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Jahrgang XXIX/2007, Heft 1
G i t a r r e & L a u t e
OO nn ll ii nn ee
Luise WalkerKlosterbibliothek
Maria Luggau Leo Witoszynskyj
FlorilegiumDer Guitarrefreund 1907
Georg Meier:Daisy-Marsch
Aktuelles rund um dieGitarre
Peter Päffgen
Die GitarreGeschichte, Spieltechnik, Repertoire
3., überarbeitete und ergänzte Auflage 2002249 Seiten mit Notenbeispielen undAbbildungen sowie Zeittafel,Literaturverzeichnis und Register – gebundenmit CDISBN 3-7957-2355-8 (ED 8874)€ 29,95 / sFr 52,30
Der Autor, Herausgeber der renommierten Zeitschrift„Gitarre & Laute“, macht die Geschichte der Gitarre,ihrer Musik und Spieltechnik bis zu denKomponisten und Virtuosen des 20. Jahrhundertszum Gegenstand dieses Buches. Er spannt dabeieinen großen historischen Bogen: Er bietet denÜberblick über eine Entwicklung von mehr als dreitausend Jahren und zeigt die Gitarre als einInstrument, das die gesamte europäischeMusikgeschichte seit ihren Anfängen begleitet hat und dessen vielseitiges Repertoire zu entdecken und zu beleben sich lohnt.
Hugo Pinksterboer
Pocket Info –AkustischeGitarre• Basiswissen • Praxistipps • Mini-Lexikon
136 Seiten, broschiertISBN 3-7957-5126-8(SPL 1042)€ 9,95 / sFr 18,40
Dieses Buch enthält in kurzer und prägnanter Form alle Informationen zu Kauf, Pflege, Bau und Spieltechnik der Gitarre. Knappe, gut ver-ständliche Texte und zahlreiche Abbildungen mitInformationen rund ums Instrument machen diesesBuch zum idealen Nachschlagewerk für Anfängerund Fortgeschrittene.
Konrad Ragossnig
Gitarrentechnik kompaktGrundformen der Technik • Effektives Einspielen • Tägliches Üben
85 Seiten, broschiertISMN M-001-12919-0 (ED 9263)€ 22,95
Der international renommierte Gitarrist Konrad Ragossnig hat mit diesemBand ein Übungsprogramm entwickelt, das sowohl für gründliches Ein-spielen als auch für das tägliche Üben geeignet ist. In 12 Kapiteln werdenalle wichtigen Elemente der Gitarrentechnik systematisch behandelt.Konkrete Aufgabenstellungen und Übetipps helfen dem Studierenden unddem ausgebildeten Musiker dabei, seine Technik effektiv und konzentriertzu pflegen bzw. weiterzuentwickeln.
Werner Neumann
Die Jazzmethode für Gitarre – SoloSkalen • Improvisation • Phrasierung
74 Seiten, broschiert mit CDISBN 3-7957-5352-X (ED 8427)€ 24,95
Wie funktioniert eigentlich Improvisation über wechselnde Akkorde?Warum ist es wichtig, so etwas wie dorische oder mixolydische Tonleiternzu kennen oder sogar spielen zu können? Welche Funktionen habenArpeggien? Was versteht man unter Phrasierung? Anworten auf alle dieseund viele andere Fragen gibt Werner Neuman, laut Deutschlandfunk einerder führenden Fusiongitarristen Europas, in diesem Band.
Rolf Tönnes
Gitarre spielen – mein schönstes HobbyDie moderne Gitarrenschule für Jugendliche undErwachsene
96 Seiten, broschiert mit CDISBN 3-7957-5598-0 (ED 9475)€ 19,95
Wer Gitarre spielen zu seinem Hobby machen möchte, liegt mit dieserSchule genau richtig. Dabei ist es egal, ob es ein Neueinsteiger ist, der dain die Saiten greift oder jemand, der vor vielen Jahren bereits einmalgespielt hat und nun wieder seine Kenntnisse auffrischen möchte. Eineausgewogene Mischung von Pop, Klassik und Folk verhindert Langeweile.Da Akkord- und Melodiespiel berücksichtigt werden, ist der Schülersowohl für den Abend am Lagerfeuer als auch für das Hauskonzertgewappnet. Die praxiserprobte Methode ist sowohl für den Unterricht alsauch für das Selbststudium geeignet, wobei die beiliegende CD alsTrainingspartner dient.
MA
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· 1
2/05
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 3
Liebe Leserinnen, liebe LeserG
itarre & Laute lebt! Die Zeitschrift,
die seit fast dreißig Jahren erscheint,
in den Jahren nach 2000 aber ge-
schwächelt hat, ist wieder da und sie sieht
auch noch genau so aus, wie Sie sie kennen.
Nur gedruckt wird sie nicht mehr. Gitarre &
Laute erscheint ab ihrem neunundzwanzigs-
ten Jahrgang ausschließlich ONLINE. Das
bietet Ihnen völlig neue Möglichkeiten …
die ich kurz erläutern möchte.
Die vorliegende Ausgabe von Gitarre &
Laute sehen Sie als e-Paper. Sie können die
Seiten auf dem Bildschirm anschauen und
sie können sie, wenn Sie möchten, ausdru-
cken. Sie ist also komfortabel am Bildschirm
lesbar und durchsuchbar, mit der Möglich-
keit des Downloads und vieles mehr.
– Sie sind nicht von der Zustellung durch
die Post abhängig, weil Sie Gitarre & Laute-
ONLINE pünktlich online geliefert bekom-
men. Sie müssen sich auch nicht mehr är-
gern, weil der Briefträger das Heft geknickt
hat, um es in den Briefkasten stecken zu
können. Und: Das neue Heft kann nicht
mehr aus dem Briefkasten geklaut werden.
– Egal, wo Sie sich auf der Welt befin-
den, Sie bekommen die neueste Nummer
von Gitarre & Laute-ONLINE zugestellt!
– Trotz der weltweiten schnellen Zustel-
lung wird Gitarre & Laute für Sie preiswer-
ter als bisher. (Die ständig steigenden Por-
tokosten werden zunehmend Fachzeitschrif-
ten zu Konsequenzen zwingen).
– Sie können die Zeitschriften nach Wör-
tern durchsuchen und sind damit sofort im
Bild, ob Ihr Thema behandelt wird oder
nicht!
– Sie bekommen als Abonnent zwischen
den jeweiligen Heften noch weitere Infor-
mationen per Email zugestellt. Darin ent-
halten sind die neuesten Termin für Wettbe-
werbe, Kurse und Seminare. Damit sind die
Terminkalender von Gitarre & Laute um ein
Vielfaches aktueller geworden.
– Adressen sind direkt mit den Websites
der Anbieter verlinkt, so dass deren Infor-
mationen sofort einsehbar sind. Das garan-
tiert Ihnen noch größere Aktualität.
– Plattenbesprechungen werden Ihnen
mit Hörproben verlinkt, die Ihnen einen di-
rekten Eindruck von der jeweiligen Aufnah-
me garantieren! So wird Gitarre & Laute zu
einer klingenden Musikzeitschrift.
– Und schließlich: Als Abschluss der Jahr-
gänge gibt es ein Gitarre & Laute-Jahrbuch,
damit Sie etwas ins Bücherregal stellen kön-
nen. Darin enthalten ist eine CD mit allen
Ausgaben des Jahrgangs als pdf, weiter die
in den Heften enthaltenen Notenausgaben
in gedruckter Form und: Die Jahrbücher
werden jeweils eine Art Jahresrückblick ent-
halten. Welche Neuerscheinungen hat es wo
gegeben? Wer hat wann wo einen Wettbe-
werb gewonnen? Welches Festival ist neu
gestartet worden? Und: Was haben die In-
ternationalen Gitarrenzeitschriften berich-
tet? Mit diesem Teil des Jahrbuchs wird Ih-
nen eine „internationale Gitarren-Bibliogra-
phie“ an die Hand gegeben, die Ihnen ei-
nen Überblick ermöglicht.
Das Jahrbuch Gitarre & Laute ist, das wer-
den Sie jetzt vielleicht einwenden, eine
Rückkehr zur traditionell papierenen Zeit-
schrift. Vielleicht stimmt das! Aber natür-
lich weiß ich, dass Sie auch das Bedürfnis
haben, die Zeitschrift zu behalten und zu
archivieren. Dafür liegt die CD bei. Und Sie
wollen die Notenausgaben nicht nur am
Bildschirm betrachten, Sie wollen die Stü-
cke auch spielen und vielleicht an dieser
oder jener Stelle einen Fingersatz hin-
einschreiben. Das geht bei gedruckten No-
ten – zugegeben – besser. Aber auch jetzt
können Sie schon die in Gitarre & Laute ent-
haltenen Ausgaben als separate .pdf herun-
terladen: http.//download.gitarre-und-lau-
te.de!
Liebe Freunde von Gitarre & Laute, bitte
lassen Sie sich ein auf die neue Zeitschrift,
die schon fast dreißig Jahre alt ist. Sie bie-
tet Ihnen mehr als bisher – nur anders! An-
ders verpackt und anders geliefert.
Alle Veranstaltern von Wettbewerben,
Kursen und Seminaren bitte ich, uns ab so-
fort alle Veranstaltungen wieder rechtzeitig
zu melden. Sie werden dann in Gitarre &Laute ONLINE erscheinen und zwischen-
durch in Newsletters, die an Abonnenten
verschickt werden, und in denen haupt-
sächlich aktuelle Termin mitgeteilt werden.
Ihre Dates schicken Sie bitte an: dates@gi-
tarre-und-laute.de. Und dann wäre ich Ih-
nen für Leserbriefe dankbar: leserbriefe@gi-
tarre-und-laute.de.
Und wenn Sie Veranstalter sind, schicken
Sie uns doch Berichte über Ihre Events –
mit digitalen Fotos in möglichst hoher Auf-
lösung als .tif oder .jgp. Ich kann Ihnen
nicht garantieren, dass die Beiträge dann
auch erscheinen, aber ich bemühe mich!
Sie sehen, ich habe mir viel vorgenom-
men! Die neuen Möglichkeiten der Zeit-
schrift Gitarre & Laute gilt es zu nutzen!
Wir haben es schließlich mit einem faszi-
nierenden Thema zu tun!
Außerdem ist natürlich einiges aufzuar-
beiten. Da sind Themen liegen geblieben –
auch Platten, Noten und Bücher. Sie werden
sehen!
Alle technischen und organisatorischen
Details über Abonnements finden Sie im
Internet bei http:\\shop.gitarre-und-lau-
te.de.
Wie immer wünsche ich Ihnen viel Ver-
gnügen mit Gitarre & Laute ONLINE
Ihr
Peter Päffgen
PS: Ach ja, noch ein Wort zu diesem Heft.
In jeder kommenden Ausgabe von Gitarre& Laute-ONLINE wird Ihnen ab sofort die
jeweilige Ausgabe des „Guitarrefreunds“
als Reprint mitgeliefert, die hundert Jahre
vorher erschienen ist. Wie Gitarre & Laute
(ONLINE) ist der „Guitarrefreund“ sechs
mal jährlich erschienen. Die Magazine er-
scheinen also jetzt synchron, sozusagen
um hundert Jahre phasenverschoben. Ich
gehe davon aus, dass Ihnen dieses Neben-
einander sehr interessante Einblicke ver-
mittelt.
Außerdem sollen die Notenbeilagen zum
„Guitarrefreund“ mitgeliefert werden. Hier
muss im Einzelfall zwar noch untersucht
werden, ob damit urheberrechtlche Proble-
me entstehen, aber prinzipiell werden Ih-
nen die Notenbeilagen mitgeliefert. Auch
im Jahrbuch!
Wenn Sie weitere Fragen zum neuen Er-
scheinungsbild von Gitarre & Laute haben
oder zu Abo-Bedingungen etc. , schauen Sie
vielleicht zunächst ins Netz unter
http:\\faq.gitarre-und-laute.de. Wir bemü-
hen uns, in allen Fragen behilflich zu sein,
müssen aber, wenn es um Ihre eigene
Computer-Konstellation geht, passen. Da-
für können wir uns nicht zuständig erklä-
ren. Gitarre & Laute-ONLINE wird als .pdf
und als ePaper nach allen Regeln der Kunst
funktionierend ausgeliefert und sollte auf
allen Rechnern, die den Mindestanforde-
rungen entsprechen, zu lesen sein. Wenn
trotzdem Probleme auftreten, können die
nur mit Ihrem Rechner oder ihrer Internet-
verbindung in Zusammenhang stehen …
und für die sind wir nicht zuständig. �
4 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
dium in Deutschland“, das jetzt in fünf-
zehnter Auflage vorliegt. Geliefert werden
sämtliche Adressdaten inklusive Email und
Homepage, dazu die angebotenen Studi-
engänge und die Namen der jeweiligen
Dozenten. Es folgen die Anschriften von
Musikorganisationen und Musikinstitutio-
nen von der „Akademie Remscheid für
musische Bildung und Medienerziehung“
bis zur „Werkgemeinschaft Musik e.V.“ in
Düsseldorf.
Das Buch „Musikstudium in Deutschland“
ist unentbehrlich für alle, die in Deutsch-
land Musik studieren oder studieren wol-
len. Professor Dr. Richard Jacoby, der He-
rausgeber, ist als Ehrenpräsident des
Deutschen Musikrats auch mit-verant-
wortlich für das zweite Nachschlagewerk,
um das hier geht, für den Musik-Alma-
nach 2007, der mit seinen rund 1.500 Sei-
ten rund zehn mal so umfangreich ist, wie
der Studienführer bei Schott. „Daten und
Fakten zum Musikleben in Deutschland“
verspricht der Untertitel: „Der MUSIK-AL-
MANACH ist das zentrale Nachschlage-
werk zum Musikleben in Deutschland. Er
enthält detaillierte Informationen zu Tä-
tigkeiten, Arbeitsergebnissen und Lei-
tungsstrukturen von über 10.000 Einrich-
tungen aus allen Bereichen der Musikkul-
tur. Ergänzt wird der lexikalische Teil
durch statistisches Material und Aufsätze
namhafter Autoren, deren Themenspek-
trum vom Laienmusizieren über Fragen
der musikalischen Bildung bis zur Musik-
wirtschaft und Musik im Internet reicht.“
Man bekommt zunächst Statistiken, Ein-
schätzungen und Fakten geliefert, die
mehr als interessante Einblicke erlauben.
Über die Anzahl an Studierenden zum Bei-
… was ich noch sagen wollte …Richard Jacoby (Hrsg.), Musikstudiumin Deutschland 2007: Musik – Musiker-ziehung – Musikwissenschaft, Mainz2006 [Schott ED 8717] Preis: € 14,95
Deutscher Musikrat (Hrsg.), Musik-Al-manach 2007/2008, Regensburg 2006[ConBrioCB1177] Preis: € 49,95
Ausbildung, Studium, Examina … vieles
hat sich in den letzten Jahren bewegt,
vieles ist grundsätzlich verändert, anderes
ergänzt und erweitert worden. Richtlinien
der Europäischen Gemeinschaft sind einer-
seits dafür verantwortlich, andererseits
die über uns hinweggetobte Revolution
im Bereich Medien. Studiengänge sind in
den letzten Jahren an Hochschulen etab-
liert worden, die man sich vor zwanzig
Jahren nicht hätte vorstellen können. An-
dere, wie die Musikwissenschaft, die man
traditionell als universitäres Fach anzuse-
hen gewohnt war, wird mittlerweile mit
allen Abschlussmöglichkeiten auch an Mu-
sikhochschulen gelehrt. „Die neuen Studi-
engänge werden im Zuge europäischer
Angleichungen bisherige Studiengänge
und -ordnungen und die entsprechenden
Studienabschlüsse ablösen“ [Jacoby, S. 9]
Dieser Strukturwandel, dessen Ziel eine
leichtere Vergleichbarkeit von Studienab-
schlüssen und den daraus resultierenden
Qualifikationen innerhalb Europas ist,
stellt Studienanfänger zunächst vor Pro-
bleme – vor allem in Deutschland, wo das
föderalistische System zudem zu einer
„enormen Heterogenität“ führt. Bildung
ist in Deutschland Ländersache und so wa-
ren hier schon vor der Unterzeichnung der
„Bologna-Erklärung“ von 1999, in der es
um die Schaffung eines europäischen
Hochschulraumes mit vergleichbaren Stu-
diengängen und Examina geht, von einem
Bundesland zum anderen wesentliche Un-
terschiede im Schul- und Hochschulwesen
zu verzeichnen. Beispiel: Vor Jahren wur-
den bundesweit alle Pädagogischen Hoch-
schulen in Universitäten oder Gesamt-
hochschulen umgewandelt bzw. in solche
integriert … nur nicht in Baden-Württem-
berg und Schleswig-Holstein. Gesamt-
hochschulen gibt es nur in Nordrhein-
Westfalen und Hessen. Sie „schließen ver-
schiedene Ausbildungseinrichtungen (wie
Pädagogische Hochschule, Universität und
Musikhochschule) zu einem Verbund zu-
sammen“. Musik und Musikwissenschaft
kann man in Deutschland an Universitäten
und Musikhochschulen studieren … außer-
dem an einigen Technischen Hochschulen
bzw. Universitäten und an einigen Theolo-
gischen Hochschulen.
Durch das Labyrinth deutscher Musik-Aus-
bildungsstätten führt das Buch „Musikstu-
hier werde ich Ihnen in lockerer Form
Bemerkungen mit auf den Weg geben,
von denen ich glaube, sie wären von
allgemeinem Interesse. Es wird sich dabei
wie heute um Bemerkungen übwer neu er-
schienene Bücher drehen oder um neue
CDs, die vielleicht auch mit der Gitarre
oder der Laute überhaupt nichts zu tun
haben. Oder vielleicht gilt es auch, einen
Geburtstag zu feiern oder aus anderem
Grund an einen Großen unserer Zunft zu
erinnern. Sollte ich Sie langweilen oder
sollten Sie Vorschläge machen wollen,
schreiben Sie doch einfach an:
mmaaiillttoo::ppeetteerr..ppaaeeffffeenn@@MMuussiiCCoollooggnnee..eeuu
Von Peter Päffgen
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 5
spiel an deutsche Hochschulen: Knapp
zwei Millionen Studenten hat es im Win-
tersemester 2004/2005 insgesamt in
Deutschland gegeben, davon waren für
„musikalische Berufe“ eingeschrieben
rund 25.000, davon 57% Frauen und 28%
Ausländer. Bei den Studiengängen Kompo-
sition und Instrumentalmusik/Orchester-
musik (insgesamt über 8.000 Eingeschrie-
bene) liegt der Anteil ausländischer Stu-
denten erwartungsgemäß viel höher: über
50 Prozent. Genauer aufgeschlüsselt sind
diese Zahlen leider nicht – den dramati-
schen Verfall der Studentenzahlen für das
Fach Gitarre, von dem allgemein berichtet
wird, sieht man nicht. Das Statistische
Bundesamt in Wiesbaden, welches das
Zahlenmaterial geliefert hat, kann auch
nicht mit feiner aufgeschlüsselten Daten
aufwarten – nicht einmal die Statistischen
Landesämter haben da Material vorliegen.
Der Hauptteil des Almanach, „Organisa-
tionen und Einrichtungen im deutschen
Musikleben“, besteht aus rund 1.100 Sei-
ten, beginnend mit staatlichen Einrichtun-
gen wie dem Bundespräsidialamt und dem
„Beauftragten des Bundestags für Kultur
und Medien“ über die im Bundestag ver-
tretenen Parteien und die kulturpoliti-
schen Gremien auf Landesebene hin zu
den Kulturämtern der Städte und Gemein-
den. Es folgt der große Bereich „Musikun-
terricht, Ausbildung, Fortbildung“ mit
sämtlichen Hochschulen, Konservatorien,
Musikschulen und auch den „Allgemein
bildenden Schulen mit Schwerpunkt Mu-
sik“. Alle Rundfunkanstalten sind vertre-
ten, Konzertdirektionen, Musikverlage,
Instrumentenbauer, Musikgeschäfte usw.
usw. Jeder, der mit Musik seinen Lebens-
unterhalt bestreitet, ist im Musik-Alma-
nach vertreten … jeder?
Nun, ein so umfassendes Nachschlagewerk
wie der Musik-Almanach muss klare Richt-
linien dafür zugrunde legen, warum die
eine Einrichtung aufgenommen wird, eine
andere aber nicht. Im Vorwort heißt es:
„Aufgeführt werden deshalb vorrangig in-
stitutionalisierte Einrichtungen, Organisa-
tionen, Verbände, Ausbildungsstätten
und dergleichen“ … Ergebnis dieser Aus-
wahl ist, dass beispielsweise in den Gel-
ben Seiten von Köln rund fünfzig Musik-
schulen vertreten sind, im Almanach eine,
die im VdM (Verband Deutscher Musik-
schulen) organisiert ist und fünf „sonsti-
ge“. Neben dem BdM gibt es noch den
„BDPM“, den Bundesverband Deutscher
Privatmusikschulen – aber die Gelben Sei-
ten verzeichnen weit mehr, als in beiden
Verbänden zusammen gemeldet sind. Eben
die nicht institutionalisierten! An Musik-
verlagen werden die erwähnt, die dem
VDM angeschlossen sind, dem Verband
Deutscher Musikverlage … „sowie weitere
Unternehmen […], die Musikbücher, No-
ten und zum Teil auch Tonträger publizie-
ren“.
Ganz schwierig wird die Auswahl bei den
„praktischern Musikern“: „Aus dem Inter-
pretenbereich werden nur professionelle
Ensembles – Orchester, Musiktheater,
Chöre, Militärensembles u.a. – dargestellt,
soweit sie institutionalisiert oder an In-
stitutionen gebunden sind, nicht aber So-
listen, Kammermusikensembles, Jazz-En-
sembles, Laienchöre oder –orchester etc.
Auch Komponisten oder Musikbearbeiter
können nicht aufgenommen werden.“
Ganz klar: Die Berufsbezeichnungen Kom-
ponist oder Bearbeiter sind nicht ge-
schützt. Jeder kann sich so nennen – das
Gleiche gilt beispielsweise für die „Beru-
fe“ Publizist oder Autor. Im Gegensatz
die Handwerksberufe: Sie können noch so
gut Fliesen legen können, Fliesenleger
dürfen Sie sich erst nennen, wenn Sie die
nötige Lehre durchgemacht haben und die
entsprechenden Prüfungen. Das sind frei-
lich uralte Stände- und Zunftregeln und
sie scheinen auch nicht mehr wirklich in
unsere Zeit zu passen, aber sie haben ihre
Vorzüge. Wenn Sie in den Gelben Seiten
einen Fliesenleger suchen und finden,
dann suchen Sie natürlich einen, der aner-
kannterweise sein Handwerk versteht.
Nun ja: Der Musik-Almanach ist eine un-
entbehrliche Informationsquelle, wenn
man sich mit der Musikbranche Deutsch-
lands befasst. Aber: Ist nicht ein gedruck-
tes Buch dieser Art heute ein Anachronis-
mus? Ist nicht der Almanach bei Druckfer-
tigstellung schon überholt? Es gibt die
Datenbank auch im Internet:
www.MIZ.org (MIZ=Deutsches Musikin-
formationszentrum) und da können alle
Daten ständig aktualisiert werden – nicht
aber in einem Buch, das alle drei bis vier
Jahre neu aufgelegt wird. „Nicht zuletzt
stellt der Musik-Almanach als Nachschla-
gewerk und generell greifbares Informati-
onsmedium ein Arbeitsinstrument für all
jene dar, die die Buchform bevorzugen
oder zumindest temporär über keinen In-
ternetzugang verfügen“. Aha! Aber geben
die dann auch fünfzig Euro dafür aus?
Mich würde nicht wundern, wenn dieser
Musik-Almanach 2007 die letzte Ausgabe
in gedruckter Form bliebe!
Zwei Bücher sind hier neu herausgekom-
men, die ähnliches anbieten: Adressen aus
dem deutschen Musikleben. „Musikstudi-
um in Deutschland“ ist allerdings für seine
Adressaten, Musikstudenten und solche,
die es werden wollen, weitaus besser ge-
eignet. Für sie werden Informationen ge-
liefert, die der Almanach nicht bereithält:
die Namen der jeweiligen Professoren und
Dozenten zum Beispiel. Der Almanach ver-
rät Ihnen nicht, dass in Weimar am „In-
stitut für Gitarre“ vier hauptamtliche Do-
zenten für das Fach Gitarre zur Verfügung
stehen: Müller-Pering, J. Rost, M. Rost,
Spannhof.
Und was ist mit Studiengebühren? Im Stu-
dienführer „Musikstudium in Deutsch-
land“ steht: „Studiengebühren wurden in-
zwischen in einigen Bundesländern schon
eingeführt, in anderen sind sie per Gesetz
bereits vorbereitet.“ Knapp! Die angehen-
den Studenten müssen sich wohl an die je-
weiligen Hochschulen wenden um heraus-
zufinden, was sie pro Semester zu zahlen
haben … vielleicht wäre es angebracht ge-
wesen, in dem ansonsten so informativen
Buch wenigstens den finanziellen Rahmen
zu beschreiben, mit dem zu rechnen ist.
Noch eine Bemerkung zum Thema Inter-
nationalisierung und Europa. Auch wenn
der Almanach einen Teil „Organisationen
und Einrichtungen des Musiklebens in
Europa“ enthält, sind und bleiben beide
Bücher solche, die sich nur mit dem deut-
schen Musikleben befassen. Es gibt einen
Europäischen Musikrat in Bonn und es gibt
in den Mitgliedsstaaten vergleichbare Or-
ganisationen, deren Anschriften und sons-
tige Koordinaten im Almanach zu finden
sind, auch die der uropäischen Nicht-EU-
Staaten wie beispielsweise der Schweiz.
Trotzdem, wir machen uns bekannt mit
Gepflogenheitern unserer Nachbarn, was
Abschlüsse und Studiengänge angeht …
wäre da nicht auch eine Europäisierung
des Telefonbuchs vonnöten gewesen?
�
6 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 7
Impressum:: VVeerrllaagg:: MusiCologne Ltd., London (GB). Niederlassung Köln: MusiCologne Ltd., Siels-
dorfer Straße 1a, 50 935 Köln (Postanschrift: Redaktion Gitarre & Laute, Postfach 410 411, D-50 864
Köln), TTeelleeffoonn:: ++49-221-346 16 23, FFAAXX:: ++49-1803-5 51 84 30 17
IInntteerrnneett:: www.MusiCologne.eu, Kleinanzeigen: www.VerkaufeGitarre.de und www.gitarre-und-
laute.de. EEmmaaiill:: [email protected] (weitere Email-Adressen sind im redaktionellen Zusammenhang
veröffentlicht).
EErrsscchheeiinnuunnggsswweeiissee:: sechsmal jährlich, am Anfang der geraden Monate (Januar, März, Mai . . .). Er-
scheinungsweise im Jahr 2007: 1. Juli 2007, danach jeweils am Anfang jedes Monats bis Dezember
2007. KKüünnddiigguunnggssffrriisstt:: sechs Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist, PPrreeiiss:: Einzelheft EUR 4,00, Abon-
nement für ein Jahr (sechs Ausgaben) 22,00 EUR . CChheeffrreeddaakktteeuurr: Dr. Peter Päffgen. Gültige Anzei-
genpreisliste: Nr. 13. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge in dieser Zeitschrift entsprechen nicht
unbedingt der Meinung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt
der Verlag keine Haftung. Terminangaben, insbesondere in der Rubrik „Dates“ erfolgen prinzipiell
ohne Gewähr. ©© Nachdruck in jedweder Form und allen Medien, auch auszugsweise, nur mit schriftli-
cher Genehmigung des Verlags. AAbboovveerrwwaallttuunngg: Verlag, Niederlassung Köln. [abo@gitarre-und-
laute.de], BBiillddnnaacchhwweeiiss ffüürr vvoorrlliieeggeennddee AAuussggaabbee: Seiten 1 und 8: Brigitte Zaczek, Wien, alle anderen:
Autoren oder Bildarchiv Gitarre & Laute, Köln
Gitarre & LauteONLINE
XXIX/2007, Heft 1
Inhalt
Editorial3
… was ich noch sagen wollte …4
Heute muss man aggressiv spielen, das ist wichtig geworden …Interview mit Luise Walker ...
Das Gespräch führte Norman Merems im Februar 1995 in Wien8
NAXOS feierte Geburtstag13
Vor hundert Jahren:Der Guitarrefreund VIII/1907/Nº 1
14Musikbeilage „Der Guitarrefreund“/G&L-Edition:
Georg Meier:Daisy-Marsch
23Florilegium: Neue Platten mit Alter Musik
27Franz M. Weiss (OSM)
Verzeichnis der Drucke mit Gitarrenmusikin der Provinzbibliothek des Servitenklosters Maria Luggau
33Peter PäffgenNeue Bücher
37Leo Witoszynskyj
Vom Umgang mit Konflikten41
Dates45
Kleinanzeigen48
Vorschau auf Heft 250
8 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Heute mussman aggressiv
spielen,das ist wichtiggeworden ...
Interview mit Luise WalkerDas Gespräch führte Norman Merems
im Februar 1995 in Wien
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 9
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Sehr geehrte Frau Pro-fessor Walker, als Sie in den späten zwanzi-ger Jahren und in den dreißiger Jahren in dasKonzertleben verwickelt wurden, wie war dadie Reaktion des Publikums auf die Musikund auf das Instrument?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Die Leute waren sehr begei-stert, weil sie die Gitarre nicht gekannt ha-
ben. Das war damals ein ganz unbekanntes
Instrument.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Die Menschen kamen al-so aus Neugierde?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Ja, das kann man sagen. Undden Leuten hat es sehr gefallen, weil sie die
Gitarre nur als Begleitinstrument kannten.
Als Begleitinstrument für den Liedgesang.
Ich selbst bin auch immer wieder gefragt
worden, ob ich denn nicht singe, aber damit
konnte ich nicht dienen. Ich war damals be-
leidigt, wenn man mich fragten, was ich
denn singe.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Gab es denn damals vie-le Konzerte von Gitarristen?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Nein, überhaupt nicht. Esgab nichts. Dies war die erste Stunde der Gi-
tarre als Konzertinstrument. Zumindest hier
in Österreich und auch in Deutschland.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Und was hat man da-mals gespielt?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Damals hat man als Schuledie Scherrer-Schule durchgearbeitet – jeden-
falls war das bei mir so. Ich habe bei Dr.
Zuth die Scherrer-Schule durchgenommen,
Heft 1-10. Danach kam die obligatorische Ca-
rulli-Schule. Die musste jeder machen, der
sich mit der Gitarre beschäftigen wollte. Da-
nach kam die Heinrich-Albert-Schule und da-
mit wurde die Sache dann seriös.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Und was spielte mannach den Unterrichtswerken?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Na ja, dann kamen Sachen,die man heute nicht mehr spielt und die
auch gar nicht mehr zu haben sind. Das wa-
ren Dinge aus kleinen Sammlungen . . . das
ist eigentlich alles verschwunden und ich
kann es auch im Detail nicht mehr sagen.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Gab es denn Musik vonSor?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Sor, das kam viel später. Sorkam mit Llobet . . . mehr oder weniger. Mit
ihm habe ich auch solche Stücke erst durch-
genommen. Da habe ich auch von der Exis-
tenz dieser Stücke erst erfahren.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Was hat denn Llobet ge-spielt, als er hier Konzerte gegeben hat?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Miguel Llobet hat Sor ge-spielt und Moreno Torroba und dann das
Hommage à Debussy von Manuel de Falla.
Und Tárrega hat er natürlich gespielt und Al-
béniz, Granados. Die Programme waren ganz
anders, als man sie heute kennt. Es wurden
hauptsächlich kleine Sachen gespielt und
keine Sonaten oder zyklische Dinge. Das
Gleiche gilt auch für Liedersänger. Die haben
Lieder gesungen, die man heute überhaupt
nicht mehr singt. Und eben viele kleinere
Piècen.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Wann haben sich denndie Konzerte und die Programme wesentlichgeändert? War das erst nach dem Krieg?
LLuuiissee WWaallkkeerr:: Na, das war schon vor demKrieg. Da kam ja dann auch Segovia mit ver-
schiedenen neuen Komponisten. Aber auch
er hat viel Albéniz und Granados gespielt.
Eigentlich ist der große Wandel erst in den
letzten zwanzig Jahren eingetreten.
Aber es hat auch vor dem Krieg schon Ten-
denzen gegeben, neue Musik zu spielen. Uhl
hat bei uns komponiert und Kaufmann . . . es
war nicht mehr in den Kinderschuhen.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Und wie war die Aus-stattung mit Zubehör? Zum Beispiel Saiten?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Das war alles sehr sehrschwierig. Ich habe noch auf Darmsaiten ge-
spielt, und die haben immer gefranst. Da,
wo man angeschlagen hat und auch an der
anderen Seite, also da, wo man gegriffen
hat. Die Basssaiten bestanden aus umwickel-
ter Seide. Heute nimmt man Nylon und da-
mals wurde Seide umwickelt. Die waren viel
besser, als die Diskantsaiten. Darmbässe hat-
te es auch gegeben, aber die habe ich nie-
mals gespielt. Gott sei dank! Das muss
furchtbar gewesen sein.
Aber die Saiten mit Seidenkern sind oft ge-
rissen. Die D-Saite hat sich immerzu verab-
schiedet.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Sie spielen also viel lie-ber auf Nylonsaiten!LLuuiissee WWaallkkeerr:: Das kann man sagen. Aberder Klang der Melodiesaiten war sicher sehr
weich und schön. Ich kann mich nicht mehr
wirklich erinnern. Verglichen mit unseren
heutigen Gewohnheiten könnten wir aber
trotzdem mit den Darmsaiten nichts mehr
anfangen. Heute muss man aggressiv spie-
len, das ist wichtig geworden, und das hat
man damals überhaupt nicht gekannt und
gekonnt. Aggressiv spielen zu können ist in
der heutigen Zeit wichtig geworden.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Alle alten Schallplatten-aufnahmen stammen aus dieser Zeit, die vonIhnen selbst und von Llobet und Segovia ...LLuuiissee WWaallkkeerr:: Aber bei Aufnahmen hat daskeine so große Rolle gespielt. Da konnten
die Techniker kleine Unzulänglichkeiten aus-
gleichen. Außerdem waren mir die Unter-
schiede nicht so bewusst, weil ich die Unter-
schiede nicht gekannt habe.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Was hat sich denn zwi-schen damals und jetzt im Instrumentenbauverändert? Sie haben ja auf verschiedenenMeisterinstrumenten gespielt. Hatten Sie einLieblingsinstrument?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Ich habe alle meine Instru-mente geliebt.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Aber es muss doch eineFavoritin gegeben haben.LLuuiissee WWaallkkeerr:: Nein, hat es nicht. Die Koh-no habe ich im Moment sehr gern. Die Ramí-
rez ist vielleicht etwas aggressiv. Die edelste
Gitarre ist die Hernández. Die vornehmste.
Zusammen mit meinem Vater ist die Hauser-
Gitarre und die Hernández angeschafft wor-
den. Alle anderen sind jünger.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Wenn Sie jetzt Konzertespielen, welche Gitarre wählen Sie da?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Meistens die Kohno. Die hateinen sehr angenehmen Klang und trägt sehr
gut. Früher war es ja so, dass der Klang der
spanischen Instrumente das Feinste war, was
man sich wünschen konnte. Dann kamen die
aggressiven Gitarren mit großem Corpus . . .
Ramírez und andere. Jetzt habe ich gehört,
dass man wieder zurückkommt zum vorneh-
men Klang. Das Aggressive ist nicht mehr so
„in“.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Sie haben so viele Stü-cke gespielt ... was halten Sie für die „Musikdes 20. Jahrhunderts“?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Ich weiß nicht, wie Sie dasmeinen!
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Haben Sie Komponistengehabt, die Sie sehr gerne gespielt habenund andere, die Sie vielleicht nicht gemochthaben?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Nein, habe ich nicht gehabt.Ich habe alte Musik geliebt und neuere, da
möchte ich mich nicht festlegen. Persönlich
bin ich natürlich auf impressionistische Mu-
sik eingestellt.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Aber welcher der im-pressionistischen Komponisten hat für Gitar-re komponiert?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Wissen Sie, ich bin eigentlichein sehr emotional beeindruckter Mensch.
Das rein Intellektuelle ist nicht mein Ding.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: In Ihrer Ausgabe derCoste-Etüden stehen Metronomangaben.Stammen die von Ihnen?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Wahrscheinlich! NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Interessant in diesemZusammenhang ist die berühmte E-Dur-Etü-de N° 23. Miguel Llobet hat zwei Aufnahmendavon gemacht und eine der beiden ist inder Stimmung irgendwo zwischen a und aisund die andere ist ein wenig tiefer. Das Tem-po ist bei beiden zwischen Viertel= 160 und164. Sehr schnell!LLuuiissee WWaallkkeerr:: Ich weiß nicht, ob der Ton-techniker da noch ein wenig nachgeholfen
hat. Keine Ahnung! Aber er hat das enorm
rasant und einmalig gespielt, das ist klar!
Ich selbst spiele es etwas langsamer, aber
nicht, weil ich es nicht gekonnt hätte, son-
dern weil es mir damals schon nicht so sehr
gefallen hat. Ich hatte eigentlich recht flinke
Finger.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Noch eine Frage bezüg-lich Llobet. Wie hat er es mir den Fingernä-geln gehalten?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Aber mein lieber Freund, dasist doch alles überholt! Da haben früher
Kämpfe stattgefunden, da sind Feindschaften
entstanden zwischen denen, die mit und de-
nen, die ohne Nägel spielten. Das ist heute
nicht mehr interessant.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Hat es auch Kämpfe ge-geben über die Frage apoyando oder nicht?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Diese Kämpfe finden heutestatt. Das ist ganz modern. Es ist auch „in“,
den Fuß verkehrt auf den Schemel zu stellen
. . . alles ganz modern. Manches ist sehr skur-
ril, aber bitteschön: Jedem das seine! Wenn
jemand die Gitarre an den Kopf hält und
dann schön spielt, habe ich auch nichts da-
gegen.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Sie haben 1940 ange-fangen, an der Hochschule zu unterrichten.Wann haben Sie aufgehört?
10 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
LLuuiissee WWaallkkeerr:: Das war 1985. NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Als Sie anfingen, gab esda viele Schüler? Und woran waren die Stu-denten interessiert?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Schauen Sie, ich habe dieKlasse von Professor Ortner übernommen.
Angefangen habe ich mit vier Schülern. Ich
habe die Klasse wieder neu aufbauen müs-
sen.
Damals kam die Pujol-Schule auf, aber ich
habe eigentlich lieber individuellen Unter-
richt gemacht. Meine Coste-Etüden wurden
gespielt und Carcassi op. 60. Diese Traditio-
nen sind ja zum Glück in der Zwischenzeit
nicht aufgegeben worden. Das wird alles
heute noch gespielt.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Was halten Sie dennzum Beispiel von den Progressive Studies
von Stephen Dodgson und Hector Quine.LLuuiissee WWaallkkeerr:: Dazu kann und möchte ichhier nichts sagen! Ich habe im Laufe meines
Berufslebens so viel Musik und Material in
mich aufgesogen, dass ich jetzt nicht mehr
nach Neuem suche. Es ist genug!
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Haben Sie eine be-stimmte Relation zwischen technischem undmusikalischem Üben als empfehlenswertempfunden?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Was heißt technisches undmusikalisches Üben? Ich verstehe Ihre Frage
nicht! Jedes Üben schließt doch immer bei-
des ein!
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Heute lernen Schüler oftTonleitern und solche Dinge ...LLuuiissee WWaallkkeerr:: Aber das war doch immer sound wird immer so bleiben. Und trotzdem
gehen technisches und musikalisches Üben
parallel.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Was haben die Schülerdamals bei Klassenabenden gespielt?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Das, was Sie heute auchspielen. Na ja, Piazzolla haben Sie nicht ge-
spielt, aber es hat sich nicht viel verändert.
Es gibt halt so genannte Zugpferde, die im-
mer wieder vorkommen und gerne gespielt
werden.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Sie haben ja sehr vieleKonzerte gehört und sehr viele Schüler ge-habt. Wie, würden Sie sagen, hat sich dasSpiel verändert. Das meine ich nicht einmalnur auf die Gitarre bezogen, sondern über-haupt.LLuuiissee WWaallkkeerr:: Das ist eine schwierige Fra-ge! Ich habe viele der großen Geiger, Pianis-
ten, Cellisten etc. gehört und die sind ei-
gentlich jetzt alle verschwunden. Was nach-
kommt ist, das muss ich ehrlich sagen, zu
sehr technisch interessiert. Das Musikalische
tritt etwas in den Hintergrund. Bei den Gitar-
risten ist das sehr zu beobachten. Schnell,
schneller und noch schneller. Wer wird zuerst
fertig? Gitarristen sind Sportler geworden.
Gitarresportler. Für Sportler habe ich nichts
übrig.
Die musikalische Sprache war früher ent-
schieden intensiver, und das ist auch auf an-
deren Instrumenten zu beobachten. Ich habe
nie etwas gegen Virtuosität gehabt und habe
ja selbst solche Sachen gemacht. Aber heute
wird das übertrieben.
DDiisskkooggrraapphhiiee
LLuuiissee WWaallkkeerr
❍❍ IIddaa PPrreessttii aanndd LLuuiissee WWaallkkeerr:: LLeess ggrraann-
ddeess ddaammeess ddee llaa gguuiittaarree, Werke von
Friessnegg, Chopin, Schumann, Brahms,
Schubert, Weber, Coste, Paganini, Legna-
ni, Dominici, Fumic, Llobet, u.a. , Aufnah-
men zwischen 1932 und 1942, Pearl Re-
cords [in Deutschland bei Helikon;
www.harmoniamundi.com], GEMM CD
9133
❍❍ LLuuiissee WWaallkkeerr:: HHiissttoorriisscchhee uunndd LLiivvee-AAuuff-
nnaahhmmeenn,, Werke von Friessnegg, Chopin,
Tárrega/Roch, Dominici, Arthur Johann
Scholz, Sor, Moreno Torroba, Coste, Wal-
ker, Uhl und Armin Kaufmann, Aufge-
nommen vor 1945 und (Kaufmann) 1989,
Musikverlag Canticum 1
❍❍ LLuuiissee WWaallkkeerr:: EEsssseennccee,, GGuuiittaarr CCoonncceerrttss
&& GGuuiittaarr SSoolloo 11995533-11999966, Werke von Ma-
tiegka, Sor, Llobet, Rodrigo u.a. , 4 CD,
Dreamlife [www.dreamlife.co.jp]
DMCD 1-4
Luise Walkers Repertoire bestand, das er-
geben die heute noch im Handel befindli-
chen CD-Remakes, nur zum Teil aus Stan-
dards, die heute noch gespielt werden.
Der andere Teil waren zum Teil Stücke ös-
terreichischer Komponisten wie Armin
Kaufmann, Karl Friessnegg oder Alfred
Uhl, zu einem anderen Entdeckungen,
welche die Musikerin im internationalen
Repertoire gemacht hat. Das Concertinofür Gitarre und Orchester von Guido San-
tórsola zum Beispiel ist ein relativ selten
gespieltes Werk – es befindet sich in der
Walker-Sammlung der japanischen Plat-
tengesellschaft Dreamlife, auch die Ro-
manze für Gitarre und Orchester von Sal-
vatore Bacarisse.
Aber bei aller Wertschätzung der großen,
vier CDs umfassenden Edition – ich finde
die Einzel-CDs mit den frühen Aufnah-
men von vor dem zweiten Weltkrieg inte-
ressanter. Interessanter wegen des darge-
botenen Repertoires und auch wegen der
Spielweise. Und sie hat anders gespielt,
die jugendliche Walker! Sie hatte einen
Hang zum Virtuosen einerseits und zum
Überromantischen andererseits.
Beispiele: Gleich die eröffnenden Variatio-
nen über Schuberts „Forelle“ von Karl
Friessnegg (sie stehen bei Heinrichshofen
im Katalog) sind ein spieltechnisches Feu-
erwerk und werden auf dieser CD nur
noch vom „Jota Aragonesa“ von Tárrega
überboten, der sich dazu noch durch lee-
res Geklapper auszeichnet und schließ-
lich, das zu Tárregas Ehrenrettung!, gar
nicht von ihm stammt. Aber in einer Zeit,
als man die Gitarre als Konzertinstrument
überhaupt nicht kannte, war das Publi-
kum für fast alles dankbar und gerade
Bravourstücke müssen ganz besonders er-
folgreich gewesen sein. Die auf dem
Markt befindlichen historischen Aufnah-
men von Barrios und auch Llobet (von
seiner Einspielung der Coste-Etüde N 23
ist im Interview die Rede) belegen, dass
Virtuoses damals außerordentlich populär
war und dass Spitzengeschwindigkeiten
keine Erfindung unserer Zeit sind, wie so
gerne von Kulturkritikern behauptet wird.
Die Coste-Etüde Nº 23 hat Luise Walker
übrigens auch eingespielt. Auch atembe-
raubend schnell!
Um noch einmal auf die japanische Doku-
mentation zurück zu kommen. Hier ist
offenbar, um das Ganze schließlich zu ei-
nem vernünftigen Preis auf den Markt
bringen zu können, auf StudioAufwand
jeglicher Art verzichtet worden. Speziell
die Aufnahmen mit Orchester sind zum
Teil kaum anzuhören schlecht (mit Aus-
nahme des Giuliani-Konzerts op. 30 mit
dem Tokyo Symphony Orchestra). Schade!
Pegelunterschiede sind nicht ausgeglichen
worden, Rauschen nicht unterdrückt und
Geräusche von offenbaren Kratzern auf
manchen Vorlagen nicht korrigiert. Natür-
lich bleibt es trotzdem eine wertvolle Do-
kumentation der Kunst von Luise Walker.
Rund vier Stunden Musik!
Die romantische Seite von Luise Walkers
Spiel findet man, wie schon angemerkt,
eher in den frühen Aufnahmen. Im Ständ-chen von Schubert zum Beispiel hat sie
nichts ausgelassen, auch nicht in derTräumerei von Schumann. Da werden
auch spieltechnisch alle Register gezogen.
Die historischen Aufnahmen von Luise
Walker sind, ich darf es noch einmal sa-
gen, sehr hörenswert. Und notabene! Die
Dame würde in ein paar Jahren einhun-
dert Jahre alt. Sie gehörte zur Elite der
Musiker und Musikerinnen, durch die die
Gitarre in Europa wieder etabliert wordenist. Und ihr Spiel war in den frühen Jah-
ren eher bewegt von einem gewissen Ro-
mantizismus, der das 19. Jahrhundert be-
herrscht hatte.
PPn
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 11
Und dann werden immer abenteuerlichere
Transkriptionen gemacht und gespielt. Ich
meine, vielleicht ist das schon wieder vor-
bei, aber eine Zeit lang war das zu beobach-
ten. Da sind große Orchesterwerke für Gitar-
re transkribiert worden und ich habe keine
Ahnung warum! Das ist gegen die Gitarre!
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Aber Sie haben im Prin-zip nichts gegen Transkriptionen? Zum Bei-spiel Klaviermusik ...LLuuiissee WWaallkkeerr:: . . . na ja, die sind ja hervorra-gend gemacht. Tárrega hat viele Transkrip-
tionen gemacht, aber mir wäre lieber gewe-
sen, er hätte mehr originale Gitarrenstücke
gemacht. Und da hat er Opernparaphrasen
und solche Sachen geschrieben. Aber so war
eben der Geschmack der Zeit.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Glauben Sie denn, dasssich die Tendenz wieder ändern wird, dasswieder die Zeit kommt, wo man sich mehrmit der Musik befasst und nicht mehr sosehr mit der Spieltechnik?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Ja, das glaube ich. Es wirdnoch eine Zeit dauern, aber es wird kommen.
Man wird wieder zurückkommen. Musik ist
eine Sprache, eine Sprache des Herzens. Und
wenn man das Herz nicht mehr einsetzt,
sondern nur noch den Verstand und die Fin-
ger, dann ist das zu wenig.
Das ist mein Urteil Aber vielleicht gefällt es
anderen ja auch. Vielen gefällt es ja, wenn
schnell gespielt wird.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Haben sie eigentlichgerne unterrichtet?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Mit Begeisterung! Und ichhabe immer versucht, dass ein Schüler oder
Student nach der Unterrichtsstunde heim
ging und das Gefühl hatte, bereichert wor-
den zu sein.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Was ist das Schwierigstebeim Gitarrespiel? Worauf muss ein Lehreram meisten Zeit aufwenden?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Das Schwierigste ist die Ko-ordination der beiden Hände. Der Bruchteil
einer Sekunde, in der ein Finger der rechten
Hand anschlagen und ein Finger der linken
Hand greifen muss, ist sehr schwer zu tref-
fen. Das ist sicher einer der schwierigsten
Aspekte. Die Spieltechnik der Gitarre setzt
voraus, das beide Hände aktiv werden, aber
vollkommen unterschiedliche Dinge tun
müssen. Nicht wie bei einem Klavier.
Und die Tongebung ist schwierig. Mit Ihren
Händen erzeugt man Töne und da ist keine
Mechanik dazwischen. Das ist eine besondere
ästhetische Verbindung und Tätigkeit.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Wie sehen Sie die Zu-kunft der Gitarre?LLuuiissee WWaallkkeerr:: Nun, ich sagte ja schon, dassich hoffe, dass die Gitarristen wieder zurück
zur Musik finden.
Was ich übrigens als Sackgasse sehe, sind die
Versuche, die Möglichkeiten der Gitarre zu
vergrößern, indem man ihr mehr Saiten gibt.
Ich war immer mit sechs Saiten sehr zufrie-
den. Die zehnsaitige Gitarre gefällt mir zum
Beispiel nicht. Außerdem ist das ganze gute
Repertoire auf sechs Saiten ausgelegt. Wer
sich damit abplagen will, soll es tun, aber
ich habe mit sechs Saiten genug.
Betrachtungen zur InterpretationVon Luise Walker
Über musikalischen Stil, Rhythmus, Dynamik, Phrasierung, musikästhetische Kompo-
nenten usw. ist schon viel gesagt und vielleicht noch mehr geschrieben worden. Trotz-
dem möchte ich hier – speziell für den Gitarristen – aus meinen eigenen praktischen
Erfahrungen Anregungen geben, damit er sich im „Dschungel“ der allgemein gehalte-
nen Ratschläge leichter zurechtfinden kann.
Ich selbst habe über musikalische Belange zahlreiche Bücher gelesen und versucht, sie
zu verarbeiten. Durch meine persönliche Praxis bin ich zu Überzeugungen gekommen,
die ich gerne weitergeben möchte.
Natürlich kann es sich hier nur um einige Details handeln, denn „Interpretation“ ist
ein schier unerschöpfliches Thema, über das nachzusinnen sich immer wieder lohnt. In
ihrem Urgrund ist Musik etwas absolut Transzendentales, das uns an sonst Unbe-
wältigtes heranführt.
Jedenfalls bietet musiktheoretisches Wissen und fundiertes praktisches Können,
gepaart mit der Gabe der Intuition, einen fruchtbaren Ausgangspunkt für eine be-
friedigende Interpretation von Werken verschiedensten Stils, wobei freilich die Mein-
ungen oft stark auseinandergehen, manchmal sogar ganz empfindlich divergieren.
Aber vielleicht ist das gerade das Interessante daran; man wird aufgefordert, sich mit
einer Sache auseinanderzusetzen, über sie gründlich nachzudenken.
Vorausgesetzt, der Musiker hat sich vorerst einmal mit dem geistigen Inhalt eines
Werkes beschäftigt, über Tempo und wesentliche Aspekte nachgedacht und sodann das
Ganze technisch
erarbeitet, stehen ihm – um ein Werk ausdrucksvoll und lebendig zu gestalten – auch
noch gewisse „Freiräume“ innerhalb von Toleranzgrenzen zur Verfügung. Überlegte
Einbringung von Dynamik, rhythmischer Akzente, Klangfarben usw. kann dann – unter
Berücksichtigung der „Werktreue“ – eine durchaus interessante und absolut eigen-
ständige Interpretation ergeben. Die oberste Steuerung wird dabei allerdings einem
zuverlässigen Stilgefühl und der Intuition vorbehalten bleiben.
Mißverstandene „Werktreue“ führt dagegen oft zu einem langweiligen Spiel, das man
leider auch gern mit dem klingenden Namen „akademisch“ bezeichnet; die Kühle, die
einen dabei anweht, hüllt man in ein belobtes intellektuelles Mäntelchen. Aber darin
sehe ich nicht die Aufgabe der Musik!
Das Ausbrechen aus dem Panzer der Taktstriche und Zwänge, also das, was ich hier
unter ”Freiräume” verstehe – letztlich machen sie die Musik erst zu einem Erlebnis –,
darf natürlich nicht in eine unkontrollierte Selbstdarstellung münden bzw. sich nicht
unbekümmert über alle Ordnungsprinzipien hinwegsetzen. Auch Freiräume erfordern
Disziplin. Hier das richtige Maß zu finden, wird erst zum Ausdruck echter Kreativität.
Die Ausführungen der Tempi hängen nicht nur von ihrer Bezeichnung ab, sondern in
gewissem Sinn auch von der Räumlichkeit, in der man spielt und der es sich anzu-
passen gilt. Dieser Hinweis erscheint vielleicht absurd. Aber jahrelange Konzert-
tätigkeit in vielen Konzertsälen mit unterschiedlichen akustischen Eigenschaften, die
mir mitunter sehr zu schaffen machten und meine Gitarre vergrämten, brachte mir
diese Erkenntnis. Sie wurde mir übrigens später auch von anderen im öffentlichen Spiel
versierten Spielern bestätigt. Besonders die Gitarre benötigt einen „überakustischen“
Raum, um ihren Klang voll entfalten zu können. Damit ist eine Räumlichkeit gemeint,
die einen entsprechenden Nachhall hat; für den Gitarristen ein nicht immer erfüllter
Wunschtraum. Bei zu großem Nachhall, etwa in Kirchen, besteht aber wiederum die
Gefahr, daß bei einem sehr schnellen Tempo Töne und Harmonien ineinanderfließen,
die eigentlich nichts miteinander zu tun haben sollen. Hier empfiehlt es sich, das Tem-
po eher zu reduzieren, damit das Spiel nicht an Klarheit verliert und der Eindruck von
Unsauberkeit entsteht. Im anderen Fall, also in sehr ”trocken” klingenden Räumen und
Sälen ohne jeglichen Nachhall (Horror jedes Gitarristen!), sollte man vor allem
langsame Sätze, länger ruhende Notenwerte oder melodische Linien, der die stützen-
den Bässe fehlen, etwas beschleunigen und auf keinen Fall ”schleppend” vortragen. Für
den Zuhörer sind vor allem unpassende Lücken ermüdend und langweilig, die sich
durch die Toncharakteristik der Gitarre unter Umständen leicht ergeben können.
Innerhalb eines Musikstückes dürfen Tempobeschleunigungen oder Verlangsamungen
nicht abrupt erfolgen. Ausnahmen sind nur dann erlaubt, wenn der Komponist die
„Agogik“ ausdrücklich vorschreibt. Für den Zuhörer muß das dann fast unmerklich und
geschmackvoll vorbereitet werden. Alles muß sich organisch entwickeln.
Es gibt namhafte Gitarristen, die daran Freude finden, einen Ton der alten Musik –
strikt ab. Dagegen kann zum Beispiel bei der Interpretation spanischer Musik ein gele-
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Bei der Violine sagt man ja auch, dass das Po-tential ausgeschöpft ist. Die Violine ist fertig, man kann sie nichtmehr verbessern.LLuuiissee WWaallkkeerr:: Na ja, aber die bauen ja auf einer alten Traditionauf. Bei Gitarre ist immer alles aufgegeben worden, damit man wie-
der von vorne anfangen musste. In jeder Generation fängt man wie-
der von vorne an. Leider! Das Problem haben die Geiger und Geigen-
bauer nicht. Da ist alles organisch gewachsen. Und bei der Gitarre
wird immer noch erfunden. Ich weiß nicht, ob sich diese skurrilen
Ideen durchsetzen, aber es gibt viele davon.
NNoorrmmaann MMeerreemmss:: Frau Professor Walker, vielen Dank für diesesGespräch!
gentliches Tenuto, ein Anhalten eines oder mehrerer Töne,
reizvoll und stilistisch durchaus vertretbar sein.
Die Wirkung eines Notentextes auf den Zuhörer hängt natür-
lich von vielfachen Faktoren ab. Bei der Gitarre ist es wichtig,
ihre Klangstruktur, die in einer Art „Mikrokosmos“ komprim-
iert erscheint, entsprechend zum Tragen zu bringen. Wenn
HECTOR BERLIOZ, die Gitarre „ein kleines Orchester“ nennt,
so gilt es für den Gitarristen, dieses Miniaturorchester auch
nach Möglichkeit erklingen zu lassen. Das wäre eigentlich
seine Aufgabe, wenn auch eine sehr schwierige. Die
Möglichkeiten, um das Ziel zu erreichen, sind ein fein dif-
ferenzierter Anschlag, Klangeffekte beider Hände und unter
anderem auch der Platzwechsel des auf der Zarge ruhenden
rechten Armes, entweder in Richtung Steg bzw. umgekehrt
oder zu einer Stelle oberhalb des Schalloches, wo der Ton
bekanntlich weicher und wärmer wird.
Die „Phrasierung“, das ist die sinnvolle Gliederung jeweiliger
musikalischer Abläufe (der Terminus wurde angeblich von
dem französischen Komponisten und Hofcembalisten Ludwigs
XIV., Francois Couperin (1663-1783), erstmals geprägt), trägt
wesentlich dazu bei, die Struktur eines Werkes mittels fall-
weiser „Zäsur“ verständlich und plastisch zu machen. Eine Zä-
sur (sie wird auch manchmal als „Atempause“ bezeichnet)
wirkt beruhigend, oder besser gesagt „entspannend“, und ist
quasi mit den Interpunktionszeichen der Sprache zu vergle-
ichen.
Eine behutsame bzw. eine mehr oder weniger scharfe Verdeut-
lichung von Akzenten, punktierten Notenwerten usw. kann in
die musikalische Aussage interessante Nuancen bringen. Eine
lebendige Dynamik sollte generell oberstes Gebot sein.
Bei der Interpretation alter Musik, vor allem der Barockmusik,
ist es die verzierte Ausschmückung einzelner Töne oder Akko-
rde mit phantasievollen Ornamentikmustern (dazu zählen vor
allem der Mordent, der Vorhalt, die verschiedenen Arten von
Vorschlägen und Trillern), die in sehr reizvoller und oft Weise
für die Aufführungspraxis dieser Epoche mit ihrem galanten
Stil von Bedeutung ist.
Wenn der „Klassik” eine eher ausgewogene, der musikalischen
Form entsprechende, souverän geschlossene Interpretation
entspricht, die romantische Periode wieder eine subtil
gefühlsbetonte Wiedergabe erwartet, entwickelt sich die zeit-
genössische moderne Gitarreliteratur mitunter zum Tum-
melplatz turbulenten Geschehens, wobei in Bezug auf die
Klangfarbenproduktion – angefangen vom prägnanten,
bizarren Anschlag bis zur variablen Perkussion (Schlag) auf
Decke, Boden oder Zargen – eine ungeahnte farbige und
rhythmische Palette in Erscheinung treten kann.
Soll – abgesehen von rein künstlerischen Belangen – eine be-
friedigende Interpretation reibungslos erfolgen, ist es klar,
daß dabei auch Äußerlichkeiten notwendig sind: eine
passende Räumlichkeit, ein wohlklingendes Instrument, in-
takte Fingernägel, ein geeigneter, schon rechtzeitig auspro-
bierter Stuhl (kein Klavierstuhl!) und der unvermeidliche
Fußschemel.
Nur durch die glückliche Kombination dieser vielfachen Fak-
toren kann dann der Künstler seine Interpretation erfolgreich
gestalten und sich seiner musikalischen Aufgabe ganz
hingeben. Nur so wird er auf der Gitarre „malen“ können.
12 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
NAXOS feierte Geburtstag
KKllaauuss HHeeyymmaannnn uunndd HHeellmmuutt MMüülllleerr-BBrrüühhll bbeeii ddeerr
GGeebbuurrttssttaaggssffeeiieerr iimm KKööllnneerr „„AAlltteenn WWaarrtteessaaaall““ ((FFoottoo:: NNAAXXOOSS))
Mit einem herzlichen Dankeschön an NAXOS
Gründer und Chairman Klaus Heymann und
die Vertreter von NAXOS Deutschland leitete
Helmut Müller-Brühl zu einem kulinarisch
hochwertigen und anregendem Abend über,
in dessen Verlauf die Anwesenden viele Mög-
lichkeiten hatten, interessante und amüsante
Gespräche zu führen. Viele Künstler waren
gekommen, um dem Label zu gratulieren
und den Erfolg zu feiern, u. a. : Die Cellistin
Maria Kliegel, der Pianist Sebastian Knauer,
der Oboist Christian Hommel und die Violi-
nistin Ariadne Daskalakis. Auch Daniel Rot-
hert (Blockflöte) und David Kadouch, der als
Solist des Abends besondere Aufmerksam-
keit genoss, feierten mit den anderen Gästen
bis in die frühen Morgenstunden.
NAXOS hat auch auf dem Gebiet der Gitar-
ren- und Lautenmusik vieles geleistet und
erreicht. Man denke an CD-Reihen wie die
der Lautenwerke von Silvius Leopold Weiss,
eingespielt von Robert Barto, oder die „Lau-
reate Series Guitar“, wo junge Talente, die
einen Wettbewerb gewonnen haben, die
Chance bekommen, bei einer weltweit ver-
triebenen Plattenfirma eine CD herauszu-
bringen. Die Produktionsverträge für diese
CDs sind meist Bestandteil des jeweils ersten
Preises des Wettbewerbs – eine der letzten
Produktionen dieser Reihe ist die Debut-CD
von Michalis Kontaxakis, dem Gewinner des
ersten Preises im Tárrega International Gui-
tar Competition in Benicásim.
Klaus Heymann hatte in seiner unternehme-
rischen Karriere noch andere Ideen und Lei-
denschaften. Der Musikverlag ARTARIA EDI-
TIONS in Hong Kong ist sein „Kind“. Zusam-
men mit dem Musikwissenschaftler Allan
Badley hat er ihn gegründet, vornehmlich,
um Komponisten des 18. Jahrhunderts und
ihren Werken wieder eine Heimstatt zu ge-
ben. Inzwischen ist der Verlag einer der
wichtigsten seiner Art und bringt Werke von
Carl Ditters von Dittersorf, Boccherini, Gluck
Stamitz oder Pleyel in vorzüglichen Ausga-
ben heraus, aber auch Werke der Komponis-
ten, deren Namen inzwischen tatsächlich
völlig in Vergessenheit geraten sind … oder
kennen Sie Wenzel Pichl oder Ferdinand
Ries? Der Verlag, der stolz den Namen des
Wiener Verlegers von Joseph Hayn trägt,
kümmert sich um deren Werke und lässt da-
mit Klaus Heymanns „Handschrift“ erken-
nen, die wir von NAXOS kennen: Nicht den
großen Namen wird in Demut gehuldigt,
sondern es wird der musikalischen Qualität
nachgeforscht, die in Vergessenheit zu ver-
fallen droht.�
Zeit ist relativ. Diese Binsenweis-
heit hat auch für das führende La-
bel im Bereich der Klassischen Mu-
sik eine Relevanz. Es ist erst 20
Jahre her, dass die Umstellung von der gro-
ßen schwarzen Vinyl-Scheibe zur kleinen sil-
bernen CD den Tonträgermarkt revolutio-
nierte. Vor eben 20 Jahren, nämlich 1987,
machte sich der in Frankfurt geborene und
in Hongkong ansässige Unternehmer Klaus
Heymann seinen ganz eigenen Reim auf Pro-
duktionskosten, Staraufgebot, Werbung und
Verkaufspreis und warf die vermeintlich
ehernen Gesetze der Branche kurzerhand
über den Haufen, um gute Produktionen
günstig zu vermarkten.
Der Spott der Großen folgte auf dem Fuß,
aber das alles ist ja – wie gesagt – schon 20
Jahre her.
Im Jahre 2007 hat NAXOS gerade sein er-
folgreichstes Jahr hinter sich: Gründer und
Chairman Klaus Heymann hat sich mittler-
weile vor den Augen der Majors - einst als
„verrückter Underdog“ belächelt - allen Un-
kenrufen zum Trotz als Chef des aner-
kannten Qualitätslabels Respekt verschafft.
Durch seine Repertoirepolitik bedient Hey-
mann mit NAXOS auch Nischen der Klassi-
schen Musik, die bei keinem anderen Label
Beachtung finden. Und immer noch gelingt
ihm der Spagat zwischen hoher Qualität ei-
nerseits und niedrigem Verkaufspreis ande-
rerseits. Allein im Jahre 2006 wurden 238
Aufnahmen in 29 Ländern produziert.
Die Erfolgsgeschichte des Labels NAXOS
wurde am vergangenen Samstag, dem 02.
Juni mit einem zweiteiligen Event gebüh-
rend gefeiert: Schauplatz des Auftaktes der
Feierlichkeiten war die Kölner Philharmonie.
Unter der Leitung des exklusiv für NAXOS
tätigen Dirigenten Helmut Müller-Brühl
spielte das Kölner Kammerorchester Werke
von Ludwig van Beethoven. Der schon als le-
gendär geltende Klang des Kölner Kammer-
orchesters, bei dem Müller-Brühl die authen-
tische Aufführungspraxis mit der Umset-
zung auf modernen Instrumenten verbin-
det, wurde am Flügel vom jungen französi-
schen Beethoven-Competition-Gewinner Da-
vid Kadouch kongenial ergänzt. Dieses Kon-
zert wurde für eine Gesamteinspielung der
Beethoven Klavierkonzerte mitgeschnitten
und wird in Kürze bei NAXOS erscheinen.
Restlos begeistert von der Interpretation
der Ouvertüre „Coriolan“, dem Klavierkon-
zert Nr. 5 und der Symphonie Nr. 5, verlie-
ßen die Gäste der NAXOS-Feierlichkeiten die
Philharmonie, um im Lokal „Alter Warte-
saal“ den zweiten Teil der Geburtstagsparty
zu erleben. Dort brauchten sie allerdings
nicht lange zu warten, sondern wurden vom
Geschäftsführer der NAXOS-Deutschland
GmbH, Chris Voll, auf das herzlichste will-
kommen geheißen.
Klaus Heymann war mit seiner Frau, der ja-
panischen Violinistin Takako Nishizaki und
seinem Sohn Rick aus Hongkong angereist
und freute sich in seiner Ansprache mit ge-
ladenen Künstlern, Händlern und Journalis-
ten über den Erfolg der letzten 20 Jahre.
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 13
14 Gitarre & Laute-ONLINE, XXIX/2007/Nº 1
Vor hundertJahren …… erschien in München die Zeitschrift
„Der Guitarrefreund“ bereits im achten
Jahrgang … bzw., um genau zu sein: „bei-
nahe“ im achten Jahrgang, denn zunächst
hieß sie „Mitteilungen des Internationalen
Guitarristenverbandes. Erst mit Heft 5 des
ersten Jahrgangs [I/1900] taufte man das
Blatt um in „Der Guitarrefreund – Mittei-
lungen des Internationalen Guitarristen-
verbandes (e.V.)“. In einem Beitrag mit
dem Titel „Zur Metamorphose unserer
„Mitteilungen“ hieß es: „Unser bisheriges
Verbandsorgan konnte man vergleichen
mit einem neugeborenen Kinde, das klein,
splitternackt in die Welt gesetzt war und
ohne Namen herumlief. [!]
Wir haben versucht, es honett einzu-
kleiden und es zu taufen. Wir geben uns
der Hoffnung hin, dass bei beiden feierli-
chen Handlungen der Geschmack unserer
Mitglieder getroffen ist. Allen, die uns da-
bei mit Rat und That zur Seite standen,
sei an dieser Stelle unser bester Dank aus-
gesprochen.
Es fehlt nur noch die Taufrede. Wir wol-
len sie ihm jetzt halten, indem wir dabei
das Programm entwickeln, das uns bei der
Redaktion zur Richtschnur dienen soll.
Klein soll es immer bleiben, was ja auch
der Sache und unserm bescheidenen In-
strumente angemessen ist, klein aber kräf-
tig.
Stark im Kampf soll es sein gegen jegli-
che Art schlechten Musicierens.
Durch einen Originalartikel und eine
Musikbeilage pro Heft sollen den Mitglie-
dern Mittel und Wege zur Möglichkeit gu-
ten Musicierens gegeben werden. Dadurch
hoffen wir, wird das Organ und der Ver-
band lebenskräftig sein und bleiben.
Es soll gezeigt werden, dass die Guitarre
eine Culturaufgabe zu erfüllen hat. Wir
sind uns des vollen Sinnes, der in diesem
Worte liegt, durchaus bewusst. Wir be-
trachten es nicht als Phrase und fühlen
uns doch zu diesem Anspruche berechtigt.
Ist doch kein anderes Instrument als gera-
de die Guitarre dazu berufen, die Hausmu-
sik, besonders die Pflege des Volksliedes
in der Häuslichkeit zu pflegen.
Wenn wir diese ideale Seite auch stark
betonen werden, da sie der Lebensnerv
unseres Organes ist, so wollen wir dem
leichten Genre durchaus nicht den Rücken
kehren. Auch technische Fragen werden
selbstverständlich in voller Ausführlich-
keit erledigt werden. Ein jeder wird auf
diese Weise zu seiner Rechnung kommen.
Sollten auch zu Anfang manche Uneben-
heiten mit unterlaufen, so sind sie eben
zu rechnen als unumgängliche Jugend-
thorheiten, die wir überwinden werden.
So heben wir dich aus der Taufe – ziehe
hinaus in die Welt in neuem Gewande, er-
weise dich würdig deines Namens und hal-
te Einzug in aller Herzen.“
Hier in GITARRE & LAUTE-ONLINE werden
Sie die Hefte als Reprints wiederfinden, die
vor genau hundert Jahren erschienen. Vie-
le Einblicke in die damalige Gitarrenwelt
werden ermöglicht. Vieles wird zum
Schmunzeln Anlass geben – vieles auch
zum Staunen.
Die Jahrgänge I/1900 bis VII/2006
werden in einer der nächsten Ausgaben
nachgeliefert, damit Sie eine vollständige
Sammlung des „Guitarrefreunds“ zur Ver-
fügung haben.
Die Notenbeilagen erschienen nicht in-
nerhalb der jeweiligen Hefte des Guitarre-
freund, sondern als separate Ausgaben.
Beilage zu Heft 1: Georg Meier, Daisy-
Marsch für Gitarre solo (s. S. 23-25). Die
Ausgaben waren perfekt gestochen und
gedruckt, in diesen Fall von der Firma Os-
car Brandstetter in Leipzig, einem Verlag
übrigens, den es heute noch gibt und zwar
als Oscar-Brandstetter-Verlag
(www.brandstetter-verlag.de), der sich
aber mittlerweile mit grundsätzlich ande-
ren Dingen befasst, als mit lithographi-
schen Aufträgen und Notenstich.
Das Repertoire, das durch die Notenbei-
lagen des „Guitarrefreund“ verbreitet wur-
de, besteht zum Teil aus Neuausgaben von
klassischen Gitarrenstücken, die damals
nicht in Neuausgaben vorlagen, zu einem
anderen aus Kompositionen zeitgenössi-
scher Komponisten oder Gitarristen und
schließlich aus Liedbearbeitungen, die
auch als „Lautenlieder“ bezeichnet wur-
den. Terminologisch war man sich nämlich
zu Beginn des 20. Jahrhunderts überhaupt
nicht einig: „Laute oder Gitarre?“ nannte
Erwin Schwarz-Reiflingen einen Artikel in
der von ihm selbst herausgegebenen Zeit-
schrift „Der Lauten-Almanach“: „Die stän-
dig wachsende Bewegung zur Pflege des
Saitenspiels hat zu einer willkürlichen Be-
zeichnung unseres Instrumentes bald als
Laute, bald als Gitarre geführt, so daß in
Laienkreisen sogar die Meinung entstehen
konnte, es handle sich hier um zwei ganz
verschiedene Instrumente.[!] Eine Feststel-
lung, inwiefern beide Namen berechtigt
sind, wird daher willkommen sein.“ Nun
soll an dieser Stelle nicht erneut die Dis-
kussion um Laute und Gitarre geführt wer-
den, das ist in meinen beiden Artikeln
„Laute und Lautenspiel im XX. Jahrhun-
dert“ [Folge I: Gitarre & Laute XXVI/2004,
Heft 1, S. 20-24 und Folge II: Gitarre &
Laute XXVIII/2006/Heft 1, S. 41-45] aus-
führlich geschehen. Ich möchte hier nur
noch einmal auf die Situation hinweisen,
aus der die Zeitschrift „Der Guitarre-
freund“ entstanden ist. Die Gitarre gab es,
und zwar als Kunst- wie als Volksinstru-
ment, sie war aber, mindestens sahen es
ihre Anhänger und Freunde so, stark un-
terbewertet. Zwischen der Münchener
Gruppe der Gitarrenfreunde und der Berli-
ner um Erwin Schwarz-Reiflingen, der ne-
ben dem „Lauten-Almanach“ noch eine
Zeitschrift namens „Die Gitarre“ heraus-
brachte, gab es „Meinungsverschiedenhei-
ten“, die auch in polemisch geführten
Streit ausarten konnten – so engagiert
wurde die Diskussion geführt!
Die Reprints der Ausgaben von „Der
Guitarrefreund“ sind also nicht nur Quel-
lenmaterial erster Güte für Gitarreninteres-
sierte und Forscher, sie liefern auch eine
Erweiterung des Repertoires und stellen
daneben spannende Lektüre dar!
GITARRE & LAUTE-ONLINE liefert Ihnen
also den „Guitarrefreund“ als zweite Zeit-
schrift und weitere Quellenmaterialien
sind in Vorbereitung. All das wird Ihnen
online zur Verfügung stehen.
Peter Päffgen
http://archiv.gitarre-und-laute.de
www.gitarre-und-laute.de
www.MusiCologne.eu
www.Verkaufegitarre.de
Gitarre & Laute-ONLINE, XXIX/2007/Nº 1 15
Das hier besprochene Buch (Aku-stik und Harmonie, Dresden o.J.)stammt von Anton Schneider, denJosef Zuth in seinem Handbuchder Laute und Gitarre erwähnt: „Schneider, Anton, Musiker und Gi-tarrlehrer in Dresden, gest. um1920, beschäftigte sich mit theoreti-schen und akustischen Studien. Vonihm stammt die Erfindung eineszweiteiligen, verschiebbaren Knüpf-stegs zur Berichtigung von Mensur-mängeln [G. f. XI./1] und die Kon-struktion einer Quintgitarre mit 44cm Mensur. Sch. schrieb ein Buchüber „Akustik und Harmonie“, dasindes nicht günstig beurteilt wur-de.“ Um dieses Buch geht es hier… und um eine der nicht günsti-gen Beurteilungen [Handbuch, Wi-en 1926/1928, S. 248]
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Gitarre & Laute-ONLINE, XXIX/2007/Nº 1 23
Meier, Georg, deutscher Gitarrmei-ster, geb. 8. Feb. 1865 in Regensburg(Oberpfalz), besuchte die städt. Mu-sikschule (Hauptfach Violine), wurde1883 als erster Geiger an das Stadt-theater in Regensburg verpflichtet,machte als Orchestermusiker ausge-dehnte Reisen und wurde schließlichin Hamburg seßhaft, wo er 1905 ei-ne Musikschule errichtete. Seit 1908befaßte sich M. – hauptsächlichdurch Mozzani angeregt – mit demGitarrenspiel und erwarb sich alsSolist guten Namen. M. veröffentlich-te bei Benjamin, Hamburg, „Für’straute Heim“, 2 Hefte Kompositionenund Bearbeitungen, ferner aus sei-ner ansehnlichen Privatsammlungvon alter Gitarrenmusik: 4 Hefte vonF. Sor – Präludien von Carulli – Giu-liani op. 83 – Diabelli op. 39 und103 (Berlin, Simrock); N. Coste, op.43, 51, 52 und eine Auswahl„Übungs- und Unterhaltungsstücke(Mainz, Schott). – M’s Sohn WilhelmMeier-Pauselius (Zusatzname nachseinen Großeltern), geb. 19. Mai1895 in Hamburg, besuchte die Mit-telschule und erlernte bei AugustDiehl den Geigenbau. Nach abgeleg-ter Gesellenprüfung vervollkommne-te er sich bei Mozzani im Gitarren-spiel, besuchte dann noch die Kunst-gewerbeschule und legte 1921 diestaatl. Meisterprüfung im Geigen-und Gitarrenbau ab. Meyer-P. hatjetzt bereits als Gitarrsolist ausge-zeichneten Ruf und spielt auf einemselbst verfertigten Instrument [JosefZuth, Handbuch, Wien 1926/1928,S. 191]. Mehrere Stücke von GeorgMeier sind erschienen bei „FreieVereinigung zur Förderung guterGuitaremusik“ in Augsburg
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© 2007 by MusiCologne Ltd., KölnDer Download dieser Ausgabe als PDF ist für Abonnenten von Gitarre & Laute ONLINEerlaubt und kostenlos: http:\\download.Gitarre-und-Laute.de
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DAISY-MARSCHGeorg Meier
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8
TRIO
Notenausgaben von Gitarre & Laute
John W. DuarteDanserie No. 2 für Gitarre solo
€ 7,50 G&L 142
Eduardo FalúGavota para Guitarra, Mit Fingersätzen versehen von Hubert Käppel, 2-3
€ 5,00 G&L 112
Eduardo FalúPreludio del pastor
€ 6,50 G&L 111
Santino Garsi da ParmaSämtliche Lautenwerke, Gesamtausgabe der handschriftlichen Quellen,
Faksimile mit Übertragungen und
Kommentar von Dieter Kirsch
€ 30,00 G&L 148
Jana ObrovskáHommage à Choral Gothique f. Gitarre Solo, Revidiert von Milan Zelenka
€ 8,50 G&L 122
Jana ObrovskáDue Musici für zwei Gitarren
€ 8,50 G&L 123John W. DuarteDanserie No. 2 für Gitarre solo
€ 8,50 G&L 142
Adrian PatinoNevando Está, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú
€ 6,50 G&L 120
A. Robles und Jorge MilchbergEl Condor pasa, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú
€ 6,50 G&L 116
Ignace StrasfogelPrélude, Elegie und Rondo für Gitarre, Herausgegeben von Volker Höh
€ 13,00 G&L 168
Heinrich MarschnerLieder mit Begleitung der Gitarre (Zwölf Lieder op. 5, Zwei Lieder von
Goethe), Herausgegeben von Oliver Huck
€ 15,00 G&L 169
Der gesamte Katalog bei:
www.MusiCologne.euhttp://shop.gitarre-und-laute.de
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 27
Johann Sebastian Bach: Musik für LauteAxel Wolf, LauteAufgenommen im März 2002Raumklang [www.raumklang.de; im Vertriebvon Helikon-Harmonia Mundi; www.harmo-niamundi.com] RK 2203... Axel Wolf hat mit seiner Bach-CD einenArbeitsbericht vorgelegt und der ist vomLabel Raumklang optisch wie akustisch per-fekt in Form gebracht worden. ...✰✰✰✰✰
Kühn ist die Werkzusammenstellung dieser
CD nicht, aber was man zu hören bekommt,
ist weniger traditionell, als vielleicht erwar-
tet. Es gibt BWV 997 (Partita c-Moll), 998
(Präludium, Fuge und Allegro) und 995 (Suite
g-Moll).
Das Präludium aus „PFA“ (Prélude pour la
Luth o Cembal, Es-Dur BWV 998, genannt
„Präludium, Fuge und Allegro“ oder schlicht
PFA), um gleich mit einem Höhepunkt anzu-
fangen, beginnt in sehr zurückhaltendem
Tempo, zögerlich, abtastend und unentschie-
den. Es bleibt auch so, das sind keine Start-
schwierigkeiten! Beim ersten Hören hatte ich
den Eindruck, der Musiker hätte hie und dort
überlegt, ob er weiterspielen oder aufhören
sollte. Er hat weiter gespielt!
Die anschließende Fuge wirkt bei Axel Wolf
entschiedener und auch das Allegro. Hier fal-
len agogische Eigenheiten auf, die der Künst-
ler zur Ordnung des musikalischen Materials
einsetzt, zur Phrasierung. Manchmal wird er
schneller und prescht ohne ersichtlichen
Grund nach vorne, um sich dann wieder zu-
rückzunehmen; manchmal hält er inne, um
dann wieder in den normalen Fluss zurückzu-
kehren. Bögen werden gespannt um dann
wieder zusammenzubrechen, Spannungskur-
ven werden gezeichnet, um dann wieder ver-
loren zu werden. Das ist alles sehr spannend
und sehr anders und man hat den sicheren
Eindruck, dass es nicht anders ist, um anders
zu sein. Axel Wolf ringt, den Eindruck hat
man, ständig aufs neue mit dieser Musik und
er lässt seine Zuhörer an diesem Kampf teil-
haben. Nichts ist geglättet und so, dass man
Eindruck von Endgültigkeit hat, sondern eher
wie ein immerwährender Prozess des Suchens
und Vergleichens. Immer wieder meint man
auf Ungereimtheiten zu stoßen, die aber
dann wieder ihren Sinn finden.
Die abschließende g-Moll-Suite erscheint
konfliktfreier, weil sie nicht so absolut ist
wie Präludium und Fuge, sondern aus Tänzen
besteht und damit zweckgebunden ist –
mindestens, was Rhythmus, Tempo und Me-
trum angeht. Aber jeder kennt beispielsweise
die Sarabande aus BWV 995, die alles andere
ist, als „gebunden“, und auch hier wird man
wieder Zeuge der Arbeit und des Ringens mit
dieser großen Musik.
Axel Wolf hat mit seiner Bach-CD einen Ar-
beitsbericht vorgelegt und der ist vom Label
Raumklang optisch wie akustisch perfekt in
Form gebracht worden. Kompromisse wurden
dabei gemieden und offene Fragen auf den
Tisch des Hauses gelegt.
Adam Falckenhagen: Sonate di Liuto SoloAndrew Maginley, Baroque-LuteAufgenommen im Februar 1999CENTAUR (in Deutschland bei Klassik-Cen-ter, Kassel) CRC 2541... wie ein Traum und wirklich schon weitweg von barockem Ernst ...✰✰✰✰
Adam Falckenhagens Lautenwerke sind Zeug-
nisse des stilistischen Wandels, der Mitte des
18. Jahrhunderts nicht zu leugnen und
keineswegs mehr aufzuhalten war. Johann
Mattheson hatte schon 1713 Anweisungen
gegeben, „wie ein Galant Homme einen voll-
kommenen Begriff von der Hoheit und Würde
der edlen Music erlangen / seinen Gout dar-
nach formieren / die Terminos technicos ver-
stehen / und geschicklich von dieser vortreff-
lichen Wissenschafft raisonnieren möge“ [Das
Neu=Eröffnete Orchestre ... Hamburg 1713]
und gleichzeitig über den Verfall der Musik
wehgeklagt. Sie, die Musik, dependire „eint-
zig und allein von einer tieffen Gelehr-
samkeit und arbeitsamen Wissenschafft“, da-
bei bemühe sie sich nicht um, „das erlaubte
Wolgefallen der Menschen / welche traun kei-
ne schlechte Sache ist“. Der galante oder
„empfindsame“ Stil war melodiöser und na-
türlicher, weniger kontrapunktisch, komplex
und „gelahrt“. Der Bach-Sohn Carl Phillipp
Emanuel, der „Hamburger Bach“, gehörte zu
seinen Vertretern, Vorbilder waren Italiener
Florilegium
Neue Platten mit Alter MusikVon Peter Päffgen
28 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
und Franzosen – Couperin, Sammartini. Was
die deutschen Lautenisten des 18. Jahrhun-
derts angeht, sind besonders Adam Falcken-
hagen (1697-1754) und Joachim Bernhard
Hagen (1720-1787) zu erwähnen.
Drei komplette dreisätzige Sonaten sind auf
dieser CD wiedergegeben und einige Einzel-
sätze, alle gespielt auf einer 13-chörigen
deutschen Barocklaute, einem Instrument,
wie auch Adamo Falckenhagen es auf dem
bekannten Kupferstich von Johann Wilhelm
Stoer (tätig in Nürnberg 1727-1755) in Hän-
den hat [Maginleys Laute ist von Andrew Ru-
therford in New York]. Der Interpret gibt der
Musik Muße und Ruhe, lässt sie wirken und
sich entfalten. Manchmal, im Prelude à la ma-
niere de Carillon trifft er nicht ganz das, was
der programmatisch gemeinte Titel des klei-
nen Stücks andeutet, aber das ist auf einer
Laute auch schwer dazustellen. Die anschlie-
ßende Rêverie dagegen wirkt wie ein Traum
und wirklich schon weit weg von barockem
Ernst.
Per Kjetil Farstad hat über diese Musik seine
Dissertation an der Uni in Göteborg geschrie-
ben. Sein Buch (German Galant Lute Music in
the 18th Century) und seine dazu gehörige
CD mit Musik von Falckenhagen und ande-
ren, gespielt auf einer Gitarre, werden in der
nächsten Ausgabe von Gitarre & Laute be-
sprochen!
Kapsberger – Piccinini14 Silver Strings: Toccatas, Partitas andDancesMatthew Wadsworth, Theorbe; Gray Cooper,Cembalo, Orgel; und Mark Levy, Viola dagamba, Lirone und VioloneAufgenommen 1001/2002, erschienen 2003Deux-Elles [www.deux-elles.com; in Deutsch-land bei Note 1, Heidelberg] DXL 1044... das systematische Vermeiden von Kli-schees ...✰✰✰✰✰
Gleich mit der ersten Tönen der Toccata (N°
IX) von Giovanni Girolamo Kapsberger (ca.
1580-1651), in seinem ersten Lautenbuch No-
bile Alemano genannt, weil er Deutscher war
und eigentlich Johann Hieronymus hieß,
manchmal auch Tedesco della Tiorba, stellen
die Musiker klar, dass sie nicht nur Note für
Note, oder in der Tabulatur Zeichen für Zei-
chen, wiedergeben wollen, sondern dass sie
musikalische Überraschungen bereithalten.
Hier, in der Toccata, ist es ein Orgelpunkt,
der sich durch das Stück zieht, manchmal
mitspielt und manchmal nur da ist. Dann ist
ein Cembalo dabei, das viel aktiver werden
muss, weil es auch nur einen Punktton abge-
ben kann und daher kontrapunktisch, imita-
torisch eingreifen muss. Dann Alessandro
Piccinini (1566-1638), solistisch, und immer
wieder Kapsberger. Am Schluss wundersame
und wunderbare klangliche Verwirrung bei
diesem Exzentriker. „Seine Obsession mit
dem Ungewöhnlichen, das systematische
Vermeiden von Klischees und seine Vorliebe
für das Erfinden neuer Kunstgriffe sind alles
Qualitäten, die von seinen Zeitgenossen
geschätzt wurden“. Kann das wirklich ein
Deutscher gewesen sein? Ein exzentrischer
Deutscher?
Diese CD geht eher dem Geist der Komponis-
ten nach als ihrem Vermächtnis – gedruckt
oder geschrieben. Vor allem der ungewöhn-
liche Deutsche hat zu ungewöhnlichen musi-
kalischen Ideen inspiriert, und die sind erfri-
schend vital.
John Johnson: Lute MusicChristopher Wilson und Shirley Rumsey(als Duo-Partnerin), LautenAufgenommen im Juni 1995 (erschienen2003) NAXOS 8.550776... virtuos und vital ...✰✰✰✰
Robert Johnson, John Johnson, Howard John-
son . . . who was who?
John (1550-1594) war nach 1579 Lautenist
am Hof von Elizabeth I. , Königin von Eng-
land. Lange nachdem er starb, nicht einmal
fünfundvierzig Jahre alt, trat sein Sohn Ro-
bert Johnson (1583-1633) in die Dienste der
gebildeten und kunstliebenden Regentin,
nach 1604 blieb er am Hof von James I. ,
dem ersten König aus dem Hause Stuart, der
Kunst und Kultur gegenüber sehr viel we-
niger aufgeschlossen war.
Dem Werk von John Johnson sind vor einigen
Jahren zwei Gesamtausgaben gewidmet wor-
den – eine bei Editions Orphee und eine bei
Tree-Editions. Ob der vierhundertfünfzigste
Geburtstag des Komponisten dafür der Anlass
war oder ob einfach eine nicht zu erklärende
Duplizität der Ereignisse vorliegt, lässt sich
nicht klären. Johnson war jedenfalls der frü-
heste Vertreter der „Goldenen Zeit“ engli-
scher Lautenmusik. Sein Repertoire war eher
konservativ – Pavanen und dazu gehörende
Galliarden sowie Sätze von Volksmelodien,
dabei keine Fantasien oder Ricercari, wie sie
auf dem Kontinent gespielt wurden. Der
Kompositionsstil mit divisions, wie wir ihn
bei den Lautenisten/Komponisten der späte-
ren Blüte englischer Lautenmusik durchgän-
gig hören, findet sich bei John Johnson
schon in sehr ausgeprägter Form und viel-
leicht ist darin auch seine Bedeutung zu se-
hen.
Die hier eingespielten Stücke von John John-
son zeigen seine Vorliebe für Lauten-Duos
sehr deutlich. Darunter sind sehr virtuose
Stücke wie der Dump oder auch Chi passa,
die hier mit hörbarem Spaß vorgetragen wer-
den. Überhaupt strahlt diese CD Lust am
Spiel aus und Lust am virtuosen Sich-Messen
– vor allem bei den Duos, die oft aus ostina-
ten Akkordfolgen in einer Stimme und sehr
virtuosen Umspielungen in der anderen be-
stehen. „Divisions upon a ground“ haben sol-
che Variationssätze oft geheißen. John John-
son hat einige davon geschrieben und zwar
oft besetzt mit zwei Lauten.
Frühe Englische Lautenmusik gibt es auf die-
ser CD zu hören, und zwar virtuos und vital
und nicht als musikhistorische Demonstrati-
on!
Such Sweet Sorrow ... Lute Pieces by JohnDowlandJohn Paul, LautenwerckAufgenommen im Januar 2002CENTAUR CRC 2610[www.centaurrecords.com; in Deutschlandbei Klassik Center Kassel]... nur verloren ...✰
Lautenwercke (auch Lautenclaviere oder Lau-
tenclavecins genannt) waren, um es verein-
facht darzustellen, „mit Darmsaiten bezoge-
ne Cembali“. Im Besitz von Johann Sebastian
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 29
Bach befanden sich zur Zeit seines Todes im
Jahr 1750 zwei dieser Instrumente. Im 18.
Jahrhundert, als die Laute stark an Populari-
tät einbüßte und mehr und mehr vom Cem-
balo ersetzt wurde, waren sie in Benutz, da-
mit die Musikfreunde nicht ganz auf den Lau-
tenklang verzichten mussten.
Die Musik auf dieser CD stammt aus dem
späten 16. bis frühen 17. Jahrhundert. Ihr
Komponist, John Dowland, war gefeierter
Lautenist an verschiedenen europäischen Hö-
fen – am Hof von Elizabeth I. war er 1603,
vielleicht wegen seines Bekenntnisses zum
katholischen Glauben, nicht akzeptiert wor-
den. Sein Instrument war höchst angesehen
und gepriesen – warum also spielt John Paul
die Musik von Dowland auf dem Lau-
tenwerck?
Weil es geht? Der Interpret schreibt im Book-
let, es gebe seit den 90er Jahren des 20. Jahr-
hunderts wieder geeignete Instrumente, au-
ßerdem liege die Ausgabe von Diana Poulton
vor, die auch Übertragungen im Klaviersatz
enthalte und in der die Herausgeberin außer-
dem ihrem Wunsch Ausdruck gebe, dass die
Lautenwerke von John Dowland nun bekann-
ter würden. Mehr Gründe finde ich nicht.
Nicht in meiner Vorstellungskraft und nicht
im Booklet. Eines ist gewiss: Die Stücke von
John Dowland haben hier in der Interpretati-
on auf dem Lautenwerck nur verloren.
The Art of the LuteThe Best of Ronn McFarlaneWerke von Dalza bis BachDorian [www.dorian.com] DOR 90022... überraschend abwechslungsreich ...✰✰✰
Eine Werbe-CD „Best of“ ist das, mit Aus-
schnitten aus allen CDs, die Ronn McFarlane
bisher bei Dorian veröffentlicht hat. Einige
der Einzelaufnahmen sind hier in Gitarre &
Laute bereits besprochen, andere nicht. Aber
dieser Zusammenschnitt liefert ohnehin ein
anderes Bild als die Summe der einzelnen
Aufnahmen.
Nun, was soll ich sagen? Wenn Sie erwarten,
einen Musiker vor sich zu bekommen, der
philologisch und politisch korrekt seine Alte
Musik zelebriert, authentisch bis in die Haar-
spitzen und aufführungspraktisch mit allen
Wassern gewaschen, dann liegen sie völlig
falsch! Ronn McFarlane lässt keinen Effekt
aus, und er benutzt die alten Stücke als Vehi-
kel, um sein mit Akustischem überfrachtetes
Publikum zu unterhalten. Ein amerikanischer
André Rieu der Laute? Nein, auch falsch!
Ronn weiß schon, was er da vor sich hat,
wenn er den Passamezzo von Adrian LeRoy
spielt oder den Welschen Tanz von Hans
Newsidler mit dem darauf folgenden Hupff
auff. Aber er weiß auch, wie man diese Musik
aufpeppt und klanglich aktualisiert. Und
glauben Sie mir: Hans Newsidler hat das auch
gewusst!
Wenn Ronn McFarlane Farbe bekennen muss,
also Stücke vor sich hat, die sich entweder
nicht für Experimente anbieten, oder die
auch ihm so viel Ehrfurcht einflößen, dass er
brav das spielt, was in den Noten steht,
Bachs Präludium und Fuge BWV 999 und
1000 zum Beispiel, merkt man, dass auch er
nur mit Wasser kocht und seine Schwierig-
keiten hat. Das Präludium wirkt auf der CD so
vernuschelt, dass ich es fast nicht erkannt
hätte. Da haben Musiker und Tontechniker
kongenial Mist gebaut! Auch Dowland kann
Ronn nicht viel abgewinnen.
Aber die schottischen Lautenstücke, sie wer-
den zu kleinen Klangdichtungen, so unver-
kennbar schottisch, dass man den Lauten-
spieler im Kilt förmlich vor sich sieht. Wüsste
man nicht, dass der Lautenist da muttersee-
lenallein vor seinem Mikrofon sitzt, man
wähnte zumindest einen Perkussionisten ne-
ben ihm, so überraschend abwechslungsreich
ist der Lautenklang ausstaffiert.
In einer Plattenreihe „Musica Antiqua“ wür-
de ich diese CD nicht unterbringen, und doch
ist sie ein Spaß und lädt zum Nachdenken
darüber ein, wie denn die Benutzer der
Lautenbücher im 16. Jahrhundert mit den
enthaltenen Tabulaturen wirklich umgegan-
gen sind.
The Rags of Time17th-c. English lute songs and dancesPaul Hillier, voice, Nigel North, lute,theorbo, guitarGedichte von John Donne, vertont von Hen-ry Lawes, William Corkine, John Wilson,Alfonso Ferrabosco u.a., Henry Lawes: Se-lect Ayres & Dialogues (1669)
Aufgenommen im November 1999, erschienen2002Harmonia mundi [www.harmoniamundi.com;in Deutschland bei Helikon]... über alle Zweifel erhaben ...✰✰✰✰✰
Nicht Dowland und auch nicht Morley! Die
„Hits“ des überreichen Repertoires an engli-
schen Lautenliedern sind hier nicht im Ange-
bot. Dafür John Donne (1572-1631), Geistli-
cher, der zunächst katholisch erzogen wor-
den und dann zur Church of England konver-
tiert ist und schließlich Dekan an der Saint
Paul’s Cathedral in London wurde. Seine Ge-
dichte erschienen postum im Jahr 1633 und
wurden später als „metaphysische Lyrik“ be-
zeichnet, weil sie eher philosophisch-speku-
lativ waren, und sich so auch nicht unbe-
dingt für Vertonungen anboten. Und doch
gab es Liebeslyrik, die in Donnes frühen Jah-
ren als Dichter entstanden ist, „als er noch
ein lebenslustiger junger Mann war“, wie es
im Booklet heißt. Eine Auswahl, von
verschiedenen Komponisten vertont, ist hier
zu-sammengetragen.
Dann kommen unterschiedlichste Musiken
aus dem Druck Select Ayres & Dialogues von
Henry Lawes aus dem Jahr 1669, darunter ei-
ne Chaconne von Francesco Corbetta und ei-
nige Stücke für Theorbe von John Wilson. Mit
dem Repertoire dieser zweiten Hälfte des CD-
Programms haben sich die Interpreten be-
reits recht weit vom englischen Lautenlied
der elisabethanischen Zeit entfernt. Die
Lautenbegleitung wurde nicht mehr in Tabu-
latur geliefert, sondern nur noch als Basso-
continuo, die Musik trat zu Gunsten der
Textaussage immer weiter zurück, niemals
umgekehrt.
Zwei Meister ihres Fachs haben diese unge-
wöhnliche CD-Zusammenstellung aufgenom-
men. Paul Hillier, ein universeller Sänger, der
aber ganz offenbar eine Passion für Alte Mu-
sik hat, singt mit schlanker Stimme, präsent
aber unaufdringlich und sehr klar verständ-
lich dem Text dienend. Und auch Nigel North
ist als erfahrener Musiker über alle Zweifel er-
haben.
MP3-Klangbeispiele zu den
hier veröffentlichten
Besprechungen
finden Sie unter:
http://XXIX_2007_1.
gitarre-und-laute.de
im Internet! Dort stehen auch
Fotos und Informationen zu
den Produktionen
zur Verfügung.
30 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Zu der Zeit, als die spanische Reconquista die
mohammedanischen Besatzer endgültig aus
dem Land trieb, um damit eine fast achthun-
dert Jahre andauernde Belagerung zu been-
den, war durch die Ehe zwischen Isabella von
Kastilien (*1451/1474--1504) und Ferdinand
von Aragón (*1452/1479--1516), die „Katho-
lischen Könige“, erstmals ein vereintes Spa-
nien entstanden und eine Zeit großen Wohl-
stands und enormer Machtfülle begann – das
Goldene Zeitalter, das auch eine hohe kultu-
relle Blüte hervorbrachte.
Música en el QuijoteOrphénica Lyra – José Miguel MorenoAufgenommen im November 2004GLOSSA (in Deutschland bei Note 1) GCD920207... erhellende CD ...✰✰✰✰✰
Florilegium II
Musik der Goldenen Zeit –
Spanische Musik des 16. Jahrhunderts
Vorgestellt von Peter Päffgen
Diese CD beginnt mit der Pavana VI von Luis
Milán . . . aber ganz anders, als vielleicht er-
wartet. Wir kennen sie als Solostück für Vi-
huela de mano, und so steht sie schließlich
auch in der gedruckten Quelle, dem Libro de
Musica de Vihuela de mano von 1535. Hier
hören wir sie als Ensemble-Stück mit Flöte,
Vihuela und Schlagwerk.
Es mag sich kühn anhören, dass Musik des
16. Jahrhunderts uminstrumentiert, und dass
das Ergebnis dann als authentisch verkauft
wird. Tatsächlich haben die Interpreten mit
ihren Praktiken längst den Bereich des Speku-
lativen betreten, denn nirgends ist belegt,
dass die Stücke jemals in dieser Besetzung
gespielt worden sind. Was Wissenschaftler
und Musiker aus schriftlichen Quellen und
Bilddarstellungen sehr wohl wissen ist, dass
es Ensembles in dieser Zusammensetzung ge-
geben hat.
In der vorliegenden Werkzusammenstellung
geht es um Musik im Umfeld von Miguel de
Cervantes (1547-1616). Der hat seinen Don
Quijote als Musikliebhaber beschrieben, der
sogar Vihuela gespielt haben soll: „Llegadas
las once horas de la noche, halló Don Quijote
una vihuela en su aposento ...“ [II/46] Über-
haupt ist oft von Musik die Rede in der Ge-
schichte des Ritters von der Traurigen Ge-
stalt.
Das Ensemble Orphénica Lyra unter der Lei-
tung von José Miguel Moreno ist besetzt mit
drei Sängerinnen und Sängern sowie fünf
Instrumentalisten mit verschiedenen Gitar-
ren, Gambe, Flöten und Schlagwerk. Ihre
Repertoireauswahl ist außerordentlich ab-
wechslungsreich – Romanzen, Villanos, Tän-
ze und Tanzlieder, solistische Instrumental-
stücke und eine berühmt-berüchtigte Chaco-
na (A la vida bona) von Juan Arañés, in der
das gute, lästerliche Leben besungen wird.
Nuria Rial und Raquel Andueza, die beiden
Sopranistinnen, singen kristallklar, mit deut-
lichem Bemühen um Textverständlichkeit und
mit der Zurückhaltung, die sie als Spezia-
listinnen für Alte Musik ausweist und nicht
als Primadonnen. Das Instrumental-
ensemble ist bestens eingestimmt und aufge-
legt. Kurz, dies ist eine ebenso kurzweilige
und unterhaltende wie interessante und er-
hellende CD geworden, auf der Stücke, die ei-
nem seit Jahrzehnten vertraut sind, in einen
neuen Zusammenhang gestellt werden. Und
ist es nicht so, dass wir Musikinstrumente
wie die Vihuela de mano auf Abbildungen
meist im Zusammenspiel mit anderen sehen
und gerne wüssten, was da gespielt wird.
Und wie? José Miguel Moreno macht Vor-
schläge!
Ay Luna – Música española del Siglo deOroUnda Maris und Guillemette LaurensAufgenommen 2004Alpha [www.alpha-prod.com] 064... Zurückhaltung, Respekt, fast Ehrfurcht✰✰✰✰
Musik der gleichen Zeit wird hier aufgetischt,
Musik des Goldenen Zeitalters spanischer Ge-
schichte und Kultur. Wir lesen die gleichen
Komponistennamen und hören ein Ensemble
ähnlicher Besetzung. Einen spektakulären Un-
terschied im Instrumentarium gibt es: einige
Sätze hier sind auf der historischen Orgel aus
dem frühen 17. Jahrhundert in Lorris-en-Gâti-
nais eingespielt.
Mit der berühmten Fantasía von Alonso Mu-
darra, welche das Harfenspiel von Ludovico
nachahmt, wird das Programm eröffnet –
und zwar auf der Harfe. Es folgt das Villanci-
co Ysabel, auch von Mudarra gesetzt und
überliefert, und andere Stücke der Vihuelis-
ten. Juan de Encina kommt dazu, Diego Ortiz
und Antonio de Cabezón. Wieder haben wir
es mit einem Repertoire zu tun, das als Musik
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 31
für ein Soloinstrument überliefert, und sicher
nicht (nur) in dieser solistischen Form auf-
geführt worden ist. Aufführungsanweisun-
gen, die über die abgedruckte Tabulaturen hi-
nausgehen, gibt es nicht.
Wenn Orphénica Lyra die Musik musikan-
tisch, beinahe fast komödiantisch angeht,
höre ich bei Unda Maris mehr Zurückhaltung,
Respekt, fast Ehrfurcht vor dem Überliefer-
ten. Nicht, dass hier musikantische Lust und
Leidenschaft fehlten, aber schon die instru-
mentale Beschränkung auf die „klassische“
spanische Besetzung mit Zupfinstrumenten
(Vihuela, Gitarre, Harfe) und Tasteninstru-
menten, setzt andere Akzente als die Beset-
zung mit Flöten.
Man bedenke in diesem Zusammenhang, dass
die Quellen die hier von beiden Ensembles
benutzt werden, die gedruckten Tabulaturbü-
cher von Luis Milan, Alonso Mudarra und an-
deren, eher späte Quellen für diese Ensem-
blemusik sind. Am Hof Isabellas von Kasti-
lien, der Katholischen Königin und deren
Tochter, Johanna der Wahnsinnigen
(*1479/1504-1516/+1555), Mutter von Karl
V. (*1500/1519-1556), wurde sie gepflegt.
Milans Tabulatur erschien aber erst 1535/36.
Die drei eingeschobenen Orgelstücke übri-
gens stammen von Francisco Correa de Arau-
xo (1575-1654) und Antonio Cabezón (1510-
1566) und sind alles andere als „Kirchenmu-
sik“ im herkömmlichen Sinn – zumindest in
der Aufbereitung, wie wir sie zu hören be-
kommen. Das erste Stück ist ein Tiento 23 de
sexto tono sobre la primera parte de la batal-
la de Morales, das letzte Todo el mundo en
general – Glosas sobre el canto llano. Die CD
endet mit fröhlichen, virtuosen und sehr
weltlichen Variationen über den Canto llano
de la Immaculada concepción de la Virgen
Maria.
Tañer de gala: Música para vihuelaJuan Carlos RiveraWerke von Milán, Francesco da Milano,Narváez, Mudarra, Valderrábano, Pisadorund Francisco PáezAufgenommen im Juli 2000cantus C 9631... genau, klangschön aber nicht schwel-gend ...✰✰✰✰
Hier gibt es das Vihuela-Repertoire pur, ge-
spielt von Juan Carlos Rivera. Milán, Mudar-
ra, Narváez, Pisador, Valderrábano und Fran-
cesco da Milano. Letzterer wird erst seit eini-
gen Jahren zu den Vihuelisten gezählt, als
nämlich endlich ein Exemplar von dessen
Druck „Intavolatura da Viola o vero lauto“
von 1536 gefunden worden war. Dieses Tabu-
laturbuch war in der Musikwissenschaft be-
kannt, aber niemand hatte je ein Exemplar
gesehen – auch nicht Arthur Ness, der 1970
die Ausgabe „The Lute Music of Francesco
Canova da Milano“ bei Harvard University
Press herausbrachte.
Dann erschien 1977 eine Faksimile-Ausgabe
der Quelle bei Minkoff in Genf. Ein Exemplar
war in der Bibliothèque Nationale in Paris ge-
funden worden. Das Buch ist übrigens eine
Besonderheit, als in ihm als einziger Quelle
insgesamt, eine Tabulatur verwendet wird,
die als Neapolitanische Tabulatur auf dem
Blatt Regola Universale von Michele Carrara
erklärt wird.
Aber neben den sechs Fantasien von Frances-
co Canova aus Mailand hören wir auf dieser
CD eine Reihe von Vihuela-Werken, die an-
sonsten nicht zu hören sind, und wir hören
einige bekannte Stücke nicht -- die Fantasia
von Mudarra zum Beispiel, die auf den bei-
den bisherigen CDs dargeboten wurde. Pisa-
dor und Valderrábano sind selten zu hören,
noch nie habe ich die Sätze von Francisco Pá-
ez gehört, die handschriftlich überliefert
sind, oder die Differencias de Folías, die von
Hand in das Wiener Exemplar von Silva de Si-
renas von Enriquez de Valderrábano eingetra-
gen worden sind. Hier gibt’s sie!
Juan Carlos Rivera wollte also keine Highlight
CD, kein „Best-of“. Aber was wollte er? Das
umfangreiche Booklet (82 Seiten) gibt Aus-
kunft, und zwar auf Spanisch, Französisch
und Englisch: The mystery of the vihuela – a
search for answers.
Über das Repertoire der beiden CDs von Orp-
hénica Lyra und Unda Maris finden wird In-
formationen im Booklet und über die Cham-
bure-Vihuela, die sich heute im Museum der
Cité de la Musique in Paris befindet und die
bestimmt noch von sich reden machen wird
– auch hier! Aber Licht ins Dunkel der
Entwicklungsgeschichte des Instruments
kann Juan Carlos Rivera mit seinem Text
nicht werfen – und das soll er auch gar nicht.
Der Musik wegen haben Menschen seine CD
gekauft – und sie bekommen etwas geboten!
Rivera spielt das, was in seiner Tabulatur
steht, nicht mehr und nicht weniger. Er ist
kein Improvisator, kein Musiker, der verzie-
rend, umspielend oder paraphrasierend seine
Musik größer macht. Nein, Juan Carlos Rivera
geht eher philologisch ans Werk, spielt ge-
nau, klangschön aber nicht schwelgend, vir-
tuos aber nicht sportiv. Kulinarisch ist seine
Repertoire-Auswahl und kulinarisch ist auch
die Aufmachung seiner CD, wie die der bei-
den anderen soeben vorgestellten Produktio-
nen.
Gerardo Arriaga (Hrsg.), Libros de Musicapara Vihuela 1536-1576Madrid Òpera Tres ISBN 84-95609-41-X
Diese CD bringt das gesamte Repertoire für
Vihuela, bzw., genauer gesagt, das gesamte
gedruckt überlieferte Repertoire für Vihuela
inklusive der handschriftlichen Zusätze in
den jeweils verwendeten Exemplare. Und na-
türlich bringt sie das große Repertoire nicht
in Form von Klangaufnahmen, sondern erst-
mals als Faksimiles digital.
Bravo! Ich habe lange damit gerechnet, dass
Faksimile-Verlage sich von gedruckten Ausga-
ben auf digitale Bildbereitstellung umstellen.
Ich habe auch lange damit gerechnet, dass
man Quellen bei internationalen Bibliotheken
nicht mehr als Mikrofilme oder Fotokopien
anfordern kann, sondern dass man sie im In-
ternet downloaden kann. Das spart personel-
len Aufwand und schont die teils kostbaren
und fragilen Vorlagen, weil sie nicht für je-
dem Voyeur neu vervielfältigt werden müs-
sen. Hier ist beispielsweise die Königliche Bi-
bliothek in Kopenhagen Vorreiter was den Be-
reich der Gitarrenmusik angeht.
Der Musikverlag Ópera tres in Madrid hat die
sieben im 16. Jahrhundert gedruckten Vihue-
la-Bücher auf CD herausgebracht, und ich
vermute, er war damit gerade noch rechtzei-
tig. Vielleicht dauert es nicht mehr lange,
dann kann man sich die einzelnen erhaltenen
Exemplare dieser Bücher von den jeweiligen
Bibliotheken oder Sammlungen kostenlos
über das Internet herunterladen. Informatio-
nen bringen uns erst dann weiter, wenn sie
leicht und kostenlos zugänglich sind, das
weiß nicht nur ich, das wissen auch die Ver-
walter des Wissens, und dazu gehören die Bi-
bliotheken.
Gut, so viel vorweg! Die CD von Ópera Tres,
die über verschiedene europäische Institutio-
nen und Verlage vertrieben wird (dazu gehö-
ren die Englische Lute-Society und der Verlag
Chanterelle in Heidelberg) bietet all das, was
eine digitale Aufbereitung bietet oder bieten
sollte. Man kann die Bücher Seite für Seite
betrachten. Man kann vor- und zurückblät-
tern. Man kann einzelne Seiten und ganze Be-
reiche ausdrucken. Und, jetzt wird es interes-
sant: Man kann die enthaltenen Kompositio-
nen sortieren lassen nach solchen für Vihue-
32 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
la, für Gesang und Vihuela oder
für zwei Vihuelas. Diejenigen Bü-
cher, bei denen die Farbe eine
Aussage hat, zum Beispiel bei Fu-
enllana, bei der der die Gesangs-
timme in rot in die Tabulatur ein-
gedruckt ist, sind in Farbe wieder-
gegeben, die, bei denen das nicht
der Fall ist, in Schwarz-weiß.
Ein Booklet von 86 Seiten liegt
bei, in dem viele Informationen
der CD noch einmal in gedruckter
Form vorliegen, was eigentlich
überflüssig ist. Aber man findet
auch eine sehr interessante Biblio-
grafie zum Thema Vihuela sowie
Kommentare zu jedem einzelnen
hier „nachgedruckten“ Buch wie
weitere Fundorte (die man aller-
dings auch bei Brown, Instrumen-
tal Music Printed Before 1600, fin-
det, da sogar mit Konkordanzen,
oder im RISM-Band Sammelwerke)
oder moderne Ausgaben.
Bei Chanterelle kostet die CD-ROM
EUR 59,90 . . . nicht billig, aber
wenn man die einzelnen Faksimi-
les kaufte, käme es sehr viel teurer
… und alle gibt es nicht einmal.
Hier, in einer ONLINE-Zeitschrift,
kann das digitale Publizieren nur
als mindestens adäquate Form des
Veröffentlichens bewertet werden
– wenn nicht gar als überlegene.
Aber natürlich gibt es Anwen-
dungsgebiete, wo die gedruckte
Ausgabe eindeutig im Vorteil ist:
Beispielsweise spielt es sich
schlecht, wenn man das musikali-
sche Material nur auf dem Bild-
schirm v0r sich hat – ganz zu
schweigen von der Möglichkeit, in
gedruckte Ausgaben Notizen wie
Fingersätze oder Phrasierungen
einzutragen. Geht am Bildschirm
nicht! Aber natürlich kann man die
Tabulaturseiten, die man tatsäch-
lich spielen möchte, ausdrucken.
Das immens umfangreiche Reper-
toire, das man durch digitale Aus-
gaben zur Verfügung haben kann
und wird, muss gesichtet, geord-
net und bewertet werden und da-
mit wird die klassische Editoren-
Tätigkeit auch in Zukunft gefragt
sein. Wenn jedem Konsumenten
die Quellen auf Fingerklick zur
Verfügung stehen, wird der wis-
senschaftlich erfahrene und praxis-
erprobte Herausgeber vermutlich
wichtiger als bisher, weil die Aus-
wahl zwischen Gutem und weniger
Gutem schwieriger geworden ist,
als sie es vorher war … und sie war
immer schon schwer! Der Lotse
wird immer noch gebraucht – sor-
gen Sie sich nicht!
�
PlattentippBrigitte Zaczek,romantische Gitarre IIWerke von Napoléon CosteAufgenommen im Juli 2005Extraplatte EX 652-2Würde und Ernsthaftigkeit✰✰✰✰✰
In welche Welt wurde Napoléon Coste
am 27. Juni 1805 geboren? Die Franzö-
sische Revolution war noch nicht ganz
verdaut und ein kleiner Korse mit gro-
ßen Ambitionen, Napoléon Bonaparte,
war dabei, Europa neu zu ordnen. Nicht
alles gelang ihm militärisch, aber sein
Organisationstalent war bemerkens-
wert. Ein halbes Jahr vor Costes Geburt,
am 2. Dezember 1804, krönte er sich in
Paris selbst zum Kaiser der Franzosen,
in den Jahren danach hatte er Fortune,
was seine Kriege gegen Österreich und
Preußen anging. Als er sich aber mit
dem Rest der Welt anlegte, war das En-
de seiner Siegessträhne abzusehen und
Bonaparte erlebte schließlich sein nicht
nur sprichwörtliches Waterloo.
1805 aber, als der andere Napoléon geboren wurde, war Bonaparte noch auf der Erfolgsschiene
und so wurde unser Komponist Napoléon genannt. Klar dass sein Vater, ein ehemaliger Offizier,
für ihn eine militärische Karriere vorgesehen hatte. Klar auch, dass er sie nicht eingeschlagen hat
… schließlich wissen wir ja, was aus ihm geworden ist.
Der Gitarre nahm sich der junge, kränkelnde Napoléon an, nicht ahnend, dass die kometenhafte
Karriere dieses Musikinstruments sehr bald schon ein jähes Ende haben würde. Mehr noch: Seine
eigene Laufbahn wurde 1863 durch einen Unfall, in dem er sich ein Handgelenk brach, beendet.
Aber schon 1856 war der Brüsseler Wettbewerb für Komponisten und Gitarrenbauer von Nikolai
Petrovich Makaroff (1810-1890), an dem Coste teilgenommen hatte, unternommen worden, weil
sich immer weniger Menschen für die Gitarre interessierten. Coste wurde übrigens mit seiner
Grande Serenade op. 30, die hier eingespielt ist, dabei Zweiter. Zweiter hinter Caspar Joseph
Mertz.
Dass Napoléon Coste nach dem Ende seiner Karriere das harte Los blühte, sein Leben als Staatsbe-
amter mit Quittungen und Beurkundungen zu fristen – das hat er nicht verdient! Vielleicht woll-
te seine Kompositionen niemand mehr hören, aber das lag daran, dass niemand mehr die Gitarre
hören wollte. Selbst spielen konnte Coste nicht mehr – vielleicht hatte er auch Probleme, Inter-
preten zu finden?
Im Zwanzigsten Jahrhundert jedenfalls wagten sich Interpreten zunächst nicht an die Napoleoni-
schen Gitarrenstücke, obwohl gleich zu Anfang bei der Gitarristischen Vereinigung in München
und der Freien Vereinigung zur Förderung Guter Gitarrenmusik in Augsburg einige von ihnen he-
rausgekommen sind. Aber erst die letzten, sagen wir, zehn Jahre haben bei konzertierenden
Künstlern neues Interesse an Coste hervorgebracht … und das ist gut so!
Brigitte Zaczek spielt, nein, sie offeriert, präsentiert oder zelebriert die Stücke mit großer Würde
und Ernsthaftigkeit. Wissen Sie, wie ein Orchester mit dem Renommee und der Klasse der Wiener
Philharmoniker, das eine Polka oder einen Walzer von Strauss spielt und damit in die höchsten
künstlerischen Sphären entschwebt. Sogar Johann Strauss ist auf der CD vertreten: Coste hat 16
Walses favorites de Johann Strauss als sein op. 7 herausgebracht, und davon sind acht hier wie-
dergegeben. Gut, die Zaczek ist Wiener Urgestein, das hört man (auf der CD!). Passt für Strauss.
Und wenn die Donau nicht blau ist und der Prater nicht voll Flieder? Dann ist sie Erzmusikerin.
Passt auch!
Ach ja: Diese CD ist wieder einmal ein Gesamtkunstwerk. Gespielt wird Coste, und das auf origi-
nalen Instrumenten. Das Ganze ist exzellent verpackt und mit Fotos versehen. Alfred Komarek
hat den Text geschrieben. Kennen Sie nicht? Aber Sie kennen Gendarmerie-Inspektor Simon Polt,
nicht wahr? Sehen Sie!
Peter Päffgen[Für das Foto von Napoléon Coste danke ich Erling Møldrup in Århus herzlich!]
Bis vor wenigen Jahren lagen
21 Drucke mit Gitarrenmusik
aus der Zeit um 1800 unent-
deckt in der Provinzbiblio-
thek des Servitenklosters Maria Luggau in
Oberkärnten/-Lesachtal.
Das Notenmaterial, das von Wiener Mu-
sikverlagen sowie in Florenz und Leipzig
herausgegeben wurde, gehörte zum Musi-
kalienbestand des 1695 gegründeten und
1978 der Diözese St. Pölten übergebenen
Servitenklosters Maria Jeutendorf in Nie-
derösterreich1. Im Rahmen musikhis-
torischer Grundlagenforschung bezüglich
der Tiroler Servitenprovinz erscheint hier-
mit erstmalig ein Verzeichnis dieses ent-
deckten Notenbestandes.
Die elf in den oben genannten Drucken
vertretenen Komponisten kommen aus
dem deutschen und italienischen
Sprachraum. Unter ihnen befinden sich
bedeutende Meister ihres Instruments,
allen voran der Italiener Mauro Giuliani2,
der von 1807 bis 1829 als gefeierter Gi-
tarrenvirtuose und Lehrer in Wien lebte
und zu den Wegbereitern der Wiener Gi-
tarrenkunst nach 1800 zählte. Der Gitar-
rist und Komponist Ludwig Wolf gilt als
der erste aus Wien stammende Vertreter
des künstlerischen Gitarrenspiels dieser
Epoche.
Die Gitarre scheint auch ein beliebtes In-
strument im Rahmen des klösterlichen
Musizierens gewesen zu sein. Außer im
Ser-vitenkloster Maria Jeutendorf, das
Mitte des 18. Jahrhunderts auch als
Noviziats-haus diente und in dem unge-
fähr 20 Patres lebten, fanden sich auch im
Innsbrucker Servitenkloster Handschriften
und Drucke mit Gitarrenmusik3. Es ist
anzunehmen, dass die Kleriker und
Novizen in ihrer freien Zeit und bei
besonderen Anlässen auch auf der Gitarre
musizierten.
Vom Notenbestand des Servitenklosters
Maria Luggau aus dieser Zeit ist uns nur
wenig erhalten, darunter ein einziger
Druck für Gitarre und Gesang, eine Kom-
position des Leonhard von Call4: Der
Schulmeister, Komisches Terzett für 3
Singstimmen mit Begleitung von Pi-
anoforte oder Guitarre, Verlag Joh. André
Offenbach a/M. Dieses humoristische In-
termezzo für Bassstimme, zweistimmigen
Falsettchor und Begleitinstrument eignete
sich besonders für eine Aufführung bei
schulischen Veranstaltungen und Fes-
tlichkeiten, zumal das Kloster Maria Lug-
gau auch Sängerknaben hatte5.
Leonhard von Call (1767 1815) wird im
August 1781 als Zögling des Serviten-
klosters Maria Luggau erwähnt6.
Möglicherweise ist er durch einen Ver-
Franz M. Weiß OSM
Verzeichnis der Drucke mit Gitarrenmusikin der Provinzbibliothek
des Servitenklosters Maria Luggau
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 33
wandten, P. Basilius M. von Call OSM dor-
thin gekommen. Letzterer war 1779 1780
und in seinem Todesjahr 1803 Vikar des
Luggauer Klosters7.
Neben den 21 Drucken für Gitarrenmusik
aus dem Servitenkloster Maria Jeutendorf,
die keine Eintragungen und Vermerke en-
thalten, wurden auch Musikhandschriften
und Drucke kirchenmusikalischer Werke,
sowie Drucke für Zithermusik und weiter-
er Volksmusik von Jeutendorf nach Maria
Luggau überstellt.
In einigen Musikhandschriften und Druck-
en werden mit den Jahresangaben 1849,
1855, 1887–1888 und 1890 die Volkss-
chul-lehrer Franz und Josef Eder als Eigen-
tümer genannt. Beide waren in ihrer beru-
flichen Laufbahn auch Oberlehrer in Maria
Jeutendorf, Josef Eder außerdem 1887
Leiter der Volksschule. Beide dürften um
die musika-lische Ausbildung der Jugend
und vielleicht auch um die der Novizen
und Kleriker des Jeutendorfer Serviten-
klosters bemüht gewesen sein. Ihnen
oblag die Leitung des dortigen Kirchen-
chores, für den sie auch Werke bedeuten-
der Komponisten abschrie-ben.
VERZEICHNIS DER DRUCKE:
AnonymusChanson Mamma mia non mi sgridate etc.
An den schönsten Frühlingsmorgen etc.
pour le Forte Piano ou Guitarre avec une
Flute, Johann Traeg Wien, ca. 1808, PN
(=Plattennummer) 302
AnonymusDie Schildwache für Guitare oder Forte-
piano, ohne Orts und Jahresangabe, PN
1419
Bevilacqua, Matteo (ca. 1772 1825)Deux Marches pour une Guitare seule, Jo-
hann Cappi Wien, o. J. , PN 322
Blumenthal8, Leopold von Variations pour la Guitarre sur le marche
de l’ opera Aline. . . dediées a Monsieur
Maure Guiliani . . . Ludwig Maisch Wien, ca.
1815, PN 13
Bornhardt, Johann Heinrich Carl(1774 1840)Trois Thêmes variés pour la Guitarre. . . de-
diés À Mademoiselle Caroline Louise Com-
tesse de Lippe Schaumbourg. . . Ambrosius
Kühnel Leipzig, o. J. , PN 590
Call, Leonhard von (1767 1815)Variations pour La Guitarre seule. . . Tran-
quillo Mollo Wien, 1804, PN 1403
Fier9, Jean B. de (ca. 1800)
Über den Umgangmit Quellen... am Beispiel vonMauro Giuliani
Wenn man ein Stück Musik herausgeben
will, braucht man eine verlässliche
Quelle, um den Vorstellungen des Kom-
ponisten möglichst nahe zu kommen –
das Autograph des Komponisten mit Er-
klärungen zu eventuellen Unklarheiten.
Wenn es um zeitgenössische Musik
geht, lässt sich das relativ leicht be-
werkstelligen, je älter die Musik aber
ist, die herausgegeben werden soll, um-
so schwieriger stellt sich die Quellenla-
ge dar. Als Beispiel mag hier ein Stück
Gitarrenmusik des frühen 19. Jahrhun-
derts gelten – vielleicht ein Stück von
Mauro Giuliani.
In wenigen Fällen liegen, was Giuliani
angeht, Manuskripte vor, anhand derer
Urtext-Ausgaben erstellt werden könn-
ten. Der Katalog der Rischel und Birket-
Smith Sammlung in Kopenhagen (Com-
piled by Jytte Torpp Larsoon, edited by
Peter Danner, Columbus/Ohio 1989) lis-
tet insgesamt über 50 Handschriften mit
Werken von Giuliani auf, die meisten
davon sind Abschriften und keine Auto-
graphen. Auskunft darüber von welchen
Werken Handschriften überliefert sind,
liefern klassischerweise Monographien
wie die von Thomas F. Heck (The Birth
of the Classic Guitar and ist Cultivation
in Vienna, reflected in the Career and
Compositions of Mauro Giuliani, Diss,
Yale University, 1970 und Mauro Giulia-
ni – Virtuoso Guitarist and Composer,
Columbus/Ohio 1995). Verschiedene an-
dere sind über Gitarristen/Komponisten
erschienen. Hier findet man Werkver-
zeichnisse und dabei Fundlisten: In wel-
chen Bibliotheken oder Privatsammlun-
gen befinden sich Handschriften der ein-
zelnen Werke oder, wenn nicht vorhan-
den, frühe Ausgaben? Leider erfasst das
große Quellenlexikon der Musik nur die
überlieferten Ausgaben vor 1800: Ré-
pertoire International des Sources Musi-
cales (RISM), daher ist man auf solche
Einzelveröffenlichungen angewiesen.
Zum Thema frühe Ausgaben oder „Erst-
ausgaben“: Überall da, wo keine Hand-
schriften überliefert sind, greifen Edito-
ren und Wissenschaftler auf frühe ge-
druckte Ausgaben zurück. Auch sie sind
in den genannten Monographien ver-
zeichnet. Hier sind folgende Fragen zu
klären: Wie sorgfältig ist im frühen 19.
Jahrhundert der Notenstich angefertigt
worden, das heißt: Wie viele Abwei-
chungen und Fehler sind vom Notenste-
cher produziert worden? Und grund-
sätzlich: Wie verlässlich ist eigentlich
überhaupt eine Erstausgabe? Wenn heu-
te Notenausgaben hergestellt werden,
wird der Notensatz per Computer ange-
fertigt und dann wird eine Auflage von
vielleicht 1.000 Stück gedruckt. Vor
zweihundert Jahren wurden die Noten
gestochen und dann wurden sehr kleine
Auflagen gedruckt – vielleicht sogar je
nach Bedarf. Die Stichplatten wurden
aufgehoben und, wenn sich herausstell-
te, dass dem Notenstecher Fehler unter-
laufen waren, entsprechend korrigiert.
Das heißt also, dass eine Erstausgabe,
also der erste Abdruck von einer Druck-
platte, fast notwendigerweise ein weni-
ger zuverlässiges Bild von einer Kompo-
sition wiedergibt, als ein späterer
Druck. Auf jeden Fall findet man frühe
Ausgaben mit den gleichen Plattennum-
mern, die sich in Details voreinander
unterscheiden. Das heißt, dass tatsäch-
lich so verfahren wurde. Die Stichplat-
ten sind nach Bedarf korrigiert und da-
bei nicht gekennzeichnet worden. Wie
also kann ein Herausgeber erkennen,
welche der Ausgaben, die ihm zur Ver-
fügung stehen, die älteste ist? Ist es die
mit den meisten Fehlern?
Auf jeden Fall kann es heute kein Pro-
blem mehr sein, an Kopien oder Mikro-
filme von frühen Ausgaben oder Hand-
schriften zu kommen. Bei einer ganzen
Reihe von Bibliotheken kann man sie
schon kostenlos per Internet herunterla-
den. Ich kann mich noch erinnern, dass
bei einem großen Musikverlag „revi-
dierte Ausgaben“ von Gitarrenwerken
des frühen 19. Jahrhunderts von nam-
haften Gitarristen angefertigt wurden,
die keinen Schimmer hatten, wie sie an
„originale“ Ausgaben kommen konnten
– und, nebenbei bemerkt, das auch gar
nicht für nötig hielten. Die Revisionen
sind anhand der letzten Ausgaben im
gleichen Verlag angefertigt worden, das
heißt, es sind die Fehler des Vorgängers
weitergeführt und noch ein paar eigene
dazugetan worden – und das seit zwei-
hundert Jahren!
Der Beitrag von Pater Franz M. Weiß ist
ein weiterer Schritt, die Quellenlage,
was Gitarrenmusik angeht, immer über-
sichtlicher und besser werden zu lassen.
RED.
34 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Rondeau pour la Guitare seule. . . Oeuvre
8, Thaddäus Weigl Wien, ca. 1808, PN
1004
Gelli10, F. Vincenzo (19. Jahrhundert)Six Variations pour la Guitarre. . . dediées à
Mademoiselle Thérése Young. . . Oeuvre
4e, Johann Cappi Wien, o. J. , PN 1227
Giuliani, Mauro (1781 1829)Choix de mes Fleurs cheries ou Le Bou-
quet Emblématique pour la Guitarre. . . De-
dié a Monsieur Jules Piraud. . . Oeuvre 46,
Artaria und Comp. Wien, 1814, PN 2287
Giuliani, Mauro (1781 1829)Pot Pourri pour la Guitarre. . . Oeuvre 18,
Artaria und Comp. Wien, 1808, PN 2026
Giuliani, Mauro (1781 1829)Sei Variazioni per Chitarra sul Tema origi-
nale Russo. . . dedicate Al Signor Barone
Giuseppe de Brentano dal suo Maestro. . .
Op. 60, Chemische Druckerei Wien, 1814,
PN 2252.
Giuliani, Mauro (1781 1829)Six Variations pour la Guitarre. . . Dediées
A Monsieur Charles Dellavos par son Mai-
tre. . . Oeuvre 34, Artaria und Comp. Wien,
1812, PN 2249.
Giuliani, Mauro (1781 1829)Six Variations pour la Guitarre. . . sur un
thême original, Oeuvre 62, Johann Peter
Spehr Braunschweig, PN 441
Giuliani, Mauro (1781 1829)Six Variations pour la Guitarre Sur un thé-
me tiré du Ballet Die feindlichen Vollks-
stäme. . . Op.7, Artaria und Comp. Wien,
1807, PN 1952
Giuliani, Mauro (1781 1829)Six Variations Sur un Thême Original Pour
Guitare seule. . . Dediées A Monsieur Le
Comte George Waldstein. . . Op. 20, Giu-
seppe Lorenzi Firenze, PN 713
Harder, Augustin (1775 1813)Petites Pièces progressives pour la Guitar-
re. . . Ambrosius Kühnel Leipzig, o. J. , PN
444
Molitor, Alois Franz Simon Joseph(1766 1848)Sonate pour la Guitare. . . pour Mademoi-
selle d’Engelhardt . . . Oeuvre 11, Thad-
däus Weigl Wien, ca. 1808, PN 1019
Mozart, Wolfgang Amadeus (17561791)Marsch für die Guitarre aus der Oper Die
Zauber Flöte (Bearbeitung von Matteo Be-
vilacqua)11 . . . Johann Cappi Wien, o. J. ,
PN 5.E
Paer, Ferdinand (1771 1839)Marsch für die Guitarre aus der Oper
Achille (Bearbeitung von Matteo Bevi-
lacqua)12. . . Johann Cappi Wien, o. J. , PN
323
Sperber13, A.Grande Serenade pour la Guitarre Seule. . .
dediée au celebre Mauro Giuliani par son
ami. . . Op.4, Chemische Druckerei Wien,
ca. 1808, PN 1124
Wolf, Ludwig Joseph (1775 1819)Thema avec Six Variations pour la Guitar-
re seul. . . Chemische Druckerei Wien, ca.
1807, PN 584
Herzlich danke ich Frau Dr. Hildegard Her-
rmann Schneider, Innsbruck für die
Datierung der Drucke, P. Laurentius
Schlieker OSB, Benediktinerabtei Gerleve
für die redaktionelle Bearbeitung des
Textes.
AANNMMEERRKKUUNNGGEENN::
1 Alois Hörmer und Josef Tscharny, Wallfahrts-kirche Jeutendorf, o. J.
2 Brian Jeffrey, Mauro Giuliani, The CompleteWorks in Facsimiles of the Original Editions(Tecla Editions), London 1986.Thomas F. Heck, Mauro Giuliani: Virtuoso Gui-tarist and Composer, Columbus 1995.
3 175 Jahre Musikverein Musikschule Konser-vatorium in Innsbruck. Herausgegeben vonWolfgang Steiner im Auftrag des Tiroler Lan-deskonservatoriums, Innsbruck 1993, S. 207.
4 Alois Mauerhofer, Leonhard von Call – Musikdes Mittelstandes zur Zeit der Wiener Klassik,in: Der Schlern 49 (1975) S. 218. Ders.: Call in:Die Musik in Geschichte und Gegenwart,Zweite neubearbeitete Ausgabe, PersonenteilIII, Kassel (u.a.) 2000, Sp. 1689-1690
5 DIARIUM PRIORATUS VENERABILIS CONVEN-TUS DIVAE THAUMATURGAE LUCCAVIAE ABANNO DOMINI 1780-1880, zum 25.12.1780
6 DIARIUM PRIORATUS VENERABILIS CONVEN-TUS DIVAE THAUMATURGAE LUCCAVIAE ABANNO DOMINI 1780-1880, zum 23. 8. 1781
7 P. Basilius M. Callo OSM *7. 3. 1737Eppan/Südtirol, +24. 12. 1803 MariaLuggau/Kärnten, Ordenseintritt 4. 6. 1758 Vol-ders/Tirol, Profeß 4. 6. 1759 Volders/Tirol,Priesterweihe 16. 5. 1761 Brixen, Primiz 6. 6.1761 Innsbruck, 1776-1778 Prior des Serviten-klosters Maria Waldrast/Matrei am Brenner,1780 Vikar des Servitenklosters Maria Lug-gau/Kärnten, 1799 Vikar und Syndicus, 1803Vikar.
8 Gitarre, Wien 1926, Verlag der Zeitschrift fürdie Gitarre, nennt Joseph von Blumenthal
9 Zuth S. 9810 Zuth S. 11311 mitgeteilt durch Dr. Stephan Hackl, Rinn bei
Innsbruck12 mitgeteilt durch Dr. Stephan Hackl, Rinn bei
Innsbruck13 Zuth S. 261
Manuel M. Ponce
Guitar WorksUrtextausgabe
Herausgegeben von Tilman HoppstockInhalt: Thème varié et Finale – Sonata clásica –Sonate Romantique – Sonatina64 Seiten, geheftetISMN M-001-14018-8 (GA 544) · € 13,95
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Olli Mustonen
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05/
06c
Neuerscheinungen für Gitarre
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 35
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BBäärreennrreeiitteerr,, €€ 6699,,0000 [[wwwwww..bbaaeerreennrreeiitteerr..ccoomm]]
Wenn Ihnen als Lautenspieler Elisabeth von
Hessen nicht bekannt ist, grämen Sie sich
nicht! Ihren Vater kennen Sie sicher, mindes-
tens dem Namen nach. Er erscheint in einem
der berühmtesten Sammeldrucke mit Lauten-
musik, Varietie of Lute-lessons von Robert
Dowland (London 1610), und zwar mit einer
Pavane, die mit diesen Worten John Dow-
land, dem Vater Roberts, gewidmet ist:
„Mauritius Landgravius Hessiæ fecit in hono-
rem Ioanni Doulandi Anglorum Orphei.“
Vater Dowland (John, 1563-1626) hatte sich
1594 um die vakante Stelle des Hoflautenis-
ten bei Elizabeth I. beworben (John Johnson
war kurz vorher gestorben – s. hierzu Florile-
gium in dieser Ausgabe S. XXX). Dowland
wurde abgelehnt, weil er bekennender Ka-
tholik war (so jedenfalls deutete der Ver-
schmähte selbst die Entscheidung in einem
Brief aus dem Jahr 1595). Im März 1595 fand
er Aufnahme bei dem kunstsinnigen Kurfürs-
ten Moritz von Hessen in Kassel [!], und er-
neut, nach einer ausgedehnten Italienreise,
ein oder zwei Jahre später. Moritz (1562-
1632) war vor allem der Musik sehr zugetan
und so wurde dann auch seine älteste Tochter
Elisabeth (1592-1625) im Lautenspiel unter-
richtet. Die Handschrift, die sich heute unter
4° Ms. Mus. 108.1 in der Kasseler Universitäts-
bibliothek befindet und nun als Faksimile
vorliegt, war ihr „Spiel und Übungsbuch“
und zum Teil von ihr selbst, zum anderen
von Victor de Montbuysson und Georg
Schimmelpfennig geschrieben.
Was letztere Schreiber angeht, weiß Angelika
Horstmann, die Autorin eines recht umfängli-
chen Einführungstextes (in deutscher und
englischer Sprache) über Montbuysson wenig
zu berichten, nur, dass er von 1598 bis 1623
in der Kasseler Hofkapelle fest angestellt war,
und dass er sich 1638 mit seinem einge-
deutschten Namen „von Bergwald“ aus Den
Haag gemeldet und um Geld angehalten hat.
Dies ist freilich nur ein Teil dessen, was wir
über Montbuysson wissen. 1974 erschien in
Paris die kommentierte Ausgabe Œuvres de
Vaumesnil, Edinthon, Perrichon, Raël, Mont-
buysson, La Grotte, Saman, La Barre [Paris,
1974, CNRS] von André Souris, Monique Rol-
lin und Jean-Michel Vaccaro in der Reihe
Corpus des Luthistes Français und schon hier
wurde deutlich mehr über den Lebensweg
von Montbuysson berichtet. So war er zum
Beispiel 1603 in Besards Thesaurus Harmoni-
cus als „Victor de Montbuisson Avenionen-
sis“, als V.d.M. aus Avignon, vertreten … und
all dies Wissen ist auch schon von H. B. Lo-
baugh in seinem Artikel über den Komponis-
ten im New Grove Dictionary of Music and
Musicians von 1980 der Öffentlichkeit preis-
gegeben worden. Frau Horstmann lässt ihre
Leserinnen und Leser, was diese Informatio-
nen angeht, im Unklaren.
schaut zu haben. Auf fol. 94v-95 findet sich
eine Galliard Dullande, zu der die Autorin im
Index meint: „nach/after John Dowland“.
Dieses Stück wurde schon 1974 in der epo-
chalen Ausgabe „The Collected Lute Music of
John Dowland“ von Diana Poulton veröffent-
licht und zwar als A Galliard (on a galliard by
Daniel Bacheler). Man bedenke, dass John
Dowland mehrmals Gast von Elisabeths Vater
Moritz in Kassel gewesen ist und dass es bei-
nahe erwartungsgemaß ist, dass Stücke die-
ses Musikers in die Handschrift aufgenom-
men worden sind.
Der Faksimile-Teil der Ausgabe ist mustergül-
tig, die Bindung ist der originalen nachemp-
funden … ein schönes Buch – nur die Einfüh-
rung hätte man vielleicht besser von einem
Fachmann schreiben lassen … oder, noch bes-
ser, von einer Fachfrau. Claudia Knispel hat
1993 in Kassel mit einer Dissertation über die
Handschrift promoviert: „Das Lautenbuch der
Elisabeth von Hessen“ (als Buch erschienen in
Frankfurt 1994)! Warum hat man nicht sie als
Autorin für diese Ausgabe gewonnen?
JJaammeess TTyylleerr uunndd PPaauull SSppaarrkkss,, TThhee GGuuiittaarr aanndd
iittss MMuussiicc ffrroomm tthhee RReennaaiissssaannccee ttoo tthhee pprreesseenntt
ddaayy,, OOxxffoorrdd 22000022,, OOxxffoorrdd UUnniivveerrssiittyy PPrreessss [[££
6600,,0000]],, IISSBBNN 00-1199-881166771133-XX
James Tyler kennen Gitarrenfreunde wegen
seiner Veröffentlichung The Early Guitar und
seiner Mitwirkung an dem Buch The Early
Mandolin – beide erschienen im Verlag Ox-
ford University Press. Die vorliegende Veröf-
fentlichung war, so der Autor im Vorwort,
fällig: „Having significantly expanded my re-
Neue BücherElisabeth von Hessen,
James Tyler und Paul Sparks,Gitarre und Zister
Von Peter Päffgen
Dass in der Einführung die Lebensdaten von
Moritz von Hessen falsch wiedergegeben wer-
den [es heißt auf Seite 9: „Moritz von Hessen
(1573-1638)“ – dabei weisen alle Berichte
aus: 25.5.1572–15.3.1632, ist peinlich, aber
auch die seiner Tochter und der Widmungs-
trägerin der Tabulatur-Handschrift, werfen
Fragen auf: Gleich am Anfang steht (1596–
1625); drei Seiten weiter heißt es: „Elisabeth
von Hessen wurde 1592 geboren.“ Die korrek-
ten Daten sind: 24.3.1596–16.12.1625.
Angelika Horstmann scheint sich auch in der
Lautenmusikforschung nicht wirklich umge-
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 37
lien das entwickelte, was wir heute als Mono-
die bezeichnen. Dieser Begriff wurde benutzt
für von einem Instrument begleiteten Solo-
gesang – Rezitative, Arien, Solomadrigale,
wobei die Begleitung neu definiert und auf-
geschrieben wurde: als basso continuo näm-
lich. Mit Namen wie Caccini, Peri und Monte-
verdi verbinden wir den Begriff stile monodi-
co, mit der Entstehung der Oper, der Floren-
tiner Camerata usw. Wir erinnern uns an Emi-
lio de Cavalieri (ca. 1550-1602), an Luca Ma-
renzio (1553-1599) und an die Intermedien
zu großen Theateraufführungen. Tyler weist
auf diese musikalischen Ereignisse hin und
darauf, dass die Gitarre in ihnen als Begleit-
instrument eine Rolle spielte. Für 1589 weist
er nach, dass sich in einem Intermedium von
Cavalieri eine Sängerin selbst begleitete, und
zwar auf einer chitarrina alla Spagnola, eine
andere auf einer chitarrina alla Napolettana.
Scipione Cerreto (1555-1633), auch auf ihn
weist Tyler hin, nennt eine chitarra a sette
chorde, die er auch geringschätzig als bordel-
letto alla Taliana bezeichnet, als kleines Bor-
dell italienischer Art. Was Emilio de Cavalieri
angeht, hat er für seine geistliche Oper Rap-
presentatione de Anima, e di Corpo (uraufge-
führt 1600 in Rom) auch den Chitarrone und
eine chitarrina alla spagnuola gefordert.
Tyler widmet ein ganzes (neues) Kapitel der
Rolle der Gitarre in der Monodie und jüngs-
ten aufführungspraktischen Forschungen zu
diesem Thema … wobei eine Arbeit von Ho-
ward Mayer Brown aus dem Jahr 1981 für ihn
bereits „recent ground breaking research“
darstellt.
Die interessante Frage, ob man in der alfabe-
to-Schreibweise, die in Italien um 1600 be-
kannt wurde, eine Art Vorform des basso-
continuo sehen kann, wird behandelt. Tat-
sächlich werden im alfabeto nichts als Ak-
kordfolgen notiert ganz wie beim b.c. , des-
sen Entstehungsorte man aber in Norditalien,
vor allem Florenz, annimmt. Im Süden, vor-
nehmlich Neapel und Rom, hat es vorher die
Praktik gegeben, Sologesang mit einfachen
Akkordfolgen, die auf manchmal standardi-
sierten Basslinien basierten, zu begleiten. Zu
den Standards gehörten die Romanesca oder
auch der Passamezzo antico und die Begleit-
instrumenten waren vornehmlich Laute und
Gitarre. Der Autor zitiert nun frühe Quellen,
in denen Stücke dieses Neapolitanischen Re-
pertoires des 16. Jahrhunderts überliefert
sind, und in denen gleichzeitig erste
alfabeto-Notierungen autauchen. Dies ist,
wenn die Datierung der jeweiligen Hand-
schrift wirklich schlüssig ist, ein Beweis
dafür, dass alfabeto älter ist, als früheste Ge-
neralbass-Quellen. Dies ist umso bemerkens-
werter, als die fünfchörige Gitarre damit eine
Rolle im Lauf der Musikgeschichte zugewie-
sen bekommt, die ihr bisher abgesprochen
wurde. Sicher wird auf diesen Punkt noch
weitere Forschungen angestellt werden!
„In order to decide which will serve the sty-
listic demands of the specific music to be
played, familiarity with all the tunings and
stringing options used in the Baroque is es-
sential. These fundamental details are discus-
sed in length in the chapters that follow:” –
im weiteren geht es also um aufführungs-
praktische Informationen. Alle Komponisten
und Herausgeber werden erwähnt und bewer-
tet, alle Stimmanweisungen und alle über
Verzierungstechniken – Druck und dann
Handschriften. Es folgt die aus dem früheren
Band bewährte Quellenliste mit Fundorten,
und Kommentaren sowie Bibliographie. Diese
Zusammenstellungen waren schon im Bänd-
chen The Early Guitar für alle Kollegen wich-
tige Anregungen. Jetzt sind sie umfangrei-
cher und präziser geworden.
Es folgen die französischen, die englischen,
skandinavischen und schließlich deutschen
Gitarristen und Komponisten, danach die aus
Spanien, Portugal und der Neuen Welt. Der
Text enthält zahllose Hinweise und Hilfestel-
lungen, was Repertoirehinweise und auffüh-
rungspraktische Aspekte angeht. Zum jewei-
ligen Kapitel findet man Quellenlisten mit
Fundorten und kurzen inhaltlichen Anmer-
kungen. Es folgen als Anhänge Einleitungen
in das Spiel nach Tabulaturen, ein Verzeichnis
derjenigen Quellen, die Informationen über
Besaitung und Stimmung der fünfchörigen
Gitarre enthalten und ein Exkurs über die
Mandora.
Nun kommt als Part III der Teil des Buches,
in dem es um die Wandlung des Instruments
von fünf Chören zu sechs Saiten geht, um die
eigentliche Geburt der modernen Gitarre (ge-
schrieben von Paul Sparks). Er ist, wenn man
mit dem Bändchen The Early Guitar von 1980
vergleicht, dazugekommen: neu. Und das Ka-
pitel der Gitarrengeschichte ist ein ebenso
spannendes wie sagenumwittertes. Wie
kamen die Gitarristen auf die Idee, nicht
mehr doppelte Chöre auf ihrem Instrument
zu verwenden, sondern Einzelsaiten? Und
warum gleich sechs und nicht mehr fünf?
Auf jeden Fall hat es sechschörige Gitarren in
den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts
und vielleicht schon vorher gegeben. Zur
gleichen Zeit sind fächerförmig angeordnete
search on the early guitar and its music over
the past twenty years, I decided that it was
time to publish a new book on the subject”.
Er selbst, Tyler, behandelt dabei die Zeit von
ca. 1550 bis 1750 und sein Co-Autor Paul
Sparks die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts
– hier überschrieben mit „The Origins of the
Classical Guitar“.
Tyler behandelt zunächst die vierchörige Gi-
tarre – nicht die Vihuela de mano, der in sei-
nem früheren Buch noch Platz gewidmet war.
Sie wird nun als „figure-8-shaped Spanish
equivalent of the lute“, als 8-förmige spani-
sche Laute nur noch am Rande behandelt.
Die vierchörige Gitarre des 16. Jahrhunderts
wird, was das Instrument selbst angeht,
seine Verbreitung, Spielweise und Repertoire,
intensiv behandelt, wobei ein Kapitel neu
ist: „England: …yused of gentlimen, and of
the best sort“. Tatsächlich kann der Autor Be-
weise dafür bringen, dass die Gitarre in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in
England geschätzt wurde, obwohl er auch
jetzt keine Einsicht in das Buch A briefe and
plaine instruction for to learne the Tablature,
to Conduct & dispose the hand unto the Git-
tern von Rowbotham bieten kann, das, sieht
man von ein paar Seiten ab, die 1977 und
später gefunden wurden, immer noch ver-
schollen ist. Unter [1568]9 ist dieses Buch
schon bei Brown (Instrumental Music Printed
Before 1600, Cambridge/Massachusetts,
1967) verzeichnet und schon der bezog sich
auf Erwähnungen (und Vermutungen) in der
Literatur vor ihm. Nun ist durch die gefunde-
nen Fragmente mindestens bewiesen, dass es
das Buch wirklich gegeben hat. Brown und
auch James Tyler nehmen an, und diese Ver-
mutung wird durch die gefundenen Seiten
substantiiert, dass es sich bei dem Instrukti-
onsbüchlein um die englische Übersetzung
des Titel Brievfe et facile instruction pour ap-
prendre la tablature à bien accorder, condui-
re et disposer la main sur la guiterne von
Adrian Le Roy aus dem Jahre 1551 handelt.
Auch dieses Buch ist übrigens verschollen
(aber in einer späteren Auflage von 1565 er-
halten), die Vermutung liegt aber nah, weil
James Rowbotham 1568 auch die Lauten-
schule le Roys übersetzt herausgegeben hat:
A Briefe and eysye instruction to learne the
tableture to conducte and dispose thy hande
onto the Lute …
Die chitarra spagnola war der nächste Schritt
in der Entwicklung des Instruments – wir ge-
hen davon aus, dass der terminus technicus
erst für die fünfchörige „Barockgitarre“ ver-
wendet wurde. Erstmalig nachgewiesen ist er
für 1579, als ihn Kardinal del Monte benutz-
te. Er singe zur chitarra spagnola beichtete er
in seinem Brief vom 31. Januar dieses Jahres
… obwohl: Ob es sich dabei schon um eine
fünfchörige Gitarre gehandelt hat, kann auch
James Tyler nicht beweisen. Der Begriff ist je-
denfalls schon verwendet worden. Populär
wurde er (oder sie, das heißt die chitarra spa-
gnola) in den letzten Dezennien des 16. Jahr-
hunderts, zu einer Zeit also, als sich in Ita-
38 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Deckenverstrebungen erstmalig zu finden,
und zwar bei einer Gitarre von Francisco San-
guino von 1759, die heute im Gemeentemu-
seum in Den Haag aufbewahrt ist. Diese An-
tonio de Torres (hundert Jahre später) zuge-
schriebene Neuerung erlaubte den Bau leich-
terer Instrumente mit dünneren Decken.
In die gleiche Zeit fällt die Abkehr von der
Tabulatur. Erste Versuche wurden mit „nor-
maler“ Notation gemacht und Giacomo Mer-
chi stellte sich selbst als den Innovator dar,
was diese ersten Versuche angeht. Kurz, es
war eine Zeit der Experimente und Verände-
rungen. In Frankreich waren die ersten „Gi-
tarren“, die mit Einselsaiten bezogen wur-
den, so Sparks, die neu erfundenen Lyragitar-
ren, die seit ca. 1780 in Umlauf waren.
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007788-77]] €€ 3344,,8800
Kongressberichte, um einen solchen handelt
es sich bei dieser Veröffentlichung, sind oft
dröge und schlecht lesbar. Die Beiträge gehen
oft zurück auf Vorträge, die anlässlich der je-
weiligen Symposien oder Kongresse zum
hundertsten mal gehalten worden sind, und
manchmal stellt man anhand der schriftlichen
Dokumentation erschrocken fest, wie blass
ein Vortrag gewesen sein muss, dem man, an
Ort und Stelle vorgetragen, noch Interesse
entgegengebracht hat … oder, positiv for-
muliert, aus wie wenig inhaltlicher Substanz
ein geschickter Rhetoriker einen beinahe
spannenden Vortrag hervorbringen kann.
Der vorliegende Konferenzbericht sieht schon
ganz anders aus, als ein Kongressbericht üb-
licher Machart. Er ist schön anzusehen und
ist keine Sammlung von Typoskripten … die
es ja, zugegeben, eigentlich überhaupt nicht
mehr gibt, seitdem Schreibmaschinen von
Computern verdrängt worden sind. Er, der
Konferenzbericht, erweckt sogar freudige Er-
wartungen, weil die Veranstaltungen zum
Thema Aufführungspraxis oder Instrumen-
tenbau im Kloster Michaelstein als höchstka-
rätig bekannt sind.
17 Beiträge enthält der Band, 12 davon in
Englisch, einige besonders interessante sollen
im folgenden angesprochen werden. Regel-
recht spannend ist der Bericht Description of
the remains of two Dutch citters von Sebas-
tián Nuñez und Verónica Estevez. Die Rede
ist hier von einem Wrack, das 1980 in der
Nähe von Lelystad in den Niederlanden ge-
funden worden ist. Das Beurtschip (Fähr-
schiff, das zwischen Amsterdam und dem
Norden des Landes eingesetzt worden wurde)
ist nach 1619 gesunken und liegt heute kon-
serviert im „Niederländischen Museum für
Schiffs- und Unterwasser-Archäologie“ in Le-
lystad. Nun wäre das Schiff für unsere Belan-
ge nicht weiter von Interesse, wenn es nicht
in den 350 Jahren hervorragend konserviert
unter dicken Schlammschichten gelegen und
sich nicht an Bord zwei vierchörige Zistern
befunden hätten. Diese beiden Musikinstru-
mente sind in erstaunlich gutem Zustand –
bis hin zu Resten der Messingsaiten, die sich
an den Wirbeln befunden haben und sehr sel-
tene Erkenntnisse über das Saitenmaterial der
damaligen Zeit erlauben. Die Erkenntnisse
der Forschungen an den Überbleibseln der
beiden Zistern sind in Rekonstruktionen ein-
geflossen, wie in dem Artikel dokumentiert
ist.
Andreas Michel befasst sich mit Quellen zur
Geschichte der Zister in Sachsen vom 16. bis
19. Jahrhundert. 93 davon sind beschrieben,
darunter Tabulaturbücher, Instrumentenin-
ventare, Berichte und Abbildungen. Da Sach-
sen „zu den wenigen europäischen
Regionen“ gehört, „in denen sich eine unge-
brochene Tradition in der Herstellung und im
Gebrauch von Zistern feststellen lässt“ ist
dieser üppige Quellenbestand zu verzeich-
nen.
Xosé Crisanto Gándara betrachtet Portuguese
Plucked Instruments in the Eighteenth Cen-
tury und auch er muss sich zunächst mit Fra-
gen der Terminologie befassen: „The word
„guitarra“ means an instrument which cor-
responds to a kind of cittern: that is, with no
bouts. But even in Portugal, the word “viola”
has two different meanings …”
Mit terminologischen Fragen hatte sich
gleich der erste Beitrag des Konferenzberichts
von Christian Rault zu befassen: The emer-
gence of new approaches to plucked instru-
ments, thirteenth to fifteenth centuries. “It
appears that both names cittern and guitar
come from the same Greco-Latin roots: kitara
and chitara”.
Frank Hill schreibt über Zwei frühe Tabula-
turdrucke von 1570 für Gitarre und Zister mit
Anweisungen zu Spiel, Besaitung und Stim-
mung aus dem Druckhaus Phalèse/Bellère,
ein Thema also, das seit vielen Jahren ausge-
arbeitet ist, und Lex Eisenhardt über Nuove
suonate di Chitarriglia Spagnuola, battute e
piccicato.
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 39
Das Programm der Veranstaltung mit diversen erstklassigen Kon-
zerten, Ausstellungen und Diskussionen ist im Bericht abge-
druckt und man kann jedem Interessierten nur empfehlen, sich
über die Programme im Kloster Michaelstein zu informieren:
www.kloster-michaelstein.de. Der Konferenzbericht jedenfalls
zeugt von drei höchst informativen wie musikalisch genussrei-
chen Tagen!
40 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Leo
Wit
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en U
mga
ng
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Ko
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ikte
n Es dürfte nicht allgemein bekannt sein,
dass die Erfindung sowohl der Kithara als
auch des Aulos ausgerechnet Hermes,
dem Schutzgott des Handels, zugeschrie-
ben wurde. Zu höchst merkwürdigen Bedingungen
hätte dann Apollon beide Musikinstrumente von
Hermes erworben und die Kithara an seinen Sohn
Orpheus weitergegeben. Dieser war ein Meister des
Gesanges und des Saitenspiels und hatte sogar die
Gabe, mit seiner Kunst Menschen zu bezaubern und
selbst reißende Tiere zu zähmen. Darüber hinaus un-
terwies er auch die Menschen seiner thrakischen
Heimat in den Wissenschaften und schaffte dort die
barbarischen Bräuche von Menschenopfer und Blu-
trache ab. Deshalb wurde er später in Thrakien auch
als großer Wohltäter der Menschen gepriesen.
Die neun Musen, Töchter des Zeus, stammten
gleichfalls aus Thrakien. Ihr Wirkungskreis umfasste
Dichtkunst und Musik, Schauspiel und Tanz sowie
Geschichte und Astronomie. Nicht nur Thrakien,
ganz Griechenland hat Orpheus die Verbreitung die-
ser Disziplinen zu verdanken.1 Er hat den Sinn für
Schönheit geweckt und die Men-schen das Denken
gelehrt.
Die berechtigte Frage, ob Orpheus wirklich exi-
stierte oder bloß eine Sagengestalt war, kann nicht
mit Sicherheit beantwortet werden. Mit Bestimmt-
heit kann jedoch behauptet werden, dass die neun
Musen nur Projektionen menschlicher Phantasie
sind. Doch selbst solche Projektionen können zu ei-
ner virtuellen Wirklichkeit werden, wie dies im alten
Griechenland der Fall war. Denn die Musen wurden
von den Dichtern um Beistand an-gerufen und – der
hohe Stand der Dichtkunst beweist es – nicht verge-
bens. Mit der Dicht-kunst hingen wie schon mehr-
fach erwähnt Musik, Tanz und Schauspiel eng zu-
sammen.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein war dieses ganz-
heitliche Denken vorherrschend, das Spezialisten-
tum des 20. Jahrhunderts hatte noch nicht zu einer
Aufsplitterung der Künste geführt. Mag auch eine
Arbeitsteilung zwischen schöpferischen Künstlern
und Interpreten ihre Vorteile haben, bereitet sie
doch auch so manches Unbehagen. Den Komponi-
sten fehlt es oft an praktischer Erfahrung und die
Interpreten vernachlässigen den theoretischen Teil.
Solche und ähnliche Gedanken gingen mir durch
den Kopf, ehe ich in einen tiefen, schweren Schlaf
verfiel …
War es eine Muse, die mich mitten in der Nacht
wachgeküsst hatte? Es muss wohl so gewesen sein,
denn ich fühlte mich erfrischt und spürte, dass die
Muse ein Herz für Interpreten haben muss. Doch
welche von den neun war es? War es Polyhymnia
oder vielleicht Euterpe oder war es Erato?
„Es ist, was es ist“, hörte ich eine Stimme zu mir
sprechen. Ich blickte mich um, konnte aber nieman-
den sehen. Das ist doch die Stimme von Erich Fried!
Was will er mir damit sagen? Soll ich die Dinge viel-
leicht einmal nehmen, wie sie sind, und ohne weite-
re Fragen ihre Vorteile genießen? Gäbe es keine
Goldschmiede, hätten Frauen keinen kostbaren
Schmuck, liebten Frauen nicht schönen Schmuck,
müssten die Goldschmiede verhungern. Es ist, was
es ist. So oder so ähnlich geht es uns doch mit der
Musik. Fried hat schon ganz recht.
„Täusche dich nicht, mein Freund“, vernahm ich
nun eine weibliche Stimme. „Ich bin Klio, die Muse
der Geschichte, das Gedächtnis der Menschheit. Du
darfst es dir nicht so einfach machen. Fried will mit
diesen fünf Worten mehr sagen, als du glaubst. Du
solltest zuerst den Inhalt seines Gedichtbandes le-
sen, dessen Titel du gerade erfahren hast.2 Wenn du
dann noch nicht alles verstehst, was er meint, wirst
du dich auch mit seiner persönlichen Geschichte be-
schäftigen müssen. Denn Fried war ein Seher, zum
Wandern verurteilt. Sein Blick ist nicht an der Ober-
fläche hängen geblieben, er hat den Dingen auf den
Grund gesehen. Er hat sich nicht blenden lassen von
glitzernden Worten und schnöden Taten. In seinem
Leben hat er Höhen und Tiefen durchschritten,
durchschreiten müssen, bis er schließlich zu erken-
nen vermochte, was Liebe ist. In seinen fünf Worten
steckt die Quintessenz seiner Lebenserfahrung, doch
mit britischem Understatement nennt er die Liebe
in einem anderen Gedicht bloß ‚Eine Kleinigkeit‘.“
Mit ihren klugen Augen blickte Klio mich an, als
ob sie sich vergewissern wollte, dass ich sie verstan-
den hätte. Dann setzte sie fort: „Um zu dieser Ein-
fachheit zu gelangen, müssen die Menschen be-
schwerliche Wege gehen; das war so, das ist so und
wird immer so sein. Zu dieser Erkenntnis ist schon
Buddha durch Erleuchtung gelangt. Bald darauf kam
in meiner Heimat die Idee des Hedonismus auf. Die-
se Denkschule haben jedoch Philoso-phen, nicht
Dichter begründet. Mit ihrer Hilfe kann der Mensch
wohl seinen Lebensweg angenehmer gestalten, den
Gradus ad Parnassum aber kann ihm niemand ab-
nehmen. Keine Verfassung der Welt kann dem Men-
schen das angestrebte Glück garantieren, nicht ein-
mal die amerikanische.“
„Holde Muse, du hast den Parnass erwähnt. War-
um haben sich die Erfinder der Berglifte nicht bei dir
Rat geholt?“ „Wohl deswegen, weil es in der Vergan-
genheit keine gab. Meine Disziplin, die Geschichte,
wird zwar ,Lehrmeisterin des Lebens‘ genannt und
ich lehre auch die Heldentaten vergangener Zeiten.
Doch die Menschen müssen aus dem erworbenen
Wissen selbst ihre Schlüsse ziehen. Das passt aber
manchen gar nicht in ihr Konzept. Noch weniger
wollen sie die zuständigen Götter um Rat anflehen.“
Klio atmete tief durch, um dann fortzufahren: „Her-
akles war in seiner Jugend ein furchtbarer Rabauke,
wutentbrannt hatte er seinen Lehrer Linos mit der
Kithara erschlagen. Daraufhin schickte ihn sein Pfle-
gevater zum Rinderhüten aufs Land. Dort ging er in
sich. Eines Tages stand er unschlüssig vor einer Weg-
scheide …“ „Verzeih den Einwurf, mir ist schon klar,
dass du Herakles damals nicht beistehen konntest,
als er als Mensch und Künstler gescheitert war. Doch
ist es nicht noch bedauerlicher, dass es außerhalb
deiner Macht steht, gescheiterte Maler zu beraten?“
Klio nickte wissend.
„Am Scheideweg standen damals zwei Göttinnen,
die Herakles ihre Angebote machten. Die eine ver-
sprach, ihn auf kurzem bequemen Pfad zur Glückse-
ligkeit zu führen. Die andere riet ihm, den Pfad zur
Meisterschaft, der allerdings steinig und mühsam
sei, zu betreten. Vor den Erfolg haben die Götter
nämlich den Schweiß gesetzt. Zu meiner Erleichte-
rung traf Herakles damals die richtige Entschei-
dung.“3
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 41
Erich Fried, der bis dahin diesem Zwiegespräch
schweigend zugehört hatte, trat auf uns zu. „Frau
Klio, nicht jeder hat wie Herakles das Glück, ein
Göttersohn zu sein. Als sol-cher war er ja ein Privile-
gierter. Darum finde ich diese Lesebuchgeschichte
vom Scheideweg zwar nett, doch das Leben sieht
noch ganz andere Entscheidungssituationen vor. So
ließ mein Scheideweg nur die Wahl zwischen zwei
steinigen Wegen zu. Mein, hm, kleines Glück be-
stand darin, dass ich den längeren wählen konnte –
die Flucht. Der andere Weg wäre mit ziemlicher Si-
cherheit sehr kurz gewesen. Viele meiner Leidens-
genossen hatten aber nicht diese Möglichkeit. Für
sie war es eine ausweglose, eine No-win-Situation.“
Klio und ich schwiegen betroffen.
„Eine solche Aporie war ja auch schon in deiner
Heimat wohlbekannt. Homer hat sie in folgende Pa-
rabel gekleidet: Odysseus, ein gewöhnlicher Sterbli-
cher, hatte auf seiner Heimfahrt von Troja viele
Abenteuer zu bestehen. So musste er durch die Mee-
renge zwi-schen Skylla und Charybdis, den zwei al-
les verschlingenden Ungeheuern, segeln – es blieb
ihm keine andere Wahl. Der Preis war hoch: Um das
ganze Schiff zu retten, musste er auf Anraten Kirkes
sechs seiner Gefährten den gefräßigen Hälsen des
Ungeheuers Skylla opfern. Frau Klio weiß es selbst
am besten, ob Odysseus und seine Mannen die Ein-
zigen waren, denen es je gelungen war, dieser offen-
sichtlichen Ausweglosigkeit lebend zu entkommen.
Doch eigentlich hatte er einen Kompromiss ge-
schlossen, nicht umsonst nannte man ihn auch den
listenreichen Odysseus. Denn während Herakles eine
Entscheidung im Sinne von Entweder-oder zu tref-
fen hatte, stand Odysseus vor der Aporie des Weder-
noch. Seine Heldentat besteht darin, trotzdem einen
Ausweg gefunden zu haben – doch um welchen
Preis!“
„Niemand außer Odysseus mit seinen Mannen hat
diese Meerenge jemals lebend verlas-sen“, bestätig-
te Klio. „Wenn ich über Heldentaten berichte, sollen
die Menschen auch erfah-ren, um welchen Preis sie
errungen wurden. Dann sehen manche Helden plötz-
lich ganz klein aus. Leider geraten jene, die ihr Le-
ben aufs Spiel setzen müssen, damit andere gerettet
werden, viel zu schnell und völlig zu Unrecht in Ver-
gessenheit. Wissenschaft und Kunst haben da eine
wichtige Aufgabe zu erfüllen, sie können meines
Beistands allzeit sicher sein.“
„Herr Fried, ist es nicht so, dass der Mensch sich
am liebsten für ein Sowohl-als-auch entscheidet?“
„Also in Österreich ganz bestimmt. Hier soll es so-
gar Leute geben, die nichts dabei finden, zwei Par-
teibücher zu besitzen. Mein Freund Robert Menasse
hat dieser Mentalität einen treffenden Namen gege-
ben, die des Entweder-und-oder. Nur ein Entschei-
dungsverhalten ist noch beliebter – mit der Ent-
scheidung so lange zuzuwarten, bis sich die Sache
von selbst erledigt hat. Dann singen die Leute:
‚Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu än-
dern ist.‘ Dabei übersehen sie jedoch, dass Änderun-
gen vielleicht notwendig wären, und bedenken
nicht, dass das Vergessen ein Privileg der Götter
ist.“
„Frau Klio muss Alberto Ginastera beigestanden
sein, als er das Lied Canción al árbol del olvido
schrieb. Unter dem Baum des Vergessens liegend hat
der Sänger vergessen zu vergessen.“ „Es in der Tat
eines meiner Lieblingslieder!“, flüsterte Klio,
schenkte uns ein freundliches Lächeln und ent-
schwand.
„Herr Witoszynskyj, Sie sind Musiker, mein Me-
tier ist das Dichten. In meiner Branche muss man
seine Werke manchmal selbst vortragen. Dabei habe
ich die Erfahrung gemacht, dass die Langeweile, die
bei manchen solcher Vortragsabende aufzukommen
droht, nur vom starken Verlangen des Publikums,
einer authentischen Interpretation beizuwohnen,
aufgewogen wird. Einen Karl Kraus oder einen Hel-
mut Qualtinger möchte ich aber ausdrücklich von
meinem etwas pauschalen Urteil ausnehmen. Aller-
dings war ich zu Krausens Glanzzeit noch zu jung,
um ihn persönlich zu hören, während über die le-
gendären Lesungen Qualtingers sogar auch in Lon-
don viel gesprochen wurde. Sie jedoch hatten Gele-
genheit, ihn aus nächster Nähe bei den Aufnahmen
seiner Moritaten-Platte erleben können.“
„Auf dieser 1964 gemachten Einspielung sind
Qualtinger sowie Kurt Sowinetz zu hören, bei eini-
gen der Moritaten habe ich als Begleiter mitgewirkt.
Sowinetz und den Komponisten Ernst Kölz kannte
ich schon gut vom Volkstheater her, die Begegnung
mit Helmut Qualtinger weitete meinen künstleri-
schen Horizont. Seine Wandlungsfähigkeit in Ton
und Ausdruck, sein geradezu verschwenderischer
Umgang mit einer an Farben und dynamischen
Nuancen reichen Palette, die Fähigkeit, sich in der
Bühnensprache, in Mundarten und mit verschiede-
nen Akzenten auszudrücken, all das scheint mir
uner-reicht und unerreichbarer denn je zu sein.
Qualtinger war während der Aufnahmen sehr kon-
zentriert und präsent. Als ihm einmal ein Verspre-
cher unterlief, spendete er kein sympathiehei-
schendes Lächeln, ‚an Schaß!‘ entrang sich seiner
Brust. Nicht zuletzt durch ihn habe ich damals ge-
lernt, neben Rilke und Zweig auch Dichter wie Ca-
netti und Sie zu schätzen und zu lieben.“
„Es tut gut, solche Worte zu hören und zu wis-
sen, dass Sie sich für die Dichtkunst erwärmen kön-
nen. Nun würde ich von Ihnen gerne hören, wie Sie
die Entwicklung der Musik im 20. Jahrhundert ein-
schätzen. Für einen Laien wie mich ist ja die Vielfalt
der Strömungen ziemlich verwirrend. Was können
Sie als Interpret mir dazu sagen?“
„Aus Ihren Worten habe ich schon herausgehört,
was Ihnen Interpretationskunst bedeutet. Die Fra-
ge, ob nachschöpferische Musiker Künstler sind, ha-
be ich – ebenso wenig wie von Ihnen – auch noch
von keinem Komponisten gehört. Lediglich bildende
Künstler, die keiner Interpreten, keiner Mittler zwi-
schen Werk und Publikum, bedürfen, haben biswei-
len Probleme, diese Kategorie von Künstlern ent-
sprechend zu achten. Dies wollte ich vorausschicken,
ehe ich auf Ihre Frage eingehe. Ich werde versuchen,
mich bei meiner Antwort möglichst kurz zu fassen.
Hoffentlich langweile ich Sie nicht damit! Mit einer
Fragestellung werde ich beginnen.
Sind es die Musen, die dem Komponisten die
Ideen schenken? Wenn es so ist, dann versucht er
diesen Einfall – eine Melodie, ein Thema – mit har-
monischen Wendungen innerhalb eines formalen
Konzeptes weiterzuentwickeln und dabei noch mit
dem Rhythmus zu spielen.
42 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wollten sich
manche Komponisten mit diesen Para-metern nicht
mehr begnügen und machten sich auch jene Parame-
ter zu Eigen, die bis dahin eine Domäne der Inter-
preten waren. Thematisches erfährt nun eine diffe-
renzierte Artikulation, der Rhythmus agogische,
aber auch rein mathematische Veränderungen; an
die Stelle der Harmonie tritt die Klangfarbe, und die
Dynamik wird zur formgestaltenden Kraft. Bei dieser
seriellen Technik des Komponierens gehorchen alle
Parameter einer übergeordneten Idee. Dem Interpre-
ten bleibt nur mehr ein geringer Freiraum, er wird
zum akribischen, sendungsbewussten Exekutor, der
für sein Tun mit intellektuellem Lustgewinn und
Freude an neuen Klängen belohnt wird. Das ist
wahrlich nicht wenig, aber auch nicht jedermanns
Sache.
Bald kam es zu einer heftigen Gegenbewegung.
Einige Komponisten fertigten nur noch graphische
Skizzen an, losgelöst von der herkömmlichen Nota-
tion, und räumten dem Interpreten ein hohes Maß
an Gestaltungsfreiheit ein. Improvisation, Aleatorik,
Aktionismus, Rituale, Multimediales, Esoterik wur-
den zu neuen Kriterien, später traten Crossover,
Ethno, Fusion hinzu. Die Sehnsucht, zum Ganzheit-
lichen und Kultischen zurückzukehren, war unver-
kennbar. Doch nicht alle Interpreten wussten mit
dieser neugewonnenen Freiheit, nun Mitschöpfer zu
sein, umzugehen. Dazu kommt, dass für solche
kreativen Leistungen keine Tantiemen vorgesehen
sind.
All diese Entwicklungen waren auch am Jazz nicht
spurlos vorbeigegangen. Im Free Jazz fand gleich-
falls eine Auflösung aller Parameter statt. Jazz und
Avantgarde näherten sich so eng aneinander an, bis
sie sich nur mehr in der Intonation und im Instru-
mentarium voneinander unterschieden.
Die technische Revolution der letzten Jahre hat
den Komponisten ganz neue Möglichkeiten in die
Hand gegeben, welche die menschliche Vorstellungs-
und Leistungskraft bei weitem übersteigen. Hatte
man vor dreißig Jahren noch vor den Gefahren einer
Autopsie der Musik gewarnt, ist durch die Möglich-
keiten des Samplens der Eindruck entstanden, das
Weltkulturerbe Musik wäre zum Selbstbedienungsla-
den geworden. Daher muss das Urheberrechtsgesetz
erst an die neuen Kompositions-
techniken angepasst werden. Auch scheint mir die
Gefahr eines Materialfetischismus eher noch gestie-
gen zu sein.4
Das Lager der Komponisten ist aufgespalten wie
eh und je, nur noch unübersichtlicher aufgeteilt in
Gruppen, die sich gegenseitig Eklektizismus oder
Sektierertum vorwerfen. Wie soll sich hier ein Laie
auskennen, wenn es schon den Interpreten, ja selbst
den Komponisten schwer fällt, sich zurechtzufin-
den?
Eine Antwort auf all diese Fragen, die auch ande-
ren Orientierung bieten könnte, hat vor etwa zwan-
zig Jahren der Komponist Kurt Schwertsik für seine
Arbeit gefunden. Er war seinerzeit ausgezogen, die
Welt der Musik in ihrer Fülle kennen zu lernen. Quasi
den Äquator entlang war er immer weiter vorge-
drungen, bis er eines Tages feststellen musste, dass
er zu seinem Ausgangspunkt zurückgekehrt war.
Vielleicht ist dies der Weg, den auch jeder Inter-
pret gehen sollte. Ohne Berührungs-
ängste, mit offenen Sinnen und kritischem Ver-
stand.“
Als ich die Augen öffnete, fand ich mich allein.
Hatte mir überhaupt jemand zugehört?
***
Vor mir liegen einige Notizen zum Thema dieses
Kapitels, die ich schon seit Tagen ausarbeiten will.
Mein Ausflug in das Reich der Phantasie und not-
wendig gewordene Korrekturen haben mich bislang
davon abgehalten.
Welche Konflikte muss der Gitarrist austragen?
Von einigen der wichtigsten, die er mit sich allein –
auch wenn gut beraten – austragen muss, war schon
in vorangegangenen Kapiteln die Rede. Eine ent-
scheidende Bedeutung kommt in diesem Zusam-
menhang der Frage der Motivation zu, die eine sehr
persönliche Entscheidung sowie eine Lebensein-stel-
lung, die Herausforderungen liebt, bedingt.5 In kri-
tischen Phasen im Leben eines Schülers fällt dann
dem Pädagogen eine ganz wichtige Aufgabe zu. So,
wie er mit seinem Rat eine große Verantwortung für
die Zukunft eines jungen Menschen übernimmt, hat
aber auch der Schüler eine Verantwortung gegenü-
ber seinem Talent. Ob er das gesteckte Ziel besser in
der Direttissima oder auf verschlungenen Pfaden er-
reicht, ist für niemanden vorhersehbar – und doch
muss eine Antwort gefunden werden.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit seines Tuns, die
Sinnfrage, stellt sich irgendwann je-dem Menschen,
dem einen früher, dem andern später. Sie gehört zu
den ältesten Fragen der Menschheit: Woher komme
ich? Warum bin ich? Wohin gehe ich? Viktor E.
Frankl hat vielen Menschen geholfen, den Sinn in
ihrem persönlichen Lebensweg zu erkennen. Für Lui-
se Walker war dieser Sinn untrennbar mit der Gitarre
verbunden. Ein Leben mit der Gitarre hatte sie auch
ihr autobiographisches Buch genannt.6
Glückliche Hände geben dem Interpreten schon
einen großen Handlungsspielraum. Doch was nützt
die beste Technik, wenn sich ihr Erfordernisse der
Musik entgegenstellen?
Fangen wir an beim allerersten Konflikt, dem sich
jeder Gitarrist von der ersten Stunde an ausgesetzt
sieht: Lange Notenwerte sollen mit kurzlebigen Tö-
nen gestaltet werden. Da ist ja die Quadratur des
Kreises noch einfacher zu lösen. Als Kind habe ich
einmal bei einem Wettbewerb zugeschaut, in dem
derjenige als Sieger hervorging, der als Letzter auf
seinem Fahrrad die Ziellinie passierte. Es hat mich
damals sehr beeindruckt zu sehen, wie schwierig es
ist, ein Fahrrad im Kriechgang zu beherrschen. Auch
wenn die Strecken-länge nicht mehr als einen Stein-
wurf betrug, die konzentrierte Arbeit beim Ausba-
lan-cieren schien mir noch kräfteraubender zu sein
als der Endspurt eines Radrennens. Ob diese Beob-
achtung zutreffend ist, habe ich dann selbst auf
dem Rad überprüfen können.
Mit diesem Bild vor Augen kann ich nur jedem ra-
ten, einen langsamen Satz nicht zu unterschätzen.
Einen solchen zu gestalten ist viel schwieriger als
man glauben möchte. Darauf werde ich später noch
ausführlich eingehen.
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 43
Beim Schreiben für die Gitarre sollte der Komponist feinfühlig auf diese instrumentale Besonderheit ein-
gehen. Mit Tonrepetitionen, Verzierungen, Durchgängen, Arpeggien kann er das Dahinschwinden der Töne
kaschieren. Der Interpret aber sollte darüber nicht den Blick für das Wesentliche verlieren.
In der Zweistimmigkeit werden nicht nur die Hände gefordert, sondern in besonderem Maß auch das
Gehör. Die mechanische Wiedergabe von Griffen ist zu wenig, will man von Interpretation sprechen. Daher
wäre nun über die rein technische Bewältigung hinaus der musikalische Gehalt gehörsmäßig zu verinnerli-
chen und verstandesmäßig zu erfassen. Dies geschieht am besten, indem man jede Stimme einzeln für sich
kennen lernt, zunächst durch Spielen, dann durch Singen oder wenigstens Skandieren, beides durch Mitdi-
rigieren unterstützt. Das Dirigieren ist überhaupt ein probates Mittel, mit rhythmischen Schwierigkeiten
spielerisch umzugehen.
Über die Bedeutung des Atems ist schon viel gesagt worden. In diesem Zusammenhang möchte ich nur
an *seine unverzichtbare Funktion beim Phrasieren, dem Gliedern eines Werkes, erinnern. Dieser Vorgang
des Zerlegens in Bestandteile ist überdies auch schon eine Art von Analyse.
Ist die Vertrautheit mit dem musikalischen Material einmal hergestellt, folgt der nächste Schritt – die
Synthese, das Zusammenfügen von Getrenntem. Zwei Stimmen lassen schon deutlich harmonische Entwick-
lungen erkennen. Damit wird eine gänzlich neue Qualität wahrnehmbar, ein neuer musikalischer Parameter:
Das Ganze, die Harmonie, ist jetzt mehr als die Summe zweier Teile. Diesem harmonischen Spannungsver-
lauf sollte man nun auch mittels einer Analyse auf die Spur kommen. Dabei wird man in Dissonanzen einen
Sinn entdecken, der einem zuvor vielleicht entgangen ist.
Bei einem Satz von mehr als zwei Stimmen lassen sich diese Schritte genauso gut setzen,
nur erfordert das lineare Denken eine noch aufmerksamere Kontrolle durch das Gehör. Die Mehrstimmig-
keit, Polyphonie, ist aber nicht allein auf den melodischen Verlauf beschränkt. Mit ihr geht auch untrennbar
eine Polyrhythmik einher, die höchst unterschiedliche Qualitäten aufweisen kann.
Unsere Hände wissen es schon, dass parallele Bewegungen leichter auszuführen sind als Gegenbewegun-
gen. Solche jedoch wecken das Interesse der Ohren, denn sie erfüllen ein Stimmengeflecht mit Leben; in
der Aktivierung des Hörvorganges liegt ja der eigentliche Sinn der kontrapunktischen Kompositionstech-
nik. Diese bedingt allerdings auch eine erhöhte Aktivität der Finger bei der Wiedergabe polyphoner Musik.
Nun gibt es gerade in der Gitarremusik viele Stellen, an denen eine Stimme aus Tonwiederholungen be-
steht. Vor lauter Freude über diese Erleichterung seitens des Komponisten wird aber dabei oft die rhythmi-
sche Komponente übersehen und die repetierten Noten z. B. der Basslinie werden der Oberstimme angegli-
chen. Damit geht aber ein vom Komponisten gewollter Effekt verloren – der Konflikt zweier Klangfüße. Die-
se bewusst zu spielen, erfordert weniger technische als musikalische Übung und eine ebensolche Vorstel-
lungskraft. In einem solchen Fall handelt es sich natürlich auch um Polyrhythmik, das eigentliche Problem
besteht aber im Erfassen der Polymetrie.
Am Beispiel der Einleitungstakte von Giulianis Grande Ouverture op. 61 möchte ich erklä-ren, was damit
gemeint ist. In Takt 8 bewegt sich das ostinate E in Trochäen, die Oberstimme setzt nach der dritten Zähl-
zeit in Päonen ein. Es ist schon viel gewonnen, wenn das beachtet wird. Doch besteht die Gefahr, dass das
Denken in Vierteln – wie vorgeschrieben – eine vielleicht unerwünschte Schwere ins Spiel bringt. Hingegen
würde an dieser Stelle das Denken in Halben, alla breve, die Schwerpunkte um die Hälfte verringern und das
Spannen größerer Bögen erleichtern. Wird dabei auch die Basslinie in Päonen geführt, nimmt der Hörer ei-
nerseits ein komplementäres Verhalten von Achteln und Sechzehnteln wahr, andererseits wird durch die
Vorwegnahme des augmentierten Päon eine motivische Verwandtschaft beider Stimmen begründet. Werden
noch dazu die drei Kürzen des Päon zielorientiert angelegt, dann kommen – bei aller Ruhe der Bewegung –
Spannung und Dynamik auf.
MMaauurroo GGiiuulliiaannii:: GGrraannddee OOuuvveerrttuurree,, oopp.. 6611
Dieser Beitrag von Leo Witoszynskyj stammt aus seinem Buch „Über die Kunst des Gitarrespiels“ und
wird mit Erlaubnis des Doblinger Verlags in Wien abgedruckt. Für die Abdruckgenehmigung besten Dank!
DDeerr BBeeiittrraagg wwiirrdd iinn ddeerr nnääcchhsstteenn AAuussggaabbee vvoonn GGiittaarrrree && LLaauuttee wweeiitteerrggeeffüühhrrtt uunndd aabbggeesscchhlloosssseenn..
44 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Seminare - Festivals - Wettbewerbe
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 45
✰✰
3322.. IInntteerrnnaattiioonnaalleess GGiittaarrrreennffeessttiivvaall JJ.. KK.. MMeerrttzz iinn BBrraattiissllaavvaa
Termin: 24.06.2007-29.06.2007
Juraj Burian, Per Mathosin, Olga Konkova, Johann Svensson,
Pavel Steidl, Dagmar und Jozef Zsapka, M. Freml, Gabriel Bianco,
Hopkinson Smith und Ricardo Jesús Gallén haben ihre Mitwirkung
zugesagt
Johann Kaspar Mertz Gitarrenfestival, Interartists Bratislava, Baj-
zova 4, SK-82108 Bratislava
Tel: 00421-7-55577170
Fax: 00421-7-55577170
eMail: [email protected]
Internet: www.jkmertz.com
✰✰
LLiiGGiiTTaa 22000077
Termin: 07.07.2007-14.07.2007
Mariano Martin y su grupo flamenco, Gemeindezentrum Eschen
07.07.07 - 20:15
Latif Chaarani, Musikschulzentrum Eschen 08.07.07 - 18:00
Carlo Domeniconi, Gemeindesaal Gamprin 08.07.07 - 20:15
Dusan Bogdanovic, Gemeindesaal Gamprin 08.07.07 - 21:15
Hopkinson Smith, Kirche Mauren 09.07.07 - 20:15
Alvaro Pierri, Kirche Schellenberg 10.07.07 - 20:15
Finale 4. Int. ligita Gitarrenwettbewerb, Gemeindezentrum Es-
chen 11.07.07 - 20:15
Gitarrenduo Clormann-Trechslin, Musikschulzentrum Eschen
12.07.07 - 18:00
Manuel Barrueco, Gemeindezentrum Eschen 12.07.07 - 20:15
Altmühldorfer Musikanten, Musikschulzentrum Eschen 13.07.07 -
18:00
Los Angeles Guitar Quartet Gemeindesaal Ruggell 13.07.07 - 20:15
Abschlusskonzert: Klassik, Flamenco und viel Spass! Gemeindes-
aal Mauren 14.07.07 - 19:00
Gitarrenzirkel - LiGiTa, Eichenstraße 697, FL-9492 Eschen
Tel: +41 79 344 62 33
Fax: +423 373 62 33
eMail: [email protected]
Internet: www.ligita.li
RRootteennbbuurrggeerr GGiittaarrrreennwwoocchhee 22000077
Termin: 23.07.2007-31.07.2007
Hans Wilhelm Kaufmann, Dirk Lemmermann, Thomas Müller-Pe-
ring, Raphaëlla Smits
Förderkreis der Rotenburger Gitarrenwochen e.V. , c/0 Hans Wil-
helm Kaufmann, Graf-Haeseler-Str. 84, D-28205 Bremen
Tel: 0421-4 91 97 01
Fax: 0421-4 98 65 27
eMail: [email protected]
Internet: www.rotenburger-gitarrenwoche.de
11.. BBooeerrsstteelleerr GGiittaarrrreennsseemmiinnaarr
Termin: 26.07.2007-29.07.2007
Olaf van Gossnissen, Jorgos Paentsos, Stephan Beck, Stephan
Wolke
Gitarrenseminar Boerstel, Stephan Wolke, Kaiserstraße 101, D-
44135 Dortmund
Tel: 0178-4 57 40 65
eMail: [email protected]
Internet: www.gitarrenseminar-boerstel.de
MMeeiisstteerrkkuurrss GGiittaarrrree mmiitt SStteepphhaann SScchhmmiiddtt MMuussiikkaakkaaddeemmiiee SSoolloo-
tthhuurrnn // MMuussiikkaakkaaddeemmiiee SScchhlloossss WWaallddeegggg ((SScchhwweeiizz))
Termin: 29.07.2007-04.08.2007
weitere KünstlerInnen: Jakob Stämpfli (Gesang), Gottfried von
der Goltz (Violinen), Kirstin von der Goltz (Celli), Carsten Eckert
(Blockflöte), Thomas Müller (Horn), Stephan Schmidt (Gitarre)
Anmeldeschluss: 29.6.2007
Musikakademie Solothurn,
Tel: 0041-62-2 12 56 83
Internet: www.musikakademie-so.ch
✰✰EEsszztteerrggoomm 22000077
Termin: 05.08.2007-12.08.2007
Jozef Zsapka, Roman Viazovskiy, Trio Balkan Strings, Ana Vido-
vic, András Csáki, Katchev-Duo
Internationales Gitarrenfestival Esztergom, Szendrey-Karper Lász-
ló International Guitar Festival Found., P.O.Box 8, H-2501 Eszter-
gom
Tel:
eMail: [email protected]
Internet: www.guitarfestival.hu
✰✰SSuummmmeerr GGuuiittaarr WWoorrkksshhoopp && CCoommppeettiittiioonn iinn KKrrzzyyzzoowwaa,, PPoolleenn
Termin: 15.08.2007-25.08.2007
Eingeladene Gäste bei diesem Festival: Jorge Morel (Argentinien),
Joscho Stephan Quartet (Deutschland), Dylan Fowler (UK), Marcin
Dylla (Polen), Gabriel Bianco (Frankreich), Alina Gruszka (Polen),
Ryszard Balauszko (Polen),
Omar Cyrulnik (Argentinien), Giuseppe Caputo (Italien), Luciano
Pompilio (Italien), Sasa Dejanovic (Kroatien), Zoran Madzirov
(USA), Marek Walawender (Polen), Kuba Niedoborek (Polen),
Agata Teodorczyk (Polen), Ewa Cyran (Deutschland), Dietmar Un-
gerank (Österreich), Jarema Klich (Polene), Krzysztof Pelech
(Polen)
Summer Guitar Workshop & Competition,
Tel:
Internet: www.summerguitar.art.pl, www.pelech.art.pl
IInntteerrnnaattiioonnaalleess GGiittaarrrreennffeessttiivvaall HHeerrssbbrruucckk 22000077
Termin: 18.08.2007-25.08.2007
Auf dem Programm: Diknu Schneeberger-Trio, Pepe & Celin Rome-
ro, Robert Barto, Gruber & Maklar, Patricia & Arnoldo Moreno,
Jacques Stotzem, Antigoni Goni & Bill Kanengiser
Verein zur Förderung des, Internationalen Gitarrenfestivals e.V. ,
Im Bärenwinkel 18, D-91217 Hersbruck
Tel:
eMail: [email protected]
Internet: www.gitarre-hersbruck.de
✰✰1177.. IInntteerrnnaattiioonnaalleess GGiittaarrrreennffeessttiivvaall „„FFoorruumm GGiittaarrrree WWiieenn““
Termin: 26.08.2007-01.09.2007
G. Bandini, G. Bianco, S. Blaszynski (Piano), C. Chiacchiaretta
(Bandoneon), Duo Maklar-Gruber, A. Eickhold, M. Freml, O.v. Gon-
nissen, W. Gromolak, D. Kres, G. Krivokapic, M. Langer, J. Panet-
sos,
K. Ragossnig, S. Steinkogler, A. Woch, J. Zsapka
Forum Gitarre Wien, Jorgos Panetsos, Obere Weißgerberstraße 10-
12/2, A-1030 Wien
Tel: 0043 1 7184738 / 0043 676 75 75 646
Seminare - Festivals - WettbewerbeFax: 0043 1-2162428
eMail: [email protected]
Internet: www.forum-gitarre.at
GGiittaarrrreennffeessttiivvaall RRuuhhrr 22000077
Termin: 31.08.2007-09.09.2007
31.08.07 Essen, Alter Bahnhof Kettwig - Rafael Cortes (D/Es)
01.09.07 Essen, Bürgermeisterhaus/ev. Kirche Werden - Javier Gar-
cia Moreno (Es)
02.09.07 Mülheim, Kloster Saarn - Andrey Parfinovich (R)
03.09.07 Essen, Philharmonie - Thomas Hanz / Carsten Linck (D)
& Sardasca Streichquartett
04.09.07 Essen, Bürgermeisterhaus - Masao Tanibe (J)
05.09.07 Essen, Zeche Zollverein - Jens Wagner (D)
06.09.07 Velbert, Event-Kirche - Johannes Tonio Kreusch
07.09.07 Essen, Alter Bahnhof Kettwig - Doppelkonzert: Nora
Buschmann (D) / Adriana Balbao (Arg)
08.09.07 Essen, Bürgermeisterhaus - Eric Franceries (F)
09.09.07 Gelsenkirchen, Bleckkirche - Malte Vief (D)
Gitarrenfestival Ruhr,
Internet: http://kulturserver-
nrw.de/hpg/index.php3?id_list=6726&id_language=1
1100.. IInntteerrnnaattiioonnaalleess BBiieelleeffeellddeerr GGiittaarrrreennffeessttiivvaall 22000077
Termin: 21.09.2007-24.09.2007
mit Carlo Marchione, Gruber & Maklar und Helmut Oesterreich
Bielefelder Gitarrenforum e.V. , Hans Irmer, Im Barrenholze 60, D-
32051 Herford
Tel: 05221-343907
Fax: 05221-343908
eMail: [email protected]
Internet: www.gitarrenforum.de
✰✰
4400ºº CCoonnccoorrssoo IInntteerrnnaazziioonnaallee ddii CChhiittaarrrraa CCllaassssiiccaa MMiicchheellee PPiittttaa-
lluuggaa,, PPrreemmiioo CCiittttàà ddii AAlleessssaannddrriiaa
Termin: 24.09.2007-29.09.2007
Seit 1968 gibt es diesen Wettbewerb! Er ist einer der bedeutend-
sten, nicht nur, weil er als einer der wenigen in der „Fédération
Mondiale des Concours Internationaux de Musique“ organisiert
ist.
Comitato Promotore del Concorso di Chitarra Classica Michele Pit-
taluga, Piazza Garibaldi, 16, I-15100 Alessandria
Tel: +39-0131-25.12.07/25.31.70
Fax: +39-0131-23.55.07
eMail: [email protected]
Internet: www.pittaluga.org
ooppeenn ssttrriinnggss 22000077,, OOssnnaabbrrüücckk
Termin: 28.09.2007-30.09.2007
Rafael Cortés, Mariano Martin, Julian Kleiss, Biber Herrmann, Trio
Escolaso, Michael Fix, Tony Cox, Solo Razaf, Villa-Lobos-Duo u.a.
Acoustic Music Records, Peter Finger, Postfach 1945, D-49009
Osnabrück
Tel: 0541-71 00 20
Fax: 0541-70 86 67
eMail: [email protected]
Internet: www.open-strings.de
BBrreemmeenn GGuuiittaarr AArrtt - MMeeiisstteerr- uunndd SSttuuddiieennkkuurrssee
Termin: 05.10.2007-07.10.2007
Jorge Cardoso, Raphaëlla Smits, Bernard Hebb, Hans Wilhelm
Kaufmann, Jens Wagner, Andreas Lieberg, Andreas Wahl
Bremen Gutar Art (Hans Wilhelm Kaufmann), Hochschule der Kün-
ste (HfK), Dechanatstraße 13-15, D-28195 Bremen
Tel: 0421-95 95-15 07
Fax: 0421-95 95-25 07
eMail: [email protected]
Internet: http:\\bremenguitarart.hfk-bremen.de
✰✰GGFFAA IInntteerrnnaattiioonnaall CCoonnvveennttiioonn aanndd CCoommppeettiittiioonn 22000077
Termin: 16.10.2007-21.10.2007
Carlo Marchione
Benjamin Verdery
Tilman Hoppstock
Roland Dyens, Eliot Fisk,William Kanengiser, Scott Tennant, Ama-
deus Duo, Michael Partington, Rucco-James Duo, Marc Teicholz,
lasinc & Loncar Guitar Duo
Jack Sanders, Wulfin Lieske, Jorge Caballero, Thomas Viloteau,
2006 GFA International Competition Winner
Evan Hirschelman
Dr. Scott Morris, Cal State University, Dominguez Hills,
1000 East Victoria Street,
Carson, CA 90747
eMail: [email protected]
Internet: www.guitarfoundation.org
✰✰CCoonnccoouurrss IInntteerrnnaattiioonnaall RRoobbeerrtt JJ.. VViiddaall
Termin: 08.11.2007-10.11.2007
Nach Robert J. Vidal, dem Gründer und Leiter des legendären
Wettbewerbs von Radio France, ist dieser neue Wettewerb be-
nannt.
Concours International de Guitare „Robert-Jean Vidal“, Conserva-
toire Municipal de Musique, 20, rue Saint-Mathias, F-16300 Bar-
bezieux Saint Hilaire
Tel:
Internet: www.concours-robert-j-vidal.com
BBeerrggiisscchheess GGiittaarrrreennffeessttiivvaall
Termin: 02.01.2008-06.01.2008
Costas Cotsiolis - Gitarre, Meisterkurs
Thomas Koch - Gitarre, Meisterkurs
Gerd-Michael Dausend - Gitarre, Seminare, Workshops
Prof. Alfred Eickholt - Gitarre, Seminare, Workshops
Prof. Hans-Michael Koch - Gitarre, Laute, Vihuela, Histor. Musi-
zierpraxis
Prof. Dieter Kreidler - Gitarre, Ensembleleitung, Ensemblespiel
Volker Höh - Gitarre
Thomas Fellow / Stephan Bormann - E-Gitarre, Jazz, Meisterkurs
Michael Borner - E-Gitarre, Gitarre, Studiopraxis, Improvisation,
Harmonielehre
Bert Fastenrath - E-Gitarre, Bandproben, Workshops
Peter Fischer - E-Gitarre, Bandproben, Equipment
Janes Klemencic - Blues-Harp
Rolf Fahlenbock - Bass, Bandproben, Arrangements
Peter Even - Percussion, Bandproben, Arrangements
Akademie der musischen Künste, Fakultät der Musik, Malostrans-
ke nam.13, CZ-11800 Praha 1
Tel:
BBeerrggiisscchhss GGiittaarrrreennffeessttiivvaall iinn RReemmsscchheeiidd 22000088
46 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1 47
Seminare - Festivals - Wettbewerbe
Vollständig?
Ein Veranstaltungskalender wie unserer kann nicht vollständig sein. Aber man kann sich um möglichste
Perfektion bemühen. Dieses Bemühen war bei Gitarre & Laute immer angesagt – und ist jetzt, im
Zeitalter der grenzenlosen elektronischen Kommunikation auch fast erreichbar … wenn Sie mitarbeit-
en! Auf Konzerttermine haben wir in dieser Ausgabe noch verzichtet – ab der nächsten sind sie aber
auch in GITARRE & LAUTE ONLINE vertreten!
Sie, die Veranstalter von Konzerten, Wettbewerben, Kursen und Seminaren sind aufgerufen, Ihre Dates
möglichst früh an Gitarre & Laute ONLINE zu schicken, damit sie in den Terminkalender eingearbeitet
werden können. In diesem Jahr, 2007, erscheint die Zeitschrift jeden Monat, danach wird sie wie
früher alle zwei Monate herauskommen – und immer wieder durch Newsletters aktualisiert. Und diese
Newsletters enthalten vornehmlich Updates von Konzertterminen und andere Veranstaltungshinweise.
Also: Nichts wie ran! Schließlich wollen Sie auch nicht in leeren Sälen spielen!
Die Maßstäbe für Dates-Veröffentlichungen haben sich geändert: Es werden nicht mehr vollständige
Wettbewerbsregeln etc. abgedruckt, sondern nur noch Eckdaten und Links zu den Angaben im Inter-
net. Das ist zuverlässiger und der Hinweis „Alle Angaben sind ohne Gewähr“ wie bei den Lottozahlen,
erübrigt sich damit fast. Auf jeden Fall können Fehler seitens der Veranstalter nicht mehr übernommen
und neue in viel kleineren Maß produziert werden. Und dass Sie, als Leser einer ONLINE-Zeitschrift,
Zugang zum Internet haben, wissen wir schließlich!
Konzerttermine und Angaben zu Festivals und Wettbewerben werden ständig akualisiert!
Bitte schicken Sie Meldungen oder Änderungen an:
Termin: 02.01.2008-06.01.2008
Costas Cotsiolis - Gitarre, Meisterkurs
Thomas Koch - Gitarre, Meisterkurs
Gerd-Michael Dausend - Gitarre, Seminare, Workshops
Prof. Alfred Eickholt - Gitarre, Seminare, Workshops
Prof. Hans-Michael Koch - Gitarre, Laute, Vihuela, Histor. Musi-
zierpraxis
Prof. Dieter Kreidler - Gitarre, Ensembleleitung, Ensemblespiel
Volker Höh - Gitarre
Thomas Fellow / Stephan Bormann - E-Gitarre, Jazz, Meisterkurs
Michael Borner - E-Gitarre, Gitarre, Studiopraxis, Improvisation,
Harmonielehre
Bert Fastenrath - E-Gitarre, Bandproben, Workshops
Peter Fischer - E-Gitarre, Bandproben, Equipment
Janes Klemencic - Blues-Harp
Rolf Fahlenbock - Bass, Bandproben, Arrangements
Peter Even - Percussion, Bandproben, Arrangements
Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung
e.V., Küppelstein 34, D-42857 Remscheid
Tel:
Internet: www.akademieremscheid.de
NNeeww YYoorrkk GGuuiittaarr FFeessttiivvaall
Termin: 12.01.2008-07.02.2008
Programme stehen noch nicht fest oder werden noch nicht mitge-
teilt. Die Konzerte finden in der Carnegie Hall und anderen Loka-
litäten statt. Gitarre(n) aller Art!
New York Guitar Festival,
Tel:
Internet: www.newyorkguitarfestival.org#http://www.newyork-
guitarfestival.org#
✰✰88.. IInntteerrnnaattiioonnaalleerr KKoommppoossiittiioonnsswweettttbbeewweerrbb AAlleessssaannddrriiaa
Termin: 11.06.2008-
Kompositionen für zwei oder drei Gitarren werden 2008 bewertet.
Einsendeschluss ist der 31. März 2008. Preisgelder: 8.000 ,—
Comitato Promotore del Concorso di Chitarra Classica Michele Pit-
taluga, Piazza Garibaldi, 16, I-15100 Alessandria
Tel: +39-0131-25.12.07/25.31.70
Fax: +39-0131-23.55.07
eMail: [email protected]
Internet: www.pittaluga.org
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Termin: 25.07.2008-02.08.2008
Programnm steht noch nicht fest, wohl aber die Termine. Bitte
übers Internet aktualisieren!
Internationale Gitarrenfestspiele Nürtingen, c/o Stefanie Kobras,
Am Winacker 3, D-84 646 Bad Tölz
Tel: 08041-7 95 40 50
Fax: 08041-7 95 40 51
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Internet: www.gitarre-nuertingen.de
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48 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 1
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sie werden allerdings moderiert, damitnur solche Angebote erscheinen, die
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Rechtfertigung auszuschließen.Kostenlos akzeptiert werden nur
private, nicht gewerblicheKleinanzeigen! Für gewerbliche
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Abonnenten), und zwar unter
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Dort sind die Anzeigen fürmindestens zwei Monate zu sehen. Die
Seite www.VerkaufeGitarre.de wirdständig aktualisiert.
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einem Monat, am 1. August
2007. JJoohhnn DDoowwllaanndd wird
Thema sein, und zwar ganz
speziell die Geschichte der
Rezeption seiner Lautenlieder
im 20. und 21. Jahrhundert.
Von AAllffrreedd DDeelllleerr uunndd PPeetteerr
PPeeaarrss bbiiss SSttiinngg.
Eine Reihe neuer Bücher wird
dann besprochen. Eines davon
würdigt „DDiiee LLaauuttee iinn EEuurrooppaa“
in all ihren Erscheinungsfor-
men und Besonderheiten. Ein
anderes behandelt Isaac Al-
béniz, der bekanntlich niemals
eine einzige Note für Gitarre
komponiert hat und doch zu
den „Stars“ des Gitarrenreper-
toires gehört.
Ein paar Beiträge werden wei-
tergeführt, darunter natürlich
die Nachdrucke vom „Guitar-
refreund“ von 1907. Einen
Nachtrag zum Mozartjahr wer-
den Sie finden und eine
Vorschau auf das Jahr
Dietrich Buxtehudes, dessen
zweihundertsten Todestag wir
in diesem Jahr feiern. Buxte-
hude gilt als einer der größten
Komponisten zwischen Hein-
rich Schütz und Johann Sebas-
tian Bach. Weder für Laute
noch für Gitarre hat er jemals
eine einzige Note geschrieben.
Aber heißt das, wir könnten
nihts von ihm lernen? Und wer
weiß … vielleicht entdecken
die Gitarristen diesen nordis-
chen Meister noch?
Und natürlich gibt es in der
Ausgabe XXIX/2007/2 Plat-
tenbesprechungen und kriti-
sche Anmerkungen zu neuen
Notenausgaben! Und Informa-
tionen zu allen möglichen Fra-
gen des Musiklebens!
Gitarre & Laute XXVIII/2006/Nº 1 49