8
An der Sinnhaftigkeit und Sicherheit von Übergewichtseingriffen kann es keinen wissenschaftlich begründeten Zweifel mehr geben. Die hochrangig publizierten Langzeitdaten, vor allem aus der schwedischen SOS-Studie, aber auch aus systematischen Über- sichtsarbeiten, verdeutlichen, dass Patienten nach Übergewichtseingrif- fen im Vergleich zu konservativen Programmen mehr und vor allem dauerhaft an Gewicht verlieren. Als Folge kommt es bei einer Vielzahl von Patienten zu einer anhaltenden Ver- besserung der Nebendiagnosen, vor allem des Diabetes mellitus. Zusätz- lich leben diese Patienten länger und wahrscheinlich erkranken vor allem Frauen seltener an bösartigen Er- krankungen [1 – 12]. Die Begriffe „Übergewichtseingriff “ oder „Adipositaschirurgie“ werden zuneh- mend in Frage gestellt. Die postopera- tiven Effekte von Übergewichtseingrif- fen vor allem auf den Diabetes mellitus sind so beeindruckend, dass zunehmend von metabolischer Chirurgie gesprochen wird. Die ursprünglichen Übergewichts- operationen werden verstärkt auch bei Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) von unter 35 kg/m 2 und insulin- pflichtigem Diabetes mellitus mit dem Ziel der Diabetesremission eingesetzt [13 – 15]. Welches der angewendeten Opera- tionsverfahren für welchen Patienten ge- eignet ist, bleibt unklar. Allerdings ha- ben sich die Schlauchmagenresektion (laut OPS [Operationen- und Prozedu- renschlüssel]-Statistik des Statistischen Bundesamtes 2957-mal in Deutschland im Jahr 2011 durchgeführt) und der Ma- genbypass (laut OPS-Statistik des Statisti- schen Bundesamtes 2558-mal in Deutsch- land im Jahr 2011 durchgeführt) aufgrund ihrer günstigen Risiko-Nutzen-Korrela- tion als favorisierte Operationsverfahren herauskristallisiert [16 – 18]. Die Zahl übergewichtiger Patienten in Deutschland ist eindrucksvoll. Es wird geschätzt, dass ca. 15,7% der Frauen und 16,3% der Männer adipös sind [19]. Sta- tistische Erhebungen aus dem Jahre 2012 zeigen, dass 23,9% der Frauen und 23,3% der Männer einen BMI von >30 kg/m 2 aufweisen [20, 21]. Gemäß der biome- trischen Erhebung der Nationalen Ver- zehrstudie II liegt der Anteil der Erwach- senen mit einem BMI von >40 kg/m 2 bei ca. 1,5%. Im europäischen Vergleich ist die An- zahl an Übergewichtsoperationen in Deutschland vergleichsweise gering. Die Daten, die im Rahmen der Qualitäts- sicherungsstudie für operative Thera- pie der Adipositas im Jahre 2011 erhoben wurden, zeigen, dass an 122 Kliniken ins- gesamt 4510 Primär-, 651 Revisions- und 248 Redo-Eingriffe durchgeführt wur- den (Daten von Frau PD Dr. Stroh, SRH Wald-Klinikum Gera zur Verfügung ge- stellt). Insgesamt wurden im Jahre 2011 in Deutschland 6195 Übergewichtsoperatio- nen (OPS-Statistik des Statistischen Bun- desamtes) durchgeführt. Damit setzt sich zwar der ansteigende Trend bei Überge- wichtsoperation der letzten Jahre wei- ter fort [22], von einer adäquaten ope- rativen Versorgung übergewichtiger Pa- tienten kann aber weiter nicht die Re- de sein. Im internationalen Vergleich hat Deutschland mit 11 bariatrischen Opera- tionen pro 100.000 Einwohner und Jahr eine der niedrigsten Operationsraten [23]. Die Anzahl bariatrischer Operationen pro 100.000 Einwohner und Jahr liegt in Ös- Chirurg 2014 · 85:334–341 DOI 10.1007/s00104-013-2582-0 Online publiziert: 18. August 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 L. Fischer 1  · Z. El Zein 1  · T. Bruckner 2  · K. Hünnemeyer 3  · G. Rudofsky 4 M. Reichenberger 5  · K. Schommer 6  · C.N. Gutt 7  · M.W. Büchler 1  · B.P. Müller-Stich 1 1    Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 2  Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 3  Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 4  Innere Medizin I und Klinische Chemie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 5  Plastische-Ästhetische Chirurgie, ETHIANUM Klinik Heidelberg 6  Innere Medizin VII, Sportmedizin, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 7  Abteilung für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Klinikum Memmingen Herausforderungen beim  Aufbau eines operativen  Adipositaszentrums Abkürzungen ÄKAV ärztlich kontrollierter Abnahme- versuch Gutachten Kostenübernahmeerklärungen KK Krankenkasse 334 | Der Chirurg 4 · 2014 Originalien

Herausforderungen beim Aufbau eines operativen Adipositaszentrums; Challenges in building a surgical obesity center;

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An der Sinnhaftigkeit und Sicherheit von Übergewichtseingriffen kann es keinen wissenschaftlich begründeten Zweifel mehr geben. Die hochrangig publizierten Langzeitdaten, vor allem aus der schwedischen SOS-Studie, aber auch aus systematischen Über-sichtsarbeiten, verdeutlichen, dass Patienten nach Übergewichtseingrif-fen im Vergleich zu konservativen Programmen mehr und vor allem dauerhaft an Gewicht verlieren. Als Folge kommt es bei einer Vielzahl von Patienten zu einer anhaltenden Ver-besserung der Nebendiagnosen, vor allem des Diabetes mellitus. Zusätz-lich leben diese Patienten länger und wahrscheinlich erkranken vor allem Frauen seltener an bösartigen Er-krankungen [1 – 12].

Die Begriffe „Übergewichtseingriff “ oder „Adipositaschirurgie“ werden zuneh­mend in Frage gestellt. Die postopera­

tiven Effekte von Übergewichtseingrif­fen vor allem auf den Diabetes mellitus sind so beeindruckend, dass zunehmend von metabolischer Chirurgie gesprochen wird. Die ursprünglichen Übergewichts­operationen werden verstärkt auch bei Patienten mit einem Body­Mass­Index (BMI) von unter 35 kg/m2 und insulin­pflichtigem Diabetes mellitus mit dem Ziel der Diabetesremission eingesetzt [13 – 15]. Welches der angewendeten Opera­tionsverfahren für welchen Patienten ge­eignet ist, bleibt unklar. Allerdings ha­ben sich die Schlauchmagenresektion (laut OPS [Operationen­ und Prozedu­renschlüssel]­Statistik des Statistischen Bundesamtes 2957­mal in Deutschland im Jahr 2011 durchgeführt) und der Ma­genbypass (laut OPS­Statis tik des Statisti­schen Bundesamtes 2558­mal in Deutsch­land im Jahr 2011 durchgeführt) aufgrund ihrer günstigen Risiko­Nutzen­Korrela­tion als favorisierte Operationsverfahren herauskristallisiert [16 – 18].

Die Zahl übergewichtiger Patienten in Deutschland ist eindrucksvoll. Es wird geschätzt, dass ca. 15,7% der Frauen und 16,3% der Männer adipös sind [19]. Sta­tistische Erhebungen aus dem Jahre 2012 zeigen, dass 23,9% der Frauen und 23,3% der Männer einen BMI von >30 kg/m2

aufweisen [20, 21]. Gemäß der biome­trischen Erhebung der Nationalen Ver­zehrstudie II liegt der Anteil der Erwach­senen mit einem BMI von >40 kg/m2 bei ca. 1,5%.

Im europäischen Vergleich ist die An­zahl an Übergewichtsoperationen in Deutschland vergleichsweise gering. Die Daten, die im Rahmen der Qualitäts­sicherungsstudie für operative Thera­pie der Adipositas im Jahre 2011 erhoben wurden, zeigen, dass an 122 Kliniken ins­gesamt 4510 Primär­, 651 Revisions­ und 248 Redo­Eingriffe durchgeführt wur­den (Daten von Frau PD Dr. Stroh, SRH Wald­Klinikum Gera zur Verfügung ge­stellt). Insgesamt wurden im Jahre 2011 in Deutschland 6195 Übergewichtsoperatio­nen (OPS­Statistik des Statistischen Bun­desamtes) durchgeführt. Damit setzt sich zwar der ansteigende Trend bei Überge­wichtsoperation der letzten Jahre wei­ter fort [22], von einer adäquaten ope­rativen Versorgung übergewichtiger Pa­tienten kann aber weiter nicht die Re­de sein. Im internationalen Vergleich hat Deutschland mit 11 bariatrischen Opera­tionen pro 100.000 Einwohner und Jahr eine der niedrigsten Operationsraten [23]. Die Anzahl bariatrischer Operationen pro 100.000 Einwohner und Jahr liegt in Ös­

Chirurg 2014 · 85:334–341DOI 10.1007/s00104-013-2582-0Online publiziert: 18. August 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

L. Fischer1 · Z. El Zein1 · T. Bruckner2 · K. Hünnemeyer3 · G. Rudofsky4 M. Reichenberger5 · K. Schommer6 · C.N. Gutt7 · M.W. Büchler1 · B.P. Müller-Stich1

1  Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg2 Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg3 Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg4 Innere Medizin I und Klinische Chemie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg5 Plastische-Ästhetische Chirurgie, ETHIANUM Klinik Heidelberg6 Innere Medizin VII, Sportmedizin, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg7 Abteilung für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Klinikum Memmingen

Herausforderungen beim Aufbau eines operativen Adipositaszentrums

AbkürzungenÄKAV ärztlich kontrollierter Abnahme-

versuch

Gutachten Kostenübernahmeerklärungen

KK Krankenkasse

334 |  Der Chirurg 4 · 2014

Originalien

terreich bei 28,3, in der Schweiz bei 32,5 und in Schweden bei 89,9 [23].

Ein wesentlicher Grund für diese Dis­krepanz zwischen Bedarf und tatsächlich durchgeführten Operationen in Deutsch­land ist in der restriktiven Genehmigungs­praxis der gesetzlichen Krankenkassen zu sehen [24]. Dies kann nicht nur ökono­mischen Zwängen geschuldet sein. Bereits publizierte Daten zeigen, dass die medi­zinischen Gesamtkosten operierter Pati­enten im Vergleich zu nichtoperierten Pa­tienten bereits mittelfristig nach der Ope­ration signifikant niedriger sind [25, 26]. Das gilt besonders für Patienten, die an Diabetes mellitus leiden [27 – 30].

In den letzten Jahren wurde deut­lich, dass nur eine interdisziplinäre Zu­sammenarbeit eine hochwertige Versor­gung übergewichtiger Patienten erlaubt. Dies schließt konservative Behandlungs­pfade, wie z. B. das Optifast®­Programm,

ein [22, 31]. Letztlich muss es Ziel eines je­den operativen Adipositaszentrums sein, eine Zertifizierung als Kompetenz­, Re­ferenz­ oder Exzellenzzentrum zu erhal­ten. Die Bedingungen für eine Zertifizie­rung sind vielfältig. Unter anderem wird eine bestimmte Anzahl an Operationen pro Jahr (50/100/350 Eingriffe für Kompe­tenz­, Referenz­ oder Exzellenzzentrum) über zwei aufeinanderfolgende Jahre mit entsprechender Qualitätssicherung gefor­dert. Im Augenblick gibt es in Deutsch­land 2 Exzellenzzentren, 4 Referenzzen­tren und 27 Kompetenzzentren (Korres­pondenz mit Prof. Rudolf Weiner, Kran­kenhaus Sachsenhausen in Frankfurt und Daten der Servicegesellschaft für Allge­mein­ und Viszeralchirurgie). Diese Be­mühungen werden auch von den Kran­kenkassen anerkannt, die ihre Kosten­zusage für die Operation z. T. an die Be­dingung knüpfen, dass sich der Patient in

einem entsprechend zertifizierten Zent­rum operieren lässt.

Das Ziel dieses Artikels ist es, die Her­ausforderungen bei der Entwicklung eines operativen Adipositaszentrums zu zei­gen.

Material und Methode

Das interdisziplinäre Diabetes­ und Adi­positaszentrum Heidelberg wurde 2006 gegründet. Es wird von Mitarbeitern der Inneren Medizin (Endokrinologie, Psy­chosomatik, Sportmedizin, Ernährungs­beratung) und der Chirurgie (Viszeralchi­rurgie, plastische Chirurgie) betreut. Seit 2008 existiert eine Selbsthilfegruppe, die sich monatlich trifft.

Alle Patienten mit Operationswunsch durchlaufen den in . Abb. 1 dargestell­ten Patientenpfad. Neben konservativen Therapieversuchen (z. B. Optifast®) wer­

Erstvorstellung inEndokrinologie

Vorstellung inPsychosomatik,Chirurgie, ggf.Sportmedizin

RegelmäßigeErnährungs-

beratung

Gutachten,ggf.

GegengutachtenOP 1

Monat3

Monate6

Monate12

Monate

Bei OP-Wunsch undAusschluss

Kontraindikation

InterdisziplinäresAdipositaskolloquium

- Fachärztliche Untersuchung- Arztbrief- Information über laufende Studien

Postoperative Kontrolltermine

- Fachärztliche Untersuchung- Arztbrief- Information über laufende Studien

Betreuung mindestens 6 Monate(einschließlich vorheriger Therapien und/oder

externer Betreuung)

Bei Ablehnung:- Umsetzen der Nachforderungen- ggf. anwaltliche Unterstützung ersuchen

ggf. Studieneinschluss

Selbsthilfegruppe

ggf. PlastischeChirurgie

Konservatives Programm

Abb. 1 8 Patientenpfad, den Patienten mit Operations (OP)-Wunsch innerhalb des interdisziplinären Adipositaszentrums Heidelberg durchlaufen

335Der Chirurg 4 · 2014  | 

den alle gängigen Operationsverfahren angeboten. In einem monatlich stattfin­denden interdisziplinären Kolloquium mit Fachärzten für Psychosomatik, En­dokrinologie und Chirurgie sowie Er­nährungsberatern wird für jeden Patien­ten geprüft, ob die medizinische Indika­tion für eine Operation gegeben ist und ob die formalen Voraussetzungen für eine Kostenübernahmeerklärung (Gutachten) erfüllt sind. Erst wenn dies positiv einge­schätzt wird, kann ein individualisiertes Gutachten verfasst werden. Diese Gutach­ten werden im Augenblick von 7 chirur­gischen Assistenz ärzten geschrieben und von den verantwortlichen Oberärzten der Endokrinologie, Psychosomatik und Chi­rurgie unterschrieben. Alle Gegengutach­ten werden vom verantwortlichen chirur­gischen Oberarzt geschrieben.

Für die Jahre 2006 bis 2012 wurden die Patientenströme innerhalb unseres Zen­trums anhand ambulanter Neuvorstellun­gen, der Gesamtheit ambulant behandel­ter Patienten, geschriebener Kostenüber­nahmeerklärungen (Gutachten) und Ge­gengutachten sowie anhand der durchge­führten Operationen analysiert. Beson­deres Augenmerk haben wir auf die Pa­tienten gelegt, bei denen die Kostenüber­nahmeerklärung initial abschlägig beur­teilt wurde.

Die Verteilung kontinuierlicher Daten wurde mit Mittelwert und Standardabwei­chung beschrieben. Die statistische Aus­wertung erfolgte mittels Varianzanalyse. Das Signifikanzniveau wurde auf 5% fest­gelegt. Alle statistischen Berechnungen wurden mit SAS Version 9.1 WIN (SAS inc. Cary NC, USA) durchgeführt.

Ergebnisse

Die Entwicklung der Gesamtzahl ambu­lanter Vorstellungen wird in . Abb. 2 ge­zeigt. Deutlich wird, dass ein Großteil der Patienten konservativ durch die Kolle­gen der Endokrinologie betreut wird. Die Anzahl von über 1000 Patientenkontak­ten pro Jahr machen zwei wöchentliche Sprechstundentermine notwendig. In der Psychosomatik sind stabil hohe Patienten­zahlen zu beobachten. Hier werden in ers­ter Linie Patienten betreut, die aufgrund eines Operationswunsches abgeklärt wer­

Zusammenfassung · Abstract

Chirurg 2014 · 85:334–341   DOI 10.1007/s00104-013-2582-0© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

L. Fischer · Z. El Zein · T. Bruckner · K. Hünnemeyer · G. Rudofsky · M. Reichenberger  K. Schommer · C.N. Gutt · M.W. Büchler · B.P. Müller-StichHerausforderungen beim Aufbau eines operativen Adipositaszentrums

ZusammenfassungHintergrund.  Schätzungsweise 1 Mio. Er-wachsene leiden in Deutschland an Adiposi-tas Grad III. Das Ziel dieses Artikels ist es, die Herausforderungen beim Aufbau eines ope-rativen Adipositaszentrums zu beschreiben.Methoden.  Es wurden Patientenströme so-wie die Personal- und Infrastruktur des inter-disziplinären Diabetes- und Adipositaszen-trums Heidelberg analysiert. Die Verteilung kontinuierlicher Daten wurde mit Mittelwert und Standardabweichung beschrieben und mittels Varianzanalyse analysiert.Ergebnisse.  Das interdisziplinäre Diabe-tes- und Adipositaszentrum Heidelberg wur-de 2006 gegründet. Es werden konservative Therapieverfahren und alle gängigen Opera-tionsverfahren angeboten. Für jeden operativ durchgeführten Eingriff sind durchschnittlich 1,7 Gutachten und 0,3 Gegengutachten not-wendig. Der Zeitraum von der Erstvorstellung des Patienten in der Chirurgie bis zur Ope-ration beträgt im Durchschnitt 12,8 Monate (Standardabweichung ±4,5 Monate). Die 47 Patienten mit initial abgelehnter Kostenüber-nahmeerklärung hatten einen durchschnitt-lichen Body-Mass-Index (BMI) von 49,2 kg/

m2. 39 dieser 47 Patienten hatten mindestens eine therapiebedürftige Nebendiagnose. Von den 45 Patienten, bei denen als Ablehnungs-grund ein fehlendes konservatives Programm bemängelt wurde, hatten 30 einen ärztlich kontrollierten Abnahmeversuch über min-destens 6 Monate durchgeführt. Zusätzlich konnten 19 dieser Patienten eine Kur, eine Xenical- oder Reduktiltherapie nachweisen bzw. haben das Optifast®-Programm durch-laufen. Bei den 20 Patienten, bei denen eine fehlende psychosomatische Abklärung be-anstandet wurde, erfolgte in allen Fällen eine adäquate psychosomatische Abklärung.Schlussfolgerung.  Der Aufbau eines opera-tiven Adipositaszentrums kann mehrere Jah-re in Anspruch nehmen. Eine wesentliche Vo-raussetzung für den Erfolg scheint die kon-struktive und zielgerichtete Zusammenarbeit mit den Krankenkassen zu sein.

SchlüsselwörterAdipositaszentrum · Operationsverfahren · Konservative Therapie · Krankenkassen · Interdisziplinarität

Challenges in building a surgical obesity center

AbstractBackground.  It is estimated that approx-imately 1 million adults in Germany suffer from grade III obesity. The aim of this article is to describe the challenges faced when con-structing an operative obesity center.Methods.  The inflow of patients as well as personnel and infrastructure of the interdis-ciplinary Diabetes and Obesity Center in Hei-delberg were analyzed. The distribution of continuous data was described by mean val-ues and standard deviation and analyzed us-ing variance analysis.Results.  The interdisciplinary Diabetes and Obesity Center in Heidelberg was found-ed in 2006 and offers conservative therapeu-tic treatment and all currently available op-erative procedures. For every operative in-tervention carried out an average of 1.7 ex-pert reports and 0.3 counter expertises were necessary. The time period from the ini-tial presentation of patients in the depart-ment of surgery to an operation was on aver-age 12.8 months (standard deviation SD ±4.5 months). The 47 patients for whom remuner-ation for treatment was initially refused had 

an average body mass index (BMI) of 49.2 kg/m2 and of these 39 had at least the necessity for treatment of a comorbidity. Of the 45 pa-tients for whom the reason for the refusal of treatment costs was given as a lack of conser-vative treatment, 30 had undertaken a med-ically supervised attempt at losing weight over at least 6 months. Additionally, 19 of these patients could document participation in a course at a rehabilitation center, a Xeni-cal® or Reduktil® therapy or had undertak-en the Optifast® program. For the 20 patients who supposedly lacked a psychosomatic evaluation, an adequate psychosomatic eval-uation was carried out in all cases.Conclusions.  The establishment of an oper-ative obesity center can last for several years. A essential prerequisite for success seems to be the constructive and targeted cooperation with the health insurance companies.

KeywordsObesity center · Operative procedures · Conservative therapy · Health insurance · Interdisciplinarity

336 |  Der Chirurg 4 · 2014

den bzw. prä­ und/oder postoperativ psy­chologische Betreuung benötigen.

Die in . Abb. 3 gezeigten Patienten­zahlen aus der Chirurgischen Klinik ma­chen deutlich, dass die Entwicklung eines operativen Adipositaszentrums bis zur ersten Stufe einer möglichen Zertifizie­rung (50 Eingriffe pro Jahr für Kompe­tenzzentrum) einige Jahre in Anspruch nehmen kann. Die einmal wöchentlich

stattfindende chirurgische Adipositas­sprechstunde wird von einer Endokrino­logieassistentin (mit Weiterbildung zur Studynurse), 2 Assistenzärzten und einem Oberarzt betreut. Basierend auf den Zah­len aus . Abb. 3 wurde in . Tab. 1 be­rechnet, wie viele ambulante Vorstellun­gen, ambulante Neuvorstellungen bzw. Kostenübernahmeerklärungen (Gutach­ten) und Gegengutachten notwendig wa­

ren, um letztlich eine Operation durch­führen zu können. Die Anzahl von 4,1 am­bulanten Neuvorstellungen pro durchge­führte Operation zeigt, dass von 4 Patien­ten, die sich mit Operationswunsch in der chirurgischen Adipositasambulanz vor­stellen, nur ein Patient sowohl die medi­zinischen als auch die formalen Voraus­setzungen für einen adipositaschirurgi­schen Eingriff erfüllt. Bei jedem dritten

6 6 2 0 3

44 41

2 1 5

82

2816

1 8

99

17 215

17

174

54 48

15 11

371

130

59

624

423

206

76

19

54

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

AmbulanteVorstellungen

(gesamt)

OperationenKostenübernahme-erklärungen(Gutachten)

GegengutachtenAmbulanteNeuvorstellunge

Patie

nten

zahl

(n)

2006

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2006

2007

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2011

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Abb. 3 9 Entwicklung der Patientenzahlen in der chi-rurgischen Adipositasam-bulanz bezüglich Gesamt-zahl ambulanter Vorstellun-gen und Neuvorstellungen, der erstellten Gutachten, Gegengutachten und Ope-rationen

541

63

6

605

148

44

620

132

82

609

130

99

1.10

5

211

174

1.03

6

192

371

1.17

9

209

423

0

200

400

600

800

1.000

1.200

Endokrinologie Psychosomatik Chirurgie

Patie

nten

zahl

(n)

2006

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2009

2010

2011

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2006

2007

2008

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2012

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Abb. 2 9 Entwicklung der Patientenzahlen bezüglich ambulanter Vorstellungen in den Adipositasambu-lanzen der Kliniken für En-dokrinologie, Psychosoma-tik und Chirurgie

337Der Chirurg 4 · 2014  | 

Patienten muss bei initial abgelehntem Gutachten ein Gegengutachten geschrie­ben werden.

In . Abb. 4 ist die Verteilung der Pa­tienten bezüglich der betreuenden Kran­kenkassen dargestellt. Der überwiegen­de Anteil der Patienten (95,1%) ist ge­setzlich versichert. Die AOK (Allgemei­ne Ortskrankenkasse) und die BKK (Be­triebskrankenkasse) versichern mit 36 bzw. 16,4% mehr als die Hälfte der Patien­ten. Die TKK (Techniker Krankenkasse) und DAK (Deutsche Angestellten Kran­kenkasse) versichern je 9% der Patienten. Das entspricht in etwa der Krankenkas­senverteilung aller im Jahre 2012 stationär behandelten Patienten an unserer Klinik mit 91% gesetzlich versicherter Patienten, davon 26% AOK­, 11% TKK­, 9% DAK­ und 10,4% BKK­Patienten.

In . Tab. 2 ist die durchschnittliche Dauer in Monaten, die zwischen der Erst­vorstellung in der chirurgischen Adiposi­tasambulanz, Gutachtenerstellung, Ent­scheidung der Krankenkassen und Ope­ration liegen, dargestellt. Im Durchschnitt wird ein Patient 4,0 Monate (Standard­abweichung [SD]±5,8 Monate) in der chirurgischen Adipositasambulanz be­treut, bevor das Gutachten erstellt wird. Die Entscheidung durch die Kranken­kasse dauert im Durchschnitt 5,3 Mona­te (SD ±5,3 Monate). Die Operationsvor­bereitung, welche bei allen Patienten eine kardiologische und anästhesiologische Abklärung, eine Magenspieglung, eine 24­Stunden­Säuremessung und eine Öso­phagusmanometrie einschließt, dauert im Mittel nochmals 3,5 Monate (SD ±2,6 Mo­nate). Der Zeitraum zwischen Erstvorstel­lung des Patienten und Operation beträgt

im Mittel 12,8 Monate (SD ±4,5 Monate). Die Dauer zwischen Gutachtenerstellung und Entscheidung durch die Krankenkas­sen variiert stark zwischen 3,6 Monaten (SD ±2,7 Monate) und 7,5 Monaten (SD ±6,5 Monate). Die Unterschiede zwischen den Krankenkassen waren nicht statis­tisch signifikant (p>0,06; Daten nicht ge­zeigt).

Die 47 Patienten, bei denen die Kos­tenübernahmeerklärungen (Gutach­ten) initial abgelehnt wurden, hatten ei­nen durchschnittlichen BMI von 49,2 kg/m2 (SD ±6,4 kg/m2). Die Analyse der Nebendia gnosen Diabetes mellitus, ar­terielle Hypertonie, Hyperlipidämie und Schlafapnoe hat gezeigt, dass 23 dieser 47 abgelehnten Patienten (48,9%) einen Dia­betes mellitus, 14 Patienten (29,8%) ei­ne arterielle Hypertonie und je ein Pati­ent (2,1%) eine Schlafapnoe bzw. eine Hy­perlipidämie aufwiesen. Bei 16 Patienten (34,0%) konnten 2 und bei 10 Patienten (21,3%) 3 dieser 4 Nebendiagnosen nach­gewiesen werden.

Analysiert man die Gründe der Ableh­nung durch die Krankenkassen, so wird deutlich, dass von den 47 Ablehnungen (100%) in 45 Fällen (95,7%) ein fehlendes/unzureichendes konservatives Programm und in 20 Fällen (42,5%) eine fehlende psychosomatische Abklärung bemängelt wird. In 5 Fällen (10,6%) wurde das Ope­rationsrisiko als zu hoch eingeschätzt, in 3 Fällen (6,4%) befürchtet, dass eine ad­äquate Nachsorge nicht gewährleistet wer­den kann und in weiteren 3 Fällen (6,4%) wurde eine fehlende internistische Ab­klärung beanstandet. Analysiert man die zwei häufigsten Ablehnungsgründe, zeigt sich, dass von den 45 Patienten, bei denen als Ablehnungsgrund ein fehlendes/un­zureichendes konservatives Programm bemängelt wurde, 30 Patienten (66,7%) einen ärztlich kontrollierten Abnahme­versuch (ÄKAV) über mindestens 6 Mo­nate und 19 Patienten (42,2%) mindes­tens eine Kur, eine Xenical­ oder Reduk­tiltherapie nachweisen konnten bzw. das Optifast®­Programm durchlaufen haben. Bei den 20 Patienten, bei denen die feh­lende psychosomatische Abklärung bean­standet wurde, erfolgte in 100% eine ad­äquate psychosomatische Abklärung mit befürwortendem schriftlichem Befund. Folgerichtig konnte bisher für 25 Patien­

Tab. 1  Ambulante Vorstellungen und Neuvorstellungen, Gutachten und Gegengutachten pro durchgeführte Übergewichtsoperationa

Jahr Ambulante chirurgi-sche Vorstellungen (gesamt)

Ambulante  chirurgische Neu-vorstellungen

Kostenübernahme-erklärungen  (Gutachten)

Gegen-gutachten

Anzahl pro operiertem Patient

2006 2,0 2,0 0,67 0,0

2007 8,8 8,2 0,4 0,2

2008 10,2 3,5 2,0 0,12

2009 5,8 1,0 1,2 0,29

2010 15,8 4,9 4,3 1,36

2011 15,4 5,4 2,4 0,25

2012 7,8 3,8 1,4 0,35

Mittelwert 9,4 4,1 1,7 0,36Basierend auf den durchgeführten Übergewichtsoperationen ist hier die Gesamtzahl ambulanter Vorstellungen und ambulanter Neuvorstellungen in der chirurgischen Adipositasambulanz, verfasster Kostenübernahmeerklä-rungen (Gutachten) und Gegengutachten pro Jahr und im Durchschnitt über den beobachteten Zeitraum von 6 Jahren gezeigt. So wurden z. B. im Jahre 2012 76 Gutachten bei insgesamt 54 Übergewichtsoperationen ge-schrieben (s. Abb. 3). Das ergibt den hier dargestellten Wert von 1,4 geschriebenen Gutachten pro operiertem Patient.

Tab. 2  Zeitintervall zwischen Erstvorstellung in der chirurgischen Adipositasambulanz, Er-stellung der Gutachten, Entscheidung der Krankenkassen und Operation

  Gesamt (2006–2012) 2006–2008 2009–2010 2011–2012

Mittelwert in Monaten (Standardabweichung)

Dauer der Erstvorstellung bis Kostenübernahme-erklärung (Gutachten)

4,0 (5,8) 6,2 (9,4) 2,3 (2,9) 4,2 (3,6)

Dauer der Kostenüber-nahmeerklärung (Gut-achten) bis Entscheidung durch Krankenkasse

5,3 (5,3) 5,1 (6,8) 6,5 (5,5) 3,9 (2,5)

Dauer der Entscheidung durch Krankenkasse bis Operation

3,5 (2,6) 3,4 (3,0) 3,3 (2,3) 4,0 (2,6)

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Originalien

ten (53,1%) nach entsprechendem Gegen­gutachten bzw. mit anwaltlicher Unter­stützung eine Kostenübernahmeerklä­rung erwirkt und die Operation durchge­führt werden.

Diskussion

Die hier präsentierten Daten zeigen, dass der Aufbau eines operativen Adipositas­zentrums mehrere Jahre in Anspruch neh­men kann. Wir konnten erst im siebten Jahr die Operationszahlen erreichen, die die Zertifizierung als Kompetenzzentrum ermöglichen. Basierend auf den Operati­onszahlen im ersten Quartal 2013 werden wir in diesem Jahr die Zertifizierung als Kompetenzzentrum beantragen. Es wird weiterhin deutlich, wie zeitaufwendig der Prozess von der Erstvorstellung des Pati­enten in der chirurgischen Adipositasam­bulanz bis hin zur Operation sein kann.

Die aktuellen rechtlichen Grundla­gen für eine Übergewichtsoperation be­ziehen sich auf Urteile des Bundessozial­gerichts aus dem Jahre 1993 und sind in den aktuellen S3­Leitlinien zusammen­gefasst [32, 33]. Grob zusammengefasst muss der BMI des Patienten mindestens 35 kg/m2 sein. Unter diesen Bedingun­gen ist für eine Kostenübernahmeerklä­rung das Vorhandensein einer wesentli­chen Begleiterkrankung, wie z. B. Diabe­tes mellitus, notwendig. Ein BMI größer als 40 kg/m2 stellt per se eine Operations­indikation dar. Für alle Patienten gilt, dass konservative Behandlungsmethoden aus­

geschöpft sein müssen; die Operation so­mit die „Ultima Ratio“ darstellt und en­dokrinologische bzw. psychosomatische Erkrankungen als Ursache des Überge­wichts ausgeschlossen sind. Letztlich ist die Kostenübernahme immer eine Einzel­fallentscheidung der Krankenkassen, die nur auf Antrag erfolgen kann [32].

Obwohl die gesetzlichen Grundla­gen für die Durchführung einer Über­gewichtsoperation klar scheinen, zeigt die Praxis, dass es hier offensichtlich einen erheblichen Interpretationsspiel­raum gibt. Obwohl in unserem Zent­rum alle Patienten den in . Abb. 1 dar­gestellten Algorithmus durchliefen, wur­den 20,9% der initialen Gutachten für die Kostenübernahmeerklärung durch die Krankenkassen abgelehnt. Der häufigs­te Grund für die Ablehnung war ein feh­lender bzw. insuffizienter Nachweis eines zeitlich adäquaten konservativen Abnah­meversuchs von mindestens 6 bis 12 Mo­naten. Die Analyse unseres Patientenkol­lektivs zeigte, dass Patienten von der Erst­vorstellung in der chirurgischen Adipo­sitassprechstunde bis zu Erstellung des Gutachtens im Durchschnitt 4 Mona­te betreut wurden. Dies spiegelt nicht die Gesamtzeit wider, die Patienten und be­treuende Ärzte in konservative Thera­pieversuche investiert haben. Ein Groß­teil unserer Patienten wird erst nach er­folglos durchgeführten ärztlich kontrol­lierten Abnahmeversuchen in die chirur­gische Adipositasambulanz überwiesen. In unserem Adipositaszentrum wird die

Indikation für die Operation und den da­mit notwenigen Antrag auf Kostenüber­nahme in einem interdisziplinären Kol­loquium überprüft. Wir konnten zeigen, dass 66,7% der Patienten mit initial ab­gelehnten Gutachten einen ärztlich kon­trollierten Abnahmeversuch in unserem Zentrum über mindestens 6 Monate und 19 Patienten (42,2%) mindestens eine Kur, eine Xenical­ oder Reduktiltherapie nach­weisen konnten bzw. das Optifast®­Pro­gramm durchlaufen haben. Bei allen Pa­tienten, bei denen eine fehlende psycho­somatische Abklärung beanstandet wor­den war, erfolgte in 100% eine psychoso­matische Abklärung mit befürwortendem schriftlichem Befund.

Diese zum Teil willkürlich erscheinen­den Ablehnungen seitens der Kranken­kassen führen sowohl auf Seiten der Pa­tienten als auch auf Seiten der betreuen­den Ärzte zu einer Unsicherheit bezüg­lich der Voraussetzungen für eine Kos­tenübernahmeerklärung der Kranken­kassen. Es gibt unserer Meinung nach keinen Hinweis darauf, dass die restrik­tive Genehmigungspraxis der Kranken­kassen damit zusammenhängt, dass Adi­positas als eine Erkrankung wahrgenom­men wird, die mit einem eher niedrigen Sozialstatus verknüpft ist [34]. Wenn die Krankenkassen den Antrag auf Kosten­übernahme ablehnen, versuchen wir in erster Linie, die Nachforderungen zu er­füllen und schreiben im Verlauf ein ent­sprechendes Gegengutachten. Falls die­ses wieder abgelehnt wird, empfehlen wir den Patienten, einen Anwalt einzuschal­ten. Mittlerweile gibt es Juristen, die sich auf derartige Fälle spezialisiert haben und mit entsprechendem Nachdruck die not­wendige Operation für den Patienten er­kämpfen [24, 32].

Die hier gezeigten Daten erheben nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein. Al­lerdings werden in der mündlichen Kom­munikation mit Kollegen in anderen Kli­niken ähnliche Herausforderungen be­schrieben. Wir glauben, dass der Erfolg bei der Entwicklung eines operativen Adi­positaszentrums an drei wesentliche Fak­toren geknüpft ist.F  Erstens muss ein interdisziplinärer

Konsens über das Gesamtkonzept einschließlich konservativer Thera­pieverfahren gefunden werden.

AOK 36%n=44

BKK 16,4%n=20

Sonstige 16,4%n=20

DAK 9%n=11

TKK 9%n=11

Privat 4,9%n=6

KKH 4%n=5

IKK 4%n=5

Abb. 4 9 Verteilung der operierten Pati-enten bezüglich der Krankenkassen. Bei weniger als 5 Pati-enten wurde die Kran-kenkassenzugehö-rigkeit unter „Sonsti-ge“ zusammengefasst. AOK Allgemeine Orts-krankenkasse, BKK Be-triebskrankenkasse, DAK Deutsche Ange-stellten Krankenkasse, IKK Innungskranken-kasse, KKH Kaufmän-nische Krankenkas-se, TKK Techniker Kran-kenkasse

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Originalien

F  Dieses Konzept muss zweitens z. B. durch regelmäßige Informations­ und Weiterbildungsveranstaltungen an Pa­tienten und Kollegen aller Fachberei­che einschließlich der niedergelasse­nen Zuweiser kommuniziert werden.

F  Drittens scheint es wesentlich zu sein, den Krankenkassen dieses Konzept vorzustellen und darauf basierend die Rahmenbedingungen zu definieren, geeigneten Patienten die Operation nach Antragstellung zu ermöglichen. Nur so kann der zeit­ und personalin­tensive Prozess von der Erstellung der Gutachten und ggf. Gegengutachten bis hin zur Kostenübernahmeerklä­rung und Operation sinnvoll verkürzt werden.

Fazit

Die Gründung und Etablierung eines operativen Adipositaszentrums kann mehrere Jahre in Anspruch nehmen und erfordert sowohl personelle als auch zeit-liche Ressourcen. Eine wesentliche Be-dingung für den erfolgreichen Aufbau scheint neben der ärztlichen Experti-se eine offensive und zielgerichtete Zu-sammenarbeit mit den Krankenkassen zu sein.

Korrespondenzadresse

PD Dr. B.P. Müller-StichKlinik für Allgemein-, Viszeral-  und Transplantationschirurgie,  Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg,Im Neuenheimer Feld 110, 69120 [email protected]

Danksagung.  Wir bedanken uns bei Herrn Prof. Dr. Peter Nawroth (Innere Medizin I und Klinische Chemie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) und Herrn Oli-ver Martini (Senior Manager Health Economics, Out-comes & Reimbursement, Johnson & Johnson) für die Unterstützung bei der Fertigstellung des Manuskripts.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  L. Fischer, Z. El Zein, T. Bruck-ner, K. Hünnemeyer, G. Rudofsky, M. Reichenberger, K. Schommer, C.N. Gutt, M.W. Büchler und B.P. Müller-Stich geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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