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Sozialstaat, Produkt des Klassenkampfs oder des bürgerlichen Humanismus
Hassan Maarfi Pour
Inhaltsverzeichnis1.Einleitung.....................................................................................................................................................3
2. 1. Die Pariser Kommune und ihren Einfluss auf Sozialstaat......................................................................11
3. Die Revolution von 1918/1919 und die Entstehung des Faschismus........................................................13
4.Sozialstaat nach dem Faschismus bis zur Gegenwart................................................................................17
4.1. Sozialstaat im Zeitalter des Neoliberalismus..........................................................................................18
5.Fazit........................................................................................................................................................20
6. Literaturverzeichnis...................................................................................................................................23
1.Einleitung
In dieser Arbeit wird gezeigt, wie der Sozialstaat entstanden ist und es werden Theorien über
den Sozialstaat verglichen. Der Sozialstaat war und ist eine Form von Herrschaft, durch
welche die Menschen staatliche Hilfe bekommen können. Die Geschichte der Entstehung des
Sozialstaates ist mit der Geschichte des Klassenkampfes verbunden. Die Arbeiterklasse als
eine Klasse, die selbst die Waren produziert, aber vom Hungernot bedroht wurde, hätte eines
Tages den Kapitalismus ablösen können, wenn die Kapitalisten und der Staat als Vertreter der
Kapitalisten nicht teilweise die Interessen der Arbeiterklasse geschützt hätten. Deswegen war
der Staat gezwungen, den Interessen der Arbeiterklasse ein Stück weit entgegenzukommen.
Der Sozialstaat in Deutschland hat seine Ursprünge unter Bismarck. Bismarck war sowohl
konservativ als auch konterrevolutionär. „Das Deutsche Reich“ von 1871, wie Manfred G.
Schmidt auch gesagt hat, ist „Pionier der gesamtstaatlichen Sozialgesetzgebung“. (vgl. Der
Deutsche Sozialstaat, M.G. Schmidt. München 2012, S. 10)
Die Ideen vom ersten Sozialstaat in Deutschland waren eine sehr einfache Lösung, durch
welche von der Revolution abgelenkt werden konnte. Zuerst wurde Gesetzesinitiativen zur
Unfall- und Krankenversicherung von Wilhelm I. sowie staatliche Unterstützung und
Fürsorge für Alten und Arbeiter geschaffen. Die staatliche Hilfe und Unterstützung wurde
direkt von den Arbeitgebern an die Arbeiter bezahlt. Im Gegensatz zum heutigem Sozialstaat
gab es keine Bezahlung aus Steuergeldern. (Vgl. ebd. S 10 ff)
„Die Sozialversicherungen stehen für einen Mittelweg zwischen staatszentrierter
und marktliberaler Sozialpolitik. Der Rechtsreform nach sind die
Sozialversicherungen Körperschaften des öffentlichen Rechts mit
Selbstverwaltungsbefugnis. Verwaltungspolitisch handelt es sich um
Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung.“ (ebd. S. 11)
Diese Interpretation von Sozialstaat ist sehr konservativ, weil im Gegensatz zu Marxisten,
Manfred G. Schmidt die konkrete Rolle der Arbeiterklasse und des Klassenkampfes nicht
sieht. Zwar spricht er von „gesellschaftlichen Interessen und ihren Repräsentanten“, aber den
Begriff der Arbeiterklasse vermeidet er fälschlicherweise. Sozialstaat ist eine Form
bürgerlicher Herrschaft und kapitalistischer Macht, in welcher der Kampf der Arbeiterklasse
durch die Bourgeoisie unterdrückt wird. Dies geschieht indem die Interessen der
Arbeiterklasse minimal geschützt werden und so die revolutionäre Bewegung der
Arbeiterklasse reformistisch wird. Marxistisch gesehen würde es ohne Klassenkampf weder
vom Staat noch von den Kapitalisten eine Leistung an Arbeitslose, Rentner usw. gegeben.
Eine kurze Betrachtung der anderen Länder, in denen kein Sozialstaat existiert und die
Menschen Steuer bezahlen müssen, zeigt, dass weder das Interesse des Staates noch das
Interesse des Kapitals erlaubt, solange es keinen Druck von unten gibt. Stattdessen wird ohne
Druck von unten die Arbeiterklasse nur immer weiter belastet, z.B. über Verschärfungen der
Arbeitsbedingungen. Sozialstaat ist eine Form der kapitalistischen Herrschaft, in welcher der
Staat die Wirtschaft kontrolliert und progressive Steuern auf Einkommen erhebt. Die Steuern,
die an den Staat bezahlt werden müssen, sollen teilweise als soziale Hilfe für die
Krankenversicherungen, Arbeitslosen, Rentner, das Kindergeld, das Bildungssystem, die
Kindergärten usw. verwendet werden. Statistisch gesehen stellt die Arbeiterklasse in jeder
Form des Kapitalismus die Mehrheit der Bevölkerung und bezahlt das meiste Steuergeld. In
diesem Fall spielt Sozialstaat die Rolle des Vermittlers, der das Steuergeld sammelt und ein
Teil davon an diejenigen, die selbst eines Tages Steuern bezahlt haben oder zahlen müssen
zurückgibt.
In folgender Grafik wird gezeigt, dass – im Gegensatz zur konservativen Analyse des
Sozialstaates – die Arbeiterklasse viel mehr Steuern als Unternehmer und Kapitalisten zahlt.
Der Unterschied zwischen den Steuern, die von der Arbeiterkasse und den Kapitalisten bezahlt werden müssen.
BIP (Bruttoeinkommensprodukt) im Jahr 2011 (eigene Übersetzung)
DgP (Gross domestic product)
Die Relation der Staatsausgaben zu den Steuereinkommen im Jahr 2011 in verschidenen Ländern (eigene
Übersetzung)
Die Staatsausgaben in Chile und Norwegen sind fast gleich, obwohl Chile kein Sozialstaat ist.
Manche Länder sind in Vergleich zu anderen sehr reich, deswegen ist es nicht korrekt, wenn
die Nettoeinkommen für den Vergleich benutzt werden. Stattdessen sollte in dieser Situation
die Bruttoeinkommen herangezogen werden, damit gezeigt wird wie Sozialstaat gegenüber
anderen Staaten steht. Viele reiche Länder verdienen viel mehr als andere Länder, deswegen
sind sie nicht großzügig, sondern haben nur mehr Kapazität die Bevölkerung zufrieden zu
stimmen. Sozialstaat hat nirgendwo das Wachsen der Ungleichheit gestoppt.
2. Geschichtliche Betrachtung der Entstehung des Sozialstaates
Wie in der Einleitung erwähnt wurde, ist die Geschichte des Sozialstaates mit der Geschichte
des Kaiserreichs verbunden. Schmidt zeigt in seiner Untersuchung des deutschen
Sozialstaates im Buch „Der deutsche Sozialstaat“ wie und warum der Sozialstaat entwickelt
wurde:
„Zu den Motiven der Sozialgesetzgebung gehört Bismarcks Absicht, die Exekutive des
Kaiserreichs zu stärken. Zudem galt es, gesellschaftlichen Interessen und ihre
Repräsentanten in die Verwaltung der Sozialpolitik einzubinden und mit diesem
Korporatismus zugleich das Parlament und die etablierten Parteien zu schwächen.“
(Schmidt. S13)
Manfred G. Schmidt hat teilweise Recht. Der konservative Bismarck war aber von unten
gezwungen um die Lage der Arbeiterklasse zu verbessern, damit die Bewegungen von der
Arbeiterkasse und die sozialistischen Parteien nicht die Macht des Kaiserreichs bedrohen
konnten. Seit 1848 als Marx und Engels das „Manifest der kommunistischen Partei“
veröffentlichten gab es revolutionäre Bewegungen, die den Kapitalismus und die Macht des
Kaiserreichs bedrohten. Marx und Engels haben in „Manifest“ von Gespenst des
Kommunismus in Europa geschrieben.
„Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten
Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und
der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten.“
(Marx/Engels 1848: 1)
Engels interpretiert die Situation von 1848 und die gescheiterte Revolution der Bourgeoisie in
seinem Buch „Revolution und Konterrevolution“ in Deutschland und schrieb:
„Es bedarf keiner weiteren Erklärung, warum unter einem solchen System die
politische Information das fast ausschließliche Monopol solcher
Gesellschaftsklassen war, die es sich leisten konnten, ihre Einschmuggelung in
das Land zu bezahlen, ganz besonders aber jener, deren Interessen durch die
bestehenden Verhältnisse am schwersten betroffen wurden, nämlich der
industriellen und kommerziellen Klassen. Sie waren daher die ersten, die sich als
Masse gegen den Fortbestand eines mehr oder minder verhüllten Absolutismus
zusammenschlossen, und von dem Augenblick ihres Übergangs in die Reihen der
Opposition muss man den Beginn der wirklich revolutionären Bewegung in
Deutschland datieren“ (Engels 1851: 14-23).
Einerseits ging es darum, dass in vielen Ländern bürgerliche Revolutionen stattfanden, aber in
Deutschland es immer noch Konflikte darum gab, ob die Bourgeoisie in der Lage ist die
Monarchie zu beseitigen und selber an die Macht zu kommen. Anderseits entstand mit der
Entstehung der Bourgeoisie in Frankreich ein utopischer Sozialismus der die arbeitende
Klasse stark sowohl in Frankreich als auch in Deutschland beeinflusste. Deshalb gab es
parallel in Deutschland zwei Strömungen, die beide Monarchie bedrohten.
„Der Eifer, mit dem sich die tonangebende Bourgeoisie wenigstens äußerlich den
Anschein des Sozialismus gab, war die Folge einer großen Veränderung, die in
der arbeitenden Klasse Deutschlands vor sich gegangen war. Ein Teil der
deutschen Arbeiter hatte seit 1840 auf Wanderschaft in Frankreich und der
Schweiz mehr oder minder die noch recht groben sozialistischen und
kommunistischen Ideen in sich aufgenommen, die damals unter den französischen
Arbeitern im Schwange waren.“ (Ebd. S 14- 23)
Im Folge des Textes schreibt Engels weiter:
Die zunehmende Beachtung, die derlei Ideen seit 1840 in Frankreich gezollt
wurde, brachten Sozialismus und Kommunismus auch in Deutschland in Mode,
und schon ab 1843 waren alle Zeitungen voll von Erörterungen über soziale
Fragen. Sehr bald bildete sich in Deutschland eine Schule von Sozialisten, die
sich mehr durch die Unklarheit als durch die Neuheit ihrer Ideen auszeichnete.
Ihre Tätigkeit bestand hauptsächlich darin, die Lehren von Fourier, Saint-Simon
und anderen Franzosen in die abstruse Sprache der deutschen Philosophie zu
übertragen. Die Schule der deutschen Kommunisten, die grundverschieden ist von
dieser Sekte, bildete sich ungefähr um dieselbe Zeit“. (Ebd. S 14- 23)
Engels war der Meinung, dass in dieser Situation, keine richtigen weder bürgerliche Parteien
noch kommunistische Parteien in Deutschland gab, die die Revolution vertreten könnten. Mit
anderen Worten kann man sagen, die Revolution von 1848 aus unterschiedlichen Gründen
besonders mangels revolutioniere Akteure scheiterte: „Eine besondere republikanische Partei
gab es damals nicht in Deutschland. Die Leute waren entweder konstitutionelle Monarchisten
oder mehr oder weniger ausgesprochene Sozialisten oder Kommunisten.“ (Ebd. S 14-23)
Vom Jahr 1848 bis die Entstehung des Sozialstaates in Deutschland gab viele verschiedene
Bewegungen, die in dieser Arbeit nicht alle betrachtet werden können, aber was man sagen
kann, ist, dass die „Mächte der Vergangenheit“ in der Revolution von 1848 „Mächte der
Gegenwart“ wurden.
„Der erste Akt des revolutionären Dramas auf dem europäischen Kontinent ist zu
Ende. Die "Mächte der Vergangenheit" vor dem Sturm von 1848 sind wieder die
"Mächte der Gegenwart", und die mehr oder weniger populären
Eintagsherrscher, provisorischen Regenten, Triumvirn, Diktatoren, alle mit ihrem
Gefolge von Abgeordneten, Zivilkommissaren, Militärkommissaren, Präfekten,
Richtern, Generalen, Offizieren und Soldaten, sind an fremde Küsten verschlagen
und "über See verschickt", nach England oder Amerika, um dort neue
Regierungen "in partibus infidelium", europäische Komitees, Zentralkomitees,
nationale Komitees zu bilden und ihr Kommen in Proklamationen anzukündigen,
nicht minder feierlich als die eines weniger imaginären Potentaten.“(Ebd. S 5-13)
Engels spricht von bürgerlicher Revolution in Wien, aber er ist der Meinung, dass das
Ergebnis von „Vereinigten Landtage“ Bruch der Revolution in Deutschland war. Im
Gegensatz zu Deutschland und im Gegensatz zur Revolution von 1848 in Deutschland schrieb
Engels, dass die Februarrevolution in Frankreich die Revolution der Arbeiterklasse war und
das Ziel einer Emanzipation der Arbeiterklasse hatte. „Die Februarrevolution kündigte sich
an als eine Revolution der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie; sie proklamierte den Sturz
der bürgerlichen Regierung und die Emanzipation des Arbeiters“ (Ebd. S 39-43)
In Deutschland hat die Bourgeoise versucht, Revolutionäre, besonders Sozialisten und
Kommunisten, zu beseitigen und das Volk ruhig zu halten um die Revolution abzubrechen.
Die Liberalen, die an die Macht kamen, waren nicht anders als die Monarchen.
„Der König, der nach dem Aufstand vom 18. März völlig zusammengebrochen
war, kam sehr bald dahinter, dass er für diese "liberalen" Minister ebenso
notwendig war wie sie für ihn. Der Thron war von dem Aufstand verschont
geblieben; der Thron verblieb als einzige Schranke gegen die "Anarchie"; die
liberale Bourgeoisie und ihre Führer, die jetzt in der Regierung saßen, hatten
daher alle Ursache, das beste Einvernehmen mit der Krone zu wahren. Der König
und seine nächste Umgebung, die reaktionäre Kamarilla, hatten das bald
entdeckt und nutzten diesen Umstand, um das Vorgehen des Ministeriums selbst
bei jenen winzigen Reformen zu hemmen, zu denen es zeitweise einen Anlauf
nahm.“ (Ebd. S 39-43)
Drei wichtige Punkte, die die Bewegung der Arbeiterklasse von den bürgerlichen
Bewegungen unterscheidet, wurden bei Engels aufgegriffen.
„Es gab somit nur drei Punkte, in denen sich die proletarische Partei in ihrem
politischen Auftreten von der Partei der Kleinbürger oder, richtiger ausgedrückt,
von der sogenannten demokratischen Partei wesentlich unterschied: erstens, die
verschiedene Beurteilung der Vorgänge in Frankreich, insofern nämlich die
Demokraten die Partei der äußersten Linken in Paris angriffen, während die
proletarischen Revolutionäre sie verteidigten; zweitens, das Eintreten für die
Notwendigkeit der Errichtung der einen, unteilbaren deutschen Republik,
während selbst die Allerradikalsten unter den Demokraten nur nach einer
föderativen Republik zu seufzen wagten; und drittens, jene bei jeder Gelegenheit
bewiesene revolutionäre Kühnheit und Aktionsbereitschaft, die einer vom
Kleinbürgertum geführten und hauptsächlich aus Kleinbürgern
zusammengesetzten Partei immer fehlen wird.“(Ebd. 39-43)
Engels schrieb danach auch, dass die Arbeiterklasse überall sich hauptsächlich auf das
demokratische Engagement konzentriert hat und sehr großen Einfluss auf bürgerliche
Bewegungen gewann. (Vgl. Ebd. S 39- 43)
Die Arbeiterklasse als eine junge Bewegung in Deutschland hat sich in jedem Kampf in dieser
Zeit beteiligt und versuchte ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern, aber wie am Anfang
erwähnt wurde, war die Arbeiterklasse nicht alleine in der Lage die Macht zu besetzen und
die Revolution zu vertreten, deswegen scheiterte sowohl die bürgerliche Revolution als auch
die Revolution des Proletariats.
„Die Arbeiterklasse beteiligte sich an diesem Aufstand, wie sie sich an jedem
anderen beteiligt hätte, von dem sie erwarten durfte, er werde einige Hindernisse
auf ihrem Wege zur politischen Herrschaft und zur sozialen Revolution aus dem
Wege räumen oder wenigstens die einflussreicheren, aber weniger mutigen
Gesellschaftsklassen in eine entschiedenere revolutionärere Richtung drängen,
als sie bisher eingeschlagen. Die Arbeiterklasse griff zu den Waffen in dem vollen
Bewusstsein, dass dieser Kampf in seiner unmittelbaren Zielsetzung nicht ihrer
eigene Sache gelte; sie befolgte jedoch die für sie allein richtige Taktik, keiner
Klasse, die (wie die Bourgeoisie im Jahre 1848) auf ihren Schultern
emporgestiegen, die Festigung ihrer Klassenherrschaft zu gestatten, ohne
mindestens dem Kampf der Arbeiterklasse für ihre eigenen Interessen freie Bahn
zu eröffnen und auf jeden Fall eine Krise herbeizuführen, die entweder die Nation
mit unwiderstehlicher Gewalt auf den Weg der Revolution trieb oder aber den
vorrevolutionären Status quo soweit wie möglich wiederherstellte und damit eine
neue Revolution unvermeidlich machte. (Ebd. S. 98-102)
Engels geht davon aus, dass:
In beiden Fällen vertrat die Arbeiterklasse die richtig verstandenen, wahren
Interessen der gesamten Nation, indem sie den Verlauf der Revolution möglichst
beschleunigte, jener Revolution, die für die veralteten Gesellschaftssysteme des
zivilisierten Europas jetzt eine geschichtliche Notwendigkeit geworden ist, bevor
sie daran denken können, ihre Kräfte wieder ruhiger und gleichmäßiger zu
entfalten.“ (Ebd. S. 98-102)
Im Mai 1848 war die erste deutsche Revolution ausgebrochen und im Juli war die Revolution
ganz niedergeworfen. Das war Ende der ersten Revolution in der deutschen Geschichte. (Vgl.
Ebd. S 98-101). Aber man darf nicht vergessen, dass der Sozialstaat nicht vom Himmel
gefallen ist und Sozialstaat in Deutschland nicht Produkt des Wachstums ist, sondern dem
Kapitalismus von unten aufgezwungen wurde, um ein Teil der Produkte an diejenigen, welche
diese selber produziert haben zu geben, damit das System gestürzt werden konnte.
2. 1. Die Pariser Kommune und ihren Einfluss auf SozialstaatIn diesem Teil des zweitens Kapitel wird versucht zu zeigen wie die sozialistische Revolution
in Frankreich das Deutsche Reich beeinflusste. Konkret hatte in der Art und Weise, dass um
die Revolution in Deutschland zu vermeiden, der Sozialstaat akzeptiert wurde.
Die Bewegung der Arbeiterklasse war seit Bestehen des Kapitalismus nicht nur in Frankreich,
sondern überall in Europa eine einflussreiche Bewegung. Auch in den Revolutionen der
Bourgeoisie hatte sie eine wichtige Rolle. Ohne sie konnten sehr selten Reformen erreicht
werden. Frankreich ist Land der Revolution und die Arbeiterklasse in Frankreich war eine der
radikalsten Bewegungen Europas.
Die französischen Reichen hatten die radikalen, bürgerlichen Ideen zerschlagen. Der Putsch
von Louis Bonaparte am zweiten Dezember 1851 zeigte wie die Bourgeoisie die Rolle der
Konterrevolution spielte. Louis Bonaparte ist Symbol dieser Konterrevolution für die
gesamte Menschheitsgeschichte. Engels schreibt im Vorwort vom „Achtzehnte Brumaire
Louis Bonaparte“ die Situation in Frankreich: „Frankreich ist das Land, wo die geschichtlichen
Klassenkämpfe mehr als anderswo jedes Mal bis zur Entscheidung durchgefochten wurden, wo also auch
die wechselnden politischen Formen, innerhalb deren sie sich bewegen und in denen ihre Resultate sich
zusammenfassen, in den schärfsten Umrissen ausgeprägt sind. Mittelpunkt des Feudalismus im Mittel- |
249| alter, Musterland der einheitlichen ständischen Monarchie seit der Renaissance, hat Frankreich in
der großen Revolution den Feudalismus zertrümmert und die reine Herrschaft der Bourgeoisie begründet
in einer Klassizität wie kein anderes europäisches Land. Und auch der Kampf des aufstrebenden
Proletariats gegen die herrschende Bourgeoisie tritt hier in einer, anderswo ungekannten, akuten Form
auf. Das war der Grund, weshalb Marx nicht nur die vergangen französische Geschichte mit besonderer
Vorliebe studierte, sondern auch die laufende in allen Einzelheiten verfolgte, das Material zu künftigem
Gebrauch sammelte und daher nie von den Ereignissen überrascht wurde“ (Marx & Engels S. 248/249-
173)
Marx unterscheidet bürgerliche Revolutionen von proletarischen Revolutionen. Marx war der
Meinung, dass in einer früheren Geschichteepoche die Bourgeoisie eine revolutionäre Rolle
spielte, aber die bürgerlichen Revolutionen gegen Feudalismus und Monarchie könnten nie
das alten System zerstören und einen neuen Staat bauen. Stattdessen haben sie lediglich die
bestehende Staatform behalten und „weiterentwickelt“. (Vgl. Ebd. S 194-2007)
„Von den widersprechenden Forderungen dieser Situation gejagt, zugleich wie ein Taschenspieler in der Notwendigkeit, durch beständige Überraschung die Augen des Publikums auf sich als den Ersatzmann Napoleons gerichtet zu halten, also jeden Tag einen Staatsstreich en miniature zu verrichten, bringt Bonaparte die ganze bürgerliche Wirtschaft in Wirrwarr, tastet alles an, was der Revolution von 1848 unantastbar schien, macht die einen revolutionsgeduldig, die andern revolutionslustig und erzeugt die Anarchie selbst im Namen der Ordnung, während er zugleich der ganzen Staatsmaschine den Heiligenschein abstreift, sie profaniert, sie zugleich ekelhaft und lächerlich macht. Den Kultus des heiligen Rocks zu Trier wiederholt er zu Paris im Kultus des napoleonischen Kaisermantels. Aber wenn der Kaisermantel endlich auf die Schultern des Louis Bonaparte fällt, wird das eherne Standbild Napoleons von der Höhe der Vendôme-Säule herabstürzen.“ (Ebd. S 194-207)
Die Pariser Kommune übte einen massiven Druck auf Konservative wie Bismarck und die
deutschen Herrschenden aus, weshalb sie schließlich den Sozialstaat akzeptieren mussten.
3. Die Revolution von 1918/1919 und die Entstehung des Faschismus Von 1871 bis 1919 gab es viele Aktivitäten der Arbeiterklasse. Ein wesentlicher Grund dafür
war, dass zwischenzeitlich die Arbeiterklasse in Russland durch eine sozialistische Revolution
an die Macht gekommen war – wenngleich sich diese später zu einer Diktatur einer Partei
wandelte. In Deutschland waren die Kommunisten und Kommunistinnen auch sehr aktiv,
gleichzeitig gab es große Diskussionen im Internationalen Kongress. Ein großer Teil der 2.
Internationalen nahm sowohl nationalistische als auch antirevolutionäre Positionen ein. Karl
Kautsky und Edward Bernstein waren Vertreter des reformistischen Sozialismus. Auf der
anderen Seite wurden die KommunistenInnen aus der SPD und der 2. Internationalen
gespalten und die KPD gegründet. Grund dafür war, dass die SPD imperialistische Positionen
vertreten hatte. Die Oktoberrevolution hatte nicht nur die deutsche kommunistische Partei,
sondern alle kommunistischen Parteien motiviert überall den Kampf für den Sozialismus zu
intensivieren und zu radikalisieren. Die Revolution von 1919 wurde von Anti-revolutionären
Gruppen wie der SPD und ihrer Vorfeldorganisationen mit „theoretischer und staatlicher“
Legitimation sowohl von der Seite die Theoretiker (Kautsky) als auch Politiker (Friedrich
Ebert) zerschlagen und Luxemburg und Liebknecht wurden mit hundert anderen
revolutionären Akteuren ermordet. Die Aufspaltung in zwei Internationale und in SPD ging
sowohl um theoretische Einstellungen als auch die praktische Umsetzung des Sozialismus,
daher hat Lenin Kautsky als Vertreter des reformistischen Sozialismus kritisiert und schreibt:
„Kautsky entnimmt dem Marxismus das, was für die Liberalen, für die Bourgeoisie annehmbar ist (die
Kritik des Mittelalters, die fortschrittliche historische Rolle des Kapitalismus im Allgemeinen und der
kapitalistischen Demokratie im Besonderen) und streicht, verschweigt und vertuscht vom Marxismus
das, was für die Bourgeoisie unannehmbar ist (die revolutionäre Gewalt des Proletariats gegenüber
der Bourgeoisie, um diese zu vernichten). Darum eben erweist sich Kautsky infolge seiner objektiven
Stellung, wie immer auch seine subjektive Überzeugung sein mag, unvermeidlich als Lakai der
Bourgeoisie.“ Lenin, W.I.O. S nicht mehr erkannt. Aus dem Teil Bürgerliche und proletarische
Demokratie)
Lenins Kritik an Kautsky, dem „größten Vertreter“ des bürgerlichen Sozialismus, ist vielfältig
und wichtig. Seine Kritik richtet sich aus der Sicht des revolutionären Sozialismus gegen den
imperialistischen und reformistischen Sozialismus, der liberale Demokratie als Ziel anstatt
Revolution der Arbeiterklasse vertrat.
„in Russland aber wurde der Beamtenapparat vollständig zertrümmert, kein Stein wurde hier auf
dem anderen gelassen, alle alten Richter wurden vertrieben, das bürgerliche Parlament
auseinandergejagt – und gerade den Arbeitern und Bauern eine viel zugänglichere Vertretung
gegeben, durch ihre Sowjets wurden die Beamten ersetzt oder ihre Sowjets wurden über die
Beamten gesetzt, ihre Sowjets wurden zu Wählern der Richter. Diese Tatsache allein genügt, damit
alle unterdrückten Klassen anerkannten, dass die Sowjetmacht, d. h. die gegebene Form der Diktatur
des Proletariats, millionenfach demokratischer ist als die demokratischste bürgerliche Republik. “
(Lenin, W.I.O. S nicht mehr erkannt. Aus dem Teil Bürgerliche und proletarische Demokratie)
Lenin war der Meinung, dass sozialistische Demokratie millionenfach besser als
kapitalistische Demokratie sein kann.
„Die proletarische Demokratie, von der eine Form die Sowjetmacht ist, hat gerade für die
gigantische Mehrheit der Bevölkerung, für die Ausgebeuteten und Werktätigen, eine in der
Welt noch nie dagewesene Entwicklung und Erweiterung der Demokratie gebracht. Ein
ganzes Buch über; die Demokratie schreiben, wie das Kautsky getan hat, der auf zwei
Seiten von der Diktatur und auf Dutzenden von Seiten von der „reinen Demokratie" redet, --
und das nicht bemerken, heißt die Sache nach liberaler Art völlig verzerren.“(Ebd.)
In diesem Teil wird gezeigt, wie der Zusammenbruch der deutschen Revolution den Weg zum
Faschismus vorbereitet hat. Vor der Oktoberrevolution gab es große Konflikte in der 2.
Internationalen, ebenso in der deutschen sozialdemokratischen Partei (SPD) über die Zukunft
des Sozialismus. Fast in ganz Europa war die Monarchie zerstört, aber in Deutschland gab es
immer noch das Kaiserreich und sowohl für SozialistInnen als auch für SozialdemokratInnen
kam es nie in Frage das Kaiserreich zu schützen. Die Revolution fing mit der Aufspaltung der
SPD an. Die Gründung der KPD zeigte, dass die Oktoberrevolution die deutschen
KommunistInnen auch beeinflusste.
Die Novemberrevolution von 1918 und 1919 war die erste antiimperialistische
Volksrevolution in Deutschland. Die Arbeiterklasse nahm darin die führende Rolle ein. Die
Gründung der KPD war das wichtigste Ergebnis der Novemberrevolution. Der noch jungen
KPD gelang es aber nicht die Angriffe der Reaktion abzuwehren. Von Januar bis Mai 1919
kam es in Deutschland zu erbitterten Klassenkämpfen.
Was Manfred G. Schmidt nicht sah, ist die Bewegung der Kommunistischen Partei
Deutschland KPD und die Rolle der Revolution von 1918/ 1919 und Revolutionärer Atkeure
vor der Gründung und in der Zeit der Weimarer Republik. Absichtlich erwähnte er die Rolle
der Arbeiterklasse und KPD nicht. Dennoch schreibt er von der Weimarer Republik.
„Nach der Gründung der Weimarer Republik im Jahr 1919 schien viel dafür zu
sprechen, dass die Sozialpolitik rasch ausgebaut würde.“ (M.G. Schmidt 2012, S.
16)
Weil Schmidt eine bürgerliche und konservative Einstellung hat, versucht er in Bezug auf die
politische Ökonomie eine liberale Position zu vertreten: „Allerdings laborierte die Weimarer
Republik an einer großen Lücke zwischen der starken Nachfrage nach sozialer Sicherung und
den knappen wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen zu einer Befriedigung.“ (Ebd. S
17)
Diese Gedanken folgen der liberalen ökonomischen Analyse von Ricardo und Adam Smith,
die versuchen, Ungleichheit mit der Knappheit der Ressourcen zu verteidigen, obwohl die
Ressourcen vielfach ausreichen würden, um den Konsum der Bevölkerung zu befriedigen und
die Natur nicht mehr auszubeuten. Hiermit soll letztlich die massive Ungleichheit zwischen
den Herrschenden und der Arbeiterklasse legitimiert werden. Die weltweite Wirtschaftskrise
von 1929 beginnt erst 10 Jahre nach der sozialdemokratischen Regierung unter der SPD.
Als die weltweite Wirtschaftskrise von 1929 anfing, haben die SozialdemokratInnen in
Deutschland versucht den Sozialstaat abzubauen und mit der Inflation in Deutschland hat die
Weimarer Republik sowohl ihre politische Bedeutung, als auch ihre wirtschaftliche
Bedeutung verloren. M.G. Schmidt schreibt, dass es in dieser Zeit einen „Kampf um
Sozialität“ und nicht um den Sozialstaat gab. (Vgl. Schmidt. 2012. S 20). Es gab viele
Gründe, aus denen in Deutschland Wirtschaft in eine Depression geriet. Nach Schmidt waren
es „die Verteilungskonflikte zwischen Arbeit und Kapital, die der Arbeiterschaft beträchtliche
Reallohnsteigerungen beschert hatten.“ (Ebd. S 20).
Der deutsche Faschismus nutzte die Situation nach der weltweiten Wirtschaftskrise sowie die
massive Inflation aus und versuchte mit populistischer Propaganda die Menschen zu
erreichen. Er gab ihnen die Hoffnung, dass der Umbau des Sozialstaates die Krise verhindern
könne. Die Nationalsozialisten waren der Meinung, dass es den Sozialstaat nur für das
deutsche Volk geben solle, auch deswegen wurden – legitimiert durch nationalistische und
faschistische Ideologie – andere Volksgruppen, Nationen und Minderheiten, wie JüdInnen,
Sinti und Roma, KommunistInnen, Homosexuelle etc. verfolgt, unterdrückt und schrecklich
ermordet. Jedoch konnten sie im Gegensatz zur Weimarer Republik die Instabilität und die
Wirtschaftskrise überwinden. Wirtschaftlich waren die Faschisten erfolgreich, deswegen
konnten sie von 1933 bis 1945 die Gesellschaft beherrschen und es gab sehr selten
Widerstände gegen den Nationalsozialismus. Reinhard Kühnl schreibt in seinem Buch „Der
deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten“, dass die deutschen Faschisten im Jahr
1932 37,4 Prozent, mehr als ein Drittel aller Stimmen, auf sich vereinigen konnten. (Kühnl,
Reinhard. 2000 S.79). Ihm nach hätte ohne die Unterstützung der bürgerlichen Parteien die
NSDAP niemals so viele Stimmen gewinnen können (Vgl. Ebd. Kühnl S.79).
Es ist interessant, dass die Revolution von 1919 von bürgerlichen Parteien zerschlagen wurde
und der Faschismus durch den Parlamentarismus und demokratische Wahlen an die Macht
kam. Eine soziologische Betrachtung sollte die Gründe der Zerschlagung der Revolution
erklären können und gleichzeitig die Entstehung des Faschismus von Grund her
interpretieren. Faschismus ist ein Produkt des Kapitalismus in Krisenzeiten. Er ist wie die
Sozialdemokratie eine Ablenkung der Arbeiterklasse, die sich gegen die Interessen der
Arbeiterklasse selbst richtet. Er ist die schrecklichste Form der bürgerlichen Herrschaft.
Faschismus versucht das Interesse der Mittelkassen zu vertreten, großes Kapital zu zerstören
und die Gedanken der Mittelschicht beeinflussen, deswegen werden Faschisten häufig von der
Mittelschicht unterstützt. Bei der NSDAP war dies genauso, dass die Mittelschichten
entweder dem Faschismus gleichgültig gegenüberstanden oder diesen im schlimmsten Fall
sogar unterstützen. „Kühnl meint daher, dass „die soziale Herrschaft der alten Oberklassen und die
politische der faschistischen Partei nicht zwei scharf getrennte Bereiche waren, sondern sich
sozusagen überlappten“. Die gemeinsame Basis war die prinzipielle Bindung an die kapitalistische
Eigentums- und Gesellschaftsordnung, aber die faschistische Exekutive behielt sich in allen konkreten
Entscheidungen darüber, was dem Regime am besten dient, das letzte Wort vor.“ (…)
Muss nicht das faschistische Herrschaftssystem in seiner Entwicklung noch differenzierter gesehen
werden? Einige der erwähnten Parallelorgane sind doch machtvoll ausgebaut worden, zum Beispiel
die bewaffneten SS-Truppen; neuartige Instrumente wie die Einsatzgruppen des SD wurden
ausgeformt. In dem einen Fall wurde der Bündnispartner, das alte Heer, zurückgedrängt, die
Gewichte dieses Bündnisses wurden also erheblich verschoben. Im anderen Fall sollte offensichtlich
eine Politik ausgeführt werden, die den Rahmen bisher gemeinsamer Zielvorstellungen überschritt.“
(Aus der Zeit, Das nationalsozialistische Modell . Zweites Teil. http://www.zeit.de/1973/03/faschismus-
und-buergertum/seite-2)
Im Gegensatz zu vielen Analysen kann man sagen, dass der Nationalsozialismus trotz allem
den Sozialstaat auf eine faschistische und ethnische Art und Weise stabilisierte und
weiterentwickelte. Der Zusammenbruch des Nationalsozialismus und die Entwicklung neuer
Formen der Herrschaft nach dem zweiten Weltkrieg in der BRD und der DDR wird im
nächsten Kapital analysiert.
4.Sozialstaat nach dem Faschismus bis zur Gegenwart In diesem Kapital wird gezeigt, wie sich der Sozialstaat nach der Zerschlagung des
Faschismus in Deutschland durch die Sowjetunion weiterentwickelt hat. Es sollen einige
Themen geklärt werden, die in dieser Hausarbeit aus Kapazitätsgründen nicht ausführlicher
behandelt werden können. Hier ist keine Kapazität, Sozialstaaten weltweit zu analysieren,
weswegen wir Deutschland als Beispiel erwähnen und die Analyse des Sozialstaates auf
andere Länder übertragen. Die neue Sozialpolitik nach M.G. Schmidt fing im Jahr 1949 in
BRD an. Die neue Struktur des Sozialstaates war nicht mehr im Sinne von Bismarck, sondern
wurde mehr die Theorie von J.M. Keynes umgesetzt. Nach der Wirtschaftskrise von 1929
versucht Keynes eine Kritik der liberalen Wirtschaftspolitik. Die wesentliche Aussage von
Keynes (1936) „Allgemeiner Theorie der Beschäftigung des Zines und des Geldes“ besteht in
der Annahme, dass die Zahl an Beschäftigten in einer Volkswirtschaft direkt von der
Erwartung der Unternehmen in Bezug auf die Quantität der von ihnen verkauften Güter und
Dienste abhängt. Diese Erwartung wird wiederum von der effektiven Nachfrage bestimmt
(Kromphardt. 2004. S 177).
Nach Keynes „hängt die Konsumgüternachfrage im Wesentlichen vom Volkseinkommen ab, das der
Gesamtheit aller privaten Haushalte in Höhe des produzierten Sozialproduktes in Form von Löhnen,
Zinsen oder Gewinnen zufließt (vom Staat wird hier abgesehen). Da die Haushalte jedoch einen Teil
ihres Einkommens sparen, besteht eine Lücke zwischen der Nachfrage der Haushalte und der
Produktion. Diese Lücke muss durch die Sachinvestitionen der Unternehmer geschlossen werden,
damit die Produktionsmenge insgesamt abgesetzt werden kann und die Produktion und
Beschäftigungspläne nicht nach unten revidiert werden.“ (Ebd. S.178)
Die Empfehlungen von Keynes sind die Steuerung des Investitionsvolumens und
Beschäftigung der Bevölkerung (Vgl. Ebd). Daher sollen Staatsausgaben erhöht werden.
Diese Weltvorstellung sowie die vieler, die seine theoretische Analyse revolutionär genannt
haben, ist jedoch eine reformistische Einstellung und Analyse des Kapitalismus und Keynes
versuchte nur eine Alternative zum freien Markt zu empfehlen.
In Deutschland findet von 1949 bis 1956/57 der Wiederaufbau statt. Nach dem 2. Weltkrieg
war Deutschland stark zerstört, weswegen der Staat automatisch seine Ausgaben für den
Wiederaufbau Deutschlands erhöhen musste. Nach dem 2. Weltkrieg sind neoliberale
Theorien und Analysen der Wirtschaft und der Gesellschaft gleichzeitig entgegen Keynes
Vorstellung erhöht worden. Später treten andere Analytiker wie Anthony Giddens auf, welche
die neoliberale Wirtschaftspolitik akzeptierten, aber gleichzeitig für die Verbesserung des
Lebens von Menschen über einen „Third Way“ sprechen (Vgl. Gharagozloo. 161-162).
4.1. Sozialstaat im Zeitalter des Neoliberalismus
Der Neoliberalismus ist eine Ideologie und Weltanschauung, die nach der Keynes-
Wirtschaftspolitik entstanden ist. David Harvey ist einer der berühmtesten Personen, die diese
Wirtschaftspolitik kritisiert haben. Er ist der Meinung, dass die Geschichtswissenschaftler
1979/80 die Entstehung des Neoliberalismus eine weltweite „Revolution“ nennen (Vgl.
Harvey. 2007.S 3).
Die Geschichte des Neoliberalismus ist die Geschichte der Unterdrückung der Arbeiterklasse
und eine Rückkehr in die Wirtschaftspolitik. Die Vertreter des Neoliberalismus mit Bezug auf
klassischen Liberalismus, insbesondere Smith und Riccardo, versuchten den „Begriff“ der
Freiheit auszunutzen und Freiheit am Markt zu schaffen: Freiheit für mehr Ausbeutung. L.
von Mises, F. Hayek, Milton Friedman waren oder sind die größten Vertreter des
Neoliberalismus. Sie waren der Meinung, dass sozialistische Politik nicht funktionieren kann
(Vgl. Gharagozloo. 161.162).
Der Sozialstaat in der Zeit des Neoliberalismus wurde nicht abgeschafft, aber wie Harvey
schreibt, ist der Grat der Ausbeutung stark gestiegen, die Schere zwischen Armut und
Reichtum wurde größer und der Unterschied zwischen dem Einkommen von MitarbeiterInnen
und ArbeitgeberInnen stieg von 1970 bis 2003 teilweise um das 1200-fache. Die Unternehmer
wie McDonalds gehören zu dieser statistischen Darstellung.
Die Quelle: (https://www.oecd.org/berlin/presse/einkommensungleichheitnimmtoecd-
weitzuindeutschlandbesondersschnell.htm)
Die Diagramme zeigen, dass die Schere zwischen Armut und Reichtum immer weiter
auseinandergeht und trotzt Wachstum nach dem 2. Weltkrieg die Arbeiterklasse von Armut
betroffen ist. Der Sozialstaat im Zeitalter des Neoliberalismus wurde nicht absolut abgebaut,
sondern die Sozialität, soziale Hilfen und das Einkommen der Arbeiterklasse wurden gesenkt.
Wenn wir die Darstellung von Liberalen akzeptieren möchten, dass das Einkommen von der
Arbeiterklasse erhöht worden sei, können wir gleichzeitig sagen, dass ihr Einkommen im
Vergleich zu Oberklasse und Unternehmer um das 100-fache gesenkt wurde und die
Mietpreise sowie ökonomische Ausgaben um ein Vielfaches erhöht worden ist. Daher wird
sowohl die Analyse der Neoliberalen als auch der Sozialdemokraten als eine konservative
Analyse betrachtet.
5.Fazit
Der Sozialstaat ist eine Form der bürgerlichen Herrschaft und kapitalistischen
Produktionsweise. In der Theorie geht es darum, dass die Arbeiterklasse „zufrieden“ gehalten
und gleichzeitig von ihr profitiert wird. Der Sozialstaat wie jede Form der kapitalistischen
Herrschaft ist ein Muster für die Verwirklichung des kapitalistischen Interesses und ein
Schutz gegen die Revolution der Arbeiterklasse. Der Sozialstaat ist nicht die Alternative der
Bourgeoisie, sondern ist selbst eine bürgerlichen Alternative gegen das Interesse des
Proletariats. Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften, wie Marx und Engels sie im
Manifest der kommunistischen Partei beschrieben haben, ist die Geschichte des
Klassenkampfes und jeder andere Kampf in der Geschichte bis zur Gegenwart war und ist
eine Ablenkung gegen den Klassenkampf und gegen das Interesse der Klassen, die immer
ausgebeutet wurden und werden.
Die Umsetzung des Sozialstaates durch den konservativen Bismarck und das Deutsche Reich
wurde, wie im zweiten Kapitel aufgegriffen und mit Bezug auf die Analyse von Engels
interpretiert wurde, wegen der Vermeidung der Gefahr von der Revolution durchgesetzt.
Der bürgerliche Humanismus versucht diese Angst vor der Revolution zu verstecken und zu
zeigen, dass der Kapitalismus aus humanen Gründen den Sozialstaat entwickelte und behalten
will. Eine radikale theoretische Analyse soll aber sowohl geschichtlich, als auch soziologisch,
ökonomisch und philosophisch den Sozialstaat betrachten und mit Bezug auf die Theorie von
Marx zeigen, dass das, was die Vertreter des Kapitalismus sagen, nicht gänzlich stimmt. Wir
sollten auch wissen, dass die Vertreter des Kapitalismus teilweise gezwungen sind einen Teil
der Wahrheit zu sagen, aber immer zum konservativen Ergebnis kommen.
Mit der Entstehung des Neoliberalismus hofften die Theoretiker des Neoliberalismus, dass der
Staat nicht mehr die Wirtschaft kontrollieren würde. Margaret Thatcher und Ronald Reagan
haben umgesetzt, was Friedman und Hayek in der Theorie verfolgt hatten. Aber wenn wir ein
wenig zurückblicken, sehen wir, dass der Kapitalismus oft unter großen Depressionen leidet
und jede Form des Sozialstaates ein Produkt des Klassenkampfes in seiner Zeit war. Bismarck
wollte die Arbeiterklasse mit „Zuckerbrot“ nach Hause schicken. Die Sozialdemokratie stellte
sich gegen die Revolution und die SPD versuchte die Revolution zu zerschlagen, womit sie
erfolgreich war. Faschismus war eine Ablenkung des Klassenkampfes in Deutschland nach
der Wirtschaftskrise von 1929/30 und Keynes Theorie als ein neues Mittel für eine neue Form
des Sozialstaates stand gegen klassischen Liberalismus und staatlische Kontrolle der
Wirtschaft, damit Ungleichheit bekämpft werde und gleichzeitig das Privateigentum auf
Produktionsmittel gestützt werden müsse. Der Neoliberalismus hat nicht nur die Wirtschaft
neoliberalisiert, sondern auch die Politik. Der Putsch in Chile im Jahr 1973 von Augusto
Pinochet wurde mit der Hilfe von CIA und Ronald Reagan durchgeführt, die Regierung von
Salvador Allende wurde zerstört und tausende Linken wurden umgebracht (Vgl. Harvey.
2004. S 28 ff).
Die Zerstörung der linken Revolution im Iran durch die Unterstützung von der islamischen
republikanischen Partei und Khomeini sowie die Unterstützung von Al-Qaida und Taliban
gegen die Sowjetunion usw. waren ebenfalls neoliberale Außenpolitik.
„Die geschichtliche Untersuchung des islamischen Faschismus Allgemein
Der islamische Faschismus hat nicht erst in den letzten Jahren mit der Entstehung der Isis
angefangen, sondern hat eine lange Geschichte.
Wenn man statt journalistischer Betrachtung etwas genauer die Konflikte im Nahen Osten sowohl
soziologisch als auch geschichtlich untersucht, muss man zurückblicken und die Entstehung der
islamischen Bewegung im Iran als antirevolutionären und „faschistischen Islamismus“ betrachten.
Eine soziologische und geschichtliche Betrachtung zeigt, dass der Zusammenbruch der linken
Revolution im Iran durch antirevolutionären faschistischen Islamismus und „Khomeinismus“ mit Hilfe
des Westens und die amerikanische Außenpolitik herbeigeführt wurde. Zu verstehen als gerichtet
gegen eine linke Revolution und gegen die Sowjetunion. Bevor das Khomeini Regime an die Macht
kam, hatten britische und US-Politiker versucht, durch Ablösung verschiedener Minister die „Schah
Regierung“ im Iran zu stützen. Eine Absetzung des Schahs sollte verhindert werden. Noch weiter
zurückblickend, muss man den Putsch gegen Mossadegh auch als westliche Außenpolitik
betrachten“ (Maarfi Poor, Hassan, 2015. Die Entstehung des islamischen Faschismus im Nahen
Osten).
Die kapitalistischen Monopol-Länder können und wollen nicht den Sozialstaat ganz in ihren
Ländern abschaffen und trotz großes Druckes von neoliberaler Politik und neoliberaler
Wirtschaft in den letzten 70 Jahren bis heute gibt es immer noch teilweise soziale Politik. Die
zu stellende Frage ist, warum sie den Sozialstaat nicht gänzlich abschaffen wollen. In dieser
Arbeit wurde versucht, mit verschiedenen Analysen diese Frage zu beantworten. Marx und
Engels schrieben im Manifest: „Die Bourgeoisie reißt durch die rasche Verbesserung aller
Produktionsinstrumente, durch die unendlich erleichterte Kommunikation alle, auch die barbarischsten
Nationen in die Zivilisation. Die wohlfeilen Preise ihrer Waren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle
chinesischen Mauern in den Grund schießt, mit der sie den hartnäckigsten Fremdenhass der Barbaren zur
Kapitulation zwingt. Sie zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn
sie nicht zugrunde gehen wollen; sie zwingt sie, die sogenannte Zivilisation bei sich selbst einzuführen, d.h.
Bourgeois zu werden. Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde“ (Marx & Engels
1848. S 7).
Der Neoliberalismus als ein Muster der bürgerlichen Herrschaft ist inhaltlich nicht anders als
das, was Marx und Engels über Bourgeoisie schreiben. Neoliberalismus ist in der Lage, alle
anderen Länder zu zerstören und Nationalstaaten zu beseitigen, damit seine Hegemonie und
wirtschaftliche Interessen zu verbreiten, wie beispielsweise in den letzten 40 Jahren im Iran,
Irak, Chile, Libyen, Syrien usw. Der Zusammenhang besteht darin, dass die Neoliberalen
gleichzeitig von dem freien Markt und von sozialer Politik sprechen. Mit der Wirtschaftskrise
von 2008 ist einerseits der Diskurs der sozialen Politik und des Keynesianismus wieder in der
Politik und Wirtschaft aufgekommen, aber anderseits der Marxismus wieder verbreitet
worden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Keynesianismus eine Alternative der
liberalen Politik war und ist und Neoliberalismus aus dem Scheitern des Keynesianismus
entstand. Kapitalismus besteht aus Widersprüchen und wenn jemand diese Widersprüche
auflösen will, soll sie/er außerhalb von kapitalistischer Analyse argumentieren.
6. LiteraturverzeichnisHarvey, David. Kleine Geschichte des Neoliberalismus, Rotpunktverlag, Zürich; Auflage: 1 (1. Juni 2007)
Kühnel, Reinhard. Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, 2000 S.79. PapyRossa Verlag
Kromphardt. Jürgen, Konzeptionen und Analyse des Kapitalismus 4. Auflage. 2004, Vandenhoeck & Ruprecht
Lenin, Wladimir I..1918. Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky. https://sites.google.com/site/sozialistischeklassiker2punkt0/lenin/1918/wladimir-i-lenin-die-proletarische-revolution-und-der-renegat-kautsky/buergerliche-und-proletarische-demokratie
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 8, "Revolution und Konterrevolution in Deutschland", S. 14 - 23 Dietz Verlag, Berlin/DDR, 1960
Marx, Engels Werke, Marx Karl, Bürgerkrieg in Frankreich, 1871. Karl Ditz Verlag Berlin, Band 17, 5 Auflage, 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 313-365.
(Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 21, 5. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 248/249-173.)
Marx. Karl/ Engels, Fridrich, Manifest der kommunistischen Partei 1848, Spiegel Online, Kultur
Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 21, 5. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 248/249-173.
Maarfi Poor, Hassan, 2015. Die Entstehung des islamischen Faschismus im Nahen Osten
, http://gutenberg.spiegel.de/buch/manifest-der-kommunistischen-partei-4975/1
Schmidt, Manfred G. Der Deutsche Sozialstaat. Verlag C.H.Beck oHG, München 2012
https://www.tribunezamaneh.com/archives/41472?tztc=1
http://www.oecd.org/statistics
http://www.zeit.de/1973/03/faschismus-und-buergertum/seite-2
https://sascha313.wordpress.com/2014/02/02/erfahrungen_novemberrevolution
Mohammad Gharagozloo.Sozialismus ist echte Alternative ses Keynesismus سوسیالیسم کینزیسم اصلی ,Tehreran الترناتیو Politisch und Ökonomische Zeitung. 261,262
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