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Auf der Spur ... Berichte und Beispiele missionarischer Seelsorge Arbeitshilfen 159

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Auf der Spur ...Berichte und Beispiele missionarischer Seelsorge

Arbeitshilfen 159

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Arbeitshilfen 159

Auf der Spur ...Berichte und Beispiele missionarischer Seelsorge

zum Wort der deutschen Bischöfe„Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein“

Herausgeber:Sekretariat der Deutschen BischofskonferenzKaiserstraße 163, 53113 Bonn

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Wege erwachsenen Glaubens Schritte einer evangelisierenden Gemeindepastoral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

„... hören, hier gibt es Kirche“ Neuzugezogene besuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Sorge für die ModernisierungsverliererSeelsorgliche Tätigkeit unter Benachteiligten und Randgruppen . . . . . . . . . . . 19

Seelsorge mit GesichtCitypastoral I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Ein Zeugnis des LebensDie Begleitung Sterbender durch Hospizgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

„neu anfangen“ Ein missionarisches ökumenisches Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

„Der Mächtige hat Großes an mir getan“ (Lk 1,49) Frauen ermutigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Flagge zeigen in „Funcity“ Seelsorge im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

Religiöses Brauchtum vor der Vermarktung bewahrenInitiativen eines Stadtkatholikenausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Auf Draht seinHoffnungsgeschichten am Telefon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Kirche an der KüsteUrlauberseelsorge in Ostfriesland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Katholiken für alleErfahrungen einer Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Vorbehaltlos offenCitypastoral II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

„Gott ist unterwegs zu uns“ Das Pilgerheiligtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

An den Türen der LeuteSternsingeraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Gemeinde im StadtteilHerausforderung des sozialen Raumes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Gottes Geist hinterlässt SpurenEin Glaubensseminar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Autoren und Gesprächspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

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VorwortVorwort

von Bischof Joachim Wanke

„‚Mission‘ heißt für mich schlicht:Das weitersagen, was für michselbst geistlicher Lebensreichtumgeworden ist. Und ‚Evangelisieren‘meint: Dies auf die Quelle zurück-führen, die diesen Reichtum immerneu speist: auf das Evangelium,letztlich auf Jesus Christus selbstund meine Lebensgemeinschaft mit ihm. ...

Gibt es für uns alle nicht tausendMöglichkeiten, so nach den Men-schen zu schauen - mit den AugenJesu, mit der Bereitschaft, wie er inWort und Tat zu sagen: ‚Bruder,Schwester, komm - steh auf!‘ ‚Lassdir sagen: Du bist nicht allein! Dubist angenommen. Du bist gewollt!Du bist geliebt!‘ In solchen Wortenist für mich das ganze Evangeliumauf den Punkt gebracht. Denn essind Worte, die eben nicht wir spre-chen, sondern die durch uns Christus,der Herr, zu den Menschen spricht.“

So hatte ich in meinem Brief überden Missionsauftrag der Kirche inDeutschland geschrieben, der demWort der deutschen Bischöfe „Zeitzur Aussaat. Missionarisch Kirchesein“* beigefügt ist. Dieses Ver-ständnis von Mission und Evangeli-sierung gilt es gegen ein Missions-verständnis zu verdeutlichen, dasMission gleichsetzt mit Belehrung,Indoktrination, Bevormundung undVereinnahmung.

Das Wort der deutschen Bischöfe„Zeit zur Aussaat“ weist auf vielfäl-tige Bemühungen der Kirche hin, indenen die Zuwendung zu den Men-schen „geschieht“ und in denendas Evangelium wirksam ist. In dervorliegenden Arbeitshilfe haben Re-ferentinnen und Referenten aus derZentralstelle Pastoral der Deut-schen Bischofskonferenz Beispielepastoraler Initiativen der Zuwen-dung zu den Menschen gesammeltund dargestellt. Sie haben Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter sowie Ver-antwortliche solcher Initiativen be-sucht, mit ihnen gesprochen und inder nachfolgenden Darstellung diemissionarische Dimension heraus-gearbeitet. Die Sammlung dieserGeschichten und Berichte aus demLeben der Kirche, die natürlich nicht

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Vollständigkeit beanspruchen kann,zeigt, dass an vielen Stellen der Kirche ein echter missionarischerGeist weht und immer stärker zuwehen beginnt. Sie sind ein realisti-sches Spiegelbild einer Pastoral imÜbergang. Sie verschweigen nichtdie Schwierigkeiten und Missver-ständnisse, denen wir uns als Glau-benszeugen aussetzenmüssen, wenn wirwirklich dorthin aufbre-chen, wo die Menschenleben. MissionarischKirche zu sein heißtnicht etwas ganz Neu-es oder anderes alsbisher zu initiieren,sondern das bestehen-de pastorale Engage-ment vieler Gruppen,Gemeinden und Seel-sorgestellen durch dieBrille der Mission undEvangelisierung zu sehen, ihre missionari-sche Dimension zu ver-stärken. Grundlage für dieseBemühungen ist freilich, dass wiruns immer wieder neu vom Geist Jesu anstecken lassen. Nur so können wir die manchmal eingefah-renen und erstarrten Milieugrenzender bisherigen Kirche überschreiten.

Die Berichte führen uns Aktivitätenvor Augen, die sich selbst noch aufeinem Weg wissen. Vorrangig wur-den solche Berichte ausgewählt, indenen kirchliches Handeln als Auf-bruch und Grenzüberschreitung aufeinladende Weise spürbar wird. Siehaben exemplarischen Charakter. In vielen Fällen sind sie völlig

unspektakulär.Sie zeigen vor allem ehrenamt-liches Engage-ment, das zurNachahmung ein-lädt; sie bewei-sen, dass esnicht auf großeGeldmittel undhohe Professio-nalität ankommt,sondern zuerstund vor allem aufdie „Zustimmungdes Herzens“ –eine Zustimmungzu der Verheißung

des „Lebens in Fülle“, die sich in Todund Auferstehung Jesu ereignet hatund so in die menschliche Geschich-te bleibend eingestiftet ist.

* erschienen in der Reihe „Die deutschenBischöfe“ als Nr. 68 am 26.11.2000(Bezug: siehe Seite 100)

5Vorwort

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Wege

„Unser Sohn, heute 23 Jahre alt, wuchs ganz normal in einem katho-lisch geprägten Umfeld auf. Die Taufe einige Wochen nach der Ge-burt, Gebet und religiöses Brauchtum in der Familie, die Erstkom-munion in der dritten Klasse, der regelmäßige Gottesdienstbesuch,die Teilnahme am Religionsunterricht, der Ministrantendienst in derGemeinde usw. – all dies war mehr oder weniger selbstverständlichund wurde nicht hinterfragt. Eine erste Unterbrechung dieses Wegeszeichnete sich ab, als es um die Firmung ging. Unser Sohn war damals16 Jahre alt. Zunächst war es für ihn noch selbstverständlich, mit dengleichaltrigen Freundinnen und Freunden an der Firmvorbereitungteilzunehmen. Als es dann einige Wochen vor der Firmfeier um dieFrage ging, lasse ich mich jetzt auch firmen, kam die deutliche Ant-wort: ‚Das ist für mich jetzt nicht dran. Glaube und Kirche sind fürmich im Moment weit weg, und es wäre unehrlich, wenn ich mich jetztfirmen lassen würde‘. Damit war der weitere Weg vorgegeben. Bisheute hat sich unser Sohn immer mehr von einer ausdrücklichen Formder Zugehörigkeit zur Kirche und Gemeinde entfernt.“

Wie mag diese „abgebrochene“– oder „unterbrochene“ - Glau-

bensbiographie weitergehen? Ge-setzt den Fall, dieser junge Mannbeginnt in einigen Jahren neu zufragen: Wer bin ich? Wo wird es mitmir hingehen? Was soll ich tun?Wohl kaum wird er dann ungebro-

chen auf die Muster seiner kindli-chen Prägung zurückgreifen undseinen Glaubensweg dort fortset-zen, wo er ihn mit 16 Jahren unter-brochen hat. Er braucht dann einenNeueinstieg in den Glauben als Er-wachsener. Welche Türen, welcheWege werden ihm dann offen stehen?

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Wege erwachsenen Glaubens

Schritte einer evangelisierenden Gemeindepastoral

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Zielgruppe

Die Frage und die damit verbunde-ne Herausforderung spitzt sich zu,wenn Menschen, die z.B. in derfrüheren DDR aufgewachsen sindund jahrzehntelang ohne jedenKontakt zum christlichen Glaubenund zur Kirche gelebt haben, als Er-wachsene – z.B. bedingt durch denKontakt mit Christen – zum erstenMal nach dem christlichen Glaubenfragen und ggf. in die Kirche eintre-ten wollen.

Erwachsene als primäreZielgruppe

Auf der Suche nach den – wenigen –Beispielen für eine Initiation im er-wachsenen Glauben wird man imGespräch mit Pfarrer Klemens Arm-bruster fündig. Klemens Armbru-ster, Priester der Erzdiözese Frei-burg, war 10 Jahre lang als Seelsor-ger in Mannheim tätig. Nicht zuletztangestoßen durch den Fastenhir-tenbrief 1987 von Erzbischof Saier„Evangelisieren – die Kraft der Erlö-sungstat Jesu Christi durch ein Le-ben aus dem Glauben sichtbar ma-chen“, baute er das MannheimerEvangelisierungsteam auf, das sichin besonderer Weise um „Wege er-

wachsenen Glaubens“ bemüht,während zwei Mitbrüder das Glei-che in ihrer Pfarrei zu verwirklichenbegannen.

Dieses Bemühen geht von einer klaren Grundentscheidung aus: Die Erwachsenen bilden die neueZielgruppe. Dies bedeutet eineSchwerpunktverlagerung in derGlaubensverkündigung von der Kinder- und Jugendstufe auf die Erwachsenenstufe.

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Es wird in Zukunft Frauen undMänner geben, die - obwohl ge-tauft, aber später nicht voll indie Kirche eingegliedert - dasVerlangen haben, als Erwachse-ne diese „Einführung in dasChrist-Sein“ nachzuholen. Esgibt nicht nur Menschen, die dieKirche (in der sie oft gar nichtrichtig verwurzelt waren) ver-lassen. Es gibt zunehmend auchZeitgenossen, die nach dem„Eingang“ fragen, der in die Kir-che hineinführt. Es ist entschei-dend, wen sie in diesem Ein-gangsbereich treffen. Es wirdwichtiger werden als bisher, wiesie dort empfangen werden.

(Zeit zur Aussaat 36)

Wege erwachsenen Glaubens

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GlaubensseminareBei der Reflexion ihrer Erfahrungenmit der Evangelisierung Erwachse-ner konnten Armbruster und seineMitbrüder feststellen: Erwachsenefinden dann zu persönlichen Glau-benserfahrungen, wenn sich dreiGrunderfahrungen eröffnet haben:

1. Offenheit für die religiöse Dimen-sion des Lebens;

2. Betroffenheit durch die NäheGottes, die sich dann einstellenoder entwickeln kann, wenn einMensch auf den Ruf Gottes ant-wortet;

3. Gemeinschaft im Glauben, d.h.erst in der Glaubenskommunika-tion und im gemeinsamen Glau-bensvollzug kann die individuelleGlaubenserfahrung „ganz“ ver-standen werden.

Glaubensseminare

Vor diesem Hintergrundwurden „Glaubenssemi-nare“ entwickelt, die aussechs bis acht aufeinanderaufbauenden Einheitenbestehen. Ihre Intentionist es, eine christlicheGrunderfahrung zu er-möglichen.

Die Durchführung erfolgt in der Regel an sechs bis acht Abendenwöchentlich hintereinander. Zu deneinzelnen Arbeitseinheiten gehörenein Impulsvortrag, Gesprächsrun-den und meditative Elemente. DerImpulsvortrag zielt nicht auf eineVermittlung theologischer Sach-inhalte, sondern hat eher eine zeug-nishafte „kerygmatische“ Ausrich-tung, er will einen inneren Prozessanstoßen und persönliche Glaubens-erfahrungen ermöglichen. Die Kurs-modelle kennen auch verschiedenegottesdienstliche Feiern.

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KleingruppenDie einzelnen Themen variieren jenach Teilnehmern und/oder Leitung.Armbruster nennt folgende Themen:

• Jeder Mensch ein Original

• Eine neue Gottesbeziehung

• Barrieren auf dem Weg

• Jesu heilsame Begegnungen

• Das Fest der Befreiung – der Ver-

söhnungsgottesdienst

• Die Dynamik des Anfangs

• Menschen des neuen Weges

• Die abschließende Glaubensfeier.

Aufbau gemeindlicherKleingruppen

„Schade, dass es schon vorbei ist.“Am Ende des Glaubensseminars fragen viele Teilnehmerinnen undTeilnehmer danach, wie es nun weitergehen kann. Ein begonnenerWeg sollte für diejenigen, die eswünschen, auch seine Fortsetzungfinden können. So gibt es für dieTeilnehmerinnen und Teilnehmerdes Glaubenskurses die Einladung,in einer gemeindlichen Kleingrup-pe sich auch weiterhin zu treffen.Ziel dieser Gruppen ist es, mit-einander Glauben, Bibel und Lebenzu teilen. So wurde dann als Kürzeleingeführt: „GBL-Gruppe“.

Diese Gruppen treffensich 14-tägig, meistens inWohnungen von Gruppen-mitgliedern, manchmalauch in gemeindlichenRäumen. Ein Treffen dau-ert ca. 2 Stunden; dieGruppengröße liegt zwi-schen 7 und 13 Mitglie-dern. Geleitet werden diese Gruppen von Laien,die ihrerseits von den Seelsorgern auf diese Auf-gabe vorbereitet und spä-ter auch begleitet werden.

9Wege erwachsenen Glaubens

Angesichts vielfältiger Möglichkeiten undAngebote, dem eigenen Leben Sinn zu ge-ben, werden Christen gefragt: „Was bringtmir der Glaube?“ Vermögen die Religionund der Glaube das Leben zu deuten undzu gestalten? Unsere Antworten, die wir zugeben versuchen, werden geprüft werdenan der Glaubwürdigkeit, mit der unser Le-ben die „Aussaat“ des Wortes begleitet.Die Verkündigung des Glaubens ist immermehr als Predigt und Katechese, mehr alsWissens- und Kenntnisvermittlung.

(Zeit zur Aussaat 13)

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AuswirkungenAuswirkungen

Pfarrer Armbruster berichtet, dassdie Altersspanne der Teilnehmerin-nen und Teilnehmer von 20 bis 92Jahre reicht, wobei die Gruppe der30 bis 40-jährigen am stärksten vertreten ist. An den ersten Kursennahmen vor allem Menschen ausdem gemeindlichen Umfeld teil, jedoch nicht die, die unmittelbarzum Gemeindekern zählen. „Die haben ihren Weg schon gefunden“,so Klemens Armbruster.

Das Bild der Teilnehmerinnen undTeilnehmer änderte sich ab demfünften Kurs; mehrheitlich waren esfernstehende Christen. Auffallendwar der mit 40 % hohe Anteil vonmännlichen Teilnehmern.

Eine derart ausgeprägte Form derGlaubenskommunikation in Gruppenbleibt natürlich in einer Gemeindenicht ohne Echo. „Wenn unser Pfar-rer sich so intensiv mit diesen Grup-pen einlässt, wird da nicht eine neueElite gebildet?“ so fragen besorgt vorallem die Gemeindemitglieder, die –z.T. schon jahrelang – in Gruppenund Gremien der Gemeinde mitarbei-ten, die Christen also, die zum soge-nannten Gemeindekern gehören.

Armbruster deutet diese kritischeAnfrage jedoch so: „Diese Men-schen spüren – bewusst oder unbe-wusst – , eigentlich müssten sie jaauch etwas für ihren Glauben tun.Aber es geht jetzt nicht darum, siezur Teilnahme an den Glaubensse-minaren zu drängen. Vielmehr um-gekehrt: es ist die Aufgabe von unsHauptamtlichen, sie darin zu be-stärken, dass sie nicht teilzunehmenbrauchen. Sie haben ja – wenigstenszunächst – ihren Zugang zur Ge-meinde und ihren Ort gefunden. Unddas ist gut so! Nicht jeder muss beimGlaubensseminar mitmachen!“

Hier wird mit Entschiedenheit Phä-nomenen begegnet, die nicht seltenim Zusammenhang mit geistlichenErneuerungsprozessen in Gemeinden

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Ziel

zu beobachten sind: Rivalitäten, gegenseitige Ausgrenzungen, Elite-denken („Eigentlich müssten in unserer Gemeinde alle so sein, wiewir...“) bis hin zu Spaltungen. Diesgeht aber nur, wenn die hauptamtli-chen Seelsorger von der Vielfaltmöglicher Frömmigkeitsprofile,theologischer Richtungen, christli-cher Lebenspraxis usw. als Aus-druck der „Communio“ überzeugtsind, ohne damit die eigene Prä-gung aufzugeben.

Ziel einer evangelisieren-den Gemeindepastoral mitErwachsenen

Es geht darum, Erwachsenen eine ihnen gemäße Glaubenserfahrung zuermöglichen. Die im Glaubenssemi-nar ermöglichten Erfahrungen kön-nen dann in unterschiedlicher Weiseweiterwachsen, z. B. in der Mitarbeitals Leiterin bzw. Leiter oder Beglei-terin bzw. Begleiter bei den Glau-bensseminaren. Ein anderer Weg istder Anschluss an eine gemeindliche„GBL-Gruppe“. Dabei ist die Gruppenicht das Ziel, sondern Mittel zumZweck: erwachsenen Menschen Heimat im Glauben zu ermöglichen.

Aus solchen Erfahrungen erwächstfür viele der Wunsch, sich als Mitar-beiterin oder Mitarbeiter in der Ge-meinde zu engagieren. So kann Kle-mens Armbruster sagen: „Die Freu-de am Glauben, die Erwachsenenermöglicht wurde, führt allgemeinzu einem Wachstum der Gemeindeund zu einem Wachstum all derpfarrlichen Gruppierungen, die sichder Arbeit mit Glaubensseminarengeöffnet haben.“

Um jedem Missverständnis vorzu-beugen: Ziel ist nicht die Rekrutie-rung von Mitgliedern oder die Stei-gerung gemeindlicher Aktivitäten.Vielmehr geht es um die Ermögli-chung von Glaubenserfahrungen,die die Sehnsucht nach einem ganz-heitlichen Glaubensleben wecken.Die Mitarbeit in der Gemeinde istdann eine Form der Umsetzung imAlltag.

11Wege erwachsenen Glaubens

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ganzheitlichleben

Den Glauben ganzheitlich leben

Erwachsene haben den Glaubenneu entdeckt und suchen jetzt da-nach, wie sie ihn ganzheitlich lebenkönnen. Dabei werden sie – nachArmbruster – von fünf Sehnsüchtengeleitet:

• Die Sehnsucht nach der persönli-chen Begegnung mit Gott: WennGott in meinem Leben zur Realitätgeworden ist, will ich auf ihnhören, mit ihm sprechen, betenkönnen.

• Die Sehnsucht nach dem WortGottes: Die Bibel gibt mir Nah-rung für mein Leben aus demGlauben. Ich will sie lesen undverstehen können.

• Die Sehnsucht nach Gemeinschaftmit gereiften Christen: Ich brau-che die lebendige Gemeinschaftmit anderen Christen. Ich will mitihnen Leben und Glauben teilen.

• Die Sehnsucht nach geistlicherBegleitung: Vieles ist neu und un-gewohnt für mich. Viele Fragentauchen auf. Ich brauche Beglei-tung und Bestärkung.

• Die Sehnsucht nach einem lieben-den Umgang mit den Mitmen-schen: In der Begegnung mit Jesus Christus habe ich Gottes Annahme und Liebe erfahren. In der Begegnung mit anderenMenschen, im Engagement fürGemeinde, Kirche und Gesell-schaft will ich dies weitergeben.

Mit dem Schlusswort seines Bucheserinnert Klemens Armbruster an diegrundlegende Voraussetzung zurUmsetzung missionarischer, evan-gelisierender Pastoral: „Evangeli-sierende Gemeindepastoral mitihrem Schwerpunkt, ‚Wege erwach-senen Glaubens‘ zu ermöglichen,ist aber kein simples Wundermittel,sondern bedarf bei den Initiatorenvor allem eines brennenden Her-zens, das sich sagen lässt: Seidnicht verzagt! Ich bin bei euch!Dann kann es wieder heißen: ‚Sielobten Gott und waren beim ganzenVolk beliebt. Der Herr aber führteihnen täglich weitere Menschen zu‘(Apg 2,47)“.

12Wege erwachsenen Glaubens

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h ren hier gibt es Kirche

an der Türschwelle

Der folgende Bericht spiegelt einStück pastoralen Alltags in ei-

ner Gemeinde wider. Er beschreibtkein ausgefeiltes Projekt, sonderndas, was jederzeit an jedem Ortmöglich ist. Hier liegt keine Erfolgs-story vor, sondern die realistische,ungeschminkte Beschreibung ersterSchritte, von denen niemand weiß,ob weitere Schritte folgen und sichschließlich ein Weg daraus ergibt.

Begegnung an der Türschwelle

Frau S. macht sich auf den Weg, inihrer Handtasche ein Brief der Pfarr-gemeinde, adressiert an die FamilieM. Frau S. schellt an der Haustürdes Reihenhauses. „Hoffentlich ha-be ich jetzt Glück; heute Vormittagwar ja niemand da“, denkt sie. Unddieses Mal wird ihr geöffnet. FrauM. steht ihr in der offenen Haustür– an der Türschwelle – gegenüber.„Guten Abend, ich bin Frau S. und

wohne auch in dieser Straße. Ichkomme im Auftrag der katholischenPfarrgemeinde St. Matthias, das istdie Pfarrei hier in der Südstadt. Ichwill Sie in unserer Gemeinde ganzherzlich begrüßen; wir freuen uns,dass Sie jetzt hier wohnen!“

Frau M. blickt Frau S. abwartend anund denkt im Stillen: Was magdenn jetzt kommen, die wollendoch etwas von mir? – „Ich will Siewirklich nur willkommen heißen“,fährt Frau S. fort; sie hat wohl dasMienenspiel von Frau M. verstan-den. „Ich sammle kein Geld, Siebrauchen nirgendwo mitzumachenund Sie sollen auch nichts unter-schreiben. Wir, die Gemeinde St.Matthias, kommen zu Ihnen, umSie willkommen zu heißen; das istalles.“ So erklärt Frau S. ihre Missi-on. Und nun kann auch Frau M.ihrem freudigen Erstaunen Aus-druck verleihen: „Also, das ist unsja noch nie passiert – dabei sind wirschon so oft umgezogen!“

13… hören, hier gibt es Kirche

... ö ,

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Beobachtungen – Erfahrungen

RahmenDer organisatorische Rahmen

Das Stadtviertel, in dem Frau M.jetzt wohnt, gehört zur Pfarrei St.Matthias in Euskirchen (Rheinland).Hier gibt es einen eigenen Besuchs-dienst für Neuzugezogene. DasPfarrterritorium ist in 18 Bezirkeeingeteilt, für die jeweils eine ehren-amtliche Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter des Besuchsdiensteszur Verfügung steht. Im Pfarrbürowerden die Anschriften der Neu-zugezogenen, die über die zentraleMeldestelle des Bistums monatlichzugestellt werden, gesammelt.Briefumschläge werdenentsprechend adressiertund kuvertiert: ein Be-grüßungsschreiben miteiner Einladung zu ei-nem abendlichen Tref-fen mit Vertreterinnenund Vertretern der Ge-meinde, dazu eine Ant-wortkarte, die jüngsteAusgabe des Pfarrbriefes, eineÜbersicht zu bestehenden Aktivitä-ten und Gruppierungen undschließlich eine Ansichtskarte mitder Darstellung von Kirche undPfarrzentrum. Die Briefe werdenvon den Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern des Besuchsdienstesmonatlich abgeholt bzw. ihnen zu-gestellt. Für Frau S. liegen z. B. einbis drei Briefe jeden Monat bereit.Insgesamt werden jährlich bis zu 150Briefe an Neuzugezogenen verteilt.

Beobachtungen – Erfahrungen

Das oben erzählte Beispiel ist nichtuntypisch für die Arbeit des Be-suchsdienstes. Die meisten der an-gesprochenen neuen Pfarrmitglie-der reagieren freundlich und

drücken ihr Erstaunenüber diese Form derKontaktaufnahmeaus. Typisch ist auch,dass sich diese Ge-spräche fast immer„an der Türschwelle“abspielen. Offensicht-lich ist dies der adä-quate Ausdruck für

das jetzt gewünschte Verhältnis vonDistanz und Nähe, für die Offenheiteines Erstkontaktes, wenn manzunächst noch abwartend bleibenmöchten. Nur selten kommt esbeim Erstbesuch zu weiterführen-den Fragen nach bestehenden

14… hören, hier gibt es Kirche

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Aktivitäten, Gruppierungen oderauch Gottesdienstzeiten in der Pfarrei als Ausdruck persönlichenInteresses.

Das Bemühen um persönliche Kon-taktnahme bedeutet ohne Zweifelein wichtiges Moment dieses Diens-tes. Damit kommt zugleich eineSchwierigkeit in den Blick, die zu-nehmend den Besuchsdienst er-schwert. Die wachsende Mobilitätführt dazu, dass Menschen immerseltener in ihren Wohnungen anzu-treffen sind – unabhängig vom Zeit-punkt des Besuches. Konnte manfrüher noch davon ausgehen, Men-schen am späten Nachmittag oderfrühen Abend zuhause anzutreffen,so ist dies heute alles andere alsselbstverständlich. Frau S.: „Wir haben uns darauf geeinigt, wenig-stens dreimal zu versuchen, jeman-den persönlich anzutreffen. Erst danach wird der Brief in den Brief-kasten eingeworfen. In meinem Be-zirk kann ich davon ausgehen, etwadie Hälfte der Menschen persönlichanzutreffen. Und das ist mir auchwichtig, denn dann passiert etwasanderes, als wenn ich den Brief nureinwerfe. Es gibt aber auch Straßen-züge und Wohngegenden in unsererPfarrei, wo dies kaum noch ge-

lingt.“ Frau L. bestätigt: „Seit mehrals fünf Jahren mache ich das jetztund erlebe, dass es immer schwieri-ger wird. In meinem Bezirk lebensehr viele Berufstätige, die auchabends nicht ansprechbar sind.Vielfach bleibt mir nichts anderesübrig, als den Brief nur abzugeben.“

Da, wo die Begegnung jedoch zu-stande kommt, gibt es so gut wiekeine Ablehnung. Frau L. begründetdies so: „Wenn ich mit dem Brief inder Hand zu den Menschen gehe,bringe ich etwas und will nichts ho-len. Ganz andere Reaktionen erlebeich dagegen, wenn ich als Caritas-Sammlerin unterwegs bin und et-was holen will.“ Es ist aber nicht zuleugnen, dass den Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern des Besuchsdien-stes auch Gleichgültigkeit begegnetund sie keine Reaktion erleben. FürFrau L. ist dies jedoch kein Grundzur Resignation: „So sind die Men-schen wenigstens noch einmal angesprochen worden. Wer weiß,vielleicht ist es ja doch ein kleinerAnstoß. Ich möchte damit auch etwas gegen die verbreitete Anony-mität tun und freue mich über einenGruß oder ein kurzes Gespräch,wenn ich Einzelne, die ich besuchthabe, wiedersehe.“

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Treffen

BeweggründePersönliche Beweggründe

Wenn das Ziel dieses Dienstes darinbesteht, Menschen persönlich zuvermitteln, dass sie hier will-kommen sind, bedarf es be-stimmter Voraussetzungen.Für Frau S. heißt das: „Nurwenn ich als Christin froh bin,kann ich das machen, wennich kontaktfreudig bin undden Menschen nahe. Ich wür-de nie eine theoretische Schu-lung dazu machen, das mussvon innen heraus kommen.“Und so sieht sie auch den „Er-trag“ dieser Arbeit für sichselber: „Ich bin froh, wenn ichKontakt anknüpfen kann undvon Menschen im Gesprächetwas erfahre. Es tut mir gut,auf Menschen zuzugehen,mich auf den Weg zu machen undzu schauen, wie es anderen inihrem Leben ergeht.“

Einen etwas anderen Akzent setztFrau L., die einen Bezirk mit einersehr hohen Fluktuation und einemanderen sozialen Niveau als Frau S.betreut: „Für mich ist es auch einePflicht, Menschen anzusprechen.Ich kann nicht nur zur Kirche undzum Gottesdienst gehen und im

Übrigen mich um nichts kümmern.Und so sollte jeder Christ an seinerStelle das machen, was er kann.“

Treffen der Neuzugezogenen

Zweimal im Jahr erhalten die Neu-zugezogenen, die die Antwortkartezurückgeschickt haben, seitens desPfarrgemeinderates eine Einladungzu einem Treffen. Die Teilnehmer-quote liegt bei etwa 10 % der Neu-zugezogenen, die durch den Besuch

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Diejenigen, die sich zu einem Leben inder Kirche entschieden haben, lebenihr Christsein nicht nur für sich selbst,sondern immer auch für andere. IhreWeggemeinschaft in der Kirche wirdzur Stellvertretung für die, die ihnenanvertraut sind und die diesen Wegnicht mitgehen wollen oder können.Dies gilt für die Einzelnen, für diePfarrgemeinden und für alle Gemein-schaften von Christen. Stellvertretungim Lob Gottes und im Gebet für dieMenschen ist eine erste und grundle-gende Form missionarischer Sendung.

(Zeit zur Aussaat 33)

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Was bringt es?

bzw. durch das Schreiben erreichtworden sind. Von der Gemeindenehmen an diesen Abenden teil:der Pfarrer, Mitglieder des Pfarr-gemeinderates sowie einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterdes Besuchsdienstes.

Zunächst trifft man sich vor der Kirche, wo der Pfarrer begrüßt undzu einer kleinen Kirchenführungeinschließlich Sakristei und angren-zendem Franziskanerkloster (derdortige Franziskanerkonvent stelltdie hauptamtlichenSeelsorger der Gemein-de) einlädt. Danachtrifft sich die Gruppe imGemeindezentrum zum Gesprächsaustausch;Getränke stehen bereit.Man stellt sich gegen-seitig vor, erzählt einer-seits etwas zur persön-lichen Situation und andererseits zu denMöglichkeiten und An-geboten der Gemeinde.

Übereinstimmend berichten Betei-ligte an diesen Treffen, dass eineoffene Atmosphäre und ein gegen-seitiges Interesse aneinander prä-gend sind. Dies ist insofern nicht

verwunderlich, weil die teilnehmen-den Neuzugezogenen bereits durchihr Kommen ein Interesse an derGemeinde und Kirche signalisieren.Und so kommt es auch fast immerzu einem regen Austausch über das Leben in der Gemeinde und dievorhandenen Interessen, über dieMöglichkeiten der Kontaktaufnah-me und des eigenen Mittuns.

Was bringt es?

Die hier geschilderten Erfah-rungen machen deutlich, dassder „Erfolg“ einer solchen Arbeit nicht primär in ihrenAuswirkungen im binnen-kirchlichen Raum bzw. in derGemeinde gesucht werdenkann. Mit anderen Worten: Ein solcher Besuchsdienst istnicht erst und nur dann er-folgreich, wenn die Neuzuge-zogenen an der sonntäglichenEucharistiefeier teilnehmenund/oder sich in gemeindli-

chen Aktivitäten engagieren. Viel-mehr geht es darum, Menschenspüren zu lassen, dass sie wichtigsind. Das ist die zentrale Botschaft,die der Besuchsdienst weitergibt.

17… hören, hier gibt es Kirche

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Der Pfarrer der Gemeinde möchteden Besuchsdienst nicht missen. Erverknüpft mit dieser Initiative zweiAnliegen: „In dem Besuchsdienstfür Neuzugezogene sehe ich zum einen ein freundliches Zeichen desWillkommens. Zum anderen geht esaber auch um ein niedrigschwelli-ges Angebot zur Kontaktaufnahme.Wir laden ein mit all den Möglich-keiten, die sich in unserer Gemein-de bieten. So kommen wir denMenschen, die auf der Suche sind,entgegen und erleichtern ihnen denZugang.“

Das „Ergebnis“ derersten Kontaktauf-nahme bleibt offen.Offenheit kennzeich-net schon die Vorbe-reitung des Ge-sprächs. Die Mitar-beiterinnen oderMitarbeiter bekom-men eine Adresse,

sonst nichts. Sie können zwar da-von ausgehen, dass sie es mit Ka-tholiken zu tun haben; ob es sichaber um „fernstehende“ Christenhandelt oder um solche, für die derGlaube einen hohen Stellenwerthat, oder wie auch immer der Bezugzum Glauben und zur Kirche ausse-hen mag, wissen sie vor ihrem ers-ten Kontakt nicht. Sie wollen ebennur das personal vermittelte Zei-chen setzen und Zeugnis dafür ge-ben: hier ist Kirche und wir stehendafür. Wie die Antwort darauf aus-fällt, ist dann nicht mehr ihre Sa-che. Und so sagt es Frau S.: „DieserSchritt ist wichtig, dass die Leute irgendetwas davon hören, hier gibtes Kirche. Und dies wird ihnen nachMöglichkeit persönlich vermittelt.“

18… hören, hier gibt es Kirche

Die Gelassenheit des Sämanns im biblischenGleichnis, sein Vertrauen in die Kraft des aus-gestreuten Samenkorns und schließlich seineBereitschaft, sich nicht durch Bedenken odermangelnde Erfolgsaussichten vom Werk derAussaat abbringen zu lassen, weisen auf eineweitere grundlegende Haltung missionari-scher Spiritualität hin.

(Zeit zur Aussaat 14)

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Seit zwei Jahren arbeiten wir,vier Redemptoristen, in der

Stadt Brandenburg a. d. Havel, deren Bewohnerinnen und Bewoh-ner zu 85 % ungetauft sind. DieStadt Brandenburg lässt sich grobin drei Stadtteile gliedern: Die Altstadt, ihr angegliedert ein älteres Siedlungsgebiet und das sogenannte Ghetto, eine Platten-bausiedlung neueren Stils.

Wir Redemptoristen haben uns dasZiel gesetzt, mit „Menschen am Ran-de“ zusammenzuleben und unter ihnen zu wirken. So zogen wir nichtin ein leerstehendes Pfarrhaus ein,sondern wählten als unser „Kloster“eine Mietwohnung in einem Asyl-bewerber-Wohnheim, das in der Plat-tenbau-Siedlung liegt. Wir möchtenhierdurch auffällig und unüberseh-bar deutlich machen, dass Glaubeund Christentum ihren Platz mittenim Leben der Menschen haben, be-sonders aber unter den Verkannten

und oft Abgelehnten. Wir wollenGott und Kirche an den Orten in denBlick bringen, wo sie unbekanntsind, aber dringend gebraucht wer-den. Da niemand für alle da sein undallen helfen kann, wählten wir unsdrei Schwerpunkte aus: Asylbewer-ber und Ausländer, vernachlässigteJugendliche, Inhaftierte und Straf-entlassene. Unser Haus steht aberauch allen anderen offen, die dasGespräch oder den Kontakt zu unssuchen, ihre Sorgen (mit)teilenmöchten und sich Hilfe erhoffen.

19Sorge für die Modernisierungsverlierer

Sorge f r die ModernisierungsverliererSeelsorgliche Tätigkeit unter Benachteiligten und Randgruppen

ü

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Redemptoristen

Auffallende Merkmale

Auffallende Merkmale derMenschen um uns

Wenn man auf die Menschenschaut, unter denen wir leben undwirken, dann fallen einige markantePunkte auf, die das Leben der Be-völkerung und Randgruppen prägen:

Vertrauensverlust

Über fünfzig Jahre waren die Men-schen Lüge, Betrug und leeren Versprechungen, der Bespitzelungund Unsicherheit ausgesetzt. Dashat tiefe Spuren in ihnen hinterlas-sen. Man vertraute nur noch, wennman in einem hohen Maß sichersein konnte. So war die Wende vongroßen Hoffnungen getragen, dassalles anders und besser würde.Aber diese Hoffnungen zerbrachensehr gründlich und schnell undwurden obendrein durch nur aufihren Vorteil bedachte „Wessis“ins Gegenteil gewendet. Auf die-sem Hintergrund ist das Vertrauen massiv abhanden gekommen oderes war nie da. Solange nicht Tatensichtbar sind, können viele nichtmehr glauben und vertrauen,selbst wenn sie es wollten - auchVertreterinnen und Vertretern derKirche nicht.

Gewalt

Der Alltag lehrt viele, dass mit Ge-walt und Brutalität am meisten zu erreichen ist. Alles muss erkämpftwerden (Wohnung, Arbeitsstelle, Jugendzentrum, Lockerung in derHaft, Asyl), nichts wird freiwillig angeboten oder gewährt. Und wasoft mit tausend schönen Worten als unmöglich hingestellt wordenist, wird plötzlich - durch Gewalt-anwendung - leicht machbar.

Arbeitslosigkeit und innere Verarmung

Die Arbeitslosigkeit, die unter denRandgruppen besonders hoch ist,verhindert eine gesunde Selbst-achtung. Almosen empfangen istfür eine kurze Zeit tragbar. Aber werüber Jahre nicht mitarbeiten, auf-bauen, Sinnvolles schaffen darf, derentwickelt keine Zukunftspläne mehr.

Was Redemptoristen mitbringen

Wir wollen dichter bei den Men-schen wohnen, unmittelbarer ihreNöte und Leiden erfahren, ihnenAnerkennung und Wertschätzung

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schenken, bei ihnen aushalten,wenn es schwierig wird, für sie Parteiergreifen, wenn die Mächtigen siean den Rand drücken, für sie spre-chen, wo ihnen die Worte fehlen,mit ihnen Wege der Friedfertigkeitund des gegenseitigen Verstehenssuchen, sie ahnen und spüren las-sen, welche Kraft hierzu der Glaubegeben kann. Unser Mittel der Ver-kündigung ist vorrangig nicht derVortrag, nicht die Predigt, nicht dieBelehrung, sondern die besondereNähe, das „wie“ des Handelns, dasOffenlegen und Sichtbarmachen unseres - am Glauben ausgerichteten- Lebens mit seinen Mühen, Erfolgen,Niederlagen und Fehlern.

Unsere missiona-rische Arbeit kön-ne wir nur leistenaus einer lebendi-gen Verbindungmit Gott und inbrüderlicher Ge-meinschaft. Trotzder Überfülle anArbeit halten wiran regelmäßigengemeinsamen Gebetszeiten festund haben einenTag der Wocheals unseren ge-

meinsamen Tag festgelegt. NebenGebet, Bibelgespräch und Gottes-dienst halten wir an diesem TagRückblick, schauen, ob wir mit Gott und untereinander im Lot sind,besprechen anstehende Fragen undplanen in die Zukunft.

Die Ausgrenzung aus den Herzenhat abgenommen, der Blick auf die Menschen am Rande ist freier,die Ängste zur Begegnung werdenabgebaut. Es finden sich die erstenMitarbeiter für das Wirken unterden Benachteiligten. Möbel, Klei-dung, Spenden werden uns öfterszur Hilfe angeboten.

21Sorge für die Modernisierungsverlierer

Die Kirche sucht in dem, was sie tut und wie siesich darstellt, ihr Leben aus dem Glauben zu be-zeugen. Das drückt sich besonders durch dasZeugnis der Nächstenliebe aus, wie wir es in per-sönlicher und amtlicher Caritas wahrnehmen dür-fen, in der Sorge für Arme, Kranke, Alte, Alleinste-hende und Fremde, durch Hausbesuche von Laienund Priestern. Dabei wird das Zeugnis des Lebensdurch Haltungen verdeutlicht, aus denen Christenleben. Ehrfurcht und Staunen, Selbstbegrenzungund Maß, Mitleid und Fürsorge, Gerechtigkeit undSolidarität sollen hier beispielhaft benannt sein.An der Weise also, wie Christen miteinander um-gehen, sich Menschen öffnen, vermögen anderesie als Christen zu erkennen und dem Inhalt derchristlichen Botschaft Glauben zu schenken.

(Zeit zur Aussaat 17)

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Menschen am Rande

Wie sieht die pastorale Arbeit mit Menschen am Rande konkret aus?

Wir halten nicht damit hintermBerg, dass wir Ordensleute sindund dass das Christentum das Fun-dament unseres Lebens und Han-delns ist. Wir sagen ein klares undoffenes Nein zu dem, was demMenschenbild Jesu widerspricht.Dies führt bei den Menschen amRande wie bei allen anderen, mitdenen wir zu tun haben (besondersÄmtern, Parteienund öffentlichenInstitutionen),zur Konfrontati-on und Ausein-andersetzungmit dem christ-lichen Glauben.Dies ist auchder Ort, wo vielan Information über den Glauben zu geben ist, wo das eigene Verhal-ten auf den Prüfstand kommt, wonicht selten bittere und spöttischeAblehnung auszuhalten ist.

Wir arbeiten zusammen mit allenMenschen guten Willens, die dasWohl der Menschen und besonders

der Randgruppen ehrlich im Augehaben, ungeachtet ihres Glaubens-bekenntnisses, ihrer Parteizuge-hörigkeit und Vergangenheit. Wirmachen ihnen Mut und unterstüt-zen bewusst und gezielt ihre Arbeit,wo immer wir dies können. So suchen wir das Gute, weit über dieGrenzen der Kirche hinaus, grund-sätzlich und allgemein zu fördern.

In unserem Haus-Kloster hat jederGastrecht. Er darf reden oderschweigen, sich ausruhen oder Probleme wälzen und abladen. Er

kann unseren Ratannehmen oderverwerfen. Wasauch immer ge-schehen ist, er darfwiederkommen. Inunserem Haus gehtdas normale Lebenweiter, gleich obGäste anwesend

sind oder nicht. So können diese uns erleben in Hektik und Ruhe, sehen, wie wir miteinander umge-hen, Aufgaben teilen, Absprachentreffen, verschiedene Meinungen haben. Wer es mag, kann zum Essenbleiben. Wir teilen, was vorhanden ist:nicht mehr, aber auch nicht weniger.Viele erleben in unserer Wohnung,

22Sorge für die Modernisierungsverlierer

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was sie in ihrem Zuhause vermissen.Ebenso lassen wir uns einladen, besuchen Familien und Gruppen undverweilen dort, wie es die Missiona-re der Urkirche praktiziert haben.

Das Zugehen auf Menschen ist be-sonders wichtig. Viele würden vonsich aus nie auf uns zukommenoder unser Haus betreten. Kontak-te, tiefere und ernste Gesprächesind aber erst möglich, wenn Näheund Vertrautheit geschaffen sind.Wir mühen uns, deutlich spürbar jedem Menschen (besonders auchden Menschen aus den Randgrup-pen) mit Hochachtung und Wert-schätzung zu begegnen, wobei wirkeinen Hehl daraus machen, dasswir Böses und schlechte Taten ab-lehnen. Aber Wert und Würde desMenschen hervorheben, das Gute in seinen Anfängen bereits heraus-streichen, steigert die Neigung, dasGute weiterhin anzustreben und die positiven Seiten auszubauen.

Gespräche und Diskussionen überden Glauben entstehen von selbstüberall dort, wo Glaube gelebt wird.Wir sind überzeugt, dass Gott wach-sen lässt, wo wir in seinem Auftragsäen. Darum überreden und bedrän-gen wir nicht, aber wir verstecken

und verbergen den Glauben auchnicht. Da wir an das Wirken des Geistes glauben, warten wir auf-merksam und wach auf den Tag und die Stunde, wo Menschen sichöffnen. Ein Strafentlassener z. B.,der uns regelmäßig besucht, beteu-erte über ein Jahr lang vehement,dass er mit dem Glauben „nichtsam Hut“ habe. Wir bedrängten ihnnicht. Eines Tages erzählte er ganzselbstverständlich von seinen Vorstellungen über Gott.

In unserem Wirken wissen wir unsselbst als Beschenkte, die ihre Arbeit nur in der Kraft Gottes leistenkönnen.

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Der Freiraum

Stadtleben bedeutet zunächst die Emanzipation von Abhängig-

keiten und Auflösung vieler Bindun-gen. Wer in der Stadt lebt, fühlt sich frei, seinen Lebensstil selbst zu bestimmen. Er ist Drehbuchautor,Regisseur und Hauptdarsteller seinereigenen Lebensgeschichte. In derStadt sind die Kontakte meist flüchtig und anonym.Im rauen Wind der In-dividualisierung ver-sucht jeder, im Allein-gang sein Glück zumachen. Aber Stadtluftmacht nicht nur frei,sondern auch einsam.

Das Leben in der Groß-stadt ist temporeich.Moden und Trendswechseln einanderständig ab. Es passiertviel, und das meiste ist bald wieder passé.Die Mentalität desStädters entwickeltsich entsprechend. Esdominiert eine „surfende“ Lebens-einstellung, wobei alle darauf aus

sind, möglichst auf der richtigenWelle zu reiten. Man ist aufgeschlos-sen für alles Neue, aber man bleibtauf Distanz, man gibt sich „cool“.Bindungen, die darüber hinaus-gehen, sind selten und werdensorgsam ausgewählt. LangfristigeAbhängigkeiten sind eher hinderlich.

Der Freiraum

Die Liebfrauenkirche liegtzwischen der Zeil, der um-satzkräftigsten Verkaufs-straße Deutschlands, unddem Römerberg mit dem historischen Rathaus. Überdie Liebfrauenstraße gehenoder hasten viele tausendPassanten. Immer wiederlöst sich ein Mensch ausdem Strom, geht durch eingroßes Tor in den Innenhofder Liebfrauenkirche, ent-deckt einen weiten Raum mitzwei großen Bäumen, mit

einer überdachten Arkade und einerGrotte mit einer Lourdes-Madonna,

24Seelsorge mit Gesicht

Seelsorge mit GesichtCitypastoral I

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Obdachlosigkeitvor der viele Kerzen brennen. In dieLiebfrauenkirche führen mehrereTüren, durch die man unbeobachtethineingehen kann. Tausend biszweitausend Menschen besuchentäglich dieses Gotteshaus, beson-ders in der Adventszeit, wenn vomRömer bis zum Liebfrauenberg derWeihnachtsmarkt reicht.

Nebenan baute „Marks & Spencer“,eine Kaufhauskette aus London, eingroßes Geschäftshaus. Der Quadrat-meter Boden kostete 40.000,- DM.An dem Bauzaun zum neuen Kauf-haus stand als Graffiti geschrieben:„Marks & Spencer ist kein Kaufhaus,sondern eine Weltanschauung“.Was ist der Mensch in dieser Welt-anschauung? Nur Konsument undKunde? Nur interessant, solange erProfit bringt? Es ist gut, wenn dieKirche ihre Räume offenhält, ohnedie Absicht, den Menschen gleichzu vereinnahmen. Die Kapuzinerund Franziskanerinnen, welche dieseelsorgliche Verantwortung inLiebfrauen übernommen haben,stellen ihren Dienst unter das Wortihres Ordensstifters Franz von Assisi: „Wenn es dir gut tut, dannkomm!“ Der Kommende bestimmtNähe und Distanz, bestimmt, wasihm gut tut.

Psychische Obdachlosigkeit

Das klassische Merkmal eines Wohn-ortes ist die Beständigkeit. Doch dielöst sich heute immer mehr auf. Deräußeren Mobilität entspricht die innere Unbeständigkeit. Wir sindauf der Durchreise. Nicht Heimat,sondern Durchreise, nicht Aufent-halt, sondern Transit kennzeichnetdiese Welt. Ihr Symbol ist die viel-seitig verwendete Scheckkarte. Wirschalten uns ein in die verschiedenenNetzwerke, nehmen teil am Informa-tions- und Geldfluss. Jeder stummund anonym. Wir sind ständig unterwegs auf Datenautobahnen.Dabei wächst die Einsamkeit, diepsychische Obdachlosigkeit.

Es wächst auch die Sehnsucht nachHeimat, nach einem Zuhause. In derpsychischen Obdachlosigkeit kann eine Kirche wie ein „Dach für die See-le“ sein. Religion hat mit den Wurzelndes Menschen zu tun, mit seinerRückbindung an das Wahre und Gute,letztlich an Gott. Wo alle ethischenWerte auf den Prüfstand geraten unddie Orientierungslosigkeit groß ist,erwartet man von der Kirche Bestän-digkeit und Tradition. Sie steht aufFundamenten, die nicht der Modeund dem Trend unterworfen sind.

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GastfreundschaftGastfreundschaft

Ein Kapuzinerpater nahm bei schö-nem Wetter öfters zwei Stühle undsetzte sich in den Liebfrauenhof.Ein freier Stuhl, wie eine Einladung:Ich habe Zeit für dich! Du kannstdich zu mir setzen, wenndu magst! Der Stuhl warmeistens sofort besetzt.Diese Geste sagt genau,wie unser Sein in Lieb-frauen zu verstehen ist.

City-Seelsorge ist einladend undgastfreundlich. Der Seelsorgersteht nicht nur unter dem AuftragJesu, „geht in alle Welt und verkün-det“, sondern er nimmt auch dasWort Jesu auf, das dieser so häufigausgesprochen hat: „Komm!“

Es ist erstaunlich, wie oft diesesWort im Evangelium vorkommt:„Kommt, seht wo ich wohne!“ „WerDurst hat, komme zu mir.“ „Kommtzum Hochzeitsmahl!“ Mitten in denlauten Werbeparolen und zwischenden Marktschreiern einer City wirddie Einladung einer offenen Kir-chentür oder eines leeren Stuhlessehr wohl wahrgenommen undauch angenommen. „Wenn es dirgut tut, dann komm!“

Die Liebfrauenkirche ist wie einRasthaus am Wege. In der City,

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Besonders im Bereich der sogenanntenCity Pastoral und in kirchlichen Bil-dungshäusern gibt es ein Umfeld, in demzeitlich kurze, aber unter Umständen

sehr berührende religiöse Erfah-rungen möglich sind, die oft gera-de Fernstehende ansprechen.

(Zeit zur Aussaat 27)Neben denen, die in der vollensakramentalen Gemeinschaft ste-hen, gibt es aber auch viele, diemehr oder weniger am Rande desChristentums leben. Der blutflüs-sigen Frau im Evangelium gleichberühren sie „nur“ den Saum desMantels Jesu (Mt 9,20 ff). Auch inengagierten gesellschaftlichenGruppen kann Gottes Geist wirk-sam werden. Wo sich die Mitglie-der solcher Initiativen dessen be-wusst sind, wachsen sie auch indie Christusgemeinschaft hinein.Eine missionarische Kirche wirdnach Kontaktmöglichkeiten su-chen, auch diese Menschen aufihrem Weg zu begleiten.

(Zeit zur Aussaat 26 f)

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Option

Seelsorge mit Gesicht

wo alles in Bewegung ist, wo dieMenschen noch rascher laufen alssonst, da ist eine offene Kirche wieein gastfreundliches Haus, in dasjeder eintreten darf. Hinten in derLiebfrauenkirche sitzen oft die, dieihre schweren Einkaufstüten ab-stellen und eine Rast machen, umwieder Kraft zu schöpfen. Ein typi-sches Geräusch in unserer Kircheist das Rascheln von Plastiktüten.Gastfreundliche Räume sind in deräußeren und inneren Unrast unsererTage wichtig. Denn die kürzeste Definition von Religion heißt: Un-terbrechung (J. B. Metz).

Option für die Armen

„Nicht Worte, sondern Orte!“ heißteine wichtige Leitlinie der Seelsorge.Heute wird in der Kirche zu viel ge-redet, geschrieben, Drucksachenverteilt. Statt Worte braucht es Orte,an dem die Praxis des Glaubens erfahrbar wird. Bei der Einweihungdes „Franziskustreffs“, wo sich täglich etwa 100 Obdachlose zu Früh-stücksrunden versammeln, sagteBischof Franz Kamphaus: „DasBrot, das wir auf dem Altar brechen,steht in direktem Zusammenhang

mit dem Brot, das wir den Obdach-losen im Franziskustreff reichen.Unser Gottesdienst und unsere Verkündigung in Liebfrauen werdenglaubwürdig durch den Dienst, denwir an den Armen tun.“

Seelsorge mit Gesicht

Der Glaube entsteht und festigtsich in direkten menschlichen Be-ziehungen. „Seelsorge mit Gesicht“ist gefragt. Nur eine Begegnungs-und Beziehungspastoral kann dergegenwärtigen Tendenz zur Indivi-dualisierung etwas entgegen setzen.Menschen sind gefragt, die Zeit haben und zuhören können, die bereit sind, sich auf die Problemedes Anderen einzulassen.

Wichtig ist nicht, was wir alles tun,sondern was wir sind. Es gehtnicht zuerst um Gestellungsverträ-ge und Arbeitsaufträge, sondernum den Sauerteig, der das MaßMehl verwandelt. Eine Uroffenba-rung Gottes ist sein Name: ICH BINDA. Gottes Dasein auch heutesichtbar und lebendig zu halten inder City einer säkularisierten Stadt,ist unser Auftrag.

27Seelsorge mit Gesicht

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„Sterben ist nicht einfach Ende desLebens, sondern der letzte Ab-schnitt dieses Lebens, das ganz zuleben unsere Aufgabe und unserRecht ist. (...) Als Christen verstehenwir das Sterben als eine Chance fürden Menschen, dem Leben einen Abschlusszu geben, so dass wirdieses Leben Gottzurückgeben und an-bieten können. UnserGlaube, das Leben letztlich nur vor Gottverantworten zu müs-sen, macht den Hospiz-dienst frei, jeden Menschen, ohne Unter-schied seiner Rasseoder Religion, zu be-gleiten, ohne ihn beein-flussen zu wollen.“

Dies ist ein Auszug ausder Präambel zur Sat-zung des Hospizvereins„Emmaus“ in der katho-lischen Kirchengemeinde

Liebfrauen in Gevelsberg. Der Ver-ein hat 199 Mitglieder und koordi-niert den ambulanten Hospizdienstvon 28 ausgebildeten ehrenamtli-chen und 2 hauptamtlichen Kräften.

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Ein Zeugnis des Lebens

Die Begleitung Sterbender durch Hospizgruppen

In den Begegnungen und Beziehungen derMenschen untereinander ist das gelebteZeugnis immer eindrucksvoll. Wenn Men-schen aus dem Glauben leben und dadurcherkennen lassen, wie ernst der Glaube imLeben genommen wird, dann weckt dieses„Zeugnis ohne Worte“ den Wunsch, mehrvon diesem Glauben erfahren zu dürfen. Da-bei werden zentrale Fragen gestellt: „Warumverhalten sich Christen so? Warum leben sieauf diese Weise? Was - oder wer - ist es, vondem sie beseelt sind?“ Es ist eine „stille,aber sehr kraftvolle und wirksame Verkündi-gung der Frohbotschaft“ zu der „alle Chris-ten aufgerufen“ sind (EN 21). Denn der ersteSchritt zum Christwerden gründet in einerErfahrung, Menschen kennen gelernt zu ha-ben, die als überzeugte Christen leben.

(Zeit zur Aussaat 16)

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Sterbegleitung

Entstehungs-geschichte

Entstehungsgeschichte eines ambulanten Hospizes

Vorsitzender des Hospizvereins„Emmaus“ ist Ulrich Bauer, Pfarrerder Liebfrauengemeinde. Er gab imMai 1992 den Anstoß zur Gründungdes Vereins. Als bundesweit vonder katholischen Kirche die „Wochefür das Leben“ durchgeführt wurde,die auch Fragen der menschlichenSterbebegleitung behandelte, batPfarrer Bauer ein Gemeindemitgliedzu überlegen, ob auch in Gevels-berg Hilfen für ein menschenwür-diges Sterben angeboten werdenkönnten.

Helga Grams, die in der Kranken-pflege tätig war, nahm sich dieserIdee an. Es bildete sich ein Arbeits-kreis, der sich fast eineinhalb Jahreregelmäßig traf und in die Grün-dung des Hospizvereins „Emmaus“mündete. Seit Juni 1994 existiertder ambulante Hospizdienst. Er hatsich zur Aufgabe gemacht, Men-schen mit einer unheilbaren Krank-heit in der letzten Lebensphase inihrer häuslichen Umgebung zu begleiten. Dazu gehört auch die Unterstützung und Begleitung derAngehörigen von Sterbenden.

Heute ist Helga Grams die Koordina-torin des Hospizvereins. Ihr Arbeits-alltag lässt sich kaum vorherplanen.Immer wieder gehen unerwarteteAnrufe ein. Sogenannte „Feuerwehr-einsätze“ müssen durchgeführtwerden, wenn die Mutter, der Vateroder ein anderes Familienmitgliedstirbt. Hohe Flexibilität ist das oberste Gebot im Hospizbereich.Schnell muss abgewogen werden,was gerade am dringendsten ist.

Aus der Praxis der Sterbegleitung

So z.B. vor ein paar Tagen, als dieTochter eines älteren Mannes beimHospizverein anrief und erzählte,dass sie schon fast zwei Jahre ihren

29Ein Zeugnis des Lebens

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Vater versorge und pflege, jetzt körperlich und psychisch am Endesei und der Hausarzt ihr geraten habe, Kontakt mit dem Hospizvereinaufzunehmen. Helga Grams ist nocham gleichen Tag zu ihr gefahren.

Die Erfahrung hat sie gelehrt, dassAngehörige häufig viel zu langewarten und tatsächlich körperlichwie psychisch ausgebrannt sind,wenn sie Kontakt zum Hospizvereinaufnehmen. Nachdem sie einen Ein-druck von der häuslichen Situationder Tochter undihres Vaters be-kommen und einausführlichesGespräch mit derFrau geführt hat,ergreift HelgaGrams die wich-tigsten Maßnah-men. In diesemFall müssen un-bedingt ein Pfle-gedienst und einSchmerzthera-peut eingeschaltet werden. Darinähnelt sich der Beginn der Ster-bebegleitung oft: Es müssen erst einmal viele Bedingungen im Um-feld erschlossen werden, bis es zureigentlichen Begleitung kommt.

Über diese Begleitung berichtetHelga Grams anhand eines weiterenBeispiels. Im Januar letzten Jahreslag eine Mutter, die in der örtlichenGemeinde sehr engagiert war, imSterben. Helga Grams lernte eineFrau kennen, die stark im Glaubenverwurzelt war und offensichtlichnur noch den einen Wunsch hatte,wirklich gehen zu können. Aber siekonnte es nicht. Der Grund war,dass die Angehörigen sie nicht los-lassen konnten. Sie hatten gewis-sermaßen ein „Überwachungskom-

mando“ installiert, so dassdie Mutter zu keinem Zeit-punkt allein war.

Helga Grams hat in dieser Situation ein ausführlichesGespräch mit den Angehöri-gen geführt und nach ihrenErwartungen und Ängstengefragt, wenn die Muttersterben sollte. Es stellte sichheraus, dass die Angehöri-gen ständig das Gefühl hat-ten, sie hätten nicht genug

für ihre Mutter getan. Als dann eineSituation eintrat, in der nur nochdie Tochter im Hause war und in der Küche zu tun hatte, starb dieMutter. Sie war nur fünf Minuten alleine gewesen.

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Fundament

Zuhören und mitgehen

Helga Grams erinnert sich an eineweitere Sterbebegleitung von einer36-jährigen Mutter zweier vier- undachtjähriger Kinder. Sie war mit der Diagnose Brust-krebs als nicht heilbarnach Hause entlassenworden. Diese Fraukonnte sich zunächstnicht auf seelsorglicheoder psychologischeGespräche einlassen.Sie lief zu Beginn desBesuches von HelgaGrams „wie ein wildesTier“ durch den Raum.Sie sah sich vor einemBerg von Verpflichtungen und an-deren Dingen, die sie noch regelnmusste, merkte aber gleichzeitig,dass ihre Zeit immer kürzer wurde.Während die Frau im Zimmer um-her lief, musste sie immer wiederbrechen und spucken.

Helga Grams tat das einzig Möglichein dieser Situation: Sie ist mit ihrgerannt, hat sie untergehakt undaufgefordert, das auszuspucken,was sie belastet. Mit der Zeit wur-de die Frau ruhiger. Sie erzählte,dass ein Pfarrer sie vorher besucht

hatte und ihr klarmachen wollte,sie solle ihre ganzen Sorgen inGottes Hände geben. Dies konntesie jedoch nicht, der Rat des Pfar-rers hatte sie vielmehr so aggressivgemacht, dass sie ihre Wut nicht

mehr verbalisie-ren, sondernnur noch aus-spucken konnte.Nach diesemGespräch hatdie Frau HelgaGrams aus demHaus gewiesen,jedoch nachzwei Tagen wie-der in ihre Woh-nung geholt und

schließlich ausführlich darüber reden können, was der Besuch desPfarrers bei ihr ausgelöst hatte.

Das eigene, innere Fundament

Diese und andere Formen der Ster-bebegleitung erfordern es, dass die Begleiterin bzw. der Begleiterselbst auf einem sicheren innerenFundament stehen, um die Situa-tionen mit aushalten zu können.

31Ein Zeugnis des Lebens

Zuhören und mitgehen

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Wandel

Helga Grams benennt für sich einereligiöse Motivation. Sie ist davonüberzeugt, dass sie an dieser Stelletätig werden soll, an der sie steht.Es ist für sie wichtig, ihre eigeneMitte zu finden, ihre Bodenständig-keit zu haben. Sie versucht immerwieder, Mittel und Wege zu finden,zur Ruhe zu kommen, sich Zeit zu nehmen, um daraus Kraft zuschöpfen. Gleichzeitig ist es für siewichtig, Menschen zu haben, beidenen sie sich aufgehoben fühltund die diesen Dienst bejahen undunterstützen.

Im Laufe der Jahre hat sich dasGottesbild von Helga Grams gewan-delt. Aufgewachsen in einer strengkatholischen Familie, hatte sie lediglich einen strafenden und zufürchtenden Gott kennen gelernt,„der am Jüngsten Gericht jedenzur Rechenschaft zieht, der nichtbrav war“. Durch die Konfrontationmit Leid und Tod in der Hospiz-arbeit wird ihr Gott immer mehrdeutlich als der gütige und wohl-wollende Gott, den sie spüren und erleben kann.

Wandel des öffentlichenBewusstseins

Der Hospizverein „Emmaus“ ist imgesamten südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis bekannt. Er macht keinegroße Werbung, sondern lebt alleinvon der Mund-zu-Mund-Propagan-da. Inzwischen ist das Bewusstseinin der Bevölkerung gewachsen, sichmehr mit dem Sterben und der Ster-bebegleitung auseinander zu setzen.

Diese Entwicklung ist bei den In-formationsveranstaltungen zuspüren, die vom Hospizverein jähr-lich einmal in der Innenstadt vonGevelsberg durchgeführt werden.Beim Verkauf von Plätzchen infor-mieren Mitglieder des Vereins überihre Arbeit. Während der ersten

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die Betroffenen

zwei Male kauften zwar viele Pas-santen die Plätzchen, verließen da-nach aber fluchtartig den Stand, dasie befürchteten, man könnte sichvielleicht mit irgendetwas an-stecken, wenn man länger über dasSterben redet. Dieses Verhalten derPassanten hat sich in den letztenJahren gewandelt. Heute wartenviele bereits darauf, dass der Hos-pizverein wieder eine Informations-veranstaltung in der Stadt durch-führt, und sprechen lange mit denVereinsmitgliedern am Stand. DerVerein merkt auf diese Weise, dasser als eine sinnvolle und wichtigeEinrichtung akzeptiert ist.

Es geht um die Betroffenen

Eine Regel aus der Sterbebeglei-tung ist auch in Situationenmenschlicher Begegnung bedeut-sam, die weniger existentiell sind.Der Sterbende stirbt seinen Todselbst und keiner kann wissen,wie gestorben wird. Die Begleite-rin bzw. der Begleiter spielt des-halb immer die zweite Melodie imHintergrund. Daraus ergibt sichdie Grundhaltung, in vielen Dingen

sehr zurückhaltend zu sein undsich regelmäßig zu vergewissern,was für den Sterbenden in einerbestimmten Situation passend ist. Es geht nicht darum, was für die Begleiterin bzw. den Be-gleiter passend ist.

Dies ist eine zutiefst christlicheGrundhaltung. Im Bischofswort„Zeit zur Aussaat“ wird das ent-sprechende Verhalten als „indirekteVerkündigung“ bezeichnet. „An derWeise, wie Christen miteinanderumgehen, sich Menschen öffnen,vermögen andere sie als Christenzu erkennen und dem Inhalt derchristlichen Botschaft Glauben zuschenken.“ (Zeit zur Aussaat 17)

33Ein Zeugnis des Lebens

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Phasen

Das ökumenische Projekt „neuanfangen“ ist eine gemeinsame

Aktion evangelischer, katholischerund freikirchlicher Gemeinden.„neu anfangen“ hat zum Ziel, mitmöglichst vielen Menschen in einerRegion über den Glauben ins Ge-spräch zu kommen.

Das Telefon dient dabei als Kon-taktbrücke. In einer einmaligen Aktion werden alle Haushalte inder jeweiligen Region per Telefonangesprochen: Es wird über dasProjekt informiert und zur weiterenInformation und Vertiefung ein Taschenbuch als Geschenk ange-boten. In diesem, für jedes Projektneu erstellten Buch berichten Menschen aus der Region, was ihnen der christliche Glaube inihrem Leben bedeutet.

Interessierte, die das Taschenbucherhalten haben, werden nach einiger Zeit erneut angerufen undzu Gesprächsrunden eingeladen.

An fünf bis sechs Abenden treffensich Menschen in kleinen Gruppen,um in privater Atmosphäre mitein-ander über Fragen des Lebens unddes Glaubens zu sprechen.

Die Phasen des Projektes

Ein solch umfassendes Projekt kannnur gelingen, wenn den einzelnenSchritten genügend Zeit gelassenwird. Von der ersten Information biszur abschließenden Auswertungkönnen durchaus drei bis vier Jahrevergehen.

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„neu anfangen“

Ein missionarischesökumenisches Projekt

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Information und Entscheidung

• Einladung an alle Gemeinden inder Region

• Informationsvermittlung auf verschiedenen Ebenen

• Beratung der verantwortlichenGemeindegremien und Beschlussüber ihre Beteiligung

Vorbereitungsprozess (ca. 1 1/2Jahre)

• Bildung der Leitungsgremien undAusschüsse (Öffentlichkeitsarbeit,Taschenbuch, Mitarbeiterschu-lung, Finanzen, Organisation)

• Erstellen des Projektbuches als„Visitenkarte“ des Projektes

• Erarbeitung eines Leitfadens für die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter

• Motivieren und Gewinnen vonMitarbeiterinnen und Mitarbeitern

• Begleitende Öffentlichkeitsarbeit

• Öffentliche Buchvorstellung

• Schulung der Mitarbeitenden zur Vorbereitung der Telefon- und Besuchskontakte sowie der Gesprächskreise

Aktionsphase (etwa 9 bis 11 Wochen)

• Ökumenischer Sendungsgottes-dienst

• Telefonkontakte (Erstanruf): AlleTelefoninhaberinnen und Telefon-inhaber der Region werden ange-rufen und bekommen das Projekt-buch angeboten.

• Überbringen des Taschenbuches

• Zweitanruf: Alle Empfänger desTaschenbuches werden zu den„Wohnzimmerrunden“ eingeladen.

• Gesprächskreise („Wohnzimmer-runden“): Fünf bis sieben Abendezum Gespräch über Fragen desGlaubens und Lebens, über Gottund die Welt; diese Gesprächewerden von je zwei ehrenamtlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeiterngeleitet und umfassen jeweilssechs bis zehn Personen.

Abschluss und Auswertung

• Ökumenischer Abschluss-gottesdienst

• Kritische Auswertung der gesamten Aktion durch die Verantwortlichen

• Erstellen eines Abschluss-berichtes

• Überlegungen zur Weiterarbeit

35„Neu Anfangen“

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Gewinn

Was bleibt nach dem Projekt?

Zunächst gehört zur Projektideeder Grundsatz: Das Projekt hat ein definitives Ende. Mitarbeiter-innen und Mitarbeiter, die sich auf„neu anfangen“ einlassen, wissenvorher, wie viel Kraft und Zeit esihnen abfordert.

Der Erfolg des Projektes bemisstsich nicht danach, wie viele Menschen in die Kirche eintreten,wie viele jetzt wieder zu einemDauerkontakt mit ihrer Gemeindegefunden haben oder wie viele Gesprächskreise bestehen bleiben.Welche Impulse vom Projekt in denweiteren Prozess der Gemeinde-entwicklung einmünden, ist nichtplanbar. Jedoch sollten sich die Verantwortlichen die Fragen stellen:Wohin können Menschen einge-laden werden, die über das Projektneu auf ihre Kirchengemeinde aufmerksam geworden sind? Wel-che Formen von Gemeindearbeitsind geeignet, die Impulse von

„neu anfangen“ weiterzuführen?Welche Aktionen soll es ggf. in Zukunft in der Region geben?

Festzuhalten bleibt, dass das Er-gebnis von „neu anfangen“ nichtdeckungsgleich ist mit der Zahl deranschließend sichtbar werdendenInitiativen. Was bei Einzelnen per-sönlich angestoßen wird, entziehtsich der statistischen Nachprüf-barkeit.

Welchen Gewinn bringt dasProjekt „neu anfangen“?

Folgende Impulse können von die-sem Projekt ausgehen:

• „neu anfangen“ bricht in einer Region das Tabu „über Glaubenspricht man nicht“.

• Durch „neu anfangen“ werdenMenschen erreicht, die in Distanzzur Kirche leben oder denen dieKirche distanziert gegenübersteht.

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Zahlen und Fakten

• „neu anfangen“ belebt die Ökumene vor Ort.

• „neu anfangen“ fördert gemeinsa-me Spiritualität und fordert zu ihrheraus.

• „neu anfangen“ lässt Frauen undMänner mit ihrer je eigenen Kompetenz zum Zuge kommen.Sie wachsen an den Herausfor-derungen.

• „neu anfangen“ bringt einen Identitätsgewinn für Einzelne und Gemeinden.

Zahlen und Fakten

Das Projekt wurde in einem Zeit-raum von fünfzehn Jahren (1985-2000) in mehr als 30 Regionen inDeutschland durchgeführt. Zu denRegionen gehören großstädtischeRäume (z.B. Augsburg, Braun-schweig, Hamburg oder Hannover),mittlere Zentren (z.B. Wetzlar, Marbach, Bayreuth) und ländlicheGebiete (Winsen a. d. Luhe, Rimbach/Bergstraße, Rheingau,Neckar-Ermstal-Alb). Die Projekt-regionen verteilen sich auf fast alle Gegenden Deutschlands. Auchaus dem Bereich der „neuen Bundes-länder“ (Potsdam) liegen inzwischenerste Erfahrungen vor.

Insgesamt haben an den über 30Projekten etwa 650 Gemeinden(evangelisch, katholisch, freikirch-lich) mitgearbeitet; es bildeten sichca. 6300 Gesprächsgruppen und ca. 21.000 ehrenamtliche Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter haben sichengagiert.

Reaktionen/Erfahrungen

In den Abschlussberichten der örtli-chen Projekte finden sich immerwieder Aussagen von Mitarbeiterin-nen und Mitarbeitern zu ihren Er-fahrungen und Äußerungen vonMenschen, die am Telefon erreichtwurden. Hier heißt es z. B.:

• „Jetzt musste ich erst 90 Jahre altwerden, bis sich die Kirche malbei mir meldet.“

• „Sie müssen das alles noch malmeiner Frau erzählen, die ist fürKirche zuständig.“

• „Ihre Stimme ist sehr sympa-thisch, schon allein deswegenmüsste ich das Buch nehmen, nurbin ich leider Atheist.“

• „Von alleine wäre ich nie gekom-men, ich habe darauf gewartet,dass sie mich ansprechen.“

37„Neu Anfangen“

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• „Es gab schon immer eine Zwangs-verbindung zwischen ihrer Kircheund mir, ich werde sonntags im-mer von den Glocken geweckt.“

• „Ich glaube an Gott und bin den-noch aus der Kirche ausgetreten.Christsein und Kirche stimmen leider oft nicht überein. Aber zumGesprächskreis komme ich!“

• „Nein, das Buch will ich nicht. Ichbin gerade mit Gott im Clinch!“(Die Angerufene nahm das Buchaber schließlich dann doch!)

• „Ach, ich habe mich so auf ihrenAnruf gefreut! Ich bin so einsam!“(Dame, 82 Jahre)

• „Mir geht’s rund um gut. Ich wüss-te nicht, warum ich neu anfangensollte.“

• „Ah, ihr seid ökumenisch. Daskommt mir gerade recht, meineFrau ist nämlich evangelisch!“

• „Das wurde aber endlich mal Zeit,dass so was geschieht!“

Auf die Frage an Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter „Was waren für Siebesonders wertvolle Erfahrungen?“finden sich u. a. folgende Antworten:

• „Dass ein Bedarf an Gesprächenüber den Glauben da ist, die Teil-nehmerinnen und Mitarbeiter sehr

offen über ihren ganz persönli-chen Glauben sprachen.“

• „Dass die Teilnehmerinnen undTeilnehmer, darunter auch derKirche distanziert gegenüber Stehende, interessiert mitarbei-teten.“

• „Die aufrichtige Sehnsucht nachGotteserfahrungen; das Suchen,das Bemühen der Teilnehmerin-nen und Teilnehmer war sehr bewegend.“

• „Die Aussage einer Frau über fünfzig, dass dies seit der Zeit ihres Religionsunterrichtes zumersten Mal sei, dass sie mit ande-ren über ihren Glauben spreche;unter Arbeitskollegen, Bekanntenund Verwandten schimpfe man allenfalls über die Kirche.“

• „Zu spüren, dass es in der Ge-sprächsrunde wirklich Teilnehmergab, für die dieses Angebot eineLücke in ihrem Leben ausgefüllthat.“

• „Das gegenseitige Sich-anneh-men und das Dabei-sein vonzwei aus der Kirche ausgetrete-ner Mitmenschen, die lebhaftteilnahmen.“

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Ein missionarisches

Projekt?

Ein missionarischesProjekt?

Mission geschieht hier im Dialog, inder Begegnung, im Gespräch. DieWahrheit des Glaubens will immerwieder neu in der jeweiligen Situa-tion erschlossen werden. Was dasEvangelium heute bedeuten undbewirken kann, gilt es im Gesprächzu entdecken, zu vermitteln undsich gegenseitig zuzusagen – alsEinladung zum „neu anfangen“.

39„Neu Anfangen“

Wichtig sind auch die vielfältigen An-gebote in Gesprächs- und Arbeitskrei-sen, Bibelkreisen („Bibel teilen“),Glaubenskursen und -seminaren, dieu. a. von Gemeinden, Verbänden,geistlichen Gemeinschaften und vonden Bildungswerken veranstaltetwerden. Hier besteht die Möglichkeitzum Dialog, denn Menschen wollenzu Wort kommen, ihre Fragen und Be-denken anbringen und so den Glau-ben vertiefen.

(Zeit zur Aussaat 20)

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„Tag der Frau“

Frausein entdecken, bejahen, entfalten –Projekt „Tag der Frau“

Im Jahr der Frau 1994 veranstal-tete die Schönstatt-Mütterligaeinen Frauenkongress, bei demvor allem Chancen der Frauenausgelotet und die Bewährungder Frau in Kirche und Gesell-schaft thematisiert wurden. AusSicht der Verantwortlichen soll-te dieser Prozess wiederholtbzw. fortgeführt werden, aberdurch dezentrale und kürzereVeranstaltungen, um Frauen zu

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Biotope des Glaubens

Christliche Gemeinden, Ge-meinschaften und die neuengeistlichen Bewegungen bie-ten den Menschen einen Le-bensraum an. Sie helfen demMenschen, der nach Sinnsucht, in einem Netz von Be-ziehungen den Glauben zu er-fahren und zu leben. Dabei geht esnicht um ghettoartige Fluchtburgenin einer pluralistischen Welt. Viel-mehr werden die geistlichen Gemein-schaften und Bewegungen gerade imKontakt zu anderen Initiativen in derKirche der missionarischen Verkün-digung dienen. Die Vielfalt der Ge-meinschaften und Bewegungen hilftsuchenden Menschen, auf eine ihnenjeweils entsprechende Weise dieAntwort des Glaubens zu finden. FürMenschen, die nach einem intensi-ven und erfüllenden Glaubenslebenstreben, ist das besondere Profil ei-ner solchen Gruppe wichtig.

(Zeit zur Aussaat 25)

Der M chtige hat Grosses an mir getan

(Lk 1,49)Frauen ermutigen

ä„“

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Durchführung

erreichen, die nicht zur Schönstatt-bewegung gehören, auch Frauenaus anderen christlichen Kirchenund Frauen, die auf der Suche sindnach Kontaktmöglichkeiten undgeistlicher Wegbegleitung. So ent-stand der „Tag der Frau“ als offe-nes Angebot für Frauen aus allenSchichten, wobei insbesondere junge, berufstätige Frauen ange-sprochen werden sollten.

Der „Tag der Frau“ will Lebenshilfegeben, Freude am Frausein vermit-teln, Frauen ermutigen, ihre Talentezu entdecken und zu entfalten undinsbesondere ihr Wertbewusstseinals Frau stärken. Der „Tag der Frau“,der im Jahr 2001 bereits zum sieb-ten mal veranstaltet wird, erreichtjährlich ca. 5.000 Frauen in den alten und neuen Bundesländern.

Zur Durchführung

Für den Tag der Frau wird ein the-matischer Schwerpunkt gewählt,der im Ablauf des Jahres an ver-schiedenen Orten mit gleichblei-benden Elementen durchgeführtwird. Einem Vortrag folgt ein aus-führlicher Austausch in Gesprächs-gruppen. Zum Abschluss des Tages

wird im Plenum eine meditativeVertiefung angeboten, die in denAlltag „mitgenommen“ werdenkann. Um den intensiven Prozessüber den Tag hinaus fortzusetzen,werden von den Referentinnenweiterführende Impulse zum „Tagder Frau“ als Broschüre zur Verfü-gung gestellt.

In den zurückliegenden Jahren wurden beim Tag der Frau folgendeImpulse vermittelt:• „Lieben statt konsumieren“ (1995)• „Mich selbst groß sehen“ (1996)• „Mein inneres Gleichgewicht

finden“ (1997)• „Der Wunsch, spontan und auf-

recht zu lieben“ (1998)• „Einfach ich selbst sein“ – Gelas-

sen leben (1999)• „Wer, wenn nicht du!“ – Gib dem

Jahrtausend d(ein) Gesicht! (2000)

Der „Tag der Frau“ 2001 hat zumThema: • „Mir in die Hand gegeben – Meine

Begabung als Frau entfalten.“ Zu diesem Tag wird mit folgenden Worten eingeladen: „Uns als Frauensind besondere Gaben in die Handgegeben. Wenn wir sie wahrnehmenund entfalten, werden wir selbstglücklich und verändern das Klima inunserer Welt.“

41„Der Mächtige hat Grosses an mir getan“

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Herausforderung

Beim ersten Tag derFrau im dritten Jahr-tausend geht es umfünf Weisheitsregeln,wie wir unsere eigentli-che Begabung entfal-ten und dadurch Aus-strahlung und Einflussauf unsere Umgebunggewinnen können.

• Mich nicht hetzen lassen: „Ich bleibe bei mir“.

• Mich nicht hängen lassen: „Ich gebe nicht auf“.

• Mir nichts Negatives erlauben: „Ich achte auf mich“.

• Mir nichts vormachen: „Ich bleibe ehrlich“.

• Mich nicht festfahren: „Ich lerne lächeln“.

Eine Frau, die diese einfachen Le-bensweisheiten in sich wirksamwerden lässt, verbreitet eine beson-dere Atmosphäre: eine Atmosphäreder Entspanntheit, der Kraft, derWürde, der Klarheit und der heite-ren Gelassenheit.

In den Vorträgen werden entspre-chende Schritte gezeigt. In einermeditativen Vertiefung wollen wirbetrachten, wie der christlicheGlaube hilft, diese Begabung immervollkommener zu entfalten.

Der Tag der Frau ist von Inhalt undAblauf her durch eine ressourcen-orientierte Pädagogik geprägt. Dieteilnehmenden Frauen könnendurch die thematischen Impulse, imAustausch mit anderen Frauen ausunterschiedlichen Lebenskontextenund durch meditative Einübungkonkret erfahren: „Der Mächtigehat Großes an mir getan“. Diese Hilfen zur Selbstentfaltung undWertschätzung der Frauen wollendas Klima in den Familien und inder Gesellschaft verändern.

Gesellschaftliche Herausforderung

Was unsere Gesellschaft brauchtsind viele Einzelne, die sich voninnen her für das Ganze verantwort-lich halten. Verantwortung ist keingroßes Wort, sondern die Bereit-schaft, als diese konkrete Frau zuantworten auf das, was hier undjetzt von mir gefordert ist.

• Das können die eigenen Kindersein, die ich verantwortlich undkonsequent erziehe, damit sie als Erwachsene mit dem Lebenzurecht kommen.

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Beispiel

• Das kann jemand in der Firmasein, der im Moment menschlicheNähe bräuchte, ohne sich zu einem Gespräch aufzudrängen.

• Das kann die Frau sein, die im Zugzwei Stunden neben mir steht undmit mir über die Vertretbarkeitvon Abtreibung diskutiert. - Viel-leicht hat sie selbst entsprechen-de Vorerfahrung, vielleicht suchtsie innerlich mehr als das, was sie bisher an Einsichten hat. Esfordert viel, hinzuhören, sie aus-reden zu lassen, sich in ihren Er-fahrungsbereich einzufühlen, dannaber auch die eigene Meinungund die Beweggründe für die ei-gene Sicht zu nennen.

Es sind mikroskopisch kleine Verän-derungen am „Gesicht“ der Gesell-schaft, aber gerade diese sind ent-scheidend (M. Nurit Stosiek).

Das geglückte Beispiel

Die Bewusstmachung der Würdeder Frau geschieht durch Blick aufMaria als gelungener Entwurf vonFrausein. In den meditativen Übun-gen werden den Teilnehmerinnen

frauengemäße Hilfen gegeben füreine Spiritualität im Alltag.

Maria ist eine Frau, die sich entfal-tet, indem sie sich fordern lässt:

Als sie gerade selbst ein Kind er-wartet, erfährt sie, dass Elisabet,die schon im vorgerückten Alter ist,in wenigen Monaten ihr erstes Kindzur Welt bringen wird. Sie fühlt sichein, wie es Elisabet dabei gehenmuss - und geht zu ihr.

Eine andere Szene: Die Hochzeit,bei der der Wein ausgeht. Mariakönnte denken, ich bin Gast, wasgeht das mich an. Aber sie bringtsich ein, fordert ihren Sohn auf, etwas zu tun, um den Leuten ausder Verlegenheit zu helfen.

Maria ist eigentlich immer„dazwischen“, wir erfahrenin der Bibel wenig von ihrenganz persönlichen Fragen.Offenbar wurde sie so er-lebt: Als die Frau, die dawar, die etwas bewegte, dieda Verantwortung trug, woes nötig war, zurückhaltend,aber mit großer Kraft - mitder Kraft der gezähmtenFreiheit. (M. Nurit Stosiek)

43„Der Mächtige hat Grosses an mir getan“

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Die Stadt

www.ffnfuncity.de

Ich bin Priester einer Kirche, die es eigentlich gar nicht gibt. Zu-

mindest ist sie auf keiner geogra-fischen Landkarte zu finden, be-steht nicht aus Stein oder Zementund hat auch keine eigentliche Gemeinde. Aber sie trägt doch einen vertraut kirchlichen und zugleich missionarischen Namen: St. Bonifatius in www.ffnfuncity.de.

Die Stadt

Zunächst ein Wort zur „Stadt“, in der sich diese Kirche befindet.Funcity ist ebenfalls keine „ech-te“, sondern eben eine virtuelle

Stadt im weltweiten Datennetz. Fünf nord-deutsche Hörfunksen-der haben sie vor vierJahren erfunden als eine Ergänzung zum je-weiligen Radiopro-gramm und als Inter-net-Treffpunkt für ihreHörerinnen und Hörer.Jeder Internetnutzer

kann Funcity mit seinem Computerals Gast besuchen und sich dort eine Wohnung und damit eineneMail-Briefkasten einrichten. Ein U-Bahn-Netz leitet Bürger und Gästedurch die Stadt. Im jeweiligen Funkhaus kann man einen Blick ins(echte) Studio werfen und den Mo-deratoren bei der Arbeit zuschauen:Die Web-Kamera macht´s möglich.

Flagge zeigen in Funcity

Seelsorge im Internet

Funcity44

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„Funcity“

In den verschiedenen Chat-Cafés(aus dem Englischen „to chat“ –plaudern) treffen die Internetbesu-cher auf andere Funcity-Besucherund können sich mit ihnen unterhal-ten. Es gibt Geschäfte, in denen maneinkaufen kann, Banken und Versi-cherungen mit ihren jeweiligen Angeboten. Es gibt die Spaß-Börse,den Sportpalast, die Konzertkasse,ein Lehrstellenvermittlungsbüro undandere Orte, an denen sich die „Fun-citizens“, wie sich die Einwohner vonFuncity stolz nennen, informierenund amüsieren können. Die Funcitysteht in der Liste der am häufigstenaufgerufenen Internet-Angebote inDeutschland mittlerweile auf Platz 8.

Mitten in Funcity, zwischen Pres-sehaus, Sportstadion und anderenGebäuden, findet man seit April1998 eine Kirche. „Eine Stadt ohneKirchturm ist einfach nicht kom-plett“ – dachten sich die Betreiberund fragten 1997 zunächst bei derevangelischen und nach einer Absa-ge dann bei der katholischen Kirchean, ob man sich vorstellen könnte,hier im Internet, auf einer Plattform,die schon damals monatlich eineknappe Million Besucher zählte, inirgendeiner Form „mit dabei“ zusein. Klare Vorgaben wurden da-

mals nicht gemacht; man schluguns vor, den Grafiker der Spaßstadtdamit zu beauftragen, uns kosten-los eine Kirche zu zeichnen, hinterder sich ein eMail-Briefkasten ver-bergen und eventuell auch ein Chat-raum eingerichtet werden könnte,den wir dann im Gegenzug offiziellund kirchlich zu betreuen hätten.

Bischof Homeyer hat damals nacheinigem Überlegen seine Zustim-mung zu diesem experimentellenProjekt gegeben. Als Konsequenzdaraus errichtete im Frühjahr 1998die Rundfunkabteilung der Bern-ward Mediengesellschaft in dieserStadt eine Kirche als dezidiert seel-sorgerisches Angebot in einem sä-kularen Umfeld. Denn Funcity istkeine kirchliche Plattform – wir mischen als Kirche hier nur mit. DieLeute, die auf die virtuelle Stadt zugreifen, sind nicht auf der Suchenach irgend etwas Kirchlichem, sondern sie wählen sich hier – ganzzeitgemäß ? – unter dem Stichwort„fun“ ein. Und auf der Suche nachfun stoßen sie, meist zur eigenenÜberraschung, auf unsere kleineKirche (Anfragen an uns beginnenoft mit dem erstaunten Satz: „Istdas ein Gag oder seid ihr wirklichvon der ‚echten’ Kirche?“).

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Chat

Fürbittbuch

Der Bischof beauftragte michschließlich, hier einfach mal „ad experimentum“ mitzumischen undeine neue Form, wenn auch nichtder Seelsorge, so doch der „seel-sorglichen Präsenz“ im Internet zuerproben, Möglichkeiten auszuloten– und Grenzen zu benennen.

Am 6. April 1998 ging die Funcity-Kirche online und erhielt vom Hildes-heimer Weihbischof Hans-GeorgKoitz ihren programmatischen Namen. Die „Kirchweihe“ wurde imInternet und von den beteiligten Radiostationen live übertragen. Eine neugierige Presse und Mund-zu-Mund-Propaganda machten „St. Bonifatius“ vom Geheimtippschnell zu einer Top-Adresse. In-zwischen registriert die Funcity-Kirche monatlich rund 75.000 Besu-che, Funcity als solches 1,5 Millionenmonatliche Zugriffe. Parallel zumstark wachsenden Bekanntheits-grad unserer Kirchenplattform inFuncity wurde das Team der Seel-sorger in diesem Projekt kontinuier-lich verstärkt (zunächst war ich allein, dann mit drei Mitbrüdern,heute stehen 21 Seelsorger, Priester,Laientheologen und evangelischeKollegen als Ansprechpartner für die„Surfer“ zur Verfügung).

Das seelsorgliche Angebot

Chat

Zunächst gibt es im Innenraum derFuncity-Kirche den Live-Chatraum,in dem zweimal wöchentlich jeweilsvon 21-23 Uhr mindestens zweiSeelsorger anwesend sind, die zuFragen des Glaubens Stellung neh-men und zu einer Diskussion unterden Chat-Teilnehmern anregen. Damit erzielen wir eine relativ großeAufmerksamkeit. Nüchtern betrach-tet bleibt das Chatten jedoch oftziemlich oberflächlich. Eine Ausnah-me bildet ein geschützter Privat-Chatraum, der einen direkten Kon-takt zwischen einem einzelnen Surfer und dem jeweils anwesen-den Seelsorger ermöglicht. Aus denoberflächlichen Kontaktaufnahmenin diesem Rahmen entwickeln sichoft persönliche Mailkontakte übereinen längeren Zeitraum.

Fürbittbuch

Wir haben in der Funcity-Kirche die Funktion eines Fürbittbuchesangebracht, in dem die Surfer eigene Texte hinterlassen können.

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eMail-KontaktUnsere Erfahrung ist, dass hier neben eher traditionellen Gebetenauch sehr unkonventionell formu-lierte persönliche Nöte und religiös-spirituelle Probleme ihren Platz fin-den und damit aktuelle Gebetsan-liegen in einer ganz neuen Spracheauftauchen. So hat es z.B. nach demICE-Unglück in Eschede im vor-letzten Jahr nur einige Stunden gedauert, bis die ersten Bitten fürdie Opfer, Überlebenden und Helferdort zu lesen waren. Hier findensich zudem immer wieder persönli-che Bekenntnisse und Gedichte,geistliche Selbstoffen-barungen, die erstaun-lich tief sind. Wir alsSeelsorger haben esuns zur Aufgabe ge-macht, die Gebete, diedie Surfer in dieses Forum einbringen, auchtatsächlich in unsereprivaten Gebetsanlie-gen mit aufzunehmenbzw. in unseren Jugendgottesdiens-ten im Rahmen der „echten“ Fürbit-ten zu verlesen. Das stößt immerwieder auf ein sehr positives Echo,weil es in einer besonders direktenWeise „Gebete direkt aus dem Le-ben“ junger Menschen sind.

eMail-Kontakt über das „Haus der Seelsorger“

Vom Vorraum der Funcity-Kircheaus kann das „Haus der Seelsor-ger“ erreicht werden, in dem inzwi-schen 21 Mitarbeiter eine Homepagehaben, über die sich der jeweiligeSeelsorger vorstellt und via eMailauch direkt erreichbar ist. Der we-sentliche seelsorgerische und auchzeitintensivste Teil unserer Arbeitfindet über diese persönlicheneMail-Anfragen statt. Hier kommenexistentielle Fragen von Menschen

zwischen 12und etwa 50Jahren zurSprache, diesonst wohlnur seltenden Weg ineine richtigeKirche fin-den. Bei eini-gen dauert

die Begleitung über mehrere Wo-chen. Hier geht es uns nicht sosehr um Problemlösung als viel-mehr um Wegbegleitung und Wei-tervermittlung.

Funcity

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Grenzen

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GemeindebriefGemeindebrief

Zum Weihnachtsfest 1999 haben wiran alle 175.000 in „Funcity“ regis-trierten Surfer eine Weihnachts-eMail abgeschickt, die knapp gehal-ten und im Ton und Inhalt auf die ju-gendlichen Surfer abgestimmt war.Aus dieser Mail hat sich ein regel-mäßiger „Gemeindebrief“ mit kurzenGlaubensimpulsen entwickelt, derseitdem an jedem Sonntag an alldiejenigen verschickt wird, die sichin den Verteiler eingetragen haben.Es sind durch den Schneeballeffektinzwischen zum größten Teil Emp-fänger, die mit Funcity nichts zu tun haben, aber den Gemeindebriefvon Freunden zugesandt bekommenund jetzt selber in unserem Verteilerstehen.

In der Funcity-Kirche kommen auf eine sehr unmittelbare Weise Fragenund Probleme zur Sprache, die in derGemeindeseelsorge oft einer sehrlangen Anlaufphase bedürfen bzw. in dieser Form (leider) gar nicht auf-tauchen. Im Rahmen von Funcity ist die Schwelle, die ein Surfer zu über-winden hat, um uns anzusprechen,

ausgesprochen niedrig. Der Priesterist eben nur „einen Mausklick weit“entfernt. Wie ist das in unseren Gemeinden? Bei den vielfältigen Be-anspruchungen, in denen ich michin der „normalen“ Gemeindeseel-sorge wiederfinde, vermisse ich oftschmerzlich diese wirklich seelsor-gerische Seite meines Tuns.

Grenzen der Internetseelsorge

Sollte Seelsorge nicht in einem Idealfall doch eher über unmittelba-ren zwischenmenschlichen Kontaktgeschehen, weil nur damit der„Raum der Unverbindlichkeit“ auf-gebrochen wird? Das, was wir inFuncity leisten können, ist eine nursehr punktuelle und im Letzten zumeist auch relativ unverbindlichbleibende Form der Begleitung vonüberwiegend jungen und den Kir-chen insgesamt wohl auch eherfernstehenden Menschen. Insofernsehe ich in der seelsorglichen Funk-tion der Funcity-Kirche wohl einenAnknüpfungspunkt und eine Ergänzung für die pastorale Arbeit(besonders mit Jugendlichen), sicher aber keinen Ersatz.

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Funcity49

Das Besondere und uns von anderenkirchlichen Internetauftritten Unter-scheidende ist aber, dass in diesemkonkreten Projekt in einer säkularenvirtuellen Stadt über eine Art Trich-terfunktion Menschen an uns heran-treten, die die Kirche im Internetnicht gesucht und uns in diesemKontext einer Spaß-Stadt zunächstauch gar nicht vermutet hätten. Zahlreiche lobend-kritische eMails

zeigen uns, dass wir durch unserePräsenz in Funcity in einer für dieKirche ungewöhnlichen Weise an-genehm „auffallen“. Für uns mag es nichts Besonderes sein, einer17jährigen Schülerin mit Liebes-kummer einen aufmunternden kur-zen Text zuzusenden; für dieseSchülerin aber kann es sehr viel bedeuten, dass sich in einer Kon-fliktsituation ein „echter Priester“um sie gekümmert hat.

Vielleicht weist gerade das Für-bittbuch auf unsere produktivsteFunktion in Funcity hin. Die Kirche in Funcity - und hier wiederum be-sonders das Fürbittforum - ist derOrt, an dem auch die negativen undschmerzlichen Seiten des Lebensunzensiert zur Sprache kommen. Siewerden nicht ausgeblendet, sondernzugelassen und ernstgenommen.Gerade ihnen gilt im christlichenGlauben die Verheißung von Erlö-sung und Befreiung. Diese Botschaftmuss die Kirche in die Erlebnisräumehineintragen, auch wenn sie ehervon Oberflächlichkeit und Unver-bindlichkeit geprägt sind. Das gehtaber nur, wenn wir selber den Muthaben, uns der Gefahr auszusetzen,vielleicht nur oberflächlich und viel-leicht nur „spaßeshalber“ wahrge-nommen zu werden.

Zunehmende Bedeutung für Glau-bensinformation und Verkündi-gung erhalten die Medien nicht zu-letzt deshalb, weil sie auch Men-schen erreichen, die der Kirchefremd sind. Nach „Evangelii nunti-andi“ kann die Kirche „in unsererZeit, die von den Massenmedienoder sozialen Kommunikationsmit-teln geprägt ist, bei der ersten Be-kanntmachung mit dem Glauben ...und bei der weitern Vertiefung desGlaubens auf diese Mittel nicht ver-zichten." Ja, sie „würde vor ihremHerrn schuldig, wenn sie nicht diesemachtvollen Mittel nützte, die dermenschliche Verstand immer nochweiter vervollkommnet" (EN 45) ...Eine besondere Herausforderungstellt das Internet dar. Wir wissen,dass vornehmlich junge Menschendarin eine Möglichkeit sehen, sichkommunikativ weltweit zu ver-netzen. In der Wahrnehmung derBedeutung dieses Mediums stehenwir sicher noch am Anfang.

(Zeit zur Aussaat 21f)

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„Ich weiß nicht, wie es ihnen geht,wenn Ende des Sommers, AnfangSeptember in den Regalen der Ge-schäfte Nikoläuse und Spekulatiusreihenweise aufmarschieren – MitteNovember spätestens der Weih-nachtsschmuck die Straßen ziert –Weihnachtsmärkte eröffnen, ehe

der Advent überhaupt begonnenhat oder mitten in der Karnevalszeitdie Osterhasen und Ostereier unsanlachen.

Ich frage immer, ob wir uns nicht alle etwas nehmen, indem wir einFest, das bevorsteht und etwasganz Besonderes werden soll, überWochen hinweg solange präsentie-ren - man könnte auch sagen ‚stra-pazieren‘ - bis es zu Alltäglichemdegradiert ist?

Fragen wir die Geschäftsleute heißtes: ‚Der Verbraucher will es.‘ Fra-gen wir den Verbraucher, kommtdie Antwort: ‚Das machen die Ge-schäftsleute wegen des Umsat-zes.‘ Alle stöhnen und fügen sichins Unvermeidliche.

Gibt es hier nicht Gesprächsbedarf?Nehmen wir uns nicht selber etwas

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Religiöses Brauchtum vor der Vermarktung

bewahrenInitiativen eines Stadtkatholikenausschusses

Das Evangelium fordert die Kul-tur einer Zeit heraus, bestätigtsie in dem, was wertvoll ist, kor-rigiert sie dort, wo sie inhumanzu werden droht. Im Letzten gehtes darum, dass Menschen erfah-ren, wie die Frohbotschaft ihrenLebensentwürfen Sinn und Hoff-nung vermittelt. Die Botschaft,dass Gott uns Raum gibt unddass er gekommen ist, um bei unsRaum zu finden, ist letztlich Sinnund Hoffnung jeder menschlichenKulturleistung.

(Zeit zur Aussaat 31)

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Politisch handeln

von der Vorbereitung und Freude?Einmal ganz abgesehen davon, dassder eigentliche christliche Sinn, derAnlass der Feste, immer weiter imHintergrund verschwindet.“

Diese Sätze sind ein Auszug aus derAnsprache der Vorsitzenden desKatholikenausschusses in der StadtKöln, Hannelore Bartscherer, zum traditionellen Neujahrsempfang2001 unter Anwesenheit vieler Ver-treterinnen und Vertreter des poli-tischen, öffentlichen und wirtschaft-lichen Lebens der Stadt. Die Wortevon Frau Bartscherer fanden in die-sem Forum breite Zustimmung.

Politisch handeln

Hiermit ist zugleich eine Zielrich-tung der vielfältigen Aktivitäten desKatholikenausschusses markiert.„Die Vermarktung von christlichenFesten hat uns umgetrieben“, sodie Vorsitzende. „Wir haben natür-lich nichts gegen Weihnachtsmärk-te, wohl aber gegen die Tendenz,die Eröffnung der Märkte immerfrüher zu datieren.“ – Die Diskre-panz zwischen der Eröffnung derWeihnachtsmärkte und dem Beginn

der Adventszeit wurde im Jahr 2000besonders deutlich: Der erste Ad-ventsonntag fiel auf den dritten De-zember (damit dauerte die Advents-zeit nur drei Wochen), während dieMärkte zum Teil bereits ab MitteNovember geöffnet hatten.

Welche Möglichkeiten hat nun einKatholikenausschuss, um sich ge-gen einen solchen Trend zur Wehrzu setzen? Die unmittelbare Träger-schaft der Weihnachtsmärkte liegtin der Hand privater Geschäftsleute.Über diese eine Änderung zu errei-chen, wird von den Verantwortli-chen im Katholikenausschuss alskaum erfolgreich gesehen. Statt-dessen geht man in Köln andereWege: Ansprechpartner für diesesAnliegen, sind der Oberbürgermeisterund die Fraktionen im Kölner Rat.

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Sonntagskultur inder Stadt

Hier konnten Verbündete gewonnenwerden, die mit dafür sorgen, das,was in die Adventszeit gehört, auchdort zu belassen. So gibt es nun einEntgegenkommen seitens der poli-tischen Spitzen der Stadt, die Weih-nachtsmärkte erst nach dem Toten-sonntag (d.h. in der Woche vor demersten Advent) zu eröffnen.

Für die Sonntagskultur inder Stadt eintreten

Die Initiativen der Kölner Katho-liken bleiben nicht bei den Weih-nachtsmärkten stehen. Hand inHand damit wehrt man sich auchgegen eine überzogene Ausweitungverkaufsoffener Sonntage bzw.Samstage über 16.00 Uhr hinaus.Der Vorsitzende des entsprechen-den Sachausschusses, Josef Win-kelheide, beklagt die mitunter ei-genartige und willkürliche Argu-mentation zur Ausdehnung derGeschäftszeiten: „Im Sommer 99fanden bekanntlich in Köln das Gipfeltreffen der EU und der soge-nannte G8-Gipfel statt. Diese welt-politischen Großereignisse beein-trächtigten nicht unerheblich dasGeschäftsleben der Stadt. Zum

Ausgleich dafür wurden den KölnerGeschäftsleuten im November 1999drei zusätzliche ,lange Samstage‘zugestanden. Man pochte dann imJahr 2000 unter Berufung auf dieRegelung des Vorjahres auf einebestehende ,Tradition‘ und schafftedamit durchgehend von Mitte No-vember bis Weihnachten einen lan-gen Samstag nach dem anderen.“

Um dieser Tendenz entgegen zusteuern, suchten die Verantwortli-chen des Katholikenausschussesdas Gespräch mit allen Beteiligten,d.h. mit Verbänden und Parteien imRat der Stadt, mit den Gewerkschaf-ten, dem Einzelhandelsverband undder City-Marketing-Gesellschaft.

Zugleich wurde auch eine entspre-chende Stellungnahme veröffent-licht unter dem Titel: „Kommerziali-sierung gegen Sonntagskultur.“

Darin heißt es: „Einen religiösen,kommunikativen und kulturellenAspekt hat der Sonntag für den Katholikenausschuss. Deshalblehnt er die in letzter Zeit um sichgreifende Praxis in der Stadt kon-sequent ab, immer mehr verkaufs-offene Sonntage einzuführen...

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öffentliche Meinung

Die zum Teil vage und allgemeinformulierten Gesetzestexte werdensowohl von Genehmigungsbehör-den, besonders aber von den Ge-schäften – hier zeichnen sich vor al-lem die großen Kaufhausketten aus– skrupellos zur Rechtfertigung ei-ner Sonntagsöffnung ausgenutzt.Nichtige Gründe wie künstlich pro-duzierte Traditionen, Stadtteilfesteoder -jubiläen u.ä., in keiner Weiseüberzeugende Anlässe, sollen zurLegalisierung einer immer mehr umsich greifenden Geschäftsöffnungam Sonntag dienen...

Für den Katholikenausschuss darfder Sonntag in seinen Werten nichtnoch mehr degradiert werden. Esdarf nicht noch mehr Einbrüche ge-ben. Dass dabei die soziale Arbeit,die dem Menschen dient, notwen-dig ist, bedarf keiner Betonung.

In seinem religiösen und kommuni-kativen Aspekt ist der Sonntag fürden Katholikenausschuss

• Gedächtnistag, an dem wir Christen unsere Erlösung feiern;

• der gemeinsame freie Tag für alle;

• der Tag der Ruhe;

• der Tag der Begegnung, des Festes und des Spiels;

• der Tag, frei von Leistungsdruckund Kommerz.“

Die öffentliche Meinungbeeinflussen

Ein wichtiger Schritt ist zunächstdarin zu sehen, dass die Vorschlägedes Katholikenausschusses bei denVerantwortlichen der Stadt Köln aufpositive Resonanz stoßen. Natürlichkann nicht verhindert werden, dassauch in Zukunft die Terminabspra-chen unterlaufen werden.

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Aber die Verantwortlichen sind sichdarin einig: „Wir werden daraufachten, und uns dagegen wehren.“– Sich dagegen zu wehren, heißt inKöln in erster Linie, mit den poli-tisch Verantwortlichen Kontakt auf-zunehmen.

Eine Langzeitwirkung diesesBemühens erhofft man sich durchdie Beeinflussung der öffentlichenMeinung. Solche Initiativen, die alleMenschen einer Stadt betreffen,müssen von allen gesellschaftlichenGruppierungen mitgetragen wer-den. Frau Bartscherer: „Wir habenals Kirche besondere Chancen. Viel-fach sprechen wir das aus, wasauch viele Menschen spüren, ohnesich jedoch zu artikulieren.“

Die Chancen werden jedoch in aller Nüchternheit eingeschätzt:„Wir können den Ausverkauf katholischer Traditionen und Symbole nicht verhindern, aber wir können uns wehren!“

54Religöses Brauchtum vor der Vermarktung bewahren

Wer sich der Bedeutung des christlichen Beitrags fürdie Gesellschaft bewusst wird, verliert Ängstlichkeitund Kleinmut. Christliche Werte der Solidarität undGeschwisterlichkeit sind gerade in einer Welt desKonkurrenzkampfes, der Vereinsamung und Vermas-sung von besonderer Bedeutung, soll die Gesell-schaft als humaner Lebensraum erhalten bleiben.

(Zeit zur Aussaat 30)

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Telefon:

0751/33223

Seit Ostern 2000 gibt es das vonden evangelischen und katholi-

schen Kirchen in Oberschwaben inZusammenarbeit mit der Telefon-seelsorge getragene Projekt „Hoff-nungserfahrungen“. Über eine Ra-vensburger Telefonnummer ist einetäglich wechselnde kleine Ge-schichte zu hören, eingerahmt vonleiser, meditativer Musik. Frauenund Männer erzählen aus ihrem Leben, wie sie „mühselig und bela-den“ waren und was ihnen da Hoff-nung gab. Oder sie schildern kleineSituationen des Alltags, als sich unerwartete Freude und Leichtigkeiteinstellten. „Wir glauben,“ so dieInitiatoren, „dass der christlicheGlaube für Erfahrungen von Leid,für Karfreitagssituationen, aberauch für tragfähige Hoffnung eineunausschöpfliche, lebensförderndeKraft in sich birgt, die es Wert ist,offensiver als bisher ins Wort ge-bracht zu werden. So möchten wirein eigenes, kirchliches Hoffnungs-telefon anbieten. Es nimmt dieheilende Funktion erzählter per-

sönlicher Hoffnungserfahrungen aufund spricht sie den Anrufenden zu.Auf diese Weise wird Solidarität imLeiden, aber auch im Hoffen zu stif-ten versucht.“

55Auf Draht sein

Auf Draht seinHoffnungsgeschichten am Telefon

Im Neuen Testament werden wiraufgefordert, stets bereit zu sein,einem jeden Rede und Antwort zustehen, der nach der Hoffnung fragt,die uns erfüllt (vgl. 1 Petr. 3,15). Wirwerden ermutigt, Auskunft zu ge-ben und werden damit auch ange-fragt, ob wir auskunftsfähig sind.Was unser eigenes Leben aus demGlauben trägt und erfüllt, was wiraus dem Glauben heraus an Stärkeund Zuversicht erfahren, darüberdürfen wir nicht schweigen. Wiekönnten wir das, was uns lebenlässt, mit anderen nicht teilen?

(Zeit zur Aussaat 19)

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Die Hoffnung hinter dem Projekt„Hoffnungserfahrungen“ heißt:Erzählen kann eine Form der Lebenshilfe sein. Das Teilhaben-lassen anderer an eigenen Hoff-nungserfahrungen bietet denZuhörenden die Möglichkeit,sich an einen Erzählenden emo-tional anzulehnen und im Zu-hören Solidarität zu empfinden.

Im folgenden sind zwei dieserHoffnungsgeschichten doku-mentiert.

56Auf Draht sein

Die rote AmpelDie rote Ampel

Gestern war ich mit dem Auto un-terwegs zu einem wichtigen Ter-min. Innerlich angespannt im Be-rufsverkehr. Stockend komme ichvorwärts. – Und nun schon wiederrot an der Ampel. Ich stehe, die Zeitläuft, und vor mich schieben sichneue LKW‘s aus anderen Richtun-gen. Gedanken schießen mir durchden Kopf. Bin ich überhaupt richtigabgebogen? Finde ich dort, wo ichhin will, überhaupt einen Park-platz? Und eigentlich wollte ichdoch vor der Besprechung nochmeine Unterlagen durchsehen. DieGedanken springen und ich merke,wie sich mein Nacken verspannt.Wie gebannt starre ich auf die Am-pel, neben der Ampel ein großesStop-Schild. Und plötzlich sagte et-was in mir: STOP! Wieso lasse ichmich hier einfach so hetzen? Durchmeinen aufkommenden Ärger über

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die Frau, die vor mir ihren Wagenabwürgt, wird die Situation nichtbesser. Tatsache ist, ich stehe undkann mit Ärger oder schlechter Lau-ne doch nichts an der Tatsache än-dern, dass ich womöglich zu spätkommen werde. Eigentlich, so über-lege ich, erlaubt mir gerade dieseSituation eine Atempause im Be-rufsverkehr. Ein bisschen muss ichgrinsen über diesen Gedanken. Be-lustigt über mich selber lehne ichmich zurück und atme durch. Wennich es mir recht überlege, habe ichgerade Zeit für mich. Wieso lasseich mein „Er-Leben“ eigentlich sovon einem mir unangenehmen Ter-min bestimmen? – und ich blicke ander Ampel vorbei auf die andereStraßenseite. Da läuft eine gehbe-hinderte Frau mit Krücken. Mühsamund bedächtig setzt sie einen Fußvor den anderen. Beim Zuschauen

versinke ich in Gedanken. Siekommt auch dahin, wo sie hin will.Nur nicht so entnervt und abgehetztwie ich mit meinem Golf. Was treibtmich eigentlich heute so? Wiesovertue ich meine Zeit mit einem un-fruchtbaren Ärger? Und ich merke,wie sich in meinen Schultern etwaslöst. Ich atme durch und komme mirvor wie zwei Minuten im Urlaub. Ummich herum pulsiert und hetzt dasLeben. Alle wollen sie irgendwo hin.Was treibt uns alle eigentlich? Dierote Ampel hilft mir, zu mir zu kom-men. Eine rote Ampel als Hoff-nungszeichen? Vielleicht insofern,dass es da mitten in der Hektik ei-nes Tages einen Bremsklotz, einenHaltepunkt gibt, der mir hilft, zu mirzu kommen. Da schaltet sie wiederauf grün. Ich muss weiter – aber ichmerke, dass ich anders fahre. Ichsitze gelöster hinterm Steuer ...

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Das Kreuz Das Kreuz

Ich erinnere mich, ich war siebenoder acht Jahre, als meine Mutterschwer erkrankte. Sie musste ope-riert werden, lag längere Zeit imKrankenhaus. In meinen innerenBildern dieser Zeit sehe ich nurnoch meine Schwester und mich zuHause, meinen Vater vom Kranken-haus heimkommend, wir gespanntauf sein Gesicht schauend – unddann nur unverändert dumpfe Sorge. Und dann erinnere ich michan – ich weiß nicht mehr genau: alltägliche oder sonntägliche Bittenmeines Vaters, für unsere Mutter zu beten. In unserer Küche hing ne-ben der Eingangstür ein einfachesKreuz, das sehe ich noch vor mir,und wir davor, im Gebet. Ich weißwirklich nicht mehr, wie befremdlichoder tröstend wir als Kinder dieseSituation genau erlebten; ich sehenur noch meinen Vater, inbrünstigvor dem Kreuz. Wahrscheinlichseine letzte Hoffnung. Ich glaubenicht, dass ich damals diese Hoff-nung übers Kreuz gleich miterleb-te. Ich weiß nur, dass ich in denJahren später mit meinem Verstand

immer etwas leicht dagegen hatte,dass man sich spätestens in Not-situation ans Kreuz erinnert unddann darauf hofft.

Viel genauer sind meine Erinnerun-gen 30 Jahre später, als mein Vaterzum Sterben erkrankte. Noch genausehe ich sein Zimmer zu Hause vormir. Ich sehe ihn im Bett liegen, vorRückenschmerzen klagend, nichtwissend, dass bereits Tumore sich imRückenmark festgesetzt hatten. Zwarwar er bereits Jahre davor schon anKrebs erkrankt, nach Operation undChemotherapie wollte er an der Hoff-nung festhalten, dass er diese tod-bringende Krankheit besiegt hätte.Und jetzt diese unerklärlichenSchmerzen im Rücken. So blieb nurdumpfe Angst – und verzweifelteHoffnung. Und: gegenüber von sei-nem Bett das Kreuz an der Wand. Ich habe ihn in dieser Zeit davor niebeten sehen; auf jeden Fall gehörtdieses Kreuz wohl zum ersten Blickbeim Aufwachen und zum letztenBlick beim Einschlafen. Er hat niedarüber geredet; ich weiß nicht, ob

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Hoffnungserfahrungen0751/33223

und wie genau religiös er war. Heutewürde man vielleicht sagen, er warnur volkskirchlich gläubig, vielleichtnur in diesen ganz dunklen Lebens-stunden. Damals war meine Skepsisdieser Art von Glaube und Hoffnunggegenüber deutlich geringer.

Eine letzte Erinnerung: Wir wohnenzu Hause in einem alten, umgebau-ten Bauernhaus. Vieles der altenBausubstanz haben wir zu erhaltenversucht, so auch den alten Zuschnittder Räume, vor allem im alten Wohn-teil. So liegt jetzt unser Esszimmeran der Stelle, an der 400 Jahre langGenerationen von Menschen ge-gessen haben. An der gleichen altenStelle befindet sich ein kleinesWandschränkchen, in dem jahrhun-dertelang wohl der Verdauungs-schnaps stand. Und ebenso hängt ander gleichen alten Stelle wie wohljahrhundertelang zuvor ein altesKreuz, das mir mein Großvater ver-erbt hat. Dieser alte Herrgottswinkelwar sicherlich schon generationen-lang deutlich geschmückter und be-lebter als heute bei uns. Er gehört zu

unserem Esszimmer, einfach selbst-verständlich, so dass er da ist, aberoft tagelang gar nicht wahrgenom-men wird. Ich erinnere mich, wie ichvor einigen Wochen gegenüber aufunserem Sofa saß, todtraurig wegenmeiner Kinder; alles schien so sinn-los und schmerzhaft. Ich weiß nurnoch, dass ich durch die verweintenAugen irgendwann das Kreuz in derEcke sah, mein Blick dran hängenblieb. Und irgendwie wurde es auchmir leichter zu hoffen, beim Blickaufs Kreuz – wirklich merkwürdig.

Ich kann Ihnen diese Hoffnungs-erfahrung und ihre Wirkkraft nichtrestlich erklären. Ich möchte sieauch weder religiös noch theolo-gisch „erhöhen“. Sie hat für michihren Charme gerade in ihrerSchlichtheit. Und ich glaube ihr zunehmend, so wie ich daran glau-be, dass tatsächlich auch nur der in der Wüste dürstet, der eine innere Gewissheit um Wasser hat.Ja und vielleicht kann ich Sie ja er-mutigen, auch mal einen Blick aufein Kreuz zu versuchen.

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Um diese Hoffnungstexte zu ge-winnen, wurden und werden auchfernerhin Menschen durch Zei-tungsaufrufe, in Gemeindebriefenoder anderen öffentlichkeitswirk-samen Medien gefragt, was ihnenselbst persön-lich in zurück-liegenden, dun-klen Stundenihres Lebensgeholfen hat,Hoffnung oderdoch Hoffnungs-spuren zu fin-den. Menschen,die in der Lagesind, eigeneLeidsituationenzu erinnern undandere an der Verarbeitung teil-haben zu lassen, ihnen davon zuerzählen, ohne zu bedrängen oderzu belehren.

Das Prozedere ist nicht allzu auf-wendig. Die eingegangenen Textewerden von einer Redaktionsgrup-pe durchgesehen und die mögli-chen Veränderungen mit den Auto-ren besprochen. Die Entscheidung

über die endgültigeTextfassung treffen dieAutoren selbst; sie spre-chen auch die Texte ineinem professionellenAufnahmestudio selbstauf Band. Dieses Studiohat der Südwestfunk zurVerfügung gestellt. Mu-sik und Vorspann sindimmer gleich. Ebenso derHinweis auf die Telefon-seelsorge im Abspann.

Die Idee ist einfach, die Realisie-rung mit ein wenig Planung undOrganisation leicht möglich. Si-cherlich sind Lokalradios zur Mit-hilfe bereit. Erzählenswerte Hoff-nungszeichen gibt es viele. – Unddie Nachfrage ist groß: Die kleinenGeschichten am Hofnungserfah-rungen-Telefon werden über 50 malam Tag abgerufen. Die Kirchen inOberschwaben, zusammen mit derTelefonseelsorge in Ravensburg,wollen dieses Projekt weiterführen.

60Auf Draht sein

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Urlauberseelsorge Immer mehr Menschen verreisenimmer häufiger zu immer entfern-

teren und immer anderen Reisezie-len. Die Formen touristischen Rei-sens werden immer vielgestaltiger.

Das Reisen ist Ausdruck einer Ge-sellschaft, die immer mobiler wird.Es ist ein Symbol des Lebens im beschleunigten Wandel.

Die Urlauberseelsorge ist eine Ant-wort der Kirchen auf die verändertenLebensrhythmen der Menschen.

Urlauberseelsorge und religiöser Markt

An der ostfriesischen Küste arbei-ten in zwei katholischen Regional-stellen in Norden und in Esens Beauftragte für Urlauberseelsorge.Die sonntägliche Eucharistiefeierist die bestbesuchte Veranstaltungfür Urlauber. Kirche ist sicherlichwesentlich Eucharistie; aber so wieKirche nicht nur Gottesdienst ist,so ist Urlauberseelsorge nicht nurOrganisation und Koordination vongottesdienstlichen Angeboten,sondern mehr. Urlauberseelsorgegestaltet ein reichhaltiges Ange-bot, das die Grenzen der gottes-dienstlichen Räume überschreitet.Eine Reihe von Veranstaltungenplatzieren sie an den Orten, wo sichdie Menschen in ihrem Urlaubs-“alltag“ bewegen: am Strand, aufden Promenaden und vor allem in den Kurhäusern. Großen Zu-spruchs erfreuen sich Fahrradtou-ren zu Orten, an denen sich die

61Kirche an der Küste

Kirche an der Küste Urlauberseelsorge in Ostfriesland

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Glaubens- und KirchengeschichteOstfrieslands kristallisiert, beson-ders gestaltete Strandwanderungen,Vortragsveranstaltungen, Medita-tionen und Kochkurse. Highlights in jeder Saison sind Ausstellungen,in denen jeweils Werke gezeigt werden, die sich mit dem Trans-zendenzbezug des Menschen aus-einander setzen. Durch die Urlau-berseelsorge werden die Menschen mit Themen konfrontiert, für die siesonst keine Zeit haben.

Früher haben Kurverwaltungennicht mehr geboten als Luft undLandschaft und die Kirchen habenihre Gottesdienste abgehalten. Seit geraumer Zeit muss jede Kurverwal-tung ein gewaltiges Programm aufdie Beine stellen, um den Erlebnis-wert des Ortes zu steigern: Inline-skaten auf dem Deich, Feste allerArt und seit einiger Zeit dies auchmit erheblichen Anleihen auf demreligiösen Markt. Kennzeichnendfür die allgemeinen Angebote ist ihre Wechselhaftigkeit und Kurzle-bigkeit. Nicht nur als Initiator vongemeinsamen Freizeitaktivitäten,sondern auch in der Thematisierungder religiösen Dimension des Le-bens ist die Kirche nur ein Anbieterunter vielen. Was in diesem Jahrenorme Teilnehmerzahlen zieht, istim nächsten Jahr out. Diese Wech-selhaftigkeit und Kurzlebigkeit gehteinher mit den Veränderungen imUrlauberverhalten: weniger Stamm-gäste und kürzere Verweildauer.

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Die Verkündigung des Glaubensist immer mehr als Predigt undKatechese, mehr als Wissens-und Kenntnisvermittlung. Siegeschieht in den unterschiedli-chen Räumen des Lebens undsucht den Menschen dort auf,wo er zu Hause ist. Gott will dasHeil aller Menschen und gibtseiner Kirche den missionari-schen Auftrag, die Menschenaufzusuchen und ihnen mitzu-teilen, dass sie von Gott geliebtund in sein Reich berufen sind.

(Zeit zur Aussaat 13)

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eigenes ProfilEngagement für ein eigenes Profil

Die Urlauberseelsorge der Kirche ander Küste entwickelt in dieser Si-tuation ihr besonderes Profil. Völligillusorisch wäre es, eine eigenekirchlich verfasste touristische Er-lebniswelt aufzubauen. Vielmehrzeigt die Urlauberseelsorge missio-narischen Geist – sie wendet sichden Menschen zu, so wie sie sindund in welcher Situation sie sichgerade befinden. Sie vereinnahmtdie Menschen nicht, sondern akzep-tiert ihre Bedürfnisse nach Ange-boten, bei deren Wahrnehmung sieanonym bleiben können, die sie zunichts verpflichten und für die siekeine Vorkenntnisse und Vorer-fahrungen brauchen, um überhauptdabei sein zu können. Urlauber-seelsorger und -seelsorgerinnenmachen nicht alles – aber was siemachen, machen sie gut. Sie ma-chen das, was die Kirche gut kann.

Gegen die vielfach als schmerzlichempfundene „Abzockermentalität“will die Urlauberseelsorge die Erfah-rung ermöglichen, dass es ein Lebenjenseits ökonomischer Regelmecha-nismen gibt. Urlauberseelsorge will

spürbar machen, dass die Kirchekeine wirtschaftlichen Interessenhat. Die Begegnung mit der Kircheist eine „Umsonsterfahrung“. Höch-stens wird Geld zur Deckung derUnkosten erbeten.

Bei Veranstaltungen merken die bis-weilen zufälligen Gäste, dass hiernicht nur organisiert wird, sonderndass hier lebendige Menschen mitim Spiel sind, die wichtige Fragendes Lebens thematisieren. „Was füreinen selber wichtig ist“, darf in der Urlauberseelsorge keine Randfragesein oder als ein peinlicher Ausrut-scher empfunden werden. Nicht alles und jedes wird mit einer Kraft-anstrengung von existenzieller Tiefeversehen; es handelt sich nicht umdie Verpackung mit der existenziellenMasche, sondern um Konzentrationauf diejenigen Aktivitäten, die wirk-lich existenziell relevant sind.

63Kirche an der Küste

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Die Herausforderung

Die sogenannten niedrigschwelligenAngebote, die auf den ersten Blickfür die Kurgäste mit beliebigen An-geboten der Kurverwaltung oder desreligiösen Marktes ver-wechselt werden können,sind gerade wegen ihrerNiedrigschwelligkeit undOffenheit eine Möglichkeitfür die Veranstalter, imLaufe einer Veranstaltungdurch persönliches Enga-gement Profil zu erarbei-ten und zu entwickeln.Niedrigschwelligkeit undangstfreien Zugang zu ermöglichen, bedeutet ge-rade nicht Profillosigkeit,sondern im Gegenteil: Insolchen Situationen Profilzu zeigen, ist eine ungleich größereAnstrengung, als wenn dieses durchden Ort oder das Thema institutio-nell gesichert wäre.

Die Herausforderung derWechselhaftigkeit

Die größte Herausforderung für dieUrlauberseelsorge besteht für alleBeteiligten darin, den permanentenWechsel und die große Zufälligkeit

im Zustandekommen von Veranstal-tungen auszuhalten. Im Urlaub gibtes keine oder sehr gering vorgege-bene Zeitstrukturen. Die Menschen

entscheiden sichsehr spontan, voneinem Tag zum an-deren, von einemAugenblick zumnächsten, was sietun wollen. Ist amNachmittag für eineAbendveranstal-tung nach aller Er-fahrung ein vollesHaus zu erwarten,weil es Bindfädenregnet, so kann um20.00 Uhr die Kur-halle lediglich mit

einer bescheidenen Gruppe von 20Personen bestückt sein – vielleichtweil eine Stunde vorher der Himmelaufriss und die Nordsee in einewunderbar gleißende Abendsonnegetaucht ist. Das erfordert eine eigene Haltung, eine eigene Stand-festigkeit und ein Überzeugtseinvom eigenen Anliegen. Vielleicht istdie Urlauberseelsorge in diesemSinne der Ort, an dem Seelsorgerin-nen und Seelsorger eine besondereSpiritualität und Glaubensgewiss-heit gewinnen können.

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Kommunikations-bereitschaft

Gemeinschafts-bildung

Kommunikationsbereit-schaft

Urlauberseelsorgerinnen und -seelsorger brauchen die Fähig-keit, auf extreme Wechselhaftig-keit in der sozialen Situation ein-gehen zu können, ohne selberein Fähnchen im Wind zu sein.Nach knapp zwei Wochen ist dassoziale Feld nahezu ausgetauschtund umgewälzt. Viel weniger alsin sozialen Räumen höherer Kon-stanz kann man sich ein Bild ma-chen von den Menschen, diekommen oder auf die man zu-geht. Ob da ein kirchlich hochen-gagiertes Pfarrgemeinderatsmit-glied oder ein kirchlich distanzier-ter Mensch, der sich zu Hause niean die Kirche wenden würde, sichauf Begegnung einlässt – das kannman vorher nicht wissen. Manmuss mit den Menschen sprechenund ihnen zuhören, wenn man wis-sen will, wer sie sind und was siebewegt. Die Urlauberseelsorge er-fordert hohe Sensibilität für denAnderen und hohe Kommunikati-onsbereitschaft. Und sie erfordertdie Fähigkeit, in sehr kurzzeitigenBegegnungen das zu sagen, waszu sagen ist.

Gemeinschaftsbildung

Wer bereit ist und auf die Wechsel-haftigkeit und Zufälligkeit eingeht,ohne selbst schillernd und cha-mäleonhaft zu sein, der macht nachden Erfahrungen der Urlauberseel-sorgerinnen und -seelsorger be-stimmt eine positive Erfahrung: DieMenschen wollen nicht anonymbleiben, sondern möchten aus derAnonymität herauskommen und -

65Kirche an der Küste

Die Ruhe und Gelassenheit in allerWidersprüchlichkeit des Lebenswird zu einer Grundhaltung, die dieChristen dazu befähigt, in kritischeDistanz zu allem zu treten, wasman gemeinhin glaubt und lebt,was aber eine breitere und tiefereSchicht des Lebens zu behinderndroht. Die Gelassenheit prägt auchdie Souveränität des Sämanns, deraussät ohne Erfolg oder Misser-folg, Ernte oder Missernte voraus-zuwissen. Das Wachsen und Gedei-hen besorgt Gott selbst. Wer sichvon diesem Geist der Gelassenheitbeseelen lässt, wird deshalb auchnicht durch Misserfolge entmutigtwerden.

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66Kirche an der Küste

in diesem Rahmen mögliche - verlässliche Beziehungen und Kon-takte gestalten. In diesem Sinnekann ein Kochkurs zum Ort anfang-hafter Gemeinschaftsbildung wer-den. Eine gastfreundliche Kirche,die auch gastfreundlich für Urlau-ber sein will, steckt an und stiftetFreundschaft und Verbindung zwischen den Menschen.

Immer wieder geschieht es, dassMenschen im Kontakt zur Kircheaus der Zufälligkeit und Wechsel-haftigkeit aufbrechen und Kontinu-itäten und „Minitraditionen“ stiften.Der Kochkurs „Zwischen Himmelund Erde“ endete mit der Verabre-dung zu einer Wiederholungsver-anstaltung für die gleiche Gruppe,die sich dabei gefunden hat.

Viele Gemeinden an der Küste undauf den Inseln laden über Wochenoder gar Monate nach den Gottes-diensten die Kurgäste ein, sich unter-einander und die Ortsgemeindekennen zu lernen – absichtslos undumsonst. Sie ermöglichen die Kon-trasterfahrung, dass Verlässlichkeitund Kontinuität in den Beziehungenallemal wichtigere Erfahrungen sindals kurzzeitige Erlebnisse und Events.

Verlässlichkeit und diesinnvolle Einheit der Urlauberseelsorge

Nur die Kirche, die selbst verlässlichist, kann diese Erfahrungen ermög-lichen. Sie zeigt ihre Verlässlichkeitin der Urlauberseelsorge darin,dass sie keine einmaligen Eventsveranstaltet, sondern die einzelnenAktivitäten in einem organischenZusammenhang stehen. Von jederVeranstaltung, in der man unterWahrung seiner Anonymität einmalaus Neugierde hineinschaut, gibt esÜbergänge zu und Zusammenhängemit anderen. Die Leute werden nacheinem geistigen oder geistlichenImpuls nicht einfach stehen gelas-sen. Die Ausstellung „Grenzen zurUnendlichkeit“ z.B. wurde begleitetvon Gesprächsrunden und Führun-gen. Identitätsmerkmal der Urlauber-seelsorge ist die sinnvolle Einheitund der Verweisungszusammen-hang vieler einzelner Aktivitäten –deren Zentrum das Geheimnis derbefreienden Präsenz Gottes in derGeschichte der Menschen ist, dasdie Christen an jedem Sonntag inder Eucharistie feiern.

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Die katholische St. Johannes-Gemeinde in Burg bei Magde-

burg zählt rund 1.500 Mitglieder.Mit etwas über 20 % befinden sichKatholiken und Protestanten inBurg in einer Minderheitensitua-tion. Der Anteil der Katholiken ander Bevölkerung liegt nur beiknapp 5 %. Die Stammgemeindehat Nationalsozialismus und DDR-Regime überstanden. Das hat siein dem Zusammenhalt und in derTreue zum christlichen Glaubenbestärkt, wie es in einem Faltblattder Gemeinde unter der Fragestel-lung „Wer sind wir?“ heißt. DieGemeinde hat den Anspruch, offenzu sein für alle, die keinen Zugangzu christlichen Traditionen habenoder ihn im Laufe der DDR-Zeitverloren haben. Sie will eine Ge-meinde sein, die an den sozialenund gesellschaftlichen Nöten nichtvorbei lebt. „Die Neuzugezogenenöffnen durch neue Fragen und Erfah-rungen das Leben der Gemeinde“,wird dazu im Faltblatt erläutert.

67Katholiken für alle

Katholiken für alleErfahrungen einer Gemeinde

Besonders die Haltung undOffenheit der Gastfreund-schaft gehören zu den star-ken Zeichen des Lebens. EinKirchenlehrer im 3. Jahrhun-dert nach Christus wurde ge-fragt, wie jemand Christ wer-den könne, und erwiderte:„Ich nehme ihn ein Jahr alsGast in mein Haus auf.“ Diefreundliche Aufnahme in un-seren Gemeinden, Bildungs-häusern und in vielen ande-ren kirchlichen Einrichtun-gen kann Besuchern undBesucherinnen Mut machen,nach dem Grund der Hoff-nung zu fragen, die die Chris-ten beseelt (vgl. 1 Petr 3,15).Verkündigung geschieht alsowie von selbst, wenn Men-schen nach dem Evangeliumleben und handeln.

(Zeit zur Aussaat 17)

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Räume öffnen

„Evangelii nuntiandi“

Räume öffnen

Eine wichtige Möglichkeit, diesemAnspruch gerecht zu werden, siehtdie Gemeinde in der Öffnung ihrerRäume für gesellschaftliche Grup-pen und Privatfeiern aller Art. Zur Zeit nutzt sie dazu einen altenPfarrsaal, der aber in keinem gutenZustand ist und dringend saniertwerden muss. Geplant ist ein neu-es „Gemeinde- und Begegnungs-zentrum“, das sowohl den Gemein-degruppen als auch Verbänden,Gruppierungen und Aktionen zurVerfügung gestellt werden soll, die sich im gemeinnützigen odersozialen Bereichengagieren. Diesversteht der Pfar-rer der St. Johan-nes Gemeinde, Dr. Gerhard Nacht-wei, als ein Dienstder Gemeinde ander Gesellschaft.Geplant ist im Gemeinde- undBegegnungszen-trum außerdem ein Eine-Welt-Laden,den es in Burg noch nicht gibt.

Auch der dürftig ausgestattete altePfarrsaal wird oft von Gruppierungen

oder Privatpersonen angefragt, daer in der Stadt der einzige Raum ist,der 150 Leuten an Tischen Platz bietet. Der Saal wird in der Regelfür einen symbolischen Betrag fürHeizung u.ä. zur Verfügung gestellt.Gruppen oder Personen mit niedri-gem Einkommen können ihn auchumsonst nutzen.

„Evangelii nuntiandi“ auf Ostdeutsch

Die Gemeinde will nach außen hinsichtbar machen, dass sie nicht

eine Gemeindevon Katholikenfür Katholikenist, sondern eineGemeinde vonKatholiken füralle. Diese Offenheit auchgerade den Menschen in derStadt Burg undder Umgebung

gegenüber ist für Pfarrer Nachtweieine Übersetzung des bekanntenKonzilswortes, das die Christen auffordert, Freud und Leid und Hoff-nungen und Ängste der Menschen

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Offene Kirchennacht

mitzutragen und zu teilen. Er ver-steht die Öffnung der Gemeinderäu-me als ein niederschwelliges Ange-bot. Nach seiner Erfahrung sind vieleLeute sehr ängstlich, überhaupt die Schwelle der Kirche zu betretenoder sie gar zu überschreiten.

Die Reaktionen der Menschen, dieauf diese Weise oft erstmals mit derKirche in Kontakt kommen, sindüberraschend. Pfarrer Nachtwei hatinzwischen einen typischen Drei-schritt ausgemacht. Nahezu alle,die erstmals einen kirchlichen Raumbetreten, sagen anschließend: „Es ist ja eigentlich ganz schön beieuch“. Nach einiger Zeit folgt oftder zweite Schritt, den einige soausdrücken: „Das ist ja gar nicht sodumm, was ihr da macht; das hat ja einen Sinn.“ Nicht selten folgtdarauf der dritte Schritt: „Das istvielleicht auch etwas für mich, wasihr da tut.“ Pfarrer Nachtwei siehtdarin eine gewisse Parallele zu denStufen der Evangelisierung, die dasApostolische Schreiben „Evangeliinuntiandi“ beschrieben hat: „‘Evan-gelii nuntiandi‘, auf Ostdeutschbuchstabiert.“

Festigt sich ein solcher Kontakt zwi-schen Nichtchristen und der Kirche,

dann erlebt Pfarrer Nachtwei oft bewegende Gespräche. Menschensagen dann, nachdem das Eis gebro-chen ist, dass sie gar nicht ungläubigseien, sondern schon an „etwas“glaubten. Doch sie hätten noch niedarüber gesprochen. Eine Frau sagteeinmal, sie spreche jetzt das ersteMal über ihren Glauben, sie sei sehraufgeregt und wisse nicht, wie siesich ausdrücken solle. Aber sie habeden Eindruck, dass sie irgendwiedurchs Leben geführt werde.

Offene Kirchennacht

Gute Erfahrungen damit, die Räumeder Kirche für Nichtchristen zu öff-nen, hat die St. Johannes-Gemeindebereits vielfach gemacht. Vor allemauch mit der Öffnung eigener kirchli-cher Feiern für Nichtchristen. So z.B.bei der ersten „offenen Kirchen-nacht“, die die Gemeinde anlässlichder 1050-Jahr-Feier der Stadt Burg am 03. Oktober 1998 durchführte.

Während dieser Veranstaltung tratenu.a. eine afrikanische Trommler-gruppe, eine russische Musik-, Tanz-und Gymnastikgruppe sowie eine Jugendband mit Taize-Gesängen auf.

69Katholiken für alle

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Gute Erfahrungen

Die Kirchennachtfand teilweise auf einer Bühne vor derKirche und im Kir-chenraum selbststatt. Pfarrer Nacht-wei erzählt von derSorge, dass die Be-sucher nach dem Programm auf derBühne nicht mehr in

die Kirche mitkämen. Etwa zweiDrittel der Menschen, die die Kir-chennacht besuchten, gehörtennicht zur Gemeinde. Aber die Sor-ge war unberechtigt. „Die kamenalle mit und blieben volle vierStunden, von 20.00 bis 24.00 Uhr.“

Die offene Kirchennacht wird mittler-weile jährlich in Burg veranstaltet.Im letzten Jahr fand am darauffol-genden Sonntag die Firmung durchden Bischof statt. Die Befürchtungstand im Raum, dass der Kirchen-raum dann noch nicht so aufge-räumt und gesäubert sei, wie essonst der Fall ist, wenn der Bischofzu Besuch kommt. Aber es fandensich genug Leute, die noch in derNacht und am frühen Sonntagmor-gen die Kirche in Ordnung brachten.Im Übrigen ist es Pfarrer Nachtweilieber, dass der Bischof in einen

Kirchenraum kommt, in dem Spurendes Lebens noch erkennbar sind.

Gute Erfahrungen aus der Wendezeit

Eine sehr bewegende Erfahrung mitder Öffnung von Kirchenräumen hatPfarrer Nachtwei in der sogenanntenWendezeit erlebt. Damals hattendie katholischen Gemeinden derStadt Magdeburg ihre Räume sehrfrüh den oppositionellen Gruppenfür ihre Aktivitäten zur Verfügunggestellt. Diese nutzten nicht nurdie Straße zur Demonstration ihres politischen Willens, sondern siebrauchten öffentliche Räume, umdiesen Willen zu bilden und um politische Programme zu erarbei-ten. Es trafen sich in Räumen vonkatholischen Gemeinden Wirt-schaftskreise, Menschenrechts-kreise, Bildungskreise u.a. mehr.

Pfarrer Nachtwei erinnert sich nochgut an die anfängliche Skepsis desdamaligen Magdeburger BischofsJohannes Braun, nicht nur Gemein-deräume zur Verfügung zu stellen,sondern auch die Kirchenräumeselbst. Sie seien sakrale Räume,

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Christliche Gastfreundschaft

wandte Bischof Braun ein, die nichtfür Diskussionen und politische Appelle geeignet seien. Doch mit derZeit setzte sich die Einsicht durch,dass es einfach keine anderen Räume gab, die die großen Men-schenmassen bei den Friedensgebe-ten aufnehmen konnten. Im Übrigen,so Pfarrer Nachtwei, sei die Anbe-tung Gottes nicht von der gegenwär-tigen Not der Menschen zu trennen.Bischof Braun gehörte später zu denen, die in ungewohnter Offenheitdie politischen Verhältnisse in derdamaligen DDR kritisierten.

Heute sind die damaligen oppositio-nellen Gruppen wieder aus den Räu-men der Kirche verschwunden. Aberes bleibt die Erfahrung, dass die Öffnung der kirchlichen Räume einewichtige Rolle bei der friedlichen Re-volution gespielt hat, die zum Zusam-menbruch des DDR-Regimes führte.

Christliche Gastfreundschaft

Die Öffnung von kirchlichen Räumenfür alle ist ein Zeichen christlicherGastfreundschaft. Doch PfarrerNachtwei betont, dass die Öffnung

der Räume alleine nicht ausreicht.Sie müssen immer von einer be-stimmten Atmosphäre geprägt sein,die durch Menschen bestimmt wird.Hier ist das bewusste Zugehen aufdie Menschen wichtig. Viele werdenzur Kirche finden. Aber das ge-schieht nicht naturwüchsig. Men-schen bilden dann die kirchliche Gemeinschaft, wenn man Freud undLeid miteinander teilt.

Die St. Johannes-Gemeinde tut sichdamit noch etwas schwer. Manchelieben doch noch sehr die Geschlos-senheit der Gruppe, das „Kuscheli-ge“, und mögen nicht allzu viel Offen-heit. Viele wissen einfach nicht, wiesie das Aufeinander-Zugehen machensollen. Doch nach den bisherigen offenen Kirchennächten erkennt derPfarrer der St. Johannes-Gemeindeschon eine deutliche Veränderung.Immer mehr Gemeindemitgliederstellen fest, dass durch Begegnun-gen etwas Neues entsteht.

Die Öffnung von Kirchenräumen füralle ist ein kleiner Schritt. Man solltenicht zuviel davon erwarten oder erhoffen. Aber es sind immer wiederdie kleinen Schritte, aus denen das Leben besteht und die eine Entwicklung nach vorne bringen.

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Cityreligiositätund

Inkulturation

1989 hat das Generalkapitel derDominikaner die „Katechese in ei-ner entchristlichten Welt“ zu einerder vier Prioritäten des Ordensweltweit erhoben. In den Kapitels-akten heißt es dazu: „In den indust-rialisierten Gesellschaften lassendie Lebensformen für den Glaubenwenig Raum und reduzieren ihnzur Privatsache“.

Cityreligiosität und Inkulturation

In der Konsequenz gewinnt der„Sektor diffuser Katholizität“ zunehmend an Bedeutung. Sein Kennzeichen ist eine sehr weitfortgeschrittene religiöse Individu-alisierung. Jedoch sind auch par-tielle Berührungspunkte mit derinstitutionell verfassten Kirche,speziell in Zusammenhang mit den sogenannten Übergangsritenan den Lebenswenden Heirat, Geburt, Tod zu registrieren.

Die in diesem Sektor praktizierteReligiosität orientiert sich wesent-lich an dem, was für die eigene Lebens- und Konfliktbewältigungals subjektiv plausibel und nützlichangesehen wird. Das entsprechen-de religiöse Interesse ist oftmalsästhetischer oder psychologisch-therapeutischer Art. Der Kölner

72Vorbehaltlos offen

Vorbehaltlos offenCitypastoral II

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Stadtkirchen-Projekt

Theologe Hans-Joachim Höhn hatden hier skizzierten Sektor – zumin-dest große Teilbereiche betreffend– als „City-Religion“ bezeichnet.

Auf diese Situation gilt es produktivzu reagieren, soll nicht das re-signative, allzu oft reaktionär sich gebärdende Lamento, das der ,guten alten Zeit’ nachtrauert, zumeinzigen kirchlichen Verkündi-gungsinhalt im Kontext der „Zwei-ten Moderne“ (Ulrich Beck) werden.Inkulturation in die skizziertenMentalitäten und Strukturen istvon einer urbanen Seelsorge heutegefordert. Eine Chance dazu bietet – so die Erfahrung aus Düsseldorf –die Nutzung des Kirchenraumes, indem sowohl ein Passieren als auchein Innehalten möglich werden.

Ein offenes Stadtkirchen-Projekt in Düsseldorf

Inmitten der Düsseldorfer Altstadtliegt die Andreaskirche. Dort habendie Dominikaner 1991 ihr Cityseel-sorge-Projekt begründet; es trägtden Namen „Sankt Andreas – OffeneKirche der Dominikaner“. Als im

realen wie übertragenen Sinne offeneKirche lädt das kunst- und stadt-historisch interessante Gebäude –es handelt sich um die ehemals von Jesuiten betreute kurfürstliche Hof-kirche des Hauses Pfalz-Neuburg(erbaut 1622-1629) – alle Interes-sierten ganztägig zum Besuch ein.An Werktagen und Wochenenden(nachmittags, zum Teil bis in dieAbendstunden hinein) stehen imKirchenraum zwei oder drei Mitglie-der eines Empfangsteams allen Besucherinnen und Besuchern alsAnsprechpartner zur Verfügung. InAnlehnung an das in französischenInnenstadtkirchen praktizierte Mo-dell des „accueil“ suchen die in derEquipe mitwirkenden Frauen undMänner einschließlich der am Projektbeteiligten Dominikaner auf die viel-fältigen und recht differenten Inter-essen der Besucher einzugehen.,Accueil’ heißt wörtlich übersetzt,Empfang’, ,Aufnahme’: Gemeint istdamit der Versuch, als einzelne undals Kommunität sich so zu verhal-ten, dass man ohne Vorbehalt fürdie anderen da ist, für sie offen istund sich ihnen öffnet. Das bedeutetdie Bereitschaft zur Präsenz, zumHören, zur Solidarität mit dem undden Fremden, und zwar ohne denHintergedanken der Vereinnahmung.

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Die Erfahrungen aus nunmehrzehn Jahren der Arbeit könnenwie folgt zusammengefasst wer-den: Unzählige Menschen kom-men in die Düsseldorfer Andreas-kirche – sei es für ein stilles Ge-bet, sei es zur Besichtigung deskurfürstlichen Mausoleums, seies allein aus ,Neugierde’. Nebender ersten Kontaktaufnahme imFoyer des Kirchenraumes und ne-ben der Einladung zum Gesprächstehen den Besucherinnen undBesuchern noch weitere Hilfen offen, z. B. Angebote zur geistli-chen Begleitung, Beratungsange-bote rund um das Geld oder zu Erziehungsfragen. Mit diesem umfassenden ,accueil’ wollen diebeteiligten Mitarbeiterinnen undMitarbeiter – sie rekrutieren sichaus einigen Altstadtbewohnern,Mitgliedern der dominikanischen(Laien-) Gemeinschaften und derGottesdienstgemeinde sowie unsDominikanern – suchenden Men-schen hilfreichen Beistand in denWechselfällen des Lebens bieten.Konkret: „Sie haben ein offenesOhr, sind einfach da für Passan-ten, die zufällig oder zielbewusstin die Kirche kommen. Ein Ge-spräch mit dem eleganten Touris-ten, eine kleine Führung mit der

Hausfrau nach dem Einkauf, einigeWorte mit dem ungewaschenenStadtstreicher, ein helfendes per-sönliches Gespräch oder eineBeichte.“ (W. Sieffert)

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Das Bedürfnis nach Religion ist viel-gestaltig und mancherlei Wandlun-gen unterworfen. Es gehört zumMenschen und ist in sein Innersteseingestiftet. Wir können beobach-ten, dass viele Menschen sichdurchaus religiös orientieren wollenund in den vielfältigen Angeboteneiner sich rasch wandelnden Gesell-schaft ihr Religions-bedürfnis sätti-gen. Freilich, immer weniger haltensich die Einzelnen an vorgegebeneMuster. Sie entwerfen ihr Lebenselbst. Die sogenannten „Patch-work-Biografien“ haben ihr Gegen-stück in den selbst „gebastelten“Religionen, die aus ganz unter-schiedlichen Elementen wie bei einem Flickenteppich zusammenge-fügt werden. Der religiöse Glaube,in welcher Weise auch immer, wirdals eine ausschließlich private Angelegenheit betrachtet. Umsomehr liegt es an den Christen, dieSpuren von Gottes Gegenwart inihrem Leben und in der Welt aufzu-spüren und die Mitmenschen daraufhinzuweisen.

(Zeit zur Aussaat 8)

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En passant

Die Erfahrungen bislang zeigen:Trotz der Vielzahl der in Düsseldorfschon bestehenden Angebote stößtdie Einladung zum Gespräch inSankt Andreas auf Resonanz. Dabeisuchen die meisten Menschen inder „Offenen Kirche“ nicht primärdie professionelle Fachberatung,sondern eher das Gespräch überpersönliche Sinnfragen.

Zuwendung Gottes zurWelt - en passant

Ein solches Angebot setzt„niederschwellig“ an, kannüber ein einladendes per-sonales Angebot Berüh-rungsängste abbauen, umso suchenden Menschenneue Begegnungsorte zueröffnen. Den Interessier-ten selbst wird es überlas-sen, wie weit sie sich aufNähe einlassen oder Dis-tanz wahren wollen. Mitdiesem Ansatz bewegt sicheine urbanitätsbewusstePastoral wesentlich in der Traditiondes Nazareners, sind doch im Fun-dus der Evangelien immer wiederGeschichten zu entdecken, die von

punktuellen, spontan sich ergeben-den Begegnungen zwischen einzel-nen Menschen und Jesus erzählen.Gerade „auch in diesen Momentenuneigennütziger Zuwendung zumNächsten liegt der ‚Kairos’ der un-verstellten Zuwendung Gottes zurWelt. Wie in den Evangelien nachzu-lesen ist, verstand es der Wander-prediger Jesus sehr gut, in Kurzge-schichten und heilsamen, punktu-ellen Kontakten das Wesentlicheseiner Sendung unverkürzt zur Geltung zu bringen.“ (H.-J. Höhn)

Will Kirche nichtin unzulässigerWeise die vielenund differentenFormen der Menschen- undGottesbegegnungeinschränken,dann darf, mehrnoch, dann mussauch die en pas-sant sich ereig-nende zwischen-menschliche undreligiöse Kontakt-

aufnahme in eine missionarischeStadtpastoral integriert werden.Nur so wird Kirche auch im drittenJahrtausend zukunftsfähig sein.

75Vorbehaltlos offen

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Intention

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Das Pilgerheiligtum

Entstehungsgeschichte und Intention

Das „Projekt 2000 – Pilgerheiligtum“ist eine pastorale Initiative der inter-nationalen Schönstattbewegung, dieWege aufzeigt und Hilfen anbietet,um das Evangelium im Alltag wirk-sam werden zu lassen. Die Initiative„Pilgerheiligtum“ geht aufden brasilianischen Fami-lienvater Joao Luiz Pozzobonzurück. In Deutschland be-gann sie mit dem Christus-jahr 1997 als Vorbereitungs-weg auf das große Christus-jubiläum im Jahr 2000.

Der biblische Begriff Heilig-tum meint einen Ort der besonderen Gottesnähe undGotteserfahrung. Viele sagenzur Gnadenkapelle der Mut-tergottes von Schönstatt„Heiligtum“, weil sie dort er-fahren haben: Gott ist ihnennahe, er liebt sie und beglei-tet ihr Leben. In der Gnaden-

kapelle von Schönstatt befindet sichein Marienbild. Das ist nun - in gro-ßer Zahl vervielfältigt - seit dem Hl.Jahr an vielen Orten in Deutschlandunterwegs. Es macht die Wohnun-gen und Häuser der Menschen, diees bei sich eine kurze Zeit oder in regelmäßigen Abständen aufstellen,selbst zu Heiligtümern.

Manchmal wird das christliche Brauch-tum in Familie und Gemeinde übersehenoder man schätzt es gering. Und dochwird dort erlebnismäßig vertieft, was un-ser Glaube ist. Die Kirche will die Bot-schaft des Evangeliums und die Geheim-nisse des Glaubens im Laufe des Jahres-kreises immer neu erlebbar machen. Sieführt Menschen aller Bildungsstufen undGesellschaftsschichten, Erwachsene wieKinder, durch große und kleine Feste indas Geheimnis der Erlösung ein. ... Aufdiese Weise kann sich dann aus der Ver-bindung von Glaube und Leben einechristliche Alltagskultur entwickeln, dieMenschen prägt und die sogar noch ge-pflegt wird, wenn die Bindung an Glaubeund Kirche lockerer wird.

(Zeit zur Aussaat 31f)

Gott ist unterwegs zu uns

„ “

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Zur Durchführung

Im Bild aus der Gnadenkapelle istGott durch Maria unterwegs zu denMenschen in ihren Häusern undWohnungen. Sie geht mit den Men-schen den Pilgerweg des Glaubens.

Am Ende des Hl. Jahres waren in dendeutschen Diözesen 3.216 Pilgerhei-ligtümer unterwegs an 1.059 Orten.Das Projekt wird auch im dritten Jahr-tausend fortgesetzt und mit neuen Varianten verwirklicht. So ist aus derInitiative ein großer Besuchsdienstgeworden, bei dem Christen mit demPilgerheiligtum Neuzugezogene, Alleinstehende, Kranke, Sterbendeoder Ausgegrenzte in ihrer Umge-bung besuchen.

Zur Durchführung

Etwa sieben bis fünfzehn Personenoder Familien bilden einen Pilger-kreis. Sie nehmen jeden Monat fürzwei bis vier Tage Jesus und Maria

im Pilgerheiligtum als Gäste desHauses auf. Ihr Besuch lädt ein zum gegenseitigen Schenken: Freu-de, Geduld, Wohlwollen, Vertrauen,Verzeihen und anderes mehr.

Der Ein- und Ausstieg ist jederzeitmöglich, es gibt keine Verpflich-tungen.

Ein Begleitbuch gibt Anregungen, z. B.für Augenblicke der Stille, des persön-lichen und gemeinsamen Betens.

Eine Begleitperson aus dem Kreisist jeweils für ein Jahr Ansprech-partner oder Ansprechpartnerin. Siekoordiniert den Weg der pilgerndenGottesmutter bei den Einzelnen undist Verbindungsglied zur Gemeindesowie Kontaktstelle für das Projekt-Team in Schönstatt. Von dort erhältsie für ihren Kreis in Abständen Impulse, z. B. für Adventsstunden,Maifeiern, Anregung zur Gestaltungder Weihnachtszeit und Erstkom-munion in der Familie.

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Chancen

Das Einverständnis des zuständigenOrtspfarrers ist Voraussetzung fürden Beginn der Initiative. Er wirdüber die Entwicklung des Projektsdurch die Begleitperson informiert.

Ein Pilgerheiligtum kann nicht ge-kauft werden, es wird zur Verfügunggestellt. Wenn ein Kreis über einenlängeren Zeitraum auf unter siebenTeilnehmer zurückgeht, bzw. wennein Pilgerbild nicht im Monatsrhyth-mus wandert, geht es zurück an dasSekretariat des Projekts.

Chancen für eine evangelisierende Pastoral

Die Weitergabe des Marienbildes inFamilien und Gemeinden erreichtzahlreiche Menschen, die durch denBesuch der Gottesmutter in ihremAlltag die Freude am Glauben neuentdecken und einüben.

Maria schafft ein Klima, damit Gottankommen kann im Stress des Alltags

„Bei uns gibt es einen terminfreienAbend, wenn das Pilgerheiligtumkommt. Terminfrei heißt für unsauch fernsehfrei. Bisher ist es mei-nem Mann und mir nahezu immergelungen.“

„‘Warum bringst du sie denn schonwieder fort, kann sie denn nicht länger bleiben?‘ fragte eines meinerKinder. Wenn die sechsjährigenDrillinge die Tasche vom Pilgerhei-ligtum sehen, dann holen siemanchmal schon die Kerze herbei,die wir immer vor dem Bild der Muttergottes anzünden. Ich merke,dass sie sich darüber freuen.“

„Alle vier Wochen klappt es, abersonst schaffe ich es kaum, mit denKindern zusammen am Morgen zubeten. Doch wenn die Muttergottesbei uns ist, dann probieren wir es.Ich denke, dass dies ein guter An-fang ist.“

Maria schafft ein Klima, in dem(Ver-)Bindungen wachsen

„Erst nach einigem Zögern sprachich die junge Frau mit dem zwei-

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jährigen Kind an, ob sie schon etwas vom Projekt 2000 gehört hät-te. Sie interessierte sich undlud mich ins Wohnzimmerein. Im folgenden Gesprächflossen viele Tränen. Sie erzählte von einer großenEnttäuschung durch ‚frommeLeute‘. Aus diesem Grundwürden ihr Mann und sieselbst keinen Gottesdienstmehr besuchen. Manchmalwürde sie mit der Kleinen indie Kirche gehen, aber nur, wennniemand da ist. Etwas zögernd sagtesie am Ende des Gesprächs, dass sie mit ihrem Mann sprechen will, ob sie mitmachen möchten. – Nacheinigen Tagen kam die Antwort: ‚Wirnehmen die Maria gerne als Gast auf und hoffen, dass es ihr bei unsgefällt.‘ Inzwischen sind mehrereWochen vergangen. Ab und zu seheich die junge Frau mit ihrem Kind auf der Straße, dann sprechen wirein paar Worte miteinander. Ich ha-be den Eindruck, die Wanderschaftder Muttergottes tut ihnen gut.“

„Wir haben nun Anschluss an diePfarrgemeinde bekommen. Vor vierJahren bin ich mit meiner Familiezugezogen. Richtige Kontakte zuanderen haben sich erst ergeben,

seitdem wir beim Projekt Pilgerhei-ligtum mitmachen.“

Maria schafft einKlima, das zumAufbruch bewegt

„‘Es ist das ersteMal, dass jemandvon der Kirche zuuns kommt‘, sag-ten mir einige ausder Umgebung,

als ich sie besuchte, um sie für dasProjekt Pilgerheiligtum zu gewin-nen. Überall fand ich offene Türen.So ergaben sich gute Gespräche,wenn auch nicht alle mitmachenwollten.“

„Mein Kinderwagenapostolat ist dasPilgerheiligtum. Bei schönem Wetterbin ich mit dem Kinderwagen unter-wegs. Ich treffe bekannte und unbe-kannte Mütter mit ihren Kindern. EinWort gibt das nächste, und irgend-wann sprechen wir über das ‚Projekt2000 – Pilgerheiligtum‘. Auf dieseWeise sind einige Pilgerkreise mitjungen Familien entstanden. Vielehaben keine regelmäßige Anbindungan die Kirche. Durch das Pilgerheilig-tum sind sie doch in das Leben derPfarrgemeinde eingebunden“.

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MöglichkeitenMöglichkeiten, das Projekt zu übertragen

Das Projekt Pilgerheiligtum ist ver-gleichbar mit einem alten christli-chen Brauch, der vor allem in denAlpenländern bekannt ist: dem Frau-entragen. Mit Beginn des Adventswird in Erinnerung an die Herbergs-suche eine Marienstatue von Hauszu Haus getragen. Sie wird von ei-ner Familie für einen Tag und eineNacht beherbergt und dann an eineandere Familie weitergegeben. DieStatue wird dabei an einem bevor-zugten Platz aufgestellt, z. B. imHerrgottswinkel. Und regional un-terschiedlich wird die Figur entwe-der am Sonntag vor Weihnachtenoder am Weihnachtsabend selbst in die Kirche gebracht.

Menschen, die wenig Zugang habenzu einer marianischen Frömmigkeit,können neue Formen christlichenBrauchtums entwickeln, die der Zeitund den gesellschaftlichen Gege-benheiten entsprechen: zum Bei-spiel die Weitergabe eines Symbolsder Versöhnung in der Nachbar-schaft oder am Arbeitsplatz.

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Den Brauch gibt es schon lange,unterschiedlich hier und da.

Zur „Aktion Dreikönigssingen“ gebündelt wurde er erst vor etwa45 Jahren. Das Kindermissions-werk/Die Sternsinger und der Bund der Deutschen KatholischenJugend begleiten, organisieren undverwalten die Bewegung, die sicheindrucksvoll ausgeweitet hat.

In ihrer langen Geschichte bis heu-te war es ein Plus der katholischenKirche, dass sie kreativ und vitalviele Symbole und Bräuche hervor-gebracht hat oder für sich umge-staltete, in denen sie „gaudium etspes“, ihr Lebensgefühl und ihreHoffnung, auszudrücken wusste.Vorschnell sind Zeichen belächeltund abgetan worden. Schon längstwurden sie wiederentdeckt, nichtzuletzt in der kirchlichen Jugend-szene. Wallfahrten boomen unddas Licht wird weitergereicht, dasaus Altenberg, das aus Bethlehem.Zeichen nicht nur für fromme Insi-der. Sie lassen manche Menschen

unserer Tage aufmerken undmachen vielleicht sogar neu-gierig, was da wohl „dahintersteckt“.

Das Sternsingen hat einen beson-deren Platz: In der „Funkstille“nach Weihnachten, wenn dervorangehende glitzernde Rummelverschlissen ist, in Überdruss undMüll versunken, meldet es sichfrisch und unverbraucht. Nicht als„Nachhut“ des Festes, sondernals Auftakt zu einer neuen Weg-strecke, mit einer einmaligen Jahreszahl. Wenn draußen allewinterlich frieren, trotzen die Kinder der Kälte mit einem farbi-gen, fröhlichen Akzent. Wie gut,dass ein plumpes, plattes Marke-ting dieses Motiv noch nicht ansich gerissen hat! Denn die viel-fache, oft geschmack- und gedan-kenlose Vermarktung christlicherSymbole ist zugleich ihr Ausver-kauf. Sie macht es schwer, Zeichenund Bräuche katechetisch, missio-narisch neu zu erschließen.

An den Türen der Leute

An den Türen der LeuteSternsingeraktion

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KinderKinder als Überbringer einer Botschaft

Die sich als „drei Könige“ verklei-den und mit dem Stern losziehen,sind meistens Kinder. Das Dreikö-nigssingen ist die weltweit größteBewegung von Kindern für Kinder.Damit ist auch schon das Grund-prinzip genannt: „Kinder für Kin-der“. Wie eine Programm klingt dasLied von Daniela Dicker (Berlin):„Kinder helfen Kindern, und ich bindabei.“ Es ist die Kernidee des inAachen gegründeten Kindermissi-onswerkes von Anfang an: Kinderkönnen für die Welt von heuteselbst etwas tun, damit auch für dieWelt von morgen. Diese Botschaft

der Sternsinger ist schlicht undeinleuchtend. Sie öffnet Herzenund Hände.

Damit ist eine Verantwortung an-gesprochen, die noch weiter gehtund nicht aus dem Blick geratendarf. Die Freude am Auftauchenvon Kindern darf nicht in einem Anflug erster Faszination steckenbleiben. „Kinder sind immer in“,sagte der Vertreter eines kirchli-chen Hilfswerkes ganz richtig.Nicht nur die Werbung hat das imKonzept. Viele rein humanitäre,aber auch kirchliche Hilfsaktionenzeigen auf ihren Plakaten unent-wegt Kindergesichter; fröhliche,traurige, elende Kinder „ziehen“immer. Darin steckt eine Versu-chung, sie zu instrumentalisieren.Das darf nicht sein, selbst für nochso gutgemeinte „missionarische“Zwecke nicht.

Die Verantwortlichen der AktionDreikönigssingen von der Bundes-ebene bis in die Pfarreien hineinnehmen diese Verantwortungernst. Es bleibt nicht beim Bastelnvon Kronen und dem Anmalen des„Schwarzen“, beim Eintrimmen eines Liedes und Spruches und derEinführung in den Gebrauch der

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Schlüssel fürdie Zukunft

Spendenbüchse. Viel gefragte Akti-onsimpulse, Hintergrundinforma-tionen, Hörbeispiele und optischeHilfen werden jedes Jahr neu erar-beitet und in alle Himmelsrichtun-gen versandt. Jährlich richtet sichauch der Blick auf die Situation derKinder in einem bestimmten „Bei-spielland“. Es ist nicht identischmit den Projekten, denen weltweitder Ertrag des Dreikönigssingenszugute kommt. Konkrethinzuschauen, ist einfachlehrreicher und wirksamerals „Allerweltsappelle“.Die Kinder bei uns ent-decken die Kinder in eineranderen Region der Erde,und das verbindet sich je-weils mit einer bestimmtenHerausforderung.

2001 lautete das Thema inder Zulusprache „Fundu-zenzele“ („Lernen undHandeln“). 2002 wird es,mit Blick auf China, um„Heilende Hände“ gehen.Das heißt also: Die Mädchen undJungen, die sich als Sternsinger aufden Weg machen, sollen auch inder Lage sein, „Auskunft zu geben“über das, was sie tun und wofür.Auf jeden Fall muss, bevor sie die

Türen der Leute erreichen, die Situation ihrer kleinen Schwesternund Brüder irgendwo auf der Weltbei ihnen „angekommen“ sein undsie deshalb „bewegen“.

Eine Geschichte als Schlüssel für die Zukunft

Was bringen die Stern-singer den Menschen inden Straßen ihrer Pfarrei,im Intercity oder auf denFernsehschirmen? Zu-nächst ist es ein Segen:„Christus segne diesesHaus!“ (C+M+B) Das istschon ein Testfall: Istdieser Schriftzug ausKreide nur nostalgisch,folkloristisch? Oder ist er sogar lästig, dass eranschließend besserwieder weggewischtwird? Oder ist es garnicht möglich, ihn auf

einer blinkenden Alu-Tür anzu-bringen, es sei denn mit dem Trickeiner Klebefolie? Diese Fragen haben durchaus eine Bedeutungim Blick auf „missionarische“ Situation überhaupt.

83An den Türen der Leute

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Mit dem Segen verbindet sich dieBotschaft. Sie kommt zum Klingenim Lied der Sternsinger. Mehr nochaber in Stern und Königsgewand.Denn darin steckt die Erinnerung anjene alte Geschichte, die nun - mitaktueller Jahreszahl - von Kindernnoch einmal „durchgespielt“ wirdund für eine Spiritualität der Missioneindrucksvoll ist. Da kommen su-chende Menschen aus der Ferne,aus einem anderen Kulturkreis. Siehaben Erfahrung darin, die „Sterne“,die Zeichen der Zeit, zu deuten undaktiv aufzugreifen. Sie machen sichauf den Weg, dem Stern ihrer Ein-gebung folgend, aber doch ins Ungewisse. Sie bringen ihre Gabenmit, ihr Wissen, ihre Schätze. Siemachen die etablierte, unbewegli-che Szene im Zentrum von Machtund Religion, in Jerusalem, daraufaufmerksam, dass sich Neuesankündigt, schon geboren ist. DieReaktion des Herodes ist bekannt:Er empfindet das Neue als bedroh-lich, als Gefährdung seiner Macht,und will die drei Könige für seinVorhaben instrumentalisieren, dasNeue auszuschalten und zu liqui-dieren. Aber dazu geben sie sichnicht her - zu überraschend, zu beglückend ist die Begegnung, dieihnen widerfährt. Die Weisen sind

bereit, von einer ganz unerwartetenAntwort auf ihr Fragen in die Kniezu gehen. Sie sind von niemandenanderem ergriffen (vgl. Phil 3, 12)als vom „neugeborenen König“,dem Kind in Bethlehem.

Und jetzt beginnt die ursprünglicheSternsingeraktion. Sie wird in derGlaubensgeschichte des Gottes-volkes immer wieder neu realisiert.Voll Freude im Herzen, dem Retterder Welt im wehrlosen Kind zuBethlehem begegnet zu sein, ziehendie drei Könige heim in ihr Land. Es kann nicht anders gewesen sein:Sie haben davon erzählt, sie habenden Segen, den sie an der Krippe

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Leitfigur

empfangen haben, weitergegeben.Und bestimmt haben sie kein Hausund keinen Ort ausgelassen.

Ein Sämann als Leitfigur

Wenn die Aktion Dreikönigssingenwieder einmal die Zielgerade er-reicht hat, wollen natürlich viele -nicht nur die Presseleute, sondernauch die Beteiligten im Lande - möglichst bald wissen, ob sich der„Erfolg“ vom letzten Mal wieder eingestellt hat. Wenn ja, dannist das eindrucksvoll und vorallem segensreich für die Unzähligen, denen die Aktionzugute kommt. Zugleichhören wir einen weisen Rabbianmerken: „Erfolg ist keinerder Namen Gottes.“

Der geistliche Grundtext desBischofswortes „Zeit zur Aus-saat“ bekräftigt diese Einsichtdurch das Gleichnis vom Sä-mann (Mk 4,3-9). Mögen wirtausendmal sagen können,dass die Mission der Kirchevon Anfang bis heute in der Tat er-forderlich war, bis an die Grenzender Erde, werden wir doch bei allem

Bemühen, diese Verheißung Gottesan die Menschheit einzuholen undneu zu konkretisieren, die „Gelas-senheit“, die „Souveränität des Sä-manns“ üben müssen, „der aussät,ohne Erfolg oder Misserfolg, Ernteoder Missernte vorauszuwissen“.Die Sternsinger machen es vor. Oftgenug bleiben Türen verschlossen.Der Erfolg „funktioniert“ nicht auto-matisch. Und schon gar nicht solltenwir Erwachsenen die Ausbreitungeines Rekordbazillus fördern, Er-folgsdruck zu erzeugen. Die Stern-singer haben etwas vom Geist des

Sämanns: Sie streuen ihreBotschaft auf „GottesAckerfeld“, die Welt, undfreuen sich über jedenHalm, der die schwereErdkruste aufbricht. Dassaber zugleich sich geradein den letzten Jahren eineunglaubliche öffentlicheResonanz, ein Interesseauch auf ungewohntemTerrain aufgetan hat, passtganz zu dieser Grundhal-tung, „Salz der Erde“ zusein, eine winzige Prise,die aber die Menschen

„auf den Geschmack bringt“, Sa-menkorn zu sein, aus dem ein Baumwachsen kann für viele bunte Vögel.

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Rollgitter

Der Kirchturm von St. Peter in Duis-burg-Marxloh erhebt sich über die

dicht gedrängten Häuser des Stadt-teils - von weitem sichtbar. Um dasKirchengelände ist eine Mauer gezo-gen, der Weg ins Pfarrbüro durch eingroßes Rollgitter versperrt. Wer zumPfarrer möchte, muss sich über eineGegensprechanlage anmelden. Ab-schottung der Kirche und der Ge-meinde gegenüber einem Stadtteil,der einen rapiden sozialen und ma-teriellen Niedergang erleben musste.

Das war in den 70er- und 80er-Jahren,als im Stadtteil Duisburg-Marxloh einBevölkerungsaustausch seltenenAusmaßes stattfand: Massenentlas-sungen der Thyssen-Hütte verursach-ten große Arbeitslosigkeit, die Kauf-kraft sank und diejenigen, die es sichfinanziell leisten konnten, zogen weg.Gleichzeitig erlebte der Stadtteil ei-nen Zuzug all derjenigen, die preis-werten Wohnraum suchten: Sozialhil-feempfänger, Arbeitslose, Menschenaus gescheiteren Familiensituatio-nen, ausländische Familien ... Die

Folge: In Marxloh ist überdurch-schnittliche Armut mit all ihren psychosozialen Folgeerscheinungentagtäglich und unmittelbar spürbar,das Zusammenleben von Auslän-dern (40 Prozent) und Deutschen istalltägliche, manchmal spannungs-geladene Herausforderung.

Und die Gemeinde? Sie wusste sichdamals nicht anders zu helfen alsmit Abschottung gegen eine für sie immer fremder werdende Welt, einen für sie nicht integrierbarensozialen Raum.

Rollgitter jetzt offen

Anfang der 90er-Jahre kommt in dieGemeinde ein neues Pastoralteam(Pfarrer, Kindergartenleiterin, Mitar-beiter der Gemeindecaritas). Zuerstbleibt das Rollgitter offen, dann wirdder Kirchplatz erneuert mit einerbewussten baulichen Öffnung in denStadtteil hinein, „Mauern“ fallen.

Gemeinde im StadtteilHerausforderung des sozialen Raumes

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Pfarrgemeinden unterstützen

Die Gemeinde baut Nähe zu denMenschen auf, die in ihrem Lebens-umfeld wohnen, sie will Kirche vorOrt - bei und mit den Menschen -sein und hat ein klares Ziel: DieVerkündigung des Evangeliums Jesu Christi als eine befreiende underlösende Botschaft gerade auchfür die Menschen,die unter besonderer sozialer Benachteili-gung leiden müssen.Soziales Engage-ment, Diakonie undCaritas rücken nachund nach in das Zentrum gemeindli-chen und pastoralenHandelns.

Nur, wie können dieMenschen des Stadt-teils angesprochen, eingeladenwerden, die bisher ausgeschlossenwaren?

Ein Blick in den Kindergarten zeigt,wie auf „natürliche“ Weise Kontaktzu einem repräsentativen Teil derMarxloher Bevölkerung hergestelltwerden kann: Ende 1993 wurdenehemalige und aktuelle Kindergar-teneltern in den Pfarrsaal eingela-den, und der Elterntreff St. Peter

Duisburg-Marxloh war aus der Taufe gehoben. Dieser Elterntreffbelebt bis heute das gemeindlicheLeben und gestaltet aktiv den Stadt-teil Marxloh mit, um förderliche Rahmenbedingungen zur Alltags-bewältigung für und mit den Men-schen zu schaffen.

Pfarrgemeinden unterstützen

Die Mitarbeiter der Gemeindecaritasdes Caritasverbandes Duisburg sindMitglieder der jeweiligen Pastoral-teams in den Gemeinden, in denensie gemäß eines Kooperationsver-trages zwischen dem Caritasverbandund der Kirchengemeinde tätig sind.

87Gemeinde im Stadtteil

Eine große Gabe und Aufgabe der Kirche ist dieCaritas. Hier wird ihr in der Gesellschaft Kompe-tenz zugestanden, weit über den kirchlichen Be-reich hinaus. Die Caritas bringt eine Fülle vonDiensten in die Gesellschaft ein und hat ein Netzvon Hilfeleistungen für Notsituationen geknüpft,die von der öffentlichen Hand nicht mehr aufge-fangen werden. Darin liegt die Chance, deutlich zumachen, dass Gottes Liebe zu den Menschen die-se Welt gestalten und verändern will und kann.

(Zeit zur Aussaat 30)

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In enger Zusammenarbeit mit denHauptamtlichen der Pastoral undcaritativ interessierten und enga-gierten Ehrenamtlichen unter-stützen sie die Pfarrgemeinden inihrem diakonischen Auftrag - einemWesensmerkmal von Kirche.

Die Konzeption, die dieser Arbeitzugrunde liegt, ist die „lebenswelt-und sozialraumorientierte sozialeArbeit“. Dabei geht es der Gemeinde-caritas nicht nur um Hilfe im Ein-zelfall - was zweifellos notwendigist. Vielmehr zielt die diakonischePastoral auf die Beteiligung vonMenschen, damit sie in die Lageversetzt werden, ihre Lebenssitua-tion selber aktiv zu verändern undihren Sozialraum so zu gestalten,dass er (zumindest) die Grund-bedingungen für die Alltagsbewäl-tigung gewährt, die notwendendsind.

Das sind zum einen soziale Netze,die Gemeindecaritas zusammenmit den Menschen aufbaut, damitsie aus Anonymität und Verzweife-lung herausfinden können, sozialeNetze, die gegenseitige Beratungund Stützung möglich machen. Dageht es zum anderen um Projekte,die soziale und infrastrukturelle

Bedingungen imSozialraum schaf-fen, um Alltags-bewältigung(erst) möglich zumachen. Und zumDritten will einevon der Gemeindecaritas mit-getragene Sozialpastoral das Heilerfahrbar werden lassen, das denChristen als Auftrag Jesu Christidurch das Evangelium mitgegebenist. Das bedeutet, lebensorientierte,soziale und auch pastorale Arbeitzielt auf das Heilwerden der Men-schen an Körper, Geist und Seele ineinem Lebensumfeld, das gelingen-des Leben möglich werden lässt.

Familien engagieren sich

Zunächst haben sich etwa 25 Elternmit ihren Familien im Elterntreff zusammen gefunden. Im Vorder-grund stand das Bedürfnis nach Ge-meinschaft und nach Beheimatungin einem anonymer werdenden undvon mannigfaltigen sozialen undwirtschaftlichen Problemen gekenn-zeichneten Stadtteil. Konsequenter-weise hatte deshalb das „gesellige“Miteinander Vorrang.

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Familien engagieren sich

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Kulturen begegnen sich

Wenig später initiierten die Elterndas Café St. Peter, ein Frühstücks-café, zu dem 30 bis 40 Erwachsenedreimal in der Woche kommen, umihren Alltag zu besprechen und sichgegenseitige Hilfe zu ermöglichen:vom Babysitten über häusliche Renovierungsarbeiten bis hin zurSozialhilfe und anderen Beratungen.Das Café wird von einer hauptamt-lichen Kraft aus dem kommunalenProgramm „Arbeit statt Sozialhilfe“geleitet.

In der Folgezeit gründete sich einVätertreff, der neben handwerkli-chen Tätigkeiten seine besondereAufgabe in gemeinschaftlichen Aktivitäten von Kindern und Väternsieht. Höhepunkt der Arbeit einesjeden Jahres stellt die Familien-freizeit dar, die entsprechend derInteressen der teilnehmenden Familien - vornehmlich des Eltern-treffs - gestaltet wird.

Viele der teilnehmenden Personenhaben durch diese, von ihnen selbstgeplanten Aktivitäten näheren Kontakt zur Gemeinde bekommen.So hat sich die Gemeinde verjüngenund neu aufbauen können: Erst war es der Kirchenchor, der neueMitglieder bekam, dann die Caritas-

gruppe, die nun aus acht jungenFrauen besteht, etwas später diekfd mit einer neuen Gruppe und zuletzt der Pfarrgemeinderat, derzur Hälfte aus den aktivierten Mit-gliedern der genannten Projekte besteht. Die Verbundenheit mit derGemeinde, die sicher sehr unter-schiedlich ist, hat viele motiviert,auch die Gottesdienste zu besu-chen oder sich in der Sakramenten-vorbereitung zu engagieren.

Kulturen begegnen sich

Eine Befragung bei Eltern des Kindergartens und des Elterntreffsbildete den Beginn des verstärktenEngagements für den StadtteilMarxloh.

89Gemeinde im Stadtteil

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Das von allen Eltern als äußerstdrängend benannte Problem istdas Zusammenleben zwischenDeutschen und Ausländern. DieBefragung führte zur Gründungdes Café International. Hier treffensich monatlich etwas 20 bis 30deutsche und (vornehmlich) tür-kische Frauen zum sozialen undkulturellen Austausch. Moschee-besuche, das gemeinsame Feierdes Opferfestes, Gespräche überRamadan, Fastenzeit, Weihnachtensowie die Erziehung und andere Alltagsfragen führten im Laufe derZeit zu einem besseren Verständnisder je eigenen Kultur und Religion.

Eine weitere, von den Eltern be-nannte Kritik betraf die fehlendenFreizeitmöglichkeiten gerade fürJugendliche im Stadtteil. Innerhalbvon zwei Jahren konnte eine Pro-jektgruppe aus Eltern und Jugend-lichen die von ihnen gewünschte

„Inlineskaterbahn für Marxloh“ indie Tat umsetzen. Dies gelangdurch die Kooperation ganz unter-schiedlicher Institutionen (Jugend-amt, Stadtsportbund, Stadt Duis-burg, Geschäftsleute, Schule fürTechnik), die nicht nur Geld zur Verfügung stellten, sondern zumTeil am Selbstbau der Bahn ent-scheidend beteiligt waren. Die Vollendung dieser Inlineskaterbahnnahmen der Vätertreff St. Peter und Jugendliche der Gemeinde vor.

Diese Öffnung der Gemeinde St. Peter zum Stadtteil hat seit demletzten Jahr konsequenterweise dazu geführt, dass zahlreiche (neueund traditionelle) Gemeindemit-glieder aktive Mitarbeiter und Mit-arbeiterinnen beim neu eingerichte-ten „runden Tisch“ Marxloh sind.Der „runde Tisch“ ist ein Forum derBürgerbeteiligung, das der Politikund der Verwaltung beratend undmit Stimmrecht zur Seite steht. Hierbringen die Gemeindemitglieder ihre Kompetenz aus den Stadtteil-projekten ein. Wichtig für diese aktive Mitarbeit ist, dass in St. Petererfahren werden konnte, dass En-gagement zur Verbesserung der eigenen Lebenssituation und derdes Stadtteils erfolgreich sein kann.

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Gemeinde im Stadtteil

Gemeinde im Stadtteil

Mit der Öffnung der Gemeinde St. Peter hin zu den Menschen desStadtteils konnte Anfang der 90er-Jahre vieles erreicht werden. Vor allem durch Selbsthilfeaktivitätenhaben Familien aus Marxloh Kraftund Selbstbewusstsein erlangt, ihrLeben (wieder) selbst in die Handzu nehmen. Gleichzeitig hat die Gemeinde ihre eigene Zukunft sichern können. Familien, die mitihr in Berührung gekommen sind,haben etwas von der verändern-den Kraft des Glaubens hautnaherfahren. Deshalb engagieren sichviele von ihnen heute als Ehren-amtliche in allen Bereichen desGemeindelebens.

Die Gemeinde als Ganzes besitztnunmehr eine hohe Akzeptanz imStadtteil. Sie gilt als ein zuverlässi-ger Partner bei der Gestaltung desStadtteils zum Wohle der Menschen.

St. Peter hat sich der Herausforde-rung des Sozialraums gestellt. Dasging nicht ohne Irritationen, Brücheund Konflikte innerhalb der eigenenGremien. Doch hat die Auseinander-setzung mit den Gegebenheiten desSozialraumes dazu geführt, dass

St. Peter im Stadtteil ein eigenesGesicht, ein Profil gewonnen hat.Auch die Gemeinde hat sich da-durch verändert. Sie ist geprägt von den Menschen, die sich nun zuihr gehörig fühlen.

Gemeinde beschränkt sich nichtnur auf ihr Innenleben, sondernagiert über ihren Kirchturm hinaus,kooperiert zum Wohle der Men-schen mit ganz unterschiedlichenInstitutionen - von Moscheever-einen über die Verwaltung und Politik bis hin zu allen möglichensozialen und kulturellen Institu-tionen im Stadtteil.

Die Klammer und Basis dieses En-gagements im Sozialraum bildendie Gottesdienstgemeinde alsgeöffnete Glaubensgemeinschaftund der diakonische Aspekt vonKirche. Gemeinde wartet nichtmehr nur darauf, dass Menschenzu ihr kommen, um sie dann (sakra-mental und seelsorglich) zu versor-gen, sondern sie geht aktiv in denStadtteil hinein, sucht die Men-schen auf und arbeitet mit ihnenzusammen an der Verbesserungder sozialen Wirklichkeit vor Ort.

91Gemeinde im Stadtteil

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Missionarisch Kirche zu sein setztvoraus, dass Gemeinden Orte

entschiedenen und gelebten Glau-bens sind bzw. werden. Eine Hilfe beidiesem Erneuerungsweg sind Glau-bensseminare.

Das Glaubensseminar wendet sichzunächst an die „Kerngemeinde“, ist jedoch offen für alle. Es will dieKerngemeinde zu einer missionari-schen Grundhaltung befähigen. DieGläubigen sollen:

• Freude finden am eigenen Glauben,

• sich bewusst für den Glauben entscheiden,

• den Glauben als Bereicherung ihres Lebens entdecken,

• in der Bereitschaft wachsen, Zeugnis von der persönlichen undgemeinschaftlichen Hoffnung zugeben: im Zeugnis des Lebens und des Wortes.

Im Laufe der letzten 10 Jahre habenwir ein Modell eines Glaubensgrund-kurses entwickelt und in mehr als einem Dutzend Gemeinden durch-geführt. Glaube ist eine personale Vertrauensbeziehung zwischen Gottund Mensch, deshalb ist das Glau-bensseminar entscheidungsorien-tiert. Es will dazu befähigen und herausfordern, mit der persönlichenErneuerung des Tauf- und Firmver-sprechens eine persönliche Glau-bensentscheidung zu treffen undvor der Gemeinde zu bezeugen.

Wir sind überzeugt, dass der GeistGottes im Leben eines jeden Men-schen wirkt und Spuren hinterlässt.

Gottes Geist hinterl sst Spuren

Ein Glaubensseminar

ä

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Ziele

Diese Spuren sollen in Glaubensge-sprächen entdeckt und ins Gesprächgebracht werden. So werden die Seminarteilnehmer und –teilnehme-rinnen zugleich darauf vorbereitet,Rechenschaft von ihren eigenenGlaubens- und Gotteserfahrungen zu geben. Das Glaubensseminar istauch dialogorientiert. Männer undFrauen aus der Gemeinde sind aktivbei der Planung und Durchführungbeteiligt, u.a. als Begleiter und Begleiterinnen von Glaubensge-sprächsgruppen.

Folgend wird das Seminar kurz skizziert und durch einen Erfah-rungsbericht erläutert.

Ziele

Das Seminar verfolgt diese Ziele:

• einzelne Gemeindemitglieder zu einer persönlichen Umkehr führen;

• bestehende Glaubensaustausch-gruppen, wie z.B. Gebetskreise undBibelkreise festigen, stärken und„wiederherstellen“;

• das Element des ausdrücklichenGlaubensgesprächs und des

Gebetes in sach- und beziehungs-orientierten Gruppen und Verbän-den stärken;

• einen neuen oder vertieften Zugangzur Hl. Messe ermöglichen;

• Gemeindemitglieder stärken undweiterführen, die bereits einengeistlichen Weg gehen;

• Orientierungshilfe für Suchendeund Zweifelnde anbieten;

• Gemeindemitgliedern die Mög-lichkeit zum Engagement geben,die von ihren Gaben und ihrer persönlichen Bereitschaft undMöglichkeit für eine pastoraleMitarbeit offen sind;

• informieren über und „werben“ füreinen weiterführenden Gemeinde-aufbau.

Damit will das Seminar nicht zu-letzt den Boden dafür bereiten,dass Menschen neu zum Glaubenkommen oder wieder einen Zugangzur Gemeinde finden können. Esgeht also um eine missionarischePastoral und um eine Gemeinde,die missionarisch Kirche ist.

93Gottes Geist hinterlässt Spuren

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ThemenThemen

Meist wird das Seminarin Kompaktform inner-halb einer Woche durch-geführt. Inhaltlich ist esnach dem Kreuzzeichenaufgebaut, mit dem ichmich selbst bezeichneund dabei spreche: „ImNamen des Vaters unddes Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“Es umfasst fünf Themen:

• Gottesbild („An Gottglauben um des Lebenswillen!“);

• Menschenbild/Selbst-annahme („Ja zu mirselbst!“);

• Jesus Christus („JesusChristus - Beweis der Liebe Gottes!“);

• Heiliger Geist („Heiliger Geist -Gottes Kraft für mein Leben!“);

• Entscheidung zum Glauben(„Gott sucht mich - lasse ich mich finden?“).

Den thematischen Tagen geht eineeinladende Eröffnungsveranstaltungvoraus. Während der Woche besteht

so oft wie gewünscht die Möglichkeitzu begleitenden Gesprächen. Derletzte Tag ist ein Tag der Besinnungmit der ausdrücklichen Einladungzum Empfang des Sakramentes derVersöhnung.

Die Glaubenswoche findet ihren Ab-schluss mit einem „Aufbruchsgottes-dienst“ mit persönlicher Erneuerungdes Taufversprechens.

94Gottes Geist hinterlässt Spuren

Die immer wieder von Christen beklagte ei-gene Unfähigkeit, ihrem Glauben eine„Sprachgestalt“ zu geben, mag mit einGrund dafür sein, dass der missionarischeAuftrag der Kirche behindert wird. Darankann eine vergangene Praxis ihren Anteil ha-ben, die auf eine „kirchenamtlich“ korrekteSprache in religiösen Dingen hin angelegtwar und daher weithin dem Amtsträger alleinzukam. Angesichts einer Neigung zum reli-giösen Subjektivismus und zur Schwärmereimag die verbreitete Sprachnot einerseitsdurchaus verständlich sein. Andererseitsmuss wohl angesichts der „Sprachlosigkeit“vieler Christen - auf Worte, Zeichen und Tat-handlungen bezogen - in der Breite unserer Gemeinden eine neue religiöse Sprach- undZeichenkompetenz erworben werden.

(Zeit zur Aussaat 19f)

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Das Amen

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Das Amen in der Kirche - Erfahrungen

Die Feiern zur Erneuerung des Tauf- und Firmversprechens sindwirkliche Höhepunkte, ganz gleichob sie im Rahmen einer Eucharis-tiefeier durchgeführt oder als ei-gener Wortgottesdienst gestaltetwerden. Die Feier in Kirchdorf beiMemmingen war für mich beson-ders eindrucksvoll.

Das Glaubensseminarwar sehr gut besuchtgewesen, in den Glau-bensgesprächsgrup-pen brachen vieleMenschen aus ihrerSprachlosigkeit inGlaubensfragen auf.

Im letzten Vortragzum Thema „Amen!Entscheidung für denGlauben“ hatte ichviel Wert darauf ge-legt, die Bedeutung des „Amen“zu erläutern. Es zeige die persön-liche Aneignung eines vorformu-lierten Gebetes an und habe Ent-scheidungscharakter. Als ich nunmeine kurze Ansprache bei der

Tauferneuerungsfeier mit demKreuzzeichen begann und vor dem„Amen“ eine kurze, rhetorische„Kunstpause“ einlegte, schalltemir aus der gefüllten Kirche einkräftig lautes „Amen“ entgegen,das die große Kirche quasi „aus-füllte“.

Nach der Ansprache sollten danndiejenigen Gläubigen nach vornezum Altar treten, die mit diesemEntscheidungsschritt den Weg zu

einer persönli-chen Erneuerungdes Tauf- undFirmversprechensgehen wollten. Sie sollten sich,nach einem ge-meinschaftlichenWechselgebet,das an Texte derLiturgie der Oster-nacht und desGotteslobes ange-lehnt ist, mit ge-weihtem Wasser,

Erinnerung an das Taufwasser, bekreuzigen. Die Worte des Kreuz-zeichens sollten laut gesprochenwerden als Ausdruck der persönli-chen Annahme von Taufe und Fir-mung. Auch andere Formulierungen

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dieser Glaubensentscheidung wa-ren möglich und vorgeschlagenworden. Danach sollte jede und je-der eine kleine Kerze an der Oster-kerze entzünden und mit diesemLicht zurückgehen an seinen Platzim Kirchenraum.

Nach der Aufforderung amSchluss der Ansprache, nachvorne zum Altar zu kommen, wares ganz still, und ich wagte kaumaufzuschauen, aus Sorge, obwohl auch Frauen und Männerdiesen ungewohnten Schritt tunwürden. Aber dann standen zu-erst einige wenige auf, weiterefolgten, und plötzlich schien sichdie ganze Kirche zu erheben undnach vorne zu kommen. Schließ-lich standen mehr als 150 Perso-nen um den Altar.

Und dann war es nach den ge-meinschaftlichen Gebeten wiederganz still, weil ich vergessen hat-te, dem Organisten zu sagen, ersolle das Geschehen leise auf derOrgel begleiten. Dadurch aber waren die Worte des Kreuzzeichensoder die freieren Formulierungenin der ganzen Kirche zu hören -das Mikrofon auf dem Altar abzu-schalten hatten wir auch vergessen.

Eine lange Zeit war so gefüllt undgesättigt mit Zeugnissen der Festi-gung und des Neuaufbruchs imGlauben.

Hier und später ananderen Orten ha-be ich die Kraft desGlaubens erfahren.Von vielen Frauenund Männern, diediesen Schritt desGlaubens gegangensind, weiß ich, dassder Glaube ihr Lebenprägt und dass sieihr Christsein mis-sionarisch leben.

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Die hebräische Bibel gebraucht fürunser Wort „glauben“ vornehmlichdas Wort „aman“, das sich bisheute in der liturgischen Bekräfti-gungsformel „Amen“ findet. DieGrundbedeutung von „aman“ ist„fest-, beständig sein“. Glaubenbedeutet ein Sich-fest-Machen inGott, ein Trauen und Bauen aufihn, ein Gründen der Existenz undein Stand- und Bestandfinden inihm (vgl. Jes 7,9). Der Glaube istdas im Blick auf Jesus Christus gefasste Vertrauen, dass Gott mirin jeder Lebenslage die Treue hältund der Halt und Inhalt meines Lebens ist. Glauben ist ein Amen-Sagen zu Gott mit allen Konse-quenzen (Katholischer Erwachse-nenkatechismus I, 41f).

Freilich - nicht alles ist hellesLicht. Ich erlebe in Gemeindenauch Schweres: Frauen und Män-ner müssen ihre Mitarbeit ein-schränken oder gar beenden, weilz.B. der Leistungsdruck in ihremBeruf zu groß wird; Planungsfeh-ler, Konflikte, Versäumnisse kom-men vor; es gibt schmerzlichemenschliche „Eigenarten“, es gibtauch Versagen.

Aber in mir ist die Überzeugunggewachsen: In all diesen Erlebnis-sen, die schmerzlich, ärgerlichoder frustrierend sind, lebt dasösterliche Licht Christi als Chanceder Veränderung, der Korrektur,des Wachstums. Es lebt in den Geschehnissen, nicht neben oderaußerhalb oder trotzdem oder nach.Ich glaube, es ist eine Hauptaufga-be, diese Spur in den Gemeindenzu finden. Wo dies gelingt, ge-schehen Wandlung und Wachs-tum: Aus einem Rückschlag wirdeine Chance, ein Konflikt vertiefteine Beziehung, Planungsfehlermobilisieren neue Kräfte, Ärgerwandelt sich in Ruhe, Resignation in Gelassenheit, Gemeinden wer-den missionarisch.

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98Autoren und Gesprächspartner

Pfr. Klemens Armbruster

Mitbegründer des MannheimerEvangelisierungsteams, Referentfür evangelisierende Gemeindepas-toral in der Erzdiözese Freiburg, warGesprächspartner für den Bericht„Wege erwachsenen Glaubens“.Weiterführende Literatur: KlemensArmbruster, Von der Krise zur Chance: Wege einer erfolgreichenGemeindepastoral, Freiburg 1999.

Marlene Benden, Helene Lennartz,Liesel Sina und Br. Franz-Leo Barden OFM

waren Gesprächspartner für den Artikel „... hören, hier gibt es Kirche“.

P. Klemens Nodewald CSsR

schrieb den Bericht „Sorge für dieModernisierungsverlierer“.

P. Erich Purk OFMCap

bis Ende 2000 Seelsorger in Lieb-frauen Frankfurt, stellte für den Artikel „Seelsorge mit Gesicht“Auszüge aus seinem Buch „Heraus-forderung Großstadt. Neue Chancenfür die Christen, Frankfurt 1999“ zurVerfügung.

Helga Grams

Koordinatorin des ambulantenDienstes des Hospizvereins Emmausin der Katholischen Kirchengemein-de Liebfrauen in Gevelsberg, warGesprächspartnerin für den Artikel„Ein Zeugnis des Lebens“ .

Schwester M. Veronika Riechel

war Gesprächspartnerin für die bei-den Berichte „Der Mächtige hatGroßes an mir getan“ und „Gott istunterwegs zu uns“.

Autoren und Gespr chspartnerä

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Kpl. Stefan Lampe

Bischöflicher Beauftragter desBistums Hildesheim für das Inter-netprojekt „Kirche in Funcity“, stellte Auszüge aus einem Referatfür den Bericht „Flagge zeigen in‚Funcity‘“ zur Verfügung.

Hannelore Bartscherer und Josef Winkelheide

Vorsitzende und stellvertretenderVorsitzender des Katholikenaus-schusses in der Stadt Köln warenGesprächspartner für den Bericht„Religiöses Brauchtum vor der Vermarktung bewahren“.

Brigitte Hesse und Elke Sieksmeyer

Pastoralreferentin und Gemeinde-referentin, Beauftragte für Urlau-berseelsorge in den katholischenRegionalstellen „Kirche an der Küste“ in Norden und Esens, warenGesprächspartnerinnen für den Bericht „Kirche an der Küste“.

Pfr. Dr. Gerhard Nachtwei

war Gesprächspartner für den Bericht „Katholiken für alle“.

P. Dr. Ulrich Engel OP

Direktor des Instituts M.-DominiqueChenu/Espaces Berlin, schrieb denBericht „Vorbehaltlos offen“. Weiterführende Literatur: U. Engel,City-Seelsorge. Perspektiven fürKirche und Stadt am Ende des 20. Jahrhunderts, Leipzig 1998.

Prälat Winfried Pilz

Präsident des Kindermissionswer-kes/Die Sternsinger, schrieb denBericht „An den Türen der Leute“.

Stefan Nickels

Mitarbeiter im Fachdienst Ge-meindecaritas in Duisburg, stelltefür den Bericht „Gemeinde imStadtteil“ Auszüge aus seinem Artikel in „caritas 2001. Jahrbuchdes Deutschen Caritasverbandes“,hrsg. vom Deutschen Caritasver-band, Freiburg 2000, zur Verfügung.

Dr. Karl Renner

Gemeinschaft Lumen Christi,schrieb den Beitrag „Gottes Geisthinterlässt Spuren“.

99Autoren und Gesprächspartner

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Das Wort der deutschen Bischöfe „Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein“ kann als Einzelexemplar kostenlos bestellt werden beimSekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstraße 163, 53113 Bonn, Tel. 0228/103 205, Fax 0228/103 330, eMail: [email protected],

ebenso das mehrfach im Text erwähnte apostolische Schreiben „Evangelii nuntiandi“ von Papst Paul VI. über die Evangelisierung in der Welt von heute (1975) in: Arbeitshilfen 66

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