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FEBRUAR 02/2013 EUR 3,90 LEBERBLÜMCHEN & WEISSKRAUT & OBERBAYERISCHE DRADEWIXPFEIFERL & DER HUFSCHMIED VOM SCHLIERSEE & WILDKATZEN Allgäuer Butzelarva Der Meister der Masken Zu Gast im Rupertiwinkel & Die wilden Tiere im Bayerischen Wald & Regensburger Hutmacher > EINFACH . GUT . LEBEN 2 2 Mainfranken am Teller Traditionsreiche Rezepte Knospen Frühe Von der Natur ins Haus in Stadt & Land & 02 /2013

Servus in Stadt & Land - Bayern 2/13

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Servus in Stadt & Land - Vorschau auf die Ausgabe Bayern Februar 2013

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Februar 02/2013

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Allgäuer Butzelarva Der meister der masken

Zu Gast im Rupertiwinkel & Die wilden Tiere im Bayerischen Wald & Regensburger Hutmacher >

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Mainfranken am Teller traditionsreiche rezepte

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10 Lila SterneWenn Leberblümchen bunte Teppi-che auf die Waldböden zaubern, ist der Frühling nicht mehr weit.

20 Verschneite MärchenweltMitten im Bayerischen Wald genießt Familie Rösner ihren Wintergarten.

28 Herrliche WurfmaschineWinterspaß mit einem selbst gebauten Schneeballkatapult.

36 Am HolzwegSo manche gärtnerische Weisheit gehört ins Reich der Legende.

126 Heim auf leisen PfotenDie scheue Europäische Wildkatze streift wieder leise durch die nord-bayerischen Wälder.

Natur & Garten 42 Auf Krautschau

Kulinarische Liebeserklärung an das vitaminreiche Wintergemüse.

46 Schmeggd wiea bei OmaVom Krautbratn bis Karteisala – die besten mainfränkischen Rezepte mit Tradition.

54 Schicht für SchichtSelbst gebackener Baumkuchen ist nicht nur für Aristokraten ein wahrhaft königlicher Genuss.

56 A so a Kas!Würzig-deftige Gaumenfreuden, mit bayerischen Käsesorten zubereitet.

62 G’nudelt oder g’schupftOberbayerische Dradewixpfeiferl aus Omas Kochbuch.

Küche 66 Ein Hirtenhaus

für die PfarrersleuteDie Utzats haben im Nürnberger Land mit viel Liebe und sehr behutsam ein Fachwerkhäuschen restauriert.

74 Rinden-ZauberAus Birken und frühen Knospen lässt sich so mancher dekorative Blickfang gestalten.

78 Narrisch buntSchon das Herrichten und Dekorie-ren der fröhlichen Faschingstische macht großen Spaß.

82 Basteln mit KindernMit einfachem Kartoffeldruck bekommt die gute alte Schürze ganz fix lustige neue Motive.

Wohnen

Februar 2013Inhalt

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Servus 5

86 Die Perle von KatzenbergMarianne Hopfgartner strickt noch Innbaiern-Perlentaschen.

102 Im MärchenwaldMit Wildhüter Dr. Marco Heurich auf den Spuren wilder Tiere im Bayerischen Wald.

110 Verfilzt & zugerichtetDie Hüte des Regensburgers Andreas Nuslan sind für die Ewigkeit gemacht.

120 Die Kunst des BeschlagensHufschmied Martin Berger aus Haus-ham weiß alles über Pferdefüße.

130 Winter im RupertiwinkelZu Gast im südlichen Eck des noch verträumten Landstrichs.

Land & Leute 16 Vom Völlern und Fasten

In keinem anderen Monat des Jahres sind Bräuche so gegensätzlich wie jetzt um die Faschings- und Fastenzeit.

92 Zum Fürchten schönHinter den kunstvoll geschnitzten Bad Hindelanger „Butzelarva“ steht ein mehr als 200 Jahre alter Brauch mit großartigem Handwerk.

116 Der Winter brenntAm Funkensonntag wird nicht nur im Allgäuer Oberellegg der kalten Jahreszeit endgültig der Garaus gemacht.

158 Alte ZeitenWie der Rodelspaß auf Gams & Geiß im Inntaler Oberaudorf entstand.

3 Vorwort 6 Briefkastl, Altes Wissen 7 Mundart 8 Servus daheim 26 Schönes für draußen 30 Der Garten-Philosoph 32 Unser Garten, Mondkalender 40 Natur-Apotheke: Die Klette 64 Fundstück: Blechdose als Frühlingsblumenvase 84 Schönes für drinnen 98 Michael Köhlmeier: Die heilige Kümmernis 144 Gutes vom Bauern 146 Lilian Faschinger: Eis auf dem See 150 ServusTV: Sehenswertes im Februar 156 Feste, Märkte, Veranstaltungen 162 Vorschau, Impressum, Hersteller-Adressen

Titelfoto: Katharina Gossow

Standards

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Brauchtum

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Wenn sie auftauchen, ist der Frühling nicht mehr weit. Leberblümchen zaubern blühende Teppiche auf die Waldböden der bayerischen Alpen. Und mit ein bisschen Glück findet man unter all

den blaulila „Leberbleamal“ auch eine weiße oder rosa Blüte. redaktion: Julia Kospach

Natur & GarteN

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Lila Sterne

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Hepatica nobiliS var. nobiliS

Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) Blütezeit: Hauptblütezeit ist mitte märz bis an- fang april. an exponierten, warmen Stellen findet man sie häufig schon im februar.standort: auf lockerem, humosem Boden über kalk haltigem Untergrund in lichten laub- und misch wäldern. im Garten setzt man leberblüm-chen am besten unter Bäume und Sträucher, weil die Pflanzen im Sommer gute zwei drittel des tages im Schatten sein sollten. pflanzung: am besten kauft man im frühjahr in einer Spezialgärtnerei blühende leberblümchen im topf und setzt sie im Garten aus. aus Samen gezogene leberblümchen stellen einen auf eine Geduldsprobe: Sie blühen nämlich erst ab dem vierten Jahr. pflege: Bei guter Standortwahl sind leberblüm- chen langlebig, robust und pflegeleicht. eine laub-schicht als Winterschutz wissen sie zu schätzen – die bekommen sie unter Bäumen und Sträuchern aber ohnehin.

anchmal hat man einfach Glück. Man geht im Wald spazieren, die Bäume sind noch kahl, und die Spätwinter-sonne sprenkelt die moosigen Stämme und den Boden, auf dem noch das schwarz ge-wordene Laub des vergangenen Herbstes liegt. Und dann plötzlich sieht man im Augenwinkel etwas blaulila leuchten.

Man dreht den Kopf, schaut genauer und sieht – das erste Leberblümchen des Jahres, kaum höher als zehn Zentimeter, eine leuchtende kleine Sternblüte auf dün-nem Stiel, hineingeduckt in eine Rosette von dreilappigen dunkelgrünen Blättern.

Hat man einmal eines entdeckt und sei-nen Blick geschärft, findet man sicher noch eines und noch eines und noch eines. Man kann sich auf einmal gar nicht vorstellen, wie man sie jemals übersehen konnte.

Es ist oft erst Februar, wenn die ersten Leberblümchen an sonnigen, warmen Plät-zen auftauchen. Ab jetzt werden es mit jeder Woche mehr. Immer üppiger und dichter punktiert das lebhafte Blaulila ihrer Blüten den Waldboden, und in manchen Jahren kann es passieren, dass man auf einen gan-zen Leberblümchenteppich stößt.

Dann heißt es aufpassen und genau hin-schauen: Es handelt sich zwar bei Hepatica nobilis var. nobilis um eine einzige Art, die bei uns im Alpenraum vorkommt, aber sie kann hier und da neben ihren üblichen blaulila Blüten ein durchaus breiteres Spek-trum an farblichen Varianten zeigen.

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12 Servus

> die Stiftung naturschutz Hamburg hat das leberblümchen zur Blume des Jahres 2013 gekürt.

> leberblümchen sind geschützt. man sollte sie niemals im Wald ausgraben, weil das den natürlichen Bestand erheblich schädigen kann. Will man sie im Garten an-setzen, sollte man Pflanzen aus einer guten Staudengärtnerei kaufen.

> Über die Zuordnung des leberblüm-chens zu einer botanischen Gattung herrschen unter experten zwei verschiedene auffassungen: die einen stellen es in die Gattung Hepatica, die anderen in die Gat-tung Windröschen (Anemone). daher wird das leberblümchen in der literatur manch-mal als Hepatica nobilis var. nobilis, manch-mal als Anemone hepatica L. bezeichnet.

> leberblümchen kann man auch im topf ziehen, wenn man ein paar Regeln be-achtet: Sie brauchen lockere, humose erde und vertragen keine Staunässe. deshalb ist eine Drainageschicht aus Blähton oder tonscherben am topfboden wichtig. Wenn nach der Blüte im frühjahr die neuen Blätter kommen, gehören die alten entfernt. Japa-nische Sorten werden fast ausschließlich in topfkultur gehalten, weil sie nur bedingt winterhart sind. für den Winter brauchen sie ein kaltes Gewächshaus.

gut zuwissen

Manche haben fünf oder sechs Blüten-blätter, andere sieben, acht oder gar neun. Es gibt rundlichere oder eher schmale und spitz zulaufende Blütenblätter. Und es gibt variable Farbschattierungen.

BuNte lauNeN Der Natur

„Das ist regional sehr unterschiedlich. Im Isarwinkel in der Gegend um den Sylven-stein-Stausee findet man immer wieder ne-ben den blau blühenden Leberblümchen auch weiße, lila, rosa oder violette. Das sind natürliche Farbvariationen“, sagt Sebastian Urban, Gärtnermeister, leidenschaftlicher Leberblümchen-Sammler und -Züchter aus Eurasburg bei Bad Tölz.

Das Leberblümchen, das umgangssprach-lich auf das weicher klingende „Leberblea-mal“ hört und wegen seiner frühen Blütezeit auch „Vorwitzchen“ heißt, stammt wie das zeitgleich blühende Buschwindröschen aus der Familie der Hahnenfußgewächse. Ihren deutschen Namen verdankt die geschützte Alpenblume der dreilappigen Umrissform ih-rer ledrigen, wächsernen Blätter mit der vio-lett-rötlichen Unterseite, die an eine mensch-liche Leber erinnert.

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leberblümchen in lila, Blau und Weiß. „im isarwinkel in der Gegend rund um den sylvenstein-stausee findet man immer wieder natürliche Farbvariationen“, sagt Gärtnermeis-ter sebastian urban aus eurasburg.

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46 Servus

rezepte mit tradition

Des schmeggd wiea bei da Oma

Wenn es um kulinarische Genüsse geht, sind sich die Franken und der Rest des Freistaates einig: Vom Zwiebelfisch bis zu Karteisala – die Küche zwischen

Aschaffenburg und Bamberg gehört zum Besten, was Bayern zu bieten hat.Redaktion: Christl rauner & Christian teubner FotoS: eisenhut & mayer

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Würzburger Krautbratn

einen schmackhaften Krautbratn zaubert jeder Franke „a weng anders“ auf den tisch. der eine gibt eine portion leberwurst dazu, der andere eine tasse lagerbier. der nächste formt ihn aus Fleisch kugeln, an die 150 g schwer, und packt diese, mit speck­scheiben umwickelt, ins schweine netz. so, wie’s eben mutter oder oma schon ge­macht haben. Wir haben uns für die Vari­ante mit bratwurstbrät entschieden. dazu gibt’s Kartoffeln oder Gurkensalat.

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Karteisala mit Weinsauce

in Gegenden, in denen mit weniger ein­fallsreichtum gekocht wird, nennt man sie gewöhnlich Arme Ritter. den fränkischen Karteisala – oder Kartäuserklößen – würde eine derart schlichte bezeichnung trotz der einfachheit des Gerichts niemals gerecht werden. das süße resteessen aus alt­backe nen semmeln wird mit Hiffnsoß, aber auch einmal mit Vanillesauce kredenzt – oder, wie es sich für mainfranken gehört, mit einer feinen Weinsauce serviert.

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Mainfränkische Schwimmerlsuppe

der eilige Fremde mag geneigt sein, die leibspeise mit einer schwammerlsuppe zu verwechseln. aber da kann der Franke „freili“ nur in sich hineinschmunzeln, weil Schwimmerl doch logischerweise vom schwimmen kommt. schwimmerl sind aus eierteig zubereitet und gelingen besonders schmackhaft, wenn man sie im heißen Fett rausbackt, statt sie nur ins Wasser zu ge­ben. auf den tisch kommen sie in einer kräftigen rindfleischbrühe.

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Zwiebelfisch mit Salzkartoffeln

mainfränkische Küche und schriftsetzerei – was kann es da an Gemeinsamkeiten ge­ben? antwort: den begriff zwiebelfisch (lat. Alburnus lucidus). Was dem einen ein falsch gesetzter buchstabe im text ist (der zwiebelfisch bzw. ukelei galt einst als min­derwertig), ist dem Franken ein vollkom­mener Gaumenschmaus. oder wer könnte zarte zanderfilets, angerichtet auf würzig­aromatischem zwiebel­speck­Gemüse, ernsthaft einen Fehler nennen …

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Gebackene Klöße mit FleischwurstWenn mutter früher gebackene Klöße machte, hätten vor allem die Kinder gerne auf die sättigende Schnitz, die ach so ge­sunde Gemüsesuppe, verzichtet – nur um noch ein oder zwei Klöße mehr verputzen zu können … Viel arbeit war’s, das Kar­toffelschälen und ­schaben mit dem reib­eisen. aber: strahlende Kinderaugen und volle backen waren – und sind doch bis heute – der Köchin schönster lohn. unsere Klöße sind zwar nicht klassisch rund, aber mit der Fleischwurst und einem bunten salat haben sie bis heute das zeug zu einer oft gewünschten leibspeise.

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52 Servus

zutaten Für 6 personenZeitaufwand: 2 Stunden 2 altbackene semmeln 2 el milch zum einweichen400 g Weißkraut (nur die inneren blätter)600 g schweinehals200 g rohe bratwürste aus schweinefleisch150 g gehackte zwiebeln2 el schweineschmalz2 gehackte Knoblauchzehensalz, pfeffer1 el gehackte petersiliegetrockneter majoran100 g scheiben von geräuchertem bauchspeck

zubereitunG

1. Die Semmeln in Scheiben schneiden und in Milch einweichen. Das Weißkraut mit dem Wiegemesser fein hacken. 400 g vom Schweinefleisch durch den Fleisch-wolf drehen. Das restliche Fleisch in kleine Würfel schneiden.

2. Das Backrohr auf 200 °C vorheizen. 3. Das Schweineschmalz erhitzen und die

Fleischwürfel mit den Zwiebeln darin anbraten.

4. Die Semmeln ausdrücken und in einer Schüssel mit Hackfleisch, Kraut, Brat-wurstbrät, Zwiebeln und Fleischwürfeln zu einem Fleischteig vermischen. Mit Knoblauch, Salz, Pfeffer, Petersilie und Majoran würzen. Den Fleischteig kräftig durcharbeiten.

5. Eine halbrunde Backform mit Speck-scheiben auslegen, den Teig einfüllen und mit Speckscheiben bedecken. Den Braten straff mit Alufolie abdecken oder einwickeln, damit sich der Speck nicht vom Fleisch löst. Mit einem Zahnstocher Löcher in die Folie stechen. Im Ofen 10 Minuten anbraten, dann die Hitze auf 180 °C reduzieren und etwa 45 Minuten fertig braten.

Würzburger Krautbratn

zutaten Für 4 personenZeitaufwand: 45 Minuten

ca. 8 altbackene semmeln 2 eierK l milch60 g zuckerschale von 1 unbehandelten zitrone mark von K Vanilleschote butterschmalz zum ausbackenzimt­zucker

Für die Sauce:3 eigelb80 g zucker125 ml trockener riesling

zubereitunG

1. Die Semmeln ringsum abreiben und halbieren. Die Eier trennen, das Eiweiß in einem tiefen Teller verquirlen und bei seitestellen.

2. Milch, Eigelbe, Zucker, Zitronenschale und Vanillemark gut verrühren. Die Sem-melhälften so lange darin weichen las-sen, bis sie völlig vollgesogen sind, aber nicht zerfallen. Die Semmeln in das ver-quirlte Eiweiß tauchen und dann in den abgeriebenen Bröseln wenden. Im hei-ßen Butterschmalz von allen Seiten gold-braun backen, herausnehmen und mit etwas Zimt-Zucker bestreuen.

3. Für die Sauce die Eigelbe und den Zucker mit dem Schneebesen cremig verrühren, aber nicht schaumig schlagen. In ein hei-ßes Wasserbad setzen und unter ständi-gem Rühren langsam den Wein zugie-ßen. Das Wasser darf dabei nicht mehr kochen, es sollte knapp unter dem Siede-punkt gehalten werden. So lange weiter-schlagen, bis die Creme schaumig ist und etwa das doppelte Volumen erreicht hat.

4. Die Weinsauce mit den Karteisala anrichten.

Karteisala mit Weinsauce

zutaten Für 4 personenZeitaufwand: 1 Stunde

4 zanderfilets à ca. 150 gsaft von 1 zitrone120 g geräucherter bauchspeck30 g butter600 g milde Gemüsezwiebeln salz, pfeffer1 tl edelsüßes paprikapulver1/8 l schlagrahm

zubereitunG

1. Die Fischfilets sorgfältig entgräten. Mit Zitronensaft beträufeln und etwa 15 Mi-nuten ziehen lassen.

2. Den Speck klein würfeln und mit etwas Butter in einer Pfanne hell ausbraten.

3. Die Gemüsezwiebeln schälen und in möglichst dünne Scheiben schneiden. Zum angebratenen Speck geben, salzen, pfeffern und glasig dünsten.

4. Die Fischfilets beidseitig leicht salzen. Nur auf der Oberseite mit Pfeffer und edelsüßem Paprikapulver bestreuen.

5. In einer zweiten Pfanne die restliche Butter erhitzen, die Filets mit der ge-würzten Seite nach unten einlegen. Kurz anbraten und mit der gebratenen Seite nach oben auf die Zwiebeln legen. Mit dem Schlagrahm umgießen und zuge-deckt etwa 3 bis 5 Minuten garen. Dazu passen Salzkartoffeln.

Zwiebelfisch mit Salzkartoffeln

servus­buchtipp: Die kulinarischen Verfüh-rungskünste Mainfrankens lernt man auch im Reiseführer von Hans-Peter Siebenhaar kennen und lieben. Im Buchhandel um 16,90 Euro oder bei www.michael-mueller-verlag.de

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zutaten Für 6 bis 8 personenZeitaufwand: 4 Stunden

Für die Suppe:1,2 kg Querrippe vom rindje 200 g Karotten, lauch und staudensellerie1 kleine petersilienwurzel150 g zwiebeln2 el pflanzenölsalz, pfeffer2 l Wasser

für die Schwimmerl:3 eierK tl salz200 g mehl4–5 el milchÖl zum backenschnittlauch

zubereitunG

1. Die Rinder-Querrippe in 2 Stücke teilen. Gemüse und Zwiebeln schälen bzw. wa-schen, trocknen und in kleine, gleichmä-ßige Stücke teilen.

2. In einem Topf Öl erhitzen, Gemüse und Zwiebeln darin unter Rühren anbraten. Das Fleisch zugeben, würzen und Wasser zugießen. Einmal aufkochen, die Hitze reduzieren und den aufsteigenden Schaum mit einem Löffel abschöpfen. Bei geringer Hitze die Fleischbrühe etwa 3 Stunden langsam kochen lassen.

3. Die Brühe durch ein feines Sieb oder durch ein Passiertuch gießen und voll-ständig abkühlen lassen. Die erstarrte Fettschicht von der Oberfläche abneh-men. Das Fleisch von den Knochen lösen und die mageren Stücke in kleine Würfel schneiden. In die Fleischbrühe geben und wenn nötig nachwürzen.

4. Für die Schwimmerl Eier, Salz und Mehl mit der Küchenmaschine zu einem glat-ten Teig rühren. Mit der Milch den Teig entsprechend verdünnen. Er sollte von fast flüssiger Konsistenz sein.

Mainfränkische Schwimmerlsuppe

5. Öl in einer großen Pfanne erhitzen. Den Teig portionsweise durch ein grobes Sieb oder mit einem Spätzlehobel in das heiße Fett laufen lassen und goldgelb ausbacken. Mit einem Schaumlöffel die Schwimmerl aus dem Fett heben und auf Küchenkrepp ablaufen lassen. Die Suppe anrichten, die Schwimmerl darin schwimmen lassen und mit Schnittlauch bestreuen.

zutaten Für 4 personenZeitaufwand: 1 Stunde

400 g mehlige Kartoffeln150 g zwiebeln1 Knoblauchzehe300 g Fleischwurst (oder nürnberger stadtwurst)2 el mehl2 eiersalz, pfeffer, muskatnussbutterschmalz (oder Öl) zum braten

für die Sauce:100 g sauerrahm1 el fein gehackte zwiebel1 gehackte Knoblauchzeheje 1 gehäufter tl gehackte petersilie und schnittlauch

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1. Die Hälfte der Kartoffeln schälen und in Salzwasser weich kochen. Ablaufen lassen und durch eine Kartoffelpresse in eine Schüssel drücken. Die übrigen Kartoffeln schälen und fein in die Schüs-sel reiben. Die Zwiebeln und die Knob-lauchzehe schälen und fein hacken. Die Fleischwurst in kleine Würfel schneiden, mit Mehl und Eiern zu den Kartoffeln geben. Zu einem Teig vermischen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen.

2. Aus der Masse handtellergroße Medail-lons formen. In einer großen Pfanne Butterschmalz (oder Öl) erhitzen, die Medaillons darin beidseitig goldbraun braten.

3. Für die Sauce den Sauerrahm mit der ganz fein gehackten Zwiebel und der Knoblauchzehe verrühren. Mit Salz, Pfeffer und den Kräutern würzen.

4. Die gebackenen Klöße auf Küchenkrepp abtropfen lassen und auf Tellern an-richten. Mit der Sauce und einem klei- nen Salat servieren.

Gebackene Klöße mit Fleischwurst

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Deko-IDeen

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Nutz und Freudevon

der BirkeSeit ewigen Zeiten ist der weißstämmige Baum eine tragende

Säule im Volksglauben und in der Naturmedizin. Aus den Rinden der Birke und anderer Hölzer entsteht ein uriger Blickfang fürs ganze Haus.

Redaktion: AlIce FernAu dekoRation: bArbArA gAnsAuge FotoS: kAthArInA gossow

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links: Einen „Baum zu Nutz und Freude“ nannte Wilhelm Busch die Birke, aus der, wie er dichtete, sich nicht nur heilende Säfte ge­winnen, sondern sogar Tabaksdosen herstellen lassen. Auch wir haben uns des dekorativen Gehölzes angenommen. Der mit Birkenrinde verzierte Kranz besteht aus Föhrennadeln, Thymianzweigen, Wolfsmilch und vorgetrie­benen Osterglockenzwiebeln. Im blauen Häferl blühen schon frühlingshaft die Hyazinthen.

Fotos oben: Das Potpourri im Glas beherbergt Birken­ und Eichenrinde, Moos, Osterglocken­zwiebeln, Hyazinthen und Heidelbeerzweige. Die Baumskulptur aus bemoosten Walnuss­ästen und Eichenrinde harmoniert sehr schön mit dem alten Holzfenster.

FRühe knoSpen

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Foto oben: Das Besteck aus Omas Küchen­schublade liegt auf einem Set aus Birkenrinde, dazu Anemonen, Heidelbeerzweige und Flech­ten. Für das Tischset legen wir die Rinde in lauwarmes Wasser, bis sie biegsam ist, decken sie danach mit einem Handtuch ab und be­schweren sie. Dann schneiden wir sie in Form.

Foto links: Die Birkenrinde für die von Moos und Veilchen umrahmte Kerzen­Deko wird wie das Tischset behandelt. Um sie an der Kerze zu be­festigen, schneidet man eine leicht überlappen­de Hülle und tackert sie am Wachs fest.

Foto rechts: Eine Laterne wie ein eckiger Birken­stamm. Das Gerüst bildet eine gläserne Vase. Die mit dem Stanleymesser zurechtgeschnittene Rinde wird mit der Heißklebepistole am Glas befestigt und zusätzlich mit Naturstrick fixiert.

Licht & tiSchkuLtuR

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Fotos oben: Sanft baumelt dieses natürliche Mobile im Luftzug am Fenster. Es hängt an einer Hanfschnur. Am Ende eines nicht zu weichen Drahtes biegen wir eine enge Schlaufe, fädeln darin die Schnur ein und stechen dann die Draht­ spitze durch Birken­ und Fichtenrindenstücke, Osterglockenzwiebeln und rote Speisezwiebeln. Dazwischen binden wir einige getrocknete, silb­rig schimmernde Flechten aus dem Wald ein.

Fotos unten: Für die Herzen am Steintrog benö­tigt man dicke Fichtenrinde. Auf der Rückseite werden die gewünschten Formen vorgezeichnet und anschließend mit einer Bandsäge ausge­schnitten. Um schön abgerundete Konturen zu erhalten, müssen die Ränder noch mit feinkör­nigem Schleifpapier nachbehandelt werden. 3

mobiL & heRzLich

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TradiTion

Wenn die Leut beim Anblick der schaurigen „Butzelarva“ in Bad Hindelang so richtig erschrecken, dann hat Konrad Lipp gute Arbeit geleistet. Der Maskenschnitzer hält

mit seinem Handwerk einen mehr als 200 Jahre alten Fasnachtsbrauch am Leben. TexT: anja Keul FoTos: Bernhard huBer

Zum Fürchten schön

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ut 70 Jahre hat der rote Teufel auf dem Buckel, aber fröhliche Bock-

sprünge vollführt er wie ein Junger, auf dass die Schellen an seiner Hüfte möglichst laut tönen. Einem anderen wächst statt der Nase ein Horn aus dem Gesicht, der nächste ist erstarrt in einer Grimasse des Staunens. Und der da drüben? Der schaut listig aus kleinen Äuglein und hat das Kinn ganz weit nach vorn geschoben.

Zotteliges Fell, riesige Warzen, offene Münder, schiefe Zähne – am Fasnachts-sonntag treiben sich auf den Straßen von Bad Hindelang im Allgäu die jungen wie die etwas älteren Burschen als „Butzelarva“ auf den Straßen herum und veranstalten mit Zugschellen, Bockrollen und Kuhglocken einen Heidenlärm.

Was braucht man wohl für eine schau rige Fantasie, um sich solch gruselige Gesellen auszudenken?

Schnuredexl iST nichT üBerSeTzBar

Wir besuchen Konrad Lipp in seiner winzi-gen Werkstatt, wo er gerade an seinem neu-esten Maskenschreck arbeitet und sich einen Namen dazu überlegt. Dem hölzernen Bur-schen in Konrad Lipps Hand hängen die dichten dunkelbraunen Haare direkt unter der Nase bis übers Kinn herab. „Das ist ein Schnuredexl“, entscheidet er.

Schnure… was? „Ein Schnuredexl!“, wie- derholt er. Und was soll das bedeuten?

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in seiner Werkstatt „schnipfelt“ Konrad lipp grausige holzmasken wie den „rabulles“ oder „’s Bollehien“ (gr. Foto v. links). oben: am anfang steht ein grob zugehauener Stamm lindenholz.

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Konrad schmunzelt, setzt zu einer Erklä-rung an und schüttelt den Kopf: „Das kann man nicht übersetzen.“ Freilich habe der Name etwas mit einem Schnurrbart zu tun. Aber was damit in der Allgäuer Mundart ganz genau gemeint ist – das kann der Kon-rad nicht sagen. Ein Schnuredexl eben.

Einen Namen bekommt übrigens jede seiner Larven. Larve – das Wort stammt aus dem Lateinischen (larva) und bedeutet so viel wie Geist oder Gespenst. Und so nennt man hier im Ostrachtal die geschnitzten Holzmasken, mit denen schon früher die etwas älteren Schulbuben die „Mädle“ erschreckten.

eine einzige larve Für alle zehn Kinder

Konrad und seine Brüder taten das natür-lich auch mit Begeisterung. Sechs Buben waren sie daheim, dazu vier Schwestern, sie alle wuchsen auf einem Einödhof auf.

Eine einzige Larve hatte der Vater irgend-wann einmal geschnitzt, die jagten sie sich gegenseitig ab. Vielleicht wurde deshalb einer der Brüder ein geachteter Bildhauer, von dem sich Konrad einiges „abgefuchst“ hat, wie er sagt.

Jedenfalls fing er irgendwann selbst an zu „schnipfeln“, womit er seine Schnitzerei beschreibt. Krippenfiguren zuerst, dann Larven. Mit rhythmischem Stampfen, Lärm und Feuer sollten die abschreckenden Mas-ken zur Fasnacht den Winter vertreiben.

Konrad selbst gelingt es nicht immer so gut, den Winter draußen zu halten. In sei-ner Werkstatt heizt nämlich nur ein Boller-ofen, der furchtbar raucht, wenn von außen der Wind ins Rohr hineinfährt. Aber er hat ja Zeit, seit er nach 43 Jahren als kaufmän-nischer Werkleiter im Hindelanger Rathaus

pensioniert wurde, und schnipfelt nur, wenn es nicht gar so kalt ist.

Das Haus selbst, in dem er mit seiner Frau Beate im Dörfchen Hinterstein sechs Kilometer von Bad Hindelang entfernt lebt, ist mehr als 400 Jahre alt und seit 2001 mit gut 32.000 Schindeln und einer selbst ge-schnitzten Holzwendeltreppe neu herge-richtet – dafür gab’s auch den Kulturpreis des Oberallgäus. Innen hängen Dutzende Geweihe. Als Jäger auf der 1.530 Meter hohen Zipfelsalpe gleich vor der Haustür sorgt Konrad regelmäßig für Nachschub.

Von Gämsen oder vom Rehbock stam-men auch die Hörner, die er seinen Larven aus dem Gesicht wachsen lässt. Eingerahmt sind die Masken von Rossschweifhaar und dem Fell von Schaf oder Ziege sowie Hase, Hirsch oder Fuchs.

Die Larven schnitzt Konrad Lipp aus ei-nem entrindeten heimischen Lindenstamm. 15 bis 20 Stunden braucht er für ein Stück – von den ersten Ansätzen mit dem Schnitz-eisen bis zur schaurig-schönen Bemalung mit frisch gemischten Farben, über die am Schluss noch eine Schicht Lack kommt, damit die Larve Wind und Wetter trotzt.

allein 15 Stunden braucht es, bis die gesichtszüge der larve hervortreten. oben rechts: der abstand zwischen den augen muss exakt stimmen, damit der Träger später auch etwas sieht. rechts: ein Stück Fell wird zur wilden Mähne.

9gehobelT und

polierT wird nichT. der meisTer schäTzT

es, wenn seine larven die groben züge des schniTz- eisens behalTen.

9

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Außerdem bringt die Lackierung das Licht-und-Schatten-Spiel noch besser zur Geltung. Konrad hobelt weder, noch poliert er, weil er es schätzt, wenn seine Larven die groben Züge behalten.

hauer, Warzen und ein BöSer Mund

Der Maskenschnitzer setzt hier zwei Hauer unter die Nase, betupft eine hölzerne Warze mit grellem Rot, flicht dort einen Zopf aus langem Rosshaar („Bei vier Schwestern weiß man, wie das geht“). Keine Larve ist wie die andere. Nur der Abstand zwischen den Augen muss immer gleich sein, damit der Träger gute Sicht hat: Sechs Zentimeter von Augenmitte zu Augenmitte sind ideal.

Hat er die Fratzen schon vorher im Kopf? Oder fahren sie von seinen Händen direkt in die Larve? „Etwas von beidem“, meint Kon-rad Lipp. Irgendwann kommt der Moment, an dem er entscheidet, was er besonders übertreibt.

Dass er zum Beispiel einer Maske Stirn-runzeln verleiht und ihr hinterher noch eine tiefe Kerbe in die krumme Nase haut. „’s Bolle- hien“ heißt das Wesen, wobei „Hien“ Hirn bedeutet und „Bolle“, nun ja, etwas Bu- ➻

einen Schopf rosshaar zu einem zopf flechten? Kein Problem. Mit vier Schwestern aufgewachsen, weiß Konrad, wie das geht. unten: jeder seiner larven verleiht der Maskenschnitzer spezielle Merkmale wie z. B. riesennase und aufgerissenen Mund.

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zum Schluss geht’s an die Feinarbeit. Mit acrylfarben werden die larven bemalt. unten: aus seinen Trophäen sucht Konrad die passenden hörner und Felle aus. unten rechts: zwischen hammer und zange hat er seine schaurig-fröhlichen „Butzelarva“ aufgestellt.

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Fasnachtsumzug Bad hindelang: Sonntag, 10. Februar, www.badhindelang.de

ckliges. Leichter zu verstehen sind „Lonäs“ (Loch-Nase) oder Longnäsare (Langnase).

Dagegen „Schopfbohle“? Der besitzt ein gewaltiges Kinn und einen bös nach unten gezogenen Mund, unter den Stirnfransen aus Rosshaar rollt er die Augen. „Schopf-bohle – ein Schimpfwort ist das für eine, die unfreundlich und zwider ist“, erklärt er. Und dass „Schopf“ den Hintereingang eines Bauernhofs bezeichne und „Bohle“ ein an-deres Wort für Kater sei.

Einen zeigt er noch her, einen Rotgesich-tigen mit schwarzem Zottelfell: „Rabulles – des isch a gonz Wilda“, betont er.

Schon immer schnitzten die Burschen im abgelegenen Ostrachtal einfache Holzlarven für das „Butzelaufen“ zur Fasnachtszeit und trieben Schabernack – eine Tradition ihrer alemannischen und keltischen Vorfahren. Doch erst die Brüder Eberhard, 1767 und 1768 in Bad Hindelang geboren, verwandel - ten den Brauch in ein Kulturgut.

Vier legendäre Masken schnitzten sie, die seither vielfach kopiert wurden: die „Breitmülare“, die „Zahluckare“, „d’ Hean-lare“ und die „Gschtrupft“. Ausgefeilte Fratzen mit breitem Maul, grotesken Zahn-

lücken, kleinen Hörnern oder einer dutzendfach gefältelten Stirn. Etwas spä- ter ergänzte noch ein „Napoleon“ den Larvenschatz.

Zum Fasnachtszug sind sie als Kopien immer noch präsent. Andere Larven wie der in den 40er-Jahren gefertigte Teufel, „dr klei Teifl“, stammen aus sorgsam ge-hütetem Familienbesitz.

Sie SchePPern lauTer alS die KaPelle

Die Burschen und Männer tragen feste Lederhosen und haben sich ein Schaffell über die Schultern geknotet, darüber hängen die Schellen. Das Scheppern des „G’rölls“, eines Schellenkranzes, der einst den Rössern beim Holzrücken umgelegt wurde, übertönt sogar die Blaskapelle.

Pünktlich um 13.29 Uhr am Fasnachts-sonntag geht’s los, die Butzelarva ziehen gleich nach der Kapelle als erste Gruppe an den Zuschauern vorbei durch die ge-sperrte Hauptstraße von Bad Hindelang, vorbei an der Kirche, an mit Lüftlmalerei verzierten Fassaden, kleinen Geschäften und Bauernhäusern mit grünen Fenster-läden. Ihnen folgen Feuerschlucker und

Zigeuner, von Traktoren gezogene The- menwagen, Funkenmariechen und Reiter – doch keiner wird von den Zuschauern so beklatscht wie die wilden Gesellen mit ih-ren Larven. In ihren Händen halten sie Peit-schen, an deren Ende eine oder mehrere Schweinsblasen mit einer Schnur befestigt sind – nach einem alten Fruchtbarkeitsritus schlagen sie damit auf die Zuschauer, vor-nehmlich auf junge Frauen.

Weh tut das „Anhutzen“ nicht, aber manch eine erschreckt sich schon, wenn quasi aus dem Nichts so ein aufgeblasener Ballon auf sie niederfährt.

Konrad Lipp selbst geht mit seinen fast 70 Jahren nicht mehr auf den Umzug, es ist ihm zu kalt, und außerdem reicht es, dass seine Larven dabei sind. Die älteren Butze-larva kehren danach im Gasthof Sonne ein, die jüngeren treffen sich zur Fasnachtsparty. Die Larven haben sie da längst abgelegt, auf Stühlen oder in einer ruhigen Ecke. Der Frühling kann kommen. 3

am Fasnachtssonntag kommen die larven in Bad hindelang zum einsatz, dazu Kuhglocken und Schweinsblasen, mit denen die zuschauer erschreckt werden.

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handwerk

Für den Menschen gelten Hufeisen seit Römerzeiten als Glücksbringer. Für Pferde sind sie das allemal. Martin Berger aus Hausham am Schliersee weiß, wie man passende Eisen an die Füße der edlen

Vierbeiner bringt. Und er macht damit Mensch und Tier glücklich. TexT: TrISTan BerGer FoTos: SeBaSTIan GaBrIel

Die Kunst des Beschlagens

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Martin Berger beim „Umziehen“ der hufnägel. die umgebogenen Spitzen der in den huf getriebenen nägel werden im nächsten arbeitsschritt noch zurückgefeilt. Martins dicker lederschurz schützt vor Schnitt- und Stichverletzungen; am Gürtel ist ein Magnet für die hufnägel befestigt.

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enn sich einer mit Pferdefüßen auskennt, dann ist das Martin Berger – oder, wie man im Oberland richtig sagt, „der Berger Martin“. Denn er ist Schmied. Huf­schmied, um genauer zu sein. Anders aber als früher, als die Schmiede ein zentraler Ort im Dorf war – was man an der sehr schön erhaltenen Dorfschmiede in Andechs gut nachvollziehen kann –, führt der Pferde­besitzer heutzutage sein Ross nicht mehr zum Schmied. Vielmehr ist umgekehrt: Der Schmied ist mobil geworden.

Zwar hat Berger eine eigene feste Schmie­ de in einem 250 Jahre alten Bauernhaus nahe Schliersee. Aber viel wichtiger ist für ihn seine mobile Schmiedewerkstatt ge­worden, die er sich in einen Transporter eingebaut hat. Damit fährt der gelernte Landmaschinenschlosser Pferdebesitzer in einem Umkreis von 75 Kilometern an. Seine Spezialität sind Kaltblüter und die Pferde von Wanderreitern, für die er regelmäßig auch medizinische und orthopädische Be­schläge anfertigt.

Jetzt ist er bei Magnus Schelle aus Ober­haching. Weißer Rauch steigt auf, dichter Qualm, und es riecht nach verbranntem Haar. „Freilich“, erklärt Martin Berger, wäh­rend er das eben noch glühende Hufeisen auf die Hufsohle des Haflingers drückt, „es ist dasselbe Material: Horn.“ Und er fügt hinzu, dass der Huf der wichtigste und pflege bedürftigste Körperteil eines Pferdes ist. „Wie die Räder bei einem Auto – wenn die platt sind, hilft dir der stärkste Motor nicht.“

Für die Gesundheit des Pferdes ist ein intakter Huf von zentraler Bedeutung. Er muss das Gewicht des Tieres tragen sowie die Stoßwirkung jedes Schrittes und jedes Sprungs abfedern, um bleibende Schäden an den Gelenken zu verhindern.

„Mit einem Hufschmied ist es wie mit einem Doktor“, mischt sich Pferdebesitzer Magnus Schelle ein. „Wenn du einmal einen guten gefunden hast, suchst du dir dann einen anderen? Sicher nicht! Denn wenn so ein Hufschmied nicht wirklich sorgfältig arbeitet, dann bedeutet das im allerschlimmsten Fall das Todesurteil für dein Pferd.“

W Und so kommen der Pferdehalter und sein Schmied ins Philosophieren, sprechen davon, dass es eigentlich eine Kunst sei, ein Pferd richtig zu beschlagen. Das fange schon damit an, dass jedes Pferd anders geht – manche rutschen immer ein bisschen, wenn sie den Huf aufsetzen; manche legen zu viel Gewicht auf den Hufaußenrand, ganz ähn­lich Menschen, die o­beinig auf den Außen­ballen ihrer Fußsohlen laufen.

Besucht Martin Berger einen Kunden zum ersten Mal, schaut er sich deshalb das Pferd und seinen Gang genauestens an. „Dafür musst du einen Blick entwickeln. Einfach hinfahren, ratzfatz das Hufeisen draufnageln und dann wieder auf und da­von – das geht nicht“, betont der Schmied. Und wundert sich, bei wie vielen Pferde­besitzern er sich für den zeitlichen Aufwand schon rechtfertigen musste.

dIe pedIküre der haflInGer

Pferde, muss man wissen, sind sogenannte Zehenspitzengänger: Sie wandeln quasi auf der Spitze des Mittelfingers; alle anderen Finger haben sich zu Griffelbeinen zurück­gebildet und sind nur noch am Skelett er­kennbar. Das, was gemeinhin als Pferdehuf (oder als Hufschuh) bezeichnet wird, ent­spricht dem Fingernagel beim Menschen. Wie dieser wächst auch die hornige Subs­ tanz weiter und muss beizeiten geschnitten und gepflegt werden – und zwar drei­ bis viermal im Jahr.

Wenn Martin Berger zur Pediküre von Schelles Haflingern vorfährt, kriegt er als Erstes einen großen Hafen Milchkaffee. Man kennt sich, schätzt sich, redet über die letz­ten Ausfahrten oder den Stefaniritt. Dann geht’s an die Arbeit. Die Hufeisen werden abgenommen, die Hufsohle gereinigt, der Hufstrahl – der weiche Teil der Sohle, der den Huf mit Nährstoffen versorgt – mit ei­nem messerähnlichen Gerät zugeschnitten.

Als Nächstes ist die Sohle dran. Während Magnus Schelle den Huf hochhält, kürzt Martin sie um 10 bis 15 Millimeter und glät­tet sie mit der halbmeterlangen Version ei­ner Nagelfeile.

Dann wird das Hufeisen angepasst. Mit einem kurzen Fauchen zündet der auf ➻

nach dem abnehmen des alten hufeisens werden Strahl, Sohle und Tragrand des hufs

geschnitten und gekürzt (re.). anschlie-ßend ebnet Martin Berger den huf mit einer

raspel (darunter), um eine plane fußung zu erreichen. In der 1.000 Grad heißen

flamme wird das hufeisen erwärmt (u.).

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Beim Gehen nutzt sich das hornmaterial des hufs unterschiedlich ab. Zur pferde-pediküre gehört es deshalb auch, den huf mit einer überdimensionalen nagelfeile wieder in eine schöne, gleichmäßige form zu raspeln.

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