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- 1 - Heidi Pfeiffer Die Lebenden und die Toten Rüdiger Hoffmann Die Leichtigkeit der Langsamkeit INTERVIEWS | VERANSTALTUNGEN | MONATSMARKT DEINS! | Ausgabe 12 | Season 9 im Dezember 2014 | Das Interviewmagazin vom Niko spitzner Tischgespräche

Stadtgeflüster Dezember

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Das Interviewmagazin vom DACHBODEN | www.stadtgefluester-muenster.de | www.facebook.com/stadtgefluester.muenster | Münster hat viele Seiten - Wir binden sie zu einem Heft!

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    HeidiPfeifferDie Lebenden und die Toten

    RdigerHoffmannDie Leichtigkeit der Langsamkeit

    INTERVIEWS | VERANSTALTUNGEN | MONATSMARKTDEINS! | Ausgabe 12 | Season 9 im Dezember 2014 | Das Interviewmagazin vom

    Niko spitznerTischgesprche

  • - 3 -

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  • - 3 -

    InhaltsverzeichnisFast ForwortTISCHGESPRCHE ..........................................................Seite 04

    Niko Spitzner

    VERNISSAGE FR FRAU VOGEL ..................................Seite 12

    Antje Vogel

    REVOLUZZER UND POET ..............................................Seite 16

    Konstantin Wecker

    DIE LEBENDEN UND DIE TOTEN ................................Seite 24

    Dr. Gabriele Walther-Wenke

    DIE FABEL(HAFTE) WELT DER KATIE GROSSER ....Seite 28

    Katie Pfeiffer

    DIE KGINNEN IM KINDERHOSPIZ ...........................Seite 32

    Maike Biermann, Katrin Beerwerth & Nina Sautmann

    DIE LEICHTIGKEIT DER LANGSAMKEIT ..................Seite 40

    Rdiger Hoffmann

    LIEBE AUF DEN ERSTEN BLICK ...................................Seite 44

    Carsten Strbbe

    STADTGEFLSTER ADVENTSKALENDER ........... Seite 53/55

    ADVENTS- UND WEIHNACHTSMRKTE .............Seite 56/57

    GESCHENKIDEEN .......................................................Seite 59/61

    WEIHNACHTSSHOPPING 2014................................ Seite 62/62

    GEWINNEN & SCHENKEN .......................................... Seite 69/69

    TIPPS & TERMINE ......................................................Seite 70/77

    KULTUR & FREIZEIT .................................................Seite 78/79

    GLOSSAR/IMPRESSUM .............................................Seite 80/81

    Liebste Leserin,

    lieber Leser, werter

    Mnsteraner,

    ich war diesen Monat zum Essen eingeladen. Das htte

    prinzipiell nichts ins unserem Vorwort verloren wre

    dabei nicht unser Titelinterview entstanden. Niko Spitzner

    hat mich vortrefflich bewirtet: Es gab ein Drei-Gnge-Men

    und viel zu erzhlen.

    Doch bevor ihr das tut, geniet erstmal das aktuelle Heft,

    denn natrlich haben wir neben meiner Schlemmerei

    noch viel mehr fr euch: Dennis traf Katie Grosser, eine

    aufstrebende Kinderbuchautorin; Konstantin Wecker, die-

    ser alte Revoluzzer, rief bei Arndt an und auch Tom griff

    zum Hrer. Bei ihm am anderen Ende der Leitung: Rdiger

    Hoffmann. Und ich wei gar nicht, ob ihr es schon wuss-

    tet, aber Jana hat unterdessen die Knigskinder besucht

    den ambulanten Kinderhospizdienst Mnsters.

    Auerdem haben wir uns natrlich Gedanken um eure

    Vorweihnachtszeit gemacht: Unser Adventskalender

    ist proppenvoll mit Ideen, wo ihr die besten Geschenke

    herbekommt und noch dazu haben wir diesen Monat nicht

    ein, nicht zwei, nicht drei, sondern VIER Gewinnspiele

    fr euch! Diese findet ihr wie immer in den Sonderseiten.

    Habe ich noch etwas vergessen? Ach ja! Blttert mal

    ganz nach hinten, denn auf der letzten Seite wartet etwas

    frs Herz.

    In diesem Sinne: Frohes Fest, guten Rutsch und vielleicht

    sieht man sich am Glhweinstand!

    Euer Thorsten

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    Thorsten, Niko Spitzner und Jan Lhn sprechen ber Schnecken und ungeladene Gste.

    Du bist, was du isst ich bin also definitiv kein Frosch. Werde allerdings zu einem, als Niko Spitzner mir Schnecken

    serviert. Froschschenkel hat er bei unserem gemeinsamen Essen nmlich nicht auf Lager, Burgunderschnecken

    jedoch schon. Wir wollen die Arbeit und das Angenehme verbinden und fhren das Interview whrend

    eines Drei-Gnge-Mens in Nikos Restaurant bei dem aus unerfindlichen

    Grnden auch Jan Lhn anwesend ist.

    Was ist das fr ein Gedudel?

    Niko Spitzner: Du meinst unsere

    Hintergrundmusik frs Ambiente?

    Fr Hintergrundmusik ist die aber laut.

    Niko: Soll ich die leiser machen?

    Ja, ein bisschen wre super. Was

    hast du denn heute mit uns vor?

    Niko: Es gibt drei klassische

    Sachen: eine kalte Pastete vom

    Landschwein, eine Tarte von Burgun-

    derschnecken und Kalbsbries mit

    Bamberger Hrnchen

    Sind das Eichhrnchen?

    Niko: Nein, Kartoffeln. Und dazu

    gibts ein bisschen grnen Spargel.

    Wirst du mgen.

    Bis auf die Schnecken hrt sich

    auch alles lecker an ich bin da

    offen. Obwohl ich Angst hatte, wir

    mssten hier Froschschenkel essen.

    Schlielich ist Jan dabei, dieser alte

    Gourmetknochen, Habt ihr diese

    Delikatesse berhaupt?

    Niko: Momentan leider nicht.

    Wieso?

    Niko: Weil unser Lieferant die gera-

    de nicht im Sortiment hat.

    Wie kann das denn sein?

    Jan Lhn: Bestellt ihr die saisonal?

    Frsche!? (Lacht)

    Jan: Kann doch sein! Vielleicht ist

    jetzt keine Froschsaison.

    Niko: Daran liegt es nicht, aber

    unser Lieferant hatte trotzdem keine.

    Und die Mnsteraner essen sowas?

    Niko: Wenn wir die auf der Karte

    haben, laufen die von selbst.

    Laufen die von selbst Wie kom-

    men die denn bei dir an?

    Niko: Frisch im Kilo.

    Wieviel Frsche sind das?

    Niko: Das sind zwanzig Dop-

    pelschenkel auf einen Stock

    gespiet.

    Da sind noch Knochen drin, oder?

    Niko: Und sogar noch Fchen

    dran! Wenn du mchtest, servieren

    Tischgesprche

    Das erste Schwein,

    das wir geschlachtet

    haben, hie norbert.

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    Theater Mnster Neubrckenstr. 63 48143 Mnster

    Komdie von Anton Tschechow DIE NCHSTEN TERMINE:Dienstag 02. Dezember 19.30 UhrFreitag 12. Dezember 19.30 UhrSonntag 28. Dezember 15.00 UhrSonntag 25. Januar 19.00 Uhr GROSSES HAUS | PREISE B | VER.DITICKETS: 35 | 30 | 23 | 19 | 10 | 6 (Mit Publikumsgesprch im Anschluss an die Vorstellung)

    wir die auch so dann kannst du sie ablutschen

    Da freut sich der Fufetischist. Kommen wir zurck zum

    ersten Gang

    Niko: Dem Alverskirchener Landschwein.

    Das stammt also aus der Nhe. Wie kamst du gerade auf

    diese Schweine?

    Niko: Ich suche immer nach exklusiven Produkten und

    bei diesen Tieren nehmen wir sogar Einfluss auf die Zucht

    das ist besonders toll.

    Was bedeutet das? Hast du das Schwein designt?

    Niko: Wir haben uns Gedanken darber gemacht, was

    fr ein Schwein wir haben wollen und welche Eigenschaf-

    ten es aufweisen sollte.

    Wieso das? Sollte es besonders lieb sein?

    Niko: Naja, mehr artgerecht gezchtet und wetterfest,

    also mit dicken Borsten. Deswegen haben wir zwei geeig-

    nete Rassen gekreuzt.

    Warst du dabei? Mit einem Sektglas in der Hand?

    Niko: (Lacht) Nee, so viel Privatsphre haben wir den

    Schweinen dann doch gelassen. Das erste Schwein, das wir

    geschlachtet haben, hie brigens Norbert.

    Ihr habt direkt das erste gegessen?

    Niko: Ja, wir haben gleich losgelegt. Dem ersten

    Gast, der Norbert probieren durfte, haben wir den

    Namen verraten und er hat auch gelacht aber ich

    glaube, mehr aus Hflichkeit: Es war Norbert Acker-

    mann.

    Die wievielte Generation essen wir heute?

    Niko: Die vierte oder fnfte.

    Leben Norberts Eltern denn noch?

    Niko: Nee, die haben wir auch gegessen.

    Mein Gott, ihr esst die ganze Sippe!

    Niko: Da haben uns noch ein paar Leute bei geholfen.

    Wir sind sozusagen mit in den

    Low-Budget-Ring gestiegen.

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    Ich mchte auch mithelfen: Wann

    geht es denn los?

    Niko: Jeden Augenblick. Aber

    zunchst gibt es erst einmal einen

    Wein: Trimbach aus dem Elsass. Und

    da kommt das Schwein.

    Sieht gut aus. Lasst uns anfangen

    schlielich soll das ein Interview

    werden, bei dem wir essen.

    Niko: Dann nochmal fr die Leser:

    erster Gang, Schweinefleisch mit etwas

    fettem Speck und Leber. Guten Appetit.

    Jan: Du hast auch immer Ideen

    Guten Appetit. Was haltet ihr von

    diesen Kohl-Protokollen?

    Hallo, knnen wir erstmal was zu

    dem Essen sagen?

    Jan: Wieso? Beim Essen unterhlt

    man sich eben! Also ich finde dieses

    Brimborium bitter da geht es doch

    nur um die verletzten Gefhle alter

    Mnner.

    Wre auch eine tolle berschrift

    fr dieses Interview: Verletzte, alte

    Mnner. (Lacht) Aber lasst uns nicht

    politisch werden.

    Jan: Na schn. Meins schmeckt toll.

    Wenn du dich unterhalten mchtest,

    Jan: Wie wars denn gestern?

    Jan: Kein Kommentar. (Lacht) Niko,

    du hast aber schon mehr ein Faible

    fr klassische Gerichte.

    Niko: Genau. Ich habe vor allem

    eine Vorliebe fr die deutsche Kche.

    Das Essen hier ist jetzt auch traditi-

    onell dargestellt. Man knnte es na-

    trlich moderner interpretieren und

    verndern auch optisch. Aber ich

    mchte mich einfach auf das Gericht

    konzentrieren.

    Aber so eine Pastete, wie die hier,

    kenne ich eher aus Frankreich.

    Niko: Ich biete deutsche, franzsi-

    sche und mediterrane Kche an.

    Niko zieht alle Blicke auf sich.

    Foto

    s: J

    an

    a N

    imz

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    Wrde ich so ein Essen auch mittags

    bekommen?

    Niko: Ab und zu.

    Ist das ein Lockmittel, um auf euch

    aufmerksam zu machen?

    Niko: Auf jeden Fall aber auch ganz

    klar, um konkurrenzfhig zu bleiben.

    Wir sind sozusagen mit in den Low-

    Budget-Ring gestiegen. Du kannst es

    mit den groen Automarken verglei-

    chen, die jetzt auch Kleinwgen her-

    stellen. Das hat nichts mit Anspruch zu

    tun, sondern weil sie sonst raus wren.

    Ich kriege also mittags gnstiges

    Essen und abends la carte?

    Niko: Ja, du kannst mittags aber

    auch statt der Angebote sechs Gerich-

    te la carte essen und wenn wir im

    Vorfeld Bescheid wissen, knnen wir

    die gesamte Karte anbieten.

    Jan: Das finde ich brigens super:

    Fr zwlf Euro Gegenwert bekommst

    du den Mittagstisch kannst hier

    jedoch ebenso gut mit Geschftspart-

    nern tafeln, die eher Sachen la carte

    erwarten.

    Ich habe ein bisschen Angst vor dem

    nchsten Gang Schnecken sind

    echt nicht so meins

    Niko: Magst du die gar nicht?

    Ehrlich gesagt, habe ich noch nie

    probiert. Schnecken rangieren so

    ziemlich unter den letzten Tieren,

    die ich gerne essen wrde also

    reden wir lieber nicht drber und

    stellen uns stattdessen die Frage,

    warum Jan Lhn berhaupt bei

    diesem Interview anwesend ist.

    Niko: (Lacht) Weil er sich selbst

    eingeladen hat!

    Jan: Ich habe das hier schlielich

    organisiert!

    Sind die Schnecken eigentlich mit

    Gehuse?

    Jan: Ich dachte, du willst da nicht

    Die Schnecken haben sie hinter sich und Thorsten kann wieder lcheln.

    Wir mchten auch

    das Besondere wie etwa die

    Schnecken, Froschschenkel oder

    auch Roulade vom Pferd!

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    mehr drber sprechen aber klar

    sind die mit Gehuse. Da kannst du

    schn drauf rumkauen. (Lacht) Nein,

    natrlich mussten die ihr Huschen

    abgeben. Da luft ja wahrscheinlich

    kein alter franzsischer Bauer durch

    die Gegend und sammelt Schnecken

    ein, sondern die werden gezchtet

    oder?

    Niko: Ja, wir haben hier sogar eine

    Schneckenzchterin in der Nhe

    Oh ich merke gerade, wir trinken

    bereits einen neuen Wein! Wir sind

    also offiziell beim zweiten Gang?

    Niko: Dir wird schon etwas mulmig

    oder?

    Jan: Jetzt komm, zier dich nicht

    so. Hau rein!

    Okay, ich traue mich

    Niko: Na, gehts?

    Erstaunlich gut sogar. Die sind

    lecker!

    Jan: Sag ich doch.

    Niko: Ich esse das persnlich auch

    unglaublich gerne. Stell dir vor, du

    sitzt am Meer auf einer Terrasse und

    jemand serviert dir so ein Essen

    perfekt.

    So, damit haben wir das Schlimmste

    hinter uns.

    Niko: Wie lautet dein Fazit?

    Wrdest bei mir nochmal Schnecken

    bestellen?

    Nee.

    Niko: Nein!?

    Also es hat fantastisch geschmeckt!

    Aber wie gesagt meins ist es nicht.

    Im Restaurant kann ich so viel ande-

    res bestellen, dass Schnecken kaum

    meine erste Wahl wren.

    Niko: Da sprichst du genau die

    Philosophie unserer Karte an: Wir

    mchten einerseits Gerichte haben,

    die jeder kennt und keiner Erklrung

    bedrfen, aber auch das Besondere

    wie etwa die Schnecken, Frosch-

    schenkel oder auch Roulade vom

    Pferd! Da kommen erstmal viele:

    Also nein, Pferdefleisch esse ich

    nicht! Aber

    Warte kurz! Du hast schon recht

    ich finde diese Einstellung auch

    schade, denn dadurch verpasst man

    viel. Wie wre es denn mit einem

    berraschungsgericht?

    Niko: Ich soll den Leuten also nicht

    sagen, was es gibt, bis es auf dem

    Tisch steht?

    Nee, bis sie es gegessen haben.

    Jan: Das ist ziemlicher Schwachsinn.

    Das ist doch nur ein Vorschlag, den

    ich dem Herrn Spitzner in einem

    netten Gesprch unterbreiten wollte!

    Niko: Ja, aber das geht nicht

    nachher erschlagen dich deine

    Gste. Was ich noch sagen wollte:

    Auf unserer Karte gibt es extra eine

    Rubrik namens Vergessene Gerich-

    te. Darauf findest du halt eher das

    spezielle Essen. Diese Speisen ha-

    ben wir nach einer Zeit absichtlich

    von allen anderen getrennt und

    jetzt rate.

    die laufen seither besser?

    Niko: Genau! Damals am Aasee

    wurde ich von vielen ebenfalls fr

    gewisse Gerichte kritisiert, die jetzt

    super ankommen.

    Mit am Aasee meinst du das Res-

    taurant, in dem du vorher warst?

    Niko: Richtig. Und als ich hier

    zum ersten Mal herkam vielleicht

    kennst du das, du siehst etwas und

    sofort beginnt alles zu kribbeln.

    Welche Frau war das?

    Niko: (Lacht) Ich rede von diesem

    Restaurant! Ich wusste von der ersten

    Sekunde: Das ist es. Es war genauso,

    wie ich es mir immer vorgestellt hatte

    eben wie ein richtiges Haus. Kein Ge-

    bude, das extra fr die Gastronomie

    gebaut wurde. Es fhlte sich direkt so

    an, als wrde ich zuhause kochen. Und

    inzwischen wohne ich ja sogar hier.

    Ernsthaft?

    Niko: Ja, ich wohne ber dem Res-

    taurant. Und somit kommt jeder, der

    hier essen geht, wirklich zu mir.

    Also sitzen wir in deinem Wohnzim-

    mer?

    Niko: Ein bisschen ist das so.

    Das ist aber gefhrlich! Du musst

    das besser trennen!

    Jan: Jetzt lass den Mann in Ruh!

    Ich sags doch nur.

    Niko: Schon richtig, das mache ich

    ja auch. Wollen wir zum nchsten

    Gang kommen?

    Gerne. Was gibts denn?

    Niko: Kalbsbries mit Bamberger

    Hrnchen.

    Ach ja, stimmt. Wie hie das Klb-

    chen?

    Niko: Den Namen habe ich ver-

    gessen war aber auf jeden Fall ein

    deutsches Kalb.

    Also nicht designt wie das Schwein?

    Ich rede von diesem

    Restaurant! Ich wusste von der

    ersten Sekunde: Das ist es.

  • - 10 -- 10 - - 11 -

    Niko: Nee, das nicht. Wir mssen dich

    nicht berreden, das Kalb zu essen?

    Quatsch, damit habe ich kein

    Problem. Ich habe sogar schon mal

    Krokodil gegessen. Das gibts in New

    Orleans am Stiel.

    Niko: Denkt man gar nicht von

    dir. Wenn du dich bei Schnecken so

    anstellst

    Also bitte!

    Jan: Eine Zeit lang hatten das ja

    auf einmal total viele Restaurants

    auf der Karte Krokodile, Schlangen,

    Schildkrten Die hatten zu dem

    Zeitpunkt schon das achte Konzept

    durch und versuchten, den Laden so

    zum Laufen zu bringen.

    Niko: Exotik ist in der Gastronomie

    aber nichts Neues wir haben ein Koch-

    buch von Werner Fischer aus den Siebzi-

    gern mit einem Rezept fr gefllten Igel.

    Warte, ich hole mal das Buch! Hier. Es

    gibt auch ein Rezept fr Robbenfilet,

    im Teig gebacken. (Lacht)

    (Gibt Thorsten das aufgeschlagene

    Buch.)

    Du meinst den Igel auf bosnische

    Art?

    Niko: Ja, genau!

    Jan: Ach du Schande, guck mal bei

    Nummer fnf: Gesalzener Elefanten-

    rssel!

    Und das Buch ist aus den Fnfzigern?

    Niko: Damals war alles, was wild

    und selten war, richtig schick das

    mussten die Leute dann essen.

    Jan: Die Brentatzen sehen

    aber widerlich aus irgendwie

    zh.

    Bist du immer noch mit dem Buch

    zugange?

    Jan: Das ist interessant!

    Leg das mal weg, wir essen gerade

    ist das da ein echtes Gehirn?

    Niko: Das kommt auch aus der fran-

    zsischen Kche. Schmeckt ganz gut.

    Du hast das schon mal gegessen?

    Niko: Ja, vom Kalb. Gibts auch von

    Schwein.

    Als wren Schnecken und Froschschenkel nicht schlimm genug: Gefllter Igel.

  • - 10 - - 11 -

    INFO Spitzner im

    Oerschen Hof

    Wer jetzt Lust hat, mal in Nikos Wohnzim-

    mer vorbeizuschauen, kann das nicht nur,

    sondern sollte es auch.

    Es lohnt sich wegen des Essens, wegen der

    Atmosphre und natrlich wegen des sym-

    pathischen Kchenchefs. Das Restaurant

    findet ihr unter der Adresse Knigsstrae

    42 und alle Infos dazu im Internet:

    oerschenhof.ms

    Und was denkst du darber?

    Niko: Ich muss es nicht haben.

    Jan: Gibts als Nchstes einen

    warmen Gang?

    Niko: Ja.

    Jan: Dann kommen wir mal mit in

    die Kche!

    (Hintergrundmusik, das Diktiergert

    liegt einsam auf der Tischdecke.

    Thorsten kommt zurck und holt es

    schlielich doch.)

    Ach, du musst noch kochen!

    Niko: Ja klar, jetzt gibt es was

    Warmes.

    Hngt hier eine Voodoopuppe bei

    euch in der Kche?

    Niko: Die hat mir ein ehemaliger

    Mitarbeiter geschenkt, der dauernd

    verpennt hat. Irgendwann hats mir

    gereicht und ich habe tatschlich eine

    Nadel reingesteckt. Zwei Tage spter

    ist dieser Mitarbeiter durch eine Man-

    delentzndung

    Verstorben.

    Niko: Nein! Ausgefallen. Und seit-

    dem ist diese Puppe mir heilig.

    Bist du denn gleich mal fertig?

    Niko: Immer mit der Ruhe.

    Jan: Das Warten lohnt sich da

    freue ich mich schon den ganzen

    Abend drauf.

    Und was ist das?

    Jan: Schnitzel!

    Niko: Jaaa genau. Vom Kalb. Du

    kannst es sofort probieren, hol doch

    schon mal Teller.

    Super. Ein Restaurant, in dem ich

    mir auch noch selbst das Geschirr

    holen muss Hier, ich habe sogar

    drei Stck mitgebracht. Das Schnit-

    zel sieht gut aus.

    Jan: Und schmeckt noch besser!

    Guten Appetit.

    Da bin ich ja mal gespannt. Guten

    Appetit.

    Niko: Na Thorsten, wie schmeckt

    es dir?

    Ganz ehrlich? Das ist eins der besten

    Schnitzel, das ich je gegessen habe.

    Jan: Erinnerst du dich noch an

    deine Idee von gerade?

    Welche?

    Niko: Also nicht. (Lacht) Es geht

    um deinen Vorschlag mit dem berra-

    schungsgericht.

    Wieso?

    Jan: Jetzt, wo du aufgegessen hast,

    knnen wir es dir ja sagen. Weit du,

    was Kalbsbries ist, Thorsten?

    Oh Gott. Was denn?

    Niko: Der Thymus vom Kalb das

    ist eine Drse.

    Nicht euer Ernst! Und ich habe das

    auch noch gegessen! Haben wir

    noch Wein zum Nachsplen?

    Jan: Siehst du? Ich habe dir gesagt,

    die Idee ist Schwachsinn.

    wir haben ein Kochbuch

    aus den Siebzigern mit einem

    Rezept fr gefllten Igel.

  • - 13 -- 12 -

    Foto

    s: J

    an

    a N

    imz

  • - 13 -- 12 -

    Herzli ach, ich darf ja noch gar

    nicht gratulieren!

    Nein! Die Ausstellung ist zwar

    anlsslich meines Geburtstages, aber

    bis dahin ist noch etwas Zeit.

    Dass du 75 wirst, kann man wirklich

    nicht glauben.

    Ach weit du, Alter ist sowieso

    etwas vllig abstraktes. Wir machen

    es immer nur im Vergleich fest: Du

    bist entweder jnger oder lter als

    jemand anderes. Irgendwann wirst

    du die Erfahrung machen, dass man

    im Kopf nicht lter wird. Merkwrdi-

    gerweise gibt es Menschen, die schon

    als Kinder betagt sind. So kleine

    Greise. (Lacht) Aber im Alltag denke

    ich nie ber mein Alter nach. Es gibt

    tausende Dinge, die unendlich viel

    wichtiger sind. Nur meinen dreiigs-

    ten Geburtstag fand ich schrecklich.

    Wieso das?

    Damals habe ich noch geglaubt,

    damit sei der Lack ab. (Lacht)

    Na dann guck doch mal, wie viel

    Lack ber vierzig Jahre spter noch

    dran ist!

    Frher war alles eben ein bisschen

    anders. Letztens habe ich eine Moden-

    schau von Heinz Oestergaard in einer

    Nostalgiesendung gesehen: Und jetzt

    kommt die Mode fr die reife Frau ab

    dreiig! Das war in den Sechzigern

    zu der Zeit gehrte man mit dreiig

    schon fast zum alten Eisen.

    Oha.

    Siehst du, was ich meine? Damals

    konntest du anhand der Kleidung auch

    direkt erkennen, wie alt jemand war.

    Oder an der Frisur. Aber inzwischen

    hat sich Gott sei Dank einiges gendert.

    ich dachte

    damals noch, mit

    dreiig sei der lack ab!

    Jana, Antje Vogel und die Abstraktheit des Alters.

    Hiermit muss ich mich outen: Antje Vogels Vernissage ist tatschlich die erste meines Lebens.

    Das darf man in einer solch kunstlastigen Stadt wie Mnster eigentlich gar nicht zugeben. Ihre Illustrationen

    hngen an den Wnden und die Anwesenden an den Lippen der Redner, die ihr zu Ehren herzliche Worte verlie-

    ren. Ich verliere leider auch etwas: meine guten Manieren und beginne unser Gesprch ganz

    charmant mit einem Thema, ber das man mit Damen nicht spricht dem Alter.

    Vernissage fr frau vogel

  • - 15 -- 15 -- 14 -

    City-Blutspende, das Blutspende-Zentrum in Mnsters CityKlarissengasse 9, am Herzensstern-Boulevard

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    Stimmt. Mit Ausnahme deiner

    Illustrationen die gehren immer

    noch in jedes Kinderzimmer. Woher

    nimmst du deine Inspiration?

    Ich wei gar nicht, ob ich es

    Inspiration nennen wrde. Es ist

    schwer in Worte zu fassen, wie es

    ist, wenn mir etwas einfllt. Doch

    natrlich muss alles, was die Hand

    spter malt, zunchst irgendwie in

    den Kopf. Allerdings ist der Zusam-

    menhang zwischen dem Ursprung

    einer Idee und der fertigen Illustra-

    tion selten erkennbar. Zum Bei-

    spiel waren wir vor einiger Zeit in

    Australien, im Outback. Da schwir-

    ren berall Fliegen rum. Unheimlich

    lstig. Deswegen tragen die Leute

    dort ausladende Hte mit Fden an

    der Krempe, an deren Enden Korken

    hngen so verscheuchen sie die

    Insekten aus ihren Gesichtern. Die

    Hte sind mir im Gedchtnis geblie-

    ben und tauchen daher in ein paar

    Illustrationen auf.

    Klingt, als brauche es den gewissen

    Blick.

    Absolut. Das merke ich selbst ganz

    stark: Wenn ich mit Freundinnen

    durch die Stadt laufe, sehe ich Dinge,

    die den anderen gar nicht auffallen.

    Ich definiere mich sehr ber meine

    Augen diese besondere Wahrneh-

    mung. Und sobald ich dann eine Idee

    habe, muss die raus. Sonst platzt mir

    der Kopf.

    Und wie jeder sieht, hast du nicht

    wenige Ideen.

    Das stimmt schon, ein paar sind

    immer da. Manchmal fange ich sogar

    mit Illustrationen fr Bcher an, die

    gar nicht in Auftrag gegeben wurden.

    Wie kamst du dazu, Kinderbcher

    zu illustrieren?

    Das hat sich irgendwann so

    ergeben. Ich habe zu dem Zeitpunkt

    schon lange gemalt und bei einer

    meiner ersten Ausstellungen nicht

    nur all meine Bilder verkauft, sondern

    auch meinen Ehemann Claus ken-

    nengelernt. Da wusste ich, das ist

    der Mann frs Leben. (Lacht) Als wir

    unseren Sohn bekamen, wollte ich

    etwas machen, um an ihn weiterzu-

    geben, was ich aus meiner Kindheit

    mitgenommen habe.

    Was denn genau?

    Als Kind war ich unglaublich

    viel mit meinen Eltern in der Natur

    unterwegs mein Vater kannte jede

    Pflanze und wusste immer, welcher

    Vogel gerade singt. Das mochte ich

    unendlich gerne. Und Bcher habe ich

    auch geliebt, also

    Hast du die perfekte Verbindung

    geschaffen.

    Genau. Wir sind frher oft um-

    gezogen, denn meine Eltern waren

    Knstler. Jedes Mal musste ich meine

    ganzen schnen Sachen zurck-

    lassen die Puppenstube, meinen

    Puppenherd, den Puppenwagen

    Meine Mutter hat alles verschenkt.

    Aber meine Bcher durfte ich immer

    mitnehmen. Und die besitze ich auch

    heute noch.

    (Eine Dame kommt zu Antje.)

    Dame: Darf ich ganz kurz stren?

    Wrden Sie wohl diese Bcher fr

    meine Tochter und meine Enkelin

    signieren?

    sobald ich eine idee habe,

    muss die raus sonst

    platzt mir der kopf.

  • - 15 -- 15 -

    INFO ANTJE VOGEL

    Nach meinem nonchalanten Gesprchseinstieg

    wisst ihr nun, dass Antje Vogel dieses Jahr

    ihren 75. Geburtstag begeht zu dem wir an

    dieser Stelle brigens noch einmal herzlich

    gratulieren mchten! (Jetzt drfen wir das,

    denn diese Ausgabe erscheint nach besagtem

    Ehrentag.)

    Vor 35 Jahren illustrierte sie ihr erstes Kinder-

    buch fr den Coopenrath Verlag und seither

    tummeln sich ihre Figuren in so manchem

    Kinderzimmer rund um den Globus. Wir hof-

    fen, dass zu dieser farbenfrohen Familie noch

    viele Mitglieder hinzukommen, und bedanken

    uns fr ber drei Jahrzehnte kunterbunte

    Kindertrume.

    antje-vogel.com

    Aber natrlich.

    Dame: Vielen Dank.

    Ich merke schon, der Zauber deiner

    Illustrationen zieht sich durch alle

    Altersgruppen.

    Machen wir uns nichts vor: Kin-

    derbcher werden nicht von Kindern

    gekauft, sondern von den Eltern und

    Groeltern. Deswegen mssen die

    Illustrationen der ganzen Familie ge-

    fallen. Aber das kann man natrlich

    nicht planen. Und knnte man das

    doch, wrde ich es wahrscheinlich

    nicht tun.

    Gibt es ein Buch, das du besonders

    gern illustriert hast?

    Diese Frage habe ich schon sehr

    oft gehrt und meine Antwort ist

    immer die gleiche: Stets das, an dem

    ich gerade arbeite. Das wird sich wohl

    nie ndern. Bei Bildern ist es brigens

    genauso.

    Sind sich deine Illustrationen

    und deine Bilder stilistisch sehr

    hnlich?

    Ich glaube, man kann ziemlich gut

    erkennen, dass alles aus einer Hand

    stammt. Aber so genau wei ich das

    gar nicht. Ich denke nicht darber

    nach. Wenn ich Bilder male, habe ich

    natrlich mehr Freiheiten, als bei Kin-

    derbchern ich darf da ein bisschen

    bser sein. (Lacht)

    Frau Vogel malt, wie Vgel heiraten.

  • - 17 -- 17 -

    Foto

    s: T

    hom

    as

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  • - 17 -- 17 -

    KONSTANTIN WECKER RUFT ARNDT AUS DEM AUTO AN

    Hat der Mann ein Kreuz! In einem Alter, wo andere lngst in Rente sind und ber Golfpltze schlendern,

    geht Konstantin Wecker auf Tournee und hlt Rckschau auf 40 Jahre Wahnsinn. Er hat immer noch Wut

    im Bauch, versteht sich als alter Achtundsechziger, der die Gesellschaft verndern will. Hallo, hier ist der

    Konstantin Wecker!, tnt es mit bayerischer Note aus dem Hrer. Und dann plaudert sich der Meister frohge-

    mut von Schubert bis Puccini, vom Mauerfall bis Merkel, von Gysi bis zum Kollegen Biermann.

    Herr Wecker, Ihre Jubilumstournee

    heit 40 Jahre Wahnsinn. Ist das

    eine ironische Selbstdiagnose?

    Das trifft den Nagel auf den Kopf.

    Auch ein bisschen Abschiedsstim-

    mung?

    Nein, berhaupt nicht. Ich habe

    mir geschworen, nachdem so viele

    meiner Kollegen mit Abschiedstour-

    neen um sich geschmissen haben und

    immer wortbrchig geworden sind,

    dass ich sowas nicht mache. Aller-

    dings bin auch nicht so kokett, es

    nur eine Zwischenbilanz zu nennen.

    (Lacht)

    Mnster ist die letzte Station

    in diesem Jahr. Verbinden Sie

    persnliche Erinnerungen mit der

    Stadt?

    Ja, sogar ziemlich lustige: Mein

    erster Auftritt mit etwa 22 Jahren

    das war die Rolle des Hohepriesters

    Hannas bei Jesus Christ Superstar

    in der Halle Mnsterland. Auerdem

    gab ich den Judas in der Zweitbeset-

    zung. (Zum Fahrer:) Wann war das,

    Gnter? Ich glaube 1972. Das war

    die erste deutsche Produktion von

    Superstar, die dann spter in Berlin

    furios in die Pleite rasselte. Whrend

    der Proben lebte ich wochenlang

    in Mnster eine sehr angenehme

    Erinnerung.

    Trumten Sie zu dieser Zeit schon

    davon, selber Musicals zu schreiben?

    Ja, ich glaube schon. Ich war

    damals sehr begeistert von dem Stck

    und halte es immer noch fr das

    beste von Andrew Lloyd Webber. Ich

    wollte zu der Zeit aber keinesfalls

    Musicalsnger werden, das war ein-

    fach nur ein Job der damals sogar

    relativ gut bezahlt wurde.

    Wo sehen Sie denn Ihre Wurzeln

    Woody Guthrie oder Dylan? Deut-

    sches Volkslied oder franzsisches

    Chanson?

    Meine Wurzeln sind eindeutig:

    das klassische deutsche Lied. Da

    unterscheide ich mich von meinen

    geschtzten Kollegen Wader, Degen-

    hardt und Mey. Mein Vater war ja

    Opernsnger, und ich habe ihn als

    Dreizehnjhriger bei Schubert und

    Schumann begleitet, habe mit 14

    bereits komponiert und z.B. Matthias

    Claudius vertont. So gehe ich auch

    heute noch an Lieder heran indem

    ich meine Gedichte vertone. Als ich

    in jungen Jahren quasi im Stile

    von Eichendorff und den deutschen

    Romantikern zu dichten begann,

    hatte ich nie Vertonungen im Sinn.

    Aber mit etwa 20 habe ich gemerkt,

    dass man Gedichte einfach besser an

    die Leute bringt, wenn man sie singt.

    REVOLUZZER UND POET

  • - 19 -- 18 - - 19 -

    Ich war brigens mit einer begnadeten sterreichischen

    Opernsngerin auf Tour: Angelika Kirchschlager. Sie hat

    dabei auch viel Schubert und Schumann gesungen und

    mich ermutigt, meine eigenen Lieder danebenzustellen.

    Das war die grte Freude an dieser Tour: Sie haben nicht

    gestrt. (Lacht)

    In im Grunde klassisches Crossover, was ja heutzutage

    immer beliebter wird. Der Kollege Hannes Wader hat

    etwas hnliches gemacht: Er hat Schubert quasi vom

    Kunstlied gelst und zur Gitarre gesungen. Die CD ken-

    nen Sie bestimmt.

    Ja, die kenne ich. Ich habe das nur mit dem Lied Der

    Leiermann gemacht und ihn verweckert. Es wurde mir

    auch fters angetragen, Schubert auf CD zu singen, aber

    ich bin mit so grandiosen klassischen Sngern grogewor-

    den Ich wollte das aus Respekt nicht.

    Welche Snger verehrten Sie am meisten?

    Himmel, es gibt so viele wunderbare Aufnahmen von

    Fritz Wunderlich! Und wenn man die kennt, muss man

    nicht unbedingt noch selber Schubert singen. brigens

    nichts gegen das Projekt vom Hannes er geht da vllig

    anders heran. Wie ein Volkssnger.

    Mir hats gut gefallen.

    Ich streife in meinem aktuellen Programm ja durch

    die Jahre. Und wenn ich mir jetzt die alten Arrangements

    anschaue von Liedern wie Genug ist nicht genug oder

    Der alte Kaiser die stehen eigentlich in der Nachfolge

    der deutschen sogenannten Kunstlieder. Aber ich mag das

    Wort nicht gern, weil es etwas abgehoben klingt.

    Welches Lied spielen Sie bei den aktuellen Konzerten am

    Anfang?

    Den Willy. Ich habe ihn 20 Jahre lang nicht gesungen,

    aber in dieses Programm musste er natrlich mit rein.

    Zuerst hatte ich ein wenig Angst, ihn an den Anfang zu

    stellen, weil ich dachte, es ist vielleicht ein bisschen zu

    hart. Doch es hat sich herausgestellt: Er ist am richtigen

    Platz.

    Ich war brigens mit einer

    begnadeten sterreichischen Opernsngerin auf

    Tour: Angelika Kirchschlager.

    DI. 16. DEZ. 2014BARZILLUS - Jdefelderstrae. 41 - MNSTER

    BEGINN: 20.00 UHR | EINTRITT FREI!

    MIDDLE EXCESSLIVE!

  • - 19 -- 18 - - 19 -

    Ich habe mich mal gefragt: Wenn ich

    Komponist wre, wie knnte ich si-

    cher sein, dass eine Melodie wirklich

    von mir ist?

    (Lacht) Da kann man sich tat-

    schlich oft tuschen. Spter stellt

    man dann fest, dass es sie in der

    unglaublichen Vielfalt, vor allem

    der Klassik, so hnlich bereits gege-

    ben hat. Ich halte es da mit Brecht:

    Gut geklaut ist besser als schlecht

    erfunden. Manchmal macht mans

    auch bewusst: Ich habe in dem Lied

    Das kleine Herzlied ein Thema

    von Rachmaninoff verwendet.

    (Singt) Di-dadada-diii Dadada-

    Daaam.

    Ah, Rachmaninoffs Paganini-Rhap-

    sodie

    Genau. Dazu gibts auch eine sch-

    ne Anekdote. Der Rachmaninoff ist ja

    noch nicht rechtefrei. Deshalb habe

    ich den Verlag angeschrieben, und

    die haben geantwortet: Fr Sie, Herr

    Wecker, erteilen wir die Genehmigung

    kostenfrei.

    Sehr schn. Ich habe dazu noch eine

    andere Anekdote im Kopf: Vor ewig

    langer Zeit habe ich ein Radiointer-

    view mit Ihnen gehrt. Sie erzhlten

    von der Aufnahme Ihrer Filmmusik

    zu Schtonk. Da habe sich pltzlich

    der erste Geiger zu Wort gemeldet

    und gesagt: Die Melodie geht nicht!

    Das ist Rienzi von Wagner! Also

    hatten Sie tatschlich denselben

    Einfall wie Wagner?

    (Lacht) Es war so: Ich brauchte

    unbedingt Wagners Walkrenritt fr

    diesen Film. Der Regisseur Helmut

    Dietl hatte sich bei einer Szene den

    Walkrenritt fr den Schnitt angelegt

    (die, wo der Gtz George in Ost-

    deutschland suchend umherfhrt). So

    machen das die Regisseure halt oft. Er

    wollte das Stck aber nicht direkt be-

    nutzen und sagte zu mir: Du musst

    mir etwas schreiben, das so hnlich

    klingt. Und es musste sekundenge-

    nau passen.

    Das Elend der Filmkomponisten!

    Genau. Aus diesem Grund hatte

    ich mich sehr tief in Wagner ein-

    gearbeitet, und dann kann es halt

    passieren, dass einem so ein Rienzi

    unterluft.

    Sie sind aber weitaus mehr Puccini-

    Fan als Wagnerianer.

    Ja, viel mehr. Es gibt fantastische

    Stcke und hinreiende Melodien bei

    Wagner, ich nehme ihm aber bel,

    dass er zu lang ist und in seiner Ideo-

    Konstantin Wecker holt den Willy raus und erffnet mit diesem Lied seine aktuellen Konzerte.

  • - 20 -

    logie zu prtentis. Puccini menschelt

    viel mehr. Er hat so eine hinreiende

    Dramaturgie in seinen Opern es

    wird mir nie langweilig. Er kommt im-

    mer auf den Punkt. Die Puccini-Liebe

    teile ich brigens mit vielen Orches-

    termusikern. Schon in den 70er und

    80er Jahren, als er vllig out war,

    gestanden mir eine Menge Musiker

    heimlich, dass sie am liebsten Puccini

    spielen.

    Auch ein Vorbild fr Sie, wenn Sie

    selbst Musicals schreiben?

    Sicherlich. Puccini hat mich quasi

    daran gehindert, Opernkomponist zu

    werden. Das habe ich in Die Kunst

    des Scheiterns genau geschildert.

    Seine Tosca htte ich gern geschrie-

    ben, aber so gut wie er knnte ichs

    halt nicht also lass ich das bleiben.

    (Lacht) Ich habe seinerzeit auch mein

    Kompositionsstudium abgebrochen,

    weil die moderne Oper keine Melo-

    dien und klare Dreiklnge erlaubte.

    Heute haben es junge Komponisten

    etwas besser. Im Musical darf ich

    eben schwelgen.

    In derselben Radiosendung haben

    Sie damals, so etwa 1990, das Lied

    Prost Deutschland gesungen: ein

    skeptisches Lied zur Wiedervereini-

    gung. Spielen Sie das aktuell auch

    wieder?

    (Verblfft:) Sie bringen mich da

    auf einen grandiosen Gedanken. Das

    wre jetzt genau das Lied fr 25

    Jahre Mauerfall gewesen. Sch

    rgerlich!

    Das knnten Sie jetzt noch im Inter-

    net Ihren Fans posten.

    Mach ich vielleicht.

    In diesem Text heit es: Vielleicht

    bin ich nur ein alter Sack, der noch

    von 68 trumt, von Bier und Beifall

    aufgeschwemmt, schon lngst den

    letzten Zug versumt. Wenn man

    sich vor 25 Jahren so beschreibt,

    frage ich mich: Wie fhlt der Mann

    sich heute?

    Tja, auch noch als alter 68er. Und

    ich merke: Das hat eine ganz andere

    Qualitt bekommen. Die, die tatsch-

    lich zur Revolution bereit sind, das

    sind die Alten die in den Achtzigern

    die groe Friedensbewegung mit-

    bekommen haben. Ein groartiger

    Umbruch in der Gesellschaft, der

    Der Wecker liebt Puccini und hitzige Diskussionen.

  • - 20 -

    PLATZ FR DEIN LOKAL

    KONTAKTRothenburg 14-16

    Tel.: 4816834stadtgefluester-muenster.de

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    meiner Ansicht nach von Think Tanks des Neolibera-

    lismus erstickt worden ist. Den jungen Menschen wurde

    weisgemacht, dass Engagement nicht so sexy ist, wie zu H

    & M zu gehen. In meinen Konzerten wende ich mich auch

    gegen das 68er-Bashing, wie es zurzeit oft betrieben

    wird. Wir haben damals erfolgreich versucht, die alten

    Nazi-Seilschaften aufzudecken.

    Das wird aber auch gar nicht bestritten.

    Ich habe neulich einen alten Text von mir gepostet: L-

    sungslotterie. Der behandelt, wie sich die verschiedenen

    linken Strmungen damals zerfetzt und bekriegt haben.

    Der notwendige Grundgedanke von 68 nahm dabei leider

    Schaden.

    Da wir nun schon beim Thema Politik sind, muss natr-

    lich der Name des Kollegen Wolf Biermann fallen. Bei

    Facebook haben Sie just sinngem geschrieben: Wenn

    ich im Bundestag gesungen htte, dann htte ich es den

    Bankern gegeben.

    Und denen, die den Bankern in den Arsch kriechen.

    Knnen Sie Biermann grundstzlich verstehen?

    Nein, nicht mehr. Wer so groartige Gedichte wie er

    geschrieben hat und sich dann zum Hassprediger mausert

    Hassprediger? Das Wort wird zurzeit inflationr

    benutzt.

    Sie haben recht, das mchte ich auch nicht so stehen-

    lassen. Aber er hat Menschen in einer Weise beleidigt, wie

    sich das im Bundestag nicht gehrt. Die Linke, die dort

    sa, ist das, was die SPD mal gewesen sein sollte. Und die

    Linken sind ja mit der SPD und den Grnen schlielich

    auch in diversen Koalitionen verbunden.

    Wen htten Sie denn statt Biermann zur Feierstunde

    geholt?

    Menschen, die nicht so ideologisch verbittert sind. Zum

    Beispiel Barbara Thalheim eine Sngerin, die sich auch

    gegen die SED gewandt, aber nicht solch einen Schwenk

    vollfhrt hat. Biermann ist vom bekennenden Kommu-

    Tosca htte ich gern geschrieben, aber so

    gut wie er knnte ichs halt nicht

  • - 23 -- 22 -

    nisten zum Kommunistenfresser

    geworden.

    Nur wer sich ndert, bleibt sich

    treu, hat er mal gesungen. Sie

    selbst halten es ja mit der Linkspar-

    tei wrden Sie sich einen Kanzler

    Gysi wnschen?

    In jedem Fall! Ich halte Gysi fr

    einen groartigen, klugen Menschen.

    Natrlich htte er Probleme, seiner

    Haltung in einem so hohen Amt treu

    zu bleiben.

    Da haben Sie viel Vertrauen. Seine

    Karriere als Berliner Wirtschaftsse-

    nator war ja eine unrhmlich kurze.

    Naja soll ich mir etwa nochmal

    Merkel wnschen?

    Zu der kommen wir am Ende noch.

    Ich kann mich an eine Sendung mit

    Ihrem Freund Dieter Hildebrandt

    erinnern. Hildebrandt sagte, er

    knne Ihnen zur Linkspartei nicht

    folgen dafr habe er persnlich

    zu viel Totalitarismus-Erfahrung.

    Haben Sie damals privat ber diese

    Gretchenfrage diskutiert?

    Ja, andauernd. Und ich darf Ihnen

    sagen, dass Dieter Hildebrandt in

    den letzten Jahren vor seinem Tod

    im Denken immer radikaler wurde.

    Ich fand sein allerletztes Programm

    revolutionr. Er hat nochmal eine

    Wandlung vollzogen, weil er erkann-

    te, wie sehr alles von wirtschaftlichen

    Interessen verkrustet ist.

    Wenn man sich Ihr Video Emprt

    euch anschaut, ist man sicher, dass

    Sie den Kapitalismus abschaffen

    wollen.

    Der Kapitalismus hat sich bereits

    abgeschafft. Wir erleben momentan

    die Sptfolgen eines versagenden

    Systems. Was der Kapitalismus

    einmal wollte Wohlstand fr

    alle ist ja nicht aufgegangen. Wir

    leben in unserer kleinen Traumwelt

    Deutschland, weil es uns noch ganz

    gut geht. Das trifft weltweit nur fr

    einen winzigen Prozentsatz zu. Die

    neoliberale Idee, dass der Markt al-

    les allein regelt, hat doch schon vor

    zehn Jahren nicht gestimmt, als es

    noch FDP-Gren in Talkshows hin-

    ausposaunten. Die Politik muss sich

    sehr wohl kmmern! Es kann doch

    nicht sein, dass ein Unternehmen

    wie Apple keinen Pfennig Steuern

    zahlt. Wenn jetzt das Freihandels-

    abkommen TTIP noch dazu kommt,

    knnten Errungenschaften wie der

    Mindestlohn rckgngig gemacht

    werden. In privaten Schiedsgerich-

    ten werden dann Konzerne auf

    Regierungen Druck ausben siehe

    Vattenfall.

    Also wrden Sie es nochmal mit

    Sozialismus probieren?

    Alle verdrehen die Augen beim

    Wort Planwirtschaft. Dabei ist

    die Wirtschaft der Grokonzer-

    ne durchaus geplant es ist eine

    Plan-Wirtschaft. Ich strebe aber

    gar kein ideologisches Modell an.

    Ich will, dass wir uns zusammen-

    Herr Wecker meint, wir sollten uns empren.

  • - 23 -

    INFO KONSTANTIN WECKER

    Das Wort Tausendsassa msste man fr

    ihn erfinden. Der Sohn eines Opernsn-

    gers wollte ursprnglich selber Opern

    schreiben. Stattdessen wurde er Dichter,

    Liedermacher, Musical- und Filmkom-

    ponist, Schauspieler und politischer

    Aktivist. Dieser Passion geht er heute auch

    auf Facebook nach, wo er sich mit Fans wie

    Gegnern austauscht. Der alte Achtund-

    sechziger Wecker wird nchstes Jahr

    selbst 68. Ein Leben voller Hhenflge und

    auch Abstrze. Seine Kokainsucht verar-

    beitete er 1993 in dem autobiografischen

    Roman Uferlos. Als Bayer war er frher

    mit der Mnchner Kabarettszene um Dieter

    Hildebrandt verbandelt.

    wecker.de

    setzen und erkennen: Kapitalismus

    hat versagt, auer fr ein Prozent

    der Menschheit. Fordern wir unsere

    Politiker auf, endlich die Banken

    und die Lobbyisten an die Leine zu

    nehmen!

    In dieser Richtung passiert ja schon

    ein bisschen was.

    Es passiert ein bisschen was,

    aber wir sollten die Angst vor dem

    Sozialismus beenden. Die SPD ist von

    Haus aus eine sozialistische Partei.

    Wir verschlieen die Augen vor den

    Zustnden in Griechenland oder in

    Spanien, wo fnfzig Prozent Jugend-

    arbeitslosigkeit herrschen! Solche

    Zustnde locken faschistische Krfte

    geradezu hervor.

    Haben sich nicht im 20. Jahrhun-

    dert alle sozialistischen Trume in

    Albtrume verwandelt?

    Das gilt aber auch fr kapitalisti-

    sche Trume. Ich stelle mich natr-

    lich nicht mit der Mao-Bibel hin und

    verkndige ein neues Weltbild. Meine

    Vorstellung von einer Revolution

    sieht so aus, dass wir uns vernetzten

    und dass sich keiner mehr einbil-

    det, er oder sie besitze den Stein der

    Weisen. Echte Demokratie! Die sozi-

    ale Vernetzung schafft erst einmal

    die Mglichkeit, sich zu informieren.

    Und das ist immens wichtig.

    Nicht umsonst sind Sie ja mit Ihren

    Fans auf Facebook so stark vernetzt.

    In Ihrer Brust streiten offenbar zwei

    Seelen: die des Poeten und die des

    Aktivisten. Ein Lied wie Wenn der

    Sommer nicht mehr weit ist kann

    man doch nicht mit Wut im Bauch

    schreiben!

    Um Himmels willen, nein! Eigent-

    lich schreibe ich ja Liebeslieder und

    werde in diesem Drang manchmal

    von der Wut behindert. (Lacht)

    Ich sagte ja eben, wir kommen

    am Ende zu Frau Merkel. Eines Ih-

    rer neckischen Lieder heit Das

    Lcheln meiner Kanzlerin. Dazu

    gibt es sogar ein tolles Video des

    Karikaturisten Dieter Hanitzsch

    (auf Youtube). Wodurch hatte sich

    2011 die Bundes-Angie diese Lie-

    beserklrung verdient?

    In Italien gab es damals unglaub-

    liche Merkel-Fans. Ich wollte einfach

    eine Verarschung der Merkelbegeiste-

    rung schreiben.

    Die sind eben nicht so verwhnt.

    Stimmt. (Lacht) Die Merkel-Be-

    geisterung hat sich auch mittlerwei-

    le gelegt. Ich dachte damals beim

    Schreiben nur: Wenn ihr wsstet!

    Wir leben in unserer kleinen

    Traumwelt Deutschland, weil es

    uns noch ganz gut geht.

    Am Rosenplatz tglich ab 18 Uhr mehr infos auf

  • - 25 -- 24 -

    Die lebenden und die toten

    Jana und Heidi Pfeiffer ber einen immer beliebteren Frauenberuf

    Nur wenige Menschen knnen von einem Besuch in der Rechtsmedizin berichten dort landen

    schlielich nicht viele, die nachher wieder aufstehen und gehen. Ich allerdings geniee diesen Luxus und

    treffe die Direktorin des Institutes fr Rechtsmedizin, Heidi Pfeiffer, die mir von der Faszination hinter ihrer

    Arbeit berichtet. Jene sieht in den Kpfen vieler Menschen immer noch ganz anders aus, als in der Realitt:

    Rechtsmediziner sind nicht nur fr die Toten da, sondern untersuchen auch lebende Opfer von Gewalt.

    Einer der Grnde, warum immer mehr Frauen diesen Beruf ergreifen.

    Frauen mit Forschungsgeist; Frauen wie Heidi Pfeiffer. Foto

    s: J

    an

    a N

    imz

  • - 25 -- 24 -

    Haben Sie Leichen im Keller?

    Nein, aber im Nebengebude.

    (Lacht)

    Dort ist die Pathologie, richtig? Wo

    liegt der Unterschied zwischen Pa-

    thologie und Rechtsmedizin?

    Das sind zwei verschiedene

    Facharztrichtungen und daher auch

    rumlich getrennt. Hier ist aus-

    schlielich die Rechtsmedizin. Patho-

    logen untersuchen Verstorbene, bei

    denen im Rahmen der Leichenschau

    eine natrliche Todesart bescheinigt

    wurde. Dafr ist die Einwilligung

    der Angehrigen erforderlich. Wir

    hingegen obduzieren im Auftrag

    der Staatsanwaltschaft Verstorbene

    bei Verdacht auf ein Ttungsdelikt

    oder wenn die Todesart nicht sicher

    festgestellt werden konnte. In der

    Regel geht es so los, dass ein Arzt

    den Tod des Menschen besttigt und

    die Todesart einstuft: natrlich,

    nicht natrlich, oder ungeklrte

    Todesart. In den letzten beiden Fl-

    len muss er die Polizei verstndigen,

    diese informiert die Staatsanwalt-

    schaft und die wiederum entscheidet,

    ob wir eine Obduktion vornehmen.

    Okay.

    Also kurz zusammengefasst: Wir

    bekommen unsere Auftrge von Poli-

    zei und Staatsanwaltschaft.

    Wie oft machen rzte das Hkchen

    hinter ungeklrte Todesart? Glau-

    ben Sie, es wird zu oft ein natrli-

    cher Tod diagnostiziert, obwohl das

    nicht stimmt?

    Na ja, ein Hausarzt gibt vermut-

    lich ungern zu, dass er nicht wei,

    woran sein Patient verstorben ist.

    Besonders in lndlichen Gebieten,

    in denen sich alle kennen. Womit

    ich niemandem etwas unterstellen

    mchte! Ausschlaggebend ist immer

    die Qualitt der Leichenschau.

    Sie in der Rechtsmedizin haben

    aber nicht nur mit Toten zu tun?

    Richtig, wir haben hier eine

    Gewaltopferambulanz und nehmen

    auch krperliche Untersuchungen

    an lebenden Opfern von Gewalt vor

    ebenfalls im Auftrag von Polizei

    und Staatsanwaltschaft. Aber auch

    auerhalb eines Strafverfahrens

    knnen Gewaltopfer zu uns kommen

    und sich die Verletzungsbefunde

    dokumentieren lassen. Wenn es sich

    zu einem spteren Zeitpunkt ent-

    schliet, doch Anzeige zu erstatten,

    kann ein Opfer diese Befunde von

    uns anfordern die sind vor Gericht

    verwertbar.

    Haben Sie Kontakt zu den Angeh-

    rigen der Verstorbenen?

    Nein, berhaupt nicht.

    Es gibt keinen genesenen Patienten,

    keine dankbare Verwandtschaft:

    Fehlt da manchmal ein bisschen die

    Wertschtzung?

    Wir knnen die Toten natr-

    lich nicht wiedererwecken, aber

    dennoch etwas fr sie tun: ihre To-

    desursache klren und im besten

    Falle sogar bei der Tterberfh-

    rung helfen. Das ist doch faszinie-

    rend! Besonders spannend wurde

    es Anfang der 90er Jahre, als die

    DNA-Analytik Einzug gehalten hat

    dadurch knnen wir jahrzehn-

    tealte Flle im Nachhinein noch

    aufklren.

    Mich hat berrascht, dass hier so

    viele Frauen arbeiten. Ich dachte,

    das sei eher ein Mnnerberuf.

    Es hat ein Generationswechsel in

    der Rechtsmedizin stattgefunden.

    Frher haben in diesem Beruf tat-

    schlich fast ausschlielich Mnner

    gearbeitet, aber heute sind an vielen

    Instituten beinahe mehr Frauen als

    Mnner beschftigt. Das hngt si-

    cherlich auch damit zusammen, dass

    wir immer mehr lebende Gewaltopfer

    untersuchen und das sind leider

    berwiegend Frauen und Kinder. Vie-

    le Frauen fhlen sich wohler, wenn

    sie nach einer Gewalttat auch von

    einer Frau untersucht werden.

    Hat die Zahl der Gewaltopfer in

    Mnster whrend der letzten Jahre

    zugenommen?

    Ich kann natrlich nichts zu der

    Dunkelziffer sagen, aber wir fhren

    tatschlich immer mehr Untersu-

    chungen durch als wir anfingen,

    waren es ungefhr zwanzig im Jahr,

    heute sind es ber hundert. Das

    hngt damit zusammen, dass wir

    nicht mehr nur als Obduktionsinsti-

    tut wahrgenommen werden, sondern

    die ffentlichkeit mitbekommen

    hat, dass wir auch fr die lebenden

    Gewaltopfer da sind.

    Was glauben Sie, wie hoch die Dun-

    kelziffer ist?

    Die drfte leider um ein Vielfaches

    so hoch sein, wie die gemeldeten Flle

    von Gewalt. Die Hemmschwelle der

    Betroffenen liegt verstndlicherweise

    sehr hoch. Auerdem gehen sie eher

    zum Hausarzt oder ihrem behandeln-

    den Gynkologen, um Verletzungen

    dokumentieren zu lassen und das

    ist auch richtig so: Wir knnen nicht

    jedes Opfer von Gewalt selbst unter-

    suchen, dafr haben wir leider zu we-

    als wir anfingen, waren es

    ungefhr zwanzig im Jahr, heute

    sind es ber hundert.

  • - 27 -

    nige Mitarbeiter. Deswegen ist unser

    Ziel, allen Studierenden der Medizin

    das ntige Rstzeug mitzugeben,

    sodass ihre Untersuchungsergebnisse

    ebenfalls vor Gericht verwertbar sind.

    Welche Eigenschaften sollte ein

    Rechtsmediziner mitbringen?

    Auf jeden Fall Forschergeist! Wir

    sind ja ein Hochschulinstitut. Und die

    DNA-Analyse ist auf dem heutigen

    Stand, weil wir Rechtsmediziner auf

    diesem Gebiet derart intensiv geforscht

    haben. Zudem mssen wir natrlich

    psychisch gefestigt sein. Wir drfen

    die Flle nicht mit nach Hause nehmen

    und selbst daran erkranken, sondern

    mssen diese objektiv sehen nur

    dann leisten wir gute Arbeit. Aber das

    sind Voraussetzungen, die jeder Arzt

    erfllen muss. Stellen Sie sich beispiels-

    weise einen Arzt auf einer kinderonko-

    logischen Station vor: Der psychische

    Druck ist dort ebenfalls enorm.

    Was geben Sie Medizinstudenten mit

    auf den Weg, um die Qualitt der

    Leichenschau zu verbessern?

    Wir erlutern im Rahmen von

    Vorlesungen und Praktika, wie der Tod

    eines Menschen sicher festzustellen ist:

    wie eine Leichenschau leitliniengem

    durchgefhrt wird und wie die Todes-

    bescheinigung richtig auszufllen ist.

    Wie ist das, wenn man zum ersten

    Mal einen toten Menschen auf dem

    Tisch hat? Registriert man das in

    dem Moment berhaupt?

    Die Studenten machen sich in den

    ersten zwei Jahren mit der Anatomie

    des Menschen vertraut und kom-

    men erstmals mit Toten in Kontakt.

    Die sehen allerdings nicht sagen

    wir mal frisch aus, sondern sind

    konserviert.

    Woher stammen diese Leichen?

    Das sind Krperspender Men-

    schen, die sich zu Lebzeiten der

    Forschung und Ausbildung von rz-

    ten nach ihrem Tod zur Verfgung

    gestellt haben. Ihre erste richtige

    Leiche sehen die meisten Studieren-

    den dann whrend ihres Praktikums

    - 26 -

    als wir anfingen, waren es

    ungefhr zwanzig im Jahr, heute

    sind es ber hundert.

  • - 27 -

    INFO DAS INSTITUT FR

    RECHTSMEDIZIN

    steht fr Auftrge der Polizei und

    Staatsanwaltschaften tglich rund um die

    Uhr zur Verfgung.

    Auerdem bietet es mit seiner Opferambu-

    lanz unbrokratische Hilfe fr Menschen,

    die Opfer von Gewalt geworden sind:

    kompetente Beratung durch speziell

    ausgebildete rzte

    gerichtsverwertbare Dokumentation von

    Verletzungen

    Sicherung von Spuren und Beweismate

    rialien

    Rntgenstrae 23, 48149 Mnster

    Tel. 83 5 51 51

    klinikum.uni-muenster.de

    in einer Klinik, bei uns oder in der

    Pathologie. Die sehen natrlich ganz

    anders aus.

    Wieso?

    Zum ersten Mal knnen sie die Lei-

    chenstarre prfen, die Totenflecken

    untersuchen, die Leichenklte fhlen.

    Ich denke, die meisten sehen diese

    Erfahrung uerst positiv. Schlielich

    gehrt es ebenfalls zu den Aufgaben

    eines Arztes, den Tod eines Menschen

    sicher feststellen zu knnen.

    Sie sagten, Sie drfen die Flle

    nicht mit nach Hause nehmen

    aber ist das teilweise nicht unver-

    meidlich?

    Zugegeben, ber mache Dinge den-

    ke ich zuhause noch eine Weile nach.

    Wenn Kinder betroffen sind, geht das

    natrlich immer besonders unter die

    Haut. Denn Kinder sind hilflos. Sie sind

    den Menschen, die sie verletzen, kom-

    plett ausgeliefert. Da kann ich mich

    noch an sehr viele zurckliegende Flle

    erinnern. Die vergesse ich nicht.

    Erinnern Sie sich noch an den

    Sugling, der letztes Jahr im Kanal

    gefunden wurde?

    Ja, der wurde hier im Institut

    untersucht. Dieser Fall hat Mnster

    sehr bewegt.

    Trumen Sie manchmal von Ihrer

    Arbeit?

    Nein. Also vielleicht ab und zu,

    aber wirklich nur ganz selten. Ich

    glaube, wrde das fter vorkommen,

    knnte ich diesen Beruf auch nicht

    ausben.

    So grandiose Deko gibts bei IKEA nicht.

    Die Kneipeim Viertel...jetzt mitneuer Kche !

    - Partys- Live Music

    - Lecker Essen- Draussen sitzenwww.flicflac-kneipe.de

    Wolbecker Str. 64, Hansaviertel, 48155 Mnster

  • - 29 -- 28 -

    Dennis geht mit Katie Grosser in die Fabelwelt

    Msst ihr noch in die Winkelgasse oder habt ihr schon alles fr das neue Schuljahr? Ihr merkt,

    ein paar Schlagworte reichen und jeder wei, worum es geht. Wir waren gerade zusammen unterwegs in

    einer fiktiven Welt, die es von Joanne K. Rowlings Kopf, ber Papier, bis ins Leben einer ganzen Generation

    geschafft hat. Ich treffe mich mit der Jungautorin Katie Grosser, die hnliches erreichen will: Sie erzhlt

    mir von ihrer Buchheldin Rissa und deren Abenteuern in der Fabelwelt. Und wer wei?

    Vielleicht reichen bald ein paar Schlagworte

    Foto

    s: W

    enck

    e Lie

    ber

    DIE FABEL(HAFTE)WELT DER KATIE GROSSER

  • - 29 -

    Ich glaube, du wirst mit deinen B-

    chern nicht reich.

    (Lacht) Wie kommst du darauf?

    Obwohl du vermutlich Recht hast,

    die Wenigsten werden Autor, um das

    groe Geld zu verdienen ich auch

    nicht.

    Ich hab dein Buch auch gar nicht bei

    Amazon gefunden ...

    Kein Wunder. Ich verffentliche

    ber einen kleinen Verlag und Ama-

    zon verlangt einfach zu viel fr den

    Vertrieb.

    Kriege ich es denn im Handel?

    Du kannst es ber den Buchhandel

    beim Verlag bestellen oder direkt

    ber deren Homepage.

    Wenn es nicht das Geld war, was hat

    dich dann an der Verffentlichung

    eines Buches gereizt?

    Der Spa und die Leidenschaft

    am Schreiben und es ist einfach ein

    super Gefhl, dein eigenes Buch zu

    verffentlichen. Das bisschen Geld,

    das man damit verdient, ist dann das

    Sahnehubchen.

    Zu deinem Roman gibt es auch

    didaktisches Unterrichtsmaterial.

    Willst du dir damit Schler als Leser

    erschlieen?

    Ich habe mal fr einen Verlag gear-

    beitet, der solche Materialien erstellt

    das hat mich auf die Idee gebracht.

    Ich finde es toll, wenn in der Schule

    viel gelesen wird und hoffe, dass man

    die Leselust dort mit passendem Un-

    terrichtsmaterial frdern kann.

    Warum ist es ein Kinderbuch gewor-

    den?

    Ich habe schon als Kind Geschich-

    ten geschrieben. Nun habe ich zwei

    jngere Geschwister und die haben

    mich gefragt, wann ich ihnen etwas

    schreiben wrde. So bin ich zur kind-

    gerechten Literatur gekommen

    und zu einem Fantasyroman.

    Ich wollte dem Vampirhype etwas

    entgegensetzen und schreibe deshalb

    ber Feen und Trolle.

    Aber ist das nicht genau der andere

    Hype?

    (Lacht) Als ich 2011 zu schreiben

    angefangen habe, ging es eigentlich

    noch. Da war Twilight noch der

    letzte Schrei.

    Fantasyliteratur hat immer das

    Problem, sich an Tolkien zu messen.

    Bisher ist auch wenig erschienen,

    was dem Genre wirklich frischen

    Wind gebracht hat. Hast du keine

    Angst, unfreiwillig zu kopieren?

    Natrlich, deshalb habe ich auch

    viel recherchiert und versucht, etwas

    Eigenes und Neues zu schaffen sonst

    htte ich gar nicht zu schreiben an-

    fangen mssen.

    Recherche heit, du hast eine Men-

    ge Bcher gelesen?

    Nee, weniger. Ich habe mich haupt-

    schlich im Internet und Enzyklop-

    dien ber Fabelwesen, wie Nymphen,

    Feen und Trolle, schlaugemacht: Wo

    kommen die her? Wie werden sie

    beschrieben?

    Du bedienst dich also klassischer

    Mythologien wie etwa Trolle, die

    unter Brcken wohnen?

    Nein, ich nutze zwar diese Figuren,

    habe sie aber auch fr meine Ge-

    schichte abgewandelt und ihnen eine

    eigene Bedeutung und Eigenschaften

    verliehen. Natrlich gibt es dabei aber

    immer die Gefahr, Elemente einzu-

    bauen, die man woanders gelesen hat.

    Hast du eine eigene Fantasywelt

    erschaffen?

    Ja, es gibt neben der Menschen-

    auch eine Fabelwelt. Jedoch sind sich

    beide recht hnlich.

    Ich habe mich bewusst nicht ber

    den Inhalt deines Buchs informiert.

    Worum geht es?

    Rissa Filial die Hauptfigur ist

    ein Menschenmdchen, das aber

    schon immer geahnt hat, dass es

    etwas anders ist als andere Kinder.

    Wie Harry Potter?!

    Ja, das ist schon hnlich, aber gibt

    halt keine Zauberer, sondern Fabel-

    wesen. Rissa lebt auch weiterhin in

    ihrer Menschenwelt und stattet der

    Fabelwelt nur Besuche ab. Am Ende

    des Romans muss sie sich dann je-

    doch entscheiden, in welcher Welt sie

    bleiben mchte.

    Wie gelangt man denn in die Fabel-

    welt?

    Durch unsichtbare Tore und das

    normalerweise nur, wenn jemand

    aus der Fabelwelt kommt und einem

    dabei hilft. Lsst einer das Tor

    allerdings offen dann knnen

    Menschen auch allein hindurchgehen.

    Falls sie ein solches Tor finden! Denn

    die sind sehr gut versteckt.

    Hat Rissa magische Krfte?

    Das mchte ich noch nicht

    verraten, dies wird im dritten Band

    relevanter.

    Ah, es wird also eine Buchreihe?

    Andere Leute gehen joggen oder

    machen Musik. Ich schreibe.

  • - 31 -

    Genau. Den zweiten Band habe ich

    auch schon geschrieben. Das erste

    Buch spielt in den Sommerferien und

    im Nachfolger geht Rissa aufs Md-

    cheninternat.

    Was glaubst du, wie alt deine Leser

    sind?

    Das erste Buch ist fr 8- bis 12-Jh-

    rige angesetzt. Aber der Leser wchst

    ja mit genau wie die Protagonistin. Bei

    meinen Bchern ist es anders als bei

    den Drei ??? oder den Fnf Freun-

    den. Die erleben zig Abenteuer, wer-

    den aber merkwrdigerweise nie lter.

    Du sprachst gerade von Recherche

    und ich habe natrlich ein paar

    Infos ber dich gesammelt du

    promovierst gerade, oder? Woher

    nimmst du die Zeit zum Schreiben?

    Ich brauche das Schreiben. Es ist

    fr mich eine Form des Stressabbaus.

    Andere Leute gehen joggen oder ma-

    chen Musik. Ich schreibe. Zwar nicht

    jeden Tag, aber schon ein paar Mal in

    der Woche.

    Also sitzt dein Freund abends vorm

    Fernseher und du gehst nochmal an

    den Computer?

    Ja, oder er spielt Fifa. (Lacht)

    Ich frage Autoren immer gerne, wie

    lange sie an ihrem Buch gearbeitet

    haben.

    Dann frag mal!

    Wie lange hast du fr dein Buch

    gebraucht?

    Am ersten Band habe ich zirka vier

    Monate geschrieben. Dann habe ich

    ihn aber auch erstmal fr ein paar

    Wochen zur Seite gelegt und spter

    berarbeitet. Und dann nochmal und

    nochmal und nochmal Die berar-

    beitung hrt eigentlich erst auf, wenn

    das Buch endlich gedruckt wird.

    Stell dir vor, du liest dein Buch in

    drei Jahren nochmal: Magst du es

    dann noch?

    Also ich gehe mal davon aus. Aber

    schon jetzt merke ich, dass ich aus

    heutiger Sicht im ersten Band noch

    etwas ergnzen wrde ich kenne

    die Charaktere inzwischen einfach

    besser, wrde dementsprechend noch

    ein paar Dinge einbauen. Aber es ist

    nun mal, wie es ist: Der erste Band ist

    drauen. Und am zweiten und dritten

    Teil kann ich ja noch ein bisschen

    arbeiten das kommt mir entgegen.

    Wieso?

    Weil ich erst relativ spt angefan-

    gen habe, Regeln fr meine Fabelwelt

    aufzustellen. Die waren natrlich die

    ganze Zeit in meinem Kopf, aber ich

    habe mir viel Ruhe genommen, um

    sie zu Papier zu bringen deswegen

    berarbeite ich den zweiten Band

    gerade nochmal rigoros.

    Wie zufrieden bist du mit der

    Coverillustration? Trifft sie die

    Charaktere oder hast du die selbst

    gemalt?

    Nein, das waren ein paar deut-

    sche Illustratoren, die allerdings in

    England studieren. Und ich bin total

    Katie schreibt zwar ber die Fabelwelt aber Dennis wurde dort geboren.

    Die berarbeitung hrt

    eigentlich erst auf, wenn das

    Buch endlich gedruckt wird.

    - 30 -

  • - 31 -

    INFO Katie Grosser

    wurde 1990 geboren, zog nach ihrem

    Abitur frs Studium nach Mnster und ver-

    diente ihre Brtchen als Stadtfhrerin. Seit

    Oktober promoviert sie und verffentlichte

    ganz nebenbei ihren ersten Kinderro-

    man Rissa Filial und das Vermchtnis der

    Fabelwelt. Mehr ber die Welt der Feen,

    Trolle, Kobolde und Nymphen erfhrt man

    unter:

    katiegrosser-autorin.de

    facebook.com/KatieGrosserAutorin

    Rissa Filial und das Vermchtnis der

    Fabelwelt gibt es beim Casimir-Verlag

    casimir-verlag.de fr 12,95 Euro

    ISBN: 978-3-940877-22-2

    zufrieden! Mehr noch: Stell dir vor,

    dass diese Figuren jahrelang in dei-

    nem Kopf leben und dann siehst du

    sie das erste Mal und denkst perfekt

    getroffen! Das ist schon faszinierend.

    Gibt es auch im Buch Illustrationen

    oder nur auf dem Titel?

    Im Buch selbst gibt es keine

    Zwlfjhrige brauchen schlielich

    keine Bilderbcher mehr.

    Man soll ein Buch nicht nach seinem

    Einband beurteilen aber wir wissen

    alle, dass wir es trotzdem tun. War

    dir das Cover deswegen besonders

    wichtig?

    Um ehrlich zu sein, habe ich da

    im Vorfeld nicht sonderlich drber

    nachgedacht. Mein Verleger hat sich

    sehr viel darum gekmmert und ich

    habe ihn machen lassen. Er hat von

    solchen Dingen mehr Ahnung. Schon

    bei dem ersten Coverentwurf war ich

    hin und weg und htte es am liebs-

    ten direkt in die Buchlden gestellt.

    Mein Verleger hatte aber noch ein

    paar Verbesserungsvorschlge. Ich

    habe mir dann auch noch einmal

    gemeinsam mit meinen Schwestern

    Gedanken gemacht und muss sagen,

    es ist jetzt im Endeffekt genau

    richtig geworden.

    Wie stehst du zu E-Books? Soll es

    dein Buch auch elektronisch geben?

    Puh, ob du es glaubst oder nicht:

    Das wei ich gar nicht so genau. Also

    das liegt an meinem Verlag. Dazu

    muss ich aber sagen, dass ich selbst

    auch nicht unbedingt der grte

    E-Book-Fan bin. Und besonders bei

    Kindern ist es schn, noch wirklich

    etwas in der Hand zu haben. Damit

    meine ich raschelndes Papier, keine

    spiegelglatte Flche.

    Ich rieche auch immer gerne an

    neuen Bchern.

    (Lacht) Wer nicht? Das macht es

    doch aus: der Geruch, das Gefhl, das

    Blttern, mit dem Daumen ber die

    Seiten zu streichen Du merkst, ich

    mag das.

    Wir gehen in groen Schritten auf

    Weihnachten zu: Dir als Jungautorin

    kommt das sicherlich entgegen.

    Auf jeden Fall! Ich bin seit der

    Buchverffentlichung schon in vielen

    Schulen zum Vorlesen gewesen viel-

    leicht wnscht sich ja der eine oder

    andere meinen Roman zu Weihnach-

    ten. Letztens hatte ich sogar meine

    erste Autogrammstunde das war toll!

    Wenn ich an Rissas Internat

    denke, sehe ich etwas vor mir,

    das mich sehr ans mnstersche

    Schloss erinnert.

    Du wohnst in Mnster, warst hier

    auerdem mal Stadtfhrerin

    findet sich unsere Stadt in deinen

    Bchern wieder?

    Im ersten Band nicht, denn Rissa

    wohnt auf dem Land. Aber im zwei-

    ten sagen wir mal so: Wenn ich an

    Rissas Internat denke, sehe ich etwas

    vor mir, das mich sehr ans mnster-

    sche Schloss erinnert.

  • - 33 -- 33 -

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  • - 33 -- 33 -

    Jana trifft die Knigskinder

    Es gibt viele Themen, die wir gerne verdrngen darunter Spitzenreiter: Der Tod. Ich fahre heute ins

    Kinderhospiz Knigskinder und spreche mit drei Frauen, die tglich mit ihm arbeiten mssen Oder? Maike,

    Katrin und Nina zeigen mir, wieso das eigentlich nicht stimmt. Ich merke schnell, sie arbeiten mit drei der

    schnsten Dinge dieser Welt: Kindern, Hoffnung und Freude.

    Gehrt der Hund unter unserem

    Tisch zum Hospiz?

    Katrin Beewerth (Koordinatorin im

    Kinderhospiz Knigskinder): Nein,

    der gehrt mir. Aber ich nehme ihn

    momentan immer mit zur Arbeit. Er

    hat eine Gehbehinderung und ist letz-

    tens die Treppe runtergefallen. Mal

    unter uns: Ich glaube, der hat nicht

    mehr so lange.

    Damit hat sich meine Frage erb-

    rigt, ob es euch schwerfllt, ber

    den Tod zu sprechen.

    Katrin: (Lacht) In unserem Beruf

    sollte man damit umgehen knnen.

    Aber anders, als die meisten glauben,

    dreht es sich hier nicht durchge-

    hend um Tod, Abschied und Trauer.

    Vielmehr wollen wir Hoffnung geben

    und die Familien entlasten dazu

    stehen meine Kollegin Maike und

    ich mit ihnen in engem Kontakt: wir

    telefonieren, fahren hin, besprechen

    die momentane Situation und wie es

    weitergehen soll.

    Wie viele Kinder begleitet ihr gerade?

    Maike Biermann (Koordinatorin im

    Kinderhospiz Knigskinder): Derzeit

    sind es zwanzig Familien. Es stehen

    allerdings noch Anfragen im Raum.

    Also nicht wenig zu tun

    Maike: Bisher konnten wir es noch

    immer irgendwie schaukeln. Momen-

    tan haben wir knapp dreiig Mitar-

    beiter, die meisten von ihnen sind

    Ehrenamtliche.

    Weil ich mit drei Frauen am Tisch

    sitze, vermute ich, dass es mehr

    weibliche Ehrenamtliche gibt als

    mnnliche oder?

    Maike: Richtig also falls du ein

    paar Mnner kennst, die sich das

    vorstellen knnten, wir suchen gerade

    welche. Neue Mnner brauchen die

    Knigskinder! (Lacht)

    Was ist der Grund fr den Mnner-

    mangel?

    Katrin: Das ist schwierig zu sa-

    gen. Vermutlich haben die meisten

    schlichtweg keine Zeit du kannst

    dir vorstellen, mit einem Vollzeitjob

    gestaltet sich die Ausbung einer

    ehrenamtlichen Ttigkeit schwierig.

    Aber ein paar Mnner im Team wren

    schn: Schlielich betreuen wir viele

    Jungs und die wollen Fuballspielen,

    raufen haben Lust auf Mnnerzeug!

    DIE KNIGINNEN IM KINDERHOSPIZ

    Bei unserer Arbeit

    bekommen wir viel zurck.

  • - 35 -- 34 -

    Situationen liegen in der Natur der Sa-

    che. Aber dann spreche ich mit Katrin

    und Maike und es legt sich alles.

    Denkst du zuhause viel ber die

    Kinder nach?

    Nina: Ich erzhle fter von meiner

    Arbeit, aber nicht, weil sie mich total

    bedrckt oder mitnimmt. Aber das

    ist vermutlich typabhngig jeder

    verarbeitet die Dinge anders.

    Du begleitest zwei Familien. Darf ich

    da genauer nachfragen?

    Nina: Klar, aber ich wei leider

    gar nicht, wie viel ich erzhlen darf

    Also ich begleite ein herzkrankes

    Kind und eins mit einer Stoffwech-

    - 35 -- 34 -

    Verstndlich.

    Maike: Von den Frauen her sind

    wir breit aufgestellt: Wir haben Stu-

    dentinnen, Mtter, aber auch Damen

    im Rentenalter, die nach einer neuen

    Aufgabe suchen. Aber uns fehlen

    noch ein paar echte Kerle fr unsere

    kleinen Kerle. (Lacht)

    Katrin: Im Dezember wird ein der-

    zeitiger Kursus Ehrenamtliche fertig

    in dem ist brigens auch Nina. Sie

    kann dir also aus erster Hand etwas

    ber die zwei Familien erzhlen, die

    sie betreut.

    Nina, falls du mir die Frage er-

    laubst: Wie alt bist du?

    Nina Sautmann (Praktikantin im

    Kinderhospiz Knigskinder): Ich wer-

    de bald 23. Wieso?

    Weil mich wundert, dass du in

    deinem Alter in diesem Bereich

    arbeiten mchtest.

    Nina: Ich habe mich schon immer

    fr die Arbeit mit Kindern interes-

    siert, bin hier jedoch eher durch

    meine Ttigkeit im Seniorenheim

    reingerutscht. Doch du hast recht, die

    meisten Ehrenamtlichen sind lter als

    ich. Ich wrde gerade aber nirgendwo

    anders helfen wollen: Bei unserer

    Arbeit bekommen wir viel zurck.

    Fllt sie dir denn nie schwer?

    Nina: Doch, natrlich. Belastende

    Die Koordinatorinnen koordinieren.

  • - 35 -- 34 -

    selerkrankung, das dazu auch noch

    blind ist. Mit diesem Kind bastele ich

    deswegen viel und manchmal quat-

    schen wir auch einfach nur. Mit dem

    herzkranken Kind gehe ich oft auf

    den Markt, wir kochen zusammen,

    spielen Gesellschaftsspiele Immer

    das, worauf das Kind gerade Lust hat.

    Katrin: Einer unserer Jungs ist ein

    echtes Energiebndel, dem es schwer-

    fllt, wenn er nicht in den Kinder-

    garten kann ihm fehlt der Trubel.

    Der braucht dauernd Action. (Lacht)

    Wenn die Ehrenamtliche kommt und

    Zeit zum Toben hat, findet er das

    natrlich toll.

    Bringen viele der Freiwilligen von

    sich aus mit, was diese Ttigkeit

    verlangt?

    Katrin: Prinzipiell ist jeder herzlich

    willkommen, der helfen mchte

    aber natrlich solltest du dich als

    Ehrenamtlicher mit dem, was wir tun,

    auseinandersetzen knnen.

    Maike: Jeder, der sich hier enga-

    giert, ist in irgendeiner Form selbst

    betroffen das muss nicht unbedingt

    ein jung verstorbenes Familienmit-

    glied oder ein Freund sein, sondern

    vielleicht auch einfach das Thema Ab-

    schied. Das ist den meisten hufig gar

    nicht bewusst, wenn sie herkommen.

    Aber uns ist es sehr wichtig, da genau

    hinzuschauen: Welche Menschen

    mchten sich hier engagieren? Was

    ist ihre Motivation? Nur so knnen

    wir der Familie garantieren, dass der

    Ehrenamtliche auch eine echte Unter-

    sttzung ist. Viele haben sich im Vor-

    feld noch gar nicht so sehr mit dem

    Tod auseinandergesetzt, deswegen

    sind die Kurse ungemein wichtig.

    Wie lange dauert so ein Kurs?

    Nina: Nach zirka einem Dreiviertel-

    jahr bekommst du dein Zertifikat.

    Maike: Dabei liegt unser Fokus

    auch auf der Selbstreflexion: Wie

    stehe ich zu den Themen Sterben,

    Tod, Trauer? Damit mssen sich die

    Ehrenamtlichen natrlich auseinan-

    dersetzen, bevor der Kontakt mit der

    Familie hergestellt wird.

    Betreut ihr auch Suglinge?

    Maike: Ja. Offiziell knnen wir alle

    Kinder und Jugendlichen betreuen, deren

    lebensverkrzende Krankheit vor ihrem

    18. Geburtstag diagnostiziert wurde.

    Lebensverkrzend ist bei den

    meisten Kindern denn abzusehen,

    wie alt sie werden?

    Maike: Nein, nicht unbedingt.

    - 35 -- 34 -

    Es kann also sein, dass ihr anfangt,

    einen Dreijhrigen zu betreuen

    und der wird ber dreiig?

    Katrin: Natrlich. Lebensverkr-

    zend bedeutet, dass nicht mit einer

    solch langen Lebenszeit gerechnet

    werden kann, wie bei dir und mir. Da

    liegt ein entscheidender Unterschied

    zu Erwachsenenhospizen. Da geht

    es meistens um die finale Phase. Wir

    hingegen knnen die Familien ab der

    Diagnose begleiten bis zum Tod des

    Kindes und auch darber hinaus.

    Maike: Unsere Begleitungen dauern

    teilweise mehrere Jahre und manch-

    mal ndert sich die Situation der

    Familie dahingehend, dass wir uns

    zurckziehen knnen. Zumindest fr

    eine Zeit.

    Insofern verbessert, dass ein Kind

    genest?

    Katrin: Das kommt selten vor.

    Allerdings hatten wir schon mal eine

    Familie, deren Kind sich wieder so

    gut fhlte, dass sie gesagt haben, sie

    bruchten erstmal keine Begleitung

    mehr. Wir vergleichen es oft mit einer

    Wellenbewegung: Mal hat das Kind eine

    schwere Erkltung, was in solchen Fl-

    len natrlich schnell lebensgefhrlich

    werden kann, und die Mglichkeit des

    Todes steht pltzlich im Raum aber

    genauso kann es sich wieder erholen

    und es folgt eine sehr stabile Phase.

    Eine Begleitung ist kostenlos?

    JANINHOFF GmbH & Co KG Thierstrae 130 48165 Mnster Tel.: 02501 9634-0 Wir untersttzen die

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    um mal wieder zum Friseur zu

    gehen oder mit einer Freundin

    Kaffee zu trinken.

  • - 37 -

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    Maike: Genau. Das ist natrlich auch enorm wichtig.

    Ihr sagt, ihr begleitet die ganze Familie. Steht das er-

    krankte Kind also gar nicht immer im Fokus?

    Nina: Ich finde, es kommt immer darauf an, was die Fa-

    milie gerade braucht. In den Familien, die ich betreue, bin

    ich zwar tatschlich in erster Linie fr das erkrankte Kind

    zustndig aber wenn die Mama mal Gesprchsbedarf hat

    oder das Geschwisterkind spielen mchte, mache ich das

    natrlich auch.

    Maike: Gerade die Geschwisterkinder spielen in der Be-

    gleitung eine entscheidende Rolle, denn die Eltern mssen

    sich eben besonders um das erkrankte Kind kmmern.

    Meist sind es alltgliche Dinge Fuballtraining, Schwim-

    mengehen oder mal auf den Spielplatz. Wir schauen ganz

    individuell, wie wir helfen knnen.

    Katrin: Das betrifft auch die Eltern: Die Mama soll Zeit

    haben, um mal wieder zum Friseur zu gehen oder mit

    einer Freundin Kaffee zu trinken. Wir bieten hier auch

    Geschwister- und Vtergruppen an. Und eine Muttergrup-

    pe ist in Planung viermal im Jahr treffen sich hier alle

    gemeinsam, es findet viel Austausch statt, die Familien

    knpfen untereinander Kontakte und geben sich Halt.

    Findet dieser Austausch auch unter den Ehrenamtlichen

    statt? Ich sehe, ihr nickt schon

    Maike: Das ist natrlich unerlsslich. Auch unsere

    Betreuer sollen sich gut begleitet fhlen. Wir treffen uns

    regelmig, auerdem haben wir einen 24-Stunden-Ruf-

    dienst eingerichtet

    Katrin und du?

    Maike: Ja. Sollte etwas sein, ist eine von uns beiden

    immer erreichbar sowohl fr die Familien als auch die

    Betreuer.

    Respekt, dass ihr beiden so fit vor mir sitzt!

    Katrin: Das ist alles nur Fassade! (Lacht) Nein, so

    schlimm ist es nicht. In erster Linie geben wir den Leuten

    damit Sicherheit.

    Maike: Es ist ja auch nicht so, dass permanent unser

    Telefon klingelt.

    Natrlich flieen auch mal Trnen aber wir

    lachen mindestens genauso viel.

  • - 37 -

    Trotzdem: Allein schon die Tatsa-

    che, dass ihr stndig auf Abruf steht,

    imponiert mir.

    Maike: Oh, danke sehr. Aber wir

    kennen unsere Familien und Eh-

    renamtlichen so gut, dass uns die

    Mglichkeit eines nchtlichen Anrufs

    nicht sonderlich beunruhigt.

    Womit wir wieder bei der ntigen

    Mentalitt wren: Habt ihr beiden

    auch mal Begleitungen gemacht?

    Katrin: Ich habe frher bei einem

    anderen ambulanten Hospizdienst

    gearbeitet, und da auch Sterbende

    begleitet aber dazu fehlt Maike und

    mir jetzt schlicht die Zeit. Eine der we-

    nigen Bedingungen, die wir an unsere

    Ehrenamtlichen stellen, lautet, dass sie

    mindestens vier bis fnf Stunden in der

    Woche fr die Familie da sein knnen.

    Viele Familien whlen ein ambu-

    lantes Hospiz, damit die Kinder in

    ihrem gewohnten Umfeld bleiben,

    was ich verstehen kann. Was spricht

    fr ein stationres Hospiz?

    Katrin: Ich glaube, das Bild eines

    stationren Kinderhospizes ist in den

    Kpfen der meisten Leute ein vllig

    falsches auch das ist nicht blo ein

    Ort zum Sterben. Jeder Familie stehen

    beispielsweise vier Wochen pro Jahr

    in einem stationren Kinderhospiz

    zu.

    Ach, die ganze Familie geht dann

    ins Hospiz?

    Katrin: Ja, es gibt dort Angebote

    fr die Geschwister, Gesprche mit

    den Eltern, eine Einzelbetreuung fr

    das erkrankte Kind Die Familie soll

    sich erholen knnen. Ambulante und

    stationre Kinderhospize ergnzen

    sich. Manche Eltern entscheiden sich

    sogar dazu, ins stationre Hospiz zu

    gehen, wenn sie glauben, es sei bald

    so weit.

    Nein, das ist kein Therapiehund.

  • - 39 -- 38 -

    Gibt es in Deutschland gengend

    ambulante Kinderhospizdienste?

    Maike: Leider noch nicht. Viele

    Eltern mchten eben das Gegenteil

    von dem, was Katrin gerade gesagt

    hat: Ihr Kind soll bei ihnen zuhause

    sterben und in manchen Gegenden

    ist das nicht mglich, weil es keine

    ambulanten Kinderhospize gibt.

    Katrin: Mir fllt gerade noch etwas

    zu den zwei Kindern ein, die Nina

    betreut: Sie sind geistig nicht son-

    derlich eingeschrnkt und du kannst

    dich mit ihnen unterhalten das ist

    nicht die Regel. Ein Groteil unserer

    Kinder ist schwerstmehrfachbehin-

    dert. In diesen Fllen nehmen unsere

    Begleiter Kontakt auf, indem sie mit

    den Kindern Musik hren oder an die

    frische Luft gehen.

    Maike: Beim Thema ambulantes

    Kinderhospiz, denken die meisten

    Leute direkt an krebskranke Kinder.

    Verstndlich, denn diese Bilder sind

    beispielsweise durch Spendenaktio-

    nen sehr oft prsent. Aber das ist nur

    ein kleiner Teil.

    Alle lcheln Katrin, Maike, Nina ... die Schnecke und die Raupe.

  • - 39 -

    INFO KINDERHOSPIZ KNIGSKINDER

    ist ein ambulanter Hospizdienst. Das

    bedeutet, die Ehrenamtlichen gehen zu den

    schwerst- und lebensverkrzend erkrank-

    ten Kindern nach Hause und betreuen sie

    dort. Der Verein finanziert sich grten-

    teils durch Spenden und ich habe nicht nur

    versprochen, die Bank- und Spendenkonten

    unter dem Interview anzugeben, sondern

    auch selbst Geld zu berweisen beide

    Versprechen habe ich gerne erfllt.

    Sparkasse Mnsterland Ost

    IBAN DE44 4005 0150 0000 4644 79

    SWIFT WELADED1MST

    Volksbank Mnster

    IBAN DE67 4016 0050 0007 7331 00

    SWIFT GENODEM1MSC

    kinderhospiz-koenigskinder.de

    Ihr sagtet gerade, ihr betreut

    Familien auch noch nach dem Tod

    des Kindes wie sieht eine solche

    Frsorge aus?

    Katrin: Prinzipiell bricht unsere

    Betreuung natrlich nicht mit dem

    Tod des Kindes ab gerade weil wir

    auch fr die Geschwisterkinder da

    sind. Und natrlich drfen diese

    gern weiterhin an der Geschwis-

    tergruppe teilnehmen. Nach dem

    Tod des Kindes verabschieden sich

    gengend Leute, die die Familie sehr

    lange um sich hatte: der Pflege-

    dienst, die Therapeuten sie alle

    kommen nicht mehr. Deswegen

    schauen wir ganz behutsam, was

    die Familie noch bentigt. Aber das

    eigentliche Ziel ist natrlich, dass

    die Familie uns ber kurz oder lang

    gar nicht mehr braucht und zurck

    ins Leben findet.

    Was wrdet ihr denjenigen raten, die als

    Ehrenamtliche hier anfangen mchten?

    Katrin: Nicht zu skeptisch zu sein

    manche haben zu Beginn etwas Angst,

    aber das legt sich bei den meisten

    recht schnell. Vielen unserer Ehren-

    amtlichen hilft die Intensitt, mit der

    wir hier arbeiten. Das fngt ja schon

    im Kursus an. Die Gruppe kommt sich

    uerst schnell sehr nahe. Natrlich

    flieen da auch mal Trnen aber wir

    lachen mindestens genauso viel.

    Maike: Das ist es, was unsere

    Arbeit ausmacht: Trnen und Freude

    liegen unendlich nah beieinander.

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    unendlich nah beieinander.

  • - 41 -

    Tom und Rdiger sprechen ber die Langsamkeit des Seins.

    Die Entdeckung der Langsamkeit ist nicht Rdiger Hoffmann gelungen, sondern ist ein Roman des Autors Sten

    Nadolny von 1983. Es geht um den Kapitn und Polarforscher John Franklin, der wegen seiner Langsamkeit erheb-

    liche Probleme hatte, in der schnelllebigen Welt seiner Zeit zurechtzukommen. Aber gerade diese Langsamkeit und

    die daraus resultierende Beharrlichkeit machten ihn letztendlich zum groen Entdecker.

    Liest man den Roman, hat man nicht selten das Gefhl, dass Rdiger Hoffman Pate fr das Werk gestanden htte.

    Warum auch nicht. Schlielich ist er der Erfinder der Langsamkeit; The King Of Slowness.Foto

    s: P

    ress

    efoto

    s

    DIE LEICHTIGKEIT DER LANGSAMKEIT

  • - 41 -

    Aprikosenmarmelade. Was erwartet

    die Massen, die in die Halle Mns-

    terland strmen werden, bei einem

    solchen Namen?

    Es erwartet sie ein Lied.

    Ein Lied?

    Jawohl. Aprikosenmarmelade ist

    ein Lied.

    Ein Lied zu welchem Zweck?

    Es ist sozusagen die Hilfestellung

    zu einem Psychogramm.

    Also ist es der Versuch einer Persn-

    lichkeitsbeschreibung anhand aller

    erfassbaren Daten?

    Richtig. Ich lasse Mnner gegen

    Frauen singen. Ein Battle, wenn man

    so will. Und anhand der Lautstrke

    werde ich feststellen, wer zuhause die

    Hosen an hat.

    Deine Fhigkeiten als Psychologe

    sind ja bekannt. Olaf und Birte

    kommen schlielich regelmig in

    den Genuss.

    Ja, auch diesmal und es nimmt

    einen dram