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Akzente Das Magazin der Pädagogischen Hochschule Zürich 2/18 blog.phzh.ch/akzente Mathematik – eigene Strategien beim Rechnen entwickeln Seite 10 Porträt: Melissa Gerber ist eine der ersten Studierenden im neuen Studiengang auf der Sekundarstufe I Seite 28 Interview: Wie sich die Kompetenzori- entierung im Sportunterricht auswirkt Seite 34

Akzente 2/18 - phzh.ch · Design zwischen Mensch und Maschine 27. Mai bis 4. November 2018 Ob Lieferdrohnen, intelligente Sensoren oder Industrie 4.0 – ... klbuä.e1it1.ihu E. Vermischtes

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AkzenteDas Magazin der Pädagogischen Hochschule Zürich

2/ 18

blog.phzh.ch/akzente

Mathematik – eigene Strategien beim Rechnen entwickeln

Seite 10

Porträt: Melissa Gerber ist eine der ersten Studierenden im neuen Studiengang auf der Sekundarstufe I

Seite 28

Interview: Wie sich die Kompetenzori-entierung im Sportunterricht auswirkt

Seite 34

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Inhaltsverzeichnis/Editorial

AusstellungHello, Robot.Design zwischen Mensch und Maschine27. Mai bis 4. November 2018

Ob Lieferdrohnen, intelligente Sensoren oder Industrie 4.0 – die Robotik hält Einzug in unser Leben und verändert unseren Alltag grundlegend. Die grosse Schau untersucht den aktuellen Boom der Robotik erstmals eingehend. Sie umfasst Exponate aus Design und Kunst, darunter Roboter aus dem Wohn- und Pflegebereich und der Industrie, aber auch Computerspiele und Medieninstallationen. «Hello, Robot.» zeigt, wie vielgestaltig Robotik heute ist. Zugleich weitet sie den Blick für die ethischen, sozialen und politischen Fragen, die damit verbunden sind.

Angebote für SchulenMein kleiner NasenputzroboterWorkshop für die Unterstufe

Vertrauen Sie Robotern?Workshop für die Mittel- und Sekundarstufe

Hello, Robot.Donnerstag, 14. Juni 2018, 17.30 Uhr Einführung für Lehrpersonen alle Stufen

Material-ArchivInteraktives Labor für MaterialrecherchenZahlreiche thematische Workshops für alle Stufen

Material-Archiv Schwerpunkt FarbeBegleitheft & Lehrer/innendokumentation für alle Stufen für den selbstständigen Besuch mit der Klasse, kostenlos erhältlich an der Museumskasse, Download ab www.gewerbemuseum.ch / Angebote für Schulen & Lehrpersonen

ÖffnungszeitenDi bis So 10 – 17 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Mo geschlossenÖffnungszeiten Feiertage www.gewerbemuseum.ch

Anmeldung und InformationenGewerbemuseum WinterthurKirchplatz 14, 8400 WinterthurTelefon 052 267 51 36E-Mail [email protected]

Gewerbemuseum Winterthur

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Entweder man kann es, oder man kann es nicht. Dieses Klischee haftete der Mathematik lange Zeit an. Frühere Unter - richts- und Lernmetho-den trugen wohl einiges zu diesem Vorurteil bei. Ältere Semester mögen sich noch gut daran erinnern, wie sie krampfhaft Multiplika-tionen auswendig lernen und sich durch umständ-liche «Sätzlirechnun-gen» kämpfen mussten. Wer nicht mithalten kon nte, verlor über kurz oder lang den Anschluss. Heute zeigt sich in den Klassenzimmern ein neues Bild: Der Unter-richt fokussiert viel stärker auf das Ver-ständnis von Zahlen und Zusammenhängen, ist weniger ergebnisorien-tiert und stellt kreati-ve und individuelle Lösungswege ins Zent-rum. Auch mit neuen Konzepten bleibt es eine grosse Herausforderung, alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihren Fähigkeiten zu fördern. Die zweiteilige Sekundarschule Elsau- Schlatt hat dafür einen eigenen Weg gefunden und zusätzliche Anfor-derungsstufen in Mathe- matik eingeführt. Wie dies funktioniert, zeigt die Reportage in diesem Heft. Einen anderen Blick auf die Mathematik gibt das Interview mit dem Internationalen Schach-meister Roland Lötscher. Er erkennt viele Ge-meinsamkeiten zwischen den zwei Gebieten – bei-spielsweise beim Thema Intuition. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie ab Seite 18.– Christoph Hotz

Inhalt 2/2018

4 Vermischtes Holocaust Education: Projekte

prämiert

7 Eine Frage, drei Antworten

Wie bleiben Sie im Beruf gesund?

9 Seitenblick Teetrinken statt Power-Point-

Präsentationen

10 Schwerpunkt Mathematik

Leitartikel: Mathematik auf eigenen Wegen erfahren

Unterrichtsbeispiele: Von der Addition bis zur Algebra

Interview: Roland Lötscher, Schachmeister

Reportage: Mathematikunter-richt an der Sekundarschule Elsau-Schlatt

28 Studierendenseite Porträt, Bachelorarbeit, Kolumne

31 PH Zürich Ausbildung: Den Schritt von

der Schule ins Erwerbsleben erfolgreich gestalten

Weiterbildung: Lehrmittel im Unterricht effizient einsetzen

Ausbildung: «Der Sportunter-richt wurde nicht neu erfunden»

Weiterbildung: «Erwachsene beim Lernen zu begleiten, ist eine Bereicherung»

36 Serie «Das Modul» «Der Funke muss auf die Klasse

überspringen»

38 Medientipps

41 Unter vier Augen Naturtalente im Lehrberuf

42 Instagram #takeover

38 Impressum

Nach dem Krampf die Kreativität

Inserate

Titelbild: Mathematik an der Sekundarschule Elsau-Schlatt, Foto: Nelly Rodriguez

22 Reportage: Neue Wege in der Mathematik in Elsau-Schlatt.

28 Porträt: Nach dem Uni-Bachelor das Studium zur Lehrperson.

36 Serie: Praxis vor Theorie im Musikunterricht an der PHZH.

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Vermischtes

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Vermischtes

4 5

Holocaust Education: Projekte prämiert

Anfang März fand an der PH Zürich die 9. Preisverleihung des Dr. Kurt Bigler-Preises für hervorragende Projekte im Rahmen der Ver-mittlung des Holocausts statt. Der Anlass stiess auf grosses Interesse – nicht zuletzt, weil es sich um die letzte Preisverleihung in diesem Rah-men handelte, zu der neben den aktuellen auch alle bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger eingeladen waren.

Kurt Bigler wurde als 14-Jähriger depor-tiert, seine Eltern wurden ermordet. 1942 ge-lang ihm die Flucht in die Schweiz. Nach dem Krieg arbeitete er als Lehrer und wirkte in der Folge als Dozent am Lehrerseminar Rorschach. Nach seinem Tod im Jahr 2007 gründete seine Frau Margrith Bigler eine Stiftung, die fortan Preise für hervorragende Projekte im Rahmen der Vermittlung des Holo causts verlieh.

An der diesjährigen Verleihung hielt Mo-nique Eckmann, emeritierte Pro fessorin der Hochschule für Soziale Arbeit in Genf und Ex-pertin in der Entwicklung von Bildungsansät-zen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus, die Laudatio für die insge-samt drei prämierten Projekte. Sie betonte da-bei die Notwendigkeit eines eigenen Weges der Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der Schweiz, in dem insbesondere der Umgang mit Flucht und Grenzen im Fokus stünden.

In ihren Ausführungen zum ersten prä-mierten Projekt, dem Schultheaterstück «Flucht

in die Freiheit» der 8. Klasse der Rudolf Steiner-Schule Winterthur, hob sie den ge-samten Prozess hervor, in den die Schüle-rinnen und Schüler sowohl kognitiv als auch emotional involviert waren. Dies einerseits auf der handlungsorientierten Ebene des Theaterspiels und andererseits indem sie sich mit schwierigen Fragen zu Flucht und Tod auseinandersetzten.

Beim zweiten prämierten Projekt handelt es sich um das Lehrmittel «Verfolgt und vertrieben: Lernen mit und an Biogra-phien» von Urs Urech (PH FHNW) und Christian Mathis (PH Zürich). Wie Eck-mann ausführte, korrigiere es die Präkon-zepte von Primarschulkindern, die oftmals nur die Phase der Vernichtung kennen wür-den, und vermittle die erste Phase, jene der Ausgrenzung und Diskriminierung, sehr eindrücklich.

In ihrer Laudatio zum dritten prä-mierten Projekt, der Ausstellung «The Last Swiss Holocaust Survivors» der Gamaraal- Stiftung bzw. des Archivs für Zeitgeschichte der ETH, bezeichnete Eckmann das Zu-sammenspiel zwischen der Wahrnehmung der Porträts der Zeitzeugen in der Ausstel-lung und der historischen Kontextualisie-rung und Vertiefung ausgewählter Zeitzeu-geninterviews als besonders gelungen. – Sabina Brändli, Eva Pruschy

Kommende Ver-anstaltungen

30. MaiPsychische Gesund-heit stärken im UnterrichtDer Anlass bietet unter anderem einen Einblick in das Programm feel-ok zur Ressourcen-stärkung von Jugendlichen.

8. JuniForschen und Bilden für eine nachhalti-ge ZukunftDie Tagung fokus-siert auf die Frage, welchen Beitrag der Geografieunter-richt leistet.

12. JuniSchulen unter (Leistungs-)Druck?!An der Podiums-diskussion werden Ursachen und mögliche Lösungs-ansätze diskutiert.

Weitere Infos: phzh.ch/ veranstaltungen F

oto: Olivia Rigoni

PHZH in Zahlen

Fotos: Christian Wagner, Tom Györffy

An der diesjährigen Verleihung waren neben den aktuellen auch alle ehemaligen Preisträgerinnen und Preisträger ein - geladen.

Aktuelles

Forschung zu AufnahmeverfahrenEine Forschungsgruppe der PH Zürich hat die Vorhersagekraft von kompetenzbasierten Aufnahmever-fahren für spätere Leistungen in den Berufspraktika untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Ergebnisse aus dem Aufnahmeverfahren in engem Zusammenhang stehen zu den Beurteilungen der Unterrichtskom-petenzen durch die Mentorieren-den. So beurteilten sie jene Studie- renden, die im Aufnahmetest eine hohe Punktzahl erzielten, ebenfalls besonders positiv.

Sechste Nachhaltigkeitswoche Auf dem Programm an der PH Zürich stand in der sechsten Nach - haltigkeitswoche von Mitte März ein Podium zum Thema «Vision 2030» mit Rektoren und Hochschul-leitungsmitgliedern aller fünf Zür - cher Hochschulen. Zudem fanden diverse Workshops statt.

Diplomfeiern vom Kindergarten bis zum FachdidaktikmasterVon Februar bis April erhielten rund 250 Studierende ihr Diplom. Die Absolventinnen und Absolven-ten verteilen sich auf die Studien-gänge Kindergarten, Kindergarten- und Unterstufe, Primarstufe, Se - k undarstufe I und II sowie Master Fachdidaktik. Die PH Zürich

Die Vernetzungsarbeit bildet einen wichtigen Teil der Tätig-keit von HSK-Lehrpersonen.

In einem der Workshops stellten die Studierenden aus Altpapier Notiz- bücher und Blöcke her.

gratuliert herzlich zum bestande-nen Abschluss und wünscht den neuen Lehrpersonen einen guten Einstieg in den Beruf.

«Einfach gut unterrichten»Dozierende der PH Zürich haben ein neues Didaktiklehrbuch ent- wickelt. «Einfach gut unterrichten» eignet sich sowohl für das Studium zur Lehrperson als auch für die Vorbereitung des Unterrichts an der Volksschule.

HSK-Weiterbildung gestartet33 angehende Lehrpersonen für Heimatliche Sprache und Kultur (HSK) absolvieren an der PH Zürich zurzeit die Weiterbildung «Einführung ins Zürcher Schulsys-tem». Startschuss war im Februar.

Partnerschulen für Englisch- Fremdsprachenpraktika von Studierenden der PH Zürich

13Staaten

9Staaten

6Staaten

2Staaten

4Staaten

13Staaten

47Staaten

63Schulen

1125Schulen

14Schulen

526Schulen

149Schulen

147Schulen

2024Schulen

Asien

Europa

Südamerika & Karibik

Nordamerika

Australien & Ozeanien

Afrika

Total

Geschafft: Eine Absolventin der Primarstufe freut sich über das eben erhaltene Lehrdiplom.

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«Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern so, wie wir sind.»

KONFLIKTPRÄVENTION UND KONSTRUKTIVE KONFLIKTKLÄRUNGMethoden und Techniken der Mediation für den Führungsalltag: ein Seminar für Praktiker aus Wirtschaft, Verwaltung und Non-Profit-Organisationen.Seminar mit Raymund Solèr, lic. iur., Coach und Mediator SDMMo./Di., 3./4. September 2018

WAS IST DENN NUR MIT PAULA UND PHILIPP LOS?Pädagogischer Alltag mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen.Seminar mit Irmela Wiemann, Psychologische Psychotherapeutin, FamilientherapeutinMo./Di., 5./6. November 2018

GRUNDLAGEN IN MEDIATIONFundamentale Aspekte der Mediation, praxisbezogen und mit vielen Trainingsmöglichkeiten.18 Tage, IEF-Zertifikat, Anerkennung durch SAV und SKWM. Leitung: Raymund Solèr, lic. iur., Coach und Mediator SDMNächster Beginn: 17. September 2018

GEWALTLOSER WIDERSTANDWie gewaltloser Widerstand in der Familie, der Schule und der Gemeinde wirkt. Autorität ohne Gewalt, neue systemische Zugänge zu Aggression und Problemverhalten. Seminar mit Peter Jakob, Psychologe, Systemischer FamilientherapeutMo./Di., 12./13. November 2018

IEF Institut für systemische Entwicklung und Fortbildung Schulhausstrasse 64, 8002 Zürich, Tel. 044 362 84 84, [email protected], www.ief-zh.ch

Meinungen

Eine Frage, drei Antworten: Wie bleiben Sie im Beruf gesund?

Wenn eine Person genau die Fähigkeiten und Fertigkeiten ein - bringen kann, die für ihren Job benötigt werden, dann spricht man von einer guten Passung, die vor- teilhaft für die Gesundheit ist. Wie eine konkrete Arbeit wahrgenom-men wird, hängt stark von den indi - viduellen Kompetenzen, der Bewer- tung der Situation, den Fähigkeiten zur Selbststeuerung sowie der pro- aktiven Selbstfürsorge ab. In den soeben genannten Bereichen kann meines Erachtens der Einzelne im beruflichen Kontext am meisten für seine Gesundheit tun. Hilfreich sind diesbezüglich Achtsamkeit und Selbstreflexion, Feedbacks, Weiter - bildungen in fachlichen und über- fachlichen Bereichen, eventuell ein individuelles Coaching. Arbeit wird immer in einem sozialen Gefüge geleistet, das unterstützend und wertschätzend sein kann. Dann spornt es alle Betroffenen an und eine hohe Leistungsbereitschaft wird begünstigt. Das Arbeitsklima kann aber auch rau oder spannungs-geladen sein. Dies wirkt langfristig demotivierend und schadet der Gesundheit. Seit 17 Jahren vermitt - le ich als Kursleiter in der Intensiv- weiterbildung den Umgang mit gesundheitsrelevanten Themen. Oft erhalte ich von den Teilnehmenden

die Rückmeldung, dass ich vorlebe, was ich doziere, dass ich sehr au - thentisch wirke. Es scheint mir zu gelingen, meine Arbeit gesundheits-förderlich zu bewerkstelligen.

Dass ich gesund bin und bleibe, erachte ich als nur teil - weise in meinen Händen liegend. Bis jetzt hatte ich das Glück, von grösseren Unfällen und schweren Krankheiten verschont zu bleiben. Lehrerin zu sein erlebe ich als Balanceakt – wenn ich mich mit Stellenpartnerin, Schulleitung, Kindern und Eltern grundsätzlich verstehe, ist dies eine gute Situation. Habe ich jedoch über längere Zeit unlösbare Probleme mit einer oder mehreren Partien, muss ich meiner Gesundheit zuliebe etwas an der Situation ändern. Ich bin froh, dass ich Teilzeit arbeite und somit Zeit habe, mich mit anderem zu be fas - sen. Für mein Wohlergehen brauche ich Austausch in- und ausserhalb der Schule. Im Schulalltag versuche ich, genügend Wasser zu trinken, mittags ein Power Nap zu machen, nachts genügend zu schlafen und mich auf dem Arbeitsweg und inner-halb des Schulhauses wann immer möglich zu bewegen. Durch regel - mässiges Meditieren erhoffe ich

Martina Heuss, Primarschul-lehrerin in Urdorf

Willi Müller, Dozent an der PH Zürich

noch mehr Gelassenheit zu erlangen.

Für mich passt auch hier Pestalozzis Motto «Kopf, Herz, Hand». Freude und Leidenschaft für die eigene Tätigkeit und Zu - neigung zu den Menschen, die einem anvertraut sind, stellen für mich wichtige Faktoren zur Er haltung der Gesundheit dar. Handle ich nach diesen Grundsät-zen, dann fällt es mir leicht(er), gesund zu bleiben. Offenheit gegenüber Neuem und ein loyales und wohlwollendes Team helfen mir über gewisse Untiefen des schulischen Alltages hinweg. Weil ich die Verantwortung für mein körperliches und seelisches Wohl - ergehen trage, muss ich lernen abzuwägen, wann es sich lohnt zu kämpfen und wann es sinnvoller ist nachzugeben. Das Geniessen von feinem Essen und Beziehungen, von Kultur und Ästhetik sowie von Bewegung und Selbst-Zeit tragen zur Ausgewogenheit zwischen Be - ruf und Privatleben bei. In meinem «Tagebuch der schönen Dinge» halte ich fest, was mir Schönes und Er - freuliches passiert ist – nicht nur am letzten Tag des Jahres ein schöner Rückblick.

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Seitenblick

Illustration: Raffinerie AG

Christine Bieri Buschor – Seitenblick

Teetrinken statt Power-Point- Präsentationen

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Teetrinken fördert das ziel - orientierte und strategische Den - ken. Davon ist Liang Rui, CEO von Shanghai Robotics, überzeugt. Er startet die wöchentlichen Manage-ment-Meetings mit seiner Füh- rungscrew jeweils mit einer kurzen Teezeremonie. Dies wirkt sich posi- tiv auf den Teamgeist aus und trägt zum langfristigen Erfolg der Firma bei, so seine Erfahrung. Ich habe Liang Rui 2013 in Guangzhou kennengelernt. Er lud mich als «expatriate spouse» zum Chinese Morning Tea ein und führ- te mich in die Kunst des Teetrin-kens als Führungsinstrument ein. Da ich begeisterte Teetrinkerin bin, nahm er mich auf den tea market mit, um mir die Wirkung der ver- schiedenen Tees zu erklären: Grün- tee (绿茶 lǜchá) und Oolong-Tee (乌龙茶 wūlóngchá) eignen sich für Meetings zur Lagebesprechung. Schwarztee (红茶 hóngchá) für Ent- scheidungssituationen und Pu-Erh- Tee (普洱茶, pǔ'ěr chá) zur Beruhi- gung und Besonnenheit in akuten Krisensituationen. Tee hat in China eine grosse Tradition und war lange Zeit ein wichtiges Exportgut. Dabei ist der Tee-Export eng mit dem Konflikt

mit dem Westen und den Opium-kriegen verbunden. Als die Eng- länder vor rund 200 Jahren die steigenden Teeimporte aus China nicht mehr mit Silbermünzen be- zahlen konnten, betrieben sie um 1848 Industriespionage. Sie wähl- ten einen lernfähigen schottischen Bauernsohn, Robert Fortune, der von der East India Company ins grosse Land gesandt wurde. Dort sollte er das Handwerk der chine - sischen Teebauern erlernen und Teepflanzensetzlinge nach Indien schmuggeln. Nach einem ersten misslungenen Versuch gelang es ihm schliesslich, die Teepflanzen heil nach Indien zu bringen, wo sie von den britischen Kolonial-herren im grossen Stil angepflanzt wurden. Teetrinken ist trotz der Vor - liebe der jüngeren Generation für Starbucks-Kaffee in Pappbechern in China heute noch in verschiede-nen Lebensbereichen verbreitet – auch im Management. Liang Rui verkörpert die konfuzianische Tradition perfekt: Er vertritt ein hierarchisch-paternalistisches Führungsverständnis, das sich durch eine starke Beziehung zwi- schen Führung und Geführten

auszeichnet. Bei Fragen äussert sich der Chef stets zuerst, danach bittet er die Mitarbeitenden, kurz Stellung zu nehmen. Man strebt nach Exzel - lenz, Harmonie und Verantwor-tung. Liang Rui nutzt die Teezere-monie ganz in diesem Sinne; er pflegt Beziehungen und motiviert seine Mitarbeitenden, möglichst viel zu den betrieblichen Zielen beizutragen. Ich habe einiges von Liang Rui gelernt. Das hierarchisch-pater-nalistische Führungsverständnis entspricht zwar nicht meinem Ver- ständnis – es ist ja auch ausschliess-lich für Männer «gedacht» – , aber ich habe die Funktion des Teetrin - kens verstanden. Wie Liang Rui mir gezeigt hat, hilft Teetrinken beim «downloading», «thinking» und beim «strategic planning». Es dient aber vor allem der Beziehungspfle-ge. Daher ist das Teetrinken auch für die Führungskultur an Hoch- schulen wichtig. Ich nehme mir deshalb vor, künftig weniger «PPP- Meetings» zu veranstalten und mit meinen Mitarbeitenden mehr Tee zu trinken.

Christine Bieri Buschor leitet die Abteilung Sekundarstufe I an der PH Zürich.

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A K Z E N T E 2 / 2 0 1 8 11

Der Mathematikunterricht hat sich stark gewandelt. Neue Unterrichtsmethoden

fokussieren auf das Verständnis von Zahlen, Operationen und mathematischen Zusammen-

hängen und setzen dazu auf flexible Lösungsstrategien. Dies soll auch negative Erfahrungen mit Mathematik verhindern.

Text: Melanie Keim, Fotos: Alessandro Della Bella

Mathematik auf eigenen

Wegen erfahren

Schwerpunkt M

athematik

Dem Mathematikunterricht eilt ein belastender Ruf voraus. Mathematik gilt als schwierig, trocken und kalt. Und während sich kaum jemand damit brüstet, Schwierigkeiten in der Muttersprache zu haben, erntet unter Umständen sogar Sympathiepunkte, wer erzählt, in der Mathe eine Null gewesen zu sein. «Mathematik ge-hört nicht in den Kindergarten», lautete folglich der ge-sellschaftliche Kanon, als 2002 an der neu gegründeten PH Zürich das erste Mathematikmodul für den Kinder-garten durchgeführt wurde. «Hinter der Meinung, dass Mathematik nicht kleinkindgerecht sei und Kinder über-fordert, stecken oft negative persönliche Mathebiografi-en», sagt Beatrice Noelle, Dozentin für Mathematik auf der Kindergartenstufe an der PH Zürich und damalige Leiterin des Moduls. Die Mathematikförderung im Kin-dergarten soll jedoch gerade mithelfen, solche Erfahrun-gen mit Mathematik zu verhindern. Dies, indem positive Erlebnisse mit Mathematik ermöglicht und dadurch gute Grundlagen für das Lernen auf den höheren Stufen ge-schaffen werden.

«Der Mathematikunterricht in der ersten Klasse baut auf Fähigkeiten auf, die nicht alle Kinder ohne eine gezielte Förderung im Kindergarten mitbringen», erklärt Beatrice Noelle. Dazu gehören das sichere Zählen, ein Verständnis von «mehr und weniger», «grösser und kleiner», «hinten und vorne» oder von einfachen Teilmengen, etwa dass zwei Finger ein Teil von fünf Fingern an der Hand sind. «Kinder, die solche grundlegende Fähigkeiten beim Ein-tritt in die Primarschule nicht mitbringen, haben später häufig grosse Schwierigkeiten im Mathematikunterricht», sagt Noelle.

Erste Erfahrungen mit MathematikSeit 2008 schreibt der Lehrplan für den Kanton Zürich eine systematische, zielorientierte Mathematikförderung im Kindergarten vor. Im Lehrplan 21 wird der Aufbau der zu erwerbenden Kompetenzen nun noch klarer dar-gestellt. Ziel ist es, allen Kindern auf spielerische Weise Grunderfahrungen mit Zahlen und Ziffern, Mustern und Grössen sowie Formen und Bewegungen im Raum zu

«Bei der Gestaltung von Mathematik­aufgaben beziehe ich die Klasse mit ein. Wenn die Schülerin­nen und Schüler einen persönlichen Bezug zum Thema schaffen können, erleichtert dies den Zugang.» Lynn Huwyler, Studentin auf der Sekundarstufe I

A K Z E N T E 2 / 2 0 1 812

Schwerpunkt M

athematik

ermöglichen. So suchen Kinder etwa mit einer Schnur im Zimmer nach Dingen, die gleich lang sind, und ent-wickeln durch die Erfahrung, dass ganz unterschiedliche Dinge gleich lang sein können, ein erstes Gefühl für Grössenverhältnisse. Vieles lernen die Kinder auch durch gegenseitiges Beobachten. Unternimmt die Lehrperson etwa mit ihrer Klasse einen Spaziergang, auf dem die Kinder auf Schildern, an Häusern oder auf Autos Zahlen suchen, lernen Kinder oft beiläufig von anderen, was eine Zahl und was ein Buchstabe ist. Die Lehrperson korri-giert dabei lediglich Fehler und achtet darauf, korrekte Begriffe zu verwenden.

«Wichtig ist, dass Mathematik von Beginn an kor-rekt stattfindet», sagt Noelle. Wenn Kinder beispielsweise mit einer Schnur ein Dreieck legen sollen oder indem sie zu dritt auf dem Boden liegen, entwickeln sie kaum eine

korrekte Vorstellung eines Dreiecks, weil sie auf diese Weise keine richtigen Ecken bilden können. «Zum Teil wird Mathematik verkleidet, um sie vermeintlich kindge-recht zu gestalten», sagt Noelle. Wird die Zwei beispiels-weise als zusammenhängende Kirsche, die Drei als Klee-blatt und die Vier als Auto eingeführt, ist dies eher hinderlich für das Verständnis der Beziehungen zwischen diesen Zahlen. Dabei ist eine solche Verkleidung gar nicht nötig, da Kinder grosse Freude am Abzählen, Ordnen und Gruppieren von Knöpfen oder Herbstblättern, an Symmetrieerkundungen mit einem Handspiegel oder einfachen Verkaufsspielen haben.

Inzwischen hat die Mathematikförderung in vie-len Kindergärten Einzug gehalten, wobei sich auch eine Kehrseite dieser Etablierung zeigt. Bei Kindergartenbe-suchen sieht Noelle öfter, wie Kinder am Tisch sitzend Arbeitsblätter lösen. «Formaler Mathematikunterricht ist nur in sehr seltenen Fällen gerechtfertigt», sagt sie. Besser eignet sich ein spielerischer Unterricht mit handfesten Gegenständen (siehe Box Seite 14).

Individuelle LösungswegeAuf der Primar- und Sekundarstufe wird dem handeln-den Erforschen im Mathematikunterricht heute ebenfalls viel Raum gegeben. Bei der Einführung von Prozentzah-

len experimentieren Jugendliche in der Sekundarstufe beispielsweise mit einem elastischen Gummiband, auf dem Prozentzahlen von 0 bis 100 Prozent eingezeichnet sind. Wenn sie erkennen, wie sich die zehn Prozent auf dem Band mit der Länge des gestreckten Gummibandes verändern, fördert dies das Verständnis, was mit einer Prozentzahl ausgedrückt wird. Mit dieser Erfahrung, dass sich die Prozentzahl relativ zur Gesamtmenge ver-hält, werden die Schülerinnen und Schüler später leich-ter verstehen, weshalb eine Preisreduktion von 20 Pro-zent und eine nochmalige Reduktion um 20 Prozent nicht 40 Prozent Rabatt ergeben.

Dass bei neuen Lerninhalten zuerst der Aufbau von Verständnis im Zentrum steht und Rechenfertigkei-ten erst anschliessend geschult werden, gilt heute als Grundsatz des guten Mathematikunterrichts. Dieser ist weniger ergebnisorientiert, sondern stellt intelligente Lösungswege und ein Verständnis der Zusammenhänge zwischen Zahlen ins Zentrum. Fertige Rechenstrategien – etwa dass bei 7 + 5 stets auf 10 aufgefüllt wird und dann die 2 hinzukommt – gibt es in einem verständnis-ori entierten Unterricht nicht. Stattdessen sollen die Kinder eigene Rechenstrategien finden: So rechnet ein Kind 25 + 48 beispielsweise «20 + 48 + 5», ein anderes «25 + 50 – 2» und ein drittes «20 + 40 + 5 + 8». Auch me-morisieren Kinder keine Zahlreihen mehr für die Multi-plikation und Division, sondern erarbeiten sich das Ein-maleins durch individuelle numerische Netzwerke. Das heisst, sie lernen nur einzelne zentrale Multiplikationen wie «2 · 7» oder «5 · 7» auswendig und arbeiten mit diesen rechnend weiter, um unbekannte Rechnungen wie «7 · 7» zu lösen.

Doch weshalb so kompliziert, wenn das Rechnen nach alter Schule doch viel einfacher und schneller ist? «Für viele Kinder bleibt das Rechnen nach Regeln leider ein Manipulieren von unverständlichen Zahlen», erklärt Andreas Schulz, Dozent für Mathematik auf Primarstufe an der PH Zürich. «Wenn Kinder jedoch Rechenverfah-ren und -regeln anwenden, die sie nicht wirklich verste-hen, verlieren sie irgendwann den Überblick.» Wenn ein Kind beispielsweise den Zusammenhang zwischen «7 · 7», «5 · 7» und «2 · 7» nicht verstanden hat, sondern lediglich «7 · 7» auswendig kann, wird es mit grösseren Zahlen wie «12 · 7» oder «24 · 7» Mühe haben. «Das Fach Mathematik baut sehr stark auf bereits Gelerntem auf. Aktuelle Ver-ständnislücken erschweren daher das nachfolgende Ler-nen», so Andreas Schulz.

Das sogenannte flexible Rechnen, bei dem Kinder eigene Strategien entwickeln, soll verhindern, dass Kin-der Rechnungen bearbeiten, ohne die Zusammenhänge wirklich zu verstehen, und bereitet so auf das Rechnen mit grösseren Zahlen vor. «Vor dem Rechnen sollen Kin-der ein grundlegendes Verständnis des jeweiligen Re-chenvorgangs entwickeln», erklärt Schulz. «Wie viel Mal

Guter Mathematikunterricht ist weniger ergebnisorientiert, sondern stellt das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Zahlen ins Zentrum.

«In meinen Praktika haben sich die Kindergartenkinder mit viel Freude mit mathematischen Themen be­fasst. Die Aufgaben gestalte ich so, dass möglichst alle Kinder ent­sprechend ihrem Niveau daran arbeiten können.» Jessica Favaro, Studentin auf der Kindergartenstufe

Vermischtes

14

passt 30 in 270 hinein?» nennt er als mögliche Grundvor-stellung der Division von 270 durch 30 und «Wie verteile ich 270 auf 30?» als alltagsnähere Vorstellung. Um solche Vorstellungen zu entwickeln, wird heute viel mit An-schauungsmaterial gearbeitet. In diesem Beispiel erhal-ten die Kinder ein Blatt Papier, auf dem drei Rechtecke mit jeweils 100 Punkten abgebildet sind. Die Kinder zeichnen darauf anschliessend mit Trennstrichen ihre eigenen Rechenwege auf (siehe Box rechts). Durch die visuelle Darstellung des Rechenvorgangs entwickeln die Kinder eine Vorstellung für Grössenverhältnisse und merken, dass ein Resultat wie 90 von der Grössenord-nung her nicht stimmen kann. Notiert werden schliess-lich nicht nur Lösungen, sondern der gesamte Rechen-weg. Dabei ist das Ziel, verschiedene, möglichst elegante und effiziente Rechenwege zu finden, die anschliessend im Plenum vorgestellt, erklärt und diskutiert werden.

Mehr als RechnenWenn alle Kinder für die gleiche Aufgabe eine Rechen-strategie auf ihrem Niveau entwickeln können, stärkt dies die Motivation und führt weniger zu frustrierenden Ma-thematikerfahrungen. Zudem lernen die Schülerinnen und Schüler durch die Präsentation eigener Lösungswe-ge in der Klasse, mathematisch zu argumentieren und logische Zusammenhänge mit Formulierungen wie «wenn …, dann …» auszudrücken. In einem sprachsen-siblen Unterricht wird das dafür nötige Begriffsreper-toire, das nicht nur für Kinder mit Deutsch als Zweit-sprache keine Selbstverständlichkeit ist, systematisch

erarbeitet. Vermehrt wird auch mit sogenannten Rechen-geschichten gearbeitet. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler zu einer Rechnung eine Geschichte erfinden – etwa dass 270 Franken auf 30 Personen verteilt werden. Dadurch wird einerseits das Verständnis gefördert, ande-rerseits sieht die Lehrperson, ob ein Kind wirklich ver-standen hat, worum es geht. Generell hat die Bedeutung der Sprache und von Fragen nach dem «wie» oder «wes-halb» im Mathematikunterricht zugenommen. Im Lehr-plan 21 sind folglich drei von sechs Handlungsaspekten sprachlicher Natur: So lauten die Handlungsaspekte des

Schwerpunkt M

athematik

Schwerpunkt M

athematik

Unterrichtsbeispiele

Von der Addition bis zur Algebra Eine gute Mathematikaufgabe zeichnet sich dadurch aus, dass sie zur vertieften Auseinandersetzung mit Zahlen und Zahlenverhältnissen auffordert. Die fol genden Aufgaben für den Kindergarten, die Primar - stufe und die Sekundarstufe I bie ten Gelegenheit, eigene Lösungsstrategien zu entwickeln und zu ver - stehen, was mit Mathematik vermittelt werden kann.

Primarstufe

Aufgabe:Für die Rechnung 270 : 30 entwickeln Kinder eigene Rechen-strategien, zeichnen diese in Hunderter-Punktefeldern ein und notieren die Lösungswege in Zahlen. Auf den nachfolgenden Bildern sind zwei mögliche Lösungswege aufgezeichnet: Im ersten Fall (a) zeichnet ein Kind 30er-Blöcke bis zur Grenze bei 270 ein (Rechenweg «9 · 30»). Im zweiten Fall (b) nähert es sich der Frage «Wie viel Mal passt 30 in 270 hinein?» über das Vielfache von 30 an. Es probiert erst, ob «3·30» reicht, wird mutiger und fügt «4 · 30» hinzu, und füllt zum Schluss mit «2 · 30» auf. (Rechenweg: 3 · 30 + 4 · 30 + 2 · 30 = 9 · 30) In beiden Fällen werden die Rechenwege schriftlich notiert.

Erklärung:Die Arbeit mit Punktefeldern fördert das Verständnis der Division: Vorstellungen zur Grösse von Zahlen und Beziehun-gen zwischen Zahlen werden gefestigt. Zudem lernen die Kin- der, die formale Darstellung mit einem inhaltlichen Verständ-nis zu verbinden. Die Aufgabe ermöglicht eine natürliche Differenzierung im Unterricht und bietet eine gute Grundlage für den Austausch über individuelle Rechenwege.

Sekundarstufe Beispiel I

Aufgabe:Je ein Term von rechts passt zu einer Sachsituation links. Die Schülerinnen und Schüler zeichnen Verbindungslinien zwi schen den passenden Paaren ein.

a Der Eintrittspreis für Kinder beträgt b Franken, für Erwachsene a Franken; drei Erwachsene und drei Kinder kaufen Tickets für die Vorstellung im Zirkus.

b Im Einkaufskorb liegen a Schokoladen zu je CHF 3.– und b Brötchen zu je CHF 2.–. Du bezahlst mit einer 50-Franken-Note. Wie viel Herausgeld erhältst du?

c Bei einer Ausstellung kaufst du drei CDs,

die normalerweise je a Franken kosten würden. Für die Ausstellungsbesucher- innen und -besucher wurde der Preis aber um 5 Franken gesenkt.

Erklärung:Beim Einstieg in die Algebra im 7. Schuljahr wird heute darauf geachtet, dass Schülerinnen und Schüler die Bedeutung von Variablen verstehen, bevor sie mit ihnen rechnen. Sie lernen, dass Sachverhalte nicht nur mit konkreten Zahlen beschrieben werden können, sondern auch allgemein mit Variablen. Mit der dargestellten Aufgabe üben sie, Sachsituationen in alge - braische Terme zu übersetzen. Darauf aufbauend wird später mit Variablen gerechnet.

Sekundarstufe Beispiel II

Aufgabe:Die Schülerinnen und Schüler sollen in den nachfolgenden Gleichungen ein Muster finden. Nach ersten Versuchen alleine oder zu zweit werden im Plenum mögliche Strategien ausge - tauscht. Ein möglicher Findungsweg könnte wie folgt aus - fallen: In einem ersten Schritt erkennen die Schülerinnen und Schüler, dass bei den Zahlen rechts des Gleichheitszeichens Einer- und Zehnerziffer vertauscht sind. Sie suchen anschlies-send nach eigenen Zahlenpaaren mit diesem Muster und finden Beispiele wie «12 · 63 = 21 · 36». In einer Austauschrun-de diskutiert die Klasse mit der Lehrperson, wie nun systema-tisch vorgegangen werden könnte. Beispielsweise werden in Tabellen Serien von Produkten notiert und anschliessend geprüft, ob das Produkt mit vertauschten Ziffern gleich gross ist. In einem nächsten Schritt überlegt sich die Klasse, nach welchem Muster diese Zahlenpaare aufgebaut sein könnten. So zeigt sich, dass das Produkt der Zehnerziffern jeweils gleich gross ist wie das Produkt der Einerziffern (d.h. für «12 · 63» gilt «1 · 6 = 2 · 3» und für «21 · 36» gilt «2 · 3 = 1 · 6»). Die Überset-zung in einen algebraischen Termin bestätigt, dass diese Regel für alle Gleichungen gelten muss.

Erklärung:Mit dieser Aufgabe wird das Problemlösen gefördert: Die Schülerinnen und Schüler sind herausgefordert, zuerst geeignete Vorgehensweisen zu finden und dabei verschiedene mathematische Tätigkeiten einzusetzen. Die Resultate der Berechnungen sollen anschliessend immer interpretiert werden: Was bedeuten sie? Was lässt sich daraus folgern?

a

b

Kindergarten Beispiel I

Aufgabe:Zum Thema «Plus und Minus» wird ein Verkaufsspiel mit Nussstangen (mit Hilfe von Holzstangen) gespielt. Dazu wird die Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Kinder der einen Gruppe erhalten je zehn Nussstangen und richten dann einen Verkaufsstand ein. Die anderen Kinder sind Käuferinnen und Käufer. Sie gehen von Stand zu Stand und kaufen Nussstan-gen. Nach einem Verkaufsgespräch wird für jede Nussstange ein Handschlag als Bezahlung gegeben. Sobald ein Kind 10 Nussstangen eingekauft hat, wechselt es die Rolle und eröffnet einen Verkaufsstand.

Erklärung:Bei diesem Spiel erleben die Kinder Veränderungen von Mengen: Die Menge der Nussstangen auf dem Verkaufstisch nimmt ab, während die Menge der Stangen der Kaufenden zunimmt. Diese Erfahrung bildet die Grundlage, um die Operationen Addition und Subtraktion verstehen zu können. Zudem erleben die Kinder den Begriff «gleich viel» konkret: Sie müssen gleich viele Handschläge geben, wie sie Stangen annehmen. Weil mit zehn Stangen gemäss Aufgabenstellung ein Verkaufsstand eingerichtet werden kann, müssen die Kinder laufend die Anzahl eingekaufter Stangen überprüfen und trainieren so das Zählen.

Kindergarten Beispiel II

Aufgabe:Jedes Kind bekommt von der Kindergartenlehrperson einen Spiegel und experimentiert damit, indem es die unterschied-lichsten Gegenstände spiegelt.

Erklärung:Die Kinder sammeln mit dem Spiel «Zaubereien mit dem Spiegel» Erfahrungen mit der Achsensymmetrie. Dabei entdecken die Kinder, dass das Origi nal und das Spiegelbild zwar die gleiche Grösse und die gleiche Form haben, das Spiegelbild aber seitenverkehrt ist. Anschliessend zeichnen die Kindergartenkinder Bilder, welche sie mit Hilfe des Spiegels verändern. Besonders interessant sind dabei Bilder, die un - vollständig aussehen und sich mit dem Spiegel vervollständi-gen lassen.

12 · 42 = 21 · 24

46 · 96 = 64 · 69

13 · 62 = 31 · 24

50 – (3a + 3b)

3a + 3b

3a – 3b

Die Bedeutung der Sprache und von Fragen nach dem «wie» oder «weshalb» haben im Unterricht zugenommen.

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kompetenzorientierten Unterrichts «Operieren und Be-nennen», «Erforschen und Argumentieren» sowie «Ma-thematisieren und Darstellen».

Mathematik führt heute also weit über Rechnen und geometrisches Konstruieren hinaus. «Mathematik ist ein gutes Beschäftigungsfeld, um Zusammenhänge zu erforschen und ein strukturiertes Vorgehen für konkrete Problemsituationen zu entwickeln», sagt René Schelldor-fer, Dozent für Mathematik auf der Sekundarstufe I. «Viele Situationen in Beruf und Alltag erfordern zuerst Überlegungen, auf welchem Weg sie gelöst werden sollen. Es geht jeweils darum, Probleme überhaupt erst zu ana-lysieren und darauf basierend Entscheidungen zu treffen und eigene Strategien zu finden», so Schelldorfer. Daher werden heute im Mathematikunterricht vermehrt soge-nannte Problemlöseaufgaben gestellt, die zum Tüfteln einladen. Schelldorfer legt als Beispiel drei Gleichungen vor, in denen es ein mathematisches Muster zu entde-cken gilt. Dieses können die Schülerinnen und Schüler durch geschicktes Pröbeln mit weiteren Zahlenbeispielen finden, indem sie eine systematische Unter suchung mit Tabellenkalkulation am Computer durch führen oder in-dem sie die Gleichungen in die Sprache der Algebra übersetzen (siehe Box Seite 14). Diese Art, sich mit Ma-thematik zu beschäftigen, ist herausfordernder als das routinisierte Auflösen von Gleichungen, aber auch moti-vierender. Schliesslich knobeln viele Leute gerne, wie das grosse Interesse an Sudokus zeigt.

Ein anregender Mathematikunterricht soll zwei Seiten von Mathematik zeigen. Den Reichtum innerma-thematischer Beziehungen sowie den Lebensweltbezug. «Besonders in den tieferen Niveaus sind viele Jugendliche froh, wenn man ihnen zeigt, wofür sie Mathematik brau-chen können», sagt Schelldorfer. Gefragt sind etwa au-thentische Konstruktionsbeispiele aus einer Schreinerei oder realistische Rabattrechnungen aus dem Alltag. Text-aufgaben, bei welchen die geschilderte Situation nur Ein-kleidung ist, motivieren die Jugendlichen meist weniger. So fänden Kinder und Jugendliche sogenannt innerma-thematische Aufgaben ohne Lebensweltbezug oft interes-santer, sagt Schelldorfer.

Weg von der eigenen SchulerfahrungNachdem sich im Kanton Zürich auf Primar- und Se-kundarstufe über 20 Jahre dasselbe Mathematiklehrmit-tel hielt, wurde an der PH Zürich aufgrund der grossen Veränderungen in der Fachdidaktik ein neues, zusam-menhängendes Lehrmittel für sämtliche Stufen vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe I entwickelt. Diese beinhalten handlungsorientierte Einführungen zu jedem Thema sowie Aufgaben, die eine Binnendifferenzierung ermöglichen. «Gute Aufgaben sind wesentlich für einen guten Unterricht. Doch die Lehrperson muss das Poten-zial einer Aufgabe erkennen und wissen, wie sie dieses

nutzen kann», sagt René Schelldorfer. Stellt die Lehrerin oder der Lehrer an der Wandtafel die möglichen Lö-sungswege für die oben genannte Division «270 : 30» nur vor, fördert dies keine aktive Auseinandersetzung mit der Aufgabe.

«Eine gute Lehrperson kann sich auf die ‹Verste-hensprozesse› der einzelnen Kinder einlassen», sagt Schelldorfer. Dafür ist in der Ausbildung ein Perspekti-venwechsel weg von der eigenen, meist resultatorientier-ten Schulerfahrung nötig. Studierende lösen an der PH Zürich daher erst selbst anregende Mathematikaufgaben und erfahren so, dass diese Suche nach eigenen Lösungs-wegen Spass macht. Dadurch werden auch Berührungs-

ängste zum Fach abgebaut. Auf der Kindergarten- und Primarstufe, wo Mathematik im Gegensatz zur Sekun-darstufe nicht frei gewählt wird, sind solche Hemmungen verbreitet. Die Vorstellung, dass Lehrpersonen, die selbst schlechte Erfahrungen mit Mathematik gemacht haben, sich besser in schwächere Schülerinnen und Schüler ver-setzen könnten, weist Schelldorfer zurück. Entscheidend dafür sei vielmehr eine gute Ausbildung: «Je umfassender das mathematische Fachwissen, desto besser können Lehrpersonen das Denken ihrer Schülerinnen und Schü-ler nachvollziehen.»

Ein neuer Mathematikunterricht wird sich aller-dings nicht automatisch im Schulfeld verbreiten. Auch wenn Schülerinnen und Schüler diesen als sinnstiftend und interessant erleben, ist es für Lehrpersonen wie bei vielen anderen schulischen Themen anspruchsvoller, auf den Entwicklungsstand der einzelnen Kinder einzugehen und Bedingungen für ein soziales Lernen zu schaffen, als die Klasse an einem Wochenplan arbeiten zu lassen. Da-mit Lehrpersonen beim Berufseinstieg nicht auf altbe-kannte Konzepte zurückgreifen, ist eine gute Unterstüt-zung durch das Lehrpersonenteam und die Schulleitung enorm wichtig. Diese wiederum müssen neue Unter-richtskonzepte kennen und unterstützen. Das grosse In-teresse an Weiterbildungen zu einem neuen Mathematik-unterricht ist ein gutes Zeichen dafür, dass ein Wandel stattfindet.

Es ist anspruchsvoller, auf den Entwicklungsstand der einzel­nen Kinder einzugehen, als die Klasse an einem Wochenplan arbeiten zu lassen.

«Ich achte im Mathe­matikunterricht stark darauf, dass die Schü­lerinnen und Schüler für die Entwicklung ihrer eigenen Lösungs­wege genug Zeit erhal­ten . Dabei weise ich sie stets explizit darauf hin, dass Fehler erlaubt sind.» Sandro Muratori, Student auf der Primarstufe

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Akzente: Im Schachsport findet man auffällig viele Spieler, die auch ein Flair für die Mathematik haben. Worin besteht die Verwandtschaft dieser beiden Denkdisziplinen?Lötscher: Am offensichtlichsten zeigt sie sich im logischen Denkvermögen, der Intuition sowie in der Mustererkennung. Logisches Denken ist im Schach vor allem beim Berechnen von Varianten gefragt, denn man muss die jeweiligen Zugfolgen wie Beweisschritte in der Mathematik gedanklich einander gegenüberstellen, ordnen und bewerten können. Die Intuiti-on leitet auf beiden Gebieten den gesam-ten Entscheidungsprozess.

Inwiefern?Im Schach braucht man sie, um zielfüh-rend durch das Dickicht all der möglichen Zugfolgen zu manövrieren, in der Mathe-matik ist sie entscheidend, wenn es um das Lösen neuartiger mathematischer Proble-me geht. Und Muster wiederum findet man ebenfalls in beiden Gebieten, in der Mathematik etwa in Form von Termstruk-turen und Symmetrien, im Schach bei positionellen oder taktischen Stärken respektive Schwächen einer Stellung. Eine Stärke kann hier beispielsweise die Beherr-schung einer Linie oder Diagonalen sein, eine Schwäche ein isolierter Bauer oder ein kaum geschützt stehender König.

Verbindet Schach und Mathematik nicht auch eine Art abstrakte Schön-heit?Unbedingt und in reicher Vielfalt. Wenn man seinen Gegner mit einem überra-schenden Opfer zur Strecke bringt, eine Figur die ganze Stellung dominiert oder ein Spieler in einer Partie zum Beispiel alle weissen Felder beherrscht, wird das als

schön empfunden. Auch in der Mathematik kann eine einfache Formel oder ein erstaun - lich kurzer Beweis zur Lösung einer kompli-ziert scheinenden Fragestellung Glücksge-fühle auslösen.

Inspirieren sich Schach und Mathe- matik gegenseitig?Ich bin in dieser Frage kein Spezialist, aber es gibt viele Beispiele dafür. Eine zentrale Rolle hat Schach auf jeden Fall in der Infor- matik, denn es ist ein ungemein komplexes, aber endliches Spiel mit einfachen Regeln und war deshalb schon früh ein Paradebei-spiel der KI-Disziplin, also der Forschung zur sogenannten Künstlichen Intelligenz.

Kann der Mathematikunterricht vom Schach profitieren? Ja, und ich setze Elemente des Schachs auch in meinem Unterricht ein, allerdings eher selten. Ein einfaches Beispiel ist die Weizenkornlegende, bei der der Erfinder des Schachspiels für das erste Feld auf dem Schachbrett ein Weizenkorn verlangt und für jedes weitere Feld das jeweils Doppelte an Weizenkörnern wie beim Vorherigen. Die Schülerinnen und Schüler lernen anhand dieser Geschichte einiges über Potenzen, Logarithmen und geometrische Folgen. Ein weiteres Beispiel: In der Kombinatorik verwendet man oft Bäume, um Dinge abzuzählen. Im Schach sind es Varianten-bäume, die ein Schachspieler gedanklich durchwandert, um die beste Fortsetzung zu finden. Auf solche Querverbindungen weise ich gerne hin. Ausserdem gibt es interessan-te kombinatorische Probleme mit dem Schach. Schülerinnen und Schüler sollen beispielsweise herausfinden, wie viele Mög - lichkeiten es gibt, Türme auf dem Brett zu positionieren, so dass sie alle Felder abdecken.

«Eine einfache Formel kann Glücksgefühle auslösen»Schach und Mathematik haben viele Gemeinsamkeiten. Als Experte beider Disziplinen erläutert der in Urdorf unterrichtende Kantonsschullehrer und Internationale Meister Roland Lötscher die Facetten dieser sich gegenseitig inspirierenden Verwandtschaft.

Text: André Behr, Fotos: Nelly Rodriguez

Über Roland Lötscher

Aufgewachsen in Werthenstein bei Luzern zeigte sich wie bei manch ande - rem Schweizer NLA- Spieler auch bei Roland Lötscher früh eine Doppelbegabung in Schach und Mathe- matik.

Die Grundregeln des Spiels hatte dem damals Zehnjährigen sein drei Jahre älterer Bruder Pirmin beim Bade-plausch beigebracht, mangels Schachset mittels Legosteinen. Danach blieb er dem Schach treu und wurde 2014 Interna-tionaler Meister, doch im Zentrum stand die Mathema-tik, die ihn schon im Gymnasium faszi-niert hatte.

Lötscher studierte an der ETH Zürich, promovierte an der Uni Basel und habi- litierte sich auf einem Spezialgebiet der Algebraischen Geometrie an der LMU München. Mittlerwei-le 36 und Vater eines Sohnes lebt er in Staufen und unter-richtet seit 2016 an der Kantonsschule Limmattal.

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Fördert Schach generell die Entwicklung der Kreativität?Ich denke schon, denn mit reinem Auswendiglernen kommt niemand sehr weit, weder in der Mathematik noch im Schach. Weil man sich während einer Partie nicht beraten und sich keiner Hilfsmittel wie Bücher oder Computer bedienen darf, wird man auf spieleri-sche Art laufend gezwungen, Probleme selbstständig zu lösen. Zudem hat man nur eine beschränkte Bedenkzeit zur Verfügung, was beim Denken zu ökonomischem Vorgehen zwingt. Indem man oft spielt, baut sich die

Erfahrung auf, wo man auf die eigene Kreativität zählen kann. Ein solches Selbstvertrauen hilft auch im Mathe-matikunterricht, denn es ermutigt Schülerinnen und Schüler, bei der Bewältigung von Aufgaben einen Plan zu entwerfen und eigene Wege einzuschlagen. Ich jeden- falls würdige solche Versuche immer.

Schachspieler wirken eher introviertiert. Gibt es darunter auch Entertainer?Durchaus, obwohl man die Fähigkeit haben muss, in einer Partie über viele Stunden stumm und konzentriert bleiben zu können, was natürlich nicht jedem behagt. Geht man allein die Liste aller Weltmeister durch, findet man bereits zu jedem Naturell ein Beispiel. Der Kuba - ner Raùl Capablanca etwa war ein smarter Lebemann, der Sowjetrusse Michail Botwinnik ein systemtreuer Wissenschaftler, sein Landsmann Michail Tal ein ge- nussfreudiger Wirbelwind, der US-Amerikaner Bobby Fischer ein skurriler Einzelgänger und Rebell, der in die USA emigrierte Russe Garri Kasparow ein auf allen Ebenen kämpfender Leadertyp, wogegen der aktuelle Titelträger Magnus Carlsen aus Norwegen als zwar ebenso hochbegabt, aber geradezu völlig normaler jun- ger Mann wirkt. Ebenso bunt gemischt ist die Schar der Mathematiker.

Ist es zwingend, mit dem Schachspielen sehr jung zu beginnen, wenn man Erfolg haben will?Ich vermute, dass bereits im frühen Kindesalter Motive oder taktische Stellungsmuster wie etwa ein versteckter Figurengewinn gut und schnell erkannt werden und

sich einprägen können, auch wenn das logische Denk-vermögen noch nicht entwickelt ist. Diese Fähigkeit zu einer Art von innerem Sehen spielt für den Erfolg als Turnierspieler eine zentrale Rolle und es scheint, dass man sie umso weniger gut aufbauen kann, je älter man wird. Jedenfalls kenne ich auf Topniveau keine Gegen-beispiele.

Wie war das bei Ihnen?Ich habe Schach erst mit zehn von meinem drei Jahre älteren Bruder gelernt und musste gegenüber Kollegen, die jünger begonnen hatten, vieles nachholen, machte dann allerdings rasch erfreuliche Fortschritte. Aus Erfahrung weiss ich, dass man in Bezug auf das Spiel-verständnis oder der präzisen Variantenberechnung auch als Teenager noch weit kommen kann. Wenn ich allerdings eine mir fremde Partiestellung nur sehr kurz anschaue, habe ich Mühe, die Position exakt wiederzu-geben. Da fehlt das scharfe innere Bild.

Früher gab es noch einige aktive Fachmathemati-ker, die auch sehr starke internationale Turnier-spieler waren. Max Euwe beispielsweise holte 1935 sogar den WM-Titel. Was hat sich verändert?Die Komplexität der einzelnen Gebiete und deren Spezialisierung. Wer in seinem Bereich heute Weltspitze sein will, muss enorm viel Zeit investieren und fokus-siert vorgehen. Auf meinem Spezialgebiet in der Alge - braischen Geometrie zum Beispiel kennen sich weltweit nur wenige Dutzend Mathematiker aus. Einer davon, der Russe Alexander Merkurjew, war übrigens auch ein guter Turnierspieler. Heute vergnügt er sich mit Schach höchstens noch online.

In enger Beziehung stehen nach wie vor die Computerwissenschaften und die Brettspiele. Welche Auswirkungen haben die Programme auf das Schach?Die Spielprogramme haben den Menschen definitiv überflügelt, als der IBM-Rechner Deep Blue 1997 Garri Kasparow in einem Match schlug, und erst jüngst sorgte das selbstlernende Programm Alpha Zero wieder einmal für Aufregung. Trotz aller Unkenrufe vom Tod des Schachs haben sich die Menschen allerdings schon längst mit der Tatsache abgefunden, dass sie den Ma - schinen unterlegen sind. Man hat sich arrangiert, die Turnierregeln angepasst und spielt munter weiter. Die Programme werden zur Überprüfung von Varianten und für Stellungsanalysen eingesetzt und jeder bereitet sich mit ihnen auf seinen jeweiligen Gegner vor, um ihn mit ungewöhnlichen Ideen zu überraschen.

Schach ist ein endliches Spiel und aus mathemati-scher Sicht theoretisch lösbar wie das Mühle-

Spiel, daran scheint jedoch niemand zu arbeiten. Ist das für Sie auch kein Thema, sich dieser Her - aus forderung anzunehmen?Für Positionen mit wenigen Steinen existieren bereits Datenbanken, aber die ungeheure Komplexität des Schachvariantenbaums zeigt sich bereits am Beispiel Dame und Bauer gegen Dame. Wie soll man dafür eine

einfache Formel finden? Mir würde schon die Zeit fehlen, um darüber nachzudenken. Mit einer solchen Forschungsaufgabe beschäftigt sässe man allein und irgendwo weit draussen auf einem kleinen Ast. Ich freue mich lieber über meine Schülerinnen und Schüler, wenn sie jeden Tag etwas mehr von der Mathematik verstehen.

«Mit reinem Auswendigler­nen kommt niemand sehr weit – weder in der Mathe­matik noch im Schach.»

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«Wer in seinem Bereich heute Weltspitze sein will, muss enorm viel Zeit investieren.» Roland Lötscher, Mathematiklehrer und Internationaler Schachmeister.

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Schülerinnen und Schüler gezielt zum Lernerfolg führenAn der Sekundarschule Elsau-Schlatt werden im Mathematikunterricht Lücken aus dem Primarschulstoff je nach individuellem Lernbedarf aufgearbeitet. Die gezielte Förderung ist nicht nur eine unterrichts-organisatorische Herausforderung, sondern erfordert auch eine gute Zusammenarbeit von Fachlehrkräften und Klassenassistenzen, wie ein Augenschein vor Ort zeigt.

Text: Melanie Keim, Fotos: Nelly Rodriguez

Wie gross ist der Raum zwischen 0 und 100 und in welchem Verhältnis stehen die Zahlen auf diesem Zah-lenstrahl? Solche Fragen stehen an diesem Morgen in der 1. Sekundarklasse von Andriu Tambornino im Zentrum. Dazu hat der Mathematiklehrer an eine waagrecht aufge-hängte Stange zwei weisse Zettel geklebt, am linken Ende ein Zettel mit einer Null, am rechten Ende einer mit der Ziffer 100. Nun sollen die Schülerinnen und Schüler wei-tere Zettel mit Zahlen darauf korrekt platzieren. Sofort landet die 50 in der Mitte. Doch wo kommt die 37 genau hin? Gemeinsam wird diskutiert, auf Nachfrage des Leh-rers werden Zettel umplatziert und in die richtige Rei-henfolge gebracht, die 13 beispielsweise rückt dabei noch ein Stück näher an die 10 heran. Irgendwann hängen alle Zahlen mit der korrekten Distanz zueinander – zumin-dest geschätzt. Doch wie lässt sich der exakte Abstand zwischen den Zahlen messen? «Wenn die ganze Stange 1.5 Meter lang ist, wie gross ist dann der Abstand zwi-schen zwei Zehnerzahlen?» fragt Tambornino in die Run-de. Nach einer kurzen Austauschrunde machen sich die Schülerinnen und Schüler an eine ähnliche Aufgabe am Pult. Auf einer Linie von 14 cm sollen sie Zehnerzahlen zwischen 0 und 100 einzeichnen, die Abstände werden dafür mit dem Lineal abgemessen.

Der sichere Umgang mit den Zahlen von 0 bis 100 gehört eigentlich zu den Grundkompetenzen, die auf der Primarstufe erarbeitet werden. Doch die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler brachte diesbezüglich De-fizite aus der Primarstufe mit. Dies zeigte eine Lernstand-erhebung beim Einstieg in die Sekundarstufe – wie die Repetitionslektion an diesem Morgen wurde sie an der Schule im Rahmen des Pilotprojekts ALLE eingeführt.

Grundlagen der Unterrichtsdiagnose nutzenDie Sekundarschule Elsau-Schlatt ist eine von neun Se-kundarschulen im Kanton Zürich, die am Pilotprojekt

ALLE des Volksschulamts des Kantons Zürich teilneh-men. ALLE steht für «Aktive Lernzeit und Lernerfolg für alle». Das Projekt wurde 2015/16 gestartet als Mass-nahme auf Ergebnisse aus den PISA-Studien und der Zürcher Längsschnittstudie, wonach rund 20 Prozent der Jugendlichen am Ende der obligatorischen Schulzeit die erforderlichen Grundkompetenzen in Mathematik und/oder Deutsch nicht erreichen. Im Fach Mathematik ist das Ziel von ALLE, leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern – ohne dass dabei das Ler-nen von stärkeren Schülerinnen und Schülern beein-trächtigt wird. Dafür werden zu Beginn der Sekundarstu-fe allfällige Lücken im Primarschulstoff erhoben, die im Laufe des ersten Schuljahrs durch lernförderliche Mass-nahmen behoben werden sollen. Dazu gehören spezifi-sche Repetitionssequenzen sowie Aufgabenhilfen neben der regulären Unterrichtszeit. Wer an diesen Förderein-heiten teilnimmt, hängt vom erhobenen Lernstand ab. Zusätzlich sieht das Projekt den Einsatz von Klassenas-sistenzen vor.

So geht an diesem Morgen neben Tambornino auch ein Klassenassistent von Pult zu Pult und bietet in-dividuelle Unterstützung. Die Schülerinnen und Schüler im Raum wurden in das tiefste von drei Mathematik-niveaus eingeteilt – neben der Einteilung in A- und B- Abteilungen führt die zweiteilige Sekundarschule Elsau- Schlatt zusätzliche Anforderungsstufen in den Fächern Englisch und Mathematik. Der Zahlenraum von 0 bis 100 wurde an diesem Morgen in der gesamten Klasse wiederholt, weil bei diesem Thema ein Grossteil der Schülerinnen und Schüler in dieser Anforderungsstufe Lücken aufwies. Ergänzend dazu ist auch eine Aufarbei-tung der fehlenden Grundkompetenzen im Rahmen der vier wöchentlichen Lernstunden denkbar, die Schülerin-nen und Schüler der B-Klassen zusätzlich zum Unter-richt besuchen.

Die Schülerinnen und Schüler diskutieren, wo die Zah - len auf dem Hunderterstrahl platziert werden müssen.

«Wie gross ist der Abstand zwischen den Zahlen, wenn die Stange 1,5 Meter misst?», fragt Lehrer Andriu Tambornino.

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Die Klasse übt die negativen Zahlen mit einem Würfelspiel. Lehrer Peter Diener notiert mögliche Kombinationen. Die Klasse der Anforderungsstufe I thematisiert die negativen Zahlen anhand von Koordinaten auf Landkarten.

Während die Klasse von Andriu Tambornino die positi-ven Zahlen anhand der Aufgabe aus einem Förderlehr-mittel abschliesst und zu den negativen Zahlen übergeht, ist einen Stock höher die Klasse in der Anforderungs stufe II bereits hier angelangt. Sie arbeitet mit einer Einstiegs-aufgabe aus dem regulären Lehrmittel. Die Schülerinnen und Schüler sind mitten drin in einem Würfelspiel. Dabei können Verlustscheine von --1 bis --3 oder Gewinnscheine

von 1 bis 3 erwürfelt werden. Ein zweiter Würfel zeigt zudem an, ob man diese Scheine in Empfang nehmen oder weggeben muss. Fachlehrer Peter Diener hat mög-liche Würfelkombinationen auf einem Flipchart notiert.

«Geben --3» steht da auf einer Zeile. «Was ist bei diesem Wurf geschehen?», fragt er. «Drei Verlustscheine wurden abgegeben», sagt ein Mädchen. Diener will wissen, ob der Spieler oder die Spielerin nach diesem Spielzug mehr oder weniger hat und warum. «Weil man die Schulden weggeben kann, hat man nachher mehr», sagt ein Junge. «Kannst du das noch genauer erklären, damit es alle ver-stehen?», hakt der Lehrer nach. «Wir versuchen, dass die Schülerinnen und Schüler keine Rechenregeln auswen-dig lernen, sondern verstehen, was das Rechnen mit ne-gativen Zahlen bedeutet», sagt Diener abschliessend. Aus welcher Kombination von negativen und positiven Zah-len ein Plus beziehungsweise ein Minus resultiert, ist quasi die Quintessenz dieser Stunde.

Herausfordernde Diagnose und FörderungIn Peter Dieners Anforderungsstufe II wird sichtbar, dass drei Schülerinnen und Schüler seiner Klasse Schwierig-keiten mit den Themen Bruchrechnen und Proportionen haben. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus der Anforderungsstufe III werden sie sich diese Grund-kompetenzen in einer der vier wöchentlichen Lernstun-den erarbeiten. Dieser vorbereitende Input ist erst am

Ende des ersten Schuljahrs eingeplant, kurz bevor im regulären Unterricht mit den Themen Rationale Zahlen und Funktionale Zusammenhänge auf diesen Kompe-tenzen aufgebaut wird.

«Unsere Erfahrungen aus dem ersten Jahr zeigen, dass ein isoliertes Aufarbeiten der Lücken an unserer Schule beim Eintritt in die Sekundarstufe wenig wir-kungsvoll ist. Die Inputs und Übungssequenzen müssen zeitnäher zur Bearbeitung des Themas im Unterricht stattfinden. Wir sind zuversichtlich, dass wir damit noch mehr Lernerfolge erzielen werden», erklärt Adrian Schär, der dritte Mathematiklehrer. Schär unterrichtet dieses Jahr die Anforderungsstufe I. Dort weisen keine der Schülerinnen und Schüler Lücken auf, die einer spezifi-schen Förderung bedürfen. Und doch ist Schär wie der Klassenassistent und die Schulleiterin fest in die Umset-zung der ALLE-Massnahmen eingebunden, auch im Sinne der Begabungsförderung der leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler. Denn eine wirkungsvolle Zu-sammenarbeit und ein Unterrichtsfeedback sind zentral für das Funktionieren des gemeinsamen Unterrichts-entwicklungsprojekts. Nur wenn sich Fachlehrkraft und Klassenassistenz über den Lernstand der einzelnen

Schülerinnen und Schüler austauschen, kann eine För-derung fruchten. Dies wird auch an den zweitägigen pra-xisnahen schulinternen Weiterbildungen betont, welche die PH Zürich in Zusammenarbeit mit der Interkantona-

len Hochschule für Heilpädagogik für die am Pilotpro-jekt teilnehmenden Schulen durchführt. Während am ersten Tag fachdidaktische Unterrichtskonzepte, diagno-segeleitete Förderung und geeignete unterrichtsergän-zende Lernmaterialien vorgestellt werden, werden am zweiten Weiterbildungstag Erfahrungen diskutiert und

Für das Funktionieren des Projekts sind die Zusam­menarbeit und das Unter­richtsfeedback zentral.

Die am Projekt teilnehmen­den Schulen passen die Fördermassnahmen jedes Jahr auf die tatsächlichen Bedürfnisse an.

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die kooperative Organisation der Fördermassnahmen in der Schule thematisiert.

Die Schulen passen die Massnahmen nicht nur auf die Grösse und Struktur der Schule individuell an, sondern stimmen diese jedes Jahr auf die tatsächlichen Bedürfnisse ab. Dieser Entwicklungsprozess ist heraus-fordernd – schliesslich soll das Aufarbeiten von Lücken keine neuen Lücken generieren und die Anschlussfähig-keit der Schülerinnen und Schüler garantieren. Zudem sollen die Schülerinnen und Schüler der unterschiedli-chen Anforderungsstufen stets an den gleichen Themen arbeiten, damit die Durchlässigkeit erhalten bleibt.

So hat Adrian Schär an diesem Morgen mit seiner Klasse ebenfalls negative Zahlen behandelt, allerdings

auf einem fortgeschrittenen Niveau. Nachdem in der ers-ten Lektion negative Punkte im Koordinatensystem the-matisiert wurden, berechneten die Schülerinnen und Schüler in der zweiten Stunde Distanzen auf Landkarten mit verschiedenen Massstäben. Auch hier rechneten die Jugendlichen nicht einfach nach mathematischem Regel-wissen, sondern nutzten ihr erarbeitetes Verständnis von Verhältnissen und Grössen, welches heutige kompetenz-orientierte Didaktikkonzepte grossschreiben. So fragte ein Schüler bei einer Diskussion darüber, ob ein Zenti-meter auf der Karte einem oder zehn Kilometern ent-spreche, seinen Banknachbarn: «Die Lösung kann nicht zehn Kilometer lauten. Oder glaubst du wirklich, dass Zug von Cham fünfzig Kilometer entfernt ist?»

Wer an den Fördereinheiten teilnimmt, hängt vom Lernstand ab, der zu Beginn der Sekundarstufe erhoben wird.

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Studierendenseite

Studierendenporträt

Melissa Gerber studiert auf der Sekundarstufe I an der PH Zürich. Bis es die 26-Jährige in die Limmat- stadt verschlug, dauerte es eine Weile. Aufgewachsen im ländlichen Oberbaselbiet, gab es für sie nie einen Grund, die Nordwestschweiz zu verlassen: Die Grundschule war in der Nähe von ihrem Zuhause, das Gymnasium besuchte sie in Liestal. In der Schule mochte sie insbeson-dere die Fächer Deutsch und Ge - schichte. Als sich die Schulzeit dem Ende zuneigte, wusste sie nicht auf Anhieb, wie es weitergehen sollte. «Ich hatte keinen konkreten Berufs - wunsch und es fehlte eine Idee, wohin es mich verschlagen könnte.» So kam es, dass sie sich entschied, ihre Lieblingsfächer zu vertiefen und ein Studium in Angriff zu neh - men. Nachdem Melissa Gerber das

Bachelor-Diplom in Deutsch und Geschichte der Universität Basel drei Jahre später in der Tasche hatte, bewarb sie sich für einen Master-studiengang – eben falls in Basel. Doch noch bevor die Anmeldung definitiv war, entschied sie sich anders. Kura torin zu werden, war doch nicht das, was sie sich vor - gestellt hatte. Als sich die passionier-te Volleyball-Spielerin neu orien - tierte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Der Lehrberuf würde ihr das ermöglichen, was sie liebt: mit Menschen in Kontakt zu sein, das Wissen in den Gebieten Deutsch und Geschichte anzuwenden, zu organisieren und zu planen.

Beim Herumstöbern auf der Webseite der PH Zürich entdeckte Melissa Gerber den «Masterstudien-

gang Sekundarstufe I für Personen mit Fachbachelor», der an der PH Zürich seit kurzem angeboten wird. Für sie die optimale Lösung, denn er kann direkt an den Fachbachelor angeschlossen werden, wodurch sie nun unmittelbar nach dem Fach- wissen die Fachdidaktik vermittelt bekommt. Im Juni 2020 wird die Baselbieterin ihr Studium abschlies-sen. Dann kann sie sich voll und ganz dem widmen, was ihr wichtig ist: Als Sekundarlehrerin den Jugendlichen Selbstständigkeit und Eigen initiative mit auf den Weg geben. Dafür möchte Melissa Gerber der Klasse viel Verantwor-tung übergeben: «Ich bin eine Lehr- person, die gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern nach Lösungen suchen will.» – Samanta Gribi

Melissa Gerber studiert an der PH Zürich auf der Sekun-darstufe I.

Foto: Nelly Rodriguez

Studierendenseite

Die Bachelorarbeit

Nadia Rosenbaum hat in ihrer Bachelorarbeit Antworten auf die Frage gesucht, wie Lehrpersonen Kinder unterstützen können, die unter Leistungsdruck leiden. Dazu untersuchte die Autorin in einem ersten Teil verschiedene theoreti-sche Konzepte. Dabei zeigte sich, dass Leistungsdruck negative Aus - wirkungen auf die psychische und physische Entwicklung von Jugend- lichen haben kann. Diese Erkennt-nis war insofern bedeutsam, als dass sich die Fragestellung der Arbeit auf die Mittelstufe konzentriert. In dieser Zeit pubertieren die Schüle - rinnen und Schüler und sie erleben dadurch eine prägende Persönlich-keitsentwicklung. Weiter hält die Autorin fest, dass auf der Mittelstu-fe Testergebnisse wichtiger werden, wodurch der Leistungsdruck eine zusätzliche Bedeutung erhält. Zu- sätzlich wird hier das Fach Franzö- sisch neu eingeführt, der Stunden-plan ist umfangreicher und der Zeit- aufwand für die Hausaufgaben ist grösser. Neben der Fachliteratur führte Nadia Rosenbaum Experten-gespräche. In zwei Interviews mit einer Schulpsychologin und einer Heilpädagogin wollte sie dabei Fragen zu Leistungsdruck, vorbeu - genden Massnahmen und Hilfe-stellungen klären.

Ob Leistungsdruck auftritt, ist laut beider Expertinnen stark von der Lehrperson abhängig. Betroffe-ne Kinder empfinden allesamt eine dauerhafte erhöhte mentale und oft auch kör perliche Anspannung. Dies äussert sich in Stresssymptomen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Problemen mit der Prüfungs- oder Aufgabenvorbereitung sowie mit der Organisation anderer Alltagsaufga-ben. Auch in emotionalen Reaktio-nen wie Gereiztheit, Niedergeschla-genheit und Schlafstörungen kann

sich der Druck äussern. Eine früh- zeitige Diagnose seitens der Lehr- kraft erfordert viel Feingefühl und Knowhow, da unter Leistungsdruck leidende Kinder diesen auf unter- schiedliche Art und Weise äussern: Während Mädchen eher mit De - pression und Rückzug reagieren, äussert sich der Druck bei Jungen durch aggressives und unruhiges Verhalten. Dies seien zugleich Merk- male, anhand welcher man Leis - tungsdruck erkennen könne, so die Autorin.

Ein freundliches, ruhiges und faires Auftreten der Lehrperson sowie eine gute Bezie- hung zu den Schülerinnen und Schülern kann das Auftreten von Leistungsdruck laut den Expertin-nen verhindern. Auch ein respekt-voller Umgangston in der Klasse und ein aufgeräumtes Klassenzim-mer tragen zu einer stressarmen Atmosphäre bei. Zudem sollten Kinder gut auf Testsituationen vor- bereitet werden, da sich der Druck vor allem in solchen Situationen äussert. Es ist daher ratsam, ihnen passende Arbeitstechniken und Instrumente wie Eselsbrücken beizubringen, damit die Schülerin-nen und Schüler Aufträge erfolg-reich erfüllen können. In den meis- ten Fällen ist der Einbezug der Eltern bei Verdacht auf übermässi-gen Druck sinnvoll. Im Fazit hält Nadia Rosenbaum fest, dass es wichtig wäre, statt nach Unterstüt-zungsmöglichkeiten für betroffene Kinder zu suchen, präventiv die Methodenkompetenz zu trainieren. So könne erreicht werden, dass Leistungsdruck erst gar nicht entsteht oder zumindest reduziert auftritt. – Samanta Gribi

Die Masterarbeit von Nadia Rosenbaum ist online publi-ziert: blog.phzh.ch/akzente

Ich kann mich noch gut an eine Zeit vor den Smartphones erinnern. Und ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der es solche Geräte bereits gab, ich mich jedoch weigerte, mir eines zuzulegen. Die Vielzahl an Möglichkeiten, welche die neue Technologie bie- tet, sich mehr und mehr von einer virtuellen Wirklichkeit absor-bieren zu lassen, war mir zutiefst suspekt. Düstere Zukunftsszenarien à la «1984» schwebten mir vor: Das Smartphone als Mittel einer kollektiven Gehirnwäsche, das Smartphone als Opium für das Volk. Ich beobachtete, wie die Menschen zu Zombies wurden, die permanent in grelle Bildschirme starrten. Ich amüsierte und ent- setzte mich zugleich über den Anblick der wandelnden Horden, welche sich ohne aufzublicken durch die Stadt bewegten. Und ich machte zynische Bemerkungen über das Zeitalter von «smart phones and stupid people» und malte mir aus, wie der Stadtverkehr, als darwinistischer Selektionsme-chanismus unserer Ära, das Wachs- tum der Zombiepopulation allmäh-lich ganz natürlich regulieren würde. Das Gerät in meiner Tasche vibriert. Ich widerstehe dem Drang, meinen Schreibprozess zu unterbrechen, um die neue Whats-app-Nachricht zu lesen. Ich brau- che mein Smartphone nur für unver- zichtbare Aufgaben. So unter-scheide ich mich von den Zombies. «Doublethink» nannte Orwell den Vorgang bewusster Realitätsver-leumdung. Es vibriert erneut. Jetzt muss ich ran. Es könnte doch wichtig sein!

Lorenz Vogel ist Student auf der Sekundarstufe I und Tutor im Schreibzentrum der PH Zürich.

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PH Zürich – Ausbildung

Volksschullehrpersonen sind wichtige Akteure bei der Planung der beruflichen Laufbahn ihrer Schülerin-nen und Schüler. Insbesondere Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I nehmen bei der Beratung der Ju-gendlichen eine wichtige Funktion ein: Sie sind erste An-sprechperson für ihre Fragen zu den Anschlussmöglich-keiten nach Abschluss der 3. Sekundarklasse. Hier setzt die Vortragsreihe «Durchlässigkeit und Übergänge im Schweizer Berufsbildungssystem» der PH Zürich an. «Unsere Berufsbildung bietet viele Lösungen, sie ist je-doch geprägt von einer hohen Komplexität», sagt Orga-nisator Markus Maurer von der PH Zürich. «Wir möch-ten insbesondere Lehrpersonen der Volksschule vertraut machen mit dem System und ihnen aktuelle Debatten erläutern.»

Politischer Druck nimmt zuDen Auftakt in die Reihe bildete Mitte April das Thema Brückenangebote. «Der Schritt von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II ist ein anspruchsvoller Übergang, der nicht allen Schülerinnen und Schülern gleich gut ge-lingt», sagt Markus Maurer. Findet jemand keine An-schlusslösung, besteht die Möglichkeit, ein 10. Schuljahr oder ein Berufsvorbereitungsjahr zu absolvieren. «Diese Brückenangebote sind vor allem in jenen Zeiten stark ge-wachsen, als der Lehrstellenmarkt ausgetrocknet war. Heute stellt sich die Situation anders dar und es gibt weitaus mehr freie Stellen.» Entsprechend erhöhe sich der politische Druck auf diese Angebote und es stellt sich die Frage nach deren Legitimität.

Über diesen Aspekt diskutierten an der Veranstal-tung die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter ande-rem mit Ljiljana Ilic vom Berufsvorbereitungsangebot «profil.» der Stadt Winterthur. Sie wies dabei darauf hin, dass ein beträchtlicher Teil der Schülerinnen und Schüler trotz unzähliger Bewerbungen keine Stelle findet, nicht reif sei für eine Berufslehre oder schlicht noch über kei-

nen konkreten Berufswunsch verfügte. «Haben die Be-troffenen ein Jahr länger Zeit für die Berufsfindung oder um sich persönlich weiterzuentwickeln, macht das sehr viel aus. Die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt an-schliessend in den meisten Fällen gut.» Keine Lösung sei, dass die Jugendlichen nach der Sekundarstufe I eine Be-rufswahl treffen, die nicht ihrem Wunsch entspricht. In diesen Fällen sei das Risiko gross, dass es zu einem Lehr-abbruch kommt.

Neun Prozent ohne Sek-II-AbschlussEine weitere Übergangslösung nach der Sekundarstufe I bildet die sogenannte Attestausbildung, welche die frü-here Anlehre ablöste. Sie hat sich in den vergangenen Jahren bewährt, viele Absolventinnen und Absolventen schlossen nach der Attestausbildung eine reguläre Be-rufslehre ab und konnten so in den Arbeitsmarkt integ-riert werden. «Trotz dieser Möglichkeit verfügen nach wie vor rund neun Prozent aller Jugendlichen im Alter von cirka 20 Jahren über keinen Abschluss der Sekundar-stufe II. Das ist eine sehr hohe Zahl», sagt Markus Mau-rer. Die Frage nach den Gründen sowie mögliche Lö-sungswege sind Thema am zweiten Veranstaltungsabend Ende Juni.

Im dritten und im abschliessenden vierten Teil der Vortragsreihe stehen die Berufsmaturität respektive die höheren Fachschulen im Zentrum. Dabei geht es einer-seits um die zunehmende Konkurrenzsituation an Fach-hochschulen zwischen Personen mit gymnasialer Matur und Berufsmatur sowie andererseits um die Positionie-rung der höheren Fachschulen.

Weitere Informationen zur Vortragsreihe «Durchläs-sigkeit und Übergänge im Schweizer Berufsbildungs-system»: tiny.phzh.ch/berufsbildung

Den Weg von der Schule ins Erwerbsleben erfolgreich gestalten

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Mit dem Beginn der Berufslehre erfolgt für Jugendliche der grosse Schritt ins Erwerbsleben. Das schweizerische Bildungssystem ermöglicht ihnen dabei zahlreiche Zugänge. Eine neue Vortragsreihe der PH Zürich richtet den Fokus auf die verschiede-nen Angebote.

Text: Christoph Hotz

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PH Zürich – Weiterbildung

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Vor dreissig Jahren bestanden Lehrmittel lediglich aus einem Lehrbuch und einem Arbeitsheft. Heute kom-men unter anderem Themenbücher, Arbeitshefte, Poster, Kopiervorlagen oder Lernkarten hinzu. Zusätzlich wer-den Lehrmittel von digitalen Medien wie CD-ROMs, E-Learning-Plattformen und Apps begleitet.

Die Lebensdauer eines Lehrmittels beträgt im Schnitt 15 Jahre. «Eine Neuentwicklung ist ein komple-xer, mehrjähriger Prozess mit vielen Beteiligten», sagt Raim Idrizovic, Leiter der Arbeitsstelle für Lehrmittel der PH Zürich. Er ist an den Projekten in verschiedenen Phasen beteiligt, von der Planung über die Erarbeitung bis hin zur Einführung eines neuen Lehrmittels. Letzte-res übernimmt die PH Zürich, indem sie im Auftrag des Volksschulamts des Kantons Zürich und des Lehrmittel-ver lages Zürich spezielle Kurse für Lehrerinnen und Lehrer durchführt. Die Angebote werden von einer Fach-didaktikerin oder einem Fachdidaktiker sowie einer Lehrperson der Zielstufe, beide aus dem Autorenteam, geleitet. Alle Kurse finden in der unterrichtsfreien Zeit statt und sind als schulinterne Kurse buchbar. Fachdidaktik und ProduktorientierungDer fachdidaktische Teil der Lehrmitteleinführungen fo-kussiert auf die Besonderheiten, die vom kompetenz- und aufgabenorientierten Ansatz des Lehrplans 21 vor-ausgesetzt werden. Bei der Einführung zum neuen Französischlehrmittel «dis donc!» zum Beispiel ist der Umgang mit den unterschiedlichen Lern- und Entwick-lungsständen der Schülerinnen und Schüler ein Thema. Im Kurs wird unter anderem aufgezeigt, wie sich münd-liche und schriftliche Aufgaben aus dem Lehrmittel zur Einschätzung und Beurteilung unterschiedlicher Sprach-kompetenzen anwenden lassen. Lehrerinnen und Lehrer erfahren zudem, wie sie Prüfungsresultate in Verbindung zum Lehrplan interpretieren und wie sie das Produkt für

die individuelle Förderung ihrer Schülerinnen und Schü-ler einsetzen können.

In der sogenannten produktorientierten Einfüh-rung neuer Lehrmittel wie bei «Kinder begegnen Natur und Technik» entdecken Kindergartenlehrpersonen die inhaltlichen Facetten des Lehrmittels. Darüber hinaus erproben sie konkrete Aufgaben aus dem Buch und tau-schen anschliessend in ihren Arbeitsgruppen ihre Erfah-rungen aus. Die Einführung des Lehrmittels «Weltsicht» setzt einen zusätzlichen Schwerpunkt beim Zusammen-spiel der gedruckten und digitalen Lehrwerkteile. Die Webplattform bietet Lehrpersonen umfangreiche Zu-satzmaterialien wie Videos, Audiodateien oder Bilder sowie weiterführende Lernaufgaben, Lernhilfen und Lö-sungshinweise zu den Aufgaben im Arbeitsheft.

Bessere Orientierung im multimedialen Angebot Der Besuch aller Lehrmitteleinführungen ist freiwillig. Dennoch gilt: Wer ein Lehrmittel versteht, wendet es im Berufsalltag effizienter an. Besonders bei grundlegenden Änderungen wie der Einführung des Lehrplans 21 und dem damit verbunden Paradigmenwechsel von der Ziel- auf die Kompetenzorientierung hilft es, sich vertieft mit den neuen Materialien auseinanderzusetzen. Teilneh-mende schätzen zudem den Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen.

Es lohnt sich, Zeit in den Besuch einer Lehrmit-teleinführung zu investieren, betont Raim Idrizovic, denn «wann sonst können wir einer Autorin direkt Fragen stel-len und mit einem Lehrer oder einer Lehrerin aus einer anderen Schule über Erfahrungen mit dem Lehrmittel diskutieren?»

Aktuelle Lehrmitteleinführungen: phzh.ch/lehrmitteleinfuehrungen

Lehrmittel im Unterricht effizient einsetzen können

Zeitgemässe Lehrmittel bestehen aus mehreren Lehrwerkteilen. Wie Lehrpersonen die Materialien optimal nutzen können, erfahren sie in den Lehrmitteleinführungen der PH Zürich. Im Hinblick auf die Einführung des Lehrplans 21 lohnt sich eine Teilnahme aktuell besonders.

Text: Angela Roos

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Akzente: Welche Veränderungen bringt der Lehr-plan 21 für den Sportunterricht?Ferrari Ehrensberger: Die bekannten Kerneigenschaf-ten des neuen Lehrplans – wie die Kompetenzorien-tierung, der systematische Kompetenzaufbau über alle Zyklen hinweg oder die fächerübergreifende Perspektive – gelten natürlich auch für den Sportunterricht. Bezü g- lich der Inhalte und Lernziele bleibt aber vieles gleich. Es braucht weder neue Räume noch Geräte und auch die Spiele und Übungen bleiben weitgehend dieselben. Die folgenreichste Veränderung ist, dass die Unter-

richtsplanung beim Output, d.h. bei der Kompetenz beginnt. Die Lehrperson muss sich dann überlegen, welche Übungsformen und welche Vermittlungsmetho-den sie einsetzen soll, damit ihre Schüler und Schüle-rinnen die anvisierte Kompetenz erreichen können. Der bisherige Fokus auf das «Können» wird im kompetenz-orientierten Sportunterricht um die Wissensdimension erweitert.

Das klingt nach mehr Kopf im Sportunterricht. Besteht sein Zweck nicht gerade darin, neben dem Kopf auch den Rest des Körpers zu aktivieren und sich auszutoben?Sport aktiviert immer den ganzen Körper, den Kopf inklusive. Sport in der Schule war zu keiner Zeit ein ungerichtetes Austoben, sondern bezweckt seit jeher, die sportlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten gezielt zu erweitern. Daran ändert sich nichts Grundsätzliches. Dem neuen Lehrplan liegt die Idee zugrunde, umfas-sende Kompetenzen zu fördern, mit denen sich nicht nur eine bestimmte, sondern eine Vielzahl von ähnli-chen Herausforderungen bewältigen lassen. Damit das im Sport gelingt, wird der Anteil an Reflexion und Wissen erhöht, um die Lerninhalte auf einer überge-ordneten Ebene zu verknüpfen.

Wie muss man sich dies im Unterricht umgesetzt vorstellen?Beispielsweise als taktische Inputs und gemeinsame Reflexion im Rahmen eines Ballspiels, wie etwa mit klugem Stellungsspiel Freiräume auf dem Spielfeld ge - schaffen und besser genutzt werden können. Verknüpft mit der Spiel praxis unterstützen diese theoretischen Anregungen den Aufbau von taktischen Kompetenzen, die sich schliesslich in verschiedenen Ballspielen nutzen lassen.

Verfügen die amtierenden Lehrpersonen denn über das Wissen, um solche Inputs zu geben?Die Lehrpersonen bringen das notwendige Wissen und Können nach meinen Erfahrungen mehrheitlich aus ihrer Ausbildung mit. Zudem steht für sie eine grosse Auswahl an Weiterbildungen bereit. Weiteres Wissen und Anregungen liefern aber auch die neuen Unter-richtsmaterialien, die zurzeit entwickelt werden. Der Sportunterricht wurde nicht neu erfunden und es ist ausreichend Zeit und Unterstützung für die Umstellung vorhanden.

Geht die Wissensvermittlung nicht zulasten der Bewegungszeit im Sportunterricht?Die Bewegungszeit wird nach wie vor den Löwenanteil der Unterrichtszeit ausmachen. Da ein richtiger Input zur richtigen Zeit den Kompetenzerwerb beschleunigen

«Der Unterricht wurde nicht neu erfunden»

Akzente: Was sind Fachbegleitende und welches sind ihre wichtigsten Aufgaben?Beglinger: Fachbegleitende sind erfahrene Lehrpersonen, die berufseinsteigende Lehr-personen in den ersten beiden Jahren nach Ab - schluss des Studiums in der Praxis begleiten. Sie sind Ansprechperson für Fragen, die im Berufsalltag auftauchen, etwa zur Gestaltung von Elternabenden, zur Klassenführung oder zur Integration im Team.

Akzente: Welche Elemente umfasst an der PH Zürich die Weiterbildung «Fachbegleitung am Arbeitsort»? Beglinger: Die Weiterbildung umfasst zehn Veranstaltungen und dauert zwei Jahre. Der Fokus liegt auf Themen wie «Rolle und Haltung», «Gesprächsführung» und «Zusammenarbeit im Team». Während einige Inhalte vorgegeben sind, setzen die Teilnehmenden auch zwei individu-elle Schwerpunkte, etwa «Stärken stärken» oder «Klassenführung».

Akzente: Was sind die Voraussetzungen, um eine Fachbegleitung zu übernehmen?Beglinger: Angesprochen sind Lehrpersonen mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung, die Interesse daran haben, berufseinsteigende Lehrpersonen in ihrer professionellen Ent-wicklung zu begleiten, und die bereit sind, sich mit den Herausforderungen als Fachbegleitung auseinanderzusetzen. Viele Fachbegleitende empfinden es als bereichernd, nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene beim Lernen zu begleiten. Möchten Lehrpersonen eine Fachbegleitung übernehmen, können sie sich an ihre Schulleitung wenden. Diese meldet sie schliesslich zur Weiterbildung an.

Akzente: Stehen den Schulen durchgehend ausreichend Fachbegleitende zur Verfügung?Beglinger: Aufgrund der teilweise hohen Fluktuation im Schulfeld ist es für Schullei-tende immer wieder eine Herausforderung, den Bedarf decken zu können. Entsprechend ist die Nachfrage an Weiterbildungsplätzen hoch. Zur- zeit bilden wir jährlich rund 160 Fachbeglei-tende aus.

– Christoph Hotz

kann, ist davon auszugehen, dass diese Bewegungszeit insgesamt produktiver wird. Aber natürlich nimmt die Reflexion und Wissensvermittlung auch Zeit in An-spruch. Damit dies nicht auf Kosten der Bewegungszeit geht, braucht es gewisse Anpassungen in der Unter-richtsorganisation.

Welche Anpassungen sprechen Sie hier an?Generell spreche ich hier auf eine gute Planung und Rhythmisierung von Wissens- und Bewegungsteilen im Unterricht an. Es gibt aber auch zahlreiche weitere Möglichkeiten für eine effizientere Unterrichtsgestal-

tung. Wie und in welchen Bereichen sich der Sportun-terricht zeitlich optimieren lässt, steht im Zentrum einer kostenlosen Tagung, die wir im September an der PH Zürich durchführen. Dazu sind alle Lehrpersonen herzlich eingeladen.

Ist zu erwarten, dass sportlich leistungsschwäche-re Schülerinnen und Schüler über den Wissenszu-gang nun rascher zu den Stärkeren aufholen?Es gibt durchaus Fachpersonen, die darin einen Lösungsansatz zur Einebnung der Leistungsunterschie-de erkennen. Ich bin da eher zurückhaltend und denke, dass Stärkere und Schwächere gleichermassen profitie-ren werden. Der Umgang mit Heterogenität wird aus meiner Sicht deshalb auch weiterhin eine der grossen Herausforderungen im Sportunterricht bleiben. Um Kinder und Jugendliche mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen in einer Turnstunde zu fördern, muss man als Lehrperson auch zukünftig seine ganze Kom- petenz und Kreativität aufbieten. Aber genau das macht es ja so spannend, Sport zu unterrichten.

Fachtagung Sport «Zeitnutzung im Sportunterricht – Herausforderungen und Optimierungsmöglichkeiten». 8. September 2018, Campus PH Zürich. Weitere Infos unter: phzh.ch/sportunterricht2018

«Erwachsene beim Lernen zu begleiten, ist eine Bereicherung»

Mirjam Beglinger, Leitung «Fachbeglei-tung am Arbeitsort» an der PH Zürich.

Der bisherige Fokus auf das «Können» wird im kompe­tenzorientierten Sportunter­ richt um die Wissensdi­mension erweitert.

Im kompetenzorientierten Sportunter-richt wird dem Wissen und Reflektieren mehr Beachtung geschenkt. Was sich dadurch im Unterricht und für die Lehr-personen ändert, erklärt die Dozentin für Bewegung und Sport, Ilaria Ferrari Ehrensberger, im Interview.

Text und Foto: Christian Wagner

Ilaria Ferrari Ehrensberger, Dozentin für Bewegung und Sport.

PH Zürich – Weiterbildung

PH Zürich – Ausbildung

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Serie – D

as M

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«Klassenmusizieren», sagt Maurus Conte in die Runde der 18 im Kreis sitzenden Studierenden, «ist viel mehr als nur Singen. Ebenso geht es um Koordination, Bewegung und Choreographie!» Seinen Worten lässt er mit «Don daya», einer eingängigen Melodie aus Kolum-bien, die ihren Reiz durch die dazu ausgeführte Bodyper-cussion gewinnt, gleich Taten folgen. Der Dozent fordert die Anwesenden an diesem Mittwochmorgen auf, ihm nachzusingen und mit sich steigerndem Schwierigkeits-grad und Tempo rhythmisch mit Händen, Fingern und Füssen zu klatschen, stampfen und schnippen. Die Auf-gabe ist nicht einfach, der Spassfaktor aber hoch. Die meisten Studierenden fallen früher oder später lachend

aus dem Takt oder verheddern sich, als abwechselnd eine Hand zur Nase und die andere überkreuzt zum Ohr grei-fen soll. «Denkt daran», mahnt Conte, «für Erstklässler kann es noch schwierig sein, mit den Fingern zu schnip-pen!» Solche Tipps ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Lektion.

«Accelerando, und jetzt im Dreiklang!»Die 15 Frauen und drei Männer, alles Studierende im zweiten Semester auf der Primarstufe mit Musik im Fä-cherprofil, absolvieren derzeit die Fachdidaktik 1 – von insgesamt 3 Blöcken – , zu der auch die Basiskompeten-zen und damit die Theorie gehören. Mit einem digitalen Lehrmittel eignen sich die Studierenden die theoreti-schen Inhalte selbständig an. Die zweite Säule der Aus-bildung bildet die Liedbegleitung mit einem Instrument, entweder Klavier oder Gitarre.

Maurus Contes Unterricht ist durchgetaktet wie eine Manager-Agenda. Der Profi-Musiker und ehemali-ge Primarlehrer fragt die Studierenden jetzt nach Mög-lichkeiten, wie das Lied für 1.-Klässler angepasst oder ergänzt werden könnte, und nimmt damit Bezug auf die Gestaltungsprozesse des Lehrplans 21. «Wir gehen häu-fig vom Lied aus und kommen so von der Praxis in die Theorie», sagt er. Conte schlägt vor, die Unterstufen-schülerinnen und -schüler dabei den Liedablauf mit Symbolkärtchen – etwa für schnippende Hände − auf Papier selber aufzeichnen zu lassen. Ein einfacher Ablauf – schnippen, klatschen, stampfen – könne bis zu einer kleinen Choreografie mit Instrumenten und Tanzschrit-ten erweitert werden, so ein nächster Tipp.

Anschliessend thematisiert der 35-Jährige die Mu-sik-Kompetenzbereiche aus dem Lehrplan 21 sowie die in den einzelnen Bereichen zu erreichenden Kompeten-zen. «Mit welchen Kompetenzen haben wir uns eben be-schäftigt?», will er wissen. Und er richtet einen Appell an die künftigen Lehrpersonen: «Überlegen Sie sich stets, wie Sie Ihre Schülerinnen und Schüler aktiv einbinden und die Aufgabe erschweren, anreichern oder vereinfa-chen können.» Sein Motto für den Musikunterricht lau-tet: aus wenig viel machen. «Kreativität und Spass sollen im Vordergrund stehen, Qualität darf aber durchaus ein-gefordert werden», sagt er. Studentin Simone Weber schätzt diese Art des Unterrichts: «Maurus Conte liefert viele kreative und abwechslungsreiche Inputs für unseren eigenen Unterricht», sagt sie. Vieles davon könne im Mo-dul gemeinsam mit den anderen Studierenden direkt ausprobiert werden. «Dadurch erhalten wir einen Ein-druck, wie die Idee mit der Klasse umgesetzt oder stufen-gerecht angepasst werden kann.»

Inzwischen haben sich die Studierenden mit ei-nem Notenblatt in den Händen um den Flügel versam-melt. Maurus Conte stimmt ein Lied an, das sich speziell für die Unterstufe eignet. Die Studierenden setzen ein.

«Der Funke muss auf die Klasse überspringen»

«Accelerando!», feuert er die Gruppe an, «und jetzt im Dreiklang, von unten nach oben!» Wieder weist er auf Varianten für die Praxis hin, spielt diese am Klavier vor und fragt, welches Begleitinstrument sich dazu eignen würde. Die Ideen werden gleich umgesetzt und die Stu-dierenden begleiten das Lied nun mit sogenannten Boomwhakers, Xylofonen und Bassklangstäben.

«Ich gehe in den Lektionen vom Erleben und vom Gemeinschaftsgefühl aus und zeige Wege auf, wie im Klassenzimmer der Musikunterricht gestaltet werden kann.» Wichtig sei, dass möglichst oft musiziert und ge-sungen werde und dass dies alles lustvoll geschehe. Nur so können die Freude an der Musik vermittelt werden und der Funke auf die Klasse überspringen.

Mehr Schub dank SambagurkeDie musikalischen Vorkenntnisse der angehenden Pri-marlehrerinnen und -lehrer sind laut Maurus Conte sehr unterschiedlich. Das Spektrum der Studierenden reicht von Anfängern bis hin zu Absolventinnen und Absolven-ten einer Musikmatura. «Dank Zusatzangeboten können wir diese Niveauunterschiede etwas ausgleichen», sagt der Dozent.

Kurz vor der Mittagspause übt die Gruppe ganz nach Contes Grundsatz passend zur meteorologischen Lage an diesem Morgen das Lied des Schweizer Musi-kers Andrew Bond «Schlächts Wätter». Zusätzlichen Schub verleihen dem Song Rhythmusinstrumente wie Sambagurken, Djembe, Shaker und Schellenringe.

Serie «Das Modul» In der Serie «Das Modul» stellen wir in diesem Jahr Ausbildungsmodule der PH Zürich vor. Die insgesamt vier Beiträge bilden exemplarisch die Vielfältig-keit des Studienangebots ab.

Lustvolles und praktisches Üben ste-hen im Vordergrund des Musik-Moduls auf der Primarstufe an der PH Zürich. Mau-rus Contes Unterricht ist gespickt mit praktischen Tipps für die Studierenden. Sein Credo lautet Praxis vor Theorie, Tiefe statt Breite, Qualität vor Quanti-tät. Oberstes Ziel ist, dass die künfti-gen Lehrpersonen ihren Schülerinnen und Schülern die Freude an der Musik vermit-teln können.

Text: Claudia Merki, Fotos: Niklaus Spoerri

Dozent Maurus Conte: «Über-legen Sie sich stets, wie Sie die Klasse aktiv einbinden können.»

Im Zentrum steht das Ziel, Freude an der Musik zu vermitteln.

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GESCHICHTE MIT BISS

Leon ist zehn und hat ein Problem: Er leidet unter Schüchternheit. Im Schul hof traut er sich nicht, mitzuspielen, im Schwimmbad nicht vom Dreimeter-Turm zu springen und schon gar nicht traut er sich, dem Gitarrenlehrer zu sagen, dass der Mundgeruch hat. Sein Vater ist Leon keine Hilfe, er ist aus demselben Holz. Darum ist es Leon, der, inspiriert von Omas Frauenzeitschrift, für sich und seinen Vater ein Mutmacherprogramm startet. Doch der Erfolg stellt sich nicht über Nacht ein. Es ist das Verdienst der Autorin, dass sie Leons Überwin-dungskampf alltagsnah und mit feinem Gespür für Zwischentöne zeigt. Rückschläge und Selbst-zweifel bleiben nicht aus. Es ist ein Befreiungs-schlag, als Leon die Frauenzeitschrift zer-knüllt. Endlich hat er den Mut, sich anzunehmen, wie er ist. Dazu trägt auch das Mädchen Ida viel bei. Sigrun Wolfrum hat ein herzerwärmendes Buch geschrieben und sie zeigt sich als versierte Autorin: Sie beherrscht den Plot und das Titelmotiv virtuos.– Thomas Dütsch

S. Wolfrum. Leon zeigt Zähne. Mit Illustrationen von Katja Spitzer.

München: Hanser, 2017. 136 Seiten.

DIE ROLLE DES GEFÜHLS

Je weiter die Digitalität in unser Leben eindringt, desto mehr besinnen wir uns auf das, was den Menschen hervorhebt und von technischen Existenz-formen unterscheidet. Sieht man von humanitä-ren Katastrophen der Menschheitsgeschichte ab, hat es der Homo sapiens mit Vernunft zwar weit gebracht. Neurowis-senschaftler Antonio

Damasio zeigt jedoch, dass Leben seit Anbeginn auf Gefühle setzte – von der Reizempfindung der Bakterie über soziale Verhaltensweisen mehr-zelliger Organismen bis zum subjektiv fühlenden Bewusstsein des Men-schen. Sein Schlüsselwort lautet Homöostase und meint jenen dynamischen Regulationsprozess, der nach Stabilität strebt und deshalb Entwicklungen anstösst. So führt Dama-

sio letztlich auch kreative Intelligenz und den Auf stieg menschlicher Kulturen auf die Fähigkeit zurück, nicht nur die Aussenwelt, sondern alle Regungen zwischen Schmerz und Freude im Inneren zu repräsentieren. – Daniel Ammann

A. Damasio. Im Anfang war das Gefühl: Der biologische Ur-sprung menschlicher Kultur.

München: Siedler, 2017. 320 Seiten.

Medientipps

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Foto: Gianna Mischol

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Besprechungen weiterer Titel: blog.phzh.ch/akzente/rubrik/medientipps

KOPIE ODER ORIGINAL?

Diese Fragen begleiten die Fotografie seit ihren Anfängen: Kopiert sie eine vorgefundene Wirk-lichkeit oder ist sie etwas Eigenständiges? Und: Wie beeinflusst die Reprodu-zierbarkeit von Fotos ihren «Selbstwert»? Der vorliegende Band erwei-tert den meist akademi-schen Diskurs dazu um aktuelle Positionen. So schlägt Valentin Groebner mit erfrischendem Le-bensweltbezug einen Bogen von heutigen Porträts auf Werbeplaka-ten zu mittelalterlichen Praktiken des Porträtie-rens und folgert, dass das menschliche Gesicht das einzige Unikat ist. Neben fotohistorischen und -theoretischen Erörterun-gen (Bernd Stiegler) wird etwa das Verhältnis der Fotografie zur Kunst (Monika Faber) oder zum Film (Johannes Binotto) thematisiert. Die eingangs gestellten Fragen erhalten durch die Digitalisierung neue Aktualität; diese wird trotz Andeutung im Untertitel kaum disku-tiert. Dafür verleiht das optisch und haptisch schön gestaltete Buch der (ge-)wichtigen Diskussion alle Ehre.– Thomas Hermann

M. Meier. Auf der Suche nach dem foto-grafischen Unikat.

Zürich: Rüffer & Rub, 2017. 139 Seiten.

ABU AN DER BERUFSSCHULE

Haben Lehrpersonen im allgemeinbildenden Unter richt (ABU) an Berufsfachschulen eigent-lich mehr Spielraum im Gestalten ihres Schullehr-plans? Welche Rahmenbe-dingungen sind gesetzt und wo dürfen Schule oder einzelne Lehrperso-nen selbst bestimmen? Die Autoren fassen Vorga-ben und zentrale Aufga-ben des ABU-Unterrichts treffend zusammen. Das vermittelt einen Über-blick und schafft ein Ver ständnis für den Gesamtzusammenhang. Wegleitend sind hierbei lern theo re tische und didaktische Erkenntnisse. Auf der Grundlage des Quality-Teaching-Kon-zepts und anhand von Unterrichtsbeispielen wird umfassend darge-legt, was effizienten und zukunfts fähigen ABU- Unterricht ausmacht. Dieser Teil ist anspruchs-voll. Deshalb eignet sich das Studienbuch eher in der Ausbildung von Lehrpersonen an Berufs-fachschulen oder als Nachschlagewerk für erfahrene Lehrkräfte. – Tamara De Vito

R. Schori Bondeli, D. Schmuki, M. Erne. Unser Leben. Unsere Welt. Unsere Sprachen: Quality Teaching im allgemeinbildenden Unterricht ABU an Berufsfachschulen.

Bern: hep verlag, 2017. 328 Seiten.

Bis zur Einschulung läuft alles gut. Frank kümmert sich liebevoll um die Tochter seiner verstorbenen Schwester und macht um ihre mathe-matische Begabung nicht viel Aufhebens. In der ersten Unterrichtsstunde wird jedoch schlagartig klar, dass die sieben-jährige Mary unterfor-dert ist. Die schleppen-den Sätze der Lehrerin gehen ihr ebenso auf die Nerven wie das Einmal-eins. Die Schulleitung empfiehlt eine Spezial-schule und ruft Marys Grossmutter auf den Plan. Aber als Frank nicht einlenkt, muss er vor Gericht um das Sor-gerecht kämpfen. Der Film «Gifted» (USA 2017) gewährt auf einfühlsame Weise Einblick in Motive und Nöte aller Beteilig-ten. Das wirft einmal mehr die Frage auf, worauf es ankommt, damit ein Kind bekommt, was es am dringendsten braucht.

Ein ähnlicher Kampf um das Wohl eines sieben-jährigen Kindes ent-brennt im Film «Little Man Tate». In ihrem Regiedebüt aus dem Jahr 1991 schlüpft Jodie Foster selbst in die Rolle einer überforder-ten Mutter, die ihren überdurchschnittlich begabten und sensiblen Sohn nicht den Interes-sen einer ehrgeizigen Kinderpsychologin aus-liefern will.

Aber nicht nur Ausnahme-begabungen sollten uns in Staunen versetzen. Letztlich ist jedes Kind ein Wunder, wie die Bildungsexpertin Donata Elschen broich in ihrem Longseller «Weltwissen der Siebenjährigen» zeigt (Goldmann 2002). Die Kleinen sind For-scher, Sammler und Erfinder. Sie passen (noch) nicht in Schablo-nen, sondern geben uns Rätsel auf und stellen mit ihrer Sicht der Welt unser erwachsenes Scha-blonendenken gehörig auf den Kopf. – Daniel Ammann

Die klugen Siebenjährigen

AUSBILDUNG VON TUTOREN

Kommen Hochschulen und Universitäten heute überhaupt noch ohne Tutoratssysteme zurecht? Kaum. Davon ist Heike Kröpke überzeugt. Denn Tutorinnen und Tutoren verbessern die Studien-qualität, heben Hierarchi-en auf, erhöhen Studiener-folge und reduzieren sogar die Quote der Studienab-brechenden. Doch wie eignen sich Studierende innerhalb kurzer Zeit so viele Kompetenzen an? Die Antwort liefert die erfahrene Autorin anhand praxisnaher Übungen und didaktischer Hinweise zur Gestaltung von Tutorien. So stellt sie im Abschnitt «Gegen das Suppenkoma» anregende Warm-ups vor, gibt Tipps zu Körperspra-che und Sprechtechnik oder zeigt Tricks im Um-gang mit aufsässigen oder unmotivierten Kursteil-nehmenden. Dank metho-discher Impulse und griffiger Aufgaben profitie-ren von diesem Leitfaden nicht nur angehende Tutorinnen und Tutoren oder ihre Betreuenden, sondern ebenso Dozieren-de sowie Lehrerinnen und Lehrer. – Julia Bärtschi

H. Kröpke. Tutoren erfolgreich im Einsatz: Ein praxisorientierter Leitfaden für Tutoren und Tutorentrainer.

Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2015. 164 Seiten.

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Prozessarbeitnach Dr. Arnold MindellFortbildungen und Seminare, Ausbildungen in Beratung / Coaching und Supervision und 5-jährige anerkannte Weiterbildung in Psychotherapie.

Für Infoabend- und Einführungsseminar- Daten besuchen Sie bitte unsere Webseite.

Alle Veranstaltungen finden am Institut für Prozessarbeit in Zürich, direkt beim Bahnhof Zürich Binz statt.

Institut für Prozessarbeit Zürich Telefon 044 451 20 70 [email protected]

www.institut-prozessarbeit.ch

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Unter v

ier Augen

Illustration: Elisabeth Moch

Inserate

der Zufall der eigenen Bio grafie zwar nicht ausgeräumt, aber immer - hin sublimiert.Isler: Meinst du mit «sublimiert», dass in den Schulen genau das zur Praxis wird, was wir hier lehren?Bernet: Nein, ich wollte betonen, dass die eigene Person und die eigene Geschichte so etwas wie den Rohstoff für den Lehrberuf bilden. Dieser Rohstoff wird im Studium nicht verbraucht, sondern veredelt. Klingt das zu pathetisch?Isler: Es tönt schön – aber die Wirkung unserer Ausbildung scheint mir wenig berechenbar. Ob und wie sich Lernbiografie, Überzeugungen und Vorurteile verändern, hat immer etwas Unberechenbares an sich. Dass eine durchkomponierte Aus - bildung zwingend wirkt, widerlegt mein Anfangsbeispiel. Für Natur-begabte hingegen wäre eine kürzere Ausbildung möglich oder eine mit weiterführenden Schwerpunkten und Wahlmöglichkeiten. Mein Stu - dent wiederum bräuchte ein indi - viduell auf ihn zugeschnittenes Programm. Fazit: nicht Einerlei für alle!Bernet: Bezüglich der Ausgestal-tung der Studiengänge bin ich nicht sehr versiert, aber ich bin etwas skeptisch, was die Wirkung curricu-larer Kunstgriffe anbelangt. Wer soll

entscheiden, was wichtiger ist: Fach- didaktik, Erziehungs- und Sozial-wissenschaft, Recht und Ethik, Be - rufspraxis? Das ist alles bedeutsam im Lehrberuf. Entscheidend ist doch, wie es vermittelt wird, nämlich herausfordernd und einladend. Aber klar: Ohne Bildungshunger läuft gar nichts, und der lässt sich nicht einfach herstellen.Isler: Lieber Kollege, dauernd predigen wir die Individualisierung. Ich wün sch te mir in unseren Stu- diengängen für bereits gut Aus ge-rüs tete vielfältigere Möglichkeiten – und für schwer Er reich bare viel Engagement und Beharrlichkeit auf unserer Seite. Tröstlich immerhin, dass wir als Ausbildner dazu neigen, unsere Wirkung zu überschätzen. Das be wahrt unser Selbstbild vor gröberer Beschädigung. Bernet: Wozu wir hingegen nicht neigen sollten: die Studierenden zu unterschätzen. Diese Faustregel ist bekanntlich immer ratsam, wenn es um Bildung geht.

Mario Bernet (links) war 15 Jahre Primarlehrer und ist jetzt wis- senschaftlicher Mitarbeiter an der PH Zürich. Ruedi Isler ist Pädagogikprofessor. Sie unter-halten sich an dieser Stelle über ein aktuelles Schulthema.

Ruedi Isler: Gegen Ende seines Studiums hat mich einmal ein eher bildungsresistenter Student ganz unvermittelt angesprochen. Er hat mir mitgeteilt, dass der einzige Fort - schritt in seinen drei Jahren Lehrer-bildung darin bestanden habe, dass er nun drei Jahre älter sei. Es war kein guter Student, er glaubte nur, dass er schon alles wisse. Für andere mag sein Statement jedoch stim-men. Gibt es nicht geborene Lehre - r innen und Lehrer, die eigentlich eine nur ganz minimale Ausbildung bräuchten?Mario Bernet: Nein, die gibt es nicht.Isler: So klar, die Sache?Bernet: Unmittelbar nach der Matura und Rekrutenschule konnte ich im Thurgau ein Vikariat an einer dritten Sekundarklasse übernehmen. Im Fach Geschichte ging es um die Euphorie in Deutschland zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Das lief ganz passabel. Aber was ich inhaltlich und didaktisch geboten hatte, war eine zufällige Mischung: Ich wollte es anders machen als die langweili-gen Geschichtslehrer im Gymnasi-um, konnte ein solides Lehrmittel einsetzen, und schliesslich hatte ich noch die Rekrutenschule in den Knochen. Mir geht es um dieses Zufällige! In der Lehrerbildung wird

Mario Bernet und Ruedi Isler – Unter vier Augen

Naturtalente im Lehrberuf

So lernen wir.

Arbeiten an der FES? In einem Klima der Wärme leistungsorientiert arbeiten, lehren und lernen: Möchten Sie Ihre Ideen einbringen und Ihre Schülerinnen und Schüler beim selbstverantwortlichen Lernen unterstützen?Bewerben Sie sich spontan oder auf unsere Ausschreibungen: www.fesz.ch/offene-stellenWir freuen uns darauf, Sie kennen zu lernen. Freie Evangelische SchuleWaldmannstrasse 9, 8024 Zürichwww.fesz.ch, Telefon 043 268 84 84Kontakt: [email protected]

WEITERBILDUNG UND BERATUNG

Themenreihe «Brennpunkt Schule»

Schulen unter (Leistungs-)Druck?12. Juni 2018, 18 bis 20 Uhr

Den (Leistungs-)Druck in der Schule spüren nicht nur Schülerinnen und Schüler. Auch an Lehrpersonen und Schulleitende werden hohe Anforderungen gestellt. Wie können die Betroffenen mit diesen Herausforderungen umgehen?Der Abend gibt Einblick in aktuelle Diskussionen und zeigt mögliche Lösungsansätze auf, unter anderen mit Ingo Albrecht, Pro Juventute und Christian Hugi, Präsident ZLV.

phzh.ch/themenreihen

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«Akzente» erscheint viermal jährlich, 25. Jahrgang, Nr. 2, Mai 2018, ISSN 2296-7281 (Print), 2296-732X (Online). Herausgeberin: Pädagogische Hochschule Zürich. Redaktionskommission: Christoph Hotz (Redaktionsleitung), Daniel Ammann, Anne Bosche, Reto Klink, Martina Meienberg, Michael Prusse. Redaktionelle Mitarbeit: André Behr, Sabina Brändli, Samanta Gribi, Melanie Keim, Claudia Merki, Eva Pruschy, Angela Roos, Christian Wagner. Adresse: Pädagogische Hochschule Zürich, Redaktion «Akzente», Christoph Hotz, Lagerstrasse 2, 8090 Zürich, [email protected], phzh.ch/akzente. Grafisches Konzept: Raffinerie AG für Gestaltung, Zürich. Layout: Regi Müller, Typografische Gestalterin PH Zürich. Druck: FO-Fotorotar, Egg ZH. Inserate: IEB AG, Gewerbestrasse 18, 8132 Egg, Tel. 043 833 80 60, Fax 043 833 80 44, [email protected], ieb.ch. Abonnemente: Jahresabonnement CHF 20.– inkl. Porto, phzh.ch/abo. Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier.

Impressum

Fotos: Christian Mathis

Inserate

Instagram #takeover

Der Fotograf Christian Mathis ist Professor für Didaktik Natur, Mensch, Gesell-schaft an der PH Zürich.

Zur Rubrik Jeweils für zwei Wochen übernimmt eine Person aus dem Bildungsumfeld den Instagram-Account der PH Zürich (@phzuerich) und fotografiert während dieser Zeit in ihrem Berufsalltag – in diesem Fall von Mitte bis Ende März 2018. Die besten Bilder erscheinen an dieser Stelle in der Rubrik «Instagram #takeover».

1 — Working at the newspace today

2 — High tide at Merewether Baths

3 — The possum is back again

4 — Study hard, surf fast

5 — Having a coffee before the students will take over the patio

6 — Exploring Redhead Beach after a day at #universityofnewcast-leaustralia

7 — Lecture with very interested students

8 — Coffee break at Newcastle Civic Park

9 — Well, that’s my last picture. This #takeover is over. I hope you liked my pictures. Thanks to @phzuerich for this opportunity. It was fun!

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Intensivkurs für die schulische und kulturelle Integration

T +41 43 888 70 70 | www.allegra-schulen.ch | [email protected]

Von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich bewilligte Privatschule

Rasche und nachhaltige Integration in die Regelklasse

Ganz- und Halbtagsvariante möglich

26/20 Lektionen pro Woche in Kleingruppen

Mittagstisch

Bern Dübendorf Horgen Winterthur Zürich

Lehrmittel und Unterrichtshilfen für lernschwache Kinder

Heilpädagogischer Lehrmittel-Verlag

Heilpädagogischer Lehrmittel-Verlag HLVMöslistrasse 10, 4232 Feldbrunnen, Telefon 032 623 44 55

Bereiche:

Zyklus 1–3 im integrativen Unterricht

Lesen Mathematik Sachunterricht

www.hlv-lehrmittel.ch

Bewährte Unterrichtshilfenfür die Sekundarstufe I

www.shop-SekZH.ch

Instagram #takeover

Die eigene Führungskompetenz weiterentwickeln

WEITERBILDUNG UND BERATUNG

Führungsaufgaben erfordern ein differenziertes und reflektiertes Handeln in unterschiedlichsten Funktionen und Rollen. Die berufsbegleitenden Lehrgänge bieten Leitungspersonen von Bildungsorganisationen die Gelegenheit, ihre Expertise zu erweitern.

CAS Schulmanagement Ergänzen Sie Ihre pädagogischen Führungs­kompetenzen mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen:– Finanzielle Führung von Schulen– Marketing und Imagepflege– Strategische und operative Schulführung

Beginn: 30. August 2018phzh.ch/cas

CAS Pädagogische SchulführungErweitern und vertiefen Sie Ihr pädago­gisches Wissen als Führungsperson einer Bildungsorganisation:– Module zu Lernen und Führen– Praktikum / Hospitation an Schulen– Studienreisen nach Amsterdam und Tallinn

Infoveranstaltungen: 5. Juni und 16. August 2018Beginn: 3. Oktober 2018phzh.ch/cas

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