_index.htm [Einführungs- und Ver-tiefungsaufsatz zum Sozialstaat] Für den Themenbereich interessante und relevante Infografiken sind u. a. zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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4.2.2 Europa als Wirtschaftsraum

Lehrplanbe-zug

“Die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in internationale Verträge wird durch historische und wirtschaftliche Fakten besser verständlich und er-fordert in besonderem Maß den fächerübergreifenden Unterricht“77 (z. B. der Fächer Geschichte, Sozialkunde, Erdkunde, Wirtschaft beim Thema Europa). Zudem setzen sich die Schüler “mit Grundprinzipien internationaler Zusam-menarbeit […] auseinander und werden dadurch angeregt, weltpolitisches Ge-schehen zu verfolgen, sich eine eigene, sachlich fundierte Meinung zu bilden und sich am politischen Leben aktiv zu beteiligen“.78 (Sozialkunde 10.6, Ge-schichte 10.1 und 10.4, LP-Ebene 2: Berufliche Orientierung, Europa, Informa-tionstechnische Grundbildung). Eigene Schwerpunkte können und sollen in diesem umfangreichen und sich ständig erweiternden Fachgebiet gebildet werden. Die Schülerinnen und Schü-ler sollen in der Lage sein, entscheidende Zusammenhänge zu erkennen und sowohl fachliches Wissen als auch Kenntnisse von tagespolitischen Ereignis-sen darin zu verorten. Mögliche Lernziele der Unterrichtseinheit: - Beurteilung der europäischen (Integrations-)Bewegung, - Kenntnis der EU-Mitgliedstaaten (aktuell und zukünftig), der EU-Organe

und ihrer Aufgaben und Bewertung ihrer globalen Rolle, - Kenntnis von der Präsenz Deutschlands in den europäischen Ebe-

nen/Institutionen und Einschätzung ihrer Stellung im Rahmen der interna-tionalen Politik,

- Vertiefte Kenntnisse über die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), - Grundkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen den Konvergenzkri-

terien der EU, den deutschen und globalen Wirtschaftszahlen, - Wissen dazu erwerben, wie stark die EU die nationale Gesetzgebung be-

stimmt, - Kennenlernen der eigenen (beruflichen) Chancen in der EU.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Da Schüler oft unzureichende Kenntnisse über Europa und die europäischen Institutionen haben, zudem volkswirtschaftliche Zusammenhänge kaum vo-rausgesetzt werden können, sollte im Unterricht angestrebt werden, einzelne Organe, ihre Aufgaben und Zusammenhänge detailliert im Rahmen eines Lernzirkels zu erarbeiten, mithilfe von Schüler-Kurzreferaten zu besprechen und/oder anhand eines Rechercheauftrags im Internet zu erforschen. Für die Erarbeitung und sichere Einordnung der historischen Grundlagen eig-net sich das selbst entdeckende Lernen (z. B. mittels Internet-Einsatz), für die Erarbeitung thematischer Inhalte insbesondere der Rahmen eines Projekts.79

77 Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 75 78 Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 540 79 Vgl. Unterrichtswerk für Sozialkunde an Realschulen: Politik – nicht ohne mich! C. C. Buchner Verlag, Bamberg 2003, S. 172, mit dem Methodenangebot „Lernen durch Lehren“ zum Thema Europa

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Theoreti-sche Grund-lagen Umsetzung im Unter-richt

Zürich, 19. September 1946: „Wenn wir die Vereinigten Staaten von Europa -[…]- bilden wollen, müssen wir jetzt beginnen.“ Nicht als erster und letzter Politiker erweist sich hier Winston Churchill als Visionär und Vorreiter für das heutige Erfolgsmodell Europäische Union.80 Friede, politische Stabilität, die Hebung des Lebensstandards und ein einheitlicher großer Markt waren und sind die Ziele der „Baumeister“ in einem vereinten Europa. Neben die drei nationalen Entscheidungsebenen im bundesdeutschen Födera-lismus tritt seit 1992 die Europäische Union als vierte Ebene. Je nach politi-schem Inhalt formuliert die Europäische Union alleine oder nach Umsetzung durch die deutsche Politik nahezu 80 % der gesetzlichen Vorgaben.81 Erfolge ebenso wie Schwierigkeiten zeigen sich bei der europäischen Zusam-menarbeit in vielfältigen Bereichen: - So wurde zwar eine gemeinsame Währung eingeführt, aber einige Staa-

ten verweigern sich noch heute der Einführung des Euro. (Warum treten diese Länder nicht der Euro-Zone bei?)

- Nationale Selbstbestimmung und Traditionen (z. B. das bayerische Rein-heitsgebot beim Bier, die Zusammensetzung der italienischen Grießnudel) blockieren des Öfteren die EU-weite Harmonisierung von Verbraucher-schutzbestimmungen (Wie stark bestimmt die EU bereits die nationale Gesetzgebung? Welche positiven/negativen Auswirkungen hat eine euro-paweite Gesetzgebung?).

Fächer-übergrei-fende Mög-lichkeiten

Ein fächerübergreifendes Arbeiten über Gesellschaft, Politik und Wirtschaft hinaus ist bei diesem Thema nahezu unumgänglich, und es lohnt sich mit den Fächern Erdkunde, Geschichte, Deutsch, Englisch, Französisch, Religion, Ethik, Sport, Musik, Kunst, aber auch den Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik. Gefordert ist die Vermittlung solider, aufbaufähiger Grundkenntnisse, aber auch eigenständiges Lernen und Arbeiten in zunehmend handlungsorientierten und schülerzentrierten Unterrichtsformen.

Fächer-übergrei-fendes Pro-jekt

Eine Projekt-Möglichkeit bietet sich durch die Zusammenarbeit mit dem Fach Informatik, in dem die Schüler nicht nur verschiedene Präsentationstechniken erlernen, sondern auch die Projektmethode an sich. In der 9. Jgst. (Informatik I und IIb) beziehungsweise der 10. Jgst. (Informatik II) sind jeweils etwa 28 Unterrichtsstunden für die Durchführung eines Projekts vorgesehen, bei dem die Schüler anhand eines konkreten Themas ein Kon-zept für dessen Umsetzung entwerfen, die Durchführung realisieren und nach der Ergebnissicherung der Öffentlichkeit präsentieren und die Nutzung doku-mentieren sollen. Denkbar wäre deshalb, dieses Projekt auf zwei Jahrgangsstufen zu verteilen. In der neunten Jahrgangsstufe werden in Zusammenarbeit mit dem IT-Lehrer Grundlagen gelegt, die dann in der zehnten Jahrgangsstufe vertieft werden. Besteht diese Möglichkeit nicht, kann das Projekt auch - in verringertem Um-fang - nur in der 10. Jgst. durchgeführt werden.

80 Winston Churchill: Der Zweite Weltkrieg, Bern 1954 Weitere Visionäre sind A. Brian, G. Stresemann, K. Adenauer, A. De Gasperi, R. Schumann, P. H. Spaak 81 Die Bundesrepublik hat den berechtigten Interessen der Bundesländer an Mitbestimmung bei der Gesetzge-bung auf europäischer Ebene Rechnung getragen. Vgl. „Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes“ vom 21.12.1992 bzgl. Art. 23 GG; auch Art. 50 GG wurde neu formuliert: „Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung […] in Angelegenheiten der Europäischen Union mit.“

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Einstieg in der 9. Jahrgangsstufe Als Projektarbeit in der neunten Jahrgangsstufe (Informatik I und IIIb mit 28 Wochenstunden) sollen sich die Schülerinnen und Schüler in Gruppen die ein-zelnen Länder der EU und die Erweiterungsländer vornehmen und diese Län-der vorstellen. Beschreibung der Projektphasen (9./10. Jahrgangsstufe) - Vorstellen der Projektmethode und des Projektziels durch den Lehrer (z.B.

Europa unter dem thematischen Aspekt „Alte und neue Sterne am Him-mel“).

- Analyse und Erstellung eines Grobkonzepts (Entwurfsphase): Die Schüler stellen Überlegungen dazu an, wie sie an das Thema herangehen können. Sie legen die jeweiligen Länder fest, die in den einzelnen Gruppen erar-beitet werden, wo sie die Informationen dazu bekommen können, welche Präsentationsform sie verwenden wollen, und sammeln weiterführende In-formationen.

- Aufbereitung der Informationen nach zuvor vereinbarten Kriterien und Er-arbeiten der Präsentation durch die Schüler.

- Präsentation der Ergebnisse in der vereinbarten Form. - Dokumentation der einzelnen Erarbeitungsphasen von der Projektfindung

zur Präsentation. Erste Informationen zu den einzelnen Ländern können sein: geografische Be-schreibung, politische Situation (z. B. Regierungsform, geschichtliche Beson-derheiten), wirtschaftliche Situation (z. B. Arbeitslosenzahlen, Inflationsrate, Schuldenstand, Leistungsbilanz), Gründe für die Akzeptanz der EU im jeweili-gen Land, Rolle des jeweiligen Landes in Europa (historisch und aktuell) u. a. mehr. Informationsquellen sind Publikationen politischer Bildungsinstitutionen (BLZ82, BpB83), aber auch Reisemagazine/-bücher oder die Internetseite der Europäi-schen Union, auf der man auch Informationsbroschüren in Druckform bestellen kann. Verschiedene Präsentationstechniken sind möglich: vom Erarbeiten einer Powerpoint-Präsentation über die Gestaltung einer Homepage, die auch als CD gebrannt werden kann, bis zur Erstellung einer Broschüre mit MS Word oder MS Publisher. Weiterführung des Projekts in der 10. Jahrgangsstufe Jetzt kann das begonnene Projekt mit erweiterten Themenbereichen fortge-setzt werden. In Gruppen werden wieder unterschiedliche thematische Schwerpunkte der Europäischen Union bearbeitet und die im Jahr zuvor er-stellten Präsentationen ergänzt, z. B. durch

- die Institutionen der EU, - die Geschichte des europäischen Einigungsprozesses, - den Binnenmarkt, - die europäische Währungsunion, - die Osterweiterung der EU.

Präsentation der Ergebnisse anlässlich eines „europäischen Abends“: Vielleicht ist es als Rahmenprogramm möglich, einfache landestypische Ge-richte einzelner europäischer Nationen zuzubereiten und anzubieten.

82 Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München (www.stmuk.bayern.de/blz/index.asp) 83 Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (www.bpb.de)

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Zusätzlich wäre ein Quiz möglich, beispielsweise ein Spiel à la „Wer wird Milli-onär?“, das mit Hot Potatoes (kostenloses Programm zum Erstellen von Lü-ckentexten, Kreuzworträtseln, Multiple-Choice-Aufgaben) erstellt wird.84

Chancen für Jugendli-che: Ausbil-dung und Arbeitsplatz in der EU

Neben dem gemeinsamen Pass, der gemeinsamen Währung und den Freihei-ten des Binnenmarktes können nicht nur, sondern müssen auch die neuen Verfahren und Möglichkeiten für Jugendliche, die durch das vereinte Europa entstanden sind, im Unterricht aufgezeigt werden. Vor allem handlungsorientierte Elemente und der umfangreiche Medienfundus helfen hier, die Schüler auf ihre Chancen hinzuweisen und ihnen Anstöße für das Erforschen neuer Wege zu geben: Bei Berufsausbildung und Arbeitsmarkt, Bildung und Informationsaustausch versucht die Europäische Union schon lange, Jugendliche im vereinten Europa zu erreichen85. Vor allem Agenturen und die Programme SOKRATES und LEONARDO86 sind die ersten, meistgenutzten und vielversprechenden Anlaufstellen für Jugendli-che aus ganz Europa.

Fahrt nach Brüssel, Straßburg & Co.

Ein Lernen und Wiederholen der Thematik bietet sich im Rahmen einer Lehr-/Studienfahrt an. Dazu stehen je nach Wahl des Schwerpunkts, finanzieller und zeitlicher Grenzen sowie Schülerpräferenzen die Ziele Brüssel, Luxem-burg, Frankfurt am Main87 oder Straßburg zur Auswahl. Insbesondere Straßburg bietet verschiedene Vorteile. So ist einerseits eine Übernachtung auf der deutschen Rheinseite derzeit erheblich preiswerter als auf französischer und andererseits ist in Straßburg mit dem Sitz des Europäi-schen Parlaments eine (finanzielle) Einbindung des lokalen EU-Parlamentariers in das Programm unproblematisch, die Programmabrundung mit außerpolitischen Programmpunkten in der geographischen Nachbarschaft von Straßburg zudem relativ leicht machbar.

Material Arbeitsblatt Die Mitgliedstaaten der EU und Arbeitsblatt Die Institutionen und Organe der EU (erhältlich wie 17 weitere Folien unter: http://www.eu-kommission.de/shop/html/index.asp) Ordner des Bundesverbands deutscher Banken (Schutzgebühr 15.- €; ein Ordner, der umfassendes und lohnendes Material für viele Unterrichtsstunden beinhaltet; zu bestellen unter: http://www.schulbank.de

Tipp Ausgearbeitete Lernzirkel zum Themenkreis Europa sind erhältlich bei Fach-verlagen, an Universitäten oder im Internet.

84 http://www.hotpotatoes.de/index.html 85 http://www.europa.eu.int/geninfo/info/contact/citizens/index_de.htm 86 http://www.eu.daad.de/sokrates/programminhalte/erasmus2.html http://www.eu.daad.de/leonardo/programminhalte/struktur.html http://www.stellenboerse.de/aktuelles/bmbf/030326bmbf-sokrates-erasmus.ht 87 Besichtigung der Europäischen Zentralbank

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Literatur, Links, Ad-ressen

Europäische Union, Informationen zur politische Bildung, Heft Nr. 279, Bun-deszentrale für politische Bildung Die Europäische Union, Heft Nr. 3/2003 von TOP (Nr. 03346), Bildungsverlag EINS, Troisdorf Barbara Fabian (Hrsg. DIHK): EU-Handbuch zur Bildungspolitik: Themen und Fakten, Bonn 2000 Werner Weidenfeld (Hrsg.): Europa Handbuch, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2002 Hallo Europa, CD-ROM der Europäischen Kommission, Amt für Veröffentli-chungen, Luxemburg 2000: Ein Europa- und EU-Leitfaden für Jugendliche www.europarl.de/index.php?psize=1024&rei=3&dok=72 (Suche nach dem lokalen Abgeordneten im Europäischen Parlament) www.europa.eu.int/index_de.htm (Website der EU) www.bundesregierung.de/Themen-A-Z/-,5867/Europaeische-Union.htm www.mdr.de/eu (tagesschau.de) www.eu-kommission.de/shop/html/index.asp (Vertretung der Europäischen Kommission, Veröffentlichungen wie z. B. Foliensatz zu den Institutionen, Wirt-schaftdaten der EU-Staaten sind hier erhältlich) europa.eu.int/comm/education/socrates.html (Sokrates II – Allgemeinbildung) europa.eu.int/comm/education/leonardo/leonardo2_de.html (Leonardo da Vinci II – Berufsbildung) europa.eu.int/comm/education/socrates/comenius/index.html (Comenius II – Schulbildung) Anlaufstelle: Europäisches Patentamt in 80331 München, Erhardstr. 27 (eine Außenstelle der Europäischen Kommission) www.european-patent-office.org/index_d.htm Für den Themenbereich relevante Infografiken sind u. a. zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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4.2.3 Parteien und Wahlkampf

Lehrplanbe-zug

Eng verknüpft sind die Lehrplanthemen Wahlen und Parteien in der Demokra-tie unter den Schwerpunkten Gruppen und Rollen (Sk 10.1) und Mitwirkungs-formen und Interessenvertretung des Einzelnen in der Politik (Sk 10.2).

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen Material

Bei der Unterrichtseinheit „Parteien und Wahlkampf“ - mit der Gründung einer Partei und der anschließenden Durchführung einer Wahl nach demokratischen Richtlinien im personalisierten Verhältniswahlrecht - wird der Versuch unter-nommen, den Schülerinnen und Schülern durch einen Methoden-Mix einen Zugang zu diesem demokratisch und soziologisch spannenden, für Jugendli-che aber nicht selten relativ „trockenen“ Thema zu ermöglichen. Die Schüler sollen lernen, sich die Lerninhalte selbsttätig zu erarbeiten, unter-einander zu verknüpfen und praktisch anzuwenden. Dabei beschäftigen sie sich mit aktuellen Inhalten (z. B. durch das Aufgreifen relevanter tagespoliti-scher Inhalte in dem von ihnen zu entwerfenden Redebeitrag), zudem treten sie in einen demokratischen Wettstreit mit den Klassenkameraden und üben rhetorische Fertigkeiten ein. Vorbereitung und Durchführung: 2 (bis 3) Unterrichtsstunden Technische Voraussetzungen: Overheadprojektor Plakate (DIN-A3 oder DIN-A2), pro Gruppe 1-2 Stück Scheren, Kleber, Eddingstifte, Tesafilm, alte Zeitschriften eventuell ältere Originalwahlplakate (auf OHP-Folie)88 M5 Arbeitsaufträge (OHP-Folie) M6 Stimmzettel (Wahlvorgang)

Umsetzung im Unter-richt

In den Vorbereitungsstunden sollten, je nach didaktischer Intention, die The-men Parteien und Wahlkampf, die Aufgaben der Parteien sowie Wahlen auf Bundesebene (Wahlrecht) behandelt werden. Die erste Durchführungsstunde enthält folgende Elemente: Einteilung der Gruppen (je Gruppe 4-6 Mitglieder), Erläuterung der Arbeitsaufträge, Konstitu-ierung innerhalb der Gruppe, Recherche im Internet (Parteien), Erstellung der Plakate, Entwurf der Rede. Die zweite Unterrichtsstunde enthält: Fertigstellung der Plakate, Abhalten der Reden (max. drei Minuten), Durchführung der Wahl und Ergebnisfeststellung nach erfolgter Wahl. Folgende Informationen sollen auf den Plakaten angegeben werden: - Logo der Partei, - der ausgesprochene Name der Partei, - Parteivorsitzender, - Selbstbeschreibung der Partei, - fünf wichtige Ziele der Partei, - berühmte Parteimitglieder (aktuell/historisch), - aktuelle Stellungnahmen zu politischen Geschehnissen (Presseberichte).

88 Quelle z. B. CD-ROM im Heft „Deutscher Bundestag & Schule“, hg. v. Deutscher Bundestag, Referat Öffent-lichkeitsarbeit, Platz der Republik 1, 11011 Berlin

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Als Informationsquelle für die Internetrecherche zur Plakaterstellung stehen die Internetseiten der Parteien zur Verfügung (siehe Links). Eine Bewertung der Plakate ist nach folgenden Kriterien möglich: - fachliche Richtigkeit, - optische Darstellung (Text, Bilder, Grafiken), - Präsentation des Plakats (Vorstellung), - Arbeit in der Gruppe.

Tipp Die in der Erprobung der Stunden gewonnenen Erkenntnisse waren für Leh-rer- wie Schülerseite durchaus lohnend. Lediglich politisch radikale Äußerun-gen sowie entsprechende Plakat- und Redeinhalte sollten von Anfang an beo-bachtet und u. U. im Einzelgespräch korrigiert werden. Hier kann auch eine von Lehrerseite bewusst gesteuerte Gruppenbildung eine durchaus positive Wirkung zeigen. Die Auswertung der Wahlergebnisse (z. B. mit der Auswertungs-Software GrafStat) bietet sich als Einführung in das Thema Wahlrecht an.

Literatur, Links

Gabriel/Niedermeyer/Stöss (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 338, Bonn 1997 Thurich, E.: Parteien, Bürger, Wahlen, Heft 2 der Reihe: Thema im Unterricht, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1996 Kürschners Volkshandbuch: Deutscher Bundestag, Ndv Neue Darmstädter Verlagsanstalt Ismayr, W.: Der deutsche Bundestag im politischen System der Bundesrepub-lik Deutschland, Stuttgart 2000 Wahlanalyse und Wahlprognose 2002 – Die Bundestagswahl im Unterricht, Arbeitshilfe der Bundeszentrale für politische Bildung, mit CD-ROM (u. a. Auswertungs-Software GrafStat)

www.bundestag.de/schule www.bundeswahlleiter.de [z. B. mit den endgültigen Ergebnissen zur Europa-wahl 2004] www.cdu.de www.csu.de www.fdp.de www.gruene.de www.pds-online.de www.spd.de Für den Themenbereich relevante Infografiken sind u. a. zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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M5 Wir gründen eine Partei – wir stellen uns zur Wahl (Arbeitsaufträge)

Aufgaben (Teil 1) - Ihre Gruppe stellt sich der Wahl. Gründen Sie dazu eine Partei im rechtsstaatlich-

demokratischen Sinne gemäß GG.

- Was sind die wichtigsten politischen Anliegen Ihrer Partei? Welche politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Themenbereiche wer-den Sie in Ihr Wahlprogramm aufnehmen?

- Was werden Sie als Erstes veranlassen, wenn Sie mit Ihrer Partei die Wahl ge-

winnen? Welche Gesetze werden Sie ändern/abschaffen/neu einführen?

- Wählen Sie eine(n) aus Ihrer Gruppe zur Spitzenkandidatin/zum Spitzenkandida-ten Ihrer Partei.

- Geben Sie Ihrer Partei einen Namen (inklusive Abkürzung). Aufgaben (Teil 2) - Gestalten Sie ein Wahlplakat. Denken Sie dabei an die von Ihrer Partei im Wahl-

kampf zur Sprache gebrachten Themen. - Verfassen Sie eine dreiminütige (Wahlkampf-)Rede, die die Spitzenkandidatin/der

Spitzenkandidat vor der Klasse vorträgt. Wahl (Teil 3) Die Parteien stellen sich der Wahl in der Klasse. Durchführung der Wahl im personalisierten Verhältniswahlrecht.

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M6 Stimmzettel (Wahlvorgang)

Sie haben zwei Stimmen

hier 1 Stimme hier 1 Stimme

für die Wahl

für die Wahl

eines Wahlkreisabgeordneten einer Landesliste (Partei) (Erststimme) (Zweitstimme)

1

1

2

2

3

3

4

4

5

5

6

6

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4.2.4 Soziale Marktwirtschaft - soziale Gerechtigkeit?

Lehrplanbe-zug

Im Lehrplan der R6 bietet der Bereich Sozialkunde 10.5 Anknüpfungsmöglich-keiten für Ziele und Maßnahmen der Wirtschaftspolitik allgemein und beson-ders bei der sozialen Marktwirtschaft. Durch die Untersuchung aktueller wirt-schaftspolitischer Ereignisse und die Auswertung darauf beruhender Maß-nahmen der Politik sollen die Schüler befähigt werden, die Entwicklungen und Entscheidungen in den, sich am Rahmen der sozialen Marktwirtschaft orientie-renden, politischen Prozess einzuordnen und zu beurteilen. Auf Querverweise zu Sozialkunde 10.4 Strukturen gesamtwirtschaftlicher Vorgänge kann z. B. anhand des Themas Arbeitslosigkeit/Arbeitslosenversicherung eingegangen werden. Vermittelt werden sollen nicht nur Grundkenntnisse über die wirtschaftspoliti-schen Ziele/Instrumente in der sozialen Marktwirtschaft und das Sozialstaats-prinzip, sondern auch eine Einsicht in die Pflicht eines jeden Staatsbürgers, Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und Solidarität als die tragenden Säulen des Sozialstaats anzuerkennen und danach zu handeln. Aus den Forderungen des Lehrplans im Bereich Grundfertigkeiten/-fähigkeiten ergibt sich die Handlungsorientierung für diese Unterrichtseinheit: Sachtexte, Grafiken, Schaubilder und Tabellen auswerten, Hintergründe und tagespoliti-sche Entwicklungen in verschiedenen Medien recherchieren und präsentieren können.89

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Die Behandlung vorwiegend einzelwirtschaftlicher Themen im Fach Wirtschaft und Recht in der Jahrgangsstufe 9 wird durch die Auseinandersetzung mit ge-samtwirtschaftlichen und ordnungspolitischen Fragestellungen der sozialen Marktwirtschaft ergänzt und vertieft. Dabei können die Schüler auf bereits in der 8. und 9. Jahrgangsstufe erworbenes Wissen zurückgreifen (WR II 8.2 und 9.4; WR I-III 9.5; BWR II 9.3; G 9.1; SOW 9.2 und 9.3).

Umsetzung im Unter-richt UE 1

UE 1 Soziale Marktwirtschaft – soziale Sicherungssysteme

Kerngedanke der in UE 1 verwendeten Unterrichtsmethode Lernen durch Leh-ren ist, dass inhaltlich vertretbare Lehrfunktionen auf Schülerinnen und Schüler übertragen werden, wodurch deren Aktivität im Unterricht gesteigert wird. Um auf die von den Betrieben geforderte Flexibilität und das eingeforderte lebens-lange Lernen vorbereiten zu können, muss die Schule entsprechende Fähig-keiten und Fertigkeiten, sog. Schlüsselqualifikationen, auch vermitteln. Vermittelt werden können anhand der Methode Lernen durch Lehren u. a. - Methoden- und Informationsverarbeitungskompetenz, da die von den

Schülern vorzubereitende Präsentation des zunächst neuen Stoffes von ihnen verlangt, sich einen allgemeinen Überblick darüber zu verschaffen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und nur die wirklich relevan-ten Inhalte für die spätere Präsentation auszuwählen;

- Kommunikations- und Präsentationstechniken (Vorstellung vor der Klas- 89 Vgl. Lehrplan für die sechsstufige Realschule, 2001, S. 537

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se); - Sozialkompetenz und Teamfähigkeit, wenn die Präsentation in einer

Gruppe erarbeitet/vorbereitet wird; - eigenverantwortliches und kreatives Handeln, da die Schüler ihre eigenen

Vorstellungen mit einbringen können, und Selbstbewusstsein, wenn die eigenständig vorbereiteten Präsentationen gelingen.90

Überlegt und geplant werden müssen bei der Methode des Lernens durch Leh-ren - gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern - vor allem folgende Schritte: - Was sollen die anderen Schülerinnen und Schüler in der Stunde lernen? - Welches Material wählen wir für die Stunde aus? - Wie ist der Unterricht aufzubauen (Motivation, Erarbeitungsphase, Ergeb-

nissicherung)? - Welche Fragen stellen wir? - Wie fördern wir die Mitarbeit der anderen? - Welche Ergebnisse müssen festgehalten werden? - Wie soll unser Tafelbild aussehen? - Wer übernimmt welche Aufgabe im Unterricht (während der eigentlichen

Stundenplanung)?91 Die von der Gruppe zu entwerfende „Unterrichtsstunde“ soll 30 Minuten auf keinen Fall überschreiten, da noch Zeit für ein klärendes bzw. vertiefendes Unterrichtsgespräch bleiben muss. Schüler können und sollen die Lehrkraft nicht ersetzen, sie sollen lediglich - unter fachmännischer Anleitung - wichtige Erfahrungen auf dem Feld des eigenständigen Lernens und Lehrens machen dürfen. Eine Möglichkeit der Erarbeitung des Themenbereichs soziale Sicherungssys-teme ist, mehrere große Plakate, eine Wandzeitung, eine MindMap oder eine Powerpoint-Präsentation von den Schülern in Gruppenarbeit und anhand ei-genständiger Recherchen (u. a. auch im Internet) erarbeiten und gestalten zu lassen. Die Bereiche der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Renten- und Unfall-versicherung können nicht nur untersucht werden in Bezug auf ihre Funkti-onsweise, sondern auch im Hinblick auf mögliche Lösungsansätze für die Überwindung ihrer derzeitigen Schwierigkeiten.

Material zur UE 1

M7 Auszüge aus Adelheid Popp: Jugend einer Arbeiterin, 190992 M8 Globus-Infografik (7662) Das Sozialbudget mit folgenden Aufgabenstel-lungen zur Auswertung des Schaubildes:

- Wer wird als Quelle der Infografik genannt? - Für welchen Bereich wird am meisten Geld ausgegeben? - Berechnen Sie die Sozialausgaben in € für den Gesundheitssektor im

Jahr 2001. - Bei welchen Posten könnte Ihrer Ansicht nach Geld eingespart werden

und wo müsste der Staat zusätzliche Hilfestellung geben? Begründen Sie Ihre Entscheidung.

M9 Globus-Infografik (8601) Deutsche Lebensbäume als Diskussionsgrundla-ge und dazu folgende Fragestellungen aufgrund eines Vergleichs der Jahre 2001 und 2050:

90 Vgl. Jean-Pol Martin: Lernen durch Lehren – eine Vorbereitung auf die Arbeitswelt [www.ldl.de] 91 Vgl. dazu a + l, Wirtschaft, Nr. 5, 1992 92 Adelheid Popp: Jugend einer Arbeiterin (Erstveröffentlichung 1909), Neuauflage Verlag H. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn 1980, S. 27 und S. 44f; genehmigter Abdruck in: Soziale Sicherung, Reihe: kontrovers, Bundeszent-rale für politische Bildung, Bonn 1994

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- Nimmt die Anzahl der Leistungsempfänger in der Rentenversicherung zu/ab?

- Nimmt die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zu/ab? - Nehmen die Leistungen aus der Pflegeversicherung zu/ab? - Nimmt die Anzahl der Beitragszahler für die Sozialversicherungen

zu/ab? M10 Grafik Die Probleme der Rentenversicherung M11 Tabelle Umverteilung in der sozialen Marktwirtschaft (Abgabenlast)

Umsetzung im Unter-richt UE 2

UE 2 Soziale Marktwirtschaft und Arbeitslosigkeit

Verschiedene Einstiegsmöglichkeiten bieten sich an: - Zwiegespräch zwischen einem Realschüler der 10. Jahrgangsstufe, der

noch keine Lehrstelle, aber schon viele Bewerbungen geschrieben hat, und einem älteren Freund, der schon ausgelernt hat, aber von seiner Fir-ma nicht übernommen wird;

- Impuls durch ein Plakat aus der Zeit der Weimarer Republik (Weltwirt-schaftskrise: „Nehme jede Arbeit an!“);

- Fokus auf dem regionalen Aspekt durch die Präsentation aktueller Daten zur Arbeitslosigkeit beziehungsweise einen Zeitungsbericht über Konkurse in der näheren Schulumgebung;

- Einsatz der Materialien M12 (Sozialabbau) und M13 (Vergleich des Er-gebnisses der Landtagswahl in Sachsen vom 19.09.04 mit den Ergebnis-sen von 1999).

Material zur UE 2

M12 Pro und Kontra: Ist der Sozialabbau notwendig? M13 Vergleich des Ergebnisses der Landtagswahl in Sachsen am 19.09.2004 mit dem Ergebnis aus dem Jahre 1999 M14 Tafelbild zur Arbeitslosigkeit in der sozialen Marktwirtschaft

Fächer-übergrei-fende Mög-lichkeiten

Fächerübergreifende Möglichkeiten ergeben sich vor allem aus der Berück-sichtigung der Jahrgangsstufen 8 und 9 in den Fächern Wirtschaft/Recht, Ge-schichte und Sozialwesen.

Tipp Tipp für die Internet-recherche

Weitere Stundenthemen im Umfeld der sozialen Marktwirtschaft sind z. B. - das magische Vieleck - Theorie und Praxis; - Grenzen der sozialen Sicherung; - Umverteilung in der sozialen Marktwirtschaft: Was ist sozial gerecht? - Vergleich der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland mit den Wirtschafts-

systemen anderer Länder (z. B. USA); - Grenzen der Belastbarkeit - der Staatshaushalt. Obwohl viele Jugendliche angeben, mit einem Computer umgehen zu können, beherrschen nur wenige wirklich den Umgang mit den Informationen aus dem Netz. Also sollten den Schülerinnen und Schülern vor allem solche Tipps ge-geben werden, die ihnen die Internetrecherche erleichtern: - Wie gehe ich bei der Recherche zur „gesetzlichen Krankenversicherung“

vor? - Mit welchen Suchbegriffen komme ich weiter? - Wie kann ich sinnvolle Einschränkungen beim Suchbegriff vornehmen? - Welcher Suchmaschinen bediene ich mich?

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- Welche Adressen im Netz sind aus welchen Gründen „glaubwürdiger“ als andere?

- Kann ich die Rechtschreibung in den Informationen aus dem Internet prü-fen? (Vgl. dazu M15)93

Literatur, Links

Themenblätter für den Unterricht, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, zu den Bereichen Baustelle Sozialstaat; Arbeitslosigkeit; Bevöl-kerungsentwicklung und Sozialstaat Informationen zur politischen Bildung, hrsg. von der Bundeszentrale für politi-sche Bildung, Bonn, zum Thema Sozialer Wandel in Deutschland; Bevölke-rungsentwicklung Publikationen, Filme etc. zu verschiedenen Themenbereichen der sozialen Sicherung, erhältlich beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bma.bund.de) beziehungsweise beim Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (www.stmas.bayern.de) www.sozialpolitik.com (Unterrichtsmaterialien) www.bizzinet.de (Planspiele, Fallstudien) www.sozialpolitik.de (Links zu verschiedenen Themen der Sozialpolitik) www.nettolohn.de (Gehaltsrechner, vgl. Tabelle zur Umverteilung in der sozia-len Marktwirtschaft) Die für den Themenbereich relevanten Infografiken M8 und M9 u. a. für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

93 Vgl. dazu Material M16 Was ist bei einer Recherche im Internet zu beachten? auf Seite 56

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M7 Adelheid Popp: Jugend einer Arbeiterin, 1909 Adelheid Popp: Jugend einer Arbeiterin (Erstveröffentlichung 1909, zitiert nach der Neuauf-lage im Dietz-Verlag, Bonn 1980, S. 27 und S. 44 f.), in: Soziale Sicherung, Reihe: kontro-vers, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1994, S. 9 Als Adelheid Popp 1869 als fünfzehntes Kind einer Weberfamilie geboren wurde, waren zehn ihrer Geschwister bereits gestorben. Sie war sechs, als ihr alkoholkranker Vater starb. Nach dreijährigem Schulbesuch, ihr ältester Bruder war schwer krank, musste die 10-Jährige sich als Fabrikarbeiterin verdingen. Mit 13 Jahren war sie durch die harte Arbeit gesundheitlich ruiniert und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. „Mein Vater wurde von einer bösartigen Krankheit, einem Krebsleiden befallen, wodurch wir in große Not kamen. Im Krankenhaus wollte der Vater nicht bleiben; da er aber ärztliche Hilfe und Medikamente haben musste, so verschlangen diese fast alles, was verdient wur-de, und unsere Verhältnisse gestalteten sich immer jammervoller […]. Drei Wochen waren so vergangen, als sich die Schwindelanfälle wieder einstellten, denen eine schwere Ohnmacht folgte. Ich ging wieder ins Krankenhaus. […] Ich kam fiebernd in das Krankenhaus; die erste Mahlzeit, die ich erhielt, erbrach ich, doch nach einigen Tagen war alles wieder gut. Es geschah etwas, dessen ganze Furchtbarkeit ich erst in späteren Jahren beurteilen lern-te. Eines Tages wurde mir mitgeteilt, dass für mich keine Aussicht mehr sei, gesund und dauernd arbeitsfähig zu werden, daher müsse ich in eine andere Anstalt gebracht werden. Ich musste mich anziehen, in den Spitalwagen steigen und befand mich nach einigen Minu-ten in der Aufnahmekanzlei des Armenhauses. Ich war genau vierzehn Jahre und vier Mo-nate alt. […] Am fünften Tag wurde ich in die Verwaltungskanzlei beschieden, wo ich ge-fragt wurde, ob ich denn niemanden habe, der für mich sorgen würde, denn hier könne ich nicht bleiben; wenn mich niemand nehmen würde, müsste ich in meine Heimatgemeinde gebracht werden. […] Ich kannte meine „Heimatgemeinde“ nicht, ich war nie dort gewesen und verstand auch die Sprache nicht, die dort gesprochen wurde. Mir war ganz entsetzlich zumute und der Wunsch, doch sterben zu können, kam wieder über mich. Ich stammelte, dass ich ja doch eine Mutter habe, die arbeite und dass ich selber seit meinem zehnten Jahre immer gear-beitet habe. Ich erhielt eine Karte, auf der ich schreiben musste, meine Mutter möge mich schleunigst holen, da ich sonst nach Böhmen gebracht würde. Am nächsten Tag ging ich mit meiner armen Mutter, der nichts Schweres erspart geblieben war, nach Hause.“

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M10 Grafik Die Probleme der Rentenversicherung Grafik „Die Probleme der Rentenversicherung“ (Quelle: VDR) M11 Tabelle: Umverteilung in der sozialen Marktwirtschaft Lohnsteuerklasse

1 (Ledige …) Lohnsteuerklasse 3 (verheiratet, ein Arbeitnehmer …)

Lohnsteuerklasse 5 (verheiratet, zwei Arbeitneh-mer, …)

Bruttoverdienst in €

2.500,00 €

2.500,00 €

2.500,00 €

Lohnsteuer 448,75 181,00 819,58 Kirchensteuer 35,90 14,48 65,56 Solidaritätszuschlag 24,68 3,80 45,07 Krankenversicherung (derzeit 14,2 %)

177,50 177,50 177,50

Rentenversicherung 243,75 243,75 243,75 Arbeitslosenversicherung 81,25 81,25 81,25 Pflegeversicherung 21,25 21,25 21,25 Nettoverdienst in €

1.466,92

1.776,97

1.046,04

Abzüge (gesamt)

41 %

29 %

58 %

[Quelle: www.nettolohn.de]

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M12 Pro und Kontra: Ist der Sozialabbau notwendig?

PRO

KONTRA

- Zwang zu arbeiten - weniger Belastung für zukünftige

Generationen - Wettbewerb um Standorte - billiger Produktionsfaktor Arbeit

- weniger Sozialleistungen bedingen

eine sinkende Kaufkraft, weniger Konsum und damit Abbau von Ar-beitsplätzen

- Altersarmut - Jugendarmut - größere Kluft zwischen Reich und

Arm

wachsende Eigenverantwortung und verstärkte Eigeninitiative

M13 Vergleich des Ergebnisses der Landtagswahl in Sachsen am

19.09.2004 mit dem Ergebnis aus dem Jahre 1999 2004

1999

Wahlbeteiligung

59,6 %

61,1 %

CDU 41,1 % 56,1 % PDS 23,6 % 22,2 % SPD 9,8 % 10,7 % NPD 9,2 % 1,4 % FDP 5,9 % 1,1 % Grüne 5,1 % 2,6 %

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M14 Tafelbild: Arbeitslosigkeit in der sozialen Marktwirtschaft

Arbeitslosengeld I und II Arbeitsförderung

Sozialabbau als Antwort?

Formen der Arbeitslosigkeit konjunkturell - strukturell - saisonal

Absicherung durch das

soziale Netz?

Persönliche Probleme - schlechte finanzielle Lage - Probleme mit freier Zeit - Auswirkungen auf soziale Beziehungen - psychische Folgen

Staatliche Probleme - höhere Ausgaben - weniger Einkommen - Auswirkungen auf Drogenkonsum, Krimi-

nalität, Obdachlosigkeit - Stärkung der Radikalen

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M15 Was ist bei einer Recherche im Internet zu beachten? 1 Quelle(n) angeben und ehrlich sein 1.1 bei einer vollständigen Übernahme des Dokuments: Internetadresse (URL)

nennen 1.2 bei einer teilweisen Übernahme: Ausschnitte als Zitat kennzeichnen (mit URL) 2 Bei der Übernahme von Texten auf Verständlichkeit achten 2.1 Umfang beschränken/kürzen 2.2 Fremdwörter erklären/Begriffe klären 2.3 Merke: Was man selber nicht versteht, versteht auch kein anderer! 2.4 bei Texten auch nach eigenen Formulierungen suchen 3 Die übernommenen Texte auf Rechtschreibung und Grammatik prüfen 3.1 übernommene Texte in Textverarbeitungsprogramm kopieren 3.2 Texte auf eingebaute Links überprüfen 3.2.1 Links erläutern (= Webadresse angeben) 3.2.2 Links auflösen 3.3 wenn eine Bearbeitung der Texte zunächst nicht möglich ist, ausdrucken und

scannen 4 Illustrationen verwenden 4.1 aus dem Internet (mit Grafikprogramm einpassen) 4.2 aus Printmedien (ggf. einscannen) 4.3 selbst gestalten 4.3.1 Zeichnungen/Grafiken 4.3.2 (digitalisierte) Bilder 5 Zur Recherche auch andere Medien nutzen 5.1 (Fach)Bücher 5.2 (Fach)Zeitschriften 5.3 Tages-/Wochenzeitungen

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4.2.5 Gender Mainstreaming - Gibt es Gleichberechtigung?

Lehrplanbe-zug

Lösungsansätze zur Problemstellung „Gibt es Gleichberechtigung?“ können im Lehrplan unter Sozialkunde 10.1 Der Einzelne in der Gesellschaft (Grup-pen und Rollen, soziale Rollen, Rollenkonflikte, Rollen im Wandel) erarbeitet werden, aber auch unter 10.2 Der demokratische Verfassungsstaat, weil hierbei Inhalt und Bedeutung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG thematisiert werden können. Menschenrechtserziehung - und damit auch das Streben nach Gerechtigkeit und Gleichheit, Toleranz und solidarischem Handeln - gehört als Teil der sozialen und politischen Bildung zu den elementaren Aufgaben der Real-schule. Vgl. dazu Art. 3 GG: „(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächli-che Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politi-schen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Den Schülern soll bewusst werden, dass es - allein schon aufgrund der kör-perlichen Unterschiede, aber auch aufgrund anderer signifikanter Abwei-chungen - keine absolute Gleichheit der Geschlechter geben kann. Dass es eine Gleichberechtigung von Mann und Frau im Allgemeinen geben muss, die aber oftmals nicht verwirklicht ist, setzt schon das GG voraus. Gender Mainstreaming an sich ist ein gleichstellungspolitisches Konzept, das seinen Ursprung in einem entwicklungspolitischen Zusammenhang hat. Erstmals 1985 auf der Weltfrauenkonferenz in Nairobi diskutiert, wurde es 1997 im Amsterdamer Vertrag als verbindliche Aufgabe für die Mitgliedstaa-ten der EU festgeschrieben, seit 1998 gibt es bezüglich der Umsetzung eine EU-Richtlinie. Durch die Behandlung der Thematik im Unterricht sollen unre-flektierte geschlechterorientierte Selbstkonzepte sowohl bei Schülerinnen und Schülern - aber auch bei Lehrerinnen und Lehrern - aufgebrochen und Geschlechterstereotypisierungen so weit wie möglich abgebaut werden - auch wenn detaillierte empirische Daten (z. B. aus PISA- und IGLU-Studie) weiterhin die Schwächen der Jungen im Bereich der Sprachen und die der Mädchen im Bereich von Mathematik und Naturwissenschaften attestieren. Die Unterrichtseinheit soll Schülerinnen und Schüler ermutigen, mit ge-schlechtstypischen Verhaltenserwartungen und Selbstkonzepten spielerisch und experimentell umzugehen. Sie können sich und den vor ihnen liegenden Lebensabschnitt einmal „anders“ entwerfen, indem sie sich in die Rolle des jeweils anderen Geschlechts hineinversetzen.

Umsetzung im Unter-richt

Einstieg in die Thematik - mit einem Foto des Lehrerkollegiums (bei Frauenüberschuss) oder - dem Bild einer Soldatin (aus „Demokratie verpflichtet“, Oldenbourg Verlag, 1. Auflage 2003, S. 31).

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Anschließend Problematisierung mit Art. 3, Abs. 2 GG „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (auf Folie) und dem Zeitungsartikel über Frauen im Leistungssport (Das Phänomen Zickenkrieg vom 20.08.200494): „Gibt es Gleichberechtigung?“ Gruppenarbeit mit Rollenkarten … deine nächsten 15 Jahre, wobei die Schü-ler in gleichgeschlechtliche Gruppen eingeteilt werden müssen, weil sie wäh-rend der Gruppenarbeit die Rolle des jeweils anderen Geschlechts einneh-men - Sexchange (siehe M16: Rollenkarten einschließlich Hinweise für Leh-rer). Abschließende Präsentation der Gruppenergebnisse mit dem erwarteten Ergebnis, dass die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau überwiegt und nur gelegentlich Rollenkonflikte entstehen (z. B. möchte die Frau arbeiten, sich im Hobby verwirklichen und gleichzeitig für Mann/Familie da sein; beim Mann kommt gegen seinen Willen die Familie zu kurz, weil er aufgrund höherer Verdienstmöglichkeiten in der Regel der Hauptverdiener in der Familie ist), und Fixierung der Ergebnisse zu Rollenverteilung bzw. Rol-lenkonflikten an der Tafel (wahlweise Folie). Vertiefung der Problematik - mit einer Auswahl von Statistiken zur unterschiedlichen Behandlung von

Mann und Frau im Arbeitsleben (M17 – M21); - Aufzeigen staatlicher und gesellschaftlicher Möglichkeiten zur tatsächli-

chen Gleichstellung von Mann und Frau im Unterrichtsgespräch (Anre-gung durch Texte, z. B. zum Girls’ Day95);

- Erstellen einer Mindmap/eines Tafelbildes mit der Fragestellung „Ist Gleichberechtigung berechtigt?“ im Verlauf der Unterrichtseinheit (siehe M22) als gedankliche Stütze.

- mit einer Ausweitung auf den gesamten Art. 3 Abs. 3 GG: Gibt es die Gleichberechtigung von Religion, politischer Gesinnung, Her-kunft/Abstammung oder Sprache?

Material M16 Rollenkarten …deine nächsten 15 Jahre und Hinweise für die unterrich-tende Lehrkraft M17 Statistik: Erwerbstätige männlich/weiblich nach Bundesländern M18 Statistik: durchschnittliche Bruttoverdienste männlich/weiblich M19 Statistik: Was Angestellte verdienen M20 Globus-Infografik (9355) Die Verdienste der Arbeitnehmer M21 Globus-Infografik (9484) Der kleine Unterschied beim Durchschnitt der Jahresgehälter von jüngeren Frauen im Vergleich zu den Gehältern gleichalt-riger Männer M22 Mindmap/Tafelbild: Ist Gleichberechtigung berechtigt?

Tipp Transferaufgabe „Warum gibt es keinen Boys’ Day?“ eventuell als Hausauf-gabe stellen.

Literatur, Links

Grundrechte, Informationen zur politischen Bildung, Heft Nr. 239, Bundes-zentrale für politische Bildung, Bonn Grundgesetz für die BRD – Taschenkommentar, 6. Auflage 1999 (Bezug über Bundeszentrale für politische Bildung)

94 Zu finden im Internet unter: http://www.sueddeutsche.de/sport/weitere/artikel/626/37589 95 Zu finden im Internet unter: http://www.girls-day.de

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http://www.fes.de/fulltext/asfo/00546002.htm#E9E2 (Teildokument der Fried-rich-Ebert-Stiftung zum Phänomen der Lohnungleichheit) http://www.bundestag.de/blickpunkt/Dossier/0402020.html (Artikel des Onli-ne-Magazins „Blickpunkt Bundestag online“ zum Geschlechterverhältnis in den Fraktionen) http://www.fast-4ward.de/base/show_cat.php?c=5 (Einstiegsaufsatz zur „El-ternzeit“) http://www.welt.de/data/2004/08/10/317136.html (Provokanter Artikel zum Arbeiten von Männern im Haushalt) Die für den Themenbereich relevanten Infografiken M20 und M21 u. a. für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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M16 … deine nächsten 15 Jahre (Rollenkarten) - Sexchange Ziele der Gruppenarbeit Sexchange: - Schüler lernen sich in andere Rollen hineinzudenken; - Schüler denken über ihren eigenen Rollenwandel in ihrer Zukunft nach; - Schüler können die Differenz zwischen Zielformulierung im GG Art.3 und gesellschaftli-

chen Vorstellungen im Leben ausloten. Hinweise für Lehrer I (vor der Gruppenphase): - Es gibt nur zwei verschiedene Rollenkarten, die die wesentlichen Dinge in einem Le-

bensweg vorgeben. - Die Gruppen (4 bis 6 Personen) sollten gleichgeschlechtlich zusammengesetzt werden. - Die gleichgeschlechtlichen Gruppen nehmen die Rolle des andern Geschlechts ein. - Die Gruppen entwickeln einen Lebensplan, der vor allem in den Mittelpunkt stellt, wie die

Jahre nach der Geburt des Kindes geregelt werden. - Differenzierte Lösungsansätze, wie z. B. Krippenplätze, Tagesmutter, Erziehungsurlaub

des Mannes, werden nicht vorgegeben, die Schüler können solche Dinge aber in den Plan mit einbeziehen.

- Die Ergebnisse befestigen die Schüler auf einem DIN-A3-Arbeitsblatt (oben angebracht ist eine Zeitleiste für die nächsten 15 Jahre, darunter werden die Rollenkonflikte nach der Geburt des Kindes eingetragen).

- Sollten die soziologischen Themen noch nicht behandelt worden sein, kann man entwe-der den Rollenkonflikt weglassen oder begleitend zu den Rollenkarten auf das Buch „Po-litik - nicht ohne mich“ (S. 21) verweisen, damit ein grobes Schaubild entstehen kann.

.... deine nächsten 15 Jahre

Rollenkarte A

Nimm die Rolle des anderen Geschlechts ein!

Für deine nächsten 15 Jahre solltest du einen Lebensplan entwickeln, der auf je-den Fall folgende Fakten (Reihenfolge egal) berücksichtigt:

- FOS (2 Jahre) - Studium mit Ortswechsel (3 Jahre) - Kind bis spätestens 26 - Verdienst 3000,- € Trage deine Vorstellungen auf die Zeit-leiste ein. Überlege, wie du Beruf und Kindererziehung vereinbaren kannst. In welchen Rollen findest du dich in 15 Jahren wieder?

.... deine nächsten 15 Jahre Rollenkarte B

Nimm die Rolle des anderen Geschlechts ein!

Für deine nächsten 15 Jahre solltest du einen Lebensplan entwickeln, der auf jeden Fall folgende Fakten (Reihenfolge egal) berücksichtigt:

- Ausbildung (3 Jahre) - Arbeitsplatzwechsel und Ortswechsel - Kind bis spätestens 26 - Verdienst 2000,- €

Trage deine Vorstellungen auf die Zeit-leiste ein. Überlege, wie du Beruf und Kindererziehung vereinbaren kannst. In welchen Rollen findest du dich in 15 Jahren wieder?

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Hinweise für Lehrer II (nach Gruppenphase): - Die Gruppen stellen ihre Ergebnisse vor, der Lehrer richtet das Augenmerk auf die Kin-

dererziehung. - Zwei Gruppen werden verheiratet:

- weibliche Rollenkarte A

- männliche Rollenkarte B

- weibliche Rollenkarte B

- männliche Rollenkarte A

- Diskussion zwischen den Gruppen: Wer übernimmt die Kindererziehung? M17 Statistik: Erwerbstätige männlich/weiblich nach Bundeslän-

dern Ergebnisse des Mikrozensus (Stand Mai 2003), auf 1000 gerundet Bundesland

insgesamt männlich weiblich

Baden-Württemberg 4.984.000 2.754.000 2.230.000 Bayern 5.864.000 3.257.000 2.607.000 Berlin 1.420.000 752.000 668.000 Brandenburg 1.117.000 592.000 526.000 Bremen 271.000 146.000 125.000 Hamburg 784.000 423.000 362.000 Hessen 2.743.000 1.522.000 1.222.000 Mecklenburg-Vorpommern 725.000 391.000 334.000 Niedersachsen 3.390.000 1.893.000 1.498.000 Nordrhein-Westfalen 7.515.000 4.228.000 3.286.000 Rheinland-Pfalz 1.800.000 1.1016.000 784.000 Saarland 426.000 240.000 186.000 Sachsen 1.809.000 972.000 837.000 Sachsen-Anhalt 1.051.000 568.000 483.000 Schleswig-Holstein 1.244.000 683.000 562.000 Thüringen 1.030.000 562.000 468.000 Deutschland insgesamt

36.172.000

19.996.000

16.176.000

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M18 Statistik: Durchschnittliche Bruttoverdienste männlich/weib-lich in Deutschland

Einheit 2001 2002 2003

Bezahlte Wochenstunden der Arbeiter Std. 38,0 37,9 37,9 - männlich Std. 38,2 38,0 38,0 - weiblich Std. 37,3 37,2 37,3 Bruttostundenverdienste der Arbeiter

EUR

14,23

14,56

14,93

- männlich EUR 14,73 15,05 15,43 - weiblich EUR 11,13 11,37 11,65 Bruttowochenverdienste der Arbeiter

EUR

542

552

566

- männlich EUR 562 572 587 - weiblich EUR 415 423 434 Bruttomonatsverdienste der Angestellten

EUR

3.512

3.627

3.736

- männlich EUR 3.827 3.946 4.055 - weiblich EUR 2.695 2.789 2.878 M19 Statistik: Was Angestellte verdienen Vergleich der Bruttomonatsverdienste männlicher/weiblicher Angestellter in Handel, Produ-zierendem Gewerbe, Kredit- und Versicherungsgewerbe in Deutschland (2003) durchschnittlicher

Bruttomonatsver-dienst (Euro)

männlicher Angestellter

weibliche Angestellte

Deutschland

3.304 3.693 2.602

Baden-Württemberg 3.483 3.889 2.677 Bayern 3.470 3.858 2.699 Berlin 3.190 3.600 2.708 Brandenburg 2.530 2.849 2.210 Bremen 3.485 3.858 2.599 Hamburg 3.644 4.043 2.976 Hessen 3.562 3.890 2.936 Mecklenburg-Vorpommern 2.269 2.544 2.008 Niedersachsen 3.138 3.488 2.432 Nordrhein-Westfalen 3.324 3.709 2.609 Rheinland-Pfalz 3.246 3.583 2.585 Saarland 3.070 3.436 2.356 Sachsen 2.490 2.800 2.135 Sachsen-Anhalt 2.487 2.811 2.144 Schleswig-Holstein 3.076 3.425 2.461 Thüringen 2.428 2.743 2.062

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M22 Mindmap: Ist Gleichberechtigung berechtigt?

Grundgesetz Art. 3, Abs. 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Klassisches Rollenverständnis - Frauen daheim - Mann als Alleinverdiener - Frauen in Teilzeitarbeit

Rollenkonflikte - Ehefrau-Mutter-Karriere - Ehemann-Vater-Alleinverdiener - Alleinerziehende(r)-Mutter/Vater-Alleinverdiener

Gesellschaftliche Eingriffe - Krabbel- und Spielgruppen - Betreuungsangebote (Vereine usw.) - Frauenquote (Die Grünen) - Girls’ Day

Staatliche Regelungen - Grundgesetz - Gleichstellungsbeauftragte - Elternzeit - Girls’ Day - Kinderbetreuungsangebote

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4.2.6 Stichwort: Globalisierung

Lehrplanbe-zug

Ein direkter Bezug ist zum Themenbereich Sozialkunde Sk 10.6 Die Bun-desrepublik Deutschland in Europa und der Welt des Lehrplans der sechs-stufigen Realschule gegeben, Querbezüge und Anknüpfungspunkte zu wei-teren Bereichen des Lehrplans (Sozialkunde Sk 10.1 bis Sk 10.5) ergeben sich aber automatisch bei der Behandlung der Thematik. Die Schüler erkennen die Einbettung der Bundesrepublik Deutschland in die internationale Völkergemeinschaft sowie in die weltweite Arbeitsteilung und setzen sich mit den Grundprinzipien internationaler Zusammenarbeit als auch den Herausforderungen der Globalisierung auseinander.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Das Schlagwort Globalisierung gehört inzwischen zum allgemein verbreite-ten Wortschatz und mit ihm wird von Politikern und Wirtschaftsfachleuten mittlerweile vieles gerechtfertigt: von der Vernichtung von Arbeitsplätzen an-gesichts globaler Konkurrenz über Lohnabbau bis hin zu Drohungen gegen-über der Politik, wenn Firmen steuergünstige staatliche Modelle verlangen, damit sie nicht in andere Regionen der Welt abwandern. Von Globalisierung reden aber auch die, die das Internet als Möglichkeit globaler Kommunikation bis in den letzten Winkel der Erde anpreisen. Didaktische Reduktion Der Umfang des Themas erfordert unbedingt eine klare Auswahl und didakti-sche Reduktion. Einzelne Schwerpunkte sollten gesetzt werden, eine Ver-knüpfung zwischen sozialen und ökonomischen Themen erfolgen. Begriffsdefinition Globalisierung Wie gehen Schüler mit dem Schlagwort Globalisierung um, das ihnen in vie-len Zusammenhängen recht undifferenziert präsent ist? Wie können sie dazu einen eigenen Standpunkt entwickeln? Wichtig scheint zu sein, dass nicht eine endgültige Klärung der Begrifflichkeiten das Ziel ist (wohl aber eine An-näherung an das, was sich hinter dem Begriff – je nach Interesse – verber-gen kann), sondern dass der Begriff Globalisierung selbst zum Gegenstand des Lernens im Sozialkundeunterricht gemacht wird. Jugendliche sollen für den Umgang mit dem Begriff Globalisierung sensibili-siert werden. Gerade hier können sie - auch exemplarisch - darauf aufmerk-sam gemacht werden, dass auch scheinbar griffige Schlagworte hinterfragt werden können und müssen, wenn man ihre reale Bedeutung erfassen, be-urteilen und bewerten will. Schüler als Experten für Globalisierung Selbst wenn Schüler ein noch so diffuses Bild von Globalisierung haben, so kann sich daraus doch ein guter Unterricht zu der Thematik ergeben, denn Schüler sind Experten für die Gegenwart. Wer - im Gegensatz zu vielen Leh-renden - den Kalten Krieg und die Bipolarität der Welt nicht mehr aus eigener Anschauung kennt, denkt beispielsweise anders über weltweite Kommunika-tion und Globalisierung. Hier kann sich ein gemeinsames Lernen ergeben,

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das durchaus auch Lehrervorstellungen auf den Prüfstand stellen sollte. Bei der methodischen Umsetzung kann man auf alles zurückgreifen, von der moderierten Kartenabfrage bis hin zur Gestaltung einer Graffiti-Wand. Globalisierung mehrdimensional sehen lernen Globalisierung betrifft viele Lebenszusammenhänge. Wirtschaft, Verkehr, Kommunikation sowie lokaler/globaler Raum sind dabei nur einige wenige Stichworte, denn die Fragestellung nach dem Zusammenhang zwischen Ko-lonialisierung und Globalisierung gehört ebenso hierher wie das Spürbarwer-den der Globalisierung auch bei uns - Risiken und Chancen: Auswirkungen auf Arbeitsplätze, die soziale Sicherung, die Konsumgewohnheiten, die Um-welt bei uns und in anderen Teilen der Welt, aber auch die neuen Möglich-keiten weltweiter Verbindungen. Auch die Frage nach den Gewinnern und Verlieren der Globalisierungspro-zesse ist hier ein wichtiger Aspekt. Möglichst viele dieser unterschiedlichen Facetten sollten im Unterricht zur Sprache kommen (z. B. Kommunikati-on/vernetzte Welt, Wirtschaft/Weltbinnenmarkt, Gesellschaft/Welt als Globa-les Dorf, Umwelt/Welt als Risikogemeinschaft). Eigenen Standort suchen Gerade beim Thema Globalisierung gilt es, Sichtweisen aus anderen Regio-nen der Welt mit einzubeziehen (Perspektivenwechsel), sich mit anderen Standpunkten auseinander zu setzen, Alternativen mit zu bedenken und so vom Lokalen zum Globalen zu kommen. Empfehlenswert ist der Einsatz von Karikaturen aus den Ländern des Südens, die oft genug gewohnte Perspek-tiven in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen und zu einer Bestim-mung/Änderung des eigenen Standorts herausfordern. Hilfen zur (eigenen) Orientierung bieten Politische Bildung hat den mündigen Bürger im Blick, der sowohl weiß, wie und wo er sich selbst über Hintergründe informieren kann, als auch die (dem Betrachter oftmals verborgen bleibende) Absicht hinter den Begriffen und dem Geschehen erkennen kann. Wichtig ist, dass die Schüler erkennen, dass Globalisierung - was immer man darunter auch im Einzelnen verstehen mag - kein Naturereignis ist, dem Gesellschaften hilflos ausgesetzt wären: Globalisierung wird gemacht, und damit ist Globalisierung auch (in Grenzen) steuerbar.

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Kurzbe-schreibung

Als Einstieg zum Thema Globalisierung bieten sich Folien (z. B. M24) oder Brainstorming an, im weiteren Verlauf der einzelnen Unterrichtsstunden dann je nach Scherpunktsetzung Projektarbeit, Interviews, eigenständige Recher-chen der Schüler, reales Handeln beziehungsweise das Erstellen eines Handlungsprodukts. UE 1 Globalisierung geht uns alle an

Einstieg in den Themenbereich mit verschiedenen Globus-Infografiken o. Ä. (z. B. Vier-Klassen-Welt, Welthandelsströme, Einkommensverteilung, Ent-wicklung der Weltkonjunktur, Gobal Players). Erarbeitung eines ersten Tafelbildes zur Globalisierung (Definition, politische Entwicklung, technologische Entwicklung, Chancen/Risiken). Wichtig ist, dass auch Kritiker der Globalisierung zu Wort kommen (z. B. Attac) und dass jeweils die Rolle der Weltbank und des Internationalen Wäh-rungsfonds (IWF) dargelegt wird. UE 2 Problemskizze Globalisierung

Brainstorming zum Themenbereich Globalisierung und Erarbeitung einer Problemskizze durch die Lehrkraft: Aufzeigen der Lehrplanbezüge, didak-tisch-methodischer Möglichkeiten, möglicher Quer-/Längsschnitte usw. im Überblick (Übersicht siehe M25). UE 3 Kaffee – Lebenselixier vieler Menschen rund um dem Globus

(Alternative dazu: UE 4 Textilindustrie) Kaffee ist neben Erdöl das wichtigste Handelsprodukt der Dritten Welt und damit Lebensgrundlage für viele Menschen, das aber starken Preisschwan-kungen unterworfen ist (Tafelbildskizze siehe M26). Durchführung eines „Kaffeeparcours“ (Material dazu problemlos zu beziehen über Dritte-Welt-Läden, siehe „Tipp“) während dieser Unterrichtseinheit: Da-bei werden die Schüler ihr eigenes Konsumverhalten sicher kritisch überprü-fen und anschließend vielleicht auch eher bereit sein, sich für die Belange der Menschen aus der Dritten Welt bei uns einzusetzen. Als Einstieg: „Kaffeeanbaugebiete der Erde – Kaffeeverbrauch bei uns“. Im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit: - Kaffeelieferanten (Globus-Schaubild o. Ä. - Folie) - Hauptexportgut für viele Länder - „Kaffeeparcours“ - Folgen des Preisverfalls - Mögliche Hilfe durch fair gehandelten Kaffee – „Transfair“ (Internetrecher-

che unter www.transfair.org) - Was kann ich tun?

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UE 4 Textilindustrie im globalen Wettbewerb – oder: Weltreise einer Jeans

(Alternative dazu: UE 3 Kaffee) Auswirkungen der Globalisierung anhand der Textilindustrie erkennen (Ta-felbildskizze siehe M28). Als Einstieg: Globus-Schaubild „Sie kleiden die Welt“. Im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit: - Was sind freie Produktionszonen? - Folgen für die Arbeiterinnen - Sozialcharta - Menschenrechte – UNO - Auswirkungen (Einführen von Unternehmenskodizes nach Verbraucher-

protesten) - Reales Handeln (z. B. Briefe an die Unternehmen – Verantwortung für die

Arbeitskräfte) UE 5 Auswirkungen der Globalisierung, untersucht am Beispiel ei-nes mittelständischen Betriebs

Ein Projekt, das sich mit dem Themenbereich Sozialkunde Sk 10.1 des Lehrplans Der Einzelne in der Gesellschaft verbinden lässt (genaue Angaben zur Arbeitsaufträgen/Gruppenarbeit, Ergebnissen/Präsentation und Hand-lungsprodukten siehe M31).

Material M23 Annäherungen an den Begriff Globalisierung (Definitionen) M24 Globalisierung (Tafelbildskizze) M25 Globalisierung (Problemskizze/Übersicht) M26 Kaffee – Lebenselixier vieler Menschen rund um den Globus (Tafel-bildskizze) M27 Bericht einer Landarbeiterin von ihrer Arbeit auf einer Kaffeeplantage in El Salvador M28 Globalisierung am Beispiel der Textilindustrie (Tafelbildskizze) M29 Rechenbeispiel zu den Lohnkosten in der Textilindustrie Mittelamerikas M30 Berichte von Textilarbeiterinnen aus El Salvador und Honduras über ihre Arbeitsbedingungen M31 Projekt Auswirkungen der Globalisierung – untersucht am Beispiel eines mittelständischen Betriebs (Arbeitsaufträge/Gruppenarbeit, Ergebnis-se/Präsentation, Handlungsprodukt)

Fächer-übergrei-fende Mög-lichkeiten

Eine Zusammenarbeit mit dem Fach Religion bietet sich immer an, wenn es um Fragen der Dritten Welt geht (Arbeitsbedingungen, soziale Ungerechtig-keiten, Aktionen), und je nach Schwerpunktsetzung bietet sich auch eine Kooperation mit den Fächern Kunst, Englisch, Französisch, Spanisch oder Sozialwesen an. Einzelne Aktionen (z. B. Kaffeeparcours) können sowohl als Verknüpfung praktischer Erfahrungen mit theoretischen Kenntnissen als auch als Angebot einer ersten Begegnung mit dem Thema Globalisierung (z. B. in niedrigeren Jahrgangsstufen) bei Projekttagen angesehen werden.

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Tipp Der Kaffeeparcours eignet sich auch gut für Projekttage. Auskunft und Re-

servierung in Dritte-Welt-Läden oder z. B. im Eine-Welt-Zentrum Eiglstetten. Das Material ist in zwei Kisten verpackt und kann mit einem Kombi transpor-tiert werden. Auf Stellwänden wird ausführlich über den Kaffeeanbau, über die Verarbeitung und über die Arbeitsbedingungen informiert. Mit dem Spiel „Kaffeebörse“ wird der Preisbildungsmechanismus verdeutlicht. Schülerinnen und Schüler können selber Kaffeebohnen rösten und dann den Kaffee zube-reiten (Kaffeebohnen und Pfannen werden gestellt). Verschiedene Kaffeesä-cke (20 kg und 40 kg) lassen den Schülern die Schwere der Arbeit erfahren. Zeitbedarf für den Kaffeeparcours etwa zwei Unterrichtsstunden. Zu den Handelsgütern Kaffee, Schokolade, Bananen, Orangensaft und ihren Produktionsbedingungen, vor allem aber auch zu der Situation der Kleinbauern, der Pflückerinnen/Pflücker und ihrer Familien vor Ort kann man über www.transfair.org Materialhefte und lose Blattsammlungen, z. T. auch Videos und Diaserien beziehen. Zum Thema Orangen/Orangensaft gibt es unter www.weltinderschule.uni-bremen.de mittlerweile eine kompakte Materialsammlung zum Ausleihen, die ein ganzheitliches Herangehen an das Thema ermöglicht (Bücher, großfor-matige Fotos, Diareihen, Spiele, CD, Realien, Unterrichtseinheiten). Münchner Flughafen als Umschlagplatz für Menschen und Güter (Asylprob-lematik, Zoll, Einreise in die Europäische Union, Umweltproblematik etc.) bietet Schulklassen die Möglichkeit eines Besuchs an: - Anmeldung über Besucherdienst: Lernstandort MUC Flughafen München

GmbH, Besucherdienst Postfach 23 17 55, 85326 München

- Folienmappe zur Vorbereitung zu beziehen über: Flughafen München GmbH, Abt. Publikationen, Postfach 231755, 85326 München

Planspiel Börse als Beispiel für globales Lernen In den meisten Realschulen wird im Herbst das „Planspiel Börse“ durchge-führt. Den Spielgruppen werden fiktiv 50.000,00 € zur Verfügung gestellt, die für den Wertpapierhandel eingesetzt werden können. Die Abrechnung der Käufe und Verkäufe erfolgt unter realistischen Bedingungen, d. h., es werden auch die anfallenden Gebühren berücksichtig. Die meisten Schüler verwen-den das Internet.

Mittlerweile gibt es die Spielanleitungen in Deutsch, Französisch, Englisch und auch in Spanisch, so dass sich ohne größere Schwierigkeiten auch aus-ländische Partnerschulen beteiligen können. - Seit zwei Jahren beteiligt sich auch das Colegio Ave Maria, La Paz, Boli-

vien als erste südamerikanische Schule an diesem Planspiel. Die Partner-schule ist die Johann-Turmair-Realschule in Abensberg. Zwischen beiden Bildungseinrichtungen bestehen schon seit einigen Jahren auch persönli-che Kontakte.

- Die größte Schwierigkeit beim Registrieren war, dass es in La Paz keine Postleitzahlen gibt, so dass die Abensberger Postleitzahl für die südame-rikanische Stadt eingeben werden musste, damit das Spiel beginnen konnte.

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- Über E-Mails stellten einige Gruppen den Kontakt untereinander her. Ne-ben den unterschiedlichen Anlagestrategien ging es auch um persönliche Fragen, wie Alter, Berufswünsche, Freizeitverhalten, Musikgeschmack etc. Eine Gruppe korrespondierte ausschließlich in Spanisch (Wahlfach Spa-nisch), andere in Deutsch oder in Englisch. Natürlich wurde auch die wö-chentliche Platzierung entsprechend kommentiert. Bis jetzt konnten nur Digitalbilder von Deutschland nach Boliven übertragen werden, da dem Colegio noch eine Digitalkamera fehlt.

Viele Gemeinden pflegen Städtepartnerschaften, so dass sich Schulen (mit und ohne Schulpartnerschaften) verschiedener Länder gemeinsam am Plan-spiel beteiligen können. Ein Wettbewerb, bei dem die Sparkassen Hilfestel-lung geben.

Comeniusprogramm Schulklassen aus verschiedenen Ländern arbeiten gemeinsam an einem Thema, z. B. „Wie verhalten sich Jugendliche in ihrer Freizeit in den einzel-nen Ländern?“ Direkte Begegnungen mit Menschen der Dritten Welt (Misereor, Brot für die Welt, Adveniat: Religionslehrer können Personen vermitteln) Expertengespräche (Attac, Terre des hommes, Unicef) Projektpartnerschaften (Eine-Welt-Läden, kirchliche Organisationen geben Auskunft) Patenkinder (auch hier können Religionslehrer vermitteln)

Literatur, Links

Eisermann, Daniel: Die Politik der nachhaltigen Entwicklung. Der Rio-Johannesburg-Prozess, Themendienst des Informationszentrums Entwick-lungspolitik Nr. 13 der InWEnt Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH, Bonn 2003 Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit. Eine Auswahl, InWEnt Inter-nationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH, Bonn 2004 (aktueller Überblick mit Kurzinfos und Kontaktadressen über die wichtigsten deutschen Organisationen des Sektors) www.adveniat.de www.unicef.de www.bmz.de (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit) www.ded.de (Deutscher Entwicklungsdienst) www.misereor.de www.jugendaktion.de (enthält Infos zu aktuellen Themen, z. B. Kampagne gegen Biopiraterie) www.greenpeace.de www.gtz.de/biotech (Infos zu Biotechnologie in der Entwicklungszusam-menarbeit) www.inwent.org (Internationale Weiterbildung und Entwicklung mit dem Themendienst des Infozentrums Entwicklungspolitik) www.transfair.org (Fairer Welthandel) www.cleanclothes.org (Textilindustrie)

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www.venro.org (Verband Nichtregierungsorganisationen) www.eine-welt-netz.de (Globales Lernen) www.globaleducation.at www.globaleducation.ch www.globlern21.de/linkpartner.html (Internetadressen von Partnern in Afrika, Asien und Südamerika) www.epo.de (Hintergrundinformationen zur Entwicklungsarbeit + aktuelles Geschehen dort) www.brot-fuer-die-welt.de www.welthaus.de (Haus Bielefeld) www.welthungerhilfe.de www.eed.de (Evangelischer Entwicklungsdienst) www.weltinderschule.uni-bremen.de www.epiz-berlin.de (Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszent-rum in Berlin) www.ezef.de (Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit) www.proasyl.de www.worldbank.org (Informationsdienst der Weltbank + Entwicklungshilfe-projekte) www.un.org www.who.ch www.unesco.org www.unhcr.de (Probleme zum weltweiten Flüchtlingsproblem, engl.) www.erlassjahr.de (Verschuldungsproblematik) www.rugmark.de (gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie) www.politische-bildung.de www.fian.de (Blumenkampagne) www.agenda-transfer.de (Agenda 21) www.learn-line.nrw.de/angebote/agenda21 www.globalisierung-online.de (mit Flash-Animationen als Demo einer CD, die den langen Reiseweg einer Jeans zeigt) Für den Themenbereich relevante Infografiken u. a. für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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M23 Annäherungen an den Begriff Globalisierung

„Der Terminus Globalisierung taucht 1961 erstmals in einem englischsprachigen Lexikon auf. Seit den 80er Jahren wurde Globalisierung zu einem Kernbegriffe der wissenschaftlichen und politischen Diskussion, der einschneidende Veränderungen in der Welt reflektiert. Glo-balisierung beschreibt keinen Endzustand, sondern einen Prozess, in dessen Verlauf der Umfang und die Intensität nationale Grenzen überschreitender Verkehrs-, Kommunikations- und Austauschbeziehungen rasch zunimmt. Die trennende Bedeutung nationalstaatlicher Grenzen wird unterspült: Die Wirkungen grenzüberschreitender ökonomischer, sozialer und politischer Aktivitäten für nationale Gesellschaften verstärken sich, viele Probleme laufen quer zu den territorialen Grenzen, immer mehr Ereignisse werden weltweit gleichzeitig wahr-genommen und wirken sich mit zunehmend kürzeren Verzögerungen an unterschiedlichsten Orten der Welt aus. Damit verändern sich auch die Anforderungen an und das Verständnis von Politik.“ (Stiftung Entwicklung und Frieden (Hg):Globale Trends 2000. Fakten- Analysen -Prognosen. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1999, S. 50)

„Der Ausdruck Globalisierung wird zur Bezeichnung verschiedener, positiver wie negativer Phänomene verwendet. Einerseits hat die Revolution im Bereich der Kommunikation zu ei-ner raschen Überwindung von Entfernungen geführt, andererseits haben die neuen Techno-logien aber auch zur Entwicklung eines Wirtschaftssystems beigetragen, das von der Herr-schaft des Kapitals gekennzeichnet ist. Dabei hat das Finanzkapital das ebenfalls globalisier-te Industriekapital als leitenden Akteur im globalen Wirtschaftsprozess abgelöst [...]. Die Entwicklung der neuen Informationstechnologien hat den Prozess der weltweiten Integration der Finanzmärkte noch beschleunigt. Diese Vorgänge sind gemeint, wenn wir von Globalisie-rung sprechen.“ (Erklärung des Colloquiums 2000, zitiert nach "Glaubensgemeinschaft und soziale Bewegungen im Streit mit der Globalisierung“. In: epd-Entwicklungspolitik 13/2000, S. 45)

„Die Globalisierung ist die neueste Form einer schon seit langem bestehenden Entwick-lungsstrategie, die auf eine Ökonomisierung der ganzen Erde und auf eine Liberalisierung von Handel und Finanztransaktionen abzielt. Wenn wir von Globalisierung sprechen, denken wir zum Beispiel auch an die Schaffung einer Konsum-Monokultur und in der Folge von öko-logischen Problemen.“ (Wallapa Kuntiranont: Colloquium 2000: eine buddhistische Perspek-tive zur Globalisierung. In: epd -Entwicklungspolitik 13/2000, S. 50)

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M24 Globalisierung

Globalisierung steht zum einen ü Ende des Ost-West-Konflikts für das Zusammenwachsen von ü Öffnung Chinas Märkten (Güter-, Absatz- und ü Abbau von Handelshemmnissen (Zölle) Kapitalmärkten) über nationale ü Wirtschafts- und Währungsunion in Grenzen hinweg, zum anderen Europa (Euro, Binnenmarkt) für die immer stärker werdende Produktionsverflechtung zwischen Unternehmen (z. B. Daimler-Chrysler)

ü Verbesserung der Kommunikations- ü zunehmender Wohlstand technologie, z. B. Internet für alle ü räumliche Entfernungen werden ü Unterschied zwischen bedeutungslos Arm und Reich verschärft sich

Definition

Politische Entwicklung

Technologische Entwicklung Chancen / Risiken

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M25 Problemskizze Globalisierung (Weltorientierung, abgeleitet von globus = Erdkugel) Definition lt. Gablers Wirtschaftslexikon: „Form der internationalen Strategie einer grenzüberschreitend tätigen Unternehmung, bei der Wettbe-werbsvorteile weltweit mittels Ausnutzung von Standortvorteilen aufgebaut werden sollen. Besondere Bedeutung im Rahmen des globalen Wett-bewerbs v. a. in globalen Branchen.“ Wirtschaft - Güterproduktion – Kostenminimierung - Beschaffungsmärkte (global sourcing) - Absatzmärkte (global marketing) - ökonomische Folgen der Globalisierung - Global players - Kapitalströme - Umweltauswirkungen - Internet (weltweiter Informationsaus-

tausch) - Verkehrsströme – Handelsströme - Tourismus

Institutionen UNO GATT (1948-1995) WTO (ab 1995) IWF Weltbank Attac Kirchen

Mensch/Kultur/Gesellschaft - weltweiter Austausch von Werten

und Überzeugungen - Kulturexport - Auflösen traditioneller Bindungen

und Traditionen – größere räumli-che und emotionale Mobilität

- Migrationen

Globales Lernen - Chatrooms - Comeniusprojekte (z. B. gemein-

sames Arbeiten von Schülern aus verschiedenen Ländern am glei-chen Thema)

- Planspiel Börse (z. B. ausländische Partnerschulen mit einbeziehen, Erfahrungsaustausch, E-Mail-Kontakt)

- Projektpartnerschaften (z. B. über Misereor, Eine-Welt-Läden)

- CD-ROM Globales Lernen (kosten-los bei der Bundeszentrale für poli-tische Bildung, 53111 Bonn)

- www.eine-welt-netz.de (Internetpor-tal als Einstiegsseite zum globalen Lernen, EWIK = Eine-Welt-Internet-Konferenz)

- direkte Kontakte (Gruppen aus der Dritten Welt, über Religionslehrer erfragen)

Probleme: - Auswirkungen auf die Politik - Umweltbelastungen - sustainable deve-

lopment? - Ausbeutung der Arbeitskräfte – keine

Mindeststandards, unmenschliche Ar-beitsbedingungen

Mögliche Hilfe: UN-Sozialcharta Transfair/Rugmark/UNICEF

Probleme: - Arbeitsmigration (gilt auch für hoch-

industrialisierte Länder) - Zuwanderungen (sozial-

ökonomische Folgen)

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M26 Tafelbildskizze: Kaffee – Lebenselixier vieler Menschen rund

um den Globus

Kaffee

Nach Erdöl ist Kaffee das wichtigste Handelsgut der Dritten Welt.

Hauptexportgut für viele Länder

Lebensgrundlage für viele Menschen

z. B. für Uganda 95 % für Burundi 86 % für Ruanda 77 % für Äthiopien 60 % für El Salvador 57 % für Kolumbien 51 %

für ca. 60 Mio. Kleinbauern und für viele Sai-sonarbeiter

In den letzten Jahren kam es zu einem starken Preisverfall.

- Gefährdung der politischen Stabilität - kein Geld für die weitere Entwicklung der

Länder vorhanden

- Verelendung - Überschuldung - Umsteigen auf andere Produkte (z. B. Coca) - Aufgabe des Landbesitzes - Abwanderung in die Städte (Slums, Favel-as, Verelendung)

Hilfen durch Transfair

- gerechterer Preis für die Erzeuger

- Öffnung der Märkte für sonst benachteiligte Kleinbauern - Produktion nach ökologisch vertretbaren Bedingungen

Was kann ich tun? - Transfair-Produkte kaufen (gibt es mittlerweile nicht nur in Eine-Welt-Läden)

- andere Leute darüber informieren - in einem Eine-Welt-Laden mitarbeiten

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M27 Bericht einer Landarbeiterin über ihr Leben auf einer Kaf-

feeplantage in El Salvador „Ich heiße Luisa und bin 32 Jahre alt. Wenn die Kaffee-Ernte anfängt, das ist so im Novem-ber oder Dezember, dann gehe ich mit meinem Jüngsten hoch in die Finca (hier Kaffeeplan-tage). Jeden Morgen gehen wir hoch, denn oben gibt es keinen Platz zum Schlafen. Wir ge-hen um 5.00 Uhr los, denn um 6.00 Uhr geht die Arbeit an. Dann pflücken wir Kaffee bis mittags. Die Arbeit ist anstrengend. Du musst ganz sauber ar-beiten. Wenn Äste abbrechen, schimpfen die Caporales (Aufseher) und wenn sie ganz wü-tend sind, schicken sie uns weg. Dann hast du keine Arbeit mehr und auch kein Geld. Darum bist du still und arbeitest viel. Keine Kaffeebohne darf verloren gehen, man muss sie alle vom Boden auflesen, wenn sie runtergefallen sind. In den Fincas gibt es auch viele Tiere, die einen stechen. Ja, man leidet viel beim Kaffee-pflücken. Viele werden krank. Das ist schlimm, denn wenn du nicht arbeiten kannst, verlierst du dein Geld und deine Arbeit. Sie warten nicht, bis du wieder gesund bist. Medizin gibt es auch keine. Bei uns auf den Fincas gibt es nichts zu essen. Manchmal, auf den anderen Fincas, geben sie eine Handvoll Bohnen und ein paar Tortillas (Maisfladen). Bei uns nicht, aber wir be-kommen dafür den siebten Tag als Ruhetag. Mittags, wenn die Sträucher abgepflückt und die Furchen saubergemacht sind, tragen wir unsere Körbe zum Wiegen. Mein Sohn hilft mir dabei; er hilft beim Pflücken und beim Tra-gen. Mit seiner Hilfe kann ich so mehr verdienen. Ich pflücke so 6 bis 8 Arrobas (à 11 kg) alleine, das gibt 18 – 20 Colones (zum Vergleich: ein Liter Milch kostet 6 Colones). Beim Wiegen werden wir oft betrogen. Die Caporales stellen die Säcke auf die Waage und sagen „soundsoviel Arrobas“. Aber sie betrügen uns, sie sagen immer weniger, als es in Wirklichkeit ist. Wir wissen ja, wie viele Körbe wir in den Sack geschüttet haben. Aber was will man machen, sie geben uns nicht das Geld, das wir eigentlich kriegen müssten. So be-trügen sie uns. Aber ich muss doch von dem Geld, das ich beim Kaffeepflücken verdiene, das ganze Jahr leben, ich und meine Kinder. Wenn ich nicht zur Ernte gehe, bügle ich Hemden und verkaufe Eier. Aber das reicht nicht für uns alle.“

(Quelle: MISEREOR- Lehrerforum, Denkanstöße – Handlungsfelder, Nr. 33/April 1999: Im Brennpunkt: Heiße Klamotten – eiskalte Geschäfte)

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M28 Globalisierung am Beispiel der Textilindustrie

Freie Produktionszonen

hauptsächlich in Mittel- und Südamerika, sowie in Asien

Folgen für die Arbeiterinnen

- nur junge Frauen werden eingestellt - oft Beschäftigung von Minderjährigen - extreme Arbeitsbedingungen (über-

lange Arbeitszeiten, wenig Pausen, kaum Urlaub, Hitze)

- geringe Entlohnung - Gesundheitsschäden durch körperli-

che Belastung - keine Vereinigungsfreiheit

Ziel: Anlocken von Investoren durch - besondere Zoll- und Steuervorteile - niedrigere Energiekosten - gute Infrastruktur - meistens Hafennähe - Sicherheit - Verbot von Gewerkschaften - Umgehen von Sozialstandards - kaum Umweltschutzvorschriften

Protest durch europäische und amerikanische Men-schenrechtsorganisationen und „Kampagne für saubere Kleidung“ Forderung Sozialcharta für den Handel mit Kleidung einhalten Auswirkungen Einige Firmen haben auf Grund der Proteste und Imageprobleme eigene Unternehmens-kodizes entwickelt (z. B. C&A, H&M, Otto-Versand), es gibt aber noch immer keine un-abhängige Prüfung.

M29 Rechenbeispiel Ein einfaches Sweatshirt wird in Deutschland für ca. 17,00 € verkauft. Die Lohnkosten für 40 Näherinnen in einer freien Produktionszone in Mittelamerika betragen täglich ca. 200,00 €. Es werden 1.500 Sweatshirts pro Tag hergestellt. Somit beträgt der Verkaufswert in Deutschland rund 25.500,00 €. Der Lohnanteil für die Näherinnen beträgt nur 0,78 %, also weniger als 1 % des Verkaufserlöses.

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M30

Berichte von Textilarbeiterinnen in El Salvador und Hondu-ras über ihre Arbeitsbedingungen

Irma aus El Salvador „Jedes Jahr kurz vor Weihnachten stehe ich quasi auf der Straße. Regelmäßig werden wir Textilarbeiterinnen in der Zona Franca von San Bartolo in El Salvador wenige Tage vor dem Fest entlassen. In den ersten Januartagen erfolgt die Wiedereinstellung für weniger als den gesetzlichen Mindestlohn von umgerechnet ca. 130,00 € im Monat. Jedes Jahr dieselbe Pro-zedur, denn so müssen kein Weihnachtsgeld und keine Betriebszugehörigkeitsprämie be-zahlt werden. Ich habe vier Kinder zu versorgen und einen arbeitslosen Mann und muss seit Jahren dieses Spielchen zähneknirschend mitmachen. Ich habe erlebt, wie für andere Arbei-terinnen, die auf ihre Rechte pochten, die Werkstore im neuen Jahr geschlossen blieben.“

(Quelle: Freie Produktionszonen – grenzenlose Gewinne, DGB Bildungswerk, Materialien Nr. 46, 08/1996)

Wendy aus Honduras „Ich heiße Wendy und bin 15 Jahre alt. Seit meinem 13. Lebensjahr arbeite ich der Nähfab-rik, der Maquiladora Global Fashion in Honduras.

Bei Global Fashion gibt es etwa hundert Minderjährige wie mich, dreizehn, vierzehn, fünf-zehn Jahre alt, manche sogar nur zwölf. Als wir Hosen für die Marke „Kathie Lee“ nähten, wurden wir gezwungen, fast jeden Tag von acht Uhr morgens bis neun Uhr abends zu arbei-ten. Samstags arbeiteten wir bis fünf Uhr nachmittags. Manchmal mussten wir die ganze Nacht arbeiten, bis halb sieben morgens. Die Mädchen in der Packabteilung haben fast im-mer solche Arbeitszeiten. Wir werden bei Global Fashion sehr schlecht behandelt. Die Aufseherinnen und Aufseher brüllen und schreien uns an, dass wir schneller arbeiten sollen. Manchmal schmeißen sie dir den Stoff ins Gesicht und schubsen dich. Sie zwingen dich dazu, schnell zu arbeiten. Und wenn du es einmal schaffst, die Tagesquote zu erfüllen, dann erhöhen sie sie am nächsten Tag. In der Fabrik ist es heiß wie im Ofen. Die Toilette ist abgeschlossen und man braucht Er-laubnis, um sie zu benutzen, und das geht auch nur zwei Mal am Tag. Während der Arbeit dürfen wir uns nicht unterhalten; und wenn wir es tun, werden wir bestraft. Sogar schwange-re Frauen werden misshandelt. Sie schicken sie in die Bügelabteilung, wo sie in der fürchter-lichen Hitze zwölf bis dreizehn Stunden im Stehen bügeln müssen. Damit zwingen sie sie dazu zu kündigen, weil durch diese Arbeit die Füße anschwellen. Wenn die Frauen es nicht mehr aushalten, müssen sie aufhören. Auf diese Weise braucht die Firma keinen Mutter-schutz mehr zu zahlen. Manchmal fassen die Manager die Mädchen an. Sie tun so, als ob es witzig gemeint ist und betasten uns an den Beinen. Wenn ich „Kathie Lee“ sprechen könnte, würde ich ihn bitten, uns zu helfen, die schlechte Behandlung zu beenden, damit wir zu unserem Recht kommen. Dass sie aufhören, uns an-zuschreien und zu schlagen; dass sie uns zur Abendschule gehen lassen und es zulassen, dass wir uns organisieren, um uns selbst zu schützen. Wir möchten, dass „Kathie Lee“ in unserer Fabrik produzieren lässt, aber zu besseren Bedingungen. Und wir brauchen auch einen gerechten Lohn. Bitte helfen Sie uns.“ (Quelle: National Labor Committee, New York. Übersetzung: Informationsstelle El Salvador e. V.)

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M31 Auswirkungen der Globalisierung – untersucht am Beispiel eines mittelständischen Betriebs

Projektidee: Eine ortsansässige mittelständische Schreinerei mit Spezialisierung auf Fenster und Türen verlagerte einen großen Teil ihrer Produk-tion nach Tschechien. Welche Gründe gab es dafür? Welche möglichen Auswirkungen kann die Verlagerung haben? Zeitbedarf etwa sechs Unterrichtsstunden (1. Stunde: Vorstellen der Projektidee durch die Lehrkraft, gemeinsames Festlegen der Ziele, des Hand-lungsprodukts und Gruppeneinteilung; 2. und 3. Stunde: Durchführen der Arbeitsaufträge; 4. Stunde: Vorbereitung der Präsentation, Erarbeitung als Hausaufgabe; 5. Stunde: Präsentation in der Klasse; 6. Stunde: Erstellen des gemeinsamen Handlungsprodukts) GA Arbeitsaufträge Mögliche Ergebnisse Mögliche Präsenta-

tion Gemeinsames Hand-lungsprodukt (fakul-tativ)

1 Untersuchen Sie, warum die Produktion teilweise verlagert worden ist und welche Erfah-rungen gemacht worden sind. Adressat: Firmeninhaber

- günstigere Lohnkosten - Fördergelder - Fuß fassen auf dem zukunftsträchtigen tschechi-

schen Markt (EU-Erweiterung) - Verlagerung der lohnintensiven Arbeiten - preiswerte Grundstücke - geringe Steuern - Sicherung des deutschen Standorts, wenn auch

mit deutlich weniger Arbeitskräften - viele bürokratische Hindernisse - mittlerweile Branchenführer in Tschechien - (Interview am Telefon, Anfrage im Internet, Befra-

gung in der Firma oder in der Schule)

Bei der Präsentation in der Klasse even-tuell Videokonferenz mit dem Unterneh-mer (ihn noch einmal kurz befragen oder Video vorher auf-nehmen) Folien, Informations-blatt

Brennen einer CD-ROM, die auch ande-ren Klassen zur Verfü-gung gestellt wird Wandzeitung Ausstellung in der Aula mit Informationstafeln (eventuell Präsentation für die ganze Schule mit Einladung der örtli-chen Presse) Ausstellung im Rah-men eines „Tages der offenen Tür“ an der Schule oder eines El-ternabends

2 Erkunden Sie die internationa-len Verflechtungen. Adressaten: Leitende Angestellte

- Wo wird in Deutschland produziert? - Was und wie viel wird hergestellt? - Wo liegt der tschechische Produktionsstandort?

Entfernungen! - Beschaffungsmärkte - Darstellung der Absatzmärkte (Süddeutschland,

Tschechien, Slowakei, Polen, Österreich) - Verkehrsströme

Landkarten Grafiken Power-Point-Präsentation

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3 Befragen Sie die betroffenen Arbeitnehmer in Deutschland und Tschechien.

- in Deutschland zunächst großer Schock (Angst vor Arbeitsplatzverlust)

- Wechsel des Arbeitsplatzes für Führungskräfte, Meister, Vorarbeiter und einige Verwaltungsange-stellte vor allem in der Aufbauphase

- Sprachprobleme - Wochenendheimkehrer - Probleme in der Familie - Probleme im Freundeskreis - Beeinträchtigung des Vereinslebens (Stammspie-

ler) - lange Anfahrtswege - höheres Einkommen - Abbau von Vorurteilen auf beiden Seiten - entlassene Arbeitskräfte - Schwierigkeiten, einen neuen Arbeitsplatz zu fin-

den - längerfristig arbeitslos (Selbstwertgefühl!) - fast keine Chance für ältere Arbeitnehmer einen

Arbeitsplatz in der selben Branche zu finden, auch finanzielle Verluste

- tschechische Arbeitnehmer - gesicherte und gut bezahlte Arbeitsplätze - gute Aufstiegschancen für deutschsprechende Ar-

beitnehmer - moderne Technik

(bei Sprachproblemen helfen IHK, Studenten, evtl. Arbeiter weiter)

Kurzsequenz (aufge-nommen mit Digital-kamera), Folien, Kassetten mit Inter-views Rollenspiel (z.B. Ver-ständigung zwischen deutschen und tsche-chischen Arbeitskol-legen) Rollenverhalten (z. B. Vater kommt am Wochenende heim)

Podiumsdiskussion mit Betroffenen und Ver-tretern der Öffentlich-keit

4 Untersuchen Sie die Auswir-kungen auf die betroffenen Gemeinden. Suchen Sie auch Kontakt zum tschechischen Standort. Adressaten: Bürgermeister, Kämmerer, Firmen

- Deutschland: Steuerausfälle - Deutschland: teilweise geringere Kaufkraft - Deutschland: Umsatzrückgänge bei Friseur, an

Tankstellen, Zigaretten- und Alkoholverkauf - Tschechien: neue Arbeitsplätze - Tschechien: höhere Kaufkraft - Tschechien: steigendes Steueraufkommen

Kurzreferat Folien Kassetten

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- Vor der Ansiedlung mussten viele Vorleistungen von tschechischer Seite erbracht werden (Konkur-renz innerhalb Tschechiens)

5

Nehmen Sie Kontakt mit der IHK auf: - Warum verlagern Betriebe

die Produktion ins Aus-land?

- Welche Branchen sind in erster Linie betroffen?

- Verhältnis Lohn - Kauf-kraft?

- Unterstützung der Unter-nehmen durch die IHK?

- Bekannte Probleme?

- Verlagerung von lohnintensiven Produktionsver-fahren

- Inanspruchnahme von Fördergeldern - Sprachbarrieren - lange Staus an den Grenzen (schwierige Logistik) - teilweise mangelhafte Infrastruktur - gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte

(Vorteil: IHK hat Spezialisten, die auch tsche-chisch sprechen)

Folien Schülerreferat Thesenblatt

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4.2.7 Globalisierung gestalten – Verantwortung übernehmen Lehrplanbe-zug

Der Lehrplanbezug ist gegeben beim Fachlehrplan der R6 Sozialkunde Sk 10.2 Der demokratische Verfassungsstaat, Sk 10.4 Strukturen gesamtwirt-schaftlicher Vorgänge, Sk 10.5 Ziele und Maßnahmen der Wirtschaftspolitik und Sk 10.6 Die Bundesrepublik Deutschland in Europa und der Welt.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Globalisierung wird heute als gegebene Tatsache angesehen und nicht mehr bestritten. Deshalb spricht man auch nicht mehr von Globalisierungs-„Gegnern“, sondern lediglich von Globalisierungs-„Kritikern“. Und selbst eine Organisation wie attac (als eine der auf dem Globalisierungssektor wirksam werdenden NGO.s) akzeptiert die Globalisierung als wirtschaftliche und soziale Erscheinung, wendet sich aber vehement gegen deren schlimme Auswirkun-gen für die Betroffenen. Aufgrund des Perspektivenwechsels wird in dieser UE die Globalisierung aus der Sicht eines (fiktiven) Entwicklungslandes betrachtet. In den Vordergrund tritt hier die Frage, wie die immensen Auslandsschulden eines sog. Dritte-Welt-Landes reduziert werden können. Es gibt hier kein Patentrezept, um der „Schuldenfalle“ zu entkommen, denn jedes Handeln hat neben den beabsich-tigten positiven Folgen unweigerlich auch negative. Es geht darum, darzustellen, wie sich eine offensichtlich nicht aufzuhaltende Entwicklung beeinflussen lässt, dass sie zu den grundlegenden Werten unse-rer Gesellschaft nicht im Widerspruch steht. Alles andere würde die Kapitulati-on der Politik angesichts der Macht des Marktes bedeuten.

Kurzbe-schreibung

Der Vorschlag ist für eine Unterrichtsstunde (45 Minuten) konzipiert. Der Einstieg ist der Berichterstattung der Tagespresse entnommen (siehe M32; ggf. zu aktualisieren). Dem folgt eine arbeitsteilige Beantwortung der Frage, was ein Entwicklungs-land tun kann, um seine Auslandsschulden zu begleichen, und welche positi-ven und negativen Folgen hierbei zu erwarten sind. Als Beispiel dient ein idealtypisches und daher fiktives Land, Miraunda (Texte für fünf Arbeitsgruppen, siehe M33). Denkbar ist auch, vor allem wenn aktuelle Daten verwendet werden können, dass ein Beispiel aus der Wirklichkeit genommen wird (Ghana, Mosambik; Bangla Desh, Sri Lanka; Guatemala, Haiti …). Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden in einer Mindmap zusammenge-fasst. Im letzten Arbeitsschritt wird dann im Gespräch der Frage nachgegangen, was die reichen Länder gegen die negativen Auswirkungen der Globalisierung tun können. Drei Möglichkeiten sind hier (derzeit) vorrangig zu nennen: - Erhöhung der Entwicklungshilfe, - Schuldenerlass für die Entwicklungsländer,

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- Verpflichtung der Industrieländer auf eine weltweit geltende Sozialcharta, mit der Standards für Arbeitsbedingungen und Mindestlöhne festgelegt wer-den.

Auch der Faire Handel (siehe M32) und das Auseinanderklaffen zwischen ge-äußerter Gesinnung und tatsächlichem Konsumverhalten können hier ange-sprochen werden.

Material M32 Wenn die Qualität unter dem Preis leidet (Artikel in der Augsburger All-gemeinen, 29.12.2003) M33a – M33e Texte für fünf Arbeitsgruppen zum Thema Was geschieht, wenn ein Dritte-Welt-Land versucht, seine Auslandsschulden abzutragen?

Literatur, Links

Gisela Führing: Perspektivenwechsel, in: 21 – das Leben gestalten lernen, Nr. 3, 2001, S. 42 f. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (Hrsg.): Medienhandbuch Entwicklungspolitik, Berlin 2003 [hier vor allem die Länderkurzberichte auf S. 179 ff. und S. 339 f. sowie ein ausführliches An-schriftenverzeichnis auf S. 385 ff.] Über das BMZ ist auch die Broschüre Medienverzeichnis zu beziehen, in dem die kostenfreien Publikationen des Ministeriums aufgeführt sind (Bestelladres-se: BMZ, Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Stresemannstr. 94, 10963 Berlin; E-Mail: [email protected]). www.unicef.de www.bmz.de (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit) www.ded.de (Deutscher Entwicklungsdienst) www.misereor.de www.jugendaktion.de (enthält Infos zu aktuellen Themen, z.B. Kampagne ge-gen Biopiraterie) www.greenpeace.de www.gtz.de/biotech (Infos zu Biotechnologie in der Entwicklungszusammenar-beit) www.transfair.org (Fairer Welthandel) www.cleanclothes.org (Textilindustrie) www.venro.org (Verband von Nichtregierungsorganisationen) www.eine-welt-netz.de (Globales Lernen) www.globaleducation.at www.globaleducation.ch www.epo.de (Hintergrundinformationen zur Entwicklungsarbeit) www.brot-fuer-die-welt.de www.welthungerhilfe.de www.eed.de (Evangelischer Entwicklungsdienst) www.globales-lernen.de www.epiz-berlin.de (Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszent-rum) www.proasyl.de www.worldbank.org (Informationsdienst der Weltbank) www.un.org www.who.ch www.unesco.org

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www.unhcr.de (UN-Hilfswerk für Flüchtlinge) www.erlassjahr.de (Verschuldungsproblematik) www.rugmark.de (gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie) www.fian.de (Blumenkampagne) www.cbmi.de (Christoffel-Blindenmission) www.agenda-transfer.de (Agenda21) www.learn-line.nrw.de/angebote/agenda21 Für den Themenbereich relevante Infografiken u. a. für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

M32 Wenn die Qualität unter dem Preis leidet

Berichterstattung „Wenn die Qualität unter dem Preis leidet“ in der Augsburger Allgemeine vom 29.12.2003

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M33a Was geschieht, wenn ein Dritte-Welt-Land versucht, seine Auslandsschulden abzutragen?

Miraunda geographische Lage: in der Nähe des Äquators – in Asien, Afrika oder in Südamerika Staatsform: demokratische Republik (bis 1998 Militärdiktatur) Exportgüter: Kaffee, Bananen, tropisches Holz Bevölkerung: 25 Millionen (davon 45 Prozent jünger als 20 Jahre) durchschnittliche Lebenserwartung: 37,2 Jahre Kindersterblichkeit 116 pro 1000 Lebendgeburten jährliches Bevöl- kerungswachstum 2,0% BIP pro Kopf: 512 € Alphabetisierungs- quote: ca.35 Prozent Auslandsschulden: 8,4 Milliarden € Problem Nr. 1:

Miraunda setzt zunächst auf den Export seiner Rohstoffe. Das machen aber die anderen (ebenfalls hoch verschuldeten) Entwicklungsländer auch.

So sinkt der Preis für diese Waren auf dem Weltmarkt, der ohnehin stark von den Käufern im Norden bestimmt wird. Also muss immer mehr für den Export produziert werden, noch mehr Kaffee, noch mehr Bananen. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass auf diesem Land kein Getreide oder Gemüse für die eigene Bevölkerung angebaut wird, was aber dringend nötig wäre.

Positiv Negativ - erhöhte Produktion von Exportgütern - Überangebot drückt Preis - mehr Einnahmen - eigene Bevölkerung wird vernachlässigt

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M33b Was geschieht, wenn ein Dritte-Welt-Land versucht, seine Auslandsschulden abzutragen?

Miraunda geographische Lage: in der Nähe des Äquators – in Asien, Afrika oder in Südamerika Staatsform: demokratische Republik (bis 1998 Militärdiktatur) Exportgüter: Kaffee, Bananen, tropisches Holz Bevölkerung: 25 Millionen (davon 45 Prozent jünger als 20 Jahre) durchschnittliche Lebenserwartung: 37,2 Jahre Kindersterblichkeit 116 pro 1000 Lebendgeburten jährliches Bevöl- kerungswachstum 2,0% BIP pro Kopf: 512 € Alphabetisierungs- quote: ca.35 Prozent Auslandsschulden: 8,4 Milliarden € Problem Nr.2: Die Steigerung des Exports und damit die Hoffnung auf Zunahme der Deviseneinnahmen bergen die Gefahr, dass die natürlichen Ressourcen Miraundas geplündert werden. Der pflegliche Umgang mit den natürlichen Reichtümern des Landes und der Umweltschutz werden deshalb sträflich vernachlässigt.

Positiv Negativ - mehr Deviseneinnahmen - Rohstoff-Ressourcen werden geplündert

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M33c Was geschieht, wenn ein Dritte-Welt-Land versucht, seine Auslandsschulden abzutragen?

Miraunda geographische Lage: in der Nähe des Äquators – in Asien, Afrika oder in Südamerika Staatsform: demokratische Republik (bis 1998 Militärdiktatur) Exportgüter: Kaffee, Bananen, tropisches Holz Bevölkerung: 25 Millionen (davon 45 Prozent jünger als 20 Jahre) durchschnittliche Lebenserwartung: 37,2 Jahre Kindersterblichkeit 116 pro 1000 Lebendgeburten jährliches Bevöl- kerungswachstum 2,0% BIP pro Kopf: 512 € Alphabetisierungs- quote: ca.35 Prozent Auslandsschulden: 8,4 Milliarden € Problem Nr. 3: Um die Wirtschaft im Land anzukurbeln und Auslandsfirmen zu Investitionen zu bewegen, werden staatliche Unternehmen privatisiert und Zölle gesenkt oder abgeschafft. Ausländi-schen Firmen wird die Niederlassung leicht gemacht: In den sogenannten „Freien Produkti-onszonen“ können große internationale Konzerne zu Niedrigstlöhnen und unter erbärmli-chen Arbeitsbedingungen produzieren lassen. Positiv Negativ - Investition von Auslandskapital - Ausbeutung einheimischer Arbeitskräfte - Schaffung von Arbeitsplätzen

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M33d Was geschieht, wenn ein Dritte-Welt-Land versucht, seine Auslandsschulden abzutragen?

Miraunda geographische Lage: in der Nähe des Äquators – in Asien, Afrika oder in Südamerika Staatsform: demokratische Republik (bis 1998 Militärdiktatur) Exportgüter: Kaffee, Bananen, tropisches Holz Bevölkerung: 25 Millionen (davon 45 Prozent jünger als 20 Jahre) durchschnittliche Lebenserwartung: 37,2 Jahre Kindersterblichkeit 116 pro 1000 Lebendgeburten jährliches Bevöl- kerungswachstum 2,0% BIP pro Kopf: 512 € Alphabetisierungs- quote: ca.35 Prozent Auslandsschulden: 8,4 Milliarden € Problem Nr. 4: Im Haushalt von Miraunda wird vor allem dort gespart, wo wenig Gegenwehr zu erwarten ist, z. B. in der Bildung und im Gesundheitswesen. Positiv Negativ - Staatsausgaben werden reduziert - weniger Gesundheitsvorsorge - weniger Bildung

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M33e Was geschieht, wenn ein Dritte-Welt-Land versucht, seine Auslandsschulden abzutragen?

Miraunda geographische Lage: in der Nähe des Äquators – in Asien, Afrika oder in Südamerika Staatsform: demokratische Republik (bis 1998 Militärdiktatur) Exportgüter: Kaffee, Bananen, tropisches Holz Bevölkerung: 25 Millionen (davon 45 Prozent jünger als 20 Jahre) durchschnittliche Lebenserwartung: 37,2 Jahre Kindersterblichkeit 116 pro 1000 Lebendgeburten jährliches Bevöl- kerungswachstum 2,0% BIP pro Kopf: 512 € Alphabetiserungs- quote: ca.35 Prozent Auslandsschulden: 8,4 Milliarden € Problem Nr. 5: Der Riesenschuldenberg ist eine arge Belastung für die Demokratie in Miraunda, denn der allergrößte Teil der Schulden ist von der Militärdiktatur gemacht worden. Die Demokraten in Miraunda sprechen von „odious debts" - „schmutzigen Schulden", die heute den Aufbau des neuen Miraunda erschweren. Gerade bei den Jugendlichen haben solche Politiker großes Ansehen, die versprechen, dass sie alle Probleme des Landes schnell lösen, würde ihnen die Macht im Lande übertra-gen und sie könnten dann hart und kompromisslos durchgreifen. Positiv Negativ - Sieg der Demokratie - Schuldenlast fördert diktatorische Politik

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4.2.8 Politik und Wirtschaft auf kommunaler Ebene Lehrplanbe-zug

Die Thematik betrifft insbesondere die Lehrplanbereiche Sk 10.1 Der Einzel-ne in der Gesellschaft und Sk 10.3 Politische Strukturen, aber auch im Be-reich Grundwissen ausgewiesene Grundeinstellungen (Kompromissbereit-schaft und –fähigkeit als wichtige Grundlage der Konfliktlösung; Eigenver-antwortung, Eigenvorsorge und Solidarität). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur dann jemand handelt, wenn das Problem ihn wirklich betrifft (wenn es Emotionen und weitergehendes Inte-resse auslöst), lässt sich der Einstieg in den Bereich Demokratische Teilhabe einzelner Bürger mit den Schülern relativ leicht verwirklichen.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Den Schülern sollte bewusst werden, dass sie dieser Themenbereich unmit-telbar etwas angeht, dass Veränderungen im kommunalen Umfeld auch für sie Auswirkungen haben. Aus diesem Grund sollten Einstiege gewählt wer-den, die von besonderer Relevanz und von besonderem Reiz für die Jugend-lichen sind und sich möglichst noch durch Aktualität auszeichnen (was örtlich natürlich unterschiedlich ist). Die Konfrontation mit einem kommunalen/lokalen/regionalen Problem kann bei den Schülern durchaus eine unmittelbare Betroffenheit erzeugen, weil sie als ein Mitglieder ihrer Kommune bestimmte Dinge in Anspruch nehmen wol-len, weil sie ein Interesse am Fortbestand gewisser Einrichtungen haben usw. Insgesamt erleichtert das dem Unterrichtenden den Zugang zu dem ansonsten etwas spröde klingenden Thema Kommunalpolitik (z. B. drohende Schließung eines Jugendheims, weil der Haushalt der Kommune demnächst um 10% gekürzt werden muss und Einsparmöglichkeiten gefragt sind).

Die Kommune – viele sehen das als ein Thema der Institutionenkunde (Auf-bau und Organisation einer Gemeinde, kommunales Wahlrecht, kommunale Selbstverwaltung, freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben), doch ergeben sich hier zusätzliche (oftmals brisante) Problemstellungen, die geradezu nach Lösungsvorschlägen verlangen, die man im Unterricht erarbeiten könn-te: Belastungen für die Kommunen durch ungeklärte Gemeindefinanzen, nicht genehmigte Haushalte, schwindende Einkünfte, unzureichende Gewer-besteuer, zu wenig Finanzausgleich – insgesamt erhebliche Geldnöte für Städte und Gemeinden und damit geplante Schließungen von Schwimmbä-dern, Theatern, Büchereien, die Zusammenlegung/Schließung von Schulen und so weiter.

Kurzbe-schreibung

Varianten für den Einstieg in das Thema 1. Rollenspiel zum Thema „Jugendzentrum – Ja oder Nein?“ Die Schüler werden mit dem Problem konfrontiert, dass in der Gemeinde „Musterdorf“ ein Jugendraum/Jugendzentrum fehlt. Nun kann man zunächst einmal grundsätzlich klären, wer überhaupt alles von dieser Problemstellung betroffen ist, man kann aber auch vorgefertigte Spielkarten mit grob umris-senem Rollenverhalten (siehe M34) ausgeben. Im Rollenspiel und in der anschließenden Diskussion stellen die Schüler fest, dass die einzelnen Gruppen (Jugendliche, Eltern, Bürgermeister und Ge-

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meinderat, Nachbarn, Polizei) durchaus gemeinsame Interessen haben, dass es aber auch erhebliche Differenzen gibt, für die man einen Konsens finden muss. Es gilt mögliche Lösungen zu skizzieren, konkrete Vorschläge zu erarbeiten (z. B. Bauwagen, leerstehendes Gebäude, Nutzung eines vor-handenen gemeindlichen Raumes, Neubau eines Jugendzentrums). Sehr schnell stellt sich dann die Frage nach der Finanzierung. 2. Provokation durch einen „fiktiven“ Zeitungsartikel Den Schülern wird ein selbst verfasster, fiktiver Zeitungsartikel vorgelegt (siehe M35), der eine wesentliche Veränderung ihrer Schulsituation vor Ort vorgibt: Es wird z. B. eine Verlegung ihrer Schule angekündigt (ein keines-wegs unrealistisches Beispiel, da es mehrere Überlegungen dieser Art be-reits gegeben hat). Je glaubhafter der Artikel klingt, umso mehr fühlen sich die Schüler zum Widerspruch und zur Diskussion angeregt. Die Fragen „Was ändert sich für dich? Was kann man dagegen tun?“ führen die Schüler zu möglichen Äußerungen, die man in einer „Aktivitäten-Liste“ sammeln lassen könnte. Der nächste Schritt führt sie dann zu den Überle-gungen, wie eine Kommune organisiert und strukturiert sein muss, dass sie in diesem speziellen Fall (positiv) handlungsfähig ist, was zwangsläufig auch die Frage nach den Finanzen beinhaltet. 3. Aktuelles Beispiel aus der Tagespresse Ausgehend von Zeitungsmeldungen, die ökologische und ökonomische Überlegungen zu einem Gewerbeprojekt einander kritisch gegenüberstellen (z. B. ein lukratives Gewerbeprojekt scheitert aufgrund der Initiativen von Naturschützern), lässt sich leicht an die finanzielle Situation vieler Kommu-nen anknüpfen. Weiterer Verlauf der Unterrichtseinheit Die Schüler sollen sich anhand der fiktiven 4.000-Einwohner-Gemeinde „Musterdorf“ jetzt ganz konkret mit den finanziellen Möglichkeiten einer Kommune beschäftigen. Zur Klärung der gemeindlichen Einnahmen und Ausgaben dient ein Abdruck des Vermögens- und Verwaltungshaushalts von „Musterdorf“ (M36), aber auch der Organisationsplan der jeweiligen Kommune, anhand dessen die Schüler einen Einblick in die Verwaltungsstrukturen und in die kommunalen Eigenbetriebe bekommen (z. B. unter www.wuerzburg.de/buergerservice). Im Zusammenhang mit den verstärkten E-Government-Bemühungen der Kommunen bietet das Internet zu diesem Themenbereich viele Möglichkei-ten. Abschließend könnten gemeinsam mit den Schülern vereinfachte Schaubil-der zur Organisation einer Kommune, zu ihren einzelnen Aufgaben sowie zu ihren Einnahmen und Ausgaben erstellt werden (Powerpoint, Plakatwand). Je nach Einstieg bieten sich im Verlauf der Unterrichtseinheit für die Vertie-fung mehrere Varianten an: 1. Gespräch mit einem Jugendsozialarbeiter oder Veranstaltung einer Dis-kussionsrunde Das Gespräch mit einem Sozialarbeiter des Jugendamts (Kreisjugendamt, Landratsamt) lässt sich vielerorts problemlos organisieren, der Besuch einer Jugendeinrichtung ebenso.

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Weitaus schwieriger, weil zeitintensiver und logistisch aufwändiger, ist die Planung und Durchführung einer öffentlichen Diskussionsrunde zum Thema Jugendarbeit/Jugendeinrichtung an der Schule – unter Umständen aber auch lohnender, weil Vertreter von Bürgerinitiativen genauso dazu eingeladen werden können wie Eltern, Gemeinderatsmitglieder und Vertreter anderer lokaler/regionaler/überregionaler Einrichtungen und die örtliche Presse. Anbieten würde sich abschließend die Ausarbeitung einer Verfassung oder Satzung für den neu einzurichtenden Jugendraum durch die Schüler bezie-hungsweise ein gemeinsam verfasster Leserbrief in der örtlichen Presse oder ein Schreiben an Bürgermeister und Gemeinde-/Stadtrat in der die Ju-gendlichen interessierenden Angelegenheit (falls es hier nicht bereits ander-weitige Kontakte gegeben hat). 2. Teilnahme an einer Gemeinde-/Stadtratssitzung oder Gespräch mit einem Kommunalpolitiker Die Teilnahme von Schülern an einer solchen Sitzung wäre zwar wün-schenswert, ist aber angesichts meist abendlicher Sitzungstermine, zum Teil auch nichtöffentlicher Sitzungsteile, vieler Routinearbeiten während der Sit-zungen (z. B. Behandlung von Bauanträgen) und der mitunter großen Anzahl von Schülern (auf die manche Gemeinden gar nicht eingestellt sind) oftmals unergiebig – ein genaue Absprache im Vorfeld hilft Frust und Ärger auf bei-den Seiten vermeiden. Angebrachter und meist effektiver ist da die Einladung eines Kommunalpoli-tikers (z. B. Fraktionssprecher, Bürgermeister) oder eines Kommunalsach-verständigen in den Unterricht oder ein Besuch desselben an dessen Wir-kungsstätte (vgl. dazu „Lernort Rathaus“).

Material Spielvorgabe für Rollenspiel, Zeitungsartikel (möglichst aktuell), Handbücher zur Kommunalpolitik, Haushaltsplan einer Gemeinde; Internetzugang. M34 Rollenkarten für das Rollenspiel zum Thema „Jugendzentrum – Ja oder Nein?“ M35 „fiktiver“ Zeitungsartikel M36 Haushalt „Musterdorf“

Fächer-übergrei-fende Mög-lichkeiten

Bei der Erarbeitung von Gesetzestexten (u. U. mit der Lektüre von Franz Kafkas „Vor dem Gesetz“ gekoppelt) wie bei der Abfassung von Leserbriefen o. Ä. bietet sich die fächerübergreifende Zusammenarbeit mit dem Fach Deutsch an.

Tipp Für ein kommunales Thema ist ein enger Bezug/Kontakt zur jeweiligen Ge-meinde-/Stadtverwaltung bzw. zum jeweiligen Gemeinde-/Stadtrat hilfreich. Handlungsorientiert ergänzt werden kann die Erarbeitung des Themenbe-reichs durch den „Lernort Rathaus“ (Materialien für die Unterrichtsvorberei-tung werden hierfür bereitgestellt).

Literatur Taschenbuch für Gemeinde- und Stadträte in Bayern – Grundwissen für kommunale Mandatsträger, Richard Boorberg Verlag Für den Themenbereich relevante Infografiken u. a. für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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M34 Rollenkarten für das Rollenspiel zum Thema Jugendzentrum -

Ja oder Nein? Jugendliche Wunsch nach einem eigenen Raum Platz für einen Treffpunkt auch bei schlechtem Wetter Billard-Tisch Fernseher und Musikanlage Mehr Eigenverantwortlichkeit wird gefordert Selbstorganisation wird zugesagt Bisher nur Treffen auf der Straße möglich Einrichtung durch Spenden und Möbel vom Sperrmüll Ausgestaltung und Wände streichen in Eigenarbeit Schlüsseldienst wird geregelt Eltern Jugendliche brauchen die Möglichkeit eines außerhäuslichen Treffpunkts Bisher nur Treffen auf der Straße möglich, Ärger durch Öffentlichkeit Einrichtung durch Spenden, Sperrmüll Schlüsseldienst, Zuständigkeit geregelt Jugendliche sollten beaufsichtigt werden Gemeinde ist für die Jugendarbeit zuständig Wahlversprechen aller Fraktionen Überwachung durch die Gemeinde Eltern beaufsichtigen mit Kein Alkohol, keine Drogen Bürgermeister und Gemeinderat Jugendliche müssten sich nicht auf der Straße treffen Kostenfrage Haushaltslage angespannt Jugendliche sollten beaufsichtigt werden Kommunaler Sozialpädagoge Wahlversprechen aller Fraktionen Lage, Wege, Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel Kein Alkohol, keine Drogen Vereinsarbeit Überwachung durch Gemeinde Eltern beteiligen sich an der Aufsicht Jugendraumsatzung muss aufgestellt werden Raum-Alternativen? Nachbarn Lärmbelästigung ist zu erwarten Verschmutzung in der Umgebung nimmt zu Unzumutbarkeit Jugendliche sollten beaufsichtigt werden Gemeinde ist für die Jugendarbeit zuständig In der Öffentlichkeit nur Ärger Angst vor Exzessen Jugendliche u. U. nicht kontrollierbar Überwachung durch Gemeinde Eltern beaufsichtigen mit Gefährdung der eigenen Kleinkinder Verwahrlosung

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Polizei Kontrolle problematisch Gefahr von Alkoholmissbrauch Gefahr von Drogenhandel Gemeinde ist für Jugendarbeit zuständig In der Öffentlichkeit nur Ärger Überwachung durch Gemeinde Verantwortung auch der Eltern Öffnungszeiten Jugendschutz Gewalt und Kriminalität Vertragliche Vereinbarungen Presse Bisher nur Platz auf der Straße Probleme im gesamten Landkreis Leserstimmen zu Jugendräumen eher negativ Gemeinde ist für die Jugendarbeit zuständig Welche konkreten Planungen gibt es? Erfahrungsaustausch mit anderen Gemeinden? Zusätzliche Möglichkeiten? Bestehende Einrichtungen der Jugendarbeit?

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M35 fiktiver Zeitungsartikel Schüler der … - Realschule in … sind betroffen Schullandschaft der Stadt … soll verändert werden … (Eig. Bericht) Nach neuesten Meldungen haben Vertreter der Schulbehörden, der Stadtver-waltung und des Landratsamtes in … eine Neuorganisation des Schulwesens vereinbart. Danach soll die Realschule von der …- Straße in den Stadtteil … verlegt werden. „Damit hätte der Stadtteil … seine eigene Realschule“, meinte Oberbürgermeister … in der gestrigen Pressekonferenz. Gleichzeitig könnte durch behindertengerechten Umbau des Schulgebäudes die Isolation zahlreicher behinderter Schüler im Stadtteil … „aufgebrochen“ werden. „Integration statt Konzentration“ sei das neue Schlagwort. „Die Realschule … gehört außerdem aus historischen Gründen in die Nähe von …“, sagte der Oberbürgermeister. Der Stadtschulrat verneinte Nachteile für die bisherigen Schüler der Realschule in der …- Straße: „Die werden alle nach … gefahren, dafür richten wir eine eige-ne Buslinie ein!“ Zeitverluste durch längere Busfahrten will das Landratsamt durch eine Sonderregelung aus-gleichen. Im neuen „Schulzentrum“ in … soll es zusätzlichen Unterricht am Donnerstag-nachmittag (vier Stunden) und am Samstagvormittag (sechs Stunden) geben. So würde auch einer Forderung der Elternschaft Rechnung getragen, die sich seit langem mehr Beauf-sichtigung der Kinder in den „verkaufsoffenen“ Zeiten wünscht, betonte unserem Reporter gegenüber ein Sprecher des Kultusministeriums. Das Rotationsmodell der Stadt … sei kostenneutral, da die zulässige Klassenstärke zudem weiter angehoben werden soll. Der Landrat befürwortet die neue Regelung ebenfalls, er sieht Vorteile für den Landkreis: „Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres im Februar 2002 über-nimmt die Stadt … sämtliche Kosten der Realschule, an denen der Landkreis bisher prozen-tual beteiligt war.“ Für den Landrat ist die Veränderung der Schullandschaft in … ein echter Kompromiss. In der öffentlichen Sitzung anwesende Eltern und auch Schüler aus der bisherigen Realschu-le in der … -Straße zeigten sich überrascht. Ihre erste Reaktion: „Die Betroffenen erfahren wie immer zuletzt davon!“, „Die spinnen!“ und „Uns hat keiner gefragt!“. Protestaktionen sind auf alle Fälle zu erwarten. Von den politischen Parteien des Kreistags und des Stadtrats lag bei Redaktionsschluss noch keine Stellungnahme vor.

SOZIUS

1. Worum geht es? 2. Inwiefern bist du betroffen? 3. Was ändert sich für dich? 4. Was kann man tun?

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M36 Haushalt Musterdorf Die wichtigsten Positionen des Vermögenshaushalts von Musterdorf

Einnahmen Investitionszuweisung - Feuerwehr 17.000 Grundstücksverkauf Schleifweg / BLS 300.000 Straßenbau - Industriepark-Nord 850.000 Zuschuss Städtebauförderung 135.000 Kanal - Industriepark-Nord 1.000.000 Zuschuss Regenrückhaltebecken 167.000 Verkäufe Industriepark-Nord 20.000 Wasser- Industriepark-Nord 725.000 Investitionspauschale 30.000 Entnahme der Rücklage 20.000 Kreditaufnahme 827.971 Zuführung vom Verwaltungshaushalt 202.029

Ausgaben Umbau Rathaus (Einrichtung/Reste Bürgerbüro) 25.000 EDV 20.000 Erweiterung Grundschule 497.000 Beteiligung Kirchenrenovierung 30.000 Tagespflegestätte 25.710 Umbau für Kindergartenzusatzgruppe/Jugendbetreuung 21.500 Straßenbau - Industriepark-Nord 860.000 Städtebauförderung - ehemalige Gemeindebäckerei 675.000 Kanal - Industriepark-Nord 1.000.000 Beteiligung Kläranlage mit Umschuldung 25.000 Planungen für Friedhofsanbau 35.000 Wasser - Industriepark-Nord 722.500 Grundstückserwerb 20.000 Tilgung von Krediten 280.000

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Verwaltungshaushalt von Musterdorf Die wichtigsten Einnahmen und Ausgaben des Verwaltungshaushaltes 2003 verglichen mit dem vorläufigen Jahresergebnis 2002 und dem endgültigen Ergebnis 2001.

Ansatz 2003 Ergebnis 2002 Ergebnis 2001 in € in € in € Einnahmen Grundsteuer A 25.000 23.078 23.484 Grundsteuer B 260.000 246.848 243.106 Gewerbesteuer 420.000 406.065 351.682 Anteil Einkommensteuer 1.289.622 1.058.142 1.106.571 Gemeindeanteil Umsatzsteuer 21.000 19.540 19.897 Schlüsselzuweisungen 705.536 774.580 697.273 Allgemeine Finanzzuweisung 70.000 69.622 67.423 Einkommensteuerbeteiligung 101.683 85.486 75.320 Grunderwerbssteueranteil 70.000 51.667 68.090 Konzessionsabgabe 115.000 115,706 94.149 Ausgaben Zuwendungen an Schulverbände 280.000 226.651 209.148 Personalkostenzuschüsse Kindergarten 230.000 216,750 209.692 Personalkosten 809.247 752.172 660.754 Gewerbesteuerumlage 110.000 99.035 123.752 Solidarumlage 175.000 89,972 72.534 Kreisumlage 1.025.900 961.073 934.726 Zinsen 138.000 99.551 84.294

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4.2.9 Stichwort: Reformen Lehrplanbe-zug

Der Lehrplanbezug ist bei dieser Thematik offensichtlich: Von Sk 10.1 Der Ein-zelne in der Gesellschaft über Sk 10.2 Der demokratische Verfassungsstaat, Sk 10.3 Politische Strukturen, Sk 10.4 Strukturen gesamtwirtschaftlicher Vor-gänge und Sk 10.5 Ziele und Maßnahmen der Wirtschaftspolitik sind bis hin zu Sk 10.6 Die Bundesrepublik Deutschland in Europa und der Welt im gesamten Fachlehrplan Sozialkunde der R6 überall Anknüpfungspunkte zu finden.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Der Unterrichtsvorschlag setzt sich mit einem Thema auseinander, von dem mit Sicherheit gesagt werden kann, dass es auch in den nächsten Jahren auf der Agenda stehen wird: die Reform der sozialen Sicherungssysteme. Schwie-rig ist der Balanceakt, zum einen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu er-halten und zu steigern, zum anderen den Sozialstaat so zu erneuern, dass er auch künftig bei Bedürftigkeit und Not helfen kann. Es gibt wohl wenige Themen der politischen Bildung, an denen dem Schüler so eindringlich verdeutlicht werden kann, dass es die Lösung nicht gibt, nicht geben kann. Entscheidungen sind zwar unumgänglich, müssen aber immer wieder auf den Prüfstand. Ein politisches Urteil steht nicht ein für allemal fest, sondern ist stets von neuem zu finden. Dass Demagogen mit ihren schrecklichen Vereinfachungen gerade eher von jungen Leuten gehört werden, ist eine wohl unvermeidliche Schwäche der Wil-lensbildung in der Demokratie. Freilich spricht das nicht gegen die Demokratie – und zu dieser Einsicht sollen die Schüler geführt werden. Verbunden damit ist die Erkenntnis, dass die Demokratie wesentlich davon lebt, die Belange der anderen Seite wahrzunehmen und bei der Kompromissfindung zu berücksich-tigen.

Kurzbe-schreibung

Der Entwurf ist auf eine Unterrichtsstunde (45 Minuten) angelegt. Am Ende der Stunde soll dem Schüler durch eine Mindmap einsichtig werden, dass jeder Reformvorschlag zumindest einen positiven wie einen negativen Aspekt hat. Der Einstieg in das Stundenthema lässt sich leicht mit der Berichterstattung in der Tagespresse finden (vgl. M37). Auch künftig wird gewiss jeden Tag über Reformvorhaben und deren Diskussion zu lesen sein. Im zweiten Schritt wird den Schülern eine Reihe von Vorschlägen gezeigt (M38 – diese Aufzählung wird je nach Stand der Diskussion zu aktualisieren sein). In Kleingruppen sollen die Schüler dann die Vor- und Nachteile jeweils eines Vorschlages erörtern, wobei nicht unbedingt jeder Vorschlag behandelt werden muss. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden in einer Mindmap festgehal-ten. Ein gewisser Leistungsanreiz für die Gruppenarbeit kann von einer weiteren Arbeitsgruppe ausgehen, die darüber urteilt, welche Gruppe das inhaltlich bes-te Arbeitsergebnis vorgelegt und am überzeugendsten präsentiert hat.

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Material M37 Berichterstattung in der Tagespresse

M38 Vorschläge zur Reform von Staat und Wirtschaft (Beispiele)

Literatur Albrecht Müller: Das Elend der Reformdebatte. In: Aus Politik und Zeitge-schichte B51/2003, S.3-9 Für den Themenbereich relevante Infografiken u. a. für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

M37 Stoiber will noch mehr Reformen –

Berichterstattung in der Tagespresse Berichterstattung: Interview der Günzburger Zeitung mit dem bayerischen Ministerpräsi-denten vom 19.12.2003 zum Thema Reformen

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M38 Vorschläge zur Reform von Staat und Wirtschaft

- Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf 12 Monate begrenzen - Verlängerung der Wochenarbeitszeit - Kündigungsschutz abbauen - Eigenheimzulage abschaffen - Minijobs fördern - auf Pendlerpauschale verzichten - Leistungen der Krankenversicherung auf das medizinisch Notwendige be-

schränken - Senkung des Arbeitslosengeldes - Verkürzung der Wochenarbeitszeit - Kündigungsschutz ausweiten - längere Lebensarbeitszeit, Rentenalter anheben - Renten kürzen - Betrieben in Schwierigkeiten Löhne unter Tarif erlauben - höhere Erbschaftssteuer - Unternehmenssteuern senken - kürzere Lebensarbeitszeit, Rentenalter senken - mehr Eigenverantwortung in der Altersvorsorge - Krankenkassen zahlen keinen Zahnersatz mehr - Senkung der Unternehmenssteuern - Genehmigungsverfahren abkürzen - flexiblere Arbeitszeiten - mehr öffentliche Aufträge für Branchen, denen es schlecht geht - Betriebe, die nicht ausbilden, mit einer Sonderabgabe belasten - Sozialhilfe auf wirklich Bedürftige beschränken - … - … - - Die Vorschläge sind je nach Diskussionsstand jeweils zu aktualisieren.

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4.2.10 Erweiterter Wirtschaftskreislauf – Theorie und Praxis

Lehrplanbe-zug

Das Modell des erweiterten Wirtschaftskreislaufs ist im Lehrplan der R6 unter Sk 10.4 Strukturen gesamtwirtschaftlicher Vorgänge vorgesehen. Schülern der Wahlpflichtfächergruppe II ist der Begriff des Wirtschaftskreis-laufs bereits aus der siebten Jahrgangsstufe bekannt (7.1 Wirtschaftliches Handeln in privaten Haushalten und Unternehmen), wobei sich der Lehrplan hier auf den einfachen Wirtschaftskreislauf mit den Sektoren Haushalt und Unternehmen beschränkt. Den Schülern der Wahlpflichtfächergruppen I, IIIa und IIIb ist die Thematik noch unbekannt.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Das Thema Erweiterter Wirtschaftskreislauf – Theorie und Praxis zeigt die Zusammenhänge zwischen den Sektoren private Haushalte, Unternehmen, Staat, Banken und dem Ausland auf und betrachtet dabei die Geldströme, die zwischen diesen Sektoren fließen.

Beim Wirtschaftskreislauf handelt es sich um ein Modell der Wirklichkeit, das natürlich die Realität stark abstrahiert. Trotzdem kann man bei dem Thema auf die Lebenswelt der Schüler und auf deren Allgemeinwissen zurückgrei-fen.

Da dieses Modell sehr komplex ist, würde man die Schüler im traditionellen Unterricht recht schnell überfordern. Ein Ansatz für die Erarbeitung der The-matik wäre ein spielerischer Einstieg, bei dem sich die Schüler in Gruppen zuerst auf die jeweiligen Sektoren spezialisieren und anschließend die Sek-toren mit den jeweiligen Strömen miteinander in Verbindung bringen.

Kurzbe-schreibung

UE 1 Erarbeitung eines Kreislaufmodells durch Stamm- und Exper-tengruppen

Einteilung der Klasse in Fünfergruppen. Das sind die Stammgruppen der Schüler. Die Stammgruppe entsendet dann einen jeweiligen Experten in die neu zu bildenden Expertengruppen, die sich dann mit den jeweiligen Sekto-ren (hier: private Haushalte, Unternehmen, Banken, Staat, Ausland) ausei-nander setzen. In diesen Gruppen erarbeiten die Schüler die Besonderheiten ihres jeweiligen Sektors. Ist die Arbeit in den Expertengruppen fertig, kommen die Schüler wieder in ihre Stammgruppe zurück, berichten von ihrer Arbeit in der Expertengruppe, fügen im Anschluss daran die einzelnen Sektoren zu einem Gesamtbild zu-sammen und ergänzen die Geldströme, die zwischen den Sektoren fließen. Jede Gruppe erstellt ein Plakat, auf dem die Sektoren mit den Strömen dar-gestellt werden. Der Zeitumfang beträgt etwa zwei Unterrichtsstunden. Die Zeit sollte in der ersten Stunde zuerst dazu verwendet werden, den Schülern die Stamm- und Expertengruppenarbeit zu erklären (beispielsweise anhand der folgenden grafischen Abbildung).

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Stamm-/ Experten-gruppen

Der Lehrer muss die einzelnen Texte für die Sektoren vorbereiten (Material siehe Beispiel für die „Expertengruppe private Haushalte“) und den Stamm-gruppen die Arbeitsanweisung bereitstellen, die in jeder Stammgruppe gleich ist (Material siehe Beispiel für den „Arbeitsauftrag für alle Stammgruppen“). In weiteren Stunden im Anschluss an die Gruppenarbeit kann der Lehrer auf Probleme eingehen, die auftreten, wenn man einzelne Ströme innerhalb des Kreislaufes erhöht oder senkt. Beispielsweise kann man hier auf aktuelle Themen eingehen, wie Steuer- oder Gesundheitsreform. Grafische Darstellung der Stamm-/Expertengruppenarbeit

UE 2 Zuordnen von Lehrplaninhalten zu den fünf Sektoren dieses Kreislaufmodells

a) Private Haushalte/der Einzelne (siehe M39) - Normen, Rollen, Gruppen - Arbeitswelt/Freizeit - Konsum - Grundrechte - Interessen

b) Unternehmen (siehe M40) - Konjunktur - Werbung/Medien - Bruttosozialprodukt - Wirtschaftsethik - Wachstum

c) Banken (siehe M41) - Geldpolitik - Europäische Zentralbank (EZB)

d) Staat/Politische Institutionen (siehe M42) - Grundgesetz - Wahlen und Parteien - Parlament - Verbände - Regierung - Politische Ebenen - Föderalismus - Wirtschaftspolitik

Stamm-gruppe 1

Stamm-gruppe 2

Exper-tengruppe Staat

Exper-tengruppe Haushalte

Exper-tengruppe Unter-nehmen

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e) Ausland (siehe M43) - Handelspartner - NATO - Europäische Union - Globalisierung - UNO - Internationale Beziehungen

UE 3 Problematisierungsansätze zu ausgewählten Themen mithilfe des Kreislaufmodells

a) Problemansatz Altersstruktur (siehe M46) Erarbeitung des Tafelbildes mithilfe der Globus-Infografik 9443 Deutschland wird alt: Vernetzung mit der Gesetzgebung als Lösungsansatz. b) Problemansatz Ölpreis Einstieg mit Zeitungsnotiz „Ölpreis auf Rekordniveau – 50 $-Marke für ein Barrel Öl überschritten!“ und Erarbeitung des Tafelbildes: Vernetzung mit der Wirtschaftspolitik als Lösungsansatz.

Material M39 Arbeitsblatt Expertengruppe Private Haushalte M40 Arbeitsblatt Expertengruppe Unternehmen M41 Arbeitsblatt Expertengruppe Banken M42 Arbeitsblatt Expertengruppe Staat M43 Arbeitsblatt Expertengruppe Ausland (M39 – M43 je fünf Texte pro Gruppe zu den jeweiligen Wirtschaftssektoren) M44 Anweisung für die Stammgruppen M45 Tafelbild Der erweiterte Wirtschaftskreislauf M46 Tafelbild Problemansatz Alterstruktur pro Stammgruppe ein DIN-A3-Plakat Edding-Stifte (5 mm), Schere, Kleber

Tipp Die Methode der Stamm- und Expertengruppen kann am Anfang etwas cha-otisch verlaufen, da die Schüler in zwei verschiedenen Gruppen arbeiten müssen. Dies hat aber den Vorteil, dass sie nicht mit den gewohnten Mit-schülern arbeiten, sondern wechseln. Interessant ist vor allem, dass in den Stammgruppen wirklich alle Schüler ihren Beitrag leisten müssen – anders als bei vielen andern Gruppenarbei-ten, bei denen man sich auch „ausklinken“ kann. Um aber zum gemeinsa-men Ergebnis zu kommen, muss jeder Experte von seiner Arbeit in der Ex-pertengruppe berichten. Ergebnis der Gruppenarbeiten kann das Material „Der erweiterte Wirt-schaftskreislauf“ sein. Tipp: Beim ersten Mal nimmt der Lehrer die Gruppeneinteilung vor, weil das die Arbeit erleichtert (mit Klassenliste arbeiten).

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Methodi-sche Anre-gungen

Kreislaufmodell im Großformat in der Klasse aufhängen als Arbeitshilfe (ver-gleichbar den Zeitleisten im Fach Geschichte). Transferaufgaben unter aktuellen Fragestellungen entwerfen und damit an-dere Problemstellungen mithilfe des Kreislaufmodells erarbeiten. Bei Folienarbeit auch farblich unterscheiden zwischen Ursachen – Folgen – Maßnahmen.

Literatur, Links

Anregung für ein Gruppenpuzzle zum erweiterten Wirtschaftskreislauf: „HOT“ Unterrichtsmagazin für Wirtschaftsfächer 4/2002 erhältlich unter der Adresse Bildungsverlag EINS, Sieglarer Straße 2, 53842 Troisdorf Weitere Ausgaben des Magazins HOT zum Wirtschaftskreislauf: 2/2001 und 3/2001 „TOP“ Zeitschrift für Politik, erhältlich unter o. g. Adresse Bildungsverlag EINS „TIM“ Zeitschrift für Sozialwesen, Kommunikation, erhältlich unter o. g. Ad-resse Bildungsverlag EINS Die für den Themenbereich relevanten Infografiken, die in den Text-/Arbeitsblättern der Expertengruppen von M39 bis M43 Verwendung finden, sowie weitere, für den thematischen Schwerpunkt interessante grafische Zusammenstellungen sind zu finden unter der Internetadresse: http://www.picture-alliance.com/globus.html

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M39 Text- und Arbeitsblatt für die Expertengruppe Private Haus-

halte Zu den privaten Haushalten gehören alle Menschen. Die privaten Haushalte stellen den Un-ternehmen ihre Arbeitskraft zur Verfügung, für die sie Einkommen in Form von Löhnen und Gehältern bekommen. Manche privaten Haushalte erhalten auch Einkommen vom Staat, indem sie ihm Geld ausleihen und dafür Zinsen bekommen oder beispielsweise die Beam-ten, die dem Staat ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Sozialleistungen und Transferzahlungen, also Leistungen ohne Gegenleistung, erhalten manche Haushalte z. B. in Form von Sozialhilfe vom Staat. Damit der Staat alle diese Leistungen überhaupt finanzieren kann, zahlen die Haushalte Steuern in Form der Lohnsteuer beziehungsweise Beiträge, wie zum Beispiel den Arbeit-nehmeranteil zur Sozialversicherung für die Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegever-sicherung. Bei der Einkommensverwendung haben die Haushalte zwei Entscheidungsmöglichkeiten: Entweder fließen Gelder in Form von Konsumausgaben zu den Unternehmen oder sie spa-ren Geld für spätere Konsumausgaben. Die Spargelder erhalten die Banken und die Haus-halte bekommen als Gegenleistung Zinsen. Haben die privaten Haushalte momentan nicht genug Geld zur Verfügung, kann der Weg auch umgekehrt laufen, indem sie sich Geld bei den Banken in Form von Krediten ausleihen und selber dafür Zinsen zahlen.

Globus-Infografik 8738: Wohin das Haushaltsgeld geht Aufgaben 1. Für deine spätere Arbeit in der Stammgruppe: Unterstreiche, welche Ströme zu den priva-

ten Haushalten fließen und von den Haushalten abfließen. 2. Betrachte das Schaubild.

a) Für welche drei Posten geben die Haushalte am meisten Geld aus? b) Wie viel Prozent des gesamten Einkommens geben die Haushalte für den größten

Posten aus? c) Wo könnte deiner Meinung nach der Haushalt noch Geld sparen?

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M40 Text- und Arbeitsblatt für die Expertengruppe Unternehmen Die Unternehmen stellen im Zusammenhang mit ihrer Produktionstätigkeit Güter her, leisten Dienste und verkaufen diese an die privaten Haushalte. Als Gegenleistung bekommen sie von den Haushalten Konsumausgaben. Aber nicht nur die Haushalte konsumieren die erstellten Güter, sondern auch der Staat, der ebenfalls Käufe (Käufe des Staates) bei den Unternehmen tätigt. Für die Produktion benötigen die Unternehmen den Produktionsfaktor Arbeit, den ihnen die Haushalte zur Verfügung stellen und die als Gegenleistung Einkommen in Form von Löhnen beziehungsweise Gehältern erhalten. Als zweiten Produktionsfaktor brauchen die Unterneh-men Kapital, das sie von den Banken und auch zu einem kleineren Teil von den Haushalten in Form von Krediten bekommen. Als Gegenleistung erhalten die Banken und die Haushalte für das geliehene Geld Zinsen. Geld, das sie momentan nicht brauchen, legen sie als Spar-guthaben bei den Banken an, meist für spätere Investitionen, und erhalten dafür Zinsen. Der Staat zahlt an Unternehmen in Krisenzeiten Transferleistungen, d. h. Leistungen ohne Gegenleistung, in Form von Subventionen. Für die Wahrnehmung seiner umfangreichen Aufgaben braucht der Staat Geld. Das bekommt er von den Unternehmen als Steuern und Beiträge für bestimmte staatliche Leistungen.

Globus-Infografik 833A: Investitionen der Industrie

Aufgaben 1. Für deine spätere Arbeit in der Stammgruppe: Unterstreiche, welche Ströme zu den Un-

ternehmen fließen und von den Unternehmen abfließen. 2. Betrachte das Schaubild.

a) Um wie viel Prozent sind die Investitionen vom Jahr 2001 bis zum Jahr 2003 gestie-gen?

b) Erkläre, warum die Investitionen in Relation zu den Umsätzen in der Zeit von 2002 bis 2003 zurückgegangen sind.

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M41 Text- und Arbeitsblatt für die Expertengruppe Banken Die Banken spielen im Wirtschaftskreislauf eine wichtige Rolle als eine Art „Geldumvertei-lungsstelle“. Sie bekommen sowohl von den Haushalten als auch von den Unternehmen Gelder in Form von Spareinlagen. Als „Gegenleistung“ für das geliehene Geld bekommen die beiden Sektoren Zinsen. Das Geld, das den Banken überlassen wurde, verteilen die Banken wieder an die Haushalte und Unternehmen, aber auch an den Staat als Kredite, für die sie ihrerseits Zinsen verlan-gen. Gerade für die Unternehmen sind diese Kredite von besonderer Wichtigkeit, da sie die-se für Investitionen verwenden. Durch den Kauf von Maschinen und Anlagen neuester Tech-nik können sie ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten beziehungsweise sogar steigern.

Globus-Infografik 8989: Spar-Rekord in Deutschland Aufgaben 1. Für deine spätere Arbeit in der Stammgruppe: Unterstreiche, welche Ströme zu den Ban-

ken fließen und von den Banken abfließen. 2. Betrachte das Schaubild.

a) Um wie viel Prozent sind die Ersparnisse von 1999 bis 2003 gestiegen? b) Suche Gründe für das gestiegene Sparverhalten der Deutschen in den letzten Jah-

ren. c) Nenne Ziele, auf die man spart.

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M42 Text- und Arbeitsblatt für die Expertengruppe Staat Der Staat regelt das Zusammenleben in einer Gesellschaft. Er hat damit eine wichtige Ord-nungsfunktion. Die Ströme, die hin zum Staat fließen und die vom Staat weggehen, greifen dabei stark in das Wirtschaftsgeschehen ein. Die wichtigste Einnahmequelle des Staates sind die Steuern, die ihm sowohl von den Haus-halten als auch von den Unternehmen zufließen. Hierzu zählen als wichtigste Steuern bei-spielsweise die Lohnsteuer, die Umsatzsteuer und die Mineralölsteuer. Diese Steuereinnah-men benötigt der Staat zur Wahrnehmung seiner umfangreichen finanziellen Aufgaben. Doch die Steuereinnahmen alleine reichen nicht aus. So muss sich der Staat auch Geld von den Banken ausleihen (Kredite) und muss dafür Zinsen zahlen. Sozialleistungen und Transferzahlungen an die Haushalte nehmen einen großen Posten im Haushalt des Staates ein. Hierzu zählen die Sozialhilfe oder das Kindergeld. In Krisenzeiten erhalten auch die Unternehmen Leistungen ohne Gegenleistungen in Form von Subventio-nen. Auch als Arbeitgeber tritt der Staat im Wirtschaftsleben auf. Für die Arbeit, die ihm geleistet wird, zahlt er Einkommen, beispielsweise an seine Beamten und Angestellten. Da der Staat auch als Konsument auftritt, muss er für seine Käufe auch bezahlen.

Globus-Infografik 9316: Steuerspirale 2003

Aufgaben 1. Für deine spätere Arbeit in der Stammgruppe: Unterstreiche, welche Ströme zum Staat

fließen und vom Staat abfließen. 2. Betrachte das Schaubild.

a) Welche sind die drei Haupteinnahmequellen des Staates? b) Wie viel Prozent der gesamten Steuereinnahmen machen den größten Posten aus? c) Welche Steuern betreffen dich in besonderer Weise?

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M43 Text- und Arbeitsblatt für die Expertengruppe Ausland Kein Land wirtschaftet für sich alleine. Deutschland als rohstoffarmes Land bezieht viele Rohstoffe, Güter und Dienstleistungen aus dem Ausland. Dafür müssen wir bezahlen und es fließen als Geldstrom die Importzahlungen von den Unternehmen ins Ausland. Deutschland importiert aber nicht nur, sondern ist ein besonders exportorientiertes Land. Als Exportschlager gelten deutsche Automobile, Maschinen oder chemische Erzeugnisse. Ex-portzahlungen fließen daher vom Ausland zu den Unternehmen.

Stat. Bundesamt: Deutschlands größte Handelspartner (2001)

Aufgaben 1. Für deine spätere Arbeit in der Stammgruppe: Unterstreiche, welche Ströme zum Ausland

fließen und vom Ausland abfließen. 2. Betrachte das Schaubild.

a) Welche drei Länder sind jeweils bei der Aus- und Einfuhr die größten Handelspartner Deutschlands?

b) Ist Deutschland hauptsächlich Importeur oder Exporteur? c) Welche Rolle spielt der Handel mit europäischen Partnerländern? d) Wie wirkt sich dabei die Einführung des Euro beim Handel mit Euroländern aus? e) Wie wirkt sich ein steigender Euro für die Handelspartnerschaft mit Nicht-Euroländern

aus?

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M44 Arbeitsanweisung für die Stammgruppe Nachdem ihr gerade zu Experten für die Sektoren „private Haushalte“, „Unternehmen“, „Staat“, „Ausland“ und „Banken“ gekürt worden seid, habt ihr nun die Aufgabe, diese Sekto-ren in Verbindung zueinander zu bringen. Zwischen den Sektoren fließt eine Menge Geld, das sind die Geldströme. Erstellt nun auf einem Plakat einen Wirtschaftskreislauf, bei dem man sieht, welche Geldströme zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren fließen. Ihr könnt dazu folgende Symbole verwenden:

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M45 Der erweiterte Wirtschaftskreislauf

Ausland private Haushalte

Konsumausgaben

Einkommen

Zinsen

Kredite

Unternehmen

Steuern, Beiträge

Einkommen (Beamte)

Sozialleistungen

Steuern

Käufe des Staates

Subven-tionen

Sparen Kredite

Export-zahlungen

Import- zahlungen

Kredite

Zinsen

Zinsen Zinsen

Sparen

Zinsen

Staat

Banken

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M46 Problemansatz Altersstruktur

Ausland

Staat/ politische Institutionen Sinkende Steuerzahlungen

Steigende Sozialleistungen

Mangel an (innovativen) Arbeitskräften

Nachfragerückgang

Sinkende Steuerzahlungen

Sinkende Staatskäufe

Nachfrage nach Arbeitskräften → Integrationskosten

Verändertes Wählerverhalten

Unternehmen

Private Haushalte

Banken

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4.2.11 Filme im Sozialkundeunterricht Vorüberle-gungen

Fotografien und bewegte Bilder sind in unserer von den Medien dominierten Welt ständig präsent. Gerade für Kinder und Jugendliche ist es deshalb wich-tig, bewusst und kompetent mit dem Medium Film umgehen zu können. Über 30 Experten aus der Filmbranche, aus Politik, Schule und Wissenschaft haben aus diesem Grund auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung und der Filmförderungsanstalt (FFA) am 20./21.03.2003 in Berlin auf dem Kongress Kino macht Schule über den Status Quo und die Perspektiven zur Vermittlung von Filmkompetenz in deutschen Schulen diskutiert. Heraus-gekommen ist dabei eine Filmkompetenzerklärung, - die nicht nur als Aufforderung (an die Kultusministerien) zu verstehen ist,

das Thema Film (Geschichte, Sprache, Wirkung) curricular zu verankern und die Kinder und Jugendlichen zu lehren, wie man die Codes bewegter Bilder dechiffriert,

- sondern den Schulen auch einen Filmkanon mit 35 Filmen (aus den über 100 Jahren Filmgeschichte ausgewählt) an die Hand gibt, die besonders dazu geeignet sind, Schülern Ästhetik und Inhalt des Mediums Film zu vermitteln.96

Lehrplanbe-zug

Der Fachlehrplan Sozialkunde fordert die Behandlung des Mediums Film nicht explizit, doch wird unter Sk 10.2 der Einfluss der Massenmedien ange-sprochen und in den Fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsaufga-ben (Lehrplanebene 2) die Medienkompetenz und der verantwortliche Um-gang mit Medien in Schule und Freizeit angemahnt. Demnach soll der Jugendliche nicht nur die Verbreitung und Wirkung von Medien kennen lernen, sondern auch die Sprachen der verschiedenen Medi-en und ihre inhaltlichen Botschaften verstehen und beurteilen sowie die Me-dien im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang sehen lernen – ein kom-plexes und anspruchsvolles Ziel, das den nachdrücklichen Hinweis auf einen Filmeinsatz im Sozialkundeunterricht rechtfertigt.

Methodisch-didaktische Überlegun-gen

Nicht auf den ersten Blick fällt auf, dass etliche Themenbereiche des Faches Sozialkunde sich (fächerübergreifend) auch über einen Spielfilm erschließen lassen: Der mit dem Wolf tanzt könnte unter dem Aspekt der Begegnung von Kultu-ren betrachtet werden. Good Bye, Lenin ermöglicht einen Einblick - wenn auch aus besonderer Perspektive - in die Gesellschaft der DDR und zeigt ironisch die Fragwürdigkeit manipulierter Informationen. Solino beschreibt das Leben italienischer Gastarbeiter, die im Duisburg der 60er Jahre eine Pizzeria eröffnen. Die Liste kann in verschiedene Richtungen hin erweitert werden.97

96 Mehr über den Filmkanon und die Filmkompetenzerklärung findet man im Internet unter http://www.bpb.de, die noch anhaltende Diskussion findet statt unter http://forum.bpb.de/filmkanon. Siehe auch folgende Artikel: Rudolf Worschech: Der richtige Zugang - Über die Schwierigkeiten, Filmkunst an die Schüler zu bringen. In: Film - Das Kino-Magazin 09/03, S. 10 ff. (www.epd-film.de) Michael Staiger: Learning by viewing - Der lange Weg des Mediums Film in die Schule. In: Film-Dienst 18/2003 (www.filmdienst.de) 97 Siehe: www.lernort-kino.de

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Beispiel 1 Nirgendwo in Afrika Inhalt LP-Bezug Fächerüber-greifende/-verbindende Möglichkei-ten Filmische Reduktion

UE 1 Spiel- und Dokumentarfilm Nirgendwo in Afrika

von Caroline Link, Deutschland 2001 Mediensignatur 46 32090 (Video-DVD), Spiel- und Dokumentarfilm FSK: ab 6 Jahre, empfohlen ab 12 Jahre (Filmheft als pdf-Datei zum Download unter: http://www.lernort-kino.de) Die jüdische Familie Redlich emigriert 1938 nach Kenia, wo der Anwalt Wal-ter als Verwalter auf einer Farm arbeitet. Während seine Frau Jettel, Tochter aus gutbürgerlichem Hause, sich nur schwer an das neue Leben gewöhnt, blüht ihre einst schüchterne Tochter Regina auf. Der Verlust von Heimat und Familie bedroht schnell die Ehe der Redlichs, zumal der hilfsbereite Emigrant Süß mit der Zeit zum Dauergast auf der Farm wird. Als der Krieg endlich vorbei ist und Walter in Frankfurt eine Stelle als Richter angeboten bekommt, müssen sich Jettel und Regina, die inzwischen beide an Kenia hängen, ent-scheiden. Der Film kann an verschiedenen Punkten des Sozialkunde-Lehrplans einen Beitrag leisten, u. a. - zu Gruppenbeziehungen und zum Rollenverhalten, - zu Toleranz und gegenseitiger Achtung als Grundlage für ein friedliches

Zusammenleben sowie - zu Migration, Exil und Heimatlosigkeit. Angesprochen werden hierbei vor allem Sk 10.1 Der Einzelne in der Gesell-schaft, Sk 10.2 Der demokratische Verfassungsstaat und die fächerübergrei-fenden Bildungs- und Erziehungsaufgaben mit Gewaltfreiem Zusammenle-ben, Menschenrechtserziehung und Medienerziehung. Für Folgestunden bietet sich u. U. eine Verbindung mit der Thematik nationa-ler und identitätsstiftender Symbole bzw. mit der des Rechtsradikalismus an. Durch die Thematik der jüdischen Emigration zur Zeit des Nationalsozialis-mus (9. Jahrgangsstufe) bietet sich die Zusammenarbeit mit dem Fach Ge-schichte an, allgemein gefasst werden kann das Thema Flüchtlinge/Migration auch anhand von Gesetzestexten, Statistiken etc. (10. Jahrgangsstufe). Aktueller Anlass, um die Thematik der anderen Kultur aufzugreifen, wäre im Religionsunterricht das sog. Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003 zu untersuchen. Ähnliches gilt für das derzeit diskutierte Gesetz zur Steuerung und Begren-zung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integrati-on von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz). Das globale Thema Flüchtlinge/Migration wird im Film Nirgendwo in Afrika auf das Schicksal einer Familie reduziert, deren Gefühle und Sorgen jeder nachempfinden kann. Dieses Prinzip der Reduktion auf Einzelschicksale ist offensichtlich auch der Grund für den Erfolg vieler Filme und Fernsehserien (z. B. Heimat, eine elfteilige Serie unter der Regie von Edgar Reitz, BRD 1981-84; Löwengrube – Die Grandauers und ihre Zeit 1918-1923 von Willy Purucker, unter der Regie von Rainer Wolffhardt, BR 1991).

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Material Literatur, Links zum Thema Migration

M47 Art. 16 GG Staatsangehörigkeit, Auslieferung, Asylrecht, Art. 16a GG Asylrecht, Art. 116 GG Staatsangehörigkeit M48 Art. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge BVFG zur Definition des Begriffs Vertriebener M49 Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 zur Definition des Begriffs Flüchtling Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) u. a. zur - Bevölkerung nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit, - räumlichen Bevölkerungsbewegung (Wanderungen) zwischen Deutsch-

land und dem Ausland. Karikaturen zum Thema Zuwanderung (z. B. aus den Themenblättern zum Unterricht Nr. 31 Zuwanderung nach Deutschland, hg. von der Bundeszent-rale für politische Bildung, Bonn 2003) Alle aufgeführten Titel folgender Publikationen sind bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, erhältlich (www.bpb.de):

- Informationen zur politischen Bildung (Heft 267): Aussiedler - Informationen zur politischen Bildung (Heft 271): Fremde, Fremdsein -

von der Normalität eines scheinbaren Problemzustandes - Aus Politik und Zeitgeschichte (B 43/2001): Bevölkerungsentwicklung

und Migration in Deutschland - Aus Politik und Zeitgeschichte (B 26/2003): Umgang mit Migrantinnen

und Migranten - Aus Politik und Zeitgeschichte (B 43/2001): Grenzüberschreitende Mig-

ration als Gegenstand internationaler Politik - Themenblätter im Unterricht (Nr. 25): Heimat ist, wo ich mich wohlfühle - Themenblätter im Unterricht (Nr. 29): Nationale Symbole - Themenblätter im Unterricht (Nr. 31): Zuwanderung nach Deutschland - Zeitlupe: Menschen auf der Flucht - Schriftenreihe (Bd. 342): Migration und Flucht

www.amnesty.de www.bpb.de/expertendatenbank-migration www.ffm-berlin.de (Forschungsgesellschaft Flucht und Migration in Berlin) www.globlern21.de/Flucht.html (bietet konkrete Unterrichtsvorschläge) www.uni-bamberg.de/ (Neben seinen Aufgaben als wissenschaftliches For-

schungsinstitut versteht sich das Europäische Forum für Migrationsstu-dien (efms) an der Universität Bamberg auch als Einrichtung der Migra-tionsforschung und stellt Dokumentationen, Beratungen und Dienstleis-tungen im Bereich Migration und Integration von Migran-ten/Migrantinnen zur Verfügung)

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Beispiel 2 Bowling for Columbine Inhalt LP-Bezug Fächerüber-greifende/-verbindende Möglichkei-ten

UE 2 Dokumentarfilm Bowling for Columbine

von Michael Moore, USA/Kanada 2002 Mediensignatur 46 40335 (Video-DVD), Dokumentarfilm FSK: ab 12 Jahre, IKF-Empfehlung ab 16 Jahre (Filmheft als pdf-Datei abrufbar unter: www.bpb.de/publikationen/6CX5WB,,0,Bowling-for-Columbine.html) Die DVD enthält neben dem Film einzelne Szenen, die abgerufen werden können, sowie ein Interview mit Michael Moore, eine Kurzbiographie, eine Pressekonferenz und einen Trailer zur Entstehung des Films und Kommen-tare dazu (Sprachauswahl auf der DVD: Deutsch mit englischen Zitaten, die untertitelt sind und Englisch wahlweise mit oder ohne deutschen Untertiteln). Ausgangspunkt des Oscar-gekrönten Dokumentarfilms ist der Amoklauf an der Columbine-Highschool in Littleton: Am 20. April 1999 sterben dort 13 unschuldige Menschen, bevor sich die beiden Attentäter selbst erschießen. Ausgehend von diesem Vorfall liefert Michael Moore eine kritische, teils sati-rische, Bestandsaufnahme über Waffenbesitz und -gebrauch, den Einfluss von Politik und Medien sowie der einflussreichen Waffenlobby in Amerika, einem Land, das zu Friedenszeiten mehr als 11.000 Waffentote jährlich zu beklagen hat. Er deckt dabei eine lange Tradition der „Waffenkultur“ in den USA auf, die von Angst und dem wachsenden Bedürfnis nach permanenter Selbstverteidigung geprägt ist. Michael Moore stellt unerwartete Verbindungen und Zusammenhänge her, rückt das ihm zur Verfügung stehende Material ganz in den Dienst seiner Argumentationskette, die einleuchtend und didaktisch dargelegt, zumindest im strengen wissenschaftlichen Sinn aber nicht „bewiesen“ wird: Der Film liefert seine Sicht der Dinge, Ereignisse, Fakten und Entwicklungen und kei-ne Untersuchungsergebnisse mit hohen Signifikanzwerten. Hier ist vor allem ein enger Bezug zur Lehrplanebene 2 zu Medienerziehung und zum Gewaltfreien Zusammenleben gegeben. Daneben erschließen sich über den Filmeinsatz die Teile des Fachlehrplans Sozialkunde mit Sk 10.1 Gruppen und Rollen, Sk 10.2 Der demokratische Verfassungsstaat (Grund-rechte, Rechtsstaatlichkeit, Kontrolle der Macht) und Interessenvertretung des Einzelnen in der Politik (Einfluss der Massenmedien, Interessenvertre-tung durch Verbände) und Sk 10.4 Strukturen gesamtwirtschaftlicher Vor-gänge (volkswirtschaftliche Verflechtungen und Wechselbeziehungen). Die Schüler sollen laut Lehrplan-Ebene 2 Gewaltfreies Zusammenleben [GZ] nicht nur „erkennen, dass sich Gewalt in verschiedenen Formen äußert und wodurch Gewalttätigkeiten ausgelöst werden“, sondern auch „die Notwen-digkeit und die Bedingungen eines gewaltfreien, friedvollen Zusammenle-bens einsehen.“ Durch die im Lehrplan verankerte fächerübergreifende Me-dienerziehung [ME] können Verbreitung und Wirkung auch des Mediums Film untersucht, die dabei verwendete Sprache und inhaltliche Botschaften erarbeitet und beurteilt sowie die Rolle dieses Mediums im gesellschaftlichen Zusammenhang gesehen und bewertet werden.

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Literatur, Links u. a. zum Thema Gewalt

Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): USA. Geschichte, Gesell-schaft, Wirtschaft, Informationen zur politischen Bildung Nr. 268, Bonn 2000 Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Schritt gegen Gewalt. Pädago-gische Konzepte der Gewaltprävention, Informationen zur politischen Bildung aktuell, Bonn 2000 Glassner, Barry: The Culture of Fear. Why Americans are afraid of the wrong things, Basic Books, USA, May 2000 Weiß, Rudolf H. (Hrsg.): Gewalt, Medien und Aggressivität bei Schülern, Ho-grefe-Verlag Göttingen 2000 www.bowlingforcolumbine.com und www.michaelmoore.com (Websites zu Film und Regisseur) www.crimelibrary.com/serial4/littleton/ (ausführliche Darstellung der Ereignis-se in Littleton und Recherchen) www.gunowners.org/opmoore04.htm (Homepage der Waffenbesitzer zu Mi-chael Moores Aktion bei K-Mart) www.nrawinningteam.com/hestquot.html (Informationen zu Charles Heston und die NRA)

Tipp Urheberrecht Beim Einsatz von Video- und DVD-Versionen der Filme im Unterricht kann es zu erheblichen Urheberrechtsproblemen kommen. Seit dem 13. Septem-ber 2003 hat sich das Urheberrecht geändert, wobei die Neuerungen vor allem für den Unterrichtsalltag und hierbei für den Einsatz Neuer Medien von wesentlicher Bedeutung sind. - Gestattet ist eine Vorführung aller Medien im Verleih der kommunalen

Medienzentren (Stadt- und Kreisbildstellen), der kirchlichen Medienzent-ralen sowie der Landesmediendienste Bayern e. V., soweit sie zum Lehrplan passen und wenn gemäß dem Jugendschutzgesetz die Alters-freigaben der FSK beachtet werden (= nichtöffentliche Nutzung von Me-dien durch Lehrkräfte im Unterricht).

- Nicht gestattet ist eine Verwendung der von einer Lehrkraft zum privaten Gebrauch hergestellten Rundfunk- oder Fernsehaufzeichnung im Unter-richt (außer es handelt sich um den Mitschnitt von Schulfunksendungen, der unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, oder Sendungen zur Unterrichtung über Tagesnachrichten, was aber auch an Auflagen ge-bunden ist).

- Nicht gestattet ist ebenfalls die Verwendung eines von der Lehrkraft pri-

vat gekauften Films/Videos/DVD zu Unterrichtszwecken, wenn der Film nicht nur einer, sondern zwei oder mehr Klassen gleichzeitig vorgeführt wird.

Vergleichen Sie hierzu auch M50 KMBek vom 07.08.2003 zum Urheberrecht und M51 Internet-Links zum Urheberrecht.

Wer Filme auch als Kunstform im Unterricht behandeln will - z. B. beim fä-cherübergreifenden Einsatz -, dem sei der Bundesverband Jugend und Film e.V. in Frankfurt/Main empfohlen (www.bjf.info/) beziehungsweise für Bayern die Landesarbeitsgemeinschaften Film Bayern e.V. (www.bjf.info/bjf/lag.htm).

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Links www.lernort-kino.de (gliedert Filme nach Themenbereichen und bietet für die aufgeführten Filme Begleit-/Arbeitsmaterial im pdf-Format zum kostenlosen Download an) www.bpb.de (Bundeszentrale für politische Bildung) www.film-kultur.de (Institut für Kino und Filmkultur, arbeitet mit der Bundes-zentrale für politische Bildung zusammen; Kino & Curriculum als Angebot des Instituts für Kino und Filmkultur bietet thematische und ästhetische Hin-tergrundinformationen zur Filmbesprechung im Unterricht, auch als Down-load im pdf-Format)

www.kino-fuer-toleranz.de (Kino für Toleranz)

www.film-dienst.de (Film-Dienst, aktuelle Informationen)

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M47 Art. 16, 16a und 116 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland

Art. 16 Staatsangehörigkeit, Auslieferung, Asylrecht (1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsan-

gehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.

Art. 16a Asylrecht (1) Politisch Verfolgte genießen Asyl.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemei-nen politischen Verhältnisse gewährleistet ist, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird ver-mutet, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Ausnahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbe-gründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Recht-mäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäi-schen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flücht-linge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muss, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Art. 116 Staatsangehörigkeit (1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher

Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertrie-bener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

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M48 Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz)

(neugefasst durch Bek. vom 2.6.1993; zuletzt geändert durch Art. 1 G vom 30.8.2001) BVFG Art. 1 Vertriebener (1) Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger

seinen Wohnsitz in den ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostge-bieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Er-eignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat.

(2) Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehö-riger

a) nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1 genannten Gebiete verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat, weil aus Gründen politi-scher Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gegen ihn verübt worden sind oder ihm drohten,

b) auf Grund der während des zweiten Weltkrieges geschlossenen zwischenstaatlichen Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder während des gleichen Zeitraumes auf Grund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der deutschen Wehr-macht besetzten Gebieten umgesiedelt worden ist (Umsiedler),

c) nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemals un-ter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumäni-en, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen hat oder verlässt, es sei denn, dass er, ohne aus diesen Gebieten vertrieben und bis zum 31. März 1952 dort-hin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler),

d) ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben, sein Gewerbe oder seinen Beruf ständig in den in Absatz 1 genannten Gebieten ausgeübt hat und diese Tätigkeit infolge Ver-treibung aufgeben musste,

e) seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 genannten Gebieten gemäß § 10 des Bürgerli-chen Gesetzbuchs durch Eheschließung verloren, aber seinen ständigen Aufenthalt dort beibehalten hatte und diesen infolge Vertreibung aufgeben musste,

f) in den in Absatz 1 genannten Gebieten als Kind einer unter Nummer 5 fallenden Ehe-frau gemäß § 11 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keinen Wohnsitz, aber einen ständi-gen Aufenthalt hatte und diesen infolge Vertreibung aufgeben musste.

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M49 Genfer Flüchtlingskonvention Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) vom 28. Juli 1951, BGBl. 1953 II, S. 560 Art. 1 Definition des Begriffs Flüchtling (1) Im Sinne dieses Abkommens findet der Ausdruck "Flüchtling" auf jede Person Anwen-

dung:

(2) (. . .)

(3) 2. die infolge von Ereignissen, die vor dem 1. Januar 1951 eingetreten sind, und aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörig-keit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dort-hin zurückkehren will.

(4) Für den Fall, dass eine Person mehr als eine Staatsangehörigkeit hat, bezieht sich der Ausdruck "das Land, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt" auf jedes der Länder, des-sen Staatsangehörigkeit diese Person hat. Als des Schutzes des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie hat, beraubt gilt nicht eine Person, die ohne einen stichhaltigen, auf eine begründete Befürchtung gestützten Grund den Schutz eines der Länder nicht in Anspruch genommen hat, deren Staatsangehörigkeit sie besitzt.

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M50 Auszug aus KMBek vom 07.08.2003 zum Urheberrecht Auszug aus der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 07.08.2003 Nr. III.6 - 5 S 1356 -5.17 348 zur Medienbildung - Medienerziehung und informationstechnische Bildung in der Schule – (abrufbar unter http://www.km.bayern.de/imperia/md/content/pdf/medienerziehung/2.pdf) 2.6.3 Urheberrecht Medien dürfen nur im vom Anbieter, Verleiher, Verkäufer oder Hersteller zugelassenen Rahmen im Unterricht eingesetzt werden. Die Urheberrechte sind zu beachten. Soweit Medieninhalte von dem zwischen den Ländern und den Verwertungsgesellschaften (VG Wort, VG Musikedition) geschlossenen Vertrag erfasst werden, dürfen diese gemäß § 53 UrhG für den Unterrichtsgebrauch vervielfältigt werden. Inhalte eines Internetangebots (z. B. Schulhomepage) sind vor Erscheinen sorgfältig zu prü-fen. Fremde Inhalte müssen gekennzeichnet werden. Bei Verweis auf die Angebote Dritter ist die Neutralität in Bezug auf politische, gewerkschaftliche, religiös-weltanschauliche Positi-onen zu wahren. Verantwortlich ist die Schulleitung. Beim Mitschnitt von Schulfunk- und Schulfernsehsendungen sind die Löschfristen zu beach-ten. Der Mitschnitt von Rundfunk- und Fernsehsendungen, die keine Schulfunk- oder Schulfern-sehsendungen sind, ist urheberrechtlich grundsätzlich nicht zulässig. Ausnahmen sind Nach-richtensendungen, Reden, Parlamentsdebatten, Sendungen zur Unterrichtung über Tages-fragen. Privat von Lehrkräften erworbene Medien können im Rahmen des als „nicht-öffentlich“ gel-tenden Unterrichts verwendet werden. Von Lehrkräften geschaffene Medien sind bei hinreichendem Niveau Werke im Sinn des § 2 UrhG. Die Nutzungsrechte stehen nach § 43 UrhG der Schule zu. Eine Schulhomepage ist ein geschütztes Werk; Rechteinhaberin ist die Schule. Von Schülerinnen und Schülern im Rahmen der Schule geschaffene Werke können zu schu-lischen und schulaufsichtlichen Zwecken (v. a. Fortbildung, Beratung, Qualitätssicherung) genutzt werden. Eine Veröffentlichung (mit oder ohne Namensnennung) erfordert die Zu-stimmung der Erziehungsberechtigten.

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M51 Internet-Links zum Urheberrecht www.km.bayern.de/km/aufgaben/medien/index.shtml (KMBek zur Medienbildung vom 07.08.2003) http://transparent.com/gesetze (Gesetzestexte und Literaturtipps rund ums Urheberrecht: Neben Patentgesetzen und ähnlich wichtigem Material findet man hier auch das komplette Urheberrechtsgesetz, das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz, das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie und das Verlagsgesetz zum genauen Nachlesen. Dazu noch ein Link zu einer umfangreichen Literaturliste rund um Urheber-, Wettbewerbs-, Marken- und ähnliche Rechte.) www.urheberrecht.org/ (Institut für Urheber- und Medienrecht > zur Linksammlung über URL+/link oder Verweise anklicken) www.seminarlehrer.de/infos/urhrecht/urhrecht.htm (schulbezogene Infos und Links zum Ur-heberrecht) Wo finden Lehrkräfte urheberrechtlich unbedenkliches Material für den Unterricht? www.br-online.de/bildung/databrd/ (Bayerisches Schulfernsehen) www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio (Bayerischer Schulfunk) www.fwu.de (FWU - Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht, mit Link zu den Medienzentren in Bayern) http://isb.bayern.mzdb.de (direkter Link zum Medienkatalog des Staatsinstituts für Schulqua-lität und Bildungsforschung)

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4.2.12 Projekt Schülercafé

Lehrplanbe-zug

Ein direkter Bezug ist gegeben zum Themenbereich Sk 10.4 Strukturen ge-samtwirtschaftlicher Vorgänge, aber auch zum Bereich Sk 10.1 Der Einzel-ne in der Gesellschaft, da die Schüler verschiedene Rollen einnehmen, Teamfähigkeit entwickeln und Konflikte bewältigen müssen, die in der Arbeit im Team mit Sicherheit auftreten.

Projektidee Gründung eines Schülercafés als Internetcafé in der Rechtsform einer Akti-engesellschaft. Das in der Aula der Staatlichen Realschule Abensberg befindliche Schüler-café ist täglich in der 6. Unterrichtsstunde und zusätzlich am Dienstag und Donnerstag (wegen des Nachmittagsunterrichts) geöffnet. Am Donnerstag werden ab 13.00 Uhr warme Speisen, die von einer Hauswirtschaftsklasse zubereitet werden, angeboten. Sonst gibt es Getränke (Kaffee, Tee usw.) und Brezen, belegte Brötchen, Obst. Die Aufsicht führen Eltern, Lehrer und Schüler. Zur teilweisen Finanzierung wird eine Aktiengesellschaft gegründet.

Methodisch-didaktische Vorüberle-gungen

Schüler, Eltern, Lehrer und Vertreter der Wirtschaft arbeiten zusammen, um das Projekt zu verwirklichen. Die hinter diesem Projekt stehenden pädagogischen Intentionen sind vor allem fächerübergreifendes Arbeiten und Lernen, Handlungsorientierung, soziales Lernen, Medienerziehung, gesunde Ernährung, Umsetzung innova-tiver Schulideen und Öffnung der Schule nach außen.

Projektver-lauf

Chronologie des Projektverlaufs - Lehrkräfte verschiedener Fachrichtungen setzen sich zusammen und

sammeln Ideen - Beschluss: Schülercafé wird in der Aula eingerichtet - Schülerwettbewerb: Wie soll unser Schülercafé aussehen? - Prämierung der besten Wettbewerbsentwürfe - Ein Vorschlag wird realisiert (CAD-Zeichnung), Bau eines Modells im

Werkunterricht, Kontaktaufnahme mit einer ortsansässigen Möbelfabrik, Produktionsleiter: Was ist funktionell und somit realisierbar? Diskussio-nen und Überarbeitung des Entwurfes mit Produktionsleiter, Innenarchi-tekten, Schülern, Lehrerteam, Sachaufwandsträger; endgültiger Plan-beschluss und Festlegung des Designs

- Finanzierungskonzept steht - Kontaktaufnahme mit Firmen, dem Freundeskreis der Realschule, dem

Elternbeirat wegen Spenden; die Möbel werden unter dem Selbstkos-tenpreis von der Möbelfabrik gefertigt

- Aufstellen der Möbel in den Ferien (freiwillige Arbeiter der Firma, Schü-ler, Lehrer), Anschlüsse für das Wasser, Verlegen von Kabeln für die Internetsäulen

- Kauf der Stühle und des Geschirrs - Gesundheitsamt: Abnahme des Cafés, Einhaltung der Hygienevor-

schriften, Belehrung - Gründung der Schülercafé-Aktiengesellschaft - Das Schülercafé geht in Betrieb - Installierung der Internetsäulen (Appell an die Eigenverantwortlichkeit

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Gründung der AG Gremien der AG

durch den Schülersprecher: keine verbotenen Seiten downloaden. Es steht immer ein Schüler, der Erfahrung mit dem Internet hat, für Fragen und für Tipps, welche Internetseiten für Referate geeignet sind, zur Ver-fügung. Maximale Benutzerzeit des Internet: 15 Minuten pro Schüler, kostenlos)

Gründung der Aktiengesellschaft - Start des Schülerwettbewerbs: Entwerft eine Aktie für unser Schülerca-

fé - Prämierung des besten Entwurfs (Kunstlehrer, Schulleiter, Schüler) - Erstellen einer Druckvorlage in einem Grafikbüro (Profis, Schüler, Leh-

rer) - Druck in einer örtlichen Druckerei (gratis!) - Aufstellen einer Satzung - Informationsveranstaltung und Präsentation der Schülercafé-

Aktiengesellschaft für die Schüler (Schüler moderieren, Vorstellen von Vorstand und Aufsichtsrat, Information: Was ist eine Aktiengesell-schaft? Welche Gremien hat sie? Fragen zu den Aktien: Erläuterungen durch den Wertpapierspezialisten der Sparkasse, Ausgabemodalitäten, Öffentlichkeitsarbeit: Lokalfernsehen und örtliche Presse sind anwe-send)

- Ausgabe eines Aktienprospekts - Zeichnungsfrist für die Aktien: eine Woche - Ausgabe der Aktien (vorher: Einführung des Wahlfaches Wirtschaft-

Schülercafé: Aufgaben: Führen des Aktionärsbuches, Buchführung der laufenden Geschäftsfälle, Einkäufe, Kassenführung, Abrechnungen ...)

- Zeichnung der Aktien - Ausgabe der Aktien zum Kurs von 6,50 € (1.500 Aktien) - Hauptversammlung (ein Mal jährlich in der Aula): Beschlüsse über die

Gewinnverwendung - Ein Mal im Jahr Börsentag: Handel der Aktien mit laufender Notierung

Was ist eine Aktiengesellschaft und welche Gremien hat sie? 1. Vorstand Vorstandsvorsitzender: Börsenhändler der Sparkasse Stellvertretender Vorstandsvorsitzender: Schulleiter 1 Schülersprecher 1 Wirtschaftslehrer 1 Hauswirtschaftslehrerin 2. Aufsichtsrat Aufsichtsratsvorsitzender: Vorstand der Wirtschaftsjunioren Landrat als Vertreter des Sachaufwandsträgers 2 Schülervertreter 1 Elternvertreter 1 Wirtschaftslehrer 1 Vertreter des Personalrats 3. Aktionäre Ausgabe von 1.500 Aktien zum Kurs von 7,00 € (d. h. eine Stimme pro Ak-tie) Aktienausgabe nur an Schüler und Lehrer

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Tipp Nicht entmutigen lassen bei bürokratischen Hindernissen und Hürden - das Projekt macht auch viel Spaß. Unbedingt notwendig ist ein gut eingespieltes Team: Es fällt nicht nur sehr viel geistige und körperliche Arbeit an, gefragt sind auch die sozialen Kom-petenzen und die Konfliktfähigkeit der Mitarbeiter angesichts der Projekt-dauer. Das Projekt macht allen Beteiligten aber auch sehr viel Spaß.

Link zum Schülercafé

Nähere Hinweise unter: http://www.RS-Abensberg.de

Schülercafé in der Aula der Staatlichen Realschule Abensberg © R. Geißler

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4.2.13 Wir gründen ein Miniunternehmen Ein Beispiel für ein Großprojekt, unterstützt vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

Lehrplanbe-zug

Ein direkter Bezug ist gegeben zum Themenbereich Sk 10.4 Strukturen gesamtwirtschaftlicher Vorgänge, aber auch zum Bereich Sk 10.1 Der Ein-zelne in der Gesellschaft, da die Schüler verschiedene Rollen einnehmen, Teamfähigkeit entwickeln und Konflikte bewältigen müssen, die in der Ar-beit im Team mit Sicherheit auftreten.

Kurzbe-schreibung

Eine Möglichkeit, ein größeres Projekt durchzuführen, ist das Schulprojekt Junior. An der Edith-Stein-Schule in Alzenau wurde im Schuljahr 2001/02 unter dem Projekt Junior ein bebildertes Dialektbuch hergestellt. Junior heißt Junge Unternehmer initiieren – organisieren – realisieren. Bei dem Projekt gründeten Schüler ab der 9. Klasse das auf ein Schuljahr befriste-tes Miniunternehmen Words & Pictures. Ziele von Junior sind sowohl die Förderung von Schlüsselqualifikationen wie Selbstständigkeit, Teamfähigkeit, Eigeninitiative, Verantwortungsbe-wusstsein wie auch das Anwenden von Problemlösungsstrategien. Auf der anderen Seite erhalten die Schüler einen Einblick in die soziale Marktwirt-schaft und lernen wirtschaftliche Zusammenhänge kennen. Sie bekommen eine Anregung im unternehmerischen Denken und Handeln und können sich hinsichtlich des späteren Erwerbslebens leichter orientieren. Kurze Beschreibung des Projekts - Am Anfang eines Schuljahres gründet eine Gruppe von 10 bis 15 Schü-

lern eine Aktiengesellschaft und verkauft Anteilsscheine an Eltern, Leh-rer, Mitschüler etc. im Wert von insgesamt 900,00 Euro. Das ist das Startkapital des Miniunternehmens.

- Die Schüler entwickeln eine Geschäftsidee, wählen eine Unternehmens-führung und richten Abteilungen mit verschiedenen Funktionen und Po-sitionen der Mitarbeiter ein wie die Produktionsabteilung, die Finanzab-teilung, Personalabteilung und das Marketing.

- Die Schüler stellen ein Produkt her oder stellen eine Dienstleistung zur Verfügung, die sie durch gezieltes Marketing auch an den Kunden brin-gen müssen.

- Wie eine richtige Aktiengesellschaft hält auch das Miniunternehmen Hauptversammlungen ab, erstellt Geschäftsberichte und kümmert sich um die Buchführung des Unternehmens.

- Unterstützt wird das Projekt vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln, das Beratungen und Hilfestellungen gewährt, die Buchführung überprüft und Veranstaltungen organisiert. Hierzu bekommt jedes Miniunterneh-men eine umfassende Handreichung wie auch Excel-Tabellen, mit de-nen die Buchführung stark erleichtert wird.

- Teilnahmemöglichkeit an Messen und Wettbewerben - Wie jedes Unternehmen in der Wirklichkeit ist die Geschäftstätigkeit na-

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türlich auf die Erzielung eines Gewinns ausgerichtet, so dass die An-teilseigner am Ende des Unternehmens auch Dividenden erhalten.

Erforderliche Ausstattung

Sehr sinnvoll bei der Durchführung eines einjährigen Großprojektes wäre ein eigener Raum für die Projektgruppe bzw. Klasse. Da die Gruppe wie ein richtiges kleines Unternehmen agiert, sammeln sich während dieses Jahres viele Unterlagen an. Dabei wäre es also sinnvoll, wenn die Gruppe auf die angelegten Ordner auch immer problemlos zugreifen kann.

Als zweite Ausstattung sind zumindest zwei Computer nötig, einer davon mit Internetanschluss, da sämtliche Korrespondenz mit Junior über Internet laufen kann (beispielsweise auch die monatlichen Abrechnungen).

Fächerüber-greifende/-verbindende Möglichkeiten

Das bebilderte Dialektbuch, das während des Projekts Junior entstanden ist, konnte nur unter Einbeziehung vieler Fächer entstehen. Da die Schüler das Buch selbst herstellten, also auch die Bilder selber malten, ergab sich der Bezug zum Fach Kunsterziehung. Die Buchführung geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Fach Be-triebswirtschaftslehre/Rechnungswesen und da die Schüler die gesamte Korrespondenz mit Firmen, Kunden etc. führen mussten, waren sie auch auf die Unterstützung durch ihre Deutschlehrer angewiesen. Schließlich wendeten sie die in IT gelernten Fähigkeiten und Fertigkeiten bei der Er-stellung der Briefe, Geschäftsberichte und Flyer an.

Tipp Die Durchführung eines solchen Großprojekts kostet zwar sehr viel Zeit und auch Nerven, die Schüler müssen (auch zwischendurch) immer wieder motiviert werden, aber der Aufwand lohnt sich in jedem Fall – auch weil die von Junior abgesteckten Ziele zum großen Teil wirklich erreicht werden können.

Links zum Projekt

- www.iwkoeln.de (Junior-Projekte sind auf ein Schuljahr begrenzt) - www.hans-lindner-institut.de Hans-Lindner-Institut, Arnstorf und Re-

gensburg (Projekte sind auf vier Monate beschränkt; das Institut lobt Preise aus, begleitet die Projekte auch an den Schulen)

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5 Literatur, DVD/CD-ROM/Video, Internet-Adressen 5.1 Literatur Nachschlagewerke Andersen, Uwe/Woyke, Wichard (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems, Les-ke+Budrich, Opladen 2003; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 406, 5. aktualisierte Ausgabe Bonn 2003 Avenarius, Hermann: Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 370, Bonn 2002 Becker, Konrad u.a.: Die Politik der Infosphäre. World-Information.Org, Leske+Budrich, Op-laden; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 386, Bonn 2002 Frech, Siegfried/Kuhn, Hans-Werner/Massing, Peter (Hrsg.): Methodentraining für den Poli-tikunterricht, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2003 Huster, Sonja/ Knüppel, Adelgund: DUDEN Basiswissen Schule, mit CD-ROM: Wirtschaft, hrsg. vom Bibliographischen Institut, Mannheim 2003 Kürschners Volkshandbuch: Deutscher Bundestag (15. Wahlperiode), Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Rheinbreitbach 2003 [Nachschlagewerk für jede Wahlperiode neu – alle Abgeordneten en detail] Das Lexikon der Wirtschaft. Grundlegendes Wissen von A bis Z, hg. vom Bibliographischen Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim 2004; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 414, Bonn 2004 Mickel, Wolfgang W. (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung. Grundlagen, Methoden, Ak-tionsformen, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 1999 [Grundlagenwerk der Fachdidaktik/-methodik] Mühlbradt, Frank W.: Wirtschaftslexikon. Daten, Fakten und Zusammenhänge, Cornelsen Lernhilfen, Cornelsen Verlag Scriptor, Berlin Neuauflage Sept. 2004 Oesterreich, Detlef: Politische Bildung von 14-Jährigen in Deutschland. Studien aus dem Projekt Civic Education, Leske+Budrich, Opladen 2002 [Die PISA-Studie für die politische Bildung] Säcker, Horst: Das Bundesverfassungsgericht, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politi-sche Bildung Bd. 405, Bonn 2003 Sander, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch politische Bildung. Reihe: Politik und Bildung, Wochen-schau-Verlag, Schwalbach/Ts. Neuauflage 2004 Sozial-Fibel. Ein Lexikon über soziale Hilfen, Leistungen und Rechte, Bayerisches Staatsmi-nisterium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, 16. Auflage München 2004 Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 2004. Zahlen und Fakten über die Bundesre-publik Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 440, Bonn 2004

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Stiftung Entwicklung und Frieden: Globale Trends 2004/05. Fakten, Analysen, Prognosen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 2003 Woyke, Wichard (Hrsg.): Handwörterbuch Internationale Politik, Leske+Budrich, Opladen 2000; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 404, Bonn 2000 Grundlagenliteratur Abelshauser, Werner: Deutsche Wirtschaftsgeschichte seit 1945, C. H. Beck Verlag, Mün-chen 2004; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 460, Bonn 2004 Alemann, Ulrich von: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Leske+Budrich, Opladen; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 395, Bonn 2003 Breit, Gotthard/ Schiele, Siegfried (Hrsg.): Werte in der politischen Bildung, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2000; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2000 Bayerisches Staatsministerium des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2003 Bayern, München 2004 Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2003, Berlin 2004 Czempiel, Ernst-Otto: Weltpolitik im Umbruch. Die Pax Americana, der Terrorismus und die Zukunft der internationalen Beziehungen, C.H. Beck Verlag, München 2002; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 389, Bonn 2002 GPJE (Hrsg.): Nationale Bildungsstandards für den Fachunterricht in der Politischen Bildung an Schulen, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2004 Die Gruppe von Lissabon: Grenzen des Wettbewerbs. Die Globalisierung der Wirtschaft und die Zukunft der Menschheit, MIT Press, Cambridge, Mass. 1995 ; dt. Ausgabe Luchterhand Verlag, München 1997; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1997 Hebert, Ulrich: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsar-beiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, C.H.Beck Verlag, München 2001; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 410, Bonn 2003 Heins, Volker: Weltbürger und Lokalpatrioten. Eine Einführung in das Thema Nichtregie-rungsorganisationen, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. A 110, München 2002 Kimminich, O./Hobe, Stephan: Einführung in das Völkerrecht, Stuttgart 2004 (UTB) Korte, Karl-Rudolf: Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, Zeitbilder Bd. 2, Bonn 2003 Laufer, H.: Das föderative System der BRD, Stuttgart 2003 Läufer, Thomas (Hrsg.): Verfassung für Europa. Entwurf des Europäischen Konvents vom 18. Juli 2003, Europa Union Verlag, Bonn 2004; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung Bd, 427, Bonn 2004

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Mabe, Jacob E. (Hrsg.): Das kleine Afrika-Lexikon. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung/C. E. Poeschel Verlag Stuttgart 2002, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 437, Bonn 2004 Meuser, Michael/Neusüß, Claudia: Gender Mainstreaming. Konzepte, Handlungsfelder, In-strumente, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 418, Bonn 2004 Müller, Klaus: Globalisierung, Campus Verlag, Frankfurt/Main; Lizenzausgabe für die Bun-deszentrale für politische Bildung, Bd. 390, Bonn 2002 Neumann, Lothar F./ Schaper, Klaus: Die Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland, Campus Verlag, Frankfurt/Main 1990; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1998 Nolte, Paul: Generation Reform. Jenseits der blockierten Republik, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 466, Bonn 2004 Politikunterricht im Informationszeitalter, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 374, Bonn 2001 Rogg, Arne: Demokratie und Internet, Leske+Budrich, Leverkusen 2003 Roth, Rainer A.: Politische Landeskunde: Freistaat Bayern, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. A 92, München 2000 Sander, Wolfgang: Politik entdecken – Freiheit leben. Neue Lernkulturen in der politischen Bildung. Reihe: Politik und Bildung, Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2001 Sander, Wolfgang: Politik in der Schule. Kleine Geschichte der politischen Bildung, Schüren Verlag Marburg 2003; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Band 429, Bonn 2003 Schroeder, Klaus: Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland: Ein Ost-West-Vergleich, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 1. Auflage München 2003 Schweitzer, M./ Hummer, W.: Europarecht, Luchterhand 2002 Sontheimer/Bleek: Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung/Arbeitskreis Gymnasium und Wirt-schaft (Hrsg.): Nachhaltige Lernmotivation und schulische Bildung. Handreichung, München 2003 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Projekte im Gymnasium. Fä-cherübergreifendes Arbeiten, Schlüsselqualifikationen., Arbeitsbericht Nr. 310, Auer Verlag, Donauwörth 2002 Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Selbstständiges Arbeiten und Lernen in den Jahrgangsstufen 5-10. Band 1, Auer Verlag, Donauwörth 2001 Steinbügl, E./ Martin, G.: Bürger und Politik, Darmstadt 1995 Weidner, Margit: Kooperatives Lernen im Unterricht. Das Arbeitsbuch, Kallmeyersche Ver-lagsbuchhandlung, Seelze-Velber 2003

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Weißeno, Georg (Hrsg.): Europa verstehen lernen. Eine Aufgabe des Politikunterrichts, Wo-chenschau Verlag Schwalbach i. Ts., Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 423, Bonn 2004 Unterrichtsvorbereitung Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Bildung e. V.: Gesicher-te Zukunft Planen, Bonn 2003 [zwei Arbeitsmappen zu den Sozialversicherungen und zur Altersvorsorge] Blumöhr, Fritz/Hübner, Emil/Maichel, Alois: Die politische Ordnung in Deutschland, Bayeri-sche Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. G 1 (Grundinformation Politik), 11. Auflage München 2004 Bundesverband deutscher Banken (Hrsg.) „Schul/Bank“: Wirtschaft. Materialien für den Un-terricht, Berlin 2003 [umfangreiche Informations-/Materialmappe zu wirtschaftswissenschaftlichen Themen, auch online zu bestellen unter: www.schulbank.de] Center for Civic Education/Koopmann, F. Klaus: Projekt: aktive Bürger. Sich demokratisch durchsetzen lernen – Eine Arbeitsmappe, Verlag an der Ruhr, Mühlheim an der Ruhr 2001 Dilger, Andreas: Die Fundgrube für den Politik-Unterricht. Das Nachschlagewerk für jeden Tag, Cornelsen Verlag Scriptor Berlin 1997 EU-Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europa-Haus Leipzig (Hrsg.): Lernkoffer zur EU-Osterweiterung (Schutzgebühr 20.- €; Bestelladresse: Europa-Haus Leipzig, Katharinen-straße 11, 04109 Leipzig, E-Mail: [email protected]) EU-Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europa-Haus Leipzig (Hrsg.): Lernkoffer zum Thema Wahlen und Demokratie (Schutzgebühr 35.- €; Bestelladresse: Europa-Haus Leipzig, Katharinenstraße 11, 04109 Leipzig, E-Mail: [email protected]) Van der Gieth, Hans-Jürgen und Hildegard: Lernzirkel Bundesrepublik. Lernzirkel Grund-rechte – So funktioniert die Bundesrepublik – Soziales Netz. Unterrichtsmaterial für die 7. bis 11. Klassen, Buch Verlag Kempen, 2001 Hesselberger, Dieter: Das Grundgesetz. Kommentar für die politische Bildung, Wolters Klu-wer Dtld. GmbH, München 2003; Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bil-dung, Bd. 409, Bonn 2003 Höfer, Frank: Die politische Ordnung in Bayern, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. G 3 (Grundinformation Politik), München 1999 HOT – Wirtschaftliche Themen für den Unterricht (Zs.), Bildungsverlag [www.Bildungsverlag1.de] Klippert, Heinz: Kommunikationstraining. Übungsbausteine für den Unterricht, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2002 Klippert, Heinz: Methodentraining. Übungsbausteine für den Unterricht, Beltz Verlag, Wein-heim und Basel 2002

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Kührt, Peter: Computer, Internet & Co. im Politik- und Sozialkundeunterricht, Cornelsen Ver-lag Scriptor Berlin 2002 Mickel, Wolfgang W.: Methodenlehre im politischen Unterricht, Cornelsen Verlag Scriptor, Berlin 2003 Opitz, Peter J. (Koord.): Die Vereinten Nationen. Geschichte, Struktur, Perspektiven, Bayeri-sche Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. G 5 (Grundinformation Politik), Mün-chen 2000 Politik betrifft uns, Bergmoser + Höller Verlag Aachen (Zs., erscheint 6x jährlich) Praxis Politik, Heft 1/Februar 2005 ff., Westermann-Verlag Braunschweig (Zs., erscheint 6x jährlich) Randak, Harald: Unsere Soziale Marktwirtschaft. Eine Einführung, Bayerische Landeszentra-le für politische Bildungsarbeit, Bd. G 4 (Grundinformation Politik), München 1999 SOWI – Sozialwissenschaftliche Informationen. Journal für Geschichte, Politik, Wirtschaft und Kultur (Zs.), Friedrich-Verlag, Seelze/Velber Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Globale Entwicklung, 2 Bde. (Handreichung und Arbeitsbericht), Auer Verlag, Donauwörth 2001 Thiel, Elke: Die Europäische Union, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. A 49 bzw. Bd. G 2 (Grundinformation Politik), München 1997 bzw. München 1999 TOP – Politische Themen für den Unterricht (Zs.), Bildungsverlag [www.Bildungsverlag1.de] Die Verfassungen der EG-Mitgliedstaaten, C.H. Beck Verlag (Beck-Texte im dtv), München Wegmann, Manfred: Die kommunalen Ebenen in Bayern: Kommunal-Ordnungen und Wah-len, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Bd. A 88, München 2001

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5.2 DVD / CD-ROM / Video Armut bekämpfen. Gemeinsam handeln, CD-ROM, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Bonn und Berlin 2004 Auftrag Bundesrat, DVD, Bundesrat – Pressestelle, Berlin 2003 [22 Minuten] Bundestagsmagazin – Wählen gehen, CD-ROM, Deutscher Bundestag, Münster/Bonn 1998 Der Bayerische Landtag, CD-ROM, Bayerischer Landtag, München [interaktive Tour] Deutscher Bundestag – 15. Legislaturperiode, CD-ROM Europa Abgeordnete – Machtkontrolle in der EU, FWU September 2004, Verleihnummer 42 02909 [Film zeigt die Arbeit des europäischen Bürgerbeauftragten, des Petitionsausschusses und den Alltag von Abgeordneten des Europäischen Parlaments] Föderalismus in Deutschland, CD-ROM, Haus der Bayerischen Geschichte/Bayerische Lan-deszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1999 Globalisierung, CD-ROM, DGB-Bildungswerk 2001 Hallo Europa, CD-ROM, Europäische Kommission, Luxembourg 2000 Kommunalpolitik für Einsteiger, CD-ROM, Bayerische Landeszentrale für politische Bil-dungsarbeit, München 2000 Konflikt als Chance, CD-ROM, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Bonn und Berlin 2002 Konflikte XXL. Konstruktive Konfliktbearbeitung als Gewaltprävention, Verein für Frie-denspädagogik Tübingen e. V./Bundeszentrale für politische Bildung, CD-ROM, Bonn 2002 Max! Prosoziales Verhalten in Konfliktsituationen, CD-ROM mit interaktivem Szenario, Insti-tut für Friedenspädagogik Tübingen e. V. 2002 So gut wie sicher – Ratgeber zum Thema Versicherung, DVD, Bayerischer Rund-funk/Informationszentrum der deutschen Versicherungen, 2003 [5 x 13 Minuten, fünf informative Kapitel zum gesamten Themenbereich] Schröder, A./Nazarkiewicz, K.: Toleranz Bilder, Fotobox, Gütersloh 1998; Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn Unser Parlament, CD-ROM, Deutscher Bundestag, Berlin 2000 Vester, Frederic: Ecopolicy. Das Simulationsspiel zum vernetzten Denken – das kyberneti-sche Strategiespiel (Einzellizenz/Netzwerkversion), Westermann Verlag, Braunschweig 2003

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5.3 Internetadressen www.aa.de (Auswärtiges Amt; Länderinformationen) www.adveniat.de www.agenda-transfer.de (Agenda 21) www.ard.de (ARD) www.bayern.de/HDBG/ (Haus der Bayerischen Geschichte) www.bayern.de/Politik/ (Bayerische Staatskanzlei und Staatsregierung) www.baynet.de (Bayerischer Behördenwegweiser) www.bildungsserver.de (bietet zahlreiche Informationen) www.bmz.de (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) www.bpb.de (Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn) www.bpnetz.de (Politisches Bildungsnetz; bietet umfangreiches Material für Sozialkunde) www.br-online.de (Bayerischer Rundfunk) www.brot-fuer-die-welt.de www.bund.de (Dienstleistungsportal des Bundes, Bund-Länder-Gemeinden) www.bundeskanzler.de (Bundeskanzler) www.bundespraesident.de (Bundespräsident) www.bundesrat.de (Deutscher Bundesrat) www.bundesrecht.juris.de/bndesrecht/index.html (aktuelle Texte einer Vielzahl wichtiger Ge-setze und Rechtsverordnungen des Bundes sowie in einem Aktualitätendienst des Bundes-ministeriums der Justiz die Texte von allen Gesetzen und Rechtsverordnungen des Bundes, die neu erlassen, neu bekannt gemacht oder geändert wurden mit Hinweisen zum Bundes-recht) www.bundesregierung.de (Regierung der Bundesrepublik Deutschland) www.bundestag.de (Deutscher Bundestag) www.bverfg.de (Bundesverfassungsgericht) www.cleanclothes.org (Textilindustrie) www.comenius.de/fep.cfm www.cbmi.de (Christoffel-Blindenmission; Materialien zur Schuldenproblematik u. a.) www.coe.int (Europarat) www.cdu.de www.csu.de www.ded.de (Deutscher Entwicklungsdienst) www.destatis.de (Statistisches Bundesamt) www.dgvn.de (Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen) www.diw.de/atschool (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung; stellt Materialien z. V.) www.eine-welt-netz.de (Globales Lernen) www.epo.de (Hintergrundinformationen zu Entwicklungsarbeit, aktuellem Geschehen vorOrt) www.eed.de (Evangelischer Entwicklungsdienst) www.eine-welt-unterrichtsmaterialien.de (Welthaus Bielefeld; Datenbank über entwicklungs-politische Unterrichtsmaterialien) www.epiz-berlin.de (Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszentrum Berlin) www.ezef.de (Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit) www.erlassjahr.de (Verschuldungsproblematik) www.epd.de/ep (entwicklungspolitische Themen) www.europa-digital.de (Nachrichten zu EU-Themen) www.europa.eu.int (Website der Europäischen Union und Linkverzeichnis zu den anderen EU-Institutionen) www.europaparl.eu.int und www.europaparl.de (Europarlament) www.fluechtlingsrat.de www.fian.de (Blumenkampagne) www.fdp.de www.focus.de (Nachrichten) www.globaleducation.at

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www.globaleducation.ch www.globales-lernen.de www.grafstat.de (Programm zur Durchführung und Auswertung von Umfragen) www.greenpeace.de www.gruene.de (Partei Bündnis 90/Die Grünen) www.gtz.de/biotech (Infos zu Biotechnologie in der Entwicklungszusammenarbeit) www.handelsblatt.de (Zeitung) www.heute.t-online.de (Nachrichten) www.jugendaktion.de (Infos zu aktuellen Themen, z. B. Kampagne gegen Biopiraterie) www2.justiz.bayern.de (Bayerisches Staatsministerium der Justiz) www.landtag.bayern.de (Bayerischer Landtag) www.learn-line.nrw.de/angebote/agenda21 www.misereor.de www.münster.org/eineweltforum/ccc/cleanclo.html (Textilindustrie) www.nato.int www.n-tv.de (Nachrichten) www.pbnetz.de www.politik-digital.de (Internetplattform) www.politikerscreen.de www.politische-bildung.de www.politische-bildung-schwaben.net www.proasyl.de www.rugmark.de (gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie) www.schulbank.de www.sowi-online.de (Internetangebot für alle sozialwissenschaftlichen Unterrichtsfächer und ihre Fachdidaktiken) www.sozialkunde-online.de/ministerienbayern.htm (zahlreiche Links zu Unterrichtshilfen, Grundgesetz, Parteien, Zeitungen/Zeitschriften, Bayerischer Staatskanzlei/Ministerien – Be-hörden – Spezialbereichen) www.spd.de www.spiegel.de (Nachrichten) www.statistik-bund.de (Statistisches Bundesamt) www.stmas.bayern.de (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen) www.stmi.bayern.de (Bayerisches Staatsministerium des Innern) www.stmugv.bayern.de/index.htm (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) www.stmuk.bayern.de (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus) www.stmuk.bayern.de/blz/index.asp (Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsar-beit) www.stmwivt.bayern.de (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie) www.stmwk.bayern.de (Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst) www.swg-netzwerk.de www.tagesschau.de (Nachrichten) www.terre-des-femmes.de/ccc-links.htm www.transfair.org (Fairer Welthandel) www.un.org (United Nations) und www.uno.de (Vereinte Nationen) www.unesco.org www.unher.de (engl.; zum weltweiten Flüchtlingsproblem) www.unicef.de www.verfassungen.de (Übersicht über gegenwärtige und historische nationale und internati-onale Verfassungen) www.venro.org (Verband der Nichtregierungsorganisationen)

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www.welthaus.de (Welthaus Bielefeld, eine unabhängige entwicklungspolitische Nichtregie-rungsorganisation mit Schwerpunkt auf der entwicklungspolitischen Bildung; Unterrichtsma-terialien) www.welthungerhilfe.de www.weltinderschule.uni-bremen.de (Welt in der Schule) www.who.ch (Weltgesundheitsorganisation) www.worldbank.org (Informationsdienst der Weltbank, Entwicklungshilfeprojekte) www.zdf.de (ZDF)