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SRK Magazin Humanité 1/2011

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Herzlich willkommen in der Welt des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK)!

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RepoRt – Ein Spendenmärchen 4 So rot wie Blut 8 ein Geschenk von Mensch zu Mensch

12 KoNKRet – Rotkreuz-Notruf ein Schutzengel am Handgelenk

14 KoNKRet – Blutspendedienst in Eritrea Qualitätssicherung bedeutet Leben retten

18 ÜBeRZeUGt – Bluttransfusion Hinter der Routine des Spitalalltags

20 KoNKRet – Interview «Spenden gibt mir ein gutes Gefühl»

22 eNGAGIeRt – Franziska Keller und Heinz Hofmann Sicherheit fürs Leben lernen

25 eRLeBt – Dr. Martin Weber Mit Herz, Schalk und Überzeugungskraft

29 KReUZ & QUeR Die geheimnisvolle Köchin Rätsel/Cartoon

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ImpressumHumanité Ausgabe 1/2011 Februar 2011

ISSN 1664-1159

Titelbild und Rückseite: Caspar Martig

Herausgeber: Schweizerisches Rotes Kreuz, Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 BernTelefon 031 387 71 11, [email protected], www.redcross.ch

Spenden: Postkonto 30-9700-0

Adressänderungen: E-Mail an [email protected] oder Telefon 031 387 71 11

Redaktionsadresse: Schweizerisches Rotes Kreuz, Redaktion Humanité, Postfach, 3001 Bern, [email protected], www.magazin-humanite.ch

Redaktion: Tanja Pauli (Redaktionsleitung), Urs Höltschi (Public Fundraising), Hana Kubecek (Gesundheit und Integration), Isabelle Roos (Corporate Partnerships), Christine Rüfenacht (Sekretariat der Kantonalverbände), Karl Schuler (Internationale Zusammenarbeit)

Mitarbeitende dieser Ausgabe: Mario Böhler, Heinz Jehle, Markus Mader, Marco Ratschiller, Lucy Schweingruber, Prof. Dr. Andreas Tobler, Beat von Burg

Abo-Kosten: Das Abonnement kostet CHF 6.– pro Jahr und ist für SRK-Gönnerinnen und SRK-Gönner im Beitrag enthalten.Erscheinungsweise: vier Mal jährlichSprachen: deutsch und französischGesamtauflage: 124 300Bildrechte aller Fotos ohne Hinweis: Schweizerisches Rotes Kreuz

Übersetzungen: Übersetzungsdienst SRKGestaltungskonzept: Effact AG, Zürich Layout, Lektorat und Druck: Vogt-Schild Druck AG, Derendingen

Nächste Ausgabe: Juni 2011

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rubrik

Blut, ein ganz faszinierender Saft

editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Zur Inspiration für dieses Editorial befasse ich mich mit dem Hauptthema dieser Aus-gabe. Ich lese Erstaunliches über Blut, dieses Wunderwerk des menschlichen Körpers. Würde man alle Blutgefässe eines Menschen aneinanderreihen, ergäbe dies zwei-einhalb Mal den Erdumfang. Die dünnsten Blutgefässe sind so eng, dass sich sogar die winzigen roten Blutkörperchen einzeln hintereinander bewegen müssen. Und um den Blutkreislauf aufrecht zu erhalten, braucht unser Herz vergleichsweise die gleiche Kraft, wie wenn wir in einer Minute 70-mal einen Tennisball zusammendrücken! Ich bin fasziniert und geneigt zu sagen, Goethe hat untertrieben, als er Blut als «ganz besonderen Saft» bezeichnet hat. Aber ich möchte ihm nicht unrecht tun, denn vor rund 200 Jahren wusste man kaum Bescheid, welche komplexen Aufgaben unser Blut zu erfüllen hat – geschweige denn, dass es verschiedene Blutgruppen gibt.

Die spannende Geschichte des Blutspendens lesen Sie ab Seite 4. Sie zeigt, dass sichere Bluttransfusionen eine eindrückliche Leistung sind. Noch keine hundert Jahre ist es her, dass der erste Blutspendedienst 1921 durch eine Sektion des Britischen Roten Kreuzes in London gegründet wurde. Heutzutage gehören Bluttransfusionen zum Spitalalltag. Für eine grösstmögliche Sicherheit sorgen der Blutspendedienst SRK mit seiner Kompetenz und die Blutspendenden mit ihrer Ehrlichkeit. Ein grosses, aufrichtiges Dankeschön an alle Blutspenderinnen und Blutspender: Sie sind lebensrettend und unersetzlich, weil künstliches Blut bis heute nur für Film-aufnahmen taugt.

Ich wünsche auch Ihnen Momente des Staunens bei der Lektüre über diesen ganz faszinierenden Saft. Herzliche Grüsse

Markus MaderDirektor des Schweizerischen Roten Kreuzes

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report

Die Menschen wussten es schon immer: Blut bedeutet Leben und sie liessen

sich wegen dieser Erkenntnis zu furchtba-ren Taten und grausamen Experimenten hinreissen. Menschen wurden als Blutopfer getötet, um die Götter gnädig zu stimmen oder weil man ihr Blut als «Heilmittel» für eigene Zwecke nutzen wollte. 1492 ga-ben die Ärzte dem im Sterben liegenden Papst Innozenz lll. das Blut von drei zehn-jährigen Knaben zu trinken. Zuerst starben die drei Kinder und dann der Papst. Dieses Beispiel zeigt, dass Blut vor allem als Heil- und Verjüngungsmittel angesehen wurde.

Aberglaube und Forschung1628 schrieb der englische Arzt William Harvey Medizingeschichte: Er beschrieb als erster den Blutkreislauf. Harveys Ent-deckung war bahnbrechend und führte dazu, dass 1666 Richard Lower in Eng-land die erste Bluttransfusion zwischen Hunden gelang. In den folgenden Jahr-zehnten unternahm man skurrile Experi-mente mit oftmals tödlichen Folgen, weil

Flüssigkeiten wie Bier, Wein, Quecksil-ber und vieles mehr verabreicht wurde. Schafsblut wurde auf Verbrecher übertra-gen, weil man sich erhoffte, sie würden dadurch fromm wie Lämmer. Es erstaunt kaum, dass Bluttransfusionen vom Tier zum Menschen meistens scheiterten und deswegen Menschen starben. Das führ-te dazu, dass Bluttransfusionen in vielen Ländern verboten wurden.

Der englische Arzt James Blundell führte schliesslich am Anfang des 19. Jahrhun-derts die erste Bluttransfusion von Mensch zu Mensch durch. Die sehr primitive Me-thode – die natürlich nur in einigen Fällen erfolgreich verlief – bestand darin, die Arterie des Spenders zu öffnen, das Blut in einem Gefäss aufzufangen und über ei-nen Schlauch in die Vene des Empfängers fliessen zu lassen. Dieses Unterfangen

schlug aber oft fehl, weil das Blut bereits geronnen war, bevor es in den Blutkreis-lauf des Patienten eingebracht werden konnte. Bluttransfusionen blieben lange höchst riskant, da weniger als die Hälfte der Empfänger den Eingriff überlebten. Man konnte sich aber nicht erklären, wa-rum dem so war.

pionierleistung und des Rätsels LösungErst Anfang des 20. Jahrhunderts brach-te die Entdeckung der Blutgruppen durch den Wiener Arzt Karl Landsteiner des Rätsels Lösung. Landsteiner bewies 1901 in Versuchen, dass Blut in verschiedene Gruppen eingeteilt werden kann. Acht Jahre später wurde daraus die bis heute gültige Einteilung in A, B, 0 und AB. Für die Entdeckung des Blutgruppensystems erhielt Karl Landsteiner 1930 den Nobel-preis für Medizin. Landsteiners wissen-schaftliche Karriere fand hier aber nicht den einzigen Höhepunkt. Seine Thesen über die Natur der Antigene und Antikör-

Der erste Blutspendedienst wurde durch das Rote Kreuz in england gegründet.

Beim Blutspenden wird heute nur steriles Einweg-material verwendet

Nobelpreisträger Karl Landsteiner 1930 in

seinem Labor

Weil man es nicht besser wusste, versuchte man Blut von Tieren auf Menschen zu übertragen

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report

per bildeten die theoretische Grundlage für eine Impfung gegen das Poliovirus, und 1940 entdeckte er zusammen mit an-deren Wissenschaftlern den Rhesusfaktor. Die neuen Erkenntnisse brachten zusätzli-che Fortschritte im Hinblick auf die Sicher-heit der Bluttransfusion und führte zur Ent-wicklung eines neuen wissenschaftlichen Bereiches, der Immunhämatologie. Wie aber kann das Verklumpen von Blut ausserhalb des Körpers verhindert werden? 1914 entdeckte man, dass Na-triumzitrat die Gerinnung hemmt, wenn es dem Blut beigemischt wird. Erst jetzt konnte Blut konserviert werden. Die ers-te erfolgreiche Transfusion mit konser-viertem, in Glasflaschen aufbewahrtem Blut, erfolgte 1915. Der erste Blutspen-dedienst wurde 1921 in London gegrün-det mithilfe freiwilliger und unbezahlter Spender. Auch damals war das Rote Kreuz schon federführend. Die Chamber-ville Division des Britischen Roten Kreu-zes in London erhielt einen dringenden Anruf vom King’s College Hospital. Das

Krankenhaus fragte an, ob jemand bereit wäre, Blut für einen Schwerkranken zu spenden. Percy Oliver, freiwilliger Sekre-tär der Rotkreuz-Division, und sechs wei-tere Rotkreuz-Mitarbeiter erklärten sich spontan bereit, und einer von ihnen hatte glücklicherweise die richtige Blutgruppe!

Um auf solche Fälle künftig besser vorbe-reitet zu sein, gründete Percy Oliver den ersten Blutspendedienst und stellte schon damals die Bedingung: Die Blutspende musste freiwillig sein und durfte nicht be-zahlt werden.

Mythos und MedizinDie erste breite Anwendung von Bluttrans-fusionen erfolgte im Spanischen Bürger-krieg und im Zweiten Weltkrieg. In den 1950er-Jahren folgte der Übergang von Glasflaschen auf die heute bekannten Plastikbeutel, die viele Vorteile bieten. Das konservierte Blut kann seither ohne Schwierigkeiten unter sterilen Bedingun-gen in seine Bestandteile aufgetrennt wer-den. So kann mit einer Blutspende mehre-ren Patienten geholfen werden, weil aus den Bestandteilen jeder Vollbluteinheit viele therapeutisch wertvolle Produkte hergestellt werden können. Für den Blut-spender bedeutet eine solch spezifische Verarbeitung, dass die Spende bestmög-lich genutzt wird.Bluttransfusionen gelten heute als sicher und retten täglich Menschenleben. Weit entfernt von der Wissenschaft blüht auch in modernen Zeiten unsterblich der My-

thos. Blutsaugende Vampire sind ein Garant für Bestseller im Buchhandel, sie füllen Kinosäle und sind Helden in TV-Serien. Blut fasziniert und inspiriert weiterhin die Märchenerzähler und die Medizin.➥ blutspende.ch/zum-thema-blut/

Seit den 1950er-Jahren werden Blutprodukte in Beuteln gelagert

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report

Simone R. aus Bern die Ereignisse vom Sommer 2006 zusammen. Auch wenn Mutter und Kind heute gesund sind – die hektischen Stunden rund um die Geburt bleiben in unangenehmer Erinnerung.

1200 Blutspenden braucht es jeden tagEine Situation, wie sie Simone R. erlebt hat, ist kein Einzelfall. Ganz im Gegen-teil: Täglich braucht es in der Schweiz nicht weniger als 1200 Blutkonserven.

Bei der Geburt meines ersten Kindes kam es plötzlich zu Komplikationen:

Die Plazenta war an der Gebärmutter an-gewachsen und liess sich nicht entfernen. Die Hebamme im Spital versuchte es noch mit einigen Tricks, doch dann wurde ich in den Operationssaal gebracht und erhielt eine Vollnarkose. Zu diesem Zeitpunkt hat-te ich bereits ziemlich viel Blut verloren. Aus diesem Grund wurden mir im Opera-tionssaal zwei Blutkonserven verabreicht.» Mit diesen Worten fasst die 28-jährige

ein Geschenk von Mensch zu Mensch

blutspende

Tagtäglich kommt es vor, dass Kranke oder verunfallte Personen fremdes Blut benötigen. Damit sie überleben, braucht es Menschen, die bereit sind, freiwillig und unentgeltlich Blut zu spenden. Der Blutspendedienst SRK sorgt dafür, dass Blutprodukte sicher und in ausreichender Menge vorhanden sind.

TExT: BEAT VON BURG BILDER: MICHAEL STAHL

Oft retten sie kranken oder verunfallten Menschen das Leben. Meistens reichen ein bis zwei Blutkonserven wie bei Simo-ne R., in anderen Fällen braucht es deut-lich mehr: Bei Herzoperationen sind es meist drei bis fünf Einheiten, bei kompli-zierten Mehrfachverletzungen werden bis zu 60 Blutkonserven und mehr benötigt.

Dafür zu sorgen, dass in den Schweizer Spitälern immer genügend Blutprodukte für solche Situationen vorhanden sind, dies ist die Hauptaufgabe des Blutspendedienstes SRK. Unser Blut ist nämlich ein derart kom-plexes Gebilde, dass es nach wie vor nicht künstlich hergestellt werden kann. Blut spenden kann jeder gesunde Mensch zwischen 18 und 65 Jahren, der die Spendekriterien erfüllt.

Schmerzlose 10 MinutenDas Blutspenden benötigt viel weniger Zeit, als die meisten Leute glauben: Die eigentli-che Spende selbst dauert kaum 10 Minu-ten, zusammen mit der Vorbereitung und der anschliessenden Ruhephase inklusive kleinem Imbiss sollte man sich insgesamt rund 45 Minuten Zeit einplanen. Eben-so wenig ist die Blutspende schmerzhaft. Den kleinen Einstich in die Vene spürt man kaum, und während der anschliessenden

Herzoperationen brauchen drei bis fünf einheiten Blut, kompli-zierte Mehrfachverletzungen sogar ein Vielfaches mehr.

Simone R. benötigte nach der Geburt ihres Kindes eine Bluttransfusion

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report

Blutstammzellen – die besondere SpendeIn der Schweiz erkranken jährlich über 800 Menschen an Leukämie. Oft ist ihre einzige Chance auf Genesung, in der weltweit vernetzen Datenbank ei-nen Menschen zu finden, der geeignet ist, Blutstammzellen zu spenden. Der Blutspendedienst SRK und die regio-nalen Blutspendedienste haben in der Schweiz die Führung der Spenderda-tenbank zu ihrer Aufgabe gemacht. Die Typisierung von Gewebeproben geschieht im Labor mithilfe eines auf-wändigen und teuren Verfahrens. Da-mit diese hohen Kosten von bis zu Fr. 300.– pro Typisierung finanziert wer-den kann, ist die Stiftung Blut-Stamm-zellen auf Spenden angewiesen. Die Stiftung ist ZEWO-zertifiziert und bie-tet Gewähr für den sorgfältigen Ein-satz der Spendengelder. ➥ blutstammzellen.ch

apropoS

Blutentnahme von knapp einem halben Liter spürt man gar nichts.

Was geschieht nach der Spende?Heutzutage wird nur noch in Ausnahme-fällen Vollblut übertragen. Meist erhält jeder Patient nur diejenigen Blutbestand-teile, die er aufgrund seines Zustandes respektive seiner Erkrankung dringend benötigt. Deshalb wird das gespendete Blut mithilfe von Zentrifugen und Filtern in seine Be-standteile aufgeteilt: rote Blutkörperchen, Blutplättchen sowie Plasma. Die weissen Blutkörperchen werden zur Sicherheit ver-

nichtet, da sich oftmals Krankheitserreger an sie binden. Parallel dazu wird jede Blutspende im Labor auf Krankheitserreger wie bei-spielsweise HIV oder Hepatitis untersucht. Durch die Bluttransfusion können nämlich gefährliche Krankheiten auf andere Men-schen übertragen werden. Wer – wie die 28-jährige Simone R. – fremdes Blut benö-tigt, muss sich darauf verlassen können, dass derartige Infektionen so weit wie möglich ausgeschlossen sind. Hier trägt der Spender eine grosse Verantwortung: Trotz hochmodernster Tests können Krank-heiten wie Aids nämlich erst ca. 14 Tage nach einer erfolgten Ansteckung entdeckt werden. Deshalb ist es ganz wichtig, dass die Blutspenderinnen und -spender alle Fragen wahrheitsgetreu beantworten.

Warum gibt es kein Geld fürs Blutspenden?Dass die Blutspende unentgeltlich erfolgt, hat ganz entscheidende Gründe, die im Interesse der Spender und der Empfänger

sind. Internationale Studien zeigen, dass diese Unentgeltlichkeit ein wesentlicher Sicherheitsfaktor ist: Wer nichts an der Blutspende verdient, füllt den Spender-fragebogen wahrheitsgetreu aus, weil es keinen finanziellen Anreiz gibt. Zudem

wäre es auch aus ethischer Sicht nicht zu verantworten, dass Menschen aufgrund einer finanziellen Notlage zur Blutspende motiviert würden. Blut spenden muss freiwillig sein, auch aufgrund einer weiteren Sicherheitsüber-legung: Denn wer sich – sei es auch nur indirekt, z.B. durch Überredung von Ar-beitskollegen – zur Blutspende gedrängt fühlt, neigt eher dazu, ein allfälliges Ri-sikoverhalten zu verschweigen. Weltweit halten sich alle Blutspendedienste des Roten Kreuzes an die Regel, dass das Blutspenden freiwillig und unentgeltlich sein muss.➥ blutspende.ch

Die eigentliche Blutspende dauert nur 10 Minuten und ist schmerzlos

Laborantin pipettiert Proben im Hämatologielabor

Moderne Geräte prüfen jede Blutprobe

Beim Roten Kreuz darf weltweit nur unentgeltlich und freiwillig Blut gespendet werden.

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Geld macht glücklich (Nr. 15). Geld macht glücklich, wenn man für

jemanden da sein kann. Deshalb hat Swisscanto zusammen mit dem Schwei-

zerischen Roten Kreuz (SRK) den Swisscanto Swiss Red Cross Charity Fund

lanciert. Dabei spenden Sie die Hälfte Ihrer Erträge für mehr Menschlichkeit.

Und profitieren gleich noch von einer sicherheitsorientierten Anlage in

Obligationen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Kundenberater

der Kantonalbank sowie unter www.redcross.ch oder www.swisscanto.ch/15.

Die Informationen in dieser Publikation gelten nicht als Offerte. Sie dienen lediglich zu Informationszwecken. Kostenloser Bezug von Verkaufsprospekt, vereinfachtem Verkaufs-prospekt, Jahres- oder Halbjahresbericht bei den Kantonalbanken, der Swisscanto Asset Management AG, Nordring 4, 3000 Bern 25 oder unter www.swisscanto.ch.

In Zusammenarbeit mit

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rubrikkonkret

ein Schutzengel am Handgelenkrotkreuz-notruf

Maria Schöni weiss nie, ob sie nicht plötzlich Hilfe benötigt. Nach mehreren Gehirnoperationen ist die 69-Jährige darauf angewiesen, dass sie bei Bedarf rasch Unterstützung erhält. Grundsätzlich übernimmt das ihr Mann. Doch ab und zu ist er ausser Haus. Deshalb hat Maria Schöni einen weiteren treuen Begleiter: ihren Rotkreuz-Notruf, der seit zehn Jahren Tag und Nacht für sie da ist.

TExT: CHRISTINE RÜFENACHT BILDER: CASPAR MARTIG

Werner und Maria Schöni schätzen seit 10 Jahren die Sicherheit, die der Notruf bietet

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konkret

Maria Schöni war noch nicht 60 Jahre alt, als sich ein heimtückischer Tumor

in ihrem Gehirn einnistete. Sie wurde des-halb zweimal operiert. Seither leidet sie un-ter Schwindel und heftigen Kopfschmerzen. Die Grossmutter von sieben Enkelkindern, die in Langenthal lebt, kann das Haus nicht mehr allein verlassen. Und selbst in ihren eigenen vier Wänden ist sie nie sicher, ob sie nicht plötzlich Hilfe benötigt.

Unabhängigkeit für sie und ihnFür Maria Schöni ist es unvorstellbar, al-leine zu Hause zu sein. Zum Glück hat sie ihren Mann, der sich liebevoll um sie

kümmert. Rund um die Uhr und Tag für Tag? «Nein», antwortet er ohne Zögern. Werner Schöni ist zwar seit vier Jahren pensioniert, erledigt aber immer noch die Hauswartarbeiten in seinem Wohnhaus.Ausserdem unternimmt der begeister-te Wanderer regelmässig Ausflüge mit Freunden. «Es ist wichtig, dass mein Mann seinen Hobbys nachgehen kann. Und zu-dem hat man sich am Abend etwas zu er-zählen, wenn man nicht den ganzen Tag zusammen verbringt», sagt Maria Schöni lächelnd. «Ein Handy würde uns nichts bringen», erklärt der Berner. «Selbst wenn

meine Frau noch in der Lage wäre, mich anzurufen, wäre ich nicht rasch genug bei ihr, um ihr zu helfen.»

Nie ohne ihr NotrufsystemMaria Schöni besitzt seit zehn Jahren ein Notrufsystem. Sie hatte den Tipp damals von ihrer Selbsthilfegruppe erhalten. Falls ein Problem auftritt, wenn ihr Mann nicht da ist, kann sie mit der Notruftaste, die sie am Handgelenk trägt, Hilfe anfordern. In null Komma nichts ist dann einen Mit-arbeiterin der privaten Spitexorganisation oder sogar eine Ambulanz bei ihr. Das ist schon mehrmals vorgekommen, vor allem, als der heute 68-jährige Werner Schöni noch in einem Unternehmen um die Ecke arbeitete. «Manchmal waren die Kopfschmerzen so stark, dass ich nur noch weinte und nicht mehr die Kraft hatte, die Medikamente selbst einzunehmen», er-innert sich Maria Schöni nur ungern. So-bald der Notruf ausgelöst war, konnte die Zentrale jeweils rasch eine Pflegefachfrau aufbieten, um die Schmerzmittel zu verab-reichen. Man möchte lieber nicht daran denken, wie lange Maria Schöni ohne den Knopf am Hangelenk hätte leiden müssen, bis ihr Mann nachhause gekommen wäre. Aber auch an guten Tagen ist das Ehepaar Schöni dankbar um den elektronischen Schutzengel, weil es sich sorgenfreier lebt, wenn man weiss, dass jemand da sein wird, wenn man in der Not ruft.➥ rotkreuz-notruf.ch

Dank seinem treuen Stellver-treter, dem Rotkreuz-Notruf, kann Werner Schöni das Haus unbesorgt verlassen.

Sicherheit zu Hause und unterwegs

Das Schweizerische Rote Kreuz macht sich stark dafür, dass betagte, kranke und behinderte Menschen dort woh-nen dürfen, wo sie sich am wohlsten fühlen. Wenn dies zu Hause ist, bie-tet ihnen das Notrufsystem die nötige Sicherheit und ermöglicht es oftmals, länger selbstständig zu leben. Auch die Angehörigen fühlen sich sicher, im Wissen, dass im Notfall einfach und zuverlässig Hilfe angefordert werden kann.Das System funktioniert so: Wird auf den Knopf am Handgelenk gedrückt, zum Beispiel nach einem Sturz, löst dies in der Tag und Nacht besetzten Notrufzentrale Alarm aus. Das Sys-tem zeigt an, wer den Knopf gedrückt hat und wer jetzt kontaktiert werden muss. Die Notrufzentrale bietet unver-züglich diejenigen Kontaktpersonen auf, die als Hilfe im Notfall vorgese-hen sind. Dies können Angehörige, aber auch medizinische Fachperso-nen sein. Idealerweise werden im Vor-aus drei Kontaktpersonen bestimmt. Neu ist das System nicht nur zu Hau-se, sondern auch unterwegs verfüg-bar. Über ein Mobiltelefon oder ein anderes spezifisches Gerät kann mit der Zentrale Kontakt aufgenommen werden. Das System Casa wird von 11 500 Personen genutzt. Dank Spen-den kann das Rote Kreuz diese Leis-tung auch Personen anbieten, die mit einem beschränkten Budget auskom-men müssen.

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Doris Rispo vom SRK Bern-Oberaargau betreut die Notruf-Abonnentin Maria Schöni

Der Knopf am Handgelenk macht alles mit

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konkret

terium dabei, einen nationalen Blutspende-dienst aufzubauen. Die Schweizerin Sylvia Froelicher arbeitet seit vier Jahren als De-legierte des SRK in Eritrea und erzählt von den besonderen Herausforderungen:

«Zuerst mussten wir die Menschen zum Blut spenden motivieren. Denn früher deckten die Spitäler den Blutbedarf durch Spenden innerhalb einer Familie.» Wenn also jemand eine Transfusion benötigte, wurden die Ver-

wandten um Spenden gebeten. Dies führte jedoch oftmals zu Komplikationen. Die frei-willige und unentgeltliche Blutspende, wie sie nun bereits zu 80 Prozent angewandt wird, ist dagegen viel sicherer. «Teilen oder spenden entspricht grundsätzlich der Tradi-tion hier: Das Wenige, was man hat, teilt man auch. Aber wir mussten und müssen in der Bevölkerung das Bewusstsein wecken, dass Blut benötigt wird. Und dann müssen wir aufzeigen, dass grundsätzlich jede und jeder mit einer Blutspende helfen kann.» Nachdenklich weist Sylvia Froelicher aber auch darauf hin, dass viele junge Menschen in Eritrea ein wichtiges Kriterium

Die Zeit ist knapp, denn die 21-jährige Eritreerin Nazret Samuel muss zurück

an ihren Arbeitsplatz. Unser Gespräch be-ginnen wir deshalb schon, während sie sich den Blutdruck messen lässt. Die junge Frau ist Blutspenderin aus Überzeugung: «Ich arbeite selber im Spital, kann also hautnah miterleben, wie dank Spenderblut Leben gerettet werden. Dies hat mich vor über zwei Jahren dazu bewogen, selber Blut zu spenden.» Für den eritreischen Blutspende-dienst NBTC (National Blood Transfusion Centre) in Asmara, der Hauptstadt Eritreas, ist Nazret Samuel ein Glücksfall: Sie hat die eher seltene Blutgruppe Null negativ und ist damit eine Universalspenderin. Menschen mit dieser Blutgruppe können für alle anderen spenden, es gibt keine Unver-träglichkeiten. Selber empfangen können Personen mit der Blutgruppe Null negativ jedoch nur die eigene Blutgruppe. Nazret Samuel wird dreimal jährlich aufgeboten, wenn irgendwo in Eritrea Blut der Gruppe Null negativ notwendig ist.

traditionen respektieren, Qualität sichernDass die Versorgung mit sicherem Blut im ostafrikanischen Land mittlerweile weitge-hend gewährleistet werden kann, ist nicht selbstverständlich. Seit 1999 unterstützt das SRK das eritreische Gesundheitsminis-

Nazret Samuel spendet Blut, auch wenn sie die Mittagspause dafür opfern muss und es keine Entschädigung gibt

Gesundheitsministerin Amina Nurhussien freut sich mit Sylvia Froelicher, der Dele gierten des SRK

eine sichere Blutversorgung ist in einem armen Land keine Selbstverständlichkeit.

Eritrea liegt in Ostafrika an der Küs-te des Roten Meeres. Es grenzt im Nordwesten an Sudan, im Süden an Äthiopien und im Südosten an Dschi-buti. Das Land entstand aus dem ehemaligen äthiopischen Kaiserreich und wurde später eine italienische Kolonie. Ab 1941 stand es 9 Jah- re unter britischem Mandat. Danach galt Eritrea als autonome Region, die aber 1961 von Äthiopien besetzt wur-de. Erst 1993 erreicht Eritrea als letztes afrikanisches Land die Unabhängig-keit. Auf einer Fläche von 121144 km2 (dreimal so gross wie die Schweiz) le-ben ca. 4,7 Mio. Menschen. Eritrea ist eines der ärmsten Länder Afrikas.

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konkret

Ägypten: Blutspendewesen bewährt sich in der Krise Auch in Ägypten wurde das Blutspende-wesen unter der fachlichen Begleitung des SRK und mit der Finanzierung des SECO in den letzten 10 Jahren moder-nisiert. Aufgrund der schweren Unruhen im Land brauchten die Spitäler zusätzli-ches Blut für die zahlreichen Verletzten. Der Delegierte des SRK, Ömer Güven, zeigt sich beeindruckt über die solida-rische Haltung der Menschen: «Wir haben über die Medien zum Blutspen-den aufgerufen. In den Städten standen die Freiwilligen Schlange vor den Blut-spendezentren.» Stolz ist er auch auf die ausserordentliche Leistung des Per-sonals in den 20 Zentren des Landes. Die Krisenlage ist gewissermassen die Bewährungsprobe für das erneuerte na-tionale Blutspendewesen mit der Fach-kompetenz des SRK.

aktuell

Tsepa Caine überlebte dank einer Bluttransfusion

zur Blutspende nicht erfüllen: Sie wiegen oftmals weniger als 50 Kilogramm. Im Kontakt mit den Mitarbeitenden vor Ort und mit der Bevölkerung wird schnell klar, dass die 58-jährige Sylvia Froelicher in Eritrea mittlerweile wie zu Hause ist und vor allem auch, wie sehr sie Land und Leute liebt. Das zeigt sie auch an den Fei-erlichkeiten anlässlich der Übergabe des

ISO-Zertifikats (international anerkanntes Zertifikat, das die Qualitätssicherung bezeugt). Die Zeremonie ist von grosser Bedeutung und die Gesundheitsministerin höchstpersönlich ist anwesend. Für die-sen besonderen Feiertag hat sich die De-legierte des SRK in eine eritreische Tracht gekleidet und sich eine traditionelle Frisur machen lassen.

Das NBTC ist eine der ersten Blutbanken auf dem afrikanischen Kontinent, welche sich eine international anerkannte ISO-Zertifizierung erarbeiten konnte. Es ist ein grosser Erfolg und man ist zu Recht stolz auf das Erreichte. Möglich wurde dies durch die Unterstützung des SRK. Dank den neu definierten Abläufen und Qualitätskriterien ist gewährleistet, dass alle Blutprodukte des NBTC internationalen Standards entspre-chen und sicher eingesetzt werden können. Die Zertifizierung der nationalen Blutbank ist eine wichtige Voraussetzung für die nun folgende Phase: In Zukunft sollen sechs regionale Blutbanken die Versorgung mit sicherem Blut flächendeckend im gesamten Land sicherstellen. Eine dieser regionalen Blutbanken wird in Mendefera, der nächs-ten Station unserer Reise, aufgebaut.

Sichere Blutversorgung im ganzen LandBei unserem Besuch zeigt sich einmal mehr, wie wichtig eine sichere Blutversor-gung in diesem mit grossen Armutsprob-lemen konfrontierten Land ist: Weil die Lieferungen der zentralen Blutbank nicht immer ausreichen, muss im regionalen Spi-tal zwischendurch immer noch auf innerfa-miliäre Blutspenden gesetzt werden – mit allen Risiken und Komplikationen. Tsepa Caine, eine 35-jährige Patientin im Spital von Mendefera, hatte Glück: Für sie war genügend Blut vorhanden, als sie mitten in der Nacht vor unserem Besuch von ihrer Familie ins Spital gebracht wurde. Sie hat-

te bei der Geburt sehr viel Blut verloren und überlebte nur dank einer Transfusion.Es ist eine besondere Herausforderung, einen Blutspendedienst aufzubauen in ei-nem von Armut geprägten Land, wo von Demokratie und Meinungsfreiheit keine Rede sein kann. Doch für Sylvia Froelicher ist dies weder Widerspruch noch Ab-schreckung: «Wenn es ums Leben und um die Gesundheit geht, gibt es für mich kei-ne Politik. Blut kennt keine Religion, Politik oder Rasse; Blut kennt nur eine Wahrheit: Leben. Deshalb arbeite ich auch gerne für das SRK.» ➥ redcross.ch/eritrea

«Blut kennt keine Religion, politik oder Rasse, sondern nur eine Wahrheit: Leben»

Der Blutspendedienst in Eritrea erfüllt alle Kriterien für eine sichere Blutversorgung

Ömer Güven, Delegierter des SRK, mit der stellvertre-tenden Leiterin im Blutspendezentrum in Kairo

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Gönnerreise nach Laosmit dem Schweizerischen Roten Kreuz und Kuonimit dem Schweizerischen Roten Kreuz und Kuoni

Die Demokratische Volksrepublik Laos ist ein Binnenland, das an China, Vietnam, Kambodscha, Burma und Thailand grenzt. Seit 1983 engagiert sich das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in verschiedenen Provinzen von Laos.

Das SRK ermöglicht seinen Gönnerinnen und Gönnern, Einblick in die konkrete Arbeit vor Ort zu nehmen: Sie erhalten authen-tische und einmalige Einblicke in das Leben der Bevölkerung, in die Kultur des Landes und in die Arbeit des SRK. Sie besuchen

verschiedene Dörfer und werden sehen, wie durch den Bau von Brunnen und Toiletten die Gesundheit der Bevölkerung

nachhaltig verbessert werden konnte. Überzeugen Sie sich selbst, wie Spendengelder konkrete Hilfe vor Ort ermög-

licht haben.

Diese Gönnerreise bietet die Möglichkeit, eine exoti-sche Destination kennen zu lernen. Die Reise star-

tet in Luang Prabang. Das religiöse Zentrum im Norden von Laos besticht durch seine Vielzahl von Tempeln und Klöstern.

Sie werden Gelegenheit haben, den Mönchen auf ihrer traditionellen Morgenrunde zu begegnen. Während Ihrer Tour durch den Norden wer-den Sie die Kalksteinhöhlen von Pak Ou besuchen, in denen sich Hunderte von Buddha-Statuen befi nden. Auch die Flussfahrt auf dem mächtigen Mekong wird Ihnen in unvergesslicher Erinnerung bleiben.

Eine ganz besondere Reise für Sie als engagierte Gönnerin und engagierter Gönner!

Reisedaten: 23. bis 29. Oktober 2011, Flug ab Zürich mit Thai Airways über BangkokKosten: CHF 2880.– (pro Person für Buchungen im Doppelzimmer, inkl. Frühstück und einer Hauptmahlzeit pro Tag; ohne Getränke)Gegen Aufpreis ist eine Verlängerung in Thailand, Vietnam oder Kambod- scha möglich. Kuoni berät Sie gerne persönlich (Tel. 044 277 41 51). Bitte verweisen Sie auf die Gönnerreise des SRK.

Die Reise wird ab 15 Personen durchgeführt und ist auf max. 24 Teilnehmer beschränkt. Bestellen Sie unverbindlich die detaillierten Unterlagen per E-Mail: [email protected] oder rufen Sie an: Telefon 031 387 73 68

Die Reise wird vom SRK begleitet und in Zusammenarbeit mit Kuoni durchgeführt.

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Zeit 10 oder mehr Blutspenden benötigt, in gewissen Situationen sogar über 50, so zum Beispiel bei Schwerstverletzten!Aber noch zentraler ist: Blut ist nicht ein «Produkt» im klassischen Sinne, man fin-det es nicht in den Regalen eines Fachge-schäfts. Hinter jedem einzelnen Blutbeu-tel, der einem Patienten verabreicht wird, steht eine Geschichte: Zu jedem einzel-nen dieser Blutbeutel gehört ein Mensch, ein Spender, der freiwillig und unentgelt-lich etwas geschenkt hat.

Hinter jedem einzelnen dieser Blutbeutel steht ein Mensch, der nicht nur an sich gedacht hat, nicht nur seinen eigenen Vorteil sah. Ein gesunder Mensch, der daran dachte, dass es auch Krankheiten und Unfälle gibt. Ein Mensch, der sich bewusst ist, dass er mit seiner Blutspen-de etwas Unbezahlbares verschenkt. Denn Blut lässt sich nicht künstlich her-stellen.Bei aller Routine im Spitalalltag und trotz aller Spitzentechnologie der heutigen Me-dizin – der «Blick dahinter» ist spannend.

überzeuGt

Eine Bluttransfusion ist Routine und ge-schieht seit vielen Jahren ohne grosses

Aufsehen, ohne breite Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und ohne wesentliche Probleme. Klar, dass die Übereinstim-mung von Blutgruppe und Rhesusfaktor zu beachten ist; klar, dass die verabreichten

Blutprodukte hochentwickelte Tests hinter sich haben – aber im Wesentlichen ist es Routine und gehört zum Spitalalltag wie das Wechseln eines Verbandes oder das Verabreichen eines Medikaments.Weshalb also sollte man Gedanken und Zeit verschwenden an etwas so Alltägli-ches?

Die Antwort lautet: Weil es trotz allem nicht selbstverständlich ist.Weil hinter diesem alltäglichen Entscheid des Arztes im Spital zwei Aspekte sind, die alles andere als selbstverständlich sind.Zum einen die logistische Herausforde-rung für den Blutspendedienst SRK: Die meisten Blutprodukte sind nur kurze Zeit haltbar, und der Entscheid im Operations-saal erfolgt oft sehr kurzfristig. Es kommt vor, dass ein einziger Patient innert kurzer

Der Umgang mit Blutprodukten ist im Spital Routine

Jede Patientengeschichte ist individuell, genauso wie die Geschichte zu jeder Blutspende

Zu jedem einzelnen Blutbeutel gehört ein Mensch, der frei-willig und unentgeltlich etwas geschenkt hat.

prof. dr. med. andreas toblerEr ist seit 2003 Ärztlicher Direktor und Stellvertreter des Direktionsprä-sidenten des Inselspitals/Universitäts- spitals Bern. Zudem ist er ordentli-cher Professor für innere Medizin, speziell Hämatologie an der Medizi-nischen Fakultät der Universität Bern und Mitglied der Fakultätsleitung.

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konkret

«Spenden gibt mir ein gutes Gefühl»

interview

Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung eingebunden. Die sieben Rotkreuz-Grundsätze setzen klare Leitlinien für alle Mitarbeitenden. Das SRK ist vertrauens-würdig und gewährleistet, dass Hilfe dort ankommt, wo sie nötig ist und die Mittel sinnvoll eingesetzt werden.

Ist das SRK unabhängig?Das SRK ist eine völlig unabhängige Or-ganisation, sonst könnten wir ja auch den Grundsatz der Unabhängigkeit nicht ein-halten. Wie viele Hilfswerke haben wir Leistungsvereinbarungen und Projektauf-

Warum soll ich spenden?Besonders in der Schweiz geht es den meisten sehr viel besser als der grossen Mehrheit auf dieser Welt. Aus Solida-rität sollten alle, die es sich leisten kön-nen, diejenigen unterstützen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen.

Es gibt viele Hilfswerke. Was macht das SRK besonders?Das SRK als älteste humanitäre Organisa-tion der Schweiz verfügt über ein enorm breites Wissen und über ein weltumspan-nendes Netzwerk. Es ist in die weltweite

Urs Höltschi ist Fundraising-Experte mit langjähriger Berufserfahrung. Er leitet die Abteilung Public Fundraising des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK). Wir haben ihn mit den häufigsten Fragen unserer Spenderinnen und Spender konfrontiert.

INTERVIEW: TANJA PAULI BILDER: CASPAR MARTIG

träge von dritter Seite – zum Beispiel von der Direktion für Entwicklung und Zusam-menarbeit DEZA für langfristige Gesund-heitsprogramme. Das SRK erhält aber nur eine finanzielle Unterstützung von 50%. Um die andere Hälfte der Kosten zu de-cken, sind wir auf Spendengelder ange-wiesen.

Was kann ich beim Spenden tun, um den administrativen Aufwand für ein Hilfswerk tief zu halten?Verwenden Sie einen orangen Einzah-lungsschein, weil dieser automatisch ver-arbeitet werden kann. Anstelle von vielen kleineren Spenden überweisen Sie besser eine grössere Spende pro Jahr an eine handverlesene Anzahl an Hilfswerken, denen Sie wirklich vertrauen.

Warum erhalte ich so viele Spenden-aufrufe mit einer Beilage? Das verur-sacht doch Kosten.Diese kleinen Geschenke sind als Danke-schön an unsere Gönnerinnen und Gön-ner gedacht für die wertvolle und wich-

tige Unterstützung. Wir achten darauf, dass wir nützliche Sachen verschicken. Aufgrund der grossen Menge können wir preisgünstig einkaufen und der Aufwand steht in jedem Fall im richtigen Verhältnis zum Mehrertrag. Solche Geschenke dür-fen Sie mit gutem Gewissen annehmen.

«Das SRK ist ein unabhängi-ges Hilfswerk.»

Urs Höltschi spendet selber aus Überzeugung

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konkret

Was ist Fundraising?Der englische Fachbegriff «Fundrai-sing» bedeutet «Mittelbeschaffung» und hat sich im deutschen Sprachgebrauch durchgesetzt. Das Wort setzt sich zu-sammen aus «Fund» (= Kapital) und «to raise» (= aufbringen, beschaffen). Wie für jedes andere Hilfswerk auch, ist Fundraising für das SRK eine unerläss-liche Finanzquelle, um die humanitäre Arbeit im In- und Ausland fortzuführen.

apropoS

Kann ich bestimmen, wofür genau das SRK meine Spende einsetzt?Ja, selbstverständlich. Sie können zweck-bestimmt für ein bestimmtes Projekt spen-den. Nicht zweckbestimmte Spenden verursachen einen geringeren administra-tiven Aufwand und werden dort einge-setzt, wo Hilfe am nötigsten ist.

Warum wendet das SRK 7,2% des Ge-samtaufwandes für Fundraising auf?Die humanitäre Arbeit, die das SRK leis-tet, muss finanziert werden. Wir müssen also aktiv Spenden sammeln und müssen uns behaupten in einem Umfeld, in dem einzelne Organisationen teils aggressiv um Spenden werben. Diese 7,2% sind übrigens unterdurchschnittlich. Generell

haben grosse Hilfswerke, wie das SRK, einen tieferen prozentualen Aufwand als kleinere Organisationen.

Ist es nicht am besten, wenn ich direkt einem einzigen Kind spende?Spenden an einzelne Personen fördern die Ungleichheit im jeweiligen Land. Stellen Sie sich mal vor, was geschieht, wenn innerhalb einer Familie oder innerhalb eines ganzen Dorfes ein Kind von einem Hilfswerk Zu-wendungen erhält und alle anderen nicht. In der Praxis funktioniert dieses Modell nicht und kann zu Spannungen führen.

Deshalb also bietet das SRK keine Patenschaften an für einzelne Kinder?Ja, wir sind überzeugt, dass effiziente Hil-feleistungen, die ganze Bevölkerungsgrup-pen mit einbeziehen, wirksamer und nach-haltiger sind. Auch die ZEWO-Richtlinien untersagen aus nachvollziehbaren Grün-den die sogenannten Einzelpatenschaften.

Wie erfahre ich, was mit meiner Spende geschieht?Unsere Website informiert sehr umfassend. Hier findet man Hintergrundwissen und ganz aktuelle Informationen. Ein weiteres wichtiges Instrument ist dieses Magazin. Es informiert, was das SRK leistet und wo

es weitere Herausforderungen zu bewälti-gen gibt. Ich denke, dass die Spendenden wissen müssen, was mit ihrem Geld pas-siert und dass es sie auch interessiert.

Spenden Sie selber? Selbstverständlich bin ich regelmässiger Spender. Nicht nur, aber auch fürs SRK. Zudem habe ich ein Testament verfasst, in dem ich auch humanitäre Organisationen begünstige. Ich bin von ganzem Herzen Fundraiser und spende aus Überzeugung. Alles andere wäre Wasser predigen und Wein trinken. Zudem gibt es mir ein gu-tes Gefühl, wenn ich an Organisationen spende, an die ich glaube.

Haben Sie mir sonst noch einen Tipp?Überlegen Sie für sich ganz persönlich, welche Anliegen Ihnen wichtig sind. Wel-che Ziele wollen Sie erreichen, welche Themen liegen Ihnen am Herzen und

betreffen Sie jetzt oder später vielleicht persönlich? Wenn Sie bewusst spenden, dann macht es Sie auch glücklich.

Weitere Informationen zum Thema Spenden:➥ zewo.ch

«Ich habe ein testament verfasst, in dem ich auch humanitäre organisationen begünstige.»

Ein Beispiel von vielen, wie Spendengelder eingesetzt werden: sauberes Trinkwasser für Menschen in Kambodscha

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Sie können beide kein Blut sehen. Heinz Hofmann wird sogar übel,

wenn ein Kollege beim Mittagessen von einer Operation erzählt. Nicht gerade die ideale Voraussetzung, um Nothilfe zu leisten bei schweren Verletzungen. Trotzdem reagieren Franziska Keller und Heinz Hofmann bei einem plötzlichen Notfall so wie ein erfahrener Berufspilot nach jahrelangem Training: unverzüg-lich, routiniert und nach Plan. Was für den Piloten der Flugsimulator, ist für die Samariter eine Reanimationspuppe oder eine Übung mit Rollenspiel. Das jahre-lange Training zahlt sich aus. Franziska Keller meint dazu: «Nur ein oder zwei Jahre in einem Samariterverein mitzuwir-ken bringt nicht viel. Im Ernstfall würde die Routine fehlen. Dann hat man keine Zeit nachzudenken. Schade, werden wir manchmal belächelt. Es wird unter-schätzt, dass wir laufend Neues dazu lernen müssen.» Heinz Hofmann bringt es mit seinen eigenen Worten auf den Punkt: «Erfahrung kann man sich nicht einfach mit einem USB-Stick runterla-den.»

prüfung im ernstfall bestandenBeide haben die Zeit, die sie freiwillig in ihre Samariterausbildung gesteckt haben, auch in turbulenten Jahren nie bereut. Heinz Hofmann war früher als al-leinerziehender Vater zweier Kinder und selbstständiger Elektroinstallateur aus-

gelastet. Franziska Keller ist Mutter von zwei Jugendlichen in der Pubertät, packt auf dem eigenen Bauernhof mit an und arbeitet Teilzeit in einem Büro. «Als die Kinder geboren wurden, wollte ich sicher sein, nicht die Nerven zu verlieren, wenn mal was ist. Ich habe so viel gelernt, das mir Sicherheit gibt! Ich kann jetzt genau abschätzen, wann man mit einem Kind wirklich zum Arzt muss. Ich kenne die verschiedenen Grade bei einer Verbren-nung und habe im Nothelferkurs für Klein-kinder gelernt, wie man einen Säugling reanimiert.»Vor sechs Jahren hat die 40-Jährige be-wiesen, dass sie ruhig bleiben kann,

«Ich habe so viel gelernt, das mir Sicherheit gibt!»

wenn es darauf ankommt. Ihr Sohn lag bewusstlos im Stall, nachdem er von ei-ner Kuh angegriffen und mehrmals ge-gen das Absperrgitter gedrückt wurde. «Da habe ich so reagiert, wie man muss. Das kannst du ganz automatisch, nach all den Übungen.»

Sicherheit beruhigtAuch Heinz Hofmann weiss aus eigener Erfahrung, dass seine innere Checklis-te jederzeit abrufbereit ist. So gelingt es ihm, auch bei blutigen Verletzungen gelassen zu bleiben. «Ich kann mich ausklinken und tun, was getan werden muss.» Sehr nahe gingen ihm aber Situ-ationen, denen er als Mensch und Sama-riter machtlos gegenüberstand. Der 53-Jährige muss nicht darüber spre-chen, um so ein Erlebnis verarbeiten zu können. Im Gegenteil, alles, was er dann braucht, sind ein paar Minuten für sich allein. «Ich bin nicht religiös, betrachte es mehr von der philosophischen Seite. Der Mensch ist nicht dazu gemacht, al-les alleine zu können. Er ist auf andere angewiesen.» Anderen helfen, wenn sie Hilfe brauchen, ist ein Grund für ihn, als Samariter freiwillig Zeit in die Weiter-bildung zu investieren. Zudem kann er

Ein Notfall tritt immer unerwartet ein, ausgebildete Samariterinnen und Samariter reagieren aber wie geplant

dank dem CPR-Ausweis (CPR – Cardio-pulmonary resuscitation, engl. für Herz-Lungen-Wiederbelebung) alleine mit sei-ner Tochter tauchen gehen. Er sieht sein Engagement ganz nüchtern: «Es ist eine grosse Befriedigung, wenn man helfen kann, aber man darf auch nicht zu viel Dankbarkeit erwarten. Es muss ein ande-rer Antrieb sein.»

Franziska Keller sieht es genau so: «Es ist so viel wert, immer wieder die Be-stätigung zu erhalten, das Richtige zu tun. Das Vertrauen in mich selber und dieses Gefühl von Sicherheit möchte ich auf keinen Fall mehr vermissen. Zudem sind wir ein toller Verein, unternehmen auch zusammen Ausflüge und haben ei-nen starken Zusammenhalt. Wir würden uns auch sonst jederzeit gegenseitig hel-fen, wenn es irgendwie nötig sein soll-te.» Heinz Hofmann nickt zustimmend: «Genau – diese Sicherheit ist es. Und man läuft nicht einfach blind durch die Welt.»➥ redcross.ch/freiwillige

«Der Mensch ist auf die Hilfe der anderen angewiesen.»

enGaGiert

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kurz & bündiG

Nach den Fluten vom Sommer ist die Be-völkerung im Norden Pakistans wieder in die meist zerstörten Dörfer zurückge-kehrt. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) unterstützt in vier Dörfern des Di-strikts Charsadda 1500 Bauernfamilien beim Neuaufbau ihrer Existenz. Vor dem Bau des Wohnhauses muss das Terrain vom Schutt geräumt werden. Die Bauern erhalten Saatgut für Bohnen und Mais sowie Nutztiere, um langfristig ihre Exis-tenz zu sichern. Im Süden des Landes

hat sich das Wasser noch nicht ganz zu-rückgezogen. Im Distrikt Dadu werden dank der Finanzierung durch das SRK künftig 1500 Familien ein solides Dach über dem Kopf haben. Unter Anleitung von Fachleuten werden die Begünstig-ten die Bauarbeiten weitgehend selber ausführen. Mit dem Pakistanischen Ro-ten Halbmond wird das SRK sowohl in Charsadda wie in Dadu eine Gesund-heitsversorgung aufbauen. ➥ redcross.ch/pakistan

existenzgrundlage für bauernfamilien in pakistan

Wie funktioniert die Krankenkasse? Wel-che Versicherung brauche ich? Wie bleibe ich gesund? Der Gesundheitswegweiser Schweiz beantwortet solche Fragen. Er hilft in der Schweiz lebenden Menschen, sich im Gesundheitswesen zurechtzufinden. Leicht verständlich erklärt er die medizini-sche Versorgung und wie die Sozialversi-cherungen funktionieren. Zudem informiert er über Rechte und Pflichten der Patienten. Der Gesundheitswegweiser Schweiz wurde im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit vom Schweizerischen Roten Kreuz entwi-ckelt. Er ist in 18 Sprachen gratis erhältlich und kann telefonisch auf 031 960 75 75 bestellt werden oder über diese Website:➥ migesplus.ch

nützlicher ratgeber

Spendengala für «opfer vergessener katastrophen»

In mehreren Städten betreibt das Schwei-zerische Rote Kreuz (SRK) Secondhand-shops. In einigen findet sich nebst Klei-dung auch sonst allerlei Nützliches wie Haushaltgegenstände, Spielzeuge und Möbel. Die Läden nehmen gebrauchte, un-beschädigte Waren entgegen und verkau-fen sie zu einem fairen Preis. Ausserdem tragen die Rotkreuz-Läden zur beruflichen Wiedereingliederung von Menschen bei, die Schwierigkeiten haben, einen Arbeits-platz zu finden. Hier finden Sie eine Liste mit allen Secondhandshops des SRK:➥ redcross.ch/secondhand

rotkreuz-Secondhandshops

Am 22. Januar 2011 fand am EuroAir-port Basel die Rotkreuz-Gala zu Guns-ten «Opfer vergessener Katastrophen» statt. Mit dem Erlös werden Menschen unterstützt, welche unter den Folgen von Naturkatastrophen oder Armut leiden und nicht mehr im Fokus der Medien-

berichterstattung stehen. Auf Einladung der Hauptsponsoren Bank Sarasin und JetAviation fanden sich mehrere hundert Gäste ein, die sich sehr grosszügig zeig-ten. Die Band «Texas Lightning» sorgte musikalisch passend zum Motto «Count-ry & Western» für gute Stimmung.

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erlebt

Carrefour. Schon damals warnte er auf Grund der miserablen hygienischen Be-dingungen vor möglichen Epidemien im Land und insistierte wie bei all seinen Einsätzen darauf, wie wichtig die Prä-vention und sauberes Trinkwasser sind. Dass er noch im gleichen Jahr wegen der ausgebrochenen Cholera nach Haiti zurückreisen musste, stimmt den Rotkreuz-Mitarbeiter nachdenklich. Ausserdem bedrückt ihn die Vorstellung, dass in den

ländlichen Gegenden viele Erkrankte den Weg in das nächste Gesundheitszentrum nicht mehr schaffen und die offiziellen Statistiken über Todes- und Erkrankungs-rate weit untertrieben sein dürften. Vor al-lem mit der Cholera infizierte Kleinkinder sind derart geschwächt, dass sie noch zu Hause sterben und ausser ihrer Familie niemand diesen stillen Tod zur Kenntnis nimmt.

Disziplin humorvoll vermitteltDurch den intensiven Durchfall und das ständige Erbrechen sind die Cholera-Pa-tienten in der Zelt-Klinik stark dehydriert und müssen intensiv mit einer Salz-Was-ser-Lösung behandelt werden. Vor allem Kinder müssen Tag und Nacht engma-

schig überwacht werden. Da sich bei ihnen für die intravenöse Behandlung oft keine Vene finden lässt, erfolgt die Infu-sion mit einer speziellen Nadel direkt in das Schienbein. Eine solche Behandlungsart ist für das haitianische Gesundheitsperso-nal neu. «Allgemein ist ein systematisches Vorgehen für eine erfolgreiche Chole-rabehandlung ausschlaggebend. Da in

Zwischen zwei medizinischen Einsät-zen in Haiti verbringt der 62-jährige

Dr. Martin Weber das Neujahr in der win-terlichen Schweiz. Eine Zeit der Stille, um sich von der Anstrengung zu erholen und um sich für die nächste Reise ins Katas-trophengebiet vorzubereiten. Im Dezem-ber eröffnete und leitete er das Cholera-Behandlungszentrum in Grand-Goâve im Südwesten Haitis. Dort arbeitete er zu-sammen mit seiner Lebenspartnerin, der Krankenschwester und Hebamme Augusta Theler. Anfang Jahr werden sie wieder in diesem Cholera-Behandlungszentrum rund um die Uhr Cholerakranke behandeln und das einheimische Personal ausbilden. Da-bei müssen sie sich selber vor einer Anste-ckung mit der hoch infektiösen Krankheit schützen. «Es muss für das medizinische Personal in Haiti zur Selbstverständlichkeit werden, die hygienischen Regeln strikte einzuhalten und beispielsweise die Hände regelmässig mit einer Chlorlösung zu wa-schen», sagt Martin Weber.

Das schwere Schicksal HaitisDas leidgeprüfte Haiti ist für den erfah-renen Arzt kein Neuland. Bereits nach dem Wirbelsturm im September 2008 wirkte er dort in einer mobilen Klinik. Nach dem schweren Erdbeben vom 12. Januar 2010 folgten mehrere Wo-chen im grossen Feldspital im Slum von

Stark dehydrierte und erschöpfte Patienten benötigen eine lebensrettende Infusion

Die jungen haitianischen Ärzte profitieren von Martin Webers langjähriger Erfahrung

«Systematisches Vorgehen ist ausschlaggebend für eine erfolgreiche Bekämpfung der Cholera.»

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erlebt

Haiti vor allem improvisiert wird, muss ich den Finger immer wieder auf diesen wun-den Punkt legen.» Weil Martin Weber die ernsthafte Botschaft der Disziplin jedoch mit Humor vermittelt, kommt sie bei den haitianischen Mitarbeitenden gut an. Calvin, Narcisse und Dixon: So heissen die drei jungen einheimischen Ärzte, die der SRK-Arzt in die Arbeit einführen durfte. Nun freut er sich darauf, sie bald wiederzusehen. Er selber wurde vor 25 Jahren in einem Flüchtlingscamp in Su-dan erstmals mit einer Choleraepidemie konfrontiert und kennt daher sowohl die Diagnose wie die Behandlung aus der Realität. Die jungen haitianischen Ärzte und Krankenschwestern sind durch die in ihrem Land erstmals auftretende Seu-che verständlicherweise überfordert. In den vom SRK und Médecins du Monde Schweiz gemeinsam betriebenen drei Klinik-Zelten erklärt Martin Weber ihnen deshalb vor allem das Wesentliche: näm-lich die Infusionen gut zu überwachen und auszuwechseln sowie den Patientin-nen und Patienten genügend zum Trinken zu geben. «Ausbilden, ausbilden, ausbil-den», lautete sein Motto bereits bei sei-nen langjährigen Einsätzen in den afrika-nischen Dörfern und im Hochland Tibets.

ein Symbol des LebensDas südwestliche Hügelgebiet Haitis ist nur durch Fusswege erschlossen, weshalb die Bewohner lange Fussmärsche zurücklegen müssen. Der 15-jährige an Cholera erkrank-te Wilson gelangte nur nach Grand-Goâve, weil ihn sein älterer Bruder während eines mehrstündigen Wegstückes auf den Armen trug. Martin Weber und das medizinische

Team holten den bereits Bewusstlosen durch eine intensive Behandlung während mehre-ren Stunden wieder ins Leben zurück. Als der Patient seinen Bruder wieder erkannte, bedankte und entschuldigte er sich bei ihm als erstes dafür, dass er ihn über eine so

weite Strecke tragen musste. Auch die Mut-ter hat ihre beiden Söhne begleitet und den erfolgreichen Kampf ums Leben des bereits verloren geglaubten Wilson am Kranken-bett miterlebt. Dieses Erlebnis hat das Team des SRK und von Médecins du Monde so stark beein-

druckt, dass sie ihr Behandlungszentrum auf den Namen Wilson getauft haben. Als Symbol fürs Leben. Wenn Martin Weber diese bewegende Geschichte erzählt, wird klar, dass er auch nach so viel Konfrontation mit Leid keineswegs abgestumpft ist und eine grosse Empathie für die Menschen empfindet. «Meine jun-gen haitianischen Berufskollegen Calvin, Narcisse und Dixon, die auf mich war-ten, darf ich nicht enttäuschen. Und Erleb-nisse wie die Rettung von Wilson führen mir immer wieder vor Augen, dass sich diese Arbeit lohnt.» Martin Weber sagt dies ganz überzeugend, bevor er sich zu seinem 71. humanitären Rotkreuz-Einsatz aufmacht.➥ redcross.ch/haiti-news

Die Dankbarkeit der Menschen motiviert

Ein schöner Abschied, denn der Junge darf gesund wieder zu seiner Familie zurückkehren

Augusta Theler und Martin Weber (2. und 3. v.l.) mit Teamkollegen

«Meine jungen haitianischen Berufskollegen darf ich nicht enttäuschen.»

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Schweizerisches Rotes Kreuz, Rainmattstrasse 10, 3001 Bern, Telefon 031 387 71 11 [email protected], www.redcross.ch, Postkonto 30-9700-0

Ihre Schmuckspende verhindert Blindheit.

Mit dem Erlös aus Altgoldspenden werden Augenkontrollen für Schüler möglich. Damit können Blindheit und Augenkrankheiten verhindert werden. Senden Sie Gold- und Silberschmuck sowie Zahngold mit dem Vermerk «Augenlicht schenken» an das Schweizerische Rote Kreuz. Herzlichen Dank.

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kreuz & quer

Zigni oder eritrea-GulaschFür 4 PersonenZutaten: 3 EL Speiseöl, 2 grosse Zwiebel gehackt, 2 EL Ingwer frisch gerieben, 600 g Rindfleisch in Würfel geschnitten, 4 grosse Tomaten (oder 1 Dose Pelati) klein geschnitten, 2 EL Tomatenpüree, 1 EL Berbere (afrik. Ge-würzpaste, siehe Kasten)

Speiseöl erwärmen, Zwiebeln und Ing-wer andämpfen. Rindfleisch beifügen und kurz anbraten lassen, anschlies-send die Gewürzpaste und die To-maten dazugeben. Auf kleinem Feuer eine Stunde schwach köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.Für eine vegetarische Variante kann das Fleisch durch Gemüse oder Tofu ersetzt werden. Die Kochzeit verkürzt sich entsprechend den gewählten Ge-müsesorten.

Berbere – ostafrikanische GewürzpasteBerbere nennt sich eine ostafrikanische Gewürzpaste, die aus Chili und anderen Gewürzen besteht. Bei uns ist sie nur in ei-nigen Spezialgeschäften, die afrikanische Spezialitäten führen, erhältlich. In den Gourmetabteilungen grosser Warenhäu-ser haben wir ein ähnliches Gewürz na-mens «Mama Africa» gefunden, dass in der Zusammensetzung Berbere sehr ähn-lich ist. Man kann Berbere als Gewürz-paste auch selber zubereiten. Das Rezept finden Sie auf unserer Internetseite.➥ magazin-humanite.ch/rezepte

Nach intensiver Arbeit am Sitz des eritreischen Blutspende-Dienstes in

der Hauptstadt Asmara war ich froh um eine kurze Pause. «Lasst uns in die Kan-tine eine Tasse Tee trinken gehen», sagte Sylvia Froelicher, die SRK-Delegierte in Eritrea, mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Ohne viel nachzudenken, einfach nur froh ob der Aussicht, eine Tasse Tee zu bekommen, folgte ich Sylvia Froelicher in Richtung Hinterhof. Etwas verwirrt war ich dann allerdings, als wir bei einem alten, ausgedienten Schiffscontainer Halt mach-ten. Mittlerweile mit einem breiten Lachen klärte Sylvia Froelicher uns auf, dass wir unser Ziel erreicht hätten. Tatsäch-lich fanden sich da unter einer Plache –

aufgehängt zwischen besagtem Container und einer Mauer – di-verse unterschiedlich einladen-de Sitzgelegenheiten. Auf einer Sitzbank, die aussah als stamme sie aus einem ausrangierten Bus, sass die Köchin, haufenweise Zwiebeln schneidend. «Kochen Sie heute Zwiebelsuppe?» Schon wieder erntete ich ein breites Lachen zur Antwort und die In-formation, dass Zwiebeln – viele Zwiebeln! – eine der wichtigsten Zutaten für das eritreische Na-tionalgericht Zigni (oder Zegni) seien, eine Art Gulasch.

essgewohnheiten in eritrea«Zu Zigni wird häufig ein Gemüse gekocht und es wird üblicherwei-

se Reis oder Kartoffelstock dazu geges-sen», erzählt Sylvia Froelicher und erläu-tert, wie eine Familie in Eritrea tafelt: «In vielen Familien steht nur eine grosse Platte auf einem niedrigen Tisch in der Mitte. Alle essen mit der rechten Hand, es ist tabu, die linke Hand zum Essen zu benutzen, denn mit ihr hält man das Glas. Mit einem Stück Fladenbrot bedienen sich alle aus der glei-chen Platte. Vor und nach jedem Essen gibt es eine Handwaschzeremonie am Tisch.» Mein lukullisches Interesse war geweckt und ich liess nicht locker, bis ich verstan-den habe, wie man das Eritrea-Gulasch zubereitet. Es ist überraschend einfach und hat ein Testessen mit kritischen Gästen in der Schweiz mit Bravour bestanden.

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apropoS

die geheimnisvolle köchin Auch die besten Kochrezepte schreibt das Leben. Was als Teepause ge - plant war, endete als spannender Ausflug in eine Kantine der besonde-ren Art und einem Kochrezept, das auch den hiesigen Geschmack trifft.

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TExT: URS HÖLTSCHI BILD: CASPAR MARTIG

Diese Köchin hat uns das Rezept für das eritreische Nationalgericht verraten

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Für Humanité zeichnet «Karma» alias Marco Ratschiller. Er ist Cartoonist und Chefredaktor des Satire-Magazins Nebelspalter.

labyrinthVom Start bis ans Ziel wird der Weg mit feinen Linien markiert. Den gefundenen Weg ausfüllen – und schon erscheint das Bild.

4 0 0 2 2 0 5( C ) C o n c e p t i s P u z z l e s

kreuz & quer

HuMANITé 4/2010Lösungswort des letzten Kreuz-worträtsels:ZWeI MAL WeIHNACHteN

Wir gratulieren den Gewinne-rinnen und Gewinnern:Bernard Decarli, ChavornayDidier Laville, La Chaux-du-MilieuRegina Gassmann, BreitenbachMichelle Gillioz, VenthôneCarlo Pedrazzini, Pfäffikon

Übrige Lösungen der letzten Ausgabe:

Die Lösung zum Sudoku, zum Wort-suchspiel und zum Labyrinth finden Sie jeweils in der nächsten Ausgabe oder im Internet. ➥ magazin-humanite.ch

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kreuz & quer

kreuzworträtsel

Wortsuchspiel Finden Sie die 20 Wörter horizontal, vertikal und diagonal. Die Buchstaben können für mehrere Wörter gelten.Wir verlosen unter allen korrekt

eingeschickten Lösungswörtern des Kreuzworträtsels fünf Wetterstationen aus Metall mit Rotkreuz-Emblem. Der kleine, schmucke Würfel passt auf jeden Schreibtisch und verfügt über Uhr, Thermometer und Hygrometer.Senden Sie das Lösungswort und Ihre Adresse in einem E-Mail an [email protected] oder auf einer Postkarte an:

Schweizerisches Rotes KreuzMagazin «Humanité»postfach 3001 Bern

Einsendeschluss: 31. März 2011

Sudoku

Füllen Sie die leeren Felder mit den Zahlen von 1 bis 9. Dabei darf jede Zahl in jeder Zeile, jeder Spalte und in jedem der neun 3 x 3-Blöcke nur einmal vorkommen.

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C o n c e p t i s P u z z l e s 06010010915

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GeWinnen

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blut, zeit oder Geld: durch Spenden wird die Welt menschlicher.

unsere Hilfe braucht ihre Spende.Postkonto 30-9700-0