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Arch. Gyn~ik. 217, 427-436 (1974) @ by I. F. Bergmann Miinchen 1974 Funktionelle Morphologie des cervikalen Stroma im menschlichen Uterus H.-D. Hiersche, B. Busch, K. W. Tietze und J. Inthraphuvasak St~dt. Frauenklinik Kaiserslautern {Vorstand Prof. Dr. H.-D. Hiersche) nnd Universitfits frauenklinik Mainz (Direktor Prof. Dr. V. Friedberg} Eingegangen am 16. August 1974 Functional Morphology of the Cerncal Stroma of the Human Uterus Summary. With the help of the TGZ appliance, changes in the size of nuclei in the stroma of the endometrium cervicis of foeti, newborn and children were measured. Thus the nuclei of the stroma in the foetus reveal an enlargement during the foetal life, reaching a maximum in the tenth month of pregnancy. Caused by the rapid growth of the nuclei we find a great varia- bility in their size till to 15~ After birth there is a reduction in the size of the nuclei up until approxi- mately the first year of life, the variabilities of the size of the nuclei get stabil, and form the 6th month of life constant. From the first year of life till to the premenarche the size of the nuclei does not increase again. By this we could demonstrate the same alteration in the size of the nuclei in the foetal life as well in the endometrium cervicis as in the endometrium corporis uteri. A new activity in the premenarche which we found by former examina- tions in the size of the nuclei of the endometrium corporis uteri could not be demonstrated in the endometrium cervicis. By this we find a local difference in the activity between cervix and corpus uteri. Zusammenfassung. Mit HiVe einer halbautomatischen indirekten Methode wurden KerngrSlSenfinderungen im Stroma des Endometrium cervicis bei Fetch, Neugeborenen und Kindern untersucht. Hierbei land man zu unter- schiedlichen Zeiten nnterschiedliche Kerndurchmesser, wobei man auf Grund der Vorbehandlung davon ausgehen kann, dab die KerngrSlSenunterschiede durch eine Endomitose bedingt sind. In der praepartualen Lebensphase stei- gen die Kerndurchmesser an und erreichen ein Maximum im 10. Lunarmonat. Entsprechend dem raschen Wachstum der Zellkerne ist eine groge Kernvaria- bilit~it yon 14 bis 15'~ des Mittelwertes festzustellen. Nach der Geburt neh- men die Kerndurchmesser his zum Ende des ersten Lebensjahres st~ndig an GrSBe ab; die anf~inglich grSBeren Kernvariabilit~iten stabilisieren sich, um ab dem 6. Lebensmonat weitgehend konstant zu bleiben. In den auf das erste Lebensjahr folgenden hier untersuchten Lebensphasen bis zur Praemenarche

Funktionelle Morphologie des cervikalen Stroma im menschlichen Uterus

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Arch. Gyn~ik. 217, 427-436 (1974) @ by I. F. Bergmann Miinchen 1974

Funktionelle Morphologie des cervikalen Stroma im menschlichen Uterus

H.-D. Hiersche , B. Busch, K. W. T ie tze und J. I n t h r a p h u v a s a k

St~dt. Frauenklinik Kaiserslautern {Vorstand Prof. Dr. H.-D. Hiersche)

nnd Universitfits frauenklinik Mainz

(Direktor Prof. Dr. V. Friedberg}

Eingegangen am 16. August 1974

F u n c t i o n a l M o r p h o l o g y of the C e r n c a l S t r o m a of the H u m a n U t e r u s

Summary. With the help of the TGZ appliance, changes in the size of nuclei in the s troma of the endometr ium cervicis of foeti, newborn and children were measured. Thus the nuclei of the stroma in the foetus reveal an enlargement during the foetal life, reaching a maximum in the tenth month of pregnancy. Caused by the rapid growth of the nuclei we find a great varia- bility in their size till to 15~

After bir th there is a reduct ion in the size of the nuclei up until approxi- mately the first year of life, the variabil i t ies of the size of the nuclei get stabil, and form the 6th month of life constant. From the first year of life till to the premenarche the size of the nuclei does not increase again. By this we could demonstra te the same al terat ion in the size of the nuclei in the foetal life as well in the endometr ium cervicis as in the endometr ium corporis uteri.

A new activi ty in the premenarche which we found by former examina- tions in the size of the nuclei of the endometr ium corporis uteri could not be demonst ra ted in the endometr ium cervicis. By this we find a local difference in the act ivi ty be tween cervix and corpus uteri.

Zusammenfassung. Mit HiVe einer halbautomatischen indirekten Methode wurden KerngrSlSenfinderungen im Stroma des Endometr ium cervicis bei Fetch, Neugeborenen und Kindern untersucht. Hierbei land man zu unter- schiedlichen Zeiten nnterschiedliche Kerndurchmesser, wobei man auf Grund der Vorbehandlung davon ausgehen kann, dab die KerngrSlSenunterschiede durch eine Endomitose bedingt sind. In der praepar tualen Lebensphase stei- gen die Kerndurchmesser an und erreichen ein Maximum im 10. Lunarmonat. Entsprechend dem raschen Wachstum der Zellkerne ist eine groge Kernvaria- bilit~it yon 14 bis 15'~ des Mit te lwertes festzustellen. Nach der Geburt neh- men die Kerndurchmesser his zum Ende des ersten Lebensjahres st~ndig an GrSBe ab; die anf~inglich grSBeren Kernvariabilit~iten stabil isieren sich, um ab dem 6. Lebensmonat wei tgehend konstant zu bleiben. In den auf das erste Lebensjahr folgenden hier untersuchten Lebensphasen bis zur Praemenarche

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bleiben die KerngrSBen unver~indert. Im wesentlichen besteht Ubereinstim- mung mit Untersuchungsbefnnden, die an den cervikalen Drfisenzellen sowie an den Drfisen- und Stromazellen des Endometrium des Corpus uteri durch Karyometrie erhoben wurden. Eine Aktivit&tssteigerung zu Beginn der Reife, welche bei den Drfisenzellen und Stromazellen des Corpus uteri in der star- ken Kernvariabilit~it dieser Altersgruppe sichtbar wurde, kann jedoch im cervikalen Bereich nicht nachgewiesen werden. Somit bestehen lokale Unter- schiede in der Aktivit/it zwischen Cervix und Corpus, die karyometrisch er- faBt werden konnten.

Der menschliche Uterus unterliegt im Laufe des Lebeus der Frau zahl- reichen Ver~inderungen seiner Gestalt und histologischen Beschaffenheit (Ober, Schneppenheim, Kaufmann 1958); Hamperl Ii965 a, b); Hiersche (1970). Allometrische Studien zeigen dabei eine Tachyauxesis des Uterus ab dem 6. Fetalmonat bis zur Geburt; ihr folgte eine postpartuale GrS- Benabnahme des Organs, besonders des cervikalen Anteils. Vom 1. his 7. Lebensjahr findet man keine GrSBenanderung des Uterus; um das 8. Lebensjahr setzt ein erneutes, jetzt negativ allometrisches Wachstum {Bradyauxesis) ein (Hiersche et al. 1969). Histochemische Studien am Endometrium corporis und cervicis in der Fetalzeit, Neugeborenen- periode und Kindheit Kaiser (1962) (Hiersche 1970, Hiersche et al. 1971 a, b) Huber (1972} und karyometrische Untersu&ungen am corporalen und cervikalen Drfisenfeld Inthraphuvasak (1969}, Tietze et al. (1970 b} lassen trotz unterschiedlicher Methodik einen deutlichen Aktivitats- anstieg in diesen Organbezirken des Uterus ab dem 6. bis 8. Lunarmonat mit praepartualem Gipfel und postpartualem Abfall erkennen. Eine er- neute statistisch gesicherte GrSBenzunahme der Zellkerne in der Prae- menarche entsprechend dem negativen allometrischen Uteruswachstum und dem erneuten Aktivit~tsanstieg in den Drfisen- und Stromakernen des Endometrium corporis uteri, konnte an den Drfisenzellen der Cervix nicht festgestellt werden.

Untersuchungen fiber eine altersabh~ingige, unterschiedliche Aktivitat auch der endocervikalen Stromazellen liegen bisher nicht vor. Es ist daher Aufgabe dieser Arbeit, durch karyometrische Studien festzustel- len, ob und in welchem Umfang ein unterschiedliches GrSBenwachstum der cervikalen Stromazellkerne w~ihrend des fetalen, neonatalen uud infantilen Lebens besteht.

Material und Methode

Untersucht werden 30 Uteri von Feten mit einer Scheitel-Fersenl~inge von 24-53 cm sowie 25 Uteri Neugeborener und Kinder im Alter von 3 Tagen bis zu 11 ]ahren. Um eine m6glicherweise altersabh~ingige Aktivit&t des Organ- abschnittes nachweisen zu k6nnen, erfolgte eine Ordnung der Uteri nach dem Lebensalter, das bei Neugeborenen und Kindern direkt, bei Feten nur indirekt fiber die Scheitel-Fersenl~nge ermittelt wurde. Arey (1949) ; v. Kobyletzky und Gellen (1970). Die 55 untersuchten Uteri wurden in 11 Gruppen mit je 5 Indi- viduen eingeteilt.

Cervikales S t roma 429

Fetalzeit Entsprechend dem schnel len Wachs tum (Hamper l 1965, Hiersche et al. 1969)

wurde f/ir diese Per iode eine recht enge Unte r t e i lung in 5 G r u p p e n gew/ihlt.

Gruppe O Fe ten mi t e iner Schei tel-Fersenl / inge bis zu 30 cm entspre- chend dem 6. Fe ta lmonat .

Gruppe I 31-35 cm Schei te l -Fersenl~nge en t sprechend dem 7. Fetal- mortar.

Gruppe II 36-40 cm Sehei te l -Fersen |~nge en t sp rechend dem 8. Fetal- monat ,

Gruppe III 41-45 cm Scheitel-Fersenl&nge en t sp rechend dem 9, Fetal- monat ,

Gruppe IV 46-50 cm Scheitel-Fersenl~inge en t sp rechend dem 10. Fetal- monat .

In de r Gruppe V w u r d e n Feten mit e iner Scheitel-Fersenl&nge yon m e h r als 50 cm zusammengefaBt . Sie kSnnen als sic.her re i f angese- h e n w e r d e n (Podlesdlka 1966).

Neugeborenenperiode Pos tna ta l f indet eine makroskop i sch und mikroskopisch e r k e n n b a r e Umbil-

clung des Ute rus statt , Eine ab dem 7. L u n a r m o n a t e inse tzende Sekre tb i ldung der Cervixdrf isen s is t ier t in de r Neugeborenenperiode; die Rugae cervicis und die Cerv ixsch le imhaut zeigen vom 3. Lebens tag an regress ive Ver~inde- rungen, die bis zum Ende der 3. Lebenswoche abgeschlossen s ind (Zusammen- fassung Hiersche 1970).

Die Gruppe VI erfaBt daher Rei fgeborene veto 3. bis 21. Lebenstag.

S~iuglings- und Kindheitsperiode Der nun fo lgenden Ruhepe r iode in der Entwicklang der Gen i t a lo rgane

w e r d e n die Uteri yon S~ugl ingen und Kindern vom 22. Lebens tag bis zum 7. Lebens j ah r in 3 G r uppen zugeordnet .

Gruppe VII Rei fgeborene vom 22. Lebens tag bis zum 6. Lebensmona t . Gruppe VIII Kinder veto 6. bis 12. Lebensmona t . Gruppe IX Kinder im Al ter yon 1 bis 7 Jahren.

Periode des geschlechtlichen Re/fens

Nach dem Einse tzen der Ovar i a l funk t ion um das 6. Lebens j ah r mit anstei- gendem Oes t rogen t i t e r setzt eine e rneute Differenzierung des Ute rus ein (Diczfalusy u. Laur i tzen 1959, Diczfalusy 1968, Luksch, M a n d a u s o v 6 und Rei- s enaue r 1966). Diese Phase bis zur b e g i n n e n d e n Menarche wi rd in der Grup L pe X erfaBt.

Gruppe X Kinder im Al ter von 8 bis 11 Jahren.

Die Vorausse t zung jeder Biometr ie is t die gle/chart ige p r e p a r a t i v e Be- h a n d l u n g der Gewebe (Eulig und M e n d 1952/53, Feder l in und KSster 1954, Wi is tenfe ld 1955/56 a, 1956 b, 1957, 1967, 1968]. Von en t sche idender Bedeu tung h ie rbe i s ind Fixierungsmit te l , F ix ierungsdauer , T e m p e r a t u r und Ar t der Ge- webeanf~rbung . Hierbei h a b e n sich die langzei t ige Formal inf ix ie rung und die H&matoxil in-Eosin-F~irbung am bes t en bew/ihrt . Zur Verme idung yon Kern- ka lo t t en w u r d e n Paraff indickschni t te yen 30 ~t angefert igt .

Die Kerngr6Be wurde ind i rek t bes t immt , nac_bdem mi t Hilfe des AbbeL schen Zeichenspiegels Zellkernumf~inge in Pr~iparatmitte bei e iner VergrS- Berung yon 1:2100 pro j iz ie r t und gezeichnet w o r d e n waren . Bei j edem Pr~i- pa ra t w u r d e n im ce rv ika len S t roma 400 Kerne u m f a h r e n und ausgewer te t . Der grSBte Kerndurchmesse r konn te durch genaues Eins te l len mi t der Mikro-

430 H.-D. Hiersche et al.

meterschraube ermittelt werden. Die Bestimmung des Kerndurchmessers er- folgte mit dem TGZ-Ger~it der Firma Carl Zeiss, wobei wir die Verteilungs- werte bei ~quidistantem Abstand bestimmten und auf Summenwerte umge- rechnet haben. Einzelheiten des Ger~ites und der Methode s. Tietze et al. 1970 a. Diese ausgewertete Kernzahl reicht zur Aufstellung verl~i/31icher Ver- teilungskurven aus (Tietze et al. 1970 a).

Ergebnisse Gruppe O: Die Summenkurven der 5 Individuen liegen etwas gestreut.

Sie verlaufen im wesentlichen als Geraden. Abknickungen der Kurven liegen aul3erhalb der 5~ bzw. der 95'o/0 Ordinate-Grenze. Eine Normal- verteilung der Werte ist somit gegeben. Der Gruppenmittelwert betr~gt: 15,15 _+ 2,297 NE.

Gruppe I: Die Summenkurven dieser Gruppe rficken enger zusarnmen. Die mittleren KerngrSl3en der einzelnen Individuen liegen dichter bei- sammen als in der Gruppe 0. Normalverteilung ist gegeben. Der Grup- penmittelwert betr~igt: 16,618 + 2,306 NE.

Gruppe II: Die Summenkurven der Individuen dieser Gruppe lassen stfirkere Schwankungen erkennen. Sie verlaufen, verglichen mit anderen Gruppen, weniger linear. Die Streuung innerhalb der Individuen ist wesentlich geringer als zwischen ihnen. Der Gruppenmittelwert betrfigt: 15,010 + 2,086 NE.

Gruppe IIh Die Summenkurven der einzelnen Individuen dieser Gruppen zeigen st~irkere Streuungen. Die Kernvariabilit~it ist hier deut- lich gr6/Ser, d.h. die Streuung zwischen den Individuen unterscheidet sich yon der innerhalb derselben nicht mehr so deutlich wie in Gruppe II, ist aber noch signifikant. Die Kerngr61~enzunahmen gegentiber Gruppe II ist deutlich. Der Gruppenmittelwert betrfigt: 18,744 + 2,663 NE.

Gruppe IV: In dieser Gruppe liegt die Kurvenschar etwas dichter als in der vorhergehenden Gruppe. Die Varianzen zwischen und innerhalb der Individuen differieren auch hier noch signifikant. Gegen/iber der Gruppe III liegt eine deutliche Kerngr6l~enzunahme vor. Der Gruppen- mittelwert betr~gt: 21,688 + 2,797 NE.

Gruppe V: In dieser Gruppe liegen die Kurven dicht beieinander, jedoch zeigen sie einen weniger geradlinigen Verlauf. Der Unterschied der Varianzen zwischen und innerhalb der Individuen ist weniger deut- lich. Auch hier kann aber keine Einheitlichkeit der Individuen angenom- men werden. Die Varianz der Gruppe zeigt nut geringe Zunahme. Ebenso ist die Kerngr615enzunahme weniger deutlich. Der Gruppenmittelwert betr/igt: 22,772 + 2,701 NE.

Gruppe VI: Die Kurvenschar dieser Gruppe rtickt wieder etwas aus- einander. Die Varianz der Gruppe und die mittlere Kerngr61~e nehmen leicht ab. Der Gruppenmittelwert betr~igt: 21,716 • 2,652 NE.

Gruppe VII: Die Kurven dieser Gruppe sind gestreut, im Verlauf unregelm~il3ig. Die Varianzen innerhalb und zwischen den Individuen

Cervikales Stroma 431

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Abb. 1. Gruppenmittelwerte und Standardabweichungen der cervikalen Stro- mazellkerne

zeigen grolSe Unterschiede. Die Gruppenvarianz verringert sich etwas, di,e mittlere KerngrSl3e dagegen deutlich. Der Gruppenmittelwert betrfigt: 19,356 + 2,594 NE.

Gruppe VIII: Der Kurvenverlauf dieser Gruppe ist gleichmfil3iger und weniger gestreut. D er Unterschied der Varianzen zwischen und innerhalb der Individuen nimmt deutlich ab. Ebenso nimmt die Varianz innerhalb der Gruppe einen deutlich kleineren Wert an. Der Gruppenmittelwert Betr/igt: 17,283 + 2,106 NE.

Gruppe IX: Auch hier liegt eine Vereinheitlichung der Kurvenschar vor. Die Varianzen der Individuen differieren. Auff/illig ist eine erneut einsetzende Gr6Benzunahme der Kerne. Die Varianz der Gruppe ist wenig verfindert. Der Gruppenmittelwert betr/igt: 17,735 + 2,128 NE.

Gruppe X: Die Kurven der Individuen in der Gruppe X sind recht ein- heitlich. Die Varianzen der Individuen differieren. Eine weitere Kern- gr/51]enzunahme ist nicht festzustellen. Die Varianz der Gruppe ist unver- findert. Der Gruppenmittelwert betrfigt: 17,551 +_ 2,139 NE.

Die Darstellung der Gruppenmittelwerte mit Standardabweichung (Abb. 1) zeigt nach einem geringen Abfall der Kurve bei Gruppe II einert praepartualen, deutlich ansteigenden Kurvenverlauf bis zur Gruppe V, wobei Werte erreicht werden, die 5-6 Noniuseinheiten fiber denen der Gruppe 0 his II liegen. Das Maximum tier Kurve ist praepartual in der Gruppe V; post partum ffillt die Kurve gleichm/ilSig ab. Die Kernklassen- mittelwerte der Gruppen VIII bis X liegen etwa 1 -2 Noniuseinheiten h6her als die der Gruppen 0 bis II. Ab Gruppe VIII scheint die Kurve erneut anzusteigen.

30 Arch. Gyn~k. Bd. 217

432 H.-D. Hiersche et al.

0 I II III IV V VI VII VIII IX X

o - - - - + + + + + - - + + I - - - - - - + + + + - - - - - -

II - - - - + q- + + + q- + + III + - - + + + + . . . . IV + + + + - - - - + + + + V + + + + - - - - + + + +

Vl + + + + - - - - + + + + VII + + + - - + + + - - - - - -

VIII - - - - + - - + + + - - - - - - IX + - - + - - + + + - - - - - -

X + -- + -- + + + -- -- --

Abb. 2. Darstel lung der statist isch gesicherten Unterschiede zwischen den Mit- te lwer ten der Gruppen 0 bis X der cervikalen Stromazellen

+ bedeutet stat ist isch gesicherte Unterschiede - - bedeutet stat ist isch nicht gesicherte Unterschiede

Der Tukey-Tes t (Abb. 2) zeigt, dab zwischen v ie len Gruppen signifi- kan te Unterschiede un te r den mi t t l e ren KerngrSBen bei e iner I r r tums- wahrschein l ichkei t von I '% bes tehen. Wesent l i ch ist, dab das e rneute Ans t e igen der KerngrSBen in de r Praemenarche , wie es in Abb . I den Anschein hat, sich s tat is t isch nicht s ichern l~Bt.

Eine unterschiedl iche Zellaktivit~it fiuBert sich sowohl in den Unter- schieden der Mi t t e lwer te als auch in den Kernvar iab i l i t~ ten . Zur anschau- l ichen Dars te l lung der Kernvar iabi l i t f i ten w u r d e die S t anda rdabwe ichung j ede r Gruppe im Prozen t sa tz der Mi t t e lwer te in ein Diag ramm ein-

getragen. Man sieht in Abb. 3, dab die k le inen Kerne der Gruppen 0 b is I l l mit

14-15~ eine deutl ich hbhere Kernvar iabi l i t / i t au fwe i sen als die groBen Kerne der Gruppen IV bis VI mit e twa 11-13~ Die Kernvar iabi l i t f i t der Gruppen VIII bis X l iegt jedoch kons t an t bei W e r t e n urn 12'~ des Mit tel- wer tes . Eine b re i t e re S t reuung der KerngrbBen, aus der auf eine stei- gende Kernak t iv i t~ t de r P raemenarche geschlossen w e r d e n k6nnte, is t

nicht gegeben.

D i s k u s s i o n

Die Unte rsuchungen ergeben, dab die Kerne der ce rv ika len St roma- ze l len -- in Ube re in s t immung mit den b i she r durch karyomet r i sche Unter- suchungen an ande ren Ste l len des menschl ichen Uterus ge fundenen Er- gebn i s sen -- b is zur Gebur t stfindig an Gr65e zunehmen, zum Ze i tpunk t der Gebur t ein M a x i m u m aufweisen , dem nach der Gebur t eine A b n a h m e der KerngrSBen folgt. Anf~nglich gr6Bere Kernvar iab i l i tS ten stabi] is ie- r en Mch mi t z u n e h m e n d e r Zellkern~rSBe, urn ab dem 6. Lebensmona t

Cervikales Stroma 433

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Gruppe 0 I II TT! IV V VI VII VIII IX

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X ruppe

Abb. 3. Darstellung der Variabilit~t der Kerne jeder Gruppe im Prozentsatz des Mittelwertes (Variationskoeffizient)

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0 I II Ill IV V Vl VII VIII IX X Gruppen

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12

Abb. 4. Darstellung der Gruppenmittelwerte der cervikalen (starke, durch- gezeichnete Kurve) und endometrialen (schwache, durchgezeichnete Kurve) Stromazellkerne sowie der cervikalen (starke, unterbrochen gezeichnete Kur- ve) und der endometrialen (schwache, unterbrochen gezeichnete Kurve} Drii- senzellkerne des Corpus uteri. Hierzu wurden Ergebnisse frfiherer Unter- suchungen fibernommen. (Tietze et al. 1970 a, 1970 b, Hiersche u. Meinen 1971)

angen/ihert konstant zu bleiben Eine erneute Gr6~enzunahme der cervi- kalen Stromazellkerne in der Praemenarche, aus der auf eine ste/gende Kernaktivit~zt geschlossen merden kSnnte, besteht bei fehlender Signifi- kanz der Unterschiede der Kerngruppen-Mittelmerte und gleichbleiben- der Variabilit~t der Kerne nicht. Der Vergleich der Zellkerngr6Be der Stroma- und Driisenzellen der Cervix uteri mit entsprechenden des Cor-

30=+

434 H.-D. Hiersche et al.

pus uteri (Abb. 4] zeigt, dab die Dr/isenkerne sowohl der Cervix als auch des Corpus im Schnitt gr613er sf~d als die Kerae der Stromazellem Wei- terhin haben beide Kurven einen praepartualen Anstieg, einen postpar- tualen Abfall sowie einen weitgehend/ihnlichen Verlauf innerhalb der Gruppen IX bis X.

Unterschiede finden sich in 1. der Stei[heit der Kurven (steiler Anstieg der Zellkerngr/~,e der

Cervix, m~lSiger Aastieg tier Ze[~kerng~fi~e des Corpua uteri); 2. der maximalen KerngrSBe [die Zellkerne der Cervix sind im

Schnitt II bis VINE gr6Ber als die Kerne des Corpus uteri); 3. einem verschobenen Gipfel der Kurven [bet den Zellkernen der

Cervix uteri urn ein his zwei Gruppen fr/iher als bet den Kernen des Corpus].

Einen bedeutenden Untersch~ed ze~gen die Kerne d~r Driisenzel~en und der Stromazellen des Corpus uteri gegeniiber denen der Cervix uteri: so findet man nur bet den corporalen Zellen einen erneuten Aktivit/its- anstieg zu Beginn der geschlechtlichen Reife, was zwar nicht dutch die mittlere KerngrSl~e dieser Altersgruppe, wohI aher durch eine st~irkere Variabilit/it der Kerne sichtbar wird (Rohrbad~er 1927}.

Die die KerngrSge Ausdruck einer Akl iv i~ der Zellfunktion ist {Benninghoff 1949/1951, Geitler 1951} und bet der Langzeitfixierung zwar nicht durch ein funktionelles KernSdem, wohl aber dutch eine Endo- mitose bedingt ist, kann ouch f/Jr die Kerne des cervikalen Stromas zu verschiedenen Lehensphasen eine unterschiedli&e Aktivit/it arlgenom- men werdem Die Ursache det endomitotisd~ea Kerngr6Benzuaahme am Uterus ist bis heute noch nichl gekI~rt. Sie kSnnte einerseits in den mfit- terlichen Oestrogenen liegen, die in der Schwangerschaff stark erh6ht sind, bzw. in den kindlichen Oestrogenen, die in der Phase des geschlecht- lichen Reifens ansteigen. Der proliferative Reiz der Oestrogene auf dos Mtillersche Epithel ist bekannt. Andererseits kannten sie aber auch bedingt seia dur& a~ganspezifische Botenstoffe, sagenannte Ghalones [Bullough et al. 19B7). Der Einflug der Oestrogene ist jedoch umstritten, cla Diezfalusy [1968) nachweisen konnte, dab im fetalen Organismus ein weitgehender Abbau bzw. eine Inaktivierung der Oestrogene stattfindet. Darfiber hinaus mfissen ortsabhgngige Untersd~iede bestehen, cla wir durch unsere Untersuchungen ]a nachweisen kormten, dab sowohl histo- chemisc~h ats ouch irtshesondere kary~raetrisch unterschtedlid~e Aktivi- t~iten zwischen Enclometrium corporis uteri und dem cervikalen Drfisen- feld bestehen. Es w/ire daher durchaus m6glich, dab sogenannte orts- spezifische Chalones clas Wachstum eines Organes bzw. eines Organ- abschnittes beeinflussen. Allerdings ist die Kybernetik dieser Substan- zen bisher noch nicht genfigend aufgekl/irt.

Ir~ "qerbindung mit den vorliegenden VerSffent~ichungen, inshesor~- clere aber auch unter Berficksichtigung der festge~tellten zeitabh~ngigen

Cervikales Stroma 435

KerngrSlSen~nderungen in unterschiedlichen Entwicklungsphasen bet Fet, S~ugling und Kind spricht vieles daffir, dab die von uns erfaBte und statistisch gesicherte Schwankung des Kerndurchmessers wachstums- bedingt ist.

L i t e r a t u r

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Prof. Dr. H.-D.Hiersche St~dt. Frauenklinik D-6750 Kaiserslautern Bundesrepublik Deutschland