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Sie haben das Wort. Themen: Stuttgart 21 - Europa - Mitgliederentscheid Liberales Baden-Württemberg Mitgliedermagazin der FDP im Südwesten Visualisierung: Bahnprojekt Stuttgart-Ulm e.V. / Atelier Peter Wels Ausgabe 11/2011

Liberales Baden-Württemberg November 2011

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Liberales Baden-Württemberg November 2011, Landesbeilage zur ELDE, Liberale Depesche

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Page 1: Liberales Baden-Württemberg November 2011

Sie haben das Wort. Themen: Stuttgart 21 - Europa - Mitgliederentscheid

LiberalesBaden-WürttembergMitgliedermagazin der FDP im Südwesten

Visualisierung: Bahnprojekt Stuttgart-Ulm e.V. / Atelier Peter Wels

Ausgabe 11/2011

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die Debatte um das Projekt „Stuttgart 21“ bestimmte in den letzten Wochen und Monaten die Landespolitik. Die grün-rote Landesregierung hat hier ein einzigartiges Bild der Zerstrittenheit abgegeben. Aus den Reihen der Grünen wird die Aussagekraft der Volksabstimmung immer wieder ange-zweifelt. Hier erwarten wir vom grünen Mi-nisterpräsidenten, dass er auf dem Boden der Verfassung bleibt, die demokratischen Spielregeln einhält und das Ergebnis an-erkennt. Schließlich haben wir Liberale viele Jahre für bessere Beteiligungsrechte durch niedrigere Quoren gestritten. FDP und CDU hatten im Landtag einen entspre-chenden Antrag eingebracht. Das haben Grüne und SPD abgelehnt.

Auch wenn es ein Ergebnis gibt, wird der Streit in der Landesregierung weiterge-hen. Das bisherige magere Ergebnis in anderen Bereichen bleibt so weiter ver-borgen. Das ist für Baden-Württemberg zu wenig. Wir werden wichtige Themen für Baden-Württemberg weiter ansprechen und der Landesregierung immer wieder vorhalten. Dazu zählen gute Rahmenbe-dingungen für kleine und mittlere Unter-nehmen und freie Berufe, die das Rückgrat unserer Wirtschaft sind, eine Innovations-politik, die die Zukunftsfähigkeit unseres Landes sichert, eine Bildungspolitik, die den Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern folgt und nicht grün-roter Ideolo-gie und solide Staatsfinanzen statt neuer Stellen für grüne Parteimitglieder.

Der zurückliegende außerordentliche Bun-

desparteitag in Frankfurt war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem besseren Jahr 2012. Einer nachdenklichen und über-zeugenden Rede des Bundesvorsitzenden folgte eine lange Aussprache, in der viele Redner auf die europäischen Fragen ein-gingen. Die sonntägliche Bildungsdebatte war hochklassig und leidenschaftlich. Sie machte deutlich, dass Bildung die soziale Frage unserer Zeit ist. Bereits Ralf Dahren-dorf hatte mit seiner Schrift „Bildung ist Bürgerrecht“ die zentrale Bedeutung des Themas aufgezeigt. Bildungspolitik hat bei der FDP eine lange Tradition. Daran knüpft die FDP nun an. Lassen Sie uns gemein-sam diese Grundfeste liberaler Politik öf-fentlich wieder sichtbarer machen.

Bis zum 13. Dezember 2011 findet der Mitgliederentscheid in der FDP zum The-ma Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) statt. Sie haben die notwendigen Abstimmungsunterlagen erhalten und viele Informationen zu diesem Thema. Ich lade Sie ein, sich zu informieren. Im gan-zen Land finden dazu Informationsveran-staltungen statt. Das bietet die Chance auf eine sachliche und lebendige Diskussion.

In der schwarz-gelben Koalition auf Bun-desebene haben wir uns auf Steuerentlas-tungen geeinigt, vor allem für die unteren Einkommensgruppen. Mit sechs Milliarden Euro soll insbesondere die sogenannte „Kal-te Progression“ abgemildert werden. Sie führt dazu, dass Lohnerhöhungen durch die Inflation aufgefressen werden. Dies ist ein gutes Signal für mehr Steuergerechtigkeit.

Gleichzeitig stellen wir im Bereich Pfle-ge die Weichen in die Richtung, die der demografischen Veränderung Rechung trägt. Bei der Pflegeversicherung ist uns ein entscheidender Schritt zu mehr indi-vidueller Vorsorge nach dem Modell der Riester-Rente gelungen. In die Verbesse-rung der Betreuung von Demenzkranken und ihrer Angehöriger werden 1,1 Milliar-den Euro investiert.

Bei der Debatte um die Einführung eines Mindestlohns spricht sich die FDP nach wie vor gegen einen flächendeckenden einheitlichen Mindestlohn aus, weil er Arbeitsplätze vernichtet. Regionale und branchenspezifische Probleme konnten bisher und können auch zukünftig gelöst werden. Eine Ausweitung der Bürokratie durch Lohnfindungskommissionen kann allerdings nicht die Lösung sein.

Das Dreikönigstreffen wird 2012 der Auf-takt zum politischen Jahr in Deutschland. Beim Landesparteitag haben wir ausrei-chend Gelegenheit für inhaltliche Diskus-sionen und Beschlüsse. Die Strukturkom-mission hat in mehreren Sitzungen über eine Verbesserung unserer Parteistruktu-ren beraten. Erste konkrete Ergebnisse, die unsere Satzung betreffen, werden wir beim Parteitag diskutieren und beschließen.

Wir bieten in der FDP viele Gelegenhei-ten zum Mitmachen und Mitgestalten. Gerade heute suchen viele Menschen in unserem Land nach Möglichkeiten, ihren Sachverstand und ihre Meinung einzu-bringen. Wir können mit Argumenten für Freiheit und Eigenverantwortung gerade diese Menschen erreichen. Das ist für uns eine große Chance.

Ich wünsche Ihnen eine schöne und stimmungsvolle Adventszeit, ein fried-liches Weihnachtsfest und einen gu-ten Jahresbeginn. Ich würde mich sehr freuen, Sie zahlreich beim Dreikönigs-treffen begrüßen zu können und lade Sie herzlich ein, gemeinsam das politische Jahr in Deutschland mit einem Signal für die Freiheit zu beginnen.

Viele Grüße

Ihre

Birgit Homburger

Liebe Mitglieder und Freunde der FDP,

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Der Europäische Stabilisierungs- mechanismus ESM

Zur Stabilisierung der Eurozone hat der Deutsche Bundestag im Mai 2010 die Einrichtung einer zeitlich befristeten „Eu-ropäischen Finanzstabilisierungsfazilität“ – EFSF, für die Deutschland Bürgschaf-ten gibt, beschlossen. Am 29. September 2011 wurde dann die Reform der EFSF be-schlossen, mit der diese in die Lage ver-setzt werden soll, die schon 2010 vorge-sehene Summe von 440 Milliarden Euro an Krediten zu besten Zinskonditionen bereitzustellen. Außerdem sollen zusätz-liche Instrumente wie die Bereitstellung von kurzfristigen Notkrediten nach dem Vorbild des Internationalen Währungs-fonds (IWF), die Rekapitalisierung von Banken und den Kauf von Staatsanlei-hen als Gegenmaßnahmen zur effektiven Abwehr von Ansteckungsgefahren etwa einer ungeordneten Staateninsolvenz enthalten sein.

Noch verhandelt wird über den auf Dau-er angelegten „Europäischen Stabilisie-rungsmechanismus“ – ESM, der Mitte 2013 die EFSF ablösen soll. Im März 2011 wurden die Details des neuen Kri-senmechanismus ESM durch den EU-Gipfel beschlossen und ein vorläufiger Vertragsentwurf des ESM veröffentlicht. Eine aktuellere Version des Vertrags-werks gibt es nicht, da wir uns noch in den Verhandlungen befinden. Die Staats- und Regierungschefs des Euroraums haben sich aber am 21. Juli 2011 darauf verständigt, den Vertragsentwurf deut-lich zu überarbeiten. Die Änderungen an der EFSF, insbesondere die vom Deut-schen Bundestag auf Drängen der FDP beschlossene erhöhte Parlamentsbe-teiligung, sollen im ESM-Vertrag über-nommen werden. Damit wird jede neue Hilfsmaßnahme des ESM der vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestages bedürfen. Die vom Bundesverfassungs-gericht in seinem Urteil vom 7. Septem-ber 2011 aufgestellten Anforderungen ei-ner Parlamentsbeteiligung werden damit sogar übertroffen. Darüber hinaus soll der ESM-Vertrag auch die von uns immer

geforderte Beteiligung privater Gläubiger und damit faktisch auch ein geordnetes Insolvenzverfahren enthalten. Der ESM

soll auch in den EU-Verträgen verankert werden. Artikel 136 des Vertrags von Lis-sabon soll ergänzt werden, um dort den Krisenmechanismus rechtlich zu veran-kern. Eingefügt werden sollen die beiden folgenden Sätze: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können ei-nen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungs-gebiets insgesamt zu wahren. Die Gewäh-rung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“ Die Ratifizierung durch die 27 EU-Mitgliedsstaaten soll bis Ende 2012 abgeschlossen sein.

Außerdem haben sich die Euroländer im September 2011 auf eine Verschärfung des Euro-Stabilitätspakts verständigt. Die unter dem Stichwort „Six Pack“ ge-fassten Beschlüsse sehen unter anderem vor, dass Sanktionsmaßnahmen schnel-ler und quasi automatisch eingeleitet werden und dass Defizitsünder schon bei erstmaligem Verstoß bestraft werden. Zudem sollen Mindeststandards für nati-onale Haushaltspolitik durchgesetzt und

eine frühzeitige Haushaltsüberwachung bei europaweit einheitlichen Statistiken eingeführt werden.

Wir befinden uns als Liberale in Regie-rungsverantwortung im wirtschaftlich größten Land Europas in der schwierigs-ten Zeit seit langem. Es ist gut, dass wir in dieser Zeit mitgestalten können, auch wenn es uns einiges abverlangt. Die FDP sollte sich dieser Verantwortung nicht entziehen und deutlich sagen, wofür sie steht, und versuchen, möglichst viel da-von in Verhandlungen mit unseren euro-päischen Partnern durchzusetzen. In der Vergangenheit ist uns hierbei bereits eini-ges gelungen: Nur der FDP-Beteiligung an der Bundesregierung ist es zu verdanken, dass wir eine strikte Konditionalität bei jeder Hilfsmaßnahme haben. Hilfe wird es daher nur gegen strikte Reformen ge-ben! Außerdem konnten wir bisher stets die Beteiligung des IWF an den Maßnah-men durchsetzen, wodurch ein faires aber strenges Reformprogramm in den jeweiligen Staaten gewährleistet ist. Mit unserer kategorischen Ablehnung haben wir darüber hinaus die vor allem von der Opposition geforderten Eurobonds und damit die gesamtschuldnerische Haftung Deutschlands für sämtliche Schulden an-derer Eurostaaten verhindert.

Von Florian Toncar MdB

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Von Michael Theurer MdEP

Gegen großen politischen Widerstand müssen in Griechenland die erforder-lichen Sparmaßnahmen durchgesetzt werden. Gleichzeitig wächst auch in Deutschland bei den Bürgerinnen und Bürgern das Unbehagen. Die Bereitschaft der Menschen, Griechenland und andere stark verschuldete Mitgliedsstaaten fi-nanziell zu unterstützen, sinkt.

Einzelne Mitgliedsstaaten der Euro-Zone haben über ihre Verhältnisse gelebt und hohe Staatsschulden angehäuft. Durch diese expansive Fiskalpolitik, also durch zu hohe Staatsausgaben „auf Pump“, haben sie die Stabilitätsbemühungen der EZB unterlaufen. Die momentane Situati-on, kann man getrost als Bedrohung für die Europäische Union bezeichnen. Doch nicht die EU hat die Schuldenkrise ver-ursacht, sondern die Mitgliedsstaaten. Für die EU gilt ein Verschuldungsverbot. Hätten wir dieses Verschuldungsverbot auch für die Mitgliedsstaaten, so wie es die FDP seit Jahren fordert, gäbe es die

derzeitige Krise nicht. Die Konstruktions-fehler der Euro-Währungsunion müssen beseitigt werden. Die Währungsunion erfordert zwingend die Schaffung einer politischen Union. Nur so kann das not-wendige Mindestmaß an wirtschafts- und finanzpolitischer Koordinierung sicher-gestellt werden. Andernfalls besteht die akute Gefahr eines Auseinanderbrechens der Währungsunion. Dies wäre mit großen finanziellen und politischen Risiken ver-bunden. Deshalb müssen wir jetzt mutig und beherzt die nächsten Schritte der eu-ropäischen Integration gehen. Mehr, und nicht weniger Europa ist das Gebot der Stunde! Fakt ist auch, Europa ist mehr als der Euro - deswegen geht es für die EU nun auch darum, verlorenes Vertrauen zurück-zugewinnen.

Ein erster wichtiger Schritt ging das Euro-päische Parlament unter federführender Mitwirkung der Liberalen Fraktion, durch die umfassende Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Durchschlag-kraft des Pakts wurde gestärkt, ein neues Verfahren gegen wirtschaftliche Fehlent-

wicklung festgeschrieben und die Regeln zur Haushaltskontrolle verschärft.

Weitere Schritte müssen folgen:

Die Euro-Währungsunion sollte nach dem Vorbild des Dollarraums gestaltet und die notwendigen Institutionen ge-schaffen werden. Gerade die USA zei-gen, dass es möglich ist, wirtschaftlich unterschiedlich starke Staaten in einer Währungsunion zu halten, wenn man etwa die Wirtschaftskraft Wyomings oder Oklahomas mit der von Kalifornien oder New Yorks vergleicht. Wer die Währung vergemeinschaftet, muss auch Institutio-nen schaffen, die das Gemeinschaftsinte-resse wirksam überwachen, wahren und im Zweifelsfall auch stark genug sind, dies gegen die Partikularinteressen einzelner Mitgliedsstaaten durchzusetzen.

Der sozialen Marktwirtschaft sollte in ganz Europa zum Durchbruch verholfen werden. Denn wesentliche Merkmale sozialer Marktwirtschaft sind auch Leis-tungswettbewerb und Marktpreisbildung, Unabhängigkeit der Zentralbank, stabili-tätsorientierte Geldpolitik, Tarifautono-mie und produktivitätsorientierte Loh-nentwicklung.

Bereits auf der Ebene des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedsstaaten müssen Ver-schuldungsverbote eingeführt werden. Daneben müssen die politischen Institu-tionen sich auf einen Rahmen seriösen Haushaltens verpflichten.

Die EU braucht funktionsfähige Instituti-onen. Das Stimmgewicht innerhalb der EZB sollte sich nach der Wirtschaftskraft der einzelnen Nationen richten. Das Par-lament muss weiter gestärkt werden, wo-bei insbesondere wichtig ist, dass sich die Abgeordnetenzahl nach den Einwohner-zahlen bestimmt.

Die EU darf dabei kein zentralistischer bürokratischer Bundesstaat werden. Die EU muss als dezentraler, föderaler, freiheitlicher Bundesstaat ausgestaltet werden. Wir dürfen in dieser Krise nicht verharren, sondern müssen weiter an in-novativen Lösungsansätzen arbeiten. FOTO: Michael Theurer (rechts) in der Diskussion mit dem Euro-Kritiker Prof. Starbatty (links) und dem Rechtsanwalt Klaus Haischer auf einer Veranstaltung zur Euro-Krise.

Konstruktionsfehler der Euro- Währungsunion beseitigen

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tionalen Schiedsgericht verklagen und für die entstandenen wirtschaftlichen Nach-teile entschädigt werden.

Durch die neue Rechtslage müssen nun bereits bestehenden Abkommen in Uni-onsrecht überführt werden. Im Kern geht es um die Frage: wie weit sollen die Ein-griffsmöglichkeiten der EU-Kommission in die bereits bestehenden Abkommen gehen? Der Einsatz für eine starke euro-päische Wirtschaft ist auch in anderen Bereichen der Handelspolitik zentral. So zum Beispiel in der Diskussion um die Ver-einfachung von Zollvorschriften in der EU. Der Beschluss dafür wurde zwar bereits 2008 gefasst, doch es ist jetzt deutlich geworden, dass es die EU-Mitgliedsländer bis zum vorgesehenen Stichtag in 2013 nicht schaffen werden, die entsprechen-den IT-Systeme einzuführen. Also muss die EU noch mal ran. Wir Abgeordnete des Europäischen Parlaments arbeiten bereits seit einigen Monaten an Vorschlä-gen wie die Zollverfahren in der EU weiter vereinfacht werden können. Die FDP setzt

Freihandel als liberale Aufgabe Investitionen schützen, Zoll-regeln vereinfachen, Unterneh-men stärken

Von Silvana Koch-Mehrin MdEP

Den Welthandel zu liberalisieren ist ein Uranliegen der Liberalen. Dahinter steckt der Gedanke, dass von einem ungehin-derten Handel mit Waren und Dienstleis-tungen alle profitieren können. Der Bin-nenmarkt hat das für die 27 Mitglieder der Europäischen Union (EU) eindrucks-voll bewiesen: jedes Land, und allen vo-ran Deutschland, hat gesteigerten Wohl-stand, durch den gemeinsamen Markt. Mit fast 500 Millionen Verbrauchern ist der europäische Binnenmarkt größer als die USA und Russland zusammen. Es ist nur logisch und konsequent, dass durch den Vertrag von Lissabon im Dezember 2009 die Mitgliedsstaaten in der Handels-politik die Gesetzgebungskompetenz an die Institutionen der Europäischen Union übertragen haben. Das Europäische Par-lament entscheidet mit. Nun sitzt die EU am Tisch und verhandelt Freihandelsab-kommen. Mit Süd-Korea wurde bereits ein solches abgeschlossen, Kanada, Indien, Japan, Russland und andere stehen nun auf der Tagesordnung. Das macht einen Unterschied, die EU kann sehr viel stär-ker auftreten als es ein EU-Mitgliedsland alleine könnte.

Auch die Regeln für Investitionspolitik werden künftig von Brüssel vorgegeben. Investitionsschutz- und Investitionsförder-verträge sind auch von dieser Änderung betroffen. Diese sind seit mehr als 50 Jah-ren ein effektives und von der Wirtschaft ein sehr geschätztes Instrument, wenn Unternehmen Auslandsinvestitionen in Regionen mit unsicherer Rechtslage tä-tigen. Mehr als 1.200 solcher bilateralen Investitionsabkommen (BIT) gibt es der-zeit, abgeschlossen zwischen einzelnen EU-Ländern und Drittstaaten. Dadurch kann beispielsweise ein deutscher Inves-tor bei einer Enteignung in Asien oder Südamerika den Staat vor einem interna-

sich dabei konsequent dafür ein, dass die neuen Vorschriften tatsächlich eine Vereinfachung im Verwaltungsaufwand für die Unternehmen bedeuten. Auch im Ausschuss für internationalen Handel verstehen wir uns als Sachwalter des Mit-telstands. Für Deutschland ist die Han-delspolitik besonders relevant. Mit einem Exportvolumen von 959 Milliarden Euro in 2010 ist Deutschland unangefochten der größte Exporteur der Europäischen Uni-on. Davon gehen 62 Prozent in Mitglieds-länder der EU und rund 38 Prozent der Exporte in Länder außerhalb der EU. Auf den Gewinnen, die unsere Unternehmen mit dem internationalen Handel erzie-len können, beruht ein Großteil unseres Wohlstands.

Damit der europäische und deutsche Mittelstand seine Wettbewerbsfähigkeit in der Welt weiter ausbaut und neue Märkte dank einfacherer Handelsregeln erschließen kann, ist es wichtig eine starke liberale Stimme im Ausschuss für Internationalen Handel des Europäischen Parlaments zu haben.

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Forderung: Landesweite Prüfung von Großschutzgebieten

Die FDP/DVP-Fraktion spricht sich gegen einen von der grün-roten Landesregierung geplanten Nationalpark im Nordschwarz-wald aus. Stattdessen fordern die Libe-ralen eine offene Diskussion über die Art des Schutzgebietes und eine landesweite Überprüfung eines geeigneten Standorts. Eine Alternative zu einem Nationalpark im Nordschwarzwald wäre beispielswei-se ein Biosphärengebiet. Dadurch könnte die dortige seit Jahrhunderten bestehen-de Natur- und Kulturlandschaft mit Wald, Forst- und Holzwirtschaft, Tourismus und den bereits bestehenden Schutzgebieten erhalten werden.

Ein Nationalpark dagegen muss nach in-ternationalen Kriterien eine Mindestfläche von 10.000 Hektar mit einer 75-prozenti-gen Kernzone haben, die unter absolutem Schutz steht und nicht betreten werden darf. Laut Bundesnaturschutzgesetz soll

Keine Festlegung auf Nationalpark im Nordschwarzwald

sich die Kernzone „in einen Zustand ent-wickeln, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natür-lichen Dynamik gewährleistet“. Das kann auch bedeuten, dass diese 7500 Hektar Kernzone - wie in Teilen des Bayerischen Waldes geschehen - vom Borkenkäfer kahl gefressen werden. Ein Nationalpark im Nordschwarzwald würde konkret ei-nen über Jahre dauernden Kahlschlag von Tausenden gesunden Fichten bedeuten, denn diese werden hier als nicht stand-orttauglich bezeichnet.

Die vorhandene geschützte Flora und Fauna wäre der Verlierer. Dies würde für den Nordschwarzwald einen wirtschaft-lichen Schaden bedeuten, vor dem die FDP/DVP-Fraktion die dort ansässigen Bürgerinnen und Bürger bewahren will.

Die Erfahrungen mit dem Biosphären-gebiet Schwäbische Alb, das über die Grenzen des Landes Anerkennung findet, haben gezeigt, dass Natur und Mensch

eine gleichwertige Lebensgemeinschaft bilden können. Mit der „Naturschutzstra-tegie 2020 für Baden-Württemberg“ hat die schwarz-gelbe Vorgängerregierung beschlossen, die Einrichtung weiterer Schutzgebiete zu prüfen. Dazu steht auch die neue Landtagsfraktion. Die Be-teiligung und Aufklärung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger über die Auswir-kungen eines Schutzgebietes und eine anschließende Bürgerbefragung muss dabei selbstverständlich sein.

Dass die neue Landesregierung den Na-tionalpark im Staatswald plant, ändert nichts an der Tatsache, dass für die Um-setzung eines Nationalparks erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet werden müssen. Allein der Grundstückswert des geplanten Nationalparks von 10 000 Hek-tar beträgt rund 200 Millionen Euro.

Bereits jetzt regt sich der Widerstand der Bürger vor Ort, dem die Landesregierung Rechnung tragen muss.

Der grüne Landwirtschaftsminister Bon-de muss den Betroffenen „klaren Wein einzuschenken“, ihnen erklären, was auf sie zukommt und auf was sie verzich-ten müssen. Im Landtag hat die FDP/DVP-Fraktion vor allem die Klärung der naturschutzrechtlichen Fragen und das Verhältnis des Nationalparks zu anderen Schutzgebietstypen eingefordert. Jetzt sollen diese Fragen zusammen mit ei-nem vor Ort erarbeiteten Fragenkatalog in einem von der Landesregierung in Auf-trag gegeben externen Gutachten geprüft werden.

Eine einseitige Festlegung auf einen Na-tionalpark haben die Liberalen vorläufig verhindert. Die Argumente, die für ein Biosphärengebiet sprechen für sich.

Nun sind die Gutachter am Zug.

Von Dr. Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP/DVP-Fraktion, und Dr. Friedrich Bullinger, Sprecher für den ländlichen Raum

FDP/DVP-Fraktion setzt sich für Biosphärengebiet ein

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Der Landesfachausschuss Europa

Von Daniel Obst, Vorsitzender des LFA Europa der FDP BW

Der Landesfachausschuss Europa (LFA Europa) der FDP Baden-Württemberg befasst sich ausschließlich mit Themen rund um die Europäische Union. Im Jahr

tes. Unser Fachausschuss arbeitet dabei eng mit den baden-württembergischen Delegierten zu den Europäischen Libe-ralen (ELDR) und der Deutschen Gruppe Liberal International (DGLI) zusammen. Ebenso treffen wir uns bei themenüber-greifender Agenda zusammen mit dem LFA Außen-, Frieden-, und Sicherheits-politik, zum Beispiel zur Idee einer Eu-ropäischen Armee oder zum Einsatz der Bundeswehr in Koordination mit der EU.

Wir tagen meist Samstag Mittag im Landtag in Stuttgart. Stellvertretende Vorsitzende des LFA sind Patrick Mein-hardt MdB, Holger Schappeler und Dr. Rudolf Rentschler.

Gerne sind Sie eingeladen, (auch ohne Mitglied unseres Ausschusses zu sein), einmal live dabei zu sein !

2011 war „naturgemäß“ Schwerpunkt unserer Sitzungen die Stabilität des Euro, zuletzt in Vorbereitung des Mitglie-derentscheides. Dazu berichtete uns in regelmäßigen Abständen der europapo-litische Sprecher der FDP im Deutschen Bundestag, Michael Link MdB und aus dem Europäischen Parlament Michael Theurer MdEP.

Ebenso arbeiten wir aktiv mit am euro-papolitischen Teil des neuen liberalen Grundsatzprogramms. Zentrale Forde-rungen, die sich in den bundespolitischen Beschlüssen der FDP wieder finden, sind dabei die Idee einer Volksabstimmung zu den Verträgen über die EU bzw. einer eu-ropäischen Verfassung. Außerdem setzt sich der LFA Europa für die Vereinigten Staaten von Europa ein bei gleichzeitiger Ablehnung eines Brüsseler Zentralstaa-

IMPRESSUM Herausgeber: FDP Landesverband Baden-Württemberg Verantwortlich: Jan Havlik, Pressesprecher Anschrift: Rotebühlstraße 131 70197 Stuttgart Telefon: (0711) 666 18-0 Fax: (0711) 666 18-12 Email: [email protected] Web: www.fdp-bw.de

Verlag: Liberal Verlag GmbH, Berlin Herstellung: altmann-druck GmbH, Berlin Gestaltung: Markus Lochmann, FDP-BW Fotos: FDP-BW, FDP/DVP Landtagsfraktion, Daniel Obst, Stefan Tritschler, Titel: Bahnpro-jekt Stuttgart-Ulm e.V. / Atelier Peter Wels

Der Landesfachausschuss Verkehr

Von Stefan Tritschler, Vorsitzender des LFA Verkehr der FDP BW

Dem Landesfachausschuss (LFA) Ver-kehrspolitik gehören derzeit über 40 the-matisch interessierte und fachkundige Parteifreundinnen und Parteifreunde aus ganz Baden-Württemberg an, von denen viele engagiert und kontinuierlich die Ar-beit des LFA mitgestalten.

Den Vorsitz des LFA hat Stefan Tritsch-ler inne, seine Stellvertreter sind Marion Kabbe, Prof. Hans-Helmut Grandjot und Hans G. Merkle; Schriftführer sind Walter Urbancik und Karin Zeidler. Die Mitglieder des LFA treffen sich in der Regel fünf Mal

jährlich zu Sitzungen, die entweder im Landtag oder bei Unternehmen der Ver-kehrsbranche stattfinden. So waren wir z. B. in letzter Zeit im Karlsruher Rheinhafen, bei der S-Bahn in Stuttgart, im Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach, bei Continental in Villingen-Schwenningen sowie anlässlich der 100. Sitzung unse-res LFA zu einer zweitägigen Sitzung in Schwäbisch Gmünd (siehe Bild).

Diese kleine Auflistung macht auch deut-lich, dass der LFA sich um alle Verkehrs-träger kümmert.

Der LFA bereitet regelmäßig Anträge für die Landesparteitage vor und freut sich

darüber, dass diesen bei der Abstimmung über die Antragsreihenfolge meist große Wertschätzung entgegen gebracht wird. Darüber hinaus arbeitet der LFA eng mit dem verkehrspolitischen Sprecher der Landtagsfraktion zusammen, so dass Anregungen des LFA schnell Eingang in die Arbeit der Fraktion finden.

In letzter Zeit stand naturgemäß das Pro-jekt Stuttgart 21 immer wieder auf der Agenda des LFA, im nächsten Jahr wollen wir uns verstärkt um alternative Antriebs-formen (Stichwort eMobilität) kümmern.

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2011 war für die FDP ein schweres Jahr. Jetzt heißt es: Blick nach vorne. Es wartet viel Arbeit auf uns, nach innen wie nach außen.

Parteiintern gilt es, die Mitglieder besser einzubinden und stärker an Entscheidun-gen zu beteiligen. Ich freue mich, dass sich so viele Mitglieder in die Arbeit un-serer Strukturkommission eingebracht und viele gute Vorschläge dazu erarbeitet haben. Auf unserem Landesparteitag am 05.01.2012 werden wir erste Beschlüsse zur Umsetzung dieser Vorschläge fassen.

So wichtig es für uns ist, über strukturel-le Fragen unserer Partei zu diskutieren: wir dürfen uns nicht nur mit uns selbst befassen. Die grün-rote Landesregierung schickt sich an, diesem Land sein Fun-dament zu entziehen. Die Auseinander-setzung um Stuttgart 21 beweist das ein-drucksvoll. Wenn Parlamentsbeschlüsse und gerichtliche Entscheidungen nichts mehr wert sein, wenn Andersdenkende wie selbstverständlich mundtot gemacht werden sollen und selbst die Verfassung

Blick nach vorne.

zur Spielwiese ideologischer Auseinan-dersetzungen wird, muss es für Liberale selbstverständlich sein, sich dem deut-lich zu widersetzen. Wir haben das dank der Unterstützung von vielen Mitgliedern intensiv getan*.

In der Bildungspolitik müssen wir verhin-dern, dass die Vielfältigkeit und Durchläs-sigkeit unseres Bildungssystems auf dem Altar grün-roten Gleichmachungswahns geopfert werden. Bildung erschöpft sich nicht in Strukturfragen, Bildung ist vor al-len Dingen eine Frage der Qualität. Diese spielt in der aktuellen Diskussion, z.B. über die Einführung der Gemeinschafts-schule, kaum eine Rolle. Das müssen wir ändern und offensiv für Chancengleich-heit statt Ergebnisgleichheit eintreten.

Offensiv einsetzen werden wir uns auch für den Schutz der Bürgerrechte. Wir wer-den von Baden-Württemberg aus weiter dafür kämpfen, dass es z.B. keine anlass-lose Vorratsdatenspeicherung und plan-lose Reglementierungen des Internets geben wird.

In der Energiepolitik werben wir für eine Energiewende mit Augenmaß. Die Ziele der Landesregierung sind unrealistisch. Es reicht nicht, die Atommeiler im Land vom Netz zu nehmen. Es muss auch si-chergestellt sein, dass die Versorgungs-sicherheit gewährleistet ist und dass Energie für alle Bürgerinnen und Bürger im Land bezahlbar bleibt. Das Thema Energieeffizienz spielt dabei eine wichti-ge Rolle, ihm müssen wir uns annehmen.

Aber auch die Wirtschafts- und Finanz-politik dürfen wir nicht vernachlässigen. Während die Landesregierung das hohe Lied der Haushaltskonsolidierung singt, schafft sie fleißig gut dotierte Stellen für ihre Weggefährten. Trotz deutlich höhe-rer Steuereinnahmen gelingt es ihr nicht, die Verschuldung merklich abzubauen. Nicht die Einnahmen sind das Problem, sondern die Ausgaben. Wer anderen Wasser serviert, sollte sich selbst kei-nen Wein gönnen. Schließlich muss die Sozialpolitik einen höheren Stellenwert auf unserer Agenda bekommen. Auch, wenn Baden-Württemberg wirtschaftlich hervorragend da steht, dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass im-mer mehr Menschen nicht mehr von dem, was sie mit ihrer Arbeit erwirtschaften, leben können.

Die liberale Antwort auf diese Tatsachen sollte aber nicht der Ruf nach Mindest-löhnen sein. Sie lösen die Probleme der Betroffenen nicht. Ich halte das Modell des liberalen Bürgergeldes für die besse-re Alternative. Wir sollten dieses Konzept von Baden-Württemberg aus wieder auf die Tagesordnung bringen.

Nach innen wie nach außen muss 2012 un-sere Maxime lauten: wir Südwest-Liberale stehen für Freiheit in Verantwortung. Ich bin überzeugt davon: wenn wir dies auch in unserem eigenen Handeln widerspiegeln, werden wir aus unserem Tief Schritt für Schritt wieder herauskommen.

* Bei Redaktionsschluss war das Ergebnis des

Volksentscheides noch nicht bekannt.

Von Gabriele Heise, Generalsekretärin der FDP Baden-Württemberg

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