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Magazin über die schönen Seiten des Kantons Graubünden.
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e v e n t k u n s t h a n d w e r k s p o r t a b e n t e u e r p o r t r ä t d e s i g n a r c h i t e k t u r t r a d i t i o n
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r u b r i k
20144_250x330_GraubMagazin_touL_e.indd 1 02.05.11 13:30
E D I T O R I A LZEhn JAhRE «GRAubünDEn mAGAZIn»
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W E I nGROssE TRADITIOn In JunGER hAnD
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W A L DDER WALD fLüsTERT
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REIn DA mEDELs – WAssERspIELpLATZ füR KAJAKER
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p E R s ö n L I c h K E I ThOspITALITy AT ITs bEsT
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A s T R O n O m I EDAs nERvEnsysTEm DEs WELTALLs
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T h E A T E R A m b E R GvOn sAc-hüTTE Zu sAc-hüTTE
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i n h a l t s v e r z e i c h n i s
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D E s I G nEInE LIEGE WIRD ZuR WOhnsKuLpTuR
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E R L E b n I s sbALKOn DER WELT
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W I R T s c h A f TEIn nEuEs quARTIER EnTsTEhT
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i n h a l t s v e r z e i c h n i s
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liebe leserinnen, Im vORLIEGEnDEn mAGAZIn IsT Im EInEn ODER AnDERn bEITRAG nuR
In männLIchER fORm DIE REDE. sELbsTvERsTänDLIch IsT In sOLchEn fäLLEn ImmER Auch
DIE WEIbLIchE fORm GEmEInT, Aus GRünDEn DER LEsEfREunDLIchKEIT JEDOch nIchT
ExpLIZIT ERWähnT. WIR DAnKEn füR IhR vERsTänDnIs.
I m p R E s s u m
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G E s c h I c h T E
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K u L T u R«LA TRAvIATA» vOn bünDnERn GEpRäGT
75
Klimaneutral gedruckt
Nr.: OAK-ER-11787-00139www.oak-schwyz/nummer.ch
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e d i t o r i a l
Liebe Leserin, lieber Leser
Zehn Jahre «Graubünden Magazin», das bedeutet: Dieses
ist die 20. Ausgabe. Für mich ist das zuerst ein Grund zu
danken. Allen, die am «Graubünden Magazin» mitgear-
beitet haben. Allen, die uns immer wieder neue Facetten
von Graubünden zeigen, aber auch Ihnen allen, die das «Graubünden Magazin» lesen. Wir haben etwas gemeinsam: Wir
sind fasziniert von der Vielfalt Graubündens.
In dieser Ausgabe fahren Sie mit uns in die Berge – genauer auf die Alp Grüm. Hierher gelangt man nur mit der Rhätischen
Bahn. Von diesem Balkon der Welt scheinen die Gletscher und die Viertausender zum Greifen nah. Natürlich wollten die
Menschen diese Berge schon immer erklimmen – davon handelt das Wandertheater «Der Russ im Bergell». Das Bergell
– insbesondere Soglio – entdecken oder den Bergwald oder die Weinberge. Das «Graubünden Magazin» schreibt auch
über Abenteuer, die alle erleben können. Natürlich lieben Sie Graubünden wegen seines sonnigen Sommers. Aber es
gibt hier auch junge Leute, die sich auf den Regen freuen. Dann nämlich steigen die Nebenarme des Rheins an und
werden für die Kajakfahrer zur Herausforderung.
Im Zwischenland von Skulptur und Design lebt Alexander Curtius, dessen faszinierende Arbeiten wir Ihnen präsentieren.
Ein weiteres Highlight – im wahrsten Sinne des Wortes – ist das Alpine Astrovillage in Lü-Stailas, in der Val Müstair. Hier
können Astro fotografen den klaren Bündner Himmel bis in die Tiefen des Weltalls erforschen, denn die Wissenschaftler
Václav und Jitka Ourednik haben in der ehemaligen Schule des 60- Seelen-Dorfes Lü ein Zentrum für Amateurastronomen
aufgebaut.
Natürlich werden Sie auch in dieser Ausgabe noch viel mehr entdecken, doch der Schwer punkt liegt klar auf den so-
genannten Südtälern – Puschlav, Bergell und Münster tal. Für die kommende Ausgabe planen wir beim «Graubünden
Magazin» ein sanftes Facelifting. Doch jetzt wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung beim Lesen und Entdecken. Die grösste
Freude, die Sie mir machen können, ist, wenn Sie uns schreiben und Ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mitteilen.
Schon oft hat sich aus einem solchen Kontakt ein weiteres Thema ergeben, das wir im «Graubünden Magazin» auf-
nehmen konnten. Also nur Mut: Lesen Sie und lassen Sie sich inspirieren von der Faszination Graubündens.
Herzlich, Ihr
Marc Gantenbein, Herausgeber
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Ein echtes Stück
Entspannt nach dem steten, aber sanften Aufstieg durch eine Allee von Laubwald erreicht man das kleine
Winzerdorf Jenins oberhalb von Maienfeld. Selbst wochentags liegt über dem Ort eine beinahe sonntägliche
Ruhe, welche den Besucher zum Verweilen einladen mag, vielleicht auch ein wenig noch zu spazieren und den
weiten Ausblick über den etwas tiefer gelegenen Talboden oder auch hinauf in klüftige Felsen zu geniessen.
TExT CONRAD FERDINAND MEyER | FOTOS ALICE DAS NEVES
GROssE TRADITIOn In JunGER hAnD
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Schlendert man aber ein wenig durchs Dorf, fallen die alten, zuweilen für die Gegend ausser-
ordentlich wuchtigen Gemäuer in den Blick und lassen die grosse Tradition des kleinen Ortes erahnen.
So beispielsweise das um 1690 erbaute, mächtige Haus der Familie Sprecher von Bernegg.
Umsäumt von romantischen Gartenanlagen liegt der altehrwürdige Bau inmitten des Dorfes in unmittelbarer Nachbar-
schaft der barocken Kirche. Die Szenerie hat etwas Märchenhaftes, Verträumtes, lässt vielleicht sogar ein wenig den
Gedanken an einen Dornröschenschlaf aufkommen.
Doch die Stille trügt und von Schlaf kann keine Rede sein: Noch immer wird das Haus bewohnt und bewirtschaftet von
Dorothea von Sprecher. In ihrer Funktion als Trägerin der grossen Tradition der Familie von Sprecher ging auch sie be-
reits neue Wege: Als erste eigenständige Winzerin im Kanton Graubünden hat Dorothea von Sprecher jahrzehntelang
die Reben des kleinen Familiengutes mit Liebe gehegt und gepflegt, die Trauben eigenhändig gekeltert und sich über die
Jahre hin einen klingenden Namen als Produzentin edler und kerniger Weine aus der Bündner Herrschaft erarbeitet.
Vor einigen Jahren stellte
sich der innovativen, aber inzwischen nicht mehr ganz jugend-
lichen Winzerin die Frage der langfristigen Nachfolge. Einen
würdigen Nachfolger fand sie in ihrem Neffen, Jan Luzi,
ursprünglich Betriebswirt, der gerne die Gelegenheit ergriff,
seine Passion für guten Wein zum Beruf zu machen. Er absol-
vierte fortan diverse Praktika auf benachbarten Wein gütern
– unter anderem auf dem renommierten Wein gut von Andrea
Davaz –, um das Handwerk von der Pieke auf zu lernen. Noch
heute erinnert er sich gerne an jene lehrreiche Zeit, in der
auch die eine oder andere Freund schaft entstanden ist, und
freut sich am fortdauernden Austausch mit den Winzern aus
der Umgebung. Man arbeitet miteinander, steht einander
mit Rat und Tat zur Seite.
Der junge Winzer ist sich der grossen Verantwortung, die er
mit dem Weingut und dem langfristigen Erhalt des Familien-
sitzes übernommen hat, durchaus bewusst.
Wohl hat sich einiges verändert und einiges wird sich noch
verändern, im Kern aber möchte Jan Luzi die begonnene
Arbeit seiner Tante und die Tradition seiner Familie fortführen.
Inzwischen wurde der Gewölbekeller renoviert und die Anlagen
modernisiert. Das Weingut wird sukzessive vergrössert,
dies zumal einige auslaufende Pachten zurück an die Familie
kommen.
Produzierte Dorothea von Sprecher noch jährlich maximal
3 000 Flaschen, liegt das mittelfristige Ziel des Nachfolgers
bei maximal 15 000 Flaschen. Mehr will Jan Luzi nicht. Viel
aber in diesem Wenigen.
W e i n
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Qualität, nicht Quantität ist für ihn massgebend. Und natürlich die Tradition.
So sollen der fruchtige und leichte Blauburgunder aus dem Lindenwingert und der frische saftige Weissburgunder, den
seine Tante keltert, so erhalten bleiben, wie sie sind. Jan Luzi erkundet aber auch bereits Neuland: Mit dem Pfaffen/
Calander, der an einer von Gian-Battista von Tscharner einst als «Sprechergut» bekannt gemachten Lage wächst, ist
dem 38-jährigen passionierten Jungwinzer ein mittelschwerer, komplexer und feingliedriger Wein gelungen, der seines-
gleichen sucht. Aber auch hier gilt für Jan Luzi: von nichts zu viel. Wohl hat er gelernt, die Traube zu verfeinern und die
Eleganz im Ausbau zu pflegen.
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Ein guter Wein aber – so sagt er – kann nur von einer guten Rebe kommen. Und so vergeht
kaum ein Tag, an dem er sich nicht um Wind und Wetter sorgt und sich draussen im Hang liebevoll und persönlich um
seine Reben und damit um seinen Wein kümmert.
Eine erste grosse Anerkennung hat seine harte Arbeit mit der Aufnahme in die Vereinigung der Elitewinzer Vinotiv gefun-
den. Es wird nicht die letzte sein. Denn Jan Luzi versteht es, eine grosse Traditon mit sanfter Innovation zu pflegen und
in die nächste Generation zu führen.
Main Partners Sponsors
Presenting Partner
14. Juli – 14. August 2011 St.Moritz Marcos Valle Monty Alexander Othella Dallas Till Brönner The Manhattan Transfer Richard Galliano Giora Feidman Gino Paoli Giorgio Conte Al Di Meola Paul Kuhn China Moses Lily Dahab Ahmad Jamal Daniel Schnyder Bibi Vaplan George Gruntz Pierre Favre John Pizzarelli Maria Markesini Marianne Faithfull Irène Schweizer Tobias Preisig Dieter «Yello» Meier Tania Maria Gershwin Piano Quartet Klaus Doldinger‘s Passport McCoy Tyner Anna Rossinelli www.festivaldajazz.ch
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WELTANSCHAUUNG
6. Mai – 2. Oktober 2011
Alle Aktivitäten des Kulturforum Würth Chur sind Projekte der Würth International AG.
Kulturforum Würth Chur ● Aspermontstrasse 1 ● 7000 Chur Tel. 081 558 0 558 ● www.kulturforum-wurth.ch ● Mo - So 10 - 17 Uhr, Do 10 - 20 Uhr
Begleitprogramm zur Ausstellung FührunGen: jeweils donnerstags von 18.30 bis 19.30 Uhr25. August, 22. September
TheMATISChe FührunGen:jeweils sonntags von 14 bis 15 Uhr
28. August„Der Mensch, ein Individuum in einer globalen Welt?“ 25. September„Weltanschauung: Künstlerstatements – Künstlerporträts Teil 2”
Kosten pro Person und Anlass CHF 5.-- / EUR 4.--, Kinder bis 16 Jahre gratis
WOrKShOPS Für erWAChSene„Camera obscura – Weltschau und Selbstporträt“
Die Ausstellung Weltanschauung gibt Anlass zur gestalterischen Reflexion einer subjekti-ven Schau. Nach einer kurzen Einführung in der Ausstellung werden wir uns im Atelier an ein fotografisches Experiment wagen. Wir bauen eine einfache „Camera obscura“, mit welcher wir anschliessend unsere Ich- und Weltsicht einfangen und im Fotolabor Bild werden lassen.
Teilnehmer: max. 12 Personen pro WorkshopKosten: CHF 105.-- / EUR 85.-- (inkl. Material)Zeit: 10 bis 16 Uhr (eine Stunde Mittagspause)Anmeldung: info@kulturforum-wurth.ch
DATen:3. September, 2. Oktober
Alle Veranstaltungen unter der Leitung von Remo A. Alig
W a l d
Der Wald braucht uns nicht – aber wir brauchen den Wald! Als Schutz, als Erholungs- und Lebensraum
oder als Holzlieferant. Die Stiftung Bergwaldprojekt vermittelt wochenweise Einsätze in den Wäldern. Rund
25000 Personen sind diesem Ruf bereits gefolgt. 2011 ist das internationale Jahr des Waldes und das
europäische Jahr der Freiwilligenarbeit – zwei gute Gründe, selbst die Axt in die Hand zu nehmen.
TExT NADJA WIELATH | FOTOS BERGWALDPROJEKT
DER WALD fLüsTERT
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Es ist so ruhig hier oben. Die Uhren ticken anders. Die Zeit steht still. Ich sitze
draussen vor der Hütte auf der Holzbank unter aufgespannten Zeltblachen. Ich bin in nur einer Stunde in einer anderen
Welt gelandet. Ich geniesse das selbst gemachte Birchermüesli mit Zimtgeschmack von Celia und Tee. Alles ist so fried-
lich. Der Nebel umhüllt die gross gewachsenen Tannen und verschlingt immer mehr die Sicht auf die Churer City.
Wir sind auf 1450 Metern Höhe, einem der laufenden Bergwaldprojekte, bei der allein stehenden Berghütte der Gemein de
Felsberg im Schutzwald oberhalb Felsberg. Das Ziel des Bergwaldprojektes ist es, den lebensnotwendigen Bergwald zu
erhalten und zu pflegen, und vor allem, ihn erlebbar, spürbar, sehbar und riechbar zu machen. Mit Hilfe von Spendengeldern
finanziert das Bergwaldprojekt Arbeitswochen in diesem empfindlichen Ökosystem.
Celia ist die immer gut gelaunte, temperamentvolle Küchen fee. Sie kommt aus Barcelona und ist studierte Umwelt in ge-
n ieurin. Sie zaubert trotz primitiver Einrichtung und Gerätschaft die herrlichsten Menüs auf den Tisch. «Köchin? – nö,
habe ich nie gelernt, ich mache einfach immer gran experimento», erklärt sie mir und trällert fröhlich ein Lied vor sich
hin. Eigentlich hatte ich alles gesehen und wollte gehen, aber nach drei Stunden in diesem Märchenwald, ist man bereits
von dessen Mystik infiziert und befreit von Hektik, Stress, Zeitgefühl und all den materialistischen Be dürfnissen. Auf
einmal zählen ganz andere Werte. Alles ist so einfach und klar. Moni bietet mir eine neue Elmex-Zahn bürste, eine warme
Jacke und eine dicke Decke an. Ich bin zutiefst gerührt. Wegen einer blauen Elmex-Zahnbürste. Was brauche ich auch
mehr? Ich bleibe. Der Duft des Abend essens und die Magie des Moments haben mich überzeugt. Aber ich werde mich
auf keinen Fall mit dem fünf Grad kalten Wasser am Brunnen waschen wie die andern! Es kostet mich schon genug
Überwindung auf der viel gebrauchten milbenreichen Matratze zu schlafen. Aber hier oben zählen andere Werte. Essen!
Celia tritt mit einem anderen gran experimento ein: «Los Caldos Muchachos», wie sie ihren Eintopf mit Reis, Nüssen,
Möhren, Zwiebeln, Tomaten, reichlich Knoblauch und scharf
brennenden Gewürzen nennt. Es wird munter geplaudert,
Frank, die deutsche Ulknudel, ist gross auf Sendung, aber
auch Lorenza aus dem Tessin kommuniziert mal auf Italienisch,
mal auf Englisch mit dem langbeinigen, blauäugigen Belgier.
Es herrscht ein Kunterbunt von Menschen und Nationali tä-
ten. Hier oben geht man früh zu Bett, dann, wenn es dunkel
wird. Ich verkrieche mich halb durchfroren in mein Gemach
und ziehe alles an, das warm gibt.
Es ist 4.45 Uhr. Der Wecker klingelt. Kann das sein? Mitten
in der Nacht. Die Welt ist doch so was von grausam und
brutal! Die experimentelle Kochkünstlerin steht mit einem
Ruck auf, macht Feuer und beginnt mit den Kochtöpfen zu
klimpern und klappern. Zwölf Liter Tee für die ganze Mann-
schaft an einem kleinen holzgefeuerten Ofen zu kochen,
dauert seine Zeit. Wie laut das alles ist. An Schlaf ist nicht
mehr zu denken. Ich mache mich auf den Weg auf die
Openair-Toilette im Grünen mit Frische-Bise-Duft. Meine
Füsse und Beine sind immer noch eiskalt, und das bessert
sich auch nicht, als ich durch das nasse Gras laufe. Die kalte
Luft weckt meinen Körper. Müde setze ich mich vor die
Hütte. Meine stylische dunkle «Puck-die-Fliege-Sonnenbrille»
scheint jeden wissen zu lassen, dass ich nicht ansprechbar
bin. Um 5.30 stechen mir einzelne gewaltige Sonnenstrahlen
in die Augen. Es ist ein echtes Spektakel der Natur. Die Sonne
geht auf. Alles beginnt zu leuchten und zu strahlen. Der Nebel
hat sich aufgelöst. All die Tautropfen auf den Grashalmen und
Blumen der Wiese schimmern. Das Licht bricht sich im
Wasser. Es sieht aus, wie wenn jede Pflanze von einem eige-
nen Regenbogen umspannt wird. Um mich herum geht das
Geklimper weiter, und das Frühstücksbuffet im Freien nimmt
Formen an. Der Duft von frischem Brot nimmt gerade meine
Nase gefangen. Das Brot wird selbst gebacken oder ge-
kauftes im Holzofen kurz knusprig gemacht. Die Auswahl der
Leckereien ist bescheiden, aber was es gibt, schmeckt hier
oben, in dieser traumhaften Umgebung und fröhlich plau-
dernden Gesellschaft, einfach köstlich.
Um halb acht ist es Zeit aufzubrechen.
Immer noch schlaftrunken watschle ich den andern nach zu
unserem Bus. Mit diesem bringt uns Moni zu unserem heu-
tigen Arbeitsplatz, wo wir Haufen mit abgesägten Ästen er-
stellen und junge Bäumchen pflanzen. Diese Asthaufen sind
sehr wichtig für Insekten und Kleintiere. Sie können sich in
dem aufgetürmten Geäst so herrlich verkriechen und finden
so ein neues Zuhause. «Willkommen auf unserem Spiel platz!»,
posaunt Jessica in die Runde. «Die Arbeit ist anstrengend,
aber nach ein paar Stunden merkst du, wie viel Kräfte in dir
stecken, von denen du gar nicht geahnt hast, dass du sie
hast. Sie sind auf einmal da und du realisierst, was in dir
steckt», erklärt sie mir. Fleissig arbeiten wir weiter. Halb
zehn – juhui: Znünipause! Hier oben hat man einfach mehr
Hunger. Mittlerweile sind meine Lebensgeister auch erwacht
und ich geniesse das von Hand abgebrochene Brot und das
grosse Stück Schokolade. Danach werden die Hacken und
Schaufeln gefasst und Löcher für die Jungpflänzchen gebud-
delt. Jan aus Deutschland ist einer unserer Gruppenleiter. Er
studiert Forstwissenschaft und absolviert beim Berg wald-
projekt sein Praktikum. Er zeigt und erklärt uns, wie man
richtig gräbt und einpflanzt. Ich hätte nicht gedacht, dass es
so anstrengend ist, einen Baum zu setzen. Der Boden ist
hart bezwingbar und nicht so luftig locker wie die gekaufte
Pflanzenerde vom Gärtner. Ich pflanze ein kleines zartes
Fichtenbäumchen. Da Jessica all ihren gefundenen Viechern,
Hundertfüssler, Tausendfüssler, Assel, Blindschleiche etc
Namen gibt, möchte ich meine Fichte taufen. Damit ich es
auch benennen kann, wenn mir heute Abend der Buckel
wehtut und die Glieder von der ungewohnten Arbeit schmer-
zen. Ich möchte ihr einen passenden Namen geben und
versuche den Duft dieses Babybaumes auszumachen. Die
Fichtensprossen haben einen zitronigen Unterton, wenn man
sie reibt. Die Indianer würden sie wahrscheinlich «tanzende
Zitrone im Wind» nennen. Ich nenne sie Zytée. Und bin stolz,
meinen ersten Baum gepflanzt zu haben. Es gibt mir das
Gefühl, jetzt dazuzugehören, einen Teil dieser Natur gewor-
den zu sein. Ich bitte die Devas von Zytée, sie mit genügend
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W a l d
Licht, Wasser und Mineralstoffen zu versorgen und sie wachsen und gedeihen zu lassen. Zum Schutz, damit Zytée nicht
ihr junges Leben als Amuse Bouche bei der nächsten Gämse lassen muss, setze ich eine Mehlbeere als Ablenkungspflanze
in unmittelbarer Nähe.
Es ist Montagmorgen, 9.15 Uhr. Ich sitze in meinem Büro, auf meinem bequemen komfortablen Bürostuhl. Mein
Lieblingsradiosender Swisspop läuft auf Stufe ohrenbetäubend. Eigentlich sollte ich arbeiten. Aber ich schaue zum
Fenster hinaus, und der Zufall will es, dass der Felsberger Calanda und sein Schutzwald genau in meinem Blickfeld
liegen. Dieser Wald scheint mich wieder in seinen Sog zu nehmen. Er flüstert mir geheimnisvolle Dinge zu…
Stiftung Bergwaldprojekt, Via Principala 49, CH-7014 Trin, www.bergwaldprojekt.org, Tel. +41 (0)81 650 40 40
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Probedruck
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Der Vorderrhein mit seiner malerischen Rheinschlucht ist bei Wassersportlern längst kein Geheimtipp mehr
und wird von Raftern sowie Kajakern rege befahren. Dass aber auch die zufliessenden Quelläste insbesondere
für Wildwasserpaddler etwas zu bieten haben, zeigt das Beispiel des Medelserrheins (Rein da Medels).
TExT BIGNA BUCHLI | STEFAN SCHLUMPF
2 5
REIn DA mEDELs – WAssERspIELpLATZfüR KAJAKER
Wenn ein Weltklassepaddler aus dem Unterland eigens zur Ausübung
seiner Leidenschaft ins abgelegene Valendas im Bündner Oberland zieht, sagt dies einiges über die Wildwasserqualität
des Vorderrheins aus. Der in Winterthur aufgewachsene Ron Fischer hat in seinen 14 Jahren als Kajaker bereits Flüsse
auf der ganzen Welt befahren, doch wenn er nicht gerade auf einem Roadtrip weilt, arbeitet der gelernte Zimmermann
seit knapp einem Jahr in seiner Wahlheimat Valendas. Im sursilvanischen 300-Seelen-Dorf wohnt der 25-Jährige zusam-
men mit zwei Kajakfreunden in einem kleinen alten Häuschen. Nebst der Nähe zu seinem Trainingselement und der Natur
schätzt der Outdoor-Sportler auch die Ruhe in seiner neuen Heimat. Ein weiterer Pluspunkt: Viele seiner Paddlerkollegen
leben ebenfalls in der Surselva. Doch dieses Outdoor-Leben bringt nicht nur Sonnenschein mit sich.
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s p o r t
s p o r t
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Heute stürzt der Regen flutartig vom Himmel, Kälte und Nässe treiben die Leute
in ihre warmen Stuben. Nur einer verlässt freiwillig seine Wohnung und schnallt erfreut ein knallblaues Kajak auf den
Dachständer seines Autos. Ron Fischer weiss die fallenden Wassermassen zu schätzen, welche seinen Heimfluss – den
Medelserrhein – anschwellen lassen. Gerade erst von der Arbeit nach Hause gekommen, kämpft sich «Don Ron» 45 Mi-
nuten später bereits zwischen Pardatsch Dadens (Cristallinabach) und Pardatsch Dado durch die Wellen. Als Zuschauer
am sicheren Uferrand sieht man lediglich ab und zu die knalligfarbigen Paddel durch die Luft wirbeln und steckt sich beim
Anblick der klatschnassen durchfrorenen Hände die eigenen Fäuste etwas tiefer in die warmen Jackentaschen. Das Mitleid
schwindet jedoch spätestens beim Erspähen des auftauchenden Helms und Ron’s breitem Grinsen. Dieser Mann hat
unendlichen Spass in seinem Boot! Es ist übrigens ein Kajak, was den Überbegriff Kanu präzisiert. Im Gegensatz zum
schwerfälligeren Kanadier verwendet man beim wendigeren Kajak ein Doppelpaddel, welches nicht nur zum Antrieb,
sondern auch als Gleichgewichtshilfe dient. Zudem wird die Sitzöffnung im Kajak mit einer Spritzdecke geschlossen, sodass
kein Wasser eindringen kann – theoretisch. Dies kann sich bei einer Kenterung aber schnell ändern, falls der Paddler die
Eskimorolle (Aufrichten des Bootes ohne Notausstieg) nicht perfekt beherrscht. Dann heisst es nämlich Zähne zusammen-
beissen und im eiskalten Wasser zum rettenden Ufer schwimmen. Ron indessen beherrscht die Rolle auch bei diesen
Temperaturen, schlängelt sich gekonnt durch die schäumende Gischt, manövriert sein Boot an den Felsen vorbei, landet
eine Stufe tiefer in ruhigerem Wasser und strahlt über das ganze Gesicht. Kajakfahren scheint definitiv glücklich zu
machen...
Mehr Informationen zum Kajakfahren auf dem Vorderrhein unter http://kanuschule.ch/
Exklusiv bei Tavola e cucina, Nebenbachweg 2a, Postfach 1152, 9471 Buchs, tavola.e.cucina@bluewin.ch, Fon / Fax ++41 81 740 57 10
Ein Bett ist kein Möbelstück, sondern ein Ort. Eine Insel, auf der Sie ein Drittel Ihres Lebens
verbringen, um zu entkommen, aufzutanken und zu träumen. Unser Leben hängt in vielen
Hinsichten davon ab, wie gut wir schlafen und wie wohl wir uns in unserem Bett fühlen. In
einem VI-Spring-Bett werden Sie Wohlfühlen erleben wie nie zuvor in einem anderen Bett.
Jedes VI-Spring-Bett wird auf Kundenbestellung einzigartig handgefertigt. Eine kompro-
misslose Vorgehensweise, jedoch die einzig richtige, um ein Bett zu fertigen, das nicht nur
hervorragend und aussergewöhnlich komfortabel ist, sondern passt wie ein anschmiegsamer
Kokon. Also ist Ihr VI-Spring-Bett zwar luxuriös, aber sicherlich kein Luxusartikel. Es wird
ein verlässlicher Teil Ihres Lebens, der Ihnen über Jahre hinweg Ihren wohlverdienten, erhol-
samen Schlaf garantiert. Falls Sie nie zuvor so geschlafen haben, wird dieser Schlafkomfort
Ihrem Leben eine völlig neue Wendung geben.
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Ein passionierter Brückenschlag zwischen Bad Ragaz und Malmesbury.
TExT ANDRIN SCHÜTZ | FOTOS MARC GANTENBEIN, JENNIFER HENRy
hOspITALITy AT ITs bEsT
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p e r s ö n l i c h k e i t
Mehr durch Zufall eigentlich – er hatte gerade in Graubünden seinen
Militärdienst zu absolvieren – stiess Peter Egli, damals frischgebackener Absolvent der Hotelfachschule Luzern, auf ein
Inserat, in welchem ein Direktionsassistent für den «Quellenhof» in Bad Ragaz gesucht wurde. Auf der Heimfahrt nach
Luzern stieg der junge und talentierte Gastronom kurzentschlossen aus dem Zug und bewarb sich beim damaligen
Direktor um die Stelle im bekannten Traditionshaus. Dies mit Erfolg.
Schon bald erfolgte so der Umzug von Luzern ins idyllisch gelegene Weinbaustädtchen Maienfeld. Damit war der
Grundstein zur Fortführung einer Tradition grosser Hotellerie hüben und drüben gelegt.
Ursprünglich gelernter Koch, übernahm Peter Egli die gastronomische Verantwortung im «Quellenhof». Im Wissen um
den Wert der regionalen Weinbaukunst pflegte er schon bald rege und intensive Kontakte zu den hiesigen Weingütern
in der Bündner Herrschaft.
Bereits im Jahre 2004 anerbot sich dann die Gelegenheit, einem neu eröffneten
Betrieb als Direktor vorzustehen. Dass der Ruf aus Malmesbury in England kam, hielt den ambitionierten Gastronomen
und Familienvater nicht ab. Im Gegenteil: Whatley Manor – ein altes englisches Herrschaftshaus aus dem 19. Jahr hundert
– vereinte die Kraft der Tradition und den Reiz des neuen, noch Formbaren.
Seit vier Jahren im Besitz der Familie Landolt aus Pully (CH), wurde der ehrwürdige Landsitz mit einer unglaublichen Liebe
zum Detail in eine Oase der Erholung und in eine Hochburg der Kulinarik verwandelt. Traumhafte Wellnessanlagen, die
in den alten Stallungen untergebracht sind, 26 verschiedene faszinierende und verwunschene Gartenanlagen, diverse
Restaurants, Konferenzmöglichkeiten, ja gar ein exklusives eigenes Kino lassen wahrlich keine Wünsche offen. Sei es im
Restaurant «le Mazot», das im traditionellen Engadinerstil gehalten ist, sei es in den edlen italienischen Kinosesseln, in
den alten Landhausmöbeln der Hotelzimmer oder in den faszinierenden Kreationen der Sterneküche: In jedem Detail
findet sie sich wieder: die Passion für das absolut Einzigartige, Perfekte.
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Doch der Reiz und die grossen Möglich keiten des Neuen liessen Peter Egli seinen Anfang nicht
vergessen: Geblieben sind unter anderem seine Liebe zum Wein und zu Graubünden.
Nebst internationalen Weinen aus Frankreich und Italien oder auch Österreich, die der Weinkenner von seinen Wein-
reisen mitbringt, finden immer wieder Spitzenprodukte aus der Bündner Herrschaft ihren Weg in die Keller von Whatley
Manor. Abwechslungweise werden deshalb Bündner Winzer nach Whatley Manor geladen, um der illustren Gästeschar
beim gediegenen Wine and Dine die Winzerkunst Graubündens näher zu bringen.
Umgekehrt sorgten Peter Egli und sein Küchenchef – der Sternekoch Martin Burge (2 Michelin-Sterne) – beim diesjäh-
rigen Welt Wein Festival in Bad Ragaz für kulinarische Überraschungen.
Im Wissen um den Stellenwert der lebendigen Tradition und den überregionalen Austausch lädt Peter Egli im Turnus junge
Talente aus der Schweiz, Österreich und Frankreich nach England ein, um sie im selben Geiste zu fördern, der ihm selbst
zuteil wurde: Im Vertrauen und mit dem nötigen Freiraum lehrt er sie seine Devise: aus jedem Gast einen Stamm gast
zu machen.
Mit der akribischen Liebe zum Detail, mit der lebendigen Tradition, mit kultivierter Innovation und vor allem: mit der tiefen
und unermüdlichen Passion, die «hospitality at its best» eben braucht.
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3 6
Sie erforschten fast dreissig Jahre lang das Zentralnervensystem. Václav und Jitka Ourednik. In Graubünden
aber fanden sie den idealen Ort für ihre grosse Passion, die Astrofotografie. Im sternklaren Münstertal –
fernab der grossen Zentren – entstand das Alpine Astrovillage. Eine Exkursion in die Tiefen des Weltalls.
TExT KARIN HETT INGER | FOTOS ANDREA BADRUTT, FEL Ix GASS UND VACLAV OUREDNIK
DAs nERvEnsysTEm DEs WELTALLs
a s t r o n o m i e
Es sind zwei Welten, die uns Menschen in ihrer ungeheuren Grösse immer wieder
faszinieren: die unendlich komplexe Welt unseres Nervensystems und die unendliche Weite des Weltalls. Václav und
Jitka Ourednik haben beide erforscht. Sie halten beide Doktorate in Hirnforschung und waren weltweit an renommierten
Institutionen wie der ETH Zürich oder der Harvard-Universität in Boston tätig. «Während wir im Labor spannendes
Verhalten von Nervenzellen unter dem Mikroskop verfolgten, näherten wir uns in den wenigen freien Stunden nachts der
unendlichen Weite des Kosmos mit Hilfe eines Teleskops und der Astrofotografie. Dabei war oft erstaunlich, wie sich
strukturell in vielem der Mikro- und Makrokosmos ähnelten.»
Nachdem die beiden 2003 «New Mexiko Skies» besuchten, entstand die Idee, aus den Vereinigten Staaten in die Schweiz
zurückzukehren und einen Ort zu schaffen, wo Amateurastronomen Zimmer und Geräte mieten und ungestört von
Lichtsmog das Weltall erforschen können. Bis allerdings in Lü-Stailas das Astrovillage entstand, sollten noch einige Jahre
3 7
vergehen. Die Ouredniks lebten noch immer in den USA, als sie – auf der Suche nach dem dunkelsten Ort der Schweiz
– das Münstertal entdeckten. Mit Google Earth fanden sie die Sonnenterrasse von Lü. Gerade mal 50 Menschen leben
hier auf 1935 m ü. M. In einem offenen Hochtal, das einen weiten Blick in den Himmel ermöglicht. Die Luft ist kaum
verschmutzt, die Lichtdome, die sich inzwischen über fast allen bewohnten Gebieten erheben, sind weit weg.
Auch das Klima ist besonders gut für hochstehende Astrofotografie. Die Luft ist dünn und trocken. Also fragten die
Ouredniks beim Physikalisch-Meteorologischen Observatorium in Davos an und bekamen die Wetterdaten für das
Münstertal. Es bietet etwa 250 Sonnentage und 130–150 klare Nächte im Jahr. Nächte, in denen Spiralgalaxien und
Kugelsternhaufen für Teleskope und Kameras sichtbar werden.
Tatsächlich fanden die Forscher nach ihrer Rückkehr in Lü nicht nur gute klimatische und atmosphärische Verhältnisse,
sondern auch einen idealen Platz für ihr Zentrum mit Unterkünften und Kuppeln: die nicht mehr gebrauchte Schule in
Lü. Da das Münstertal zusammen mit dem Nationalpark zum Unesco-Biosphären-Reservat Val Müstair/Parc Naziunal
Svizzer gehört, besteht die Aussicht, dass auch in Zukunft der Himmel über diesem Teil von Graubünden dunkel bleiben
wird. So ist der Beitritt der Gemeinde Val Müstair zu Dark Sky Switzerland schon geplant.
3 9
4 0
Am 12. Dezember 2009 wurde das Alpine Astrovillage Lü-Stailas eröffnet, und
seither stehen die weissen Kuppeln im wachsenden Interesse der Astronomen, Astrofotografen und der Bevölkerung.
Die astronomischen Kuppeln sind motorisiert und werden von erfahrenen Astrofotografen zusammen mit den Wohnungen
gemietet. Die Kuppeln können – wenn das Zentrum vollständig eingerichtet sein wird – vom zentralen Computerraum
übers Internet gesteuert werden und erlauben sowohl die «deep sky»- wie auch die Weitfeld-Fotografie. Astronomische
Spezialkameras stehen hier ebenfalls zur Verfügung, und später soll auf der Südhalbkugel ein weiteres Teleskop stehen.
Damit können Astronomen via Internet auch den Südhimmel fotografieren.
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So, 21. August 2011 9.30 – 10.30 Jazz-Gottesdienst, Kirche Bel Taimpel
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11.30 – 15.30 Konzerte auf Marguns & Muottas Muragl
15.30 – 17.30 Jazz-Apéro auf der Terrasse des
Hotel Chesa Rosatsch
ab 18.30 Goodbye Dinner im Hotel Chesa Rosatsch
Doch soll das neue Zentrum für Astronomen
auch zur nachhaltigen Entwicklung des Münstertals beitra-
gen. Denn die Kombination von wissenschaftlichen und tou-
ristischen Möglichkeiten macht das Alpine Astrovillage ein-
malig. Das Zentrum wurde zwar als privates Projekt ins
Leben gerufen, doch wird es bald in eine gemeinnützige
Stif tung umgewandelt, die der Ausbildung in Astronomie und
Astrofotografie dient – z.B. auch für Studienaufenthalte oder
Maturaarbeiten. Damit auch angehende Amateurastro-
nomen und sogar Laien die Faszination des Himmels über
Graubünden entdecken können, werden bei klarem Wetter
regelmässig öffentliche Beobachtungsabende organisiert,
und es wird ein Zyklus von drei drei- bis siebentägigen
Einstei ger kursen angeboten. Und selbst Nicht-Astronomen
kommen in Lü im Münstertal voll auf ihre Kosten – denn das
Gebiet eignet sich zum Wandern und Skifahren.
Die ersten, die in Graubünden eine Sternwarte bauten und
dort den Himmel und die Sterne beobachteten, waren die
Menschen der Bronzezeit. In Flims-Falera reihten sie Menhire,
die heute noch von der ewigen Faszination des Menschen
für das Weltall sprechen. Die Geschichte der modernen
Astro nomie von Graubünden begann in Amerika, wo Václav
und Jitka Ourednik das Zentralnervensystem erforschten
und ihren Traum vom eigenen Astrovillage entdeckten.
Doch inzwischen hat die Faszination für den Nachthimmel
und seine Phänomene weltweit zugenommen und ergreift
auch die Schweiz. 2009, während des Internationalen
Jahres der Astro nomie, besuchten Tausende die Stern-
warten. Denn der Himmel gehört – wie die grossartige
Natur – zum Welterbe. Im grössten Kanton der Schweiz, der
mit 27 Bewohnern pro Quadratkilometer zugleich am we-
nigsten bevölkert ist, hat der Himmel eine Chance. Er ist
die Kuppel über einer grandiosen Landschaft und bietet den
Zugang zu einer Welt, die wir in ihrer Tiefe noch kaum er-
forscht haben.
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«Ein Russ im Bergell» – ein Freilufttheater von Emil Zopfi und Stefan Keller entführt zu den Anfängen
des Alpinismus.
TExT UND FOTOS MAyA ALBRECHT
vOn sAc-hüTTE Zu sAc-hüTTE
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Selten einträchtig sitzen sie da. Weit oben, auf dem Stein, der Gipfel.
Der eine nachdenklich, nach vorne gebeugt, die Hand vor dem Kinn, Bergführer Christian Klucker; der andere, sein Gast,
Baron Anton von Rydzewski, unter Sonnenschirm, herrisch, zufrieden, adrenalinerfüllt. Über ihre Leiter waren sie zunächst
bis unter den Gipfel geklommen. Klucker elegant auf Füssen, Rydzewski auf dem Hosenboden, fluchend und mit viel
Seilzug und Spott von oben. Für den Gipfel selber lässt Klucker seinem Gast wie üblich den Vortritt. Nun sitzen sie ne-
beneinander oben an der Gipfelkante: Führer und Gast, ihre Beine baumeln in der Luft.
t h e a t e r a m b e r g
Verbunden durch Seil und Abhängigkeit
«Oben», das ist genau ein Meter über dem Boden. Blocksteingelände ist die Freiluftbühne, auf der Klucker und Rydzewski
für eine Stunde auferstehen, um dem Theaterpublikum ihre Geschichte zu erzählen. Sie erklimmen Gipfel und schenken
sich gegenseitig gar nichts.
Rydzewski: «Klucker drückt mir von seinen aufwallenden Gefühlen übermannt kräftig die Hand und spricht mir seinen
Dank aus.» «Bleib bei der Wahrheit, alter Fuchs! Er selber streckte mir die Hand entgegen.» (Klucker)
Ihr ständiger Begleiter war das gegenseitige Misstrauen. Zänkereien und Beleidigungen prägten ihre zehn «Campagnen».
Getrieben waren sie vom gemeinsamen Ziel, die Gipfel, Grate und Couloirs der Sciora-, Albigna- und Fornogruppe im
Bergell zu meistern. Verbunden waren sie durch das Seil, durch ihre gegenseitige Abhängigkeit und tiefe Abneigung.
Getrennt im Streit und durch unüberwindliche Standesunterschiede waren Klucker und Rydzewski zwei Charaktere, die
unterschiedlicher nicht sein konnten.
5 1
Wandertheater auf Freiluftbühne
Die Bündner Schauspieler René Schnoz und Gian Rupf schlüpfen in die Rollen von Bergführer und Baron. Unter freiem
Berghimmel spielen sie die wahre Geschichte dieser seltsamen und tragischen Seilschaft, die von 1891 bis 1900 zehn
Jahre dauerte und die in zahlreichen Erstbesteigungen und in endlosen Zänkereien gipfelte. Verpackt ist das Ganze in
dem Stück «Ein Russ im Bergell». Geschrieben haben es Emil Zopfi und Stefan Keller, basierend auf den Originaltexten
von Klucker und Rydzewski.
Als Wandertheater ziehen die Preisträger des SAC-Kulturpreises 2010, Rupf und Schnoz, mit dem Stück im Sommer
2011 zu Fuss von SAC-Hütte zu SAC-Hütte. Durch vier Kantone (GR, UR, GL, SG) und drei Sprachregionen. 15 Tage lang
zaubern sie als Christian Klucker und Baron Anton von Rydzewski das Publikum zurück in die Anfänge des Alpinismus
und hinein in die ewig gleichbleibenden Auseinandersetzungen am Berg.
«Der Badile dort drüben… – was meinen sie Klucker? – Glauben Sie, wir schaffen diese Kannte irgendwann doch noch?
Ein Sonderlohn von … Hundert Franken sei Ihnen hiermit versichert.» (Rydzewski)
«Hundert Frangge für en Mehlsagg – no grazie!» (Klucker)
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5 3
Alexander Curtius bewegt sich mit seinen Kreationen in einem Grenzbereich zwischen freier Skulptur und an-
gewandtem Design – zwischen Kunst und Handwerk. Idyllischer könnte die Werkstatt des Kunstschaffenden
nicht sein: Sie liegt hochalpin, weit über Scuol im Niemandsland, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.
TExT NADJA WIELATH | FOTOS MAyK WENDT
EInE LIEGE WIRD ZuR WOhnsKuLpTuR
Die Liegen von Alexander Curtius überzeu-
gen durch eine archaische Präsenz. Direkt aus einem mas-
siven Arvenstamm herausgeschnitten, verleiht er dem Holz
durch intensive Verarbeitung eine feine, sich dem mensch-
lichen Körper annähernde, ihm umschmeichelnde Form.
Das ist eine der drei Arten seiner unterschiedlichen Her-
stellungsmethoden. Die Liegen werden immer aus dem glei-
chen Formprinzip aufgebaut. Nebst dem Herausschnitzen
aus den massigen Stämmen erstellt er Liegen nach dem
Duktaprinzip oder setzt die gesamte Liege aus einzelnen
Klötzen in aufwendiger Kleinstarbeit zusammen.
Curtius, ein gebürtiger Deutscher, etablierte sich in Scuol
als Werklehrer und freischaffender Künstler und schuf sich
einen Namen. Vor zwei Jahren fand er sein ideales Atelier in
über 1250 Metern luftiger Höhe. Hoch über Scuol liegt,
abgelegen auf einer Wiese, eine Pfadihütte. Dahinter hat
sich der Designer in einer zweiten kargen Hütte eingemietet.
Im Rücken umgeben ihn die Wiesen, Bäume und Berge, in
der Front hat er freie Sicht, so weit das Auge reicht. Es ist
sein alpines Himmelreich. Hier arbeitet er zu jeder Tages-
und Jahreszeit, grösstenteils im Freien. Minustemperaturen
können dem Naturburschen nichts anhaben, solange er sich
bewegt und arbeitet, ist ihm schön warm. Den leicht beheiz-
baren Raum der Hütte nutzt er mehr für sein Werkzeug, als
Materiallager, sowie für Feinarbeiten.
Curtius Skulpturen und Möbel sind aussergewöhnlich und
tragen eine eigene Handschrift. Bei seinen Arbeiten legt er
ein Schwergewicht auf seine Wahrnehmung: «Auf meinen
Entdeckungsreisen in den Wäldern erhalte ich eine Ahnung
von der inneren Dimension des Holzes», erklärt er. «In der
Werkstatt aber greife ich je nachdem massiv in diese
Struktur ein. So kann sich eine zwei Meter grosse Wurzel
letzten Endes auf eine nur einen Meter grosse reduzieren.
Dabei versuche ich immer eine Form, einen Schwung zu
finden, der bereits im Holz vorhanden ist, und nicht etwa
meine Vorstellung in das Holz zu projizieren.» Der emotio-
nale Beginn seiner Arbeit, der für den Künstler sehr wichtig
ist, beschreibt er folgendermassen: «Du gehst an einem
alten abgewaschenen und vergrauten Stück Holz vorbei, das
5 6
d e s i g n
im Bachbett von Steinen halb eingegraben ist. Irgendetwas hält dich. Du schaust genauer hin: Eine Bewegung in der
Form erhascht deinen Blick und dein Interesse ist geweckt.» Der Designer arbeitet ausschliesslich mit einheimischen
Hölzern, die in der Schweiz, in unmittelbarer Nähe von ihm wachsen. Sehr oft verarbeitet er Fund- und Schwemmhölzer
sowie Wurzeln, die er zu Skulpturen verwandelt. Er beschäftigt sich primär mit Formen, die in Bewegung sind, mit flies-
senden, organischen Formen. Genau diese sind auch bei seinen Liegen, die wie anmutende Skulpturen daliegen, der
zentrale Punkt. Curtius möchte das Holz – eigentlich lebloses Material – wieder in Bewegung bringen. Das gelingt ihm
besonders gut bei seinen Holzliegen, in denen man sich schaukeln und wie auf Wellen wiegen lassen kann.
Alexander Curtius ist experimentierfreudig und entwickelt sich immer weiter. Seinen runden, fliessenden und ergono-
mischen Formen blieb er aber immer treu. Und so schuf er ein unverkennbares Möbelstück: die Holzliegen. Mit ihnen
schuf er sich einen Namen, und so manches Wellnesshotel führt seine Liegen im Ruheraum, wo Zeit zum Relaxen ist,
wo natürliche Materialien gefragt sind und auch das Auge mit einem besonderen Schmaus erfreut werden möchte. Die
ersten Liegen waren aus einem Baumstamm, aus Hölzern wie Nussbaum, Arve oder Pappel gefertigt. Curtius Erfin der-
5 7
geist ruhte sich trotz des Erfolges nicht aus und suchte weiter nach neuen Varianten. So entstanden die «Klötzli-Liegen».
Sie wurden zum Renner an der Designermesse «Blickfang» in Zürich. Er schuf einen Gegentrend zum allgegenwärtigen
Retro-Chic. Sein Sortiment wurde durch andere Möbelstücke wie dem Kugelsessel bereichert. Ein Sessel aus einer
Kugel, in den man sich hineinkuscheln und bewegen kann wie auf einem Sitzball. Seine geschnitzten Liegen und Sessel
sind eine Mischung von Le-Corbusier-Sachlichkeit und Robinson-Romantik, es sind «Wohnskulpturen», die aus der Masse
stechen. Seine neusten Kreationen beschreiten ganz andere Wege: Es handelt sich um ein edel wirkendes Waschbecken
aus Arvenholz, versiegelt mit Epoxyd-Harz. Aus seiner Liege, wo es sich bequem liegen lässt, war der Schritt zu einer
ergonomischen Holzbadewanne nicht mehr weit. «Das ist mein neustes Experiment», sagte er bei einer Sanitärfirma,
als er die Wanne vorstellt. Das Experimentieren und Erfinden liegt ihm – und der Erfolg gibt ihm Recht. Letztes Jahr
wurde er für den Prix Jumelles der «Fondation Jumelles» nominiert. Diese Preisvergabe soll das Scheinwerferlicht auf
Designer werfen, die klassische Werkstoffe materialgerecht verarbeiten und daraus aussergewöhnliche Dinge schaffen.
Curtius absoluter Traum wäre, eine eigene Möbelmarke zu lancieren, die in grösseren Serien hergestellt und europaweit
vermarktet wird. «Ich möchte einen unverkennbaren Stil entwickeln und diesen auf Sitzmöbel und Tische übertragen»,
wünscht er sich. Um dieses Ziel zu erreichen, ist für Curtius eine Arbeitsteilung notwendig. Deshalb strebt er eine
Auslagerung und Professionalisierung der Produktion sowie des gesamten Marketings an. Somit könnte er sich ganz
dem Design und der Ideenfindung widmen. «Bis jetzt war es ein 1-Mann-Betrieb, nun ist die Zeit gekommen für die
nächste Stufe, daran arbeite ich im Moment.» Deshalb verlässt er für ein paar wenige Mal seine Idylle im Unterengadin
und präsentiert seine Werke an Design-Messen, in Möbelhäusern, Wellnesshotels etc. Seine Skulpturen und Liegen
zieren auch Schaufenster und sind Teil von Ausstellungen. Im Unterdorf in Scuol, im Atelier Cantröven, einer umgebauten
Scheune, ist eine repräsentative Auswahl aus seinem künstlerischen Schaffen zu sehen. Zudem vermittelt er in
seinen Kursen sein ganzes Wissen rund um das Handwerk und die Kunst, sodass danach sogar jeder Schreibtischakrobat
und Nichthandwerker stolz mit seinem eigenen Kunstwerk nach Hause fahren kann.
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r u b r i k
Alp Grüm bedeutet «Erdhügel». Das wäre sie wohl auch geblieben, hätten nicht einst Bahnpioniere eine Vision
verfolgt: Die weltberühmte Berninabahn sollte ohne Scheiteltunnel über den Pass führen, damit sich Touristen
an den atemberaubenden Ausblicken auf das Berninamassiv und seine Gletscher erfreuen können.
TExT DAMIAN ZINGG | FOTOS ANDREA BADRUTT
bALKOn DER WELT
6 1
r u b r i k
6 2
Primo Semadeni ist im Engadin aufgewachsen. Auf dem Puschlaver Maiensäss seiner
Grosseltern half er oft beim Heuen. Dabei hatte er immer den Palügletscher auf der anderen Talseite vor Augen. Nie
hätte er gedacht, dass er Jahrzehnte später in dieser Region ein besonderes Haus führen würde. Semadeni bezeichnet
sich nicht als Eisenbahnfan. Und doch folgte sein Berufsleben den Gleisen der Rhätischen Bahn: Nach einer Kellnerlehre
arbeitete er im Speisewagen des Glacier-Express. Später führte er das Bahnhofbuffet Samedan. Dann übernahm er die
Gaststätte beim Bahnhof Bever. Eigenhändig renovierte er das alte Gebäude. Heute heisst das heimelige Restaurant «da
Primo».
e r l e b n i s
6 3
r u b r i k
Tagtäglich fährt der Bernina-Express vor seinem Restaurant vorbei. Früher zuckte Semadeni dabei nur mit den Schultern.
«Dann kam jemand von der RhB und meinte, ich könnte doch auch den Gastrobetrieb im Bahnhof Alp Grüm übernehmen.
Ich antwortete mit einem ironischen Ja, sicher, denn ich hatte mit meinem Restaurant da Primo in Bever genügend zu
tun.» Seine Gesprächspartner hatten keinen Sinn für Ironie und unterbreiteten ihm einen konkreten Vorschlag. Kurz darauf
übernahm Primo Semadeni denn das Albergo Ristorante «Alp Grüm» auf der Südseite des Berninapasses. «Zuerst dachte
ich, da hast du dir etwas eingebrockt! «Alp Grüm» ist nur per Bahn oder zu Fuss erreichbar – das bedeutete besondere
logistische Herausforderungen. Ich wusste auch nicht, ob ich qualifiziertes Personal finden würde, das an diesem abge-
schiedenen Ort arbeiten und leben möchte.»
r u b r i k
6 4
Nach Ospizio Bernina rattert der Bernina-Express dem Ufer des Lago Bianco entlang.
Dann führt die Strecke plötzlich steil bergab. Bei Pozzo del Drago, dem Drachenloch, öffnet sich der Blick auf den Palü-
gletscher. Einige Kurven später hält der Zug im Bahnhof Alp Grüm. Das Empfangsgebäude mit Restaurant und Hotel ist
aus wetterfestem, massivem Stein gemauert. Es hält jedem noch so heftigen Wintersturm stand. Die Fensterläden sind
genauso rot gestrichen wie die Wagen des Trenino Rosso. An der Fassade grüsst ein Schild in japanischer Sprache. Ein
Zeichen der Verbundenheit mit der japanischen Hakone Tozan Railway. 1912 studierten japanische Ingenieure den Bau der
Berninalinie vor Ort. Der Streckenverlauf mit zahlreichen Kehrschlaufen inspirierte sie zum Bau der Hakone-Gebirgslinie.
Gleich nach dem Bahnhof führt das Gleis in einer 180-Grad-Kehrschlaufe in die Tiefe, hinunter zum Ausweichbahnhof
Cavaglia. Früher hielt man dort Pferde und Maultiere bereit, um bei Betriebsstörungen Passagiere evakuieren zu können.
6 5
r u b r i k
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft spielen für den
Besucher der Alp Grüm keine Rolle mehr. Man wähnt sich
in einer wohltuenden Zeitlosigkeit. Da sitzt man auf der
Terrasse, 2091 Meter über Meer, umgeben von schneebe-
deckten Gipfeln des Berninamassivs. Gegenüber stürzt das
Schmelz wasser des Palügletschers tosend über senk-
rechte Fels wände. Unten, im Lagh da Palü, sammelt sich
die weisslich schimmernde Gletschermilch, bevor sie
Richtung Adria abfliesst. Südwärts überblickt man das ge-
samte Puschlav, am Horizont zeichnen sich die Bergamasker
Alpen ab. Die Luft ist frisch und klar. In dieser Ruhe und
Erhabenheit kann man die Seele herrlich baumeln lassen.
Wahrlich, auf diesem Balkon der Welt wähnt man sich dem
Himmel nahe.
Ein solcher Ort ist prädestiniert für Wunder. Für die Öster-
reicherin Elisabeth Erber ist am Bernina ein Traum in Erfül lung
gegangen. Sie träumte immer schon von einem speziellen
Arbeitsort, fernab der Zivilisation, in einem besonderen Haus.
Semadeni ist stolz auf seine pfiffige Geschäftsführerin: «Man
muss «Alp Grüm» lieben, denn abends kann man nicht weg.
Im Winter verunmöglicht der Schnee sogar einen Spaziergang
ums Haus. Es gibt keine Unter haltungsmöglichkeiten weit und
breit.» Das ist auch nicht nötig, denn im Berghaus trifft man
interessante Gäste aus aller Welt: Kürzlich war eine
Delegation der Hakone Tozan Railway zu Gast. Ebenso das
ZDF mit Horst Lichter von «Laver!Lichter!Lecker». Schrift-
steller schöpfen in der besonderen Atmosphäre von «Alp
Grüm» Kreativität, Eisenbahnfans jagen Zügen hinterher,
Berg sportler und Naturliebhaber schätzen die Lage mitten
im Gebirge. Frisch Verliebte und Hochzeitsjubilare verbringen
in dem einzigartigen Bahnhofshotel gerne ein Kuschel wochen-
ende. Zudem gibt es im Massenlager preiswerte Schlaf-
gelegenheiten für Familien und Gruppen.
Im Restaurant serviert das Team von Geschäftsführerin
Elisabeth Erber lokale Spezialitäten, frisch zubereitet mit re-
gionalen Produkten. Die Rhätische Bahn veranstaltet im
Winter Vollmondfahrten nach «Alp Grüm», wo die Gäste ein
vorzügliches Gletscherfondue geniessen können.
r u b r i k
6 6
Alles, vom ringförmigen Puschlaverbrot bis zum Salat, wird mit dem Zug angeliefert. Auch der Veltliner
von La Torre, der in dieser Höhe besonders gut schmeckt. Schwere Frachten fliegt ein Helikopter von Air Grischa ein. Die
exponierte Lage von Alp Grüm wird besonders bei schwieriger Witterung deutlich. Im vorletzten Winter blieb die
Bahnstrecke vier Tage geschlossen. Jürg Denoth, Basisleiter und Heli-Pilot der Air Grischa, evakuierte die eingeschneiten
Gäste. «Nach seiner Landung bei der Kehrschlaufe stieg er aus dem Cockpit. Plötzlich sah ich ihn nicht mehr. Jürg war bis
zur Brust im Schnee eingesoffen!» lacht Semadeni. «‘Alp Grüm’ bietet jedem Besucher einzigartige Erlebnisse!»
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Haglöfs_Bodypaint_andrea_inserat 13.9.2005 11:06 Uhr Seite 1
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Der Churer Architekt Thomas Domenig sen. hat die «Twin Towers» in Chur City West schon Anfang der 90er-
Jahre mit seinem Büro geplant. Ihn freut es, dass mit der Realisierung das ganze Quartier Chur West aufge-
wertet wird. Denn neben einer verbesserten verkehrsmässigen Anbindung entstehen ein grosses Shopping
Center, attraktive Wohnungen, ein Hotel sowie eine Altersresidenz.
TExT SEBASTIAN K IRSCH | FOTOS ANDREA BADRUTT
EIn nEuEs quARTIER EnTsTEhT
6 9
W i r t s c h a f t
7 0
Derzeit wird kräftig an der neuen
«Skyline» der Stadt Chur gearbeitet. In unmittelbarer Nähe
der Autobahnausfahrt Chur Süd entstehen nämlich zwei
weit hin sichtbare Wohn türme, die Teil der Grossüberbauung
City West sind. Jede Woche kommt ein neues Stockwerk
dazu und erst beim 24. Stockwerk oder bei 79,9 Metern ist
Schluss. Dieser urbane Touch mag zwar die einen oder an-
deren Feriengäste etwas irritieren, für die Stadt Chur stellen
die «Twin Towers» aber eine städtebauliche Bereicherung dar.
Denn mit der Über bauung City West bekommt ein ganzes
Stadtquartier ein neues Gesicht sowie ein hochfunktionales
Zentrum, welches einen eigentlichen Gegenpol zur pitto-
resken Altstadt bildet.
Emsiges Treiben herrscht auf der Grossbaustelle: Wie von
Zauberhand betätigt, versetzen die drei grossen Kräne Bau-
materialien, setzen Paletten mit Verpackungsmaterial an der
Strasse ab oder liefern Nachschub in den 18. Stock. Auch das
Entladen der tonnenschweren Fracht eines LKW funktio-
niert reibungslos. Über 220 Arbeiter sind mit den verschie-
densten Tätigkeiten beschäftigt: vom Leitungsverlegen im
Unter grund bis zum Einsetzen der ersten Fenster oder der
Armierung der obersten Betonplatte in luftiger Höhe. Doch
trotz der enormen Betriebsamkeit, von Hektik keine Spur:
«Die Arbeiten schreiten planmässig voran», bestätigt Thomas
Domenig vom Architekturbüro Domenig & Domenig. Am
11.11. um 11.11 Uhr soll das rote Band an den Eingangstüren
des Shopping Center durchtrennt werden, welches vom
Gross verteiler Coop betrieben wird.
Während die «Twin Towers» mit einem Stockwerk pro Woche
in die Höhe getrieben werden, sorgt im Untergrund die IBC
Energie Wasser Chur dafür, dass die Energiezentrale pünkt-
lich fertiggestellt wird. Um den enormen Energie- und Wär me-
bedarf der gesamten Liegenschaft und weiterer an gren zen-
der Gebäude effizient und ökologisch sinnvoll zu decken,
installiert die IBC ein sogenanntes Blockheizkraftwerk: «Als
Betreiber garantieren wir den zuverlässigen Betrieb der
Anlage, die auch völlig autonom arbeiten kann», betont Martin
Derungs, Leiter Marketing & Verkauf der IBC.
W i r t s c h a f t
«Hochhäuser stellen für mich etwas ganz Besonderes dar. Sie zeugen von Grösse und Fortschritt.
Und wer einmal die freie Aussicht aus einem Hochhaus erlebt hat, kann sich dieser Faszination nur schwer entziehen»,
sagt Thomas Domenig sen. Domenig hat im Churer Rheinquartier bereits in den 70er-Jahren seine ersten Hochhäuser
realisiert. Angesichts der immer prekäreren Bodenknappheit machen Hochhäuser gerade dann Sinn, wenn sie aus
einem Gesamtkonzept her entstehen: «Ich bin überzeugt, dass der Mix aus Geschäftshaus, Restaurant, Wohnhaus,
Hotel und Altersresidenz den Nerv der Zeit trifft. Die Menschen werden alles an einem Ort vorfinden und müssen keine
grossen Wege mehr gehen, um ihre Besorgungen zu machen. Deshalb macht hier auch eine Altersresidenz Sinn. Als
alter Mensch ist man so im Zentrum des Geschehens und wird nicht irgendwohin abgeschoben», so Domenig.
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Die Stadt Chur ist in den letzten Jahrzehnten nicht schnell, aber kontinuierlich gewachsen. Das zeigt sich allein daran,
dass Hunderte neuer Wohnungen entstanden und nochmals neuer Wohnraum für über 1500 Menschen entstehen
soll. Als Kantonshauptstadt hat sich Chur nicht nur zu einem Dienstleistungszentrum, sondern auch zu einem wichtigen
Bildungsstandort in der Ostschweiz entwickelt. Doch Chur hat bei seinem Wachstum ein grosses Problem – der
Boden ist aufgrund der geografischen Verhältnisse sehr knapp. So hat Chur grosse Schwierigkeiten, ansiedlungswilligen
Firmen Baugrundstücke zur Verfügung zu stellen.
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Die Schlossoper Haldenstein 2011 feiert am 5. August Premiere mit Verdis «La Traviata» – erstmals unter
starker Bündner Prägung. Die Regisseurin und ihr Assistent, der Bühnenbauer und die Hälfte der Orchester-
besetzung sind einheimische Musikerinnen und Musiker.
TExT UND FOTOS WALTER SCHMID
«LA TRAvIATA» vOn bünDnERn GEpRäGT
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«Bereits bei den Vorbereitungen für die diesjährige Schlossoper
hat sich der Vorstand zum Ziel gesetzt, die Produktion unter der Regie einer Bündner Persönlichkeit zu realisieren», so
Dorothe Reinhart-Steinbeck, Präsidentin der Kammerphilharmonie Graubünden. Aus einer Reihe von Namen und nach
diversen Recherchen sei dann entschieden worden, für die Regiearbeit von «La Traviata» Barbara-David Brüesch nach
Haldenstein zu verpflichten. Sie sei schon ein wenig stolz über dieses Engagement, sagt die Auserwählte. Und einen
weiten Weg muss sie auch nicht gehen. Schliesslich ist sie in Chur aufgewachsen und hat einst hier für ihren Beruf Feuer
gefangen, «in der Dramatischen Kantonsschülergruppe, bei der Klibühni, bei den Freilichtspielen Chur, bei der Künst-
lergruppe In Situ», erinnert sich Barbara-David Brüesch. Regie studierte sie danach an der renommierten Hochschule
für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Seither hat sie an diversen Bühnen im deutschsprachigen Raum inszeniert, u.a.
im Theaterhaus Gessnerallee Zürich, in den Sophiensaele Berlin, im Roten Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-
Platz Berlin, am Neumarkt Theater Zürich, Stadttheater Chur, am Stadttheater Bern, am Schauspielhaus Wien und an
den Staatstheatern Mainz und Stuttgart. 2008 wurde Barbara-David Brüesch mit dem Karajan-Preis, dem Förderpreis
der Stadt Chur sowie dem Studentenpreis der Stadt Berlin ausgezeichnet.
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Spezielle Herausforderungen
Nach modernen Dramen, Shakespeare, Klassikern und Romanadaptionen ist die Gattung «Oper» für sie eine neue Heraus-
forderung. Sie sei fasziniert von dieser Kunstform, obwohl die Arbeit völlig anders sei als beim Schauspiel. «Bei der Oper
werden Abläufe durch klar vorgegebene Zeitraster der Musik bestimmt», so die 36-jährige Regisseurin. «Dazu kommt,
dass die Opern-Akteure allein vom Stil her ganz anders an ihre Aufgaben herangehen als die Schauspieler, weil sie vor
allem auch noch singen.» Als einmalig an der Schlossoper bezeichnet Barbara-David Brüesch die tolle Atmosphäre und
Arbeit mit den jungen Künstlerinnen und Künstlern. Das mache es zwar nicht einfacher, denn sie seien relativ unerfahren
und bräuchten noch Hilfe in schauspielerischer Hinsicht. «Aber alle wollen diese Chance an der Schlossoper packen und
arbeiten entsprechend ehrgeizig auf die Aufführungen hin».
Eine zusätzliche Herausforderung für alle Beteiligten besteht darin, dass neben den Proben mit allen Doppelbesetzungen
im Grunde genommen zwei verschiedene Inszenierungen für «La Traviata» nötig sind. Brüesch: «Die eine für die Bühne
im Schlosshof, die andere für die Schlechtwettervariante im Theater Chur, wo die Gänge der Akteure völlig anders sind.»
Seit dem 27. Juni laufen die Probenarbeiten im Schlosshof Haldenstein und im Theater Chur. Unterstützung in ihrer
Arbeit erhält Barbara-David Brüesch vom 31-jährigen Regieassistenten Curdin Casutt. Für den waschechten Bündner
ist die Schlossoper sein erster Wirkungsort in Graubünden. Aufgewachsen in Thusis, hat er eben das Studium der Musik-
wissen schaften an der Uni Zürich abgeschlossen – mit Spezialgebiet Oper.
«Endlose» Bühne
Das ganze Team rund um die Schlossoper Haldenstein hofft natürlich, dass sämtliche Aufführungen zwischen dem
5. und 24. August unter klarem Sternenhimmel in Haldenstein zur Aufführung gelangen – nicht einzig aus Witterungs-
gründen. Denn zum aussergewöhnlichen Ambiente des Renaissance-Schlosses mit der ungewöhnlichen Raumsituation
des Innenhofes gesellt sich eine ausgefallene Bühne. «Hier ist an den bisherigen fünf Opernaufführungen in Sachen
Bühnen bild eigentlich schon alles gemacht worden», sagt Barbara-David Brüesch «Wir wollten etwas anderes, etwas,
mit dem mehr Dynamik ins Spiel gebracht werden kann.» So kamen der Innerschweizer Bühnenbildner und Ausstatter
Damian Hitz und die Regisseurin – die beiden sind dank zahlreicher früherer Theaterproduktionen ein eingespieltes
Team – auf die Idee der wie ein Laufsteg rund um den Brunnen im Innenhof angelegten Bühne. «Das ermöglicht viel
Bewegungsraum für die Sängerinnen und Sänger», so Barbara-David Brüesch, «und durch die aussergewöhnliche
Konstruktion werden auch besondere Effekte möglich sein». Für die Verantwortlichen der Schlossoper habe es jedoch
eine Reihe von Besprechungen und intensive Verhandlungen gekostet, bis es für diesen einmaligen Bühnenentwurf die
Gewissheit einer Realisierung gegeben habe, gesteht die Präsidentin der Kammerphilharmonie Graubünden.
Doppelte Schweissarbeit
Aussergewöhnlich an der Bühne ist nicht nur die Anordnung, sondern auch die komplett in Stahl gebaute Konstruktion.
Bühnen bildner Damian Hitz hat das Modell dem in Chur ansässigen Stahlkonstrukteur Tinu Bieri übergeben, der die fünf
Tonnen schwere Bühne im Zeitraum von sechs Wochen gebaut hat. Auf dem Areal der Firma Weber in Chur wurden die
verschiedenen Elemente zusammengeschweisst. Die geforderte Stabilität erreichte der Metallbauspezialist durch zusätz-
lich angebrachte Verstrebungen und Verstärkungen auf dem Montageplatz. Zum Vornherein sei klar gewesen, so Tinu
Bieri, dass die Bühne nicht via Strasse, sondern per Helikopter nach Haldenstein gebracht würde. «Die Tore in den
Schloss hof wären zu eng gewesen und der Lastwagen transport zu umständlich.» Also zerlegte Bieri die Bühne mit der
Trennscheibe auf dem Weber-Areal wieder in fünf Teile. Eines nach dem andern wurde am 20. und 21. Juni mit dem
Helikopter rund um den Brunnen im Schlosshof niedergelegt. Ein schweisstreibender Kraftakt nicht nur, was die Muskeln
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anbetrifft. «Bis alle Teile hier waren, hat es schon einiges an
Nerven gebraucht», gesteht Bieri. Ihm und Damian Hitz steht
die Erleichterung danach ins Gesicht geschrieben, dank
perfekter Platzierung durch das Heli-Team und der Pass-
genauigkeit der einzelnen Elemente.
Musik aus der Bühnenmitte
Längst haben Tinu Bieri und Damian Hitz im Schlosshof die
Bühnenelemente wieder zusammengeschweisst, die Kon-
struk tion «ins Lot» gebracht und die Abschlussarbeiten vor-
genommen. Längst auch hat die Möbelwerkstatt Viamala
die Publikumstribünen erstellt und die Holzarbeiten rund um
die Stahlbühne abgeschlossen – und im Oval des Bühnen-
innerns den Boden für das Orchester bereitet. Die 33-köpfige
Kammerphilharmonie Graubünden – darunter 15 «astreine
Bündner» – unter der Leitung ihres Dirigenten Sebastian
Tewinkel wird von diesem zentralen Punkt aus Verdis Musik
zu «La Traviata» spielen und die Sängerinnen und Sänger
aus Deutschland, Italien, Russland, Slowenien, Südkorea,
Ungarn und der Schweiz begleiten.
Die Präsidentin der Kammerphilharmonie Graubünden ist
überzeugt, «dass im August mit Verdis «La Traviata» dank
des aussergewöhnlichen Bühnenbilds, der hervorragenden
Besetzung und der starken Prägung durch Bündner Kunst-
schaffende dem Publikum eine ganz besondere Opern pro duk-
tion präsentiert wird».
Aufführungen
Premiere: 5. August 2011, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen: 6./9./10./12./13./17./20./2
3./24. August 2011, 20 Uhr, Schloss Haldenstein.
Werkeinführung Sonntag, 31.7.2011, 11 Uhr
Bei schlechter Witterung findet die Vorstellung / Einführung
im Theater Chur statt.
Tickets
Chur Tourismus, Informationszentrum Bahnhof Chur, oder
über Tel. 081 254 50 60, online unter www.schlossoper.ch
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Soglia sul paradiso: Das Bergell – Die Schwelle zum Paradies
«Da verschmelzen die felsigen Joche und die ewigen Gletscher mit dem zarten Duft der Triften und dem tiefen Grün
der Arvenwälder, und der blaue Himmel spiegelt sich in Seen, die noch hundertmal blauer sind als der Himmel.»
(Giovanni Segantini über das Bergell)
TExT JOSEF GADIENT | FOTOS ANDREA BADRUTT
sOGLIA suL pARADIsO
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Überquert man vom Engadin herkommend den steilen Malojapass, findet man sich – kaum hat
man das Hochtal verlassen – unvermittelt in einer völlig anderen Welt.
In der Luft liegt das Parfüm des Südens, ein schwerer Geruch bereits südländischer Gewächse. Ein wenig milder schon
erscheint das Licht. Blickt man um sich, erheben sich jäh die steilen felsigen Wände hin zu den eleganten weissen Gipfeln
der mächtigen Sciora-Gruppe. Sogleich wird man ein wenig ruhiger und stiller in dieser abgeschlossenen Oase der Extreme.
Die Wiege der Kunst
So wie uns mag es denn auch den zahlreichen Künstlern und Literaten ergangen sein, die sich über die Jahrhunderte
hinweg im Bergell aufgehalten und ihre Inspiration gesucht und gefunden haben. Ihre lebendigen Spuren lassen sich noch
heute auf Schritt und Tritt verfolgen. So fasziniert beispielsweise ein Besuch im Atelier Giacometti in Stampa oder im
Museum Ciasa Granda, in der einige Werke des bekannten Malers und seiner Kinder zu sehen sind, oder gar ein Besuch
des Familiengrabes der weltbekannten Künstlerdynastie in Borgonovo.
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In Soglio wiederum, einem kleinen Bergdorf, gelegen auf einem sonnigen Plateau über Promontogno, scheint die Zeit
stillzustehen. Hier, im 1630 von Baptista von Salis erbauten Palazzo Salis, haben angesichts des wundervollen Blickes
über das Tal Rainer Maria Rilke und Friedrich Nietzsche gedichtet und gedacht. Der Wahlbergeller Giovanni Segantini
fand hier die Inspiration zu seinem mächtigen Alpentryptichon, das heute im Segantini Museum in St. Moritz zu besich-
tigen ist. Wer den Genius Loci, das Flair und die Atmosphäre des Palazzo Salis sowie diverse kulinarische Köstlichkeiten
geniessen möchte, kann dies im alten Gemäuer, das mit viel Liebe zum Detail erhalten wurde und heute als gediegenes
Hotel geführt wird, noch immer tun.
Mit Varlin fand in Bondo ein weiterer Künstler und Denker die Liebe zu seiner Frau und die tiefe Zuneigung zum einfachen
zurückgezogenen Dasein sowie den Menschen in diesem Tal.
Diese Zuneigung zu seiner neuen Heimat und ihren Bewohnern schlug sich denn auch im riesenhaften Gemälde
«Die Leute meines Dorfes» nieder, das heute in der Ciasa Granda zu bestaunen ist.
Die Liebe zwischen einem jungen Bergeller Zolleinnehmer und einer jungen Dichterin war es dann auch,
die im 19. Jahrhundert Architektur von Weltformat ins abgelegene Bergtal brachte: Gottfried Semper, damals weit über
die Landesgrenzen hinaus bekannter Professor am Polytechnikum in Zürich, verwirklichte den Lebenstraum des jungen
Ehepaares und erbaute im italienischen Stil von 1863 bis 1864 die Villa Garbald. Lange in Vergessenheit geraten, wurde
diese Trouvaille in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich renoviert und steht heute für Führungen offen.
Der Weg durchs Paradies – zu Fuss – mit dem Seil – oder auch by bike
Nebst kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten lädt das Bergell mit seinen über 180 Kilometern gut ausgebauten
Wanderwegen zu ausgedehnten Wanderungen und Touren entlang der idyllischen Ufer der Maira, durch die ausgedehnten
duftenden Kastanien- und Nadelwälder bis an den Fuss der mächtigen Berge, die das Tal umschliessen.
Der wohl bekannteste Weg, die «panoramica», führt in höherer Lage der Sonnenseite des Tales entlang und lässt den
wackeren Wanderer über Stunden die einzigartige Sicht über das Tal hinaus sowie den Blick auf die imposante Sciora-
Gruppe erleben.
n a t u r
Aber auch auf den Spuren der Römer und
Schmuggler oder aber auf diversen Lehrpfaden lässt sich das
Tal auf weiteren abwechslungsreichen Wegen durchwandern.
Wer vor den steilen und steinigen Felsformationen und den
eisigen Gletschern nicht haltmachen möchte, findet ein
Kletter paradies vor, das seinesgleichen sucht.
Mit seinen drei alpinen Seitentälern Forno, Albigna und
Bondasca, in denen weit über 30 Gipfel variantenreiche, ein-
zigartige und bizarre Felsstrukturen bieten, ist das Bergell
das Paradies eines jeden Alpinisten.
Bergell by Bike: Ob steile Auf- und Abstiege oder gemütliche
flache Strecken, das gesamte Tal lässt sich mit dem Bike auf
ausgeschilderten Trails bis hinauf ins Engadin durchfahren.
Ob nur ein kühler Drink, Kultur oder eine einheimische
Spezialität: Für die notwendige Erholung auf anspruchsvollen
Touren sorgt ein Halt in einem der Dörfer, welche an den
Routen liegen. Für Gäste im fortgeschrittenen Alter oder für
jene, die es weniger ambitioniert, dafür einfach nur gemütlich
lieben, hält das Hotel «Pranzaira» in Vicosoprano E-Bikes
bereit, die mit halber Kraft in der Pedale den vollen Genuss
möglich machen.
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Von Chur aus führt die Strasse hundertmal gebogen über den Valbella- zum Julierpass – oder, wenn man in
Lenz, noch vor Tiefencastel, über Brienz ostwärts weicht, in die Davoser Landschaft und zum Albula. Kurz
vor der Passhöhe liegt das Dorf Parpan, umgeben von einem Tannenkranz südwest- und einer feuchten
Ebene ostwärts zum Heimberg hin. Diese offene Ebene wurde im Gegensatz zum alten Dorfkern, der wohl
beschützt sich an den Kirchenhügel bei der alten Saum- und Poststrasse schmiegt, wegen des permanenten
Luftzugs früher kaum bebaut, sondern höchstens beweidet. Ganz unten im Rabiosatal liegt Passugg, das
seine Mineralquellen nach wie vor nutzt, in der Verzweigung zum Schanfigg, welches im engen Plessurtal
in einer unruhigen Rechtskurve nach Langwies und zuletzt nach Arosa führt; wer will, kann im Sommer von
dort aus in wenigen Stunden nach Parpan zurückwandern.
TExT MARCO DOMINIQUE WEBER | FOTOS ANDREA BADRUTT
GEschIchTE Zum schLössLI pARpAn
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Schon zu alter Zeit wurde
der Valbellapass benutzt, und zwar als Poststrecke zum
Septimer und danach zum Julier, solange der Schyn ein nur
schwer begehbarer, allzu gefährlicher Weg war. Parpan
hatte also regen Umgang mit Säumerkolonnen und
Kutschenverkehr, und es gewann damit wohl, als höchster
Ort am Pass, an Bedeutung. Es wundert deshalb nicht, dass
die Adelsfamilie Buol sich bald von der grimmigen Burg im
tiefer gelegenen Strassberg bei Malix nach einem angeneh-
meren Wohnsitz umsah – da kam Hartmann von Hartmannis
gerade recht, der sich im reformierten Parpan um 1580 ein
neues Herrschaftshaus gebaut hatte, das in so karger
Landschaft wohl erstaunte.
Hartmann von Hartmannis war zu seiner Zeit einer der ange-
sehensten Bündner. Er setzte sich vielfältig für politische
Reformen ein und hatte in Frankreich Henri IV. als Oberst
gedient, solange der König reformiert blieb, und ein Bündner
Regiment geführt. Die Legende sagt, dass er, erst nachdem
er sich mehrmals beschwert hatte, als Sold schwere Gold-
ketten erhielt, mit denen er in der Folge das Schlössli in Parpan
erbauen liess. Durch seine Schwester Margaretha gelangte
das Schlössli 1603 in die Familie Buol von Strassberg, die
es fortan als Familiensitz zum Ausgangspunkt ihrer politi-
schen Tätigkeiten machte, die bis ins Veltlin führten; 1581
und 1593 war Hartmann von Hartmannis selbst Veltliner
Landeshauptmann gewesen, und 1584 und 1598 amtierte
er als Landammann der Gerichts gemeinde Churwalden. Das
Leben in Parpan war damals hart, aber wohl auch abwechs-
lungsreich; Getreidewirtschaft war nicht möglich, weshalb
der tägliche Umgang mit Vieh und Verkehr im Vordergrund
stand, was es gleichzeitig ermöglichte, auch in weiter weg
gelegenen Regionen politisch und militärisch zu wirken.
Schon zur Bronzezeit soll diese Gegend betreten worden
sein, und in der frühen Neuzeit wurde zudem Bergbau am
Rothorn betrieben, um Kupfer und Silber zu gewinnen.
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Wer heute aus dem Flachland in diese raue Gegend kommt, fühlt sich
trotz des unübersehbaren Fremdenverkehrs, mit bedeutenden Bauten auch in steilen Berghängen, bald entrückt, wie
es schon zu jener Zeit spürbar sein musste, als das Schlössli noch weit herum als Zentrum des gesellschaftlichen Lebens
strahlte. So ergeht es mir selbst, ist die Auf- und Abfahrt ist eine willkommen erbauende, um nicht zu sagen reinigende
Erfahrung, die im schlimmsten Falle süchtig macht, und vor allem bergwärts beschert der Weg auch fremden
Grossstädtern eine Anziehungskraft, die sie lange nicht mehr loslässt. Das hat mit der Landschaft selbst ebenso viel wie
mit der frischen Luft zu tun, und Parpan ist schon früh ein bekannter Luftkurort gewesen, ohne damals allerdings so viele
Kranke kurieren zu können, wie das etwa in Davos möglich war; dass aber manch ein namhafter Künstler den
Valbellapass benutzte, um weiter ins Engadin zu reisen, da es die schnellere Route war, ist nicht nur für Richard Wagner
im Juli 1853 belegt. Thomas Mann weilte im März 1933 für einige Tage auf der Lenzerheide, und Conrad Ferdinand
Meyer ist wahrscheinlich selbst in Parpan gewesen, als er sich mit der Geschichte Jürg Jenatschs befasste. Zu heutiger
Zeit weiss nebst dem Tourismus vor allem die Kulinarik zu glänzen; das hier veredelte Bündnerfleisch ist eine der besten
authentischen Spezialitäten der Schweiz und der junge Käse weit besser, als er ausserhalb der Gegend bekannt ist – was
nicht erstaunt, wer sich im Juni inmitten saftiger Wiesen und froher Kühe bewegt.
Der Weg nach Parpan führt aber weiter, wie schon früher zu hektischer Pferdepostzeit; doch wir folgen nicht dem
Passweg nach Lenz, sondern steigen nordostwärts hoch zum Churer Joch. Die ehemals sumpfige Ebene ist heute weit
überbaut; wir verlassen sie gleich, denn der Weg schlängelt sich rastlos hoch. Nach dem Aufstieg, vorbei am Plantahof,
erreichen wir eine Hochebene nach der anderen – es ist der Oberberg. Wer sich also hier ausruht und die verwun-
schenen Stimmungen auf Foppa geniesst, wird zu jeder Jahreszeit umso mehr entrückt sein, als er dazu bereit ist. Es
ist der Lohn dieser Gegend, die danach ruft und den Ausblick auf den Felsberger und den Haldensteiner Calanda freigibt,
der keinen Vergleich mit dem besungenen Engadin scheut, bis heute aber keinen Dichter gefunden hat.
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