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Design übersetzen. Weitere Kriterien: Auch die
Leidenschaft zur Handwerkskunst und ein der
Positionierung entsprechendes Ambiente –
immerhin kosten die in Brüssel und Frankreich
gefertigten Taschen zwischen 3000 und 7000
Euro – sollten im Store spürbar sein. Die Vision
der Mailänder Architekten: eine edle Boutique
in Kombination mit einer Kunstgalerie.
Der Standort im Herzen von Brüssel am
Boulevard de Waterloo, der mit Adressen
wie Prada, Chanel und Moncler als Hotspot
für Luxus-Shopping bekannt ist, und das
Gebäude selbst – zwei Etagen in einem
270 m² großen majestätischen Herrenhaus
Außerhalb der Heimat ist Delvaux mehr ein
Geheimtipp als ein medienbekannter It-Bag-
Hersteller. Und das, obwohl sich die belgische
Marke wegen ihrer Gründung im Jahr 1829 als
weltweit ältester Hersteller feiner Lederwaren
bezeichnen darf. Damit besteht Delvaux nicht
nur länger als das französische Traditionshaus
Hermès, das erst acht Jahre später gegründet
wurde, sondern ist sogar noch älter als das
Königreich Belgien, das erst 1830 entstand.
Das Mailänder Studio Vudafieri Saverino
Partners, mit dem die Luxusmarke seit 2012
zusammenarbeitet, sollte den Stolz auf diese
lange Geschichte in ein adäquates Interior
mit vier Meter hohen Decken – sorgen für
ein luxuriöses Ambiente. Ebenso die impo-
sante Eingangsarkade mit großer Treppe sowie
die Stuckleisten aus dem 19. Jahrhundert,
die vielen Fresken, Spiegel und Medaillons
in den offenen, großzügig geschnittenen
Räumen, deren ursprüngliche Beschaffenheit
die Architekten bewahrt haben. Dazu der
Einsatz von Materialien wie Marmor, Holz und
Schmiedeeisen.
Avantgardistisch wird die Verkaufsfläche
durch die geometrische Strenge der Display-
Armaturen und Wandvitrinen, die als abstrakte
Gemälde konzipiert sind, und deren Design
EINE VILLA FÜR TASCHEN. FÜR SEIN NEUES DOMIZIL IN DER HEIMATSTADT BRÜSSEL HAT DER BELGISCHE LUXUSLEDERWAREN-HERSTELLER DELVAUX EIN GANZ BESONDERES AMBIENTE KREIEREN LASSEN: IN EINER IMPOSANTEN STADTVILLA AM BOULEVARD DE WATERLOO HABEN NICHT NUR DIE HOCHWERTIGEN TASCHEN EIN ZUHAUSE GEFUNDEN, SONDERN AUCH ETLICHE BELGISCHE KUNSTWERKE UND DESIGNOBJEKTE. BIENVENUE IM NEU ERÖFFNETEN »LE 27«, IN DEM KUNDEN DURCH EINE MISCHUNG AUS GALERIE UND CONCEPT STORE WANDELN.
Le 27, Brüssel
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eine Hommage an Mondrians De-Stijl-
Kunstbewegung darstellt. Die minimalistischen
und asymmetrischen Regale und Konsolen
sind aus kostbaren, für das Art déco üblichen
Materialien wie Marmor und poliertem Nickel.
Einen Gegensatz bilden die Schränke mit
verspieltem Barock-Prunk. »Es ist ein ausge-
wogenes Zusammenleben von Klassik und
Moderne, Ordnung und Unordnung, Regel und
Ausnahme. Ein Kontrast, der die Delvaux-
Attitüde widerspiegelt, die streng klassische
Formen präsentiert, dialektisch kombiniert mit
äußerst modernen, schicken, leicht verspielten
Ergänzungen«, heißt es von Vudafieri Saverino
Partners.
Zum Museum machen den Store verschiedene
Kunstwerke und Einrichtungsgegenstände,
die die Geschichte des belgischen Designs
erzählen. Zum Beispiel die Sammlung bel-
gischer Keramik aus dem 20. Jahrhundert, die
sich hier und da in schwarzen und weißen
aufeinandergestapelten Setzkästen an den
Wänden findet. Ebenso die Einrichtung, beste-
hend aus limitierten Designermöbeln, unter
anderem von Jules Wabbes, Pieter de Bruyne
und Renaat Braem. Ebenfalls museumsträch-
tig: die kugelförmige Beleuchtung von Gino
Sarfatti, die an das Atomium, den legendären
belgischen Pavillon auf der Weltausstellung
1958 in Brüssel, erinnert. Sowie als Highlight
die Renaissance-Gemälde entlang des
Treppenaufgangs und in den Fluren, die sich
bei näherer Betrachtung als Fotografien der
argentinischen Künstlerin Romina Ressia
entpuppen. Sie lässt ihre neoflämisch
Portraitierten Popcon essen oder ihnen
Rollschuhe um den Hals baumeln. Leichtigkeit
und ein Augenzwinkern – auch das zeichnet
diesen Store aus.
ADRESSE: Boulevard de Waterloo 27, 1000 Brüssel, Belgien
ERÖFFNUNG: Juli 2018GRÖSSE: 370 m²ARCHITEKTUR: Vudafieri Saverino PartnersLADENBAU: Vudafieri Saverino PartnersLICHT: Studio Amort | Emotional Lighting DesignFOTOS: Santi Caleca
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SONIA RYKIEL, MADRID
SAVOIR-VIVRE IN MADRID.
Etwas ist hier anders. Und doch vertraut. Wer
den neuen Store von Sonia Rykiel in Madrids
stylischem Viertel Salamanca betritt, spürt
die Wurzeln der Marke und wird an andere
Flaggschiffe des französischen Hauses erin-
nert, wie beispielweise jenes in Paris, wo
hinter den Mannequins in den neuesten Out-
fits mehr als 50.000 Bücher die Regale bis zur
Decke füllen. Eine Hommage an das Pariser
Viertel Saint-Germain-des-Prés mit seinen
vielen Cafés und Buchläden. Dreh- und Angel-
punkt für intellektuelles und kulturelles
Leben. Und nebenbei auch das Viertel, in dem
Sonia Rykiel 1968 die gleichnamige Marke
gründete.
Doch im neuen Flagship-Store an der Calle
de Claudio Coello ist das Interieur deutlich
reduzierter. Eleganter. Erwachsener. Cleaner.
Und zugleich deutlich glamouröser. Bücher-
regale gibt es immer noch. Auch die Farbe
Rot spielt im Interior Design weiter eine Rolle.
Und auch der mit weißen und schwarzen
Marmorkacheln verlegte Fußboden, deren
Rauten an ein Schachbrett erinnern, ist ein
bereits bekanntes Element im Sonia Rykiel-
Store-Design. Aber die massiven Bücherregale
aus Holz mit den tausenden verschiedenen
bunten Buchrücken heben sich hinter den
Mannequins und Warenträgern nicht mehr ab,
sie sind filigraner und scheinen regelrecht mit
den goldenen Warenträgern zu verschmelzen.
In den Regalen steht zwar noch immer klas-
sische französische Literatur, diesmal aller-
dings sind es die farblich identischen Ausgaben
des Gallimard-Verlages. Für den intellektu-
ellen Pariser Rive Gauche-Flair sorgen Display-
Mannequins, die im Entrée an Bistrotischen
sitzen. Eine Szenerie, die sich auf den 165 m²
mehrmals wiederholt.
In dem Flaggschiff soll zudem das Thema
»Boudoir« modern interpretiert werden. Ein
warmer grauer Teppich kontrastiert hier zu
den schwarz-weißen Rauten des Steinbodens,
ebenso wie die hellen Wände zu der dunkel-
grauen Decke. Für Eleganz und Gemütlich-
keit sorgen die maßangefertigten Möbel und
Leuchten, etwa die cognacfarbenen Leder-
Poufs oder der modern interpretierte Kron-
leuchter des spanischen Leuchtenherstellers
Santa & Cole vor den Umkleidekabinen mit
den langen blauen Samtvorhängen. Den
Hippness-Faktor erhöht ein fast raumhohes
schwarzes Bücherregal mit comicähnlicher
Deko – eine optische Täuschung. Das Regal
ist auf Leinwand gedruckt.
Die Signalfarbe Rot beschränkt sich in Madrid
auf zwei breite Portale, die zu den weiteren
Verkaufsräumen führen und dem Kunden
sofort ins Auge stechen. »Der bewusst dosierte
Einsatz von Rot verleiht dem Raum Persönlich-
keit und drückt eine selbstbewusste, freudige
Sinnlichkeit aus, was der Identität der Marke
entspricht«, heißt es vom Architekturbüro
Vudafieri Saverino Partners mit Sitz in Mailand
und Schanghai, mit dem das Modehaus bereits
seit 2013 zusammenarbeitet. Mit der Neu-
eröffnung in Madrid steigt das internationale
Portfolio der in Eigenregie betriebenen Stores
auf zwölf, nach eigenen Läden in Frankreich (7),
Großbritannien (1), Belgien (1), Monaco (1) und
den USA (1), Partner führen Monomarken-
Stores in Korea (9), Taiwan (1), Japan (3) und
ebenfalls den USA.
ADRESSE: Calle de Claudio Coello 79, 28001 Madrid, SpanienERÖFFNUNG: Januar 2018GRÖSSE: 165 m²ARCHITEKTUR: Vudafieri Saverino Partners LADENBAU: Takk GroupLICHT: Viabizzuno; Santa & ColeFOTOS: Manolo Yllera
EIN HAUCH VON FRANKREICH UND RIVE GAUCHE MITTEN IN MADRID. DAS NEUE FLAGGSCHIFF VON SONIA RYKIEL IST NICHT NUR DER ERSTE STORE DES FRANZÖSISCHEN MODEHAUSES IN SPANIEN. AUCH DAS STORE-INTERIEUR HAT SICH DEUTLICH VERÄNDERT. STYLISCH UND CHIC INSZENIERT SICH DAS MODEHAUS IN DER SPANISCHEN HAUPTSTADT ALS FRANZÖSISCHE OASE. UND HAT DAS LADENDESIGN DEUTLICH WEITERENTWICKELT.
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