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Stickstoffverbindungen und Landwirtschaft- vom Haber–Bosch–Prozeß zur Eutrophierung
• N-Düngung als Produktionsfaktor
• N-Dynamik in landwirtschaftlich genutzten Böden
• N-Bilanz als Meßlatte einer Umweltverträglichkeit
NO
O
O
H
NH
HH
N N N N O N O
N OO
H
NHH
1
LandesumweltamtNordrhein-Westfalen
Dr. Ingo MüllerFB 33 / Bodenschutz
N-Düngung
Düngung in der Landwirtschaft – Fluch oder Segen?Modernes betriebswirtschaftliches Ziel der Pflanzenproduktion:Aus dem Einsatz der Faktoren Boden, Saatgut, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Maschinen, Energie und Arbeitskraft hohe Mengen hochwertiger Nahrungsmittel so zu erzeugen, dass nach Abzug der Kosten ein optimaler Gewinn verbleibtund negative Effekte für die Umwelt weitgehend vermieden werden.
Historische Rückschau:Durch die Düngung (und den züchterischen Fortschritt) ist eine Verzehnfachung der Erträge erzielt worden.
N-Düngung
Wie bringt der Landwirt den Stickstoff in den Boden?• Mineralische N-Dünger:Ammonium (schwefelsaures A. (NH4)2SO4
erster synth. N-Dünger)Nitrat (Kalksalpeter, Natronsalpeter
erster N-Handelsdünger)Ammonium und Nitrat (Kalkammon-
salpeter NH4NO3 + CaCO3)Amid (Harnstoff, Kalkstickstoff)
• Organische N-DüngerGülle, Mist, Kompost, Klärschlamm, Grün-düngung, Ernterück-stände
• Anbau von „N-fixierenden Pflanzen“
N-Düngung
Mikrobiologische Fixierung von Luftstickstoff: N2 + 6 e- + 6 H+ 2 NH3
Anabaena (Blaualge)Symbiose mit Azolla(Wasserfarn), der zu-sammen mit Reis kul-tiviert wird
Beispiele:
Knöllchen
Rhizobiumsymbiose,z.B. bei Leguminosen
N-Dynamik
organischeSubstanz
Atmosphäre
NO3-NH4
+
atmosph.Fixierung/Deposition
industrielleFixierung(Dünger)
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
Wie kommt der Stickstoff in den Boden ?
Wie liegt der Stickstoff im Boden vor ?
N-Dynamik
Anteile am Stickstoffvorrat im Boden:
org. Subst.fix. NH4pflanzl. Biom.StreuNminmikrob. Biom.tier. Biom.
90 % von ca. 7000 kg/ha
905,03,50,80,40,3
0,01
Anteil [%]
N-Dynamik
organischeSubstanz(N-Pool)
Atmosphäre
NO3-NH4
+
Bodenteilchen
Pflanzenaufnahme
atmosph.Fixierung/Deposition
industrielleFixierung
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
N-Immobilisierung
N-Dynamik
N-Immobilisierung – Festlegung von mineralischem Stickstoff:
Nitrat Ammomium
Pflanzen
vegetativesund generatives
Wachstum
Proteinsynthese
R---NH2 (Aminogruppe)
assimilatorische Nitratreduktion
Mikroorganismen
Aufbau von Körpersubstanzund Vermehrung
mikrobielle Festlegung
Proteinsynthese
R---NH2 (Aminogruppe)
N-Dynamik
organischeSubstanz(N-Pool)
Atmosphäre
NO3-NH4
+
Pflanzenaufnahme
atmosph.Fixierung/Deposition
industrielleFixierung
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
N-Mineralisierung
N-Dynamik
N-Mineralisierung – Freisetzung von pflanzenverfügbarem Stickstoff
1. Schritt: Ammonifikation
PflanzenMikroorganismenBodenlebewesen
Hydrolyse durch aerobe und anaerobe Eiweißzersetzer
NH3 + R---OH
NH4+
H2O
organische Substanz- bodeneigene- zugeführte
R---NH2 + H2O
N-Dynamik
organischeSubstanz(N-Pool)
Atmosphäre
NO3-NH4
+
Bodenteilchen
Pflanzenaufnahme
atmosph.Fixierung/Deposition
industrielleFixierung
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
Nitrifikation
N-Dynamik
2. Schritt: Nitrifikation – aerobe Umwandlung von Ammonium in Nitrat
Nitrosomonas (Bild) und/oder Nitrococcus:Oxidation von Ammonium zu Nitrit:2 NH4
+ + 3 O2 + 2 H2O 2 NO2- + 4 H3O+
- erfolgt in 2 Stufen:
Nitrobacter:Oxidation von Nitrit zu Nitrat:
2 NO2- + O2 2 NO3
-
Zusammen etwa 10% gasförmige (N2, N2O) Verlustedurch unvollständige Prozesse
N-Dynamik im Boden
Einflußfaktoren der N-Mineralisierung
C/N-Verhältnis:eng schnelle Mineralisierungweit langsame Mineralisierung
gut verrotteter Stallmist (C/N=15-20) raschBodeneigene Mikroorganismen (>10) rasch
- schlecht verrotteter Mist / Kompost / Stroh (50-100)- Immobilisierung von pflanzenverfügbarem Ammonium und Nitrat - Kurz vor der Saat kann dieses zu N-Mangel für die Pflanzen führen.
Sterben die Mikroorganismen wieder ab, erfolgt in Abhängigkeit von der Bodenfeuchte und –temperatur wieder eine N-Freisetzung.
Durchlüftung, pH-Wert
N-Düngung
Wann düngen?
Am besten ent-sprechend desPflanzenbedarfs
Probleme liegenin der N-Dynamikim Boden!
N-Düngung
Welche Düngerform sollte der Landwirt bevorzugen?Mineralische Dünger:- gut dosierbar- Wirkung gut abschätzbar
Pflanzenverfügbarkeit im Boden
Nitrat
Ammonium
Harnstoff
Zeit
N-Düngung
Organische Düngung:
• hoher Anteil an gebundenem Stickstoff
• nur geringer Anteil an pflanzenverfügbarem Stickstoff
• hoher Anteil an organischer Substanz
• Mineralisierung erforderlich
• witterungsabhängiger Prozeß
• nicht steuerbar
N-DüngungWirkung mineralischer und organischer Dünger im Vergleich
organischeDüngung
mineralischeDüngung
Kombinationswirkung !
N-Dynamik
organischeSubstanz(N-Pool)
Atmosphäre
NO3-NH4
+
Ausgasung
atmosph.Fixierung/Deposition
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
offener Kreislauf mit „Lecks“ im System
NO2-
Denitrifikation
N-Dynamik
Denitrifikation: mikrobieller Abbau von Nitrat
anaerober Prozeß, d.h. unter Luftabschluß oder -mangelz.B. durch Flavobacterium
N2O
NONO3-
gasförmige Verluste bis zu 50% despflanzenverfügbaren StickstoffsNO2
N2
N-Dynamik im Boden
organischeSubstanz(N-Pool)
Atmosphäre
NO3-NH4
+
Abfluß / Erosion
Denitrifikation
Ernteentzug
Ausgasung
atmosph.Fixierung/Deposition
industrielleFixierung
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
NO2-
N-Dynamik
organischeSubstanz(N-Pool)
Atmosphäre
NO3-NH4
+
Denitrifikation
Auswaschung
Pflanzenaufnahme
Ernteentzug
Ausgasung
atmosph.Fixierung/Deposition
industrielleFixierung
biologischeFixierung
Pflanzen-rückstände
TierdungKompost
Klärschlamm
Abfluß / Erosion
NO2-
N-Bilanz
N-Bilanz für die ldw. genutzte Fläche in NRWN
-En
tzug
N -
Übe
rsch
uss
Düngemenge [kg N / ha LF]
0
50
100
150
200
250
300
350
1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000
Summe
Wirtschaftsdünger
Mineraldüngermittleres Saldo+100 kg N/ha
N-Bilanz
Verbleib von gedüngtem N15 in einem 6-jährigen Lysimeterversuch
3%
25%
17%
55%
Nutzung durch die Pflanze
Einbau in Humus
Versickerung in tiefere Schichten
Denitrifikationsverluste
N-Bilanz
Verlagerung von Nitrat bei 30 mm Regen auf wassergesättigten Boden
Bodenart
SandsandigerLehm
Lehm
Bod
entie
fe [c
m]
feine undmittlerePartikel
feine Partikel
grobe Partikel
N-Bilanz
Wie richtet der Landwirt seine N-Düngermenge aus?
- langjährige Erfahrung
- Ertragserwartung
- Sollwertkonzept
- unter Anrechnung des im Boden vorhandenen mineralischen Stickstoff
N-Bilanz
GeldrohertragErtragsmaximierung Anreiz
Fruchtart Ertrag N-Saldodt/ha kg N / ha
W-Weizen 87,3 +15
W-Gerste 83,8 +35
W-Roggen 88,9 +20
Kö-Raps 44,1 +90
(Zu-Rüben 643 +101)
Ertrag N-Saldodt/ha kg N / ha
86,2 -5
80,9 +9
86,6 -6
41,8 +28
611 -29
Finanzvorteil€ / ha
+12,8
+21,5
+19,9
+23,5
+401
Feldversuche 1998-2001, Hdlgn-Hessen
N-Bilanz
Sollwertkonzept (Ziel: optimale Pflanzenernährung – um N-Kosten bereinigter Ertrag)
Für jede Fruchtart wird ein Sollwert für den optimalen N-Bedarf vorgegeben.
z.B. Winter-Weizen 200 kg N/ha (LK Westfalen-Lippe)
Zuschlag bei schweren, untätigen oder leichten, humusarmen Böden (+20)Zuschlag bei ungünstiger Vorfrucht (Getreide) (+20) oder Abzug bei günstiger Vorfrucht (Rüben, Raps) (-20)Abzug nach Viehbesatz je GV/ha (-10)
Anrechnung des im Boden vorhandenen mineralischen N (z.B. –40)
Ohne Zu- oder Abschläge, reine Düngergabe: 160 kg N/ha vgl. mit Hessen
Probleme bei der Steuerung der N-Düngung
Einfluß der Witterung auf die Nährstoffdynamik(N-Verfügbarkeit, Nichtausnutzung der Spätgabe)
Anrechnung und Ausnutzung von Wirtschaftsdüngern(Zentren der Viehhaltung oft auf durchlässigen, flachgründigen Böden)
Voraussagbarkeit des Pflanzenwachstumsverlaufs (Einfluß von Störungen, z.B. Krankheiten auf den Bedarf)
Voraussagbarkeit des Ertrages (Gesamtentzug)(gute Jahre, schlechte Jahre)
übrigbleibender Stickstoff im Boden nach der Ernte(keine Aufnahme, abwärtsgerichtete Wasserbewegung
Heterogenität der Böden auf einem Schlag
ungleichförmige Düngerverteilung
Lösungsansätze
Witterung keine Lösung
Wirtschaftsdünger maßvoll anwenden, realistisch anrechnen
Pflanzenwachstumsverlaufs optimale Bestandespflege
Voraussagbarkeit des Ertrages realistische, mittlere Ertragserwartungen
übrigbleibender N nach der Erntemöglichst vermeidenAnbau von Zwischenfrüchten
Heterogenität der Böden auf einem Schlagweitgehend berücksichtigen
ungleichförmige Düngerverteilungmoderen Geräte verwenden
übergreifende Probleme
Nahrungsmittelproduktion auf hohem Niveau birgt Risiken für die Umwelt!
Nitratverlagerung
Stickstoffeintrag in Gewässeroder nährstoffarme Biotope
Ammoniak und Stickoxide
positiver Nutzen negative Risiken
Versorgung mit qualitativhochwertigen Nahrungsmitteln
Landschaftspflege und -erhaltung
Abwägen
gemeinsame Lösungskonzepte