4
117 Charadrius 52, Heft 1-2, 2016 (2017): 117-120 Abb. 1: Hakengimpel (links Männchen, rechts Weibchen), Finnland, April 2011. – Pine Grosbeak. © Christoph Moning Jahresber. Naturwissenschaftl.Verein in Elberfeld 6: 110- 129. Peitzmeier, J. (1955): Hakengimpel (Pinicola enucleator L.) in Westfalen. J. Ornithol. 96: 347-348. Peitzmeier, J. (1969): Avifauna von Westfalen. Abh. Landes- mus. Naturk. Münster 31, Heft 3: 1-480. le Roi, O. (1906): Die Vogelfauna der Rheinprovinz. Verh. Naturhist. Ver. Rheinl. 63: 1-325. Thiele, H.U. & H. Lehmann (1959): Die Vögel des Nieder- bergischen Landes. Jahresber. Naturwissenschaftl. Verein Wuppertal 18: 9-90. Zang, H. (2009): Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen – Rabenvögel bis Ammern. Naturschutz und Land- schaftspflege in Niedersachsen, Sonderreihe B Heft 2.11. Hannover. VOGEL DES MONATS: MAI 2016 Die Lachseeschwalben Gelochelidon nilotica von Nordrhein-Westfalen Eckhard Möller Stiftskamp 57, D-32049 Herford; [email protected] Es war am 1. September 1909, als Gutpächter Ermgassen vom Gut Niederbarkhausen in Leopold- shöhe-Asemissen (Kreis Lippe) einen Trupp von 14 weißen möwenähnlichen Vögeln über einem Feld sah. Er schoss in den Schwarm hinein und tötete mit seinen Schroten eine adulte und eine junge Lachsee- schwalbe – „eine sehr interessante Beute“ (Behrens 1911). Es war damals der fünfte Nachweis dieser seltenen Seeschwalbe in Nordrhein-Westfalen. Als erster gilt ein adultes Männchen, das vor 1852 bei Osterwick (Kreis Coesfeld) geschossen wurde (Bolsmann 1852, Droste 1873). Der Balg wurde

Pine Grosbeak. - nw-ornithologen.de

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Pine Grosbeak. - nw-ornithologen.de

117Charadrius 52, Heft 1-2, 2016 (2017): 117-120

Abb. 1: Hakengimpel (links Männchen, rechts Weibchen), Finnland, April 2011. – Pine Grosbeak. © Christoph Moning

Jahresber. Naturwissenschaftl.Verein in Elberfeld 6: 110-129.Peitzmeier, J. (1955): Hakengimpel (Pinicola enucleator L.) in Westfalen. J. Ornithol. 96: 347-348.Peitzmeier, J. (1969): Avifauna von Westfalen. Abh. Landes-mus. Naturk. Münster 31, Heft 3: 1-480.le Roi, O. (1906): Die Vogelfauna der Rheinprovinz. Verh. Naturhist. Ver. Rheinl. 63: 1-325.

Thiele, H.U. & H. Lehmann (1959): Die Vögel des Nieder-bergischen Landes. Jahresber. Naturwissenschaftl. Verein Wuppertal 18: 9-90.Zang, H. (2009): Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen – Rabenvögel bis Ammern. Naturschutz und Land-schaftspflege in Niedersachsen, Sonderreihe B Heft 2.11. Hannover.

VOGEL DES MONATS: MAI 2016

Die Lachseeschwalben Gelochelidon nilotica von Nordrhein-Westfalen

Eckhard Möller Stiftskamp 57, D-32049 Herford; [email protected]

Es war am 1. September 1909, als Gutpächter Ermgassen vom Gut Niederbarkhausen in Leopold-shöhe-Asemissen (Kreis Lippe) einen Trupp von 14 weißen möwenähnlichen Vögeln über einem Feld sah. Er schoss in den Schwarm hinein und tötete mit seinen Schroten eine adulte und eine junge Lachsee-

schwalbe – „eine sehr interessante Beute“ (Behrens 1911). Es war damals der fünfte Nachweis dieser seltenen Seeschwalbe in Nordrhein-Westfalen. Als erster gilt ein adultes Männchen, das vor 1852 bei Osterwick (Kreis Coesfeld) geschossen wurde (Bolsmann 1852, Droste 1873). Der Balg wurde

Page 2: Pine Grosbeak. - nw-ornithologen.de

118 Charadrius 52, Heft 1-2, 2016 (2017)

in der Sammlung Bolsmann aufbewahrt. In den 1880er Jahren wurde eine Lachseeschwalbe bei Lin-nich (heutiger Kreis Düren) getötet. Ihr Balg kam später in die Sammlung des Erkelenzer Lehrers Edmund Knorr (1885-1979) (Neubaur 1957). Der dritte Nachweis war ein im Juli 1894 zwischen Laer und Horstmar (Kreis Steinfurt) geschossenes adultes Männchen (Peitzmeier 1969). Am 16. Mai 1908 flogen „im Kirchspiel Ascheberg“ (Kreis Coesfeld) zwei Lachseeschwalben, von denen eine geschossen werden konnte. Ihr Balg kam in den Besitz des Pfar-rers B. Wigger (le Roi & Geyr von Schweppenburg 1912). Der fünfte Nachweis waren die beiden Vögel von Oerlinghausen. Im August 1925 musste eine weitere Lachseeschwalbe ihr Leben lassen: H. Hou-ben schoss sie „auf seiner Pferdekoppel dicht am Dorf“ Oerath (heutiger Kreis Heinsberg). Edmund Knorr kaufte später den Balg und übergab ihn dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koe-nig in Bonn „für die Rheinische Abteilung“ (Knorr 1967) (Abb. 1).Dann war eine lange Pause von 44 Jahren, bis am 19. Juni 1969 Hans-Georg Niermann eine adulte Lachseeschwalbe mit einer Flussseeschwalbe an einer Abgrabung bei Petershagen-Lahde (Kreis

Minden-Lübbecke) beobachten konnte. Sie über-lebte die Begegnung (Niermann & Ziegler 1975). Am 21.8.1972 sah Bernhard Koch eine „immature“ an der Ruhr bei Echthausen (Kreis Soest) zusam-men mit 12 Trauerseeschwalben (Harengerd 1972). Anerkannt vom „Raritätenkomitee“ der Westfäli-schen Ornithologengesellschaft. Im „Anhang“ zur Avifauna von Westfalen (Gries et al. 1979) ist als Datum der 28.8.1972 angegeben.Weitere 21 Jahre später beobachtete Andreas Buch-heim am 11. Juli 1993 eine adulte Lachseeschwalbe auf dem Halterner Stausee (Kreis Recklinghausen) (anerkannt von der Deutschen Seltenheitenkommis-sion/DSK 1995) (Abb. 2). Die nächste Lachsee-schwalbe, eine adulte, rastete dann erst am 17. Juli 2005 in den Rieselfeldern in Münster zwischen Lachmöwen (Lars Gaedicke, Andreas Michalik, Holger Lauruschkus, Andrea Klein). Anerkannt von der DSK (2010). Zehn Jahre später gab es zum ers-ten Mal in Nordrhein-Westfalen die Situation, dass an zwei verschiedenen Stellen Lachseeschwalben nachgewiesen werden konnten: Am 5. Mai 2015 beobachtete und fotografierte Hajo Kobialka am Freizeitsee Höxter eine adulte (Abb. 3), und am 9. August 2015 entdeckten Peter de Vries und Nicole

Abb. 1: Die Lachseeschwalbe von Oerath, August 1925. – Gull-billed Tern. © Darius Stiels, ZFMK März 2016

Page 3: Pine Grosbeak. - nw-ornithologen.de

119E. MöllEr: Vogel des Monats Mai 2016: Lachseeschwalben NRW

Feige eine am Himmel über Zyfflich-Niel (Kreis Kleve) (de Vries 2015). Beide anerkannt von der Avifaunistischen Kommission (www.nwo-avi.com).Lachseeschwalben sind also in Nordrhein-Westfalen selten oder besser sehr selten. Zwischen den ein-zelnen Nachweisen gibt es Lücken von 44, 21, 12 oder 10 Jahren – und das trotz heute moderner und leistungsfähiger optischer Geräte.Lachseeschwalben sind auf unserem Planeten weit verbreitet: Im südlichen Europa, in Nordwestafrika, Zentral- und Ostasien, Australien und an den Küsten von Nord- und Südamerika (del Hoyo et al. 1996). Conradt & Ebels (2014) haben die Geschichte der Populationen in Mitteleuropa ausführlich darge-stellt: Von Brutplätzen von bis zu 200 Paaren an Flüssen in Bayern und Baden-Württemberg (vor mehr als hundert Jahren) bis hin zum Aussterben dort. In den 1940er Jahren brüteten bis zu 500 Paare in Jütland und in Schleswig-Holstein. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging es dramatisch ber-gab. In den 1980er und 1990er Jahren war die durch-schnittliche Koloniegröße dort nur noch um die fünf Brutpaare. Die kleine dänische Population brach völlig zusammen, und nur noch südlich der Grenze brüteten wenige Dutzend Paare, und am Ende des 20. Jahrhunderts schien das Ende nahe.Seit 1995 gibt es nur noch eine kleine Kolonie in Deutschland – nahe der Elbemündung – von etwa 40 Paaren (Gedeon et al. 2014). Erst mit dem Einsetzen von konkreten Schutzmaßnahmen konnte der Bru-terfolg seit 2011 deutlich gesteigert werden, so dass es wieder Hoffnung gibt. Nach der Brutzeit ziehen die Lachseeschwalben von dort erst mal zu traditi-onellen Rastplätzen in den Niederlanden. Offenbar nur sehr wenige wählen östlichere Routen.

Dank

Mein großer Dank geht an Till Töpfer und Darius Stiels, die die Lachseeschwalbe von 1925 in der Sammlung des Museums König in Bonn aufgespürt und fotografiert haben.

Literatur

Behrens, K. (1911): Aus der Vogelwelt. Ber. Naturwissen-schaftl. Verein Bielefeld 2: 74-78.Bolsmann, H. (1852): Verzeichnis der im Münsterlande vor-kommenden Vögel. Naumannia 2: 24-38.Conradt, S. & E.B. Ebels (2014): Gull-billed Terns in north-western Europe: breeding results, conservation and post-breeding movements. Dutch Birding 36: 147-159.de Vries, P. (2015): Vogel des Monats Dezember 2015: Die Lachseeschwalbe Gelochelidon nilotica von Kraneburg-Ni-el. Charadrius 51: 211-213.Deutsche Seltenheitenkommission (1995): Seltene Vogel-arten in Deutschland 1993. Limicola 9: 77-110.Deutsche Seltenheitenkommission (2010): Seltene Vogel-arten in Deutschland 2009 (mit Nachträgen 2001-2008). Limicola 24: 233-286.Droste, F. (1873): Beiträge zur Vogelfauna von Westfalen und Lippe. Zool. Garten 14: 144-151.Gedeon, K., C. Grüneberg, A. Mitschke, C. Sudfeldt, W. Eikhorst, S. Fischer, M. Flade, S. Frick, I. Geiersberger, B. Koop, M. Kramer, T. Krüger, N. Roth, T. Ryslavy, F. Schlot-mann, S. Stübing, S.R. Sudmann, R. Steffens, F. Vökler & K. Witt (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten. Hohenstein-Ernstthal und Münster.Gries, B., H. Hötker, G. Knoblauch, J. Peitzmeier, H.O. Re-hage & C. Sudfeldt (1979): Anhang zu Avifauna von West-falen. Abh. Landesmuseum Naturk. Münster 41: 477-576.Harengerd, M. (1972): Sammelbericht für die Zeit vom 1.7. bis 31.10.1972. Anthus 9: 90-94.

Abb. 2: Die Lachseeschwalbe von Haltern, Juli 1993. Zeichnung: Andreas Buchheim (mit Kommentaren der NRW-Seltenheitenkommission). – Gull-billed Tern.

Abb. 3: Die Lachseeschwalbe von Höxter (links neben zwei Lachmöwen), Mai 2015. – Gull-billed Tern. © Hajo Kobialka

Page 4: Pine Grosbeak. - nw-ornithologen.de

120 Charadrius 52, Heft 1-2, 2016 (2017): 120-122

del Hoyo, J., A. Elliott & J. Sargatal (1996): Handbook of the Birds of the World, Vol. 3. Lynx, Barcelona.Knorr, E. (1967): Die Vögel des Kreises Erkelenz. Neuss.Neubaur, F. (1957): Beiträge zur Vogelfauna der ehemaligen Rheinprovinz. Decheniana 110: 1-278.Niermann, H.-G. & G. Ziegler (1975): Durchzug und Brut-vorkommen der Laro-Limikolen im Nordteil des Altkreises

Minden/Westf. Alcedo 2: 30.Peitzmeier, J. (1969): Avifauna von Westfalen. Abh. Landes-mus. Naturk. Münster 31, Heft 3: 1-480.le Roi, O. & H. Geyr von Schweppenburg (1912): Beiträge zur Ornis der Rheinprovinz. Erster Nachtrag zur „Vogel-fauna der Rheinprovinz“. Verh. Naturhist. Ver. Rheinl. 69: 1-150.

VOGEL DES MONATS: JUNI 2016

Die Spatelente Bucephala islandica von Worringen

Eckhard Möller Stiftskamp 57, D-32049 Herford; [email protected]

Es war am 26. Februar 1956, als Victor Franck und Josef Krause (beide aus Köln) bei Köln-Worringen aus 60-70 m Entfernung bei klarer Sicht auf dem Rhein einen kleinen Trupp von sechs Enten beob-achteten. Fünf davon waren eindeutig Schellenten, drei Männchen und zwei Weibchen. „Die sechste aber, auch ein Erpel, war bedeutend größer als die Schellenten. Die Stirn war etwas steiler, der Schnabel etwas kürzer, der Kopf glänzend violett, nicht wie bei den begleitenden Schellerpeln grünlich schillernd. Auch waren der Rücken und die Schwin-gen pechschwarz. Das Weiß kam weniger zum Vor-schein als bei den kleineren Schellerpeln. Vor dem Auge leuchtete ein länglicher, fast halbkreisförmiger weißer Fleck, während es bei den Schellerpeln ein Vollkreis war. Das Verhalten war genauso wie das der Schellerpel“, soweit ihre Beschreibung (Franck & Krause 1957). Es war eine männliche Spatelente.Fritz Neubaur (1957) bezweifelte ganz einfach in seinen kurz darauf veröffentlichten „Beiträgen zur Vogelfauna der ehemaligen Rheinprovinz“ diese „feldornithologische Beobachtung“ (S. 268). Im 1969 erschienenen dritten Band des „Handbuchs der Vögel Mitteleuropas“ (Glutz v. Blotzheim 1992) wird die Worringer Spatelente als offenbar richtig bestimmt erwähnt, ihre Herkunft müsse aber offen bleiben. Mildenberger (1982) nahm sie dann als „Ausnahmeerscheinung“ in seine rheinische Avi-fauna auf, fügte allerdings vorsichtig den einschrän-kenden Satz an: „Gefangenschaftsflucht ist dessen ungeachtet nicht ausgeschlossen“ (S. 166).Wahrscheinlich wegen dieses Nachsatzes verwei-gerte Herkenrath (1995) der Worringer Spatelente

die Aufnahme in die Kategorie A seiner „Artenliste der Vögel Nordrhein-Westfalens“, führte sie aber in einer Kategorie D auf für „Arten, deren Vorkommen in Nordrhein-Westfalen nicht ausreichend dokumen-tiert ist“ (S. 107), was für die Ente von Köln aber nicht zutreffen kann.Die derzeit gültige „Liste der Vögel Deutschlands“ (Barthel & Helbig 2005) stuft trotz der Nachweise von Worringen und Gaulsheim (s. u.) die Spatelente nur in die Kategorie B (= Nachweise vor 1950) ein und alle nach 1950 in Kategorie E (= „wahrscheinli-cher oder sicherer Gefangenschaftsflüchtling“).Wie war das denn nun mit Spatelenten und Hal-tung in Gefangenschaft in der ersten Hälfte der 1950er Jahre? Leider ist die Quellenlage dazu äußerst dürftig. Das vielzitierte „Wirtschaftswun-der“ in Deutschland mit dem Hang, alten und neuen Wohlstand auch mit der Haltung exotischer Tiere zu zeigen, war noch nicht angerollt. Dazu kamen große „technische“ Schwierigkeiten bei Haltung und Zucht von „Meeresenten“.Kolbe (1999, S. 310) schreibt dazu: „Spatelenten gehörten lange zu den selten gehaltenen und schwie-rig zu züchtenden Meeresenten. Englische Züchter experimentierten in den 20er und 30er Jahren wie-derholt mit isländischen Wildvogeleiern. Die Auf-zuchterfolge waren gering, dennoch gelang ihnen 1937 die Welterstzucht. Parallelbemühungen führten 1950 im Zoo von Philadelphia zur USA-Erstzucht.“ Für die eigene Anlage erwarb Kolbe 1979 ein imma-tures Paar, mit dem 1982 die Erstzucht in der ehe-maligen DDR gelang. Seit den 1990er Jahren ist die Zucht kein großes Problem mehr.